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Bundesrathsbeschluß über

den Rekurs der Gemeinde Schöfflisdorf gegen den Beschluß des Regierungsrathes des Kantons Zürich vom 26. März 1891 betreffend die Aufnahme des nach Lippstadt (Westphalen) zuständigen Ernst Gabriel recte Fritz Schäfers und seiner Familie in das Bürgerrecht der genannten Gemeinde.

(Vom 15. Juni 1891.)

Der schweizerische Bundesrath, nach Einsichtnahme: 1. eines am 26. März 1891 gefaßten Beschlusses des Regierungsrathes des Kantons Zürich, aus welchem hervorgeht: a. im Jahre 1884 bewarb sich ein gewisser F r i t z S c h ä f e r s unter dem angenommenen Namen Ernst Gabriel um. das Bürgerrecht der Gemeinde Schöfflisdorf. Der damalige Gemeinderath nahm am 2. Juni 1884 den Petenten sammt Frau und Kindern gegen eine Einkaufssumme von Fr. 600 in das Gemeindebürgerrecht auf und stellte ihm unterm 14. September gleichen Jahres einen Heimatschein für sich und seine Ehefrau Susanna Elise Zried aus. Auf Grund dieses Heimatscheines ließ sich Schäfers mit seiner Familie in der bernischen Gemeinde Frutigen nieder, wo er in Konkurs gerieth und verschwand, seine Familie im größten Elend zurücklassend ; b. die Gemeinde Schöffiisdorf, an welche die Gemeinde Frutigen gelangte, bestritt ihre Unterstützungspflicht für die zurückgelassene Familie, da infolge Nichtbeachtung der Vorschriften des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876 über den Erwerb de» schweizerischen Staatsbürgerrechts die Aufnahme Schäfersund seiner Familie in das Bürgerrecht der Gemeinde Schöffiis-

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dorf als nichtig zu betrachten sei. Dem entsprechend richtete Herr Fürsprech Bucher in Regensberg an die Direktion des Innern des Kantons Zürich Namens der Gemeinde Schöfflisdorf unterm 5. Dezember 1890 eine Eingabe, dahingehend, es möchten die dem Ernst Gabriel ausgestellten Bürgerrechtsurkunden als ungültig erklärt und die erforderlichen Anordnungen zu deren Vernichtung getroffen werden ; c. auf Antrag der Direktion des Innern beschloß der Regierungsrath des Kantons Zürich am 26. März 1891 Abweisung des Gesuches der Gemeinde Schöfflisdorf.' unter Bestimmun«, daß 3* derselben bis auf Weiteres die Pflicht der Unterstützung an die Familie des angeblichen Gabriel obliege; 2. des Namens der Gemeinde Schöfflisdorf am 26. April 1891 an den Bundesrath gerichteten Rekurses des Herrn Fürsprech Bucher in Regensberg, dahin gehend, es sei der eben erwähnte Beschluß des Regierungsrathes des Kantons Zürich aufzuheben, da infolge Außerachtlassung des Art. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Ertheilung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe vom 3. Juli 1876 die Aufnahme des Ernst Gabriel und seiner Familie in das Bürgerrecht der Gemeinde Schöfflisdorf ungültig sei und somit aus derselben für die Gemeinde keine auch nur zeitweilige Unterstützungspflicht der Familie Gabriel recte Schäfers abgeleitet werden könne ; 3. der Antwort des Regierungsrathes des Kantons Zürich vom 13. Mai auf den ihm zur Vernehmlassung überwiesenen Rekurs, Antwort, in welcher der angefochtene Beschluß vom 26. März aufrechterhalten wird ; 4. eines Berichtes des Departements des Auswärtigen und des eidg. Justiz- und Polizeidepartements; in Erwägung: 1. daß Art. 4 , Absatz l , des Rundesgesetzes betreffend die Ertheilung des Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe vom 3. Juli 1876 folgenden Wortlaut hat : ,,Jede Ertheilung des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts an Ausländer ohne die vorherige Bewilligung des Bundesrathes ist ungültig 2. daß eine solche Bewilligung für die Aufnahme des angeblichen Ernst Gabriel und seiner Familie in das Bürgerrecht der Gemeinde Schöfflisdorf -- wie zugegeben ist und aktenmäßig feststeht -- nie nachgesucht wurde;

465 3. daß der Bundesrath, laut Bundesverfassung Art. 102, Ziff. 2, und Art. 12, Ziff. 2, des Beschlusses vom 21. August 1878 über Organisation und Geschäftsgang, für Beobachtung der Verfassung, der Gesetze und Beschlüsse des Bundes zu wachen und zur ,,Handhabung derselben von sich aus oder auf eingegangene Beschwerde, soweit die Beurtheilung solcher Rekurse nicht nach Art. 113 der Bundesverfassung dem Bundesgerichte übertragen ist, die erforderlichen Verfügungen" zu treffen hat; 4. daß ihm dagegen keine Kompetenz zusteht, die Frage betreffend die Unterstützungspflicht der Gemeinde Schöfflisdorf zu entscheiden, in Anwendung der sub Nr. 3 erwähnten Gesetzesvorschriften, beschließt: 1. die Aufnahme des Ernst Gabriel, recte Fritz Schäfers und seiner Familie in das Bürgerrecht der Gemeinde Schöffiisdorf ist null und nichtig ; 2. in die Frage betreffend die Verpflichtung der Gemeinde Schöffiisdorf zur einstweiligen Unterstützung der Familie des Ernst Gabriel, recte Fritz Schäfers, wird wegen Inkompetenz nicht eingetreten; 3. dieser Beschluß ist schriftlich mitzutheilen : a. dem Regierungsrath des Kantons Zürich, mit der Einladung, für die Ausführung von Punkt l desselben besorgt zu sein und s. Z. dem Bundesrathe darüber Bericht zu erstatten; b. Herrn Fürsprech Bucher in Regensberg zu Händen des Gemeinderathes Schöffiisdorf, in Erledigung seines Rekurses, unter Rückschluß der Akten.

B e r n , den 15. Juni 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rillgier.

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24.06.1891

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