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Bericht der

Kommission des Ständerathes, betreffend Bewilligung eines Beitrages an den Bau einer Klausenstraße von Altdorf bis Linththal.

(Vom 8. Dezember 1891.)

Herr Präsident !

Meine Herren!

Am 22. November 1890 reichten die Regierungen von Uri und Glarus beim Bundesrath das Gesuch ein, es möchte diesen Kantonen für den Bau einer Alpenstraße über den Klausenpaß ein Bundesbeitrag von 80 % oder eine entsprechende Aversalsumme bewilligt werden.

Das Projekt einer Straße über den Klausen ist ein längst existirendes. Schon bei den Stämpfli'schen Militärstraßen war deren Bau in Aussicht genommen, und die betheiligten Kantone glaubten Anfangs der Sechsziger-Jahre in kürzester Frist zur Ausführung schreiten zu können, als der Brand von Glarus die Hoffnungen auf longe hinaus vernichtete, indem dieser Kanton finanziell zu sehr geschwächt wurde, um noch die Lasten für den Bau des Klausens und Pragels, oder auch nur für den einen der beiden auf seinem Gebiete tragen zu können.

Ungefähr ein Jahrzehnt später schien wieder die Möglichkeit, die Thäler der Reuß und der Linth zu verbinden, in unmittelbare Nähe gerückt. Als aber der Kanton Uri sich zu dem für ihn sehr hohen Opfer des Beitrages von einer Million Franken an die Gotthardbahn entschloß, war es nun dieser Stand, welcher für einmal seine finanziellen Kräfte erschöpft und keine Mittel mehr

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für den Bau der Klausenstraße zu vergeben hatte. So blieb dieses militärisch wie wirtschaftlich gleich wichtige Unternehmen ruhen, bis vergangenes Jahr die Regierungen der beiden Kantone dasselbe mit neuem Muthe wieder aufnahmen, in der Hoffnung, die Eidgenossenschaft werde ihnen freundeidgenössisch so zur Seite stehen, daß endlich die Ausführung gesichert erscheine.

Wie die Botschaft des Bundesrathes es ausspricht, vermittelt der Klausenpaß seit altersgrauen Zeiten den Verkehr zwischen Uri und Glarus. Die Legende läßt schon die ersten christlichen Sendboten, welche das Land Glarus berührten, nämlich Felix und Reguln, von Uri her in's Thal der Linth und von diesem nach Zürich gelangen.

Bekannter ist die tiefsinnige Sage, nach welcher in der Grenzstreitigkeit über die Ennetmärch «wischen den beiden Ländchen der schlichte Glarnerhirt mit rührender Aufopferung des eigenen Lebens noch möglichst für seine Heimat gut zu machim suchte, was die Kurzsichtigkeit der Landeshäupter verschuldet hatte.

Der Urnerboden, welcher naturgemäß als jenseits der Paßscheide, eher zu Glarus gehören sollte, ist Eigenthum von Uri, und seine reichen langgestreckten Triften ernähren nach altallemanriischem Betrieb und Recht einige Hundert Einwohner durch die Produkte der Viehzucht und der Forstwirtschaft. Die Lebensbedürfnisse der »Bewohner werden mühsam die steilen Fußwege von Linthal her hinaufgesohafft; selbst das Salz läßt der Kanton Uri üher Linthal in dieses Staatsgebiet transportiren und die katholische Kirche in Linthal spendet religiösen Trost und geistige. Speise. Doch fesselt diese schlichten Naturkinder an ihren eigenen Kanton ein warmes Band der Zugehörigkeit nach Gesetzen, Sitten und Gebräuchen, und derselbe hat daher Pflicht und Interesse, ihnen den Verkehr mit dem Schächenthal und dem Landeshauptort Altorf zu erleichtern. Noch stärker dürfte dies dort aber zu Gunsten des Schächenthals sowohl als des Hauptortes selbst empfunden werden, denn eine wirklich gute Straße wird zweifelsohne das wunderschöne Thal und die prachtvolle Alpenwelt der ganzen Strecke zwischen Altorf und Linthal einem regen Touristenverkehr erschließen. Die letztere Aussicht ist es auch, welche Glarus für die Straße eintreten läßt, denn das kleine blühende Ländchen mit seinen reichen Naturschönheiteu wird sicher viel mehr vom Fremdenverkehr
berührt werden, wenn die bisherige Sackgasse verschwindet und über das Schächenthal, Bürgten und Altorf der Vierwaldstättersee, das nie fehlende Ziel aller Touristen, erreicht werden kann. Das eidgenössische Postdepartement anerkennt dies vollständig und nimmt für die Monate, wo der Paß geöffnet sein muß, einen vierspännigen Postkurs in Aussicht.

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Haben so die beiden Kantone ein lebhaftes, wohlbegründetes Interesse an der Erstellung der Klausenstraße, so hat die Eidgenossenschaft, a b g e s e h e n v o n d e r a l l g e m e i n e n P f l i c h t d e r U n t e r s t ü t z u n g d e r a r t berechtigter n a t i o n a l e r W e r k e , auch militärisch ein direktes hohes Mitinteresse an deren Zustandekommen.

Das eidgenössische Generalstabsbüreau spricht in zwei sehr einläßlichen, scharfsinnigen Gutachten (deren genauere Darlegung aber nicht an die Oeffentlichkeit gehört) sich dahin aus: ,,Eine Straße über den Klausen zur Verbindung des Reußthales mit dem Linthale muß als eine solche von höchster strategischer Bedeutung bezeichnet werden. Daraus folgt wohl von selbst, daß diese Straße auch entsprechend ihrer Bedeutung
Hieran anschließend werden dann die Verlangen gestellt, welche Straßenbreite und welche Gefällsverhältnisse gefordert werden müssen, und Sie finden diese Bedingungen in Art. 2 des bundesräthlichen Antrages niedergelegt : ,,Die Straßenbreite, einschließlich der Hälfte der befahrbaren Schale, ist zu 4 m. 80 festgesetzt ; in Gallerien mit außerordentlich schwierigen Streckenk ann dieselbe auf 4 m. 40 herabgesetzt werden.

Die nöthigen Sicherungen (Wehrsteine, Schranken, Brustmauern) sind außerhalb dieser Breite anzubringen.

Die Maximalsteigung soll 9 % nicht übersteigen, 10 °/o sind nur ausnahmsweise und auf nur zirka 100 m. langen Strecken gestattet."

Die Straße erhält nach diesen Vorschriften nun eine Länge von 44,4 km. von Altorf bis Linthal, nämlich auf dem Gebiete Uri's 33,6 km. mit einem Kostenvoranschlag von . Fr. 1,728,000 und auf Glarnergebiet 10,8 km. mit einem Kostenvoranschlag von ,, 564,000 Zusammen

Fr. 2,292,000

Bei Uri beträgt der Betrag laut gedruckter Botschaft Fr. 1,571,000, welcher nach Schreiben des Bundesrathes vom 4. Dezember 1891 um Fr. 157,000 infolge Neuberechnung nach Eingabe der Regierung des Kantons Uri vom 25. November 1891, somit auf Fr. 1,728,000 erhöht wurde. Diese Kostenerhöhung rührt ausschließlich von der durch das Militärdepartement verlangten, von 4 m. 40 auf 4 m. 80 erhöhten Spurweite her.

Ein von den früheren Projekten herstammendes Tracé mit Kostenrechnung wurde im Jahre 1889 von den Kantonsingenieuren

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von Uri und Glarus neu studirt und vereinbart, lieber die Anlage der Straße auf glarnerischer Seite herrschen keine erheblichen Differenzen, während auf urnerischer Seite von Unterschächen auf Balmwandhöhe zwei Varianten geprüft wurden, deren eine, für welche sich die Regierung von Uri und die Bevölkerung des Schächenthales mit großer Wärme aussprachen, sich dem Laufe des Schächens folgend über Aesch bewegt, deren andere über Urigen-Heitmannsegg die Balmwandalpen gewinnt. Im Juni 1890 wurde Herr Genieoberst E. Locher von Zürich als Experte zugezogen, der sich entschieden für das letztere Tracé aussprach, welches das eidgenössische Oberbauinspektorat ebenfalls acceptirte. Das eidgenössische Militärdepartement, beziehungsweise das Generalstabsbüreau aber verlangte neben den in Art. 2 der bundesräthlichen Botschaft gestellten Bedingungen ein noch weiter geändertes Tracé mit Rücksicht auf die taktischen Verhältnisse für die Vertheidigung der Straße. Nach diesem sollte auch Unterschächen gänzlich unberührt bleiben und die Straße direkt von Spiringen nach Urigen - Heitmannsegg auf Balmwaudalpen geführt werden.

Der hohe Bundesrath glaubte den gewünschten Beitrag von 80 °/o für den Bau der Straße nur empfehlen zu dürfen, indem er auch diese Forderung zur Bedingung machte. Für den Fall, als der Kanton Uri es durchaus ablehnen sollte, die vom Generalstabsbüreau gewünschte Richtung, nach welcher Unterschächen abgeschnitten würde, zu genehmigen, so empfiehlt die bundesräthliche Botschaft auch das sogenannte mittlere Tracé Unterschäehen-UrigenHeitmannsegg, indessen unter Reduktion des Bundesbeitrages von 80 auf 75 % Auf das unterste Tracé Unterschächen-Aesch-Balmwand treten weder die technischen, noch die militärischen und administrativen Behörden ein.

Ueber eine weitere kleine Differenz hinsichtlich der Anlage der Kehre bei Vorfrutt werden sich die Betheiligten leicht einigen, da keine Interessen der Landesbewohner mit in's Spiel fallen.

Die Kommissionen der beiden Räthe erachteten es als ihre Pflicht, die projektirte Straßenanlage zu begehen, und vereinigten sich am 21. August in Altorf, um am 22. in Verbindung mit den Abordnungen der beiden Kantonsregierungen den Paß zu überschreiten. Einer ersten gemeinsamen Berathung mit der nationalräthliehen Kommission am 23. August folgte unmittelbar eine Sitzung
Ihrer Rathskommission, da dem Ständerath die Priorität in dieser Frage zugetheilt worden ist.

Ich beehre mich, Ihnen nun Namens der Kommission folgende Abänderungsanträge zu unterbreiten : Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. V.

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750 In erster Linie in Art. l den Bundesbeitrag noch um die Summe von Fr. 150,000 Extra-Aversal-Entschädigung an Uri zu erhöhen und in zweiter Linie das (sogenannte) mittlere Tracé, wie es auf dem der Botschaft beigegebenen Plane roth eingezeichnet ist, zur Ausführung empfehlen.

Was die Kosten anbelangt, so ist es' allerdings richtig, daß.

schon der bundesräthliche Entwurf mit 80 bezw. 75 °/o eine sehr hohe, bisher nirgends gewährte Quote bildet. Beim bloßen Vergleich mit den ausgeführten oder in Arbeit begriffenen Alpenstraßen -- und wenn man annehmen wollte, es würde damit für die Zukunft ein Präjudiz geschaffen -- dürfte unmöglich mehr oder im Grund genommen auch nur so viel von Seite des Bundes geleistet werden.

Allein wir stellen uns auf einen etwas andern Standpunkt, indem wir glauben, maßgebend seien für die Leistung des Bundes einerseits dessen eigenes Interesse und anderseits die finanziellen Kräfte der betheiligten Kantone.

Was das eigene, im vorliegenden Falle speziell militärische Interesse der Eidgenossenschaft beschlägt, so ist über die Wünschbarkeit, ja Notwendigkeit der Erstellung dieser so wichtigen innern Verbindungslinie Niemand im Zweifel, sondern ihre strategische Bedeutung, besonders seit Erstellung unserer Gotthardbefestigungeu, ist eine durchaus unbestrittene. Die Verteidigung mit verhältnißmäßig wenig Kräften ist eine leichte, und eine Umgehung, anders als räumlich sehr weit ausholend, fast unmöglich. Aus schon angedeuteten, naheliegenden Gründen enthält sich Ihr Referent, an Hand des vortrefflichen militärischen Gutachtens des Generalstabsbüreau's ausführlich zu erörtern, wie werthvoll die Erstellung der Klausenstraße für den Bund ist und wie sehr sich eine außergewöhnlich starke finanzielle Unterstützung schon aus diesem Grunde rechtfertigen läßt. Aber, wie schon bemerkt, auch die hier relativ schwachen Kräfte der betheiligten Kantone führen dazu.

Glarus gehört zwar zweifelsohne zu den besser flnanzirten Kantonen der Schweiz ; denn wenn es auch kein großes Staatsvermögen besitzt, so sind seine Steuerkräfte doch immerhin bedeutend.

Wie fast kein anderer Kanton leidet indessen gerade gegenwärtig Glarus unter dem Drucke der industriellen Krisis, welche auf der gesatnmten Baumwollindustrie lastet. Es dürfte daher die auf Glarus selbst entfallende Bausumme, welche immer
noch Fr. 3. 33 per Kopf der Bevölkerung ausmacht, nebst den jährlichen Unterhaltungskosten von circa Fr. 8000 auf der Glarnerstrecke diesem Kanton genügende Leistungen auferlegen. In verschiedenen Kreisen herrschte die Ansicht, es müsse Glarus von dem auf sein Gebiet entfallenden Bundesbeitrag noch einen gewissen Theil an Uri ab-

751 treten, um diesem die Aufbringung seines Antheils zu ermöglichen.

Die Kommission mußte sich aber sagen, daß ein solches Opfer an der glarnerischen Landsgemeinde auf um so größere Schwierigkeiten stoßen müßte, als das Unter- und Mittelland mehr einer Kommunikation über den Pragel nach Schwyz zuneigen und das Zurückweisen eines bezüglichen Antrages durch das Volk die ganze Straße wieder in Frage stellen müßte. Ebensowenig konnten wir uns dazu entschließen, Ihnen von Bundeswegen eine ungleiche Vertheilung zu belieben; denn die guteidgenössische Bevölkerung von Glarus würde darin eine unverdiente, unbillige Behandlung erblicken.

Was Uri betrifft, so ist es entschieden unmöglich, daß dieses auch bei nur 20 °/o Beitrag für die lange Strecke von 33,6 Kilometer die Summe von Fr. 345,600 an die Erstellung und eine jährliche Ausgabe von Fr. 14,000 für den Unterhalt leiste. Die Steuerkraft ist eine relativ so beschränkte und durch die Gotthardsubvention so stark in Anspruch genommene, daß die Eidgenossenschaft entschieden bei Bemessung des Beitrags einen andern Maßstab anlegen muß, wenn das Werk überhaupt zu Stande kommen soll.

Vergleicht man den Beitrag des Bundes an die Grimselstraße, so trifft es dort bei 662/s °/o Bundesbeitrag: f>. auf die ,, , v e A r> -n Staatseinnahmen : a. auf den Kopf der Bevölkerung : nach Staatsrechnung 1890: im Kanton Bern Fr. 473,000 = ca. 88 Cts.

2,12 % im Kanton Wal lis Fr. 60,000 = ca. 74 Cts.

4,75 °/o An Klausen : Bei 20% fllr den Kanton Uri Fr. 354,600 = Fr. 20. -- 84,92 °/o und abzüglich der Fr. 150,000 noch bei Fr. 204,600 = Fr. 11. 84 50,82 °/0 wobei ich den Staatsrechnungen entnehme, daß an Steuerkapital vorhanden sind : 1890 Bern rund Fr. 1,270,5 Millionen Vermögen und Fr. 42,267,000 Einkommen; 1889 Wallis Fr. 209 Millionen Vermögen; 1890 Uri Fr. 33,8 Millionen Vermögen.

Ich denke, Herr Präsident, meine Herren! diese Zahlen beweisen Ihnen allen, daß man bei Bundesbeiträgen nicht nach Kantonen oder früheren Ansätzen rechnen darf, sondern daß die

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Gerechtigkeit von Fall zu Fall erheischt, abzuwägen, welche Last man den Schultern des Einen oder Andern abnehmen muß, damit er von derselben nicht erdrückt werde. Wir glauben, wenn Sie hei Fr. 204,600 Beitrag von Uri stehen bleiben, so sei damit um so gerechtere Rechnung getragen, als Uri einerseits durch die militärischen Vorschriften über Gefalle und Spurweite, anderseits durch Nichtannahme des von ihm besonders gewünschten untern Tracées über Aesch Anspruch auf besondere Berücksichtigung verdient.

Angesichts dieser Gründe und indem der Kanton durch die Erstellung der bisherigen Straße Altorf-Unterschächen (welche allerdings noch wesentlich verbessert werden muß) bereits einen erheblichen Beitrag vorausleistete, scheint uns die Extraentschädigung, welche wir mit der Aversalsumme von Fr. 150,000 gewähren möchten, durchaus gerechtfertigt.

Was die Anlage von Spiringen direkt über Urigen nach Balmalpen anbelangt, so erklärt die Regierung von Uri des Bestimmtesten, daß ihre Landsgemeinde, selbst wenn der Bund die g a n z e Bausumme bezahlen würde, die Straße nicht um den jährlichen Unterhalt von Fr. 14,000 genehmigen würde. Die Landleute von Uri würden niemals dazu einwilligen, daß der Hauptort des Schäehenthals mit seinen Naturschönheiten und klimatischen Vorzügen für Erholungsbedürftige durch die neue Straße abgeschnitten werde.

Die Mitglieder beider Rathskommissionen konnten nicht umhin, diese Auffassung zu begreifen und zu würdigen. Bei aller Hochachtung vor dem Stabsbüreau und seinen dießbezüglichen Auseinandersetzungen über den Vortheil der direkten Straße Urigen-Spiringen im Falle eines Rückzuges unserer Truppen gegen Altorf, finden wir doch, daß auch die Friedenszwecke der zu bauenden Straße mit in die Wagschale fallen müssen, und diese verlangen billigerweise, daß von dem ohnehin schwach bevölkerten Kanton nicht der hervorragendste Ort des durchzogenen Thaies abgeschnitten und schlimmer als jetzt gestellt werde.

Auch nehmen wir an, daß bei einem Rückzuge die Höhen des Klausenpasses und der Balmalpen zuletzt von den I n f a n t e r i e truppen geräumt würden, und diese können den Abstieg von Urigen nach Spiringen ohne Benutzung der Straßenkehre nach Unterschächen über die lachendea Matten hinunter mit Leichtigkeit bewerkstelligen.

Der hohe Bundesrath hat wohl auch die Ansicht der
Kommissionsmitglieder getheilt, daß der Friedenszustand glücklicherweise denn doch der latente unseres Landes sei, und deswegen beharrt die Botschaft keineswegs auf dem Tracé Spiringen - Urigen, will aber, wenn Unterschächen-Urigen gebaut wird, den Bundesbeitrag von 80 auf 75 °/o vermindern.

753 Wir haben Ihnen auseinandergesetzt, daß, wenn das Werk überhaupt zu Stande kommen soll, man die Quote des Kantons Uri vermindern und nicht erhöhen dürfe, und von dieser Ueberzeugung getragen stellen wir unsere Anträge, denen, wie wir hoffen, sich auch der hohe Bundesrath und der Nationalrath anschließen werden.

Noch müssen wir auf eine Forderung der Regierung von Uri eintreten, welche mit ihrem Schreiben vom 25. November dem Bundesrathe nebst dem Gesuche um die entsprechend der Straßenverbreilerung erhöhte Bausumme eingereicht wurde und welche dahin geht: ,,Da möglicherweise durch Fälle höherer Gewalt, durch Naturereignisse oder ungeahnt schwierigen Baugrund bedeutende Mehrauslagen gegenüber den in Aussicht genommenen Kosten sich ergeben könnten, so möchte die Maximalsumme weggelassen und nur der Prozentsatz von 80 °/o in Art. l festgesetzt werden.a Der Bundesrath, welcher die um Fr. 157,000 erhöhte Bausumme angenommen hat, tritt dagegen auf das letztere Gesuch nicht ein und Ihre Kommission abstrahiri hievon ebenfalls. Allerdings unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß, wenn nachgewiesene Mehrkosten durch besondere Bauschwierigkeiten, Terrainrutschungen oder Naturereignisse entstehen würden, der betroffene Kanton mit dem Gesuch einer Nachsubvention einkommen und dasselbe in gleicher Weise berücksichtigt werden solle, wie die ordentlichen Bauverhältnisse, in Uebereinstimmung mit der bisher bei Wasserkorrektionen und andern öffentlichen Werken geübten Praxis.

Wir erachten die Bedenken der Regierung von Uri Angesichts der mehrfach geschilderten finanziellen Lage des Kantons als wohl begreiflich, denn es sind die berechtigten Bedenken einer sorgfältigen Landesverwaltung, filr Unvorhergesehenes vorzusorgen, welches sonst unter Umständen dem kleinen Staate eine geradezu erdrückende Last auferlegen würde. Mit dem gedachten Vorbehalte dürfen sich aber Volk und Regierung von Uri gewiß vollkommen beruhigen.

Die Kommission empfiehlt Ihnen einstimmig Eintreten auf die Vorlage.

B e r n , den 8. Dezember

1891.

Namens der Kommission: Oth. B lumer, Berichterstatter.

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Duplik des

Schweizerischen Bundesrathes gegen den Staatsrath des Kantons Tessin in Sachen des sogenannten Kompetenzkonfliktes.

(Vom 9. Dezember 1891.)

An das h. Schweizerische Jßundesgericht.

Tit.

Auf die Replik des Staatsrathes des Kantons Tessin haben wir, unter Festhaltung aller in unseren Antwortbemerkungen eingenommenen Standpunkte, lediglich Folgendes zu dupliziren: a. Die Replik betont, daß, abgesehen von den vom Staatsrathe anerkannten Ausnahmen, keiner der Rekurrenten außer der Gutheißung seines Rekurses auch noch die Ungültigerklärung der noch nicht getroffenen oder wenigstens noch nicht proklamirten Wahlen verlangt habe, und meint, daß demnach diese Wahlen als anerkannt betrachtet werden müssen. Das scheint uns in der That eine seltsame Argumentation zu sein. Die Rekurrenten, in den öffentlich ausgestellten Stimmregistern gestrichen, oder mit ihrem Begehren um Streichung Anderer abgewiesen, rekurrireu an uns und beschwören uns, ihnen zu ihrem Rechte zu verhelfen, damit sie am 3. März mitstimmen können, bezw. die nach ihrer Ansicht mit Unrecht Aufgenommenen am 3. März ausgeschlossen werden ; noch am 2. und selbst am Morgen des 3. März langen zahlreiche Telegramme bei uns ein, welche uns auf das Allerdringendste um telegraphische Verfügung der Zulassung ihrer Absender zur Stimmurne anflehen. Wir aber können ohne vorherige Untersuchung unmöglich eine Entscheidung treffen; wir müssen nothgedrungen

755 die Wahl auf Grundlage der Stimmregister, wie sie eben sind, vor sich gehen lassen und die Rekurrenten darauf vertrösten, daß ihre pendenten Rekurse nachher werden entschieden, daß ihnen nach der Wahl ihr Recht werde zu Theil werden, Und nun erklärt die Regierung des Kantons, damit sei die Gültigkeit der Wahlen entschieden und nicht mehr anzufechten.

Offenbar glaubt sie, die Rekurrenten hätten nach Proklamirung der Wahlresultate gleich noch einen zweiten Rekurs einsenden sollen, durch welchen sie für den Fall der Gutheißung ihres ersten Rekurses gegen die Gültigkeit der Proklamirung rekurrirten. Allein das hieße denn doch den Formalismus zu weit treiben. Gewiß konnten und durften die. Rekurrenten sich darauf verlassen, daß, da ihre Rekurse noch pendent waren, der Bundesrath durch seine Entscheidungen denjenigen Zustand herstellen werde, der nach seiner Ueberzeugung dem Rechte entspricht, daß er ihnen die mit Unrecht versagte Theilnahme an der Wahl vom 3. März dem Effekte nach verschaffen und daraus die Konsequenzen für das Wahl résultat, worauf es ja vor Allem ankam, ziehen werde.

b. In unserer Rekursbeantwortung haben wir gegenüber der wie ein Vorwurf klingenden Behauptung des tessinischen Staatsrathes, der Bundesrath habe tessinische Großrathswahlen kassirt, ohne daß hierauf bezügliche Begehren an ihn gestellt worden wären, erwidert: 1. daß bezüglich des Wahlkreises Riviera (Osogna) ein solches Begehren ausdrücklich an ihn gerichtet worden sei, und zwar von Aktivbürgern des Wahlkreises; 2. daß dieß auch der Fall gewesen sei mit Bezug auf den Wahlkreis San Nazzaro (Gambarogno), und zwar von Seite von vier Munizipalitäten des Wahlkreises; 3. daß in keinem der andern Wahlkreise eine Großrathswahl vom Bundesrathe kassirt worden, in Bezug auf dieselben also die Behauptung des Staatsrathes ,, g e g e n s t a n d s l o s " 1 ( ,, s a n s o b j et t t ) sei.

Von diesen drei Entgegnungen wird die erste nunmehr vom Staatsrathe ausdrücklich als richtig anerkannt.

Die dritte Entgegnung ist selbstverständlich; der Staatsrath aber hat sie mißverstanden, indem er das Wort ,, g e g e n s t a n d s los" mit ,, s e n z a s c o p o a ( z w e c k l o s ) übersetzt; er knüpft dann an dieses ,,senza scopo"1 eine Reihe von Betrachtungen und spricht von Zusammenhangslosigkeit und Widersprüchen unserer Antwort. Eine Duplik auf so stark neben das Ziel schießende Bemerkungen scheint uns überflüssig zu sein.

756 Es bleibt also nur der zweite Punkt, unsere Verweisung auf die Eingabe der vier Munizipalitäten des Wahlkreises San Nazzaro, übrig. Der Staatsrath bestreitet, daß dieselben sieh über das Resultat der Wahl vom 3. März beschwert haben, und behauptet, daß ihre Beschwerde nur die Wahlkreiseintheilung betreffe. Wir bitten nun bloß, diese Eingabe -- dieselbe befindet sich im Original bei den Akten -- zu lesen; Sie werden sofort erkennen, wie bitter jene Munizipalitäten gerade darüber klagen, daß am 3. März die ,,squadre volanti dei Verzaschesi" an den Abstimmungen von Gordola und Cugnasco Theil genommen und die drei liberalen Kandidaten des Wahlkreises, welche sonst die Mehrheit gehabt haben würden, zu Falle gebracht haben ; wie sie ferner sieh beschweren, daß die liberale Mehrheit ohne Vertretung bleibe, wenn wirklich die Betheiiigung jener Verzasker als zulässig anerkannt werden sollte, daß die Rekurse von Privaten und Munizipalitäten auch mit Bezug auf andere willkürliche Eintragungen und mit Bezug auf Streichungen von Bürgern, /. B. in Magadino, kein Gehör gefunden, haben, indem selbst die Mehrheit des Großen Rathes sich als Partei fühle und keine Gerechtigkeit von ihr zu erwarten sei.

Es fehlt auch mit Bezug auf alle diese Punkte keineswegs die Bitte an den Bundesrath, die Gerechtigkeit zu schützen. Das alles hat der tessinische Staatsrath schon in unseren Entscheidungen über die Rekurse des Wahlkreises San Nazzaro (Fact. XVIII) lesen können.

Uebrigens wiederholen wir, daß uns auch da die Existenz einer solchen Beschwerde durchaus nicht entscheidend zu sein scheint, indem wir aus den im Eingang erwähnten Gründen dafür halten, daß schon die zahlreichen vor der Wahl erhobenen Beschwerden über die Aufnahme der Verzasker in das Stimmregisler von Gordola es vollkommen rechtfertigten, die Gültigkeit des Wahlresultates selbst einer Prüfung zu unterwerfen; die Eingabe der vier Munizipalitäten brachte in diesem Punkte nichts Neues.

Ohne Veranlassung zu weiteren Entgegnungen bemerken wir bloß noch, daß wir, um dem Wunsche der Gegenpartei zu willfahren, dieser Rechtsschrift sämmtliche auf die Großrathsvvahlen vom 3. März 1889 bezügliche, 20 Wahlkreise betreffende Aktenstücke beilegen. Die, im vorliegenden Falle übrigens ganz bedeutungslose, Eingabe aus dem Kreise Lavertezzo ist zur Zeit nicht auffindbar;
sie muß sich unter anderen Aktenstücken verloren haben.

Die Akten aus den Kreisen Osogna und Sau Nazzaro können dermalen nicht eingesandt werden, da sie mit den Rekursen Pagnamenta und Catturi betreffend die Großrathswahlen jener Kreise der

757 Bundesversammlung vorgelegt werden. Indessen wird die Eingabe der vier Munizipalitäten des Kreises Nazzaro vom 20./25. März 1889, die der Staatsrath besonders dringend zu sehen verlangt, hier im Original beigelegt, indem für die Bundesversammlung eine amtlich vidimirte Kopie dieses Aktenstückes hergestellt worden ist.

Genehmigen Sie, Herrr Präsident, Herren Bundesrichter die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 9. Dezember 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht der Kommission des Ständerathes, betreffend Bewilligung eines Beitrages an den Bau einer Klausenstraße von Altdorf bis Linththal. (Vom 8. Dezember 1891.)

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16.12.1891

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