17.025 Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Georgien vom 15. Februar 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Georgien.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Februar 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-3007

2275

Übersicht Das umfassende Freihandelsabkommen (FHA) zwischen den EFTA-Staaten und Georgien ist am 27. Juni 2016 in Bern unterzeichnet worden. Das Abkommen entspricht weitgehend den neueren, mit Drittstaaten abgeschlossenen FHA der EFTA-Staaten und hat einen sektoriell umfassenden Geltungsbereich. Es umfasst den Warenhandel (Industrie- und Landwirtschaftsprodukte), Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen, handelspolitische Schutzmassnahmen, technische Vorschriften, gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen, den Handel mit Dienstleistungen, Investitionen im Zusammenhang mit der Gründung von Firmenniederlassungen, den Schutz geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen, den Wettbewerb, den Handel und die nachhaltige Entwicklung sowie rechtliche und institutionelle Bestimmungen.

Ausgangslage Das FHA mit Georgien erweitert das Netz von FHA, das die Schweiz seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittländern ausserhalb der Europäischen Union (EU) aufbaut.

Für die Schweiz als exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, ist der Abschluss von FHA mit Handelspartnern ausserhalb der EU, neben der Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO) und den bilateralen Verträgen mit der EU, ein wichtiges Instrument im Rahmen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik zur Verbesserung des Marktzugangs im Ausland. Die FHA tragen zur Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen bei, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, die unsere Handelspartner mit Konkurrenten der Schweiz abschliessen. Im vorliegenden Fall ist dieses Ziel umso bedeutender, als die EU und Georgien am 27. Juni 2014 ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet haben, das auch Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone enthält.

Mit dem Abschluss des FHA zwischen den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und Georgien setzt die Schweiz ihre Politik zur Unterstützung von Wirtschaftsreformen und zur Integration dieses kaukasischen Staates in die Strukturen der Wirtschaftszusammenarbeit auf europäischer und auf globaler Ebene fort. Gleichzeitig wird dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft auf dem georgischen Markt gestärkt. Das FHA eröffnet einen breiten Marktzugang und verbessert die rechtlichen Rahmenbedingungen für die
schweizerischen Wirtschaftsakteure.

Inhalt der Vorlage Mit dem FHA werden die Zölle auf dem grössten Teil des bilateralen Handels mit Georgien vollständig oder teilweise abgebaut, und der Handel wird durch Erleichterungen bei Zollverfahren gefördert.

In den Bereichen technische Handelshemmnisse sowie gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen wird die Verringerung von nichttarifären Handelshemmnissen bezweckt. Für den Dienstleistungshandel gelten im Vergleich

2276

zum Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der WTO präzisierte Regeln u. a. für Zulassungsverfahren sowie verbesserte Marktzugangsverpflichtungen für verschiedene Dienstleistungen. Das FHA verbessert ebenfalls den Marktzugang für Investitionen und erschliesst den Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt in Georgien. Beim geistigen Eigentum wird das Schutzniveau in ausgewählten Bereichen über die multilateralen Standards der WTO hinaus verbessert, und das Abkommen enthält Vereinbarungen zur Rechtsdurchsetzung. Das FHA sieht eine kohärente, auf die Grundsätze der internationalen Beziehungen und die Zielsetzung der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtete Umsetzung vor. Zu diesem Zweck sind in der Präambel Grundwerte und Prinzipien unter anderem der UNO verankert. In weiteren Bestimmungen des FHA werden Regelungen über handelsrelevante Aspekte von Umwelt- und Arbeitsfragen festgelegt. Auf institutioneller Ebene wird zur Überwachung der Anwendung des Abkommens und zu dessen Weiterentwicklung sowie zur Durchführung von Konsultationen ein gemischter Ausschuss eingesetzt. Im Fall von Streitigkeiten, die nicht mittels Konsultationen lösbar sind, sieht das Abkommen ein bindendes Schiedsverfahren vor.

2277

BBl 2017

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2276

1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Verlauf der Verhandlungen 1.3 Inhalt des Abkommens und Verhandlungsergebnis 1.4 Würdigung 1.5 Vernehmlassung

2280 2280 2281 2281 2283 2283

2

Wirtschaftslage Georgiens sowie Beziehungen zwischen der Schweiz und Georgien 2.1 Wirtschaftliche Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik Georgiens 2.2 Bilaterale Beziehungen und bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und Georgien 2.3 Handel und Investitionen zwischen der Schweiz und Georgien 2.4 Unterstützungsleistungen der Schweiz zugunsten Georgiens

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Georgien 3.1 Präambel 3.2 Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1.1­1.6) 3.3 Kapitel 2: Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen (Art. 2.1­2.19) 3.3.1 Anhang II zu Ursprungsregeln 3.3.2 Anhang III zu Handelserleichterung 3.4 Kapitel 3: Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Art. 3.1­3.5) 3.5 Kapitel 4: Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen (Art. 4.1­4.11) 3.6 Kapitel 5: Handel mit Dienstleistungen (Art. 5.1­5.21) 3.6.1 Anhang X zu Finanzdienstleistungen 3.6.2 Anhang XI zu den Telekommunikationsdienstleistungen 3.6.3 Anhang XII zu den Seeverkehrsdienstleistungen 3.6.4 Artikel 5.18 und Anhang VIII: Spezifische Verpflichtungen 3.7 Kapitel 6: Investitionen (Niederlassungen) (Art. 6.1­6.12) 3.8 Schutz des geistigen Eigentums (Art. 7) 3.8.1 Bestimmungen in Kapitel 7 3.8.2 Anhang XV zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 3.9 Kapitel 8: Öffentliches Beschaffungswesen (Art. 8.1­8.28)

2278

2284 2284 2285 2286 2286 2287 2287 2288 2289 2291 2292 2292 2293 2295 2296 2297 2298 2299 2300 2302 2302 2302 2305

BBl 2017

4

5

6

3.10 Kapitel 9: Wettbewerb (Art. 9) 3.11 Kapitel 10: Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 10.1­10.11) 3.12 Kapitel 11: Institutionelle Bestimmungen (Art. 11) 3.13 Kapitel 12: Streitbeilegung (Art. 12.1­12.10) 3.14 Kapitel 13: Schlussbestimmungen (Art. 13.1­13.6)

2307

Auswirkungen 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Finanzielle Auswirkungen 4.1.2 Personelle Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 4.5 Auswirkungen auf die Umwelt

2312 2312 2312 2312

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 5.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 5.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.3 Geltung für das Fürstentum Liechtenstein 6.4 Erlassform 6.5 Sprachfassungen und Veröffentlichung der Anhänge zum FHA 6.6 Inkrafttreten

2307 2309 2309 2311

2312 2313 2313 2314 2315 2315 2315 2315 2315 2316 2316 2316 2317 2318

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Georgien (Entwurf)

2319

Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Georgien

2321

2279

BBl 2017

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Das am 27. Juni 2016 unterzeichnete Freihandelsabkommen (FHA) zwischen den EFTA-Staaten und Georgien1, erweitert das Netz von FHA, welches die Schweiz seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittländern ausserhalb der EU aufbaut. Für die Schweiz als exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, ist der Abschluss von FHA, neben der Mitgliedschaft bei der WTO und den bilateralen Verträgen mit der EU, ein wichtiges Instrument im Rahmen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik zur Verbesserung des Marktzugangs im Ausland. Ferner tragen FHA zur Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen bei, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, die unsere Handelspartner mit Konkurrenten der Schweiz abschliessen. Gleichzeitig verbessern die FHA die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen mit den Vertragspartnern. Die Schweiz verfügt ­ neben dem Abkommen mit der EWG von 19722 und der EFTA-Konvention von 19603 gegenwärtig über 30 unterzeichnete FHA. Es handelt sich um 27 im Rahmen der EFTA4 abgeschlossene FHA sowie um die drei bilateralen Abkommen mit den Färöern5, Japan6 und China7.

Das vorliegende FHA wird den Zugang für Schweizer Waren- und Dienstleistungsexporte auf dem georgischen Markt verbessern, den gegenseitigen Handel erleichtern, den Schutz des geistigen Eigentums verstärken, allgemein die Rechtssicherheit 1 2 3 4

5

6 7

SR ..., BBl 2017 ...

Abkommen. vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401).

Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (SR 0.632.31).

Albanien (SR 0.632.311.231), Ägypten (SR 0.632.313.211), Bosnien und Herzegowina (SR 0.632.311.911), Chile (SR 0.632.312.451), Georgien (unterzeichnet am 27. Juni 2016; SR...; BBl 2017 2321) , Golfkooperationsrat (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman SaudiArabien, Vereinigte Arabische Emirate, SR 0.632.311.491), Hong Kong (SR 0.632.314.161), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), Montenegro (SR 0.632.315.731), Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Peru (SR 0.632.316.411), Philippinen (unterzeichnet 28. April 2016), Serbien (SR 0.632.316.821), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland) (SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.631), Ukraine (SR 0.632.317.671), Zentralamerikanische Staaten (Costa Rica, Panama: SR 0.632.312.851) und Guatemala (Beitrittsprotokoll unterzeichnet am 22. Juni 2015; BBl 2016 1025).

Abkommen vom 12. Januar 1994 zwischen der Schweizerischen Regierung einerseits und der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer andererseits über den Freihandel zwischen der Schweiz und den Färöern (SR 0.946.293.142).

Abkommen vom 19. Februar 2009 über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan (SR 0.946.294.632).

Freihandelsabkommen vom 6. Juli 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China (SR 0.946.292.492).

2280

BBl 2017

für den wirtschaftlichen Austausch verbessern sowie zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Das FHA vermindert Diskriminierungen von Schweizer Wirtschaftsakteuren gegenüber bestehenden und künftigen Freihandelspartnern. Diesem Aspekt ist umso mehr Bedeutung zuzumessen, als die EU mit Georgien am 27. Juni 2014 ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet hat, welches auch Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone enthält. Gegenüber Ländern, die mit Georgien kein FHA vereinbart haben, verschafft es der Schweizer Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig wird mit dem FHA ein institutionalisierter Rahmen für die Behördenzusammenarbeit sowie zur Überwachung und Weiterentwicklung des Abkommens und zur Lösung von konkreten Problemen geschaffen.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Seit dem Jahr 2007 ist Georgien wiederholt mit dem Begehren an die EFTA herangetreten, Freihandelsverhandlungen mit ihr aufnehmen zu wollen. Im Jahre 2010 richtete der georgische Premierminister ein entsprechendes offizielles Schreiben an die EFTA. Diese schlug als ersten Schritt die Vereinbarung einer Gemeinsamen Zusammenarbeitserklärung vor, welche im Juni 2012 anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz in Gstaad von den EFTA-Ministerinnen und -Ministern und der georgischen Aussenministerin unterzeichnet wurde. An der EFTA-Ministerkonferenz vom 17. November 2014 haben die EFTA-Ministerinnen und -Minister beschlossen, mit Georgien Freihandelsverhandlungen aufzunehmen. Nach zwei Treffen des Gemischten Ausschusses EFTA-Georgien und entsprechenden Vorarbeiten fand die erste Verhandlungsrunde in Tiflis Anfang September 2015 statt. Der Umstand, dass Georgien und die EU bereits im Jahre 2014 ein umfassendes Assoziierungsabkommen vereinbart haben, wirkte sich positiv auf den Verhandlungsverlauf mit der EFTA aus. Nach lediglich drei Treffen konnten die Verhandlungen bereits nach einem halben Jahr erfolgreich abgeschlossen werden.

1.3

Inhalt des Abkommens und Verhandlungsergebnis

Das FHA mit Georgien entspricht weitgehend den neueren FHA der EFTA. Es hat einen sektoriell umfassenden Geltungsbereich und enthält Bestimmungen über den Warenhandel (Industrieprodukte und ausgewählte Landwirtschaftsprodukte, Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen, handelspolitische Schutzmassnahmen), die nichttarifären Handelshemmnisse, die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen, den Handel mit Dienstleistungen, die Niederlassungen (Investitionen) im Gebiet des Abkommenspartners, den Schutz des geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen, den Wettbewerb, handelsrelevante Umwelt- und Arbeitsfragen sowie institutionelle Bestimmungen. Wie im FHA zwischen den EFTA-Staaten und den zentralamerikanischen Staaten (Costa Rica, Panama und Guatemala) oder mit den Philippinen sind die Bestimmungen zu den unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten im FHA mit Georgien integraler Bestandteil des Hauptabkommens. Die bilateralen Listen der Marktzugangskonzessionen für Landwirtschaftsprodukte werden jedoch in separaten 2281

BBl 2017

Anhängen aufgeführt (Anhänge V, VI, VII). Das Abkommen enthält somit ein Kapitel über den Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen und eines über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Diese Struktur mit zwei Kapiteln erlaubt es den EFTA-Staaten, ihren spezifischen Interessen im Landwirtschaftsbereich hinsichtlich der Bestimmungen des Abkommens und der Marktzugangsverpflichtungen Rechnung zu tragen.

Das Abkommen mit Georgien stellt ein ausgewogenes Ergebnis dar. Die in den Verhandlungen erzielten Resultate sind für die Schweiz optimal. Georgien ist gegenwärtig dabei, seine Gesetzgebung und administrativen Regelungen in verschiedenen Bereichen zu modernisieren undder EU-Gesetzgebung anzugleichen. Aus diesem Grund finden sich im FHA im Kapiteln zum Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen, im Kapitel zu den gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen sowie im Kapitel zum öffentlichen Beschaffungswesen Evolutivklauseln. Georgien wird die mit der EU in Aussicht gestellten Anpassungen auch den EFTA-Staaten zugestehen, falls zwischen der EU und Georgien einerseits und zwischen den EFTA-Staaten und der EU andererseits dieselben Bestimmungen gelten (Trilateralisation).

Für den Fall, dass einer der Vertragspartner den öffentlichen Beschaffungsmarkt ausweitet, wurde vereinbart, dassdie andere Seite die Aufnahme von Verhandlungen verlangen kann, mit dem Ziel, diese zusätzlichen Zugeständnisse auch ihr zu gewähren. Im Bereich des Schutzes geistiger Eigentumsrechte hatte Georgien angeboten, das Schutzniveau bei den geografischen Herkunftsangaben höher anzusetzen als von EFTA-Seite vorgeschlagen. EFTA-intern war man sich diesbezüglich jedoch nicht einig. Die Schweiz wird nun prüfen, ob ein diesbezügliches bilaterales Abkommen mit Georgien anzustreben ist.

Betreffend Ursprungsregeln hat Georgien einen Antrag gestellt hat, der PaneuropaMittelmeer-Konvention über präferenzielle Ursprungsregeln vom 15. Juni 20118 (PEM-Konvention) beizutreten. Die PEM-Konvention wurde daher in das FHA übernommen.

Schwierig gestalteten sich die Verhandlungen im Bereich der handelspolitischen Schutzmassnahmen. Mit dem Verweis auf ein laufendes Gesetzgebungsprojekt über Antidumping und Schutzklauseln lehnte Georgien verschiedene von der EFTA eingebrachte Textvorschläge in diesen
Bereichen ab. Nach intensiven Gesprächen gelang es der EFTA schliesslich, Georgien von der politischen Bedeutung der bilateralen Schutzklausel zu überzeugen und die Bestimmung auch für Landwirtschaftsprodukte für anwendbar zu erklären. Es ist auch gelungen, sich auf die Ausnahme des FHA-Partners beim Ergreifen einer allgemeinen Schutzmassnahme zu einigen.

Am Schluss konnte eine für die Schweiz zufriedenstellende Lösung gefunden werden, welche sich im Rahmen anderer FHA der EFTA bewegt.

8

SR 0.946.31

2282

BBl 2017

1.4

Würdigung

Das FHA mit Georgien geht als Präferenzabkommen in verschiedenen Bereichen über das in den WTO-Abkommen bestehende Niveau bezüglich Marktzugang und Rechtssicherheit hinaus. Das FHA verbessert auf breiter Basis den Marktzugang und erhöht die Rechtssicherheit für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem georgischen Markt. Es stärkt die Rechtssicherheit im Bereich des geistigen Eigentums und begünstigt allgemein den wirtschaftlichen Austausch und trägt zur nachhaltigen Entwicklung bei. Zudem wird mit dem FHA ein institutionalisierter Rahmen für die Behördenzusammenarbeit zur Überwachung und Weiterentwicklung des FHA und zur Lösung von konkreten Problemen geschaffen.

Das Abkommen beugt dem Diskriminierungspotenzial gegenüber anderen Freihandelspartnern Georgiens vor und schafft für Schweizer Wirtschaftsakteure gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit Georgien haben, einen Wettbewerbsvorteil. Potenzielle oder vorhandene Diskriminierungen, die sich beispielsweise aus dem Assoziierungsabkommen Georgiens mit der EU ergeben oder ergeben könnten, werden so abgewendet bzw. vermindert.9

1.5

Vernehmlassung

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200510 ist bei völkerrechtlichen Verträgen, die dem Referendum unterstehen, grundsätzlich eine Vernehmlassung durchzuführen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet, weil keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren. So ist das Abkommen bereits im Landesrecht umgesetzt, und die Positionen der interessierten Kreise sind bereits bekannt. Das Verhandlungsmandat wurde gestützt auf Artikel 4 Absätze 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 199911 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes bei den Kantonen und gestützt auf Artikel 152 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200212 bei den Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte in eine Anhörung geschickt. Beide Aussenpolitischen Kommissionen haben den Mandatsentwurf des Bundesrates ohne Ergänzungs- oder Änderungsvorschläge zur Kenntnis genommen und ihm zugestimmt. Die Kantone haben der Aufforderung der Konferenz der Kantonsregierungen folgend zum Mandatsentwurf punktuell Stellung genommen und ihn unterstützt. Die interessierten Kreise aus der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft wurden verschiedentlich über den Stand der Verhandlungen informiert und hatten Gelegenheit, sich dazu zu äussern.

9 10 11 12

Im Februar 2016 haben Georgien und die Volksrepublik China Freihandelsverhandlungen aufgenommen. Das FHA wurde am 5. Oktober 2016 in Tiflis unterzeichnet.

SR 172.061 SR 138.1 SR 171.10

2283

BBl 2017

2

Wirtschaftslage Georgiens sowie Beziehungen zwischen der Schweiz und Georgien

2.1

Wirtschaftliche Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik Georgiens

Mit einer Fläche von 69 700 km2 und einer Bevölkerung von knapp vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern verfügt das im Kaukasus gelegene Georgien über ein kleine, aber offene, Volkswirtschaft mit einem begrenzten Binnenmarkt. Seine wirtschaftliche Entwicklung wird stark von den innen- und aussenpolitischen Ereignissen beeinflusst, die sich in Georgien und in seinen wichtigsten Partnerländern abspielen. Trotz anhaltender Bemühungen um Modernisierung und Strukturwandel wirkt das historische Erbe der ehemaligen Sowjetunion auch ein Vierteljahrhundert nach der wiedererlangten Unabhängigkeit weiterhin nach. In den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende konnte das Land eindrückliche Wachstumsraten verzeichnen.

Die sich seit der Auflösung der Sowjetunion hinziehenden Autonomiebestrebungen der völkerrechtlich zu Georgien gehörenden, aber nach mehr Selbstbestimmung strebenden Gebiete von Abchasien und Südossetien führten seit den 1990er-Jahren zu mehreren blutigen Konfrontationen mit der Zentralregierung in Tiflis, welche zahlreiche Opfer forderten. Tausende von Menschen wurden aus ihren Dörfern vertrieben und belasten noch heute den georgischen und den russischen Staatshaushalt13 Der bewaffnete Konflikt zwischen Georgien und Russland vom Sommer 2008 wirkte sich nachteilig auf die wirtschaftliche Entwicklung Georgiens aus. Zudem behindern strukturelle Probleme den Aufschwung der Wirtschaft. Die Landwirtschaft, die etwa 8 Prozent zum BIP beiträgt und einen Grossteil der arbeitsfähigen Bevölkerung beschäftigt, ist durch wenig produktive Kleinbetriebe gekennzeichnet.

Etwa ein Viertel des erwirtschafteten BIP entfällt auf den industriellen Sektor, der Rest auf Dienstleistungen, vor allem Handel und Transport, aber auch auf den öffentlichen Sektor. Wegen Defiziten im Bildungswesen fehlt es an qualifizierten Arbeitskräften, an Innnovation, Know-how und an der nötigen Infrastruktur. Der noch junge Finanzsektor muss gestärkt und der Zugang zu Krediten für wirtschaftliche Belange erleichtert werden. Dies wiederum setzt Investitionen voraus. Gemäss georgischen Statistiken belief sich der Bestand ausländischer Direktinvestitionen in Georgien Ende 2015 auf rund 14,6 Milliarden US-Dollar. Die verzeichneten Zu- und Abflüsse schwanken von Jahr zu Jahr beträchtlich. Das Investitionsaufkommen vermag die Bedürfnisse
des Landes noch nicht in ausreichendem Masse zu decken.

Zwei Drittel der ausländischen Direktinvestitionen flossen im Jahr 2015 in die Sektoren Transport und Kommunikation (44 %), in den Finanzsektor (14 %) sowie in den Bausektor (10 %). Georgien ist bestrebt, seine Vision als Energie- und Verkehrskorridor an der Seidenstrasse zwischen Europa, Zentralasien und China umzusetzen. Weniger in der Gunst von Investoren sind die beschäftigungsintensiven Sektoren Landwirtschaft und verarbeitende Industrie.

Georgiens Aussenhandel ist durch ein chronisches Defizit gekennzeichnet. Mit einer aktiven Freihandelspolitik versucht sich Georgien Zugang zu ausländischen Märkten

13

Russland unterstützt Abchasien und Südossetien aus strategischen Interessen und zum Schutz seiner Einflusssphäre.

2284

BBl 2017

zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist es vor allem am Export seiner Landwirtschaftsprodukte interessiert.

Georgiens Aussenwirtschaftspolitik erfolgt in einem insgesamt schwierigen Umfeld.

Russland war während Jahrzehnten Georgiens traditionell grösster Exportmarkt für Wein, Früchte und Gemüse. Dieser Markt ist jedoch infolge der politischen Entwicklungen und Ereignisse im Kaukasus und als Folge der Unabhängigkeitsbestrebungen Georgiens zum politischen Spielball geworden. Die Spielregeln werden dabei vorab von Russland bestimmt. Viele georgische Staatsangehörige finden Arbeit in Russland und überweisen beachtliche Summen ihrer dort erworbenen Ersparnisse in ihre Heimat. Heute zielt Georgiens Wirtschaftspolitik auf eine stärkere Anbindung an Europa und eine Einbindung in die Weltwirtschaft ab. Wichtige Schritte diesbezüglich waren Georgiens WTO-Beitritt im Jahr 2000 sowie die Vereinbarung des Assoziierungsabkommens mit der EU im Jahr 2014.

2.2

Bilaterale Beziehungen und bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und Georgien

Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Georgien sind sehr gut. Am 9. April. 1991 hat Georgien, das innerhalb der Sowjetunion den Status einer Unionsrepublik hatte, seine Unabhängigkeit erklärt. Die Schweiz anerkannte Georgien völkerrechtlich am 23. Dezember 1991. Seither hat die Schweiz ihre Beziehungen zu Georgien Schritt für Schritt ausgebaut. In wirtschaftlicher Hinsicht wurde in den Folgejahren ein solides bilaterales Vertragsnetz errichtet, welches u.a. das Abkommen vom 11. März 199914 über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit, das Abkommen vom 15. Juni 201015 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie das Abkommen vom 3. Juni 201416 über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen umfasst. Seit November 2010 ist auch das Abkommen vom 22. Juli 2008 17 über den Luftlinienverkehr in Kraft. Im Migrationsbereich wurden das Abkommen vom 8. April 200518 über die Rücknahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt abgeschlossen sowie das Abkommen vom 13. September 201319 über die Erleichterung der Visaerteilung. Neben der erleichterten und vergünstigten Visumerteilung für bestimmte Personen gilt für Inhaberinnen und Inhaber von Diplomatenpässen Visabefreiung.

Neu kommt nun das umfassende FHA dazu, welches die bilateralen wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen weiter stärkt. Im Jahr 1996 hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit des EDA in der georgischen Hauptstadt Tiflis ein Büro für humanitäre Fragen eröffnet. Seit 1999 betreut dieses als Kooperations14 15 16

17 18 19

SR 0.946.293.601 SR 0.672.936.01 SR 0.975.236.0. Ein erster Abkommenstext wurde bereits am 22. August 1997 paraphiert, konnte damals allerdings wegen innergeorgischer Widerstände nicht unterzeichnet werden. Das Abkommen musste in der Folge neu verhandelt werden.

SR 0.748.127.193.60 SR 0.142.113.609 SR 0.142.113.602

2285

BBl 2017

büro zusätzlich Projekte der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe. Seit dem Jahr 2001 verfügt die Schweiz in Tiflis über eine Botschaft. Georgien seinerseits ist seit 1997 bei den Internationalen Organisationen in Genf mit einer ständigen Mission präsent, welche auch in Bern akkreditiert ist.

2.3

Handel und Investitionen zwischen der Schweiz und Georgien

Das Handelsvolumen der Schweiz mit Georgien pendelte sich in den letzten Jahren zwischen 40 und 50 Millionen Franken ein. Im Jahr 2015 betrugen die schweizerischen Exporte nach Georgien 36 Millionen Franken (2014: 45 Mio. Fr.), und die von dort eingeführten Waren erreichten 3 Millionen Franken (2014: 2 Mio. Fr.). Die wichtigsten schweizerischen Exportgüter nach Georgien sind pharmazeutische Produkte (52 %), Uhrmacherwaren (11 %) sowie Papier und Papierwaren (6 %).

Eingeführt wurden aus Georgien in erster Linie Textilien und Bekleidung (38 %), Landwirtschaftsprodukte (25 %) sowie Uhrmacherwaren20 (10 %). Die schweizerischen Direktinvestitionen in Georgien haben in den letzten Jahren zugenommen.

Nach Angaben des IWF21 nahm der Bestand an schweizerischen Direktinvestitionen in Georgien konstant zu. Für Ende 2014 wird er mit 175 Millionen US-Dollar angegeben, während es im Vorjahr noch 167 Millionen US-Dollar waren. Die Schweizerische Nationalbank publiziert keine Zahlen zu Georgien. Mit ihren Investitionen tragen Schweizer Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Georgien bei, was in der Regel gleichzeitig auch mit einem Wissenstransfer verbunden ist.

2.4

Unterstützungsleistungen der Schweiz zugunsten Georgiens

Die von der Schweiz finanzierten Unterstützungsmassnahmen zugunsten Georgiens kosten jährlich ca. 10 Millionen Franken. Diese Mittel werden im Rahmen der Regionalstrategie Südkaukasus 2013­2016 eingesetzt, deren Kreditrahmen insgesamt 111 Millionen Franken beträgt. Sie werden aber auch für Aktivitäten im benachbarten Armenien und Aserbeidschan aufgewendet. Auf Georgien entfällt ein Anteil von rund 41 Millionen Franken. Mit den verschiedenen Programmen unterstützt die Schweiz Georgien im Rahmen ihrer Ostzusammenarbeit auf dem Weg zur sozialen Marktwirtschaft und zur Demokratie. Gleichzeitig leistet sie im Land humanitäre Hilfe. Um die Unterstützung vor Ort besser koordinieren, begleiten und überwachen zu können, unterhält die Schweiz in Tiflis seit 1999 ein Kooperationsbüro, welches als Regionalbüro auch die Umsetzung der Programme in Armenien und Aserbeidschan verfolgt. Drei Tätigkeitsbereiche stehen im Zentrum seiner Aktivitäten, die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsplätze, Gouvernanz und öffentliche Dienstleistungen sowie menschliche Sicherheit und Schutz. Die 20 21

Rückwaren (Reimporte) schweizerischer Uhrmacherwaren Coordinated Direct Investment Survey (CDIS), extracted from IMF Warehouse on 4/19/2016

2286

BBl 2017

Regionalstrategie Südkaukasus soll in den Jahren 2017­2020 fortgesetzt werden.

Eine mit den Regierungen abgesprochene Neuauflage ist derzeit in Erarbeitung und wird in naher Zukunft vorliegen. Sie stützt sich auf die in dieser Region in vielen Jahren erworbenen vielfältigen Erfahrungen.

Das Schweizer Engagement im Kaukasus ist vielseitig. In der Folge des Krieges zwischen Georgien und Russland vom Herbst 2008 haben die beiden Regierungen ihre gegenseitigen diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Da die Schweiz in beiden Ländern präsent ist, hat sie sich anerboten, den beiden Regierungen ihre guten Dienste zur Verfügung zu stellen. Sowohl Georgien als auch Russland haben das schweizerische Angebot angenommen. Seither nimmt die Schweiz die Schutzmachtmandate in beiden Hauptstädten wahr. Im Jahr 2011 vermittelte die Schweiz zudem im Rahmen der WTO zwischen dem WTO-Mitglied Georgien und dem damaligen Beitrittskandidaten Russland, da Georgien das laufende Beitrittsverfahren Russlands blockierte. Mit ihrem Einsatz hat die Schweiz damals dazu beigetragen, dass eine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte. Sie leistete damit einen wertvollen Beitrag, wodurch der Weg Russlands in die WTO geebnet wurde. Am 22. August 2012 wurde Russland als 156. Mitglied in die WTO aufgenommen.

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Georgien

3.1

Präambel

Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des Freihandelsabkommens fest. Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten, zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, Arbeitnehmerrechten, grundlegenden Rechten und den Prinzipien des Völkerrechts ­ insbesondere zur Charta der Vereinten Nationen, zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zum Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ­ sowie zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung. Die Präambel erwähnt weiter die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Förderung von Investitionen und Wettbewerb, den Schutz des geistigen Eigentums und die Ausweitung des Welthandels. Ferner bekräftigen die Vertragsparteien ihre Unterstützung der Grundsätze zur guten Unternehmensführung und zu verantwortungsvollem Unternehmensverhalten, wie sie in den einschlägigen Instrumenten der OECD oder der UNO festgehalten sind, etwa in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, in den OECD-Grundsätzen der guten Unternehmensführung sowie im globalen Pakt der UNO22. Sie bekräftigen ihre Absicht, Transparenz zu fördern und Korruption zu bekämpfen.

22

Der Globale Pakt der Vereinten Nationen (United Nations Global Compact) ist ein zwischen den Vereinten Nationen sowie Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen geschlossenes freiwilliges Bündnis, ihre Tätigkeiten gestützt auf zehn weltweit akzeptierte Grundsätze über Menschenrechte, Arbeit, Umwelt sowie den Kampf gegen die Korruption auszuführen.

2287

BBl 2017

3.2

Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1.1­1.6)

Artikel 1.1 legt die Ziele des FHA fest. Diese bestehen darin, eine Freihandelszone einzurichten, um den Warenverkehr und den Dienstleistungshandel zu liberalisieren, die Investitionsmöglichkeiten gegenseitig auszuweiten, unnötige technische Handelshemmnisse sowie unnötige gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern, den Wettbewerb zu fördern, einen angemessenen und wirksamen Schutz und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen, die gegenseitige Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesen zu verbessern und den internationalen Handel unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung auszubauen.

Artikel 1.2 regelt, auf welches geografische Gebiet das FHA Anwendung findet. Das FHA gilt für das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht.

Artikel 1.3 sieht vor, dass das FHA die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten nicht tangiert. Diese sind im Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) geregelt. Zudem wendet die Schweiz gestützt auf den Zollvertrag vom 29. März 192323 zwischen der Schweiz und Liechtenstein die FHA-Bestimmungen über den Warenhandel auch auf Liechtenstein an.

Artikel 1.4 regelt das Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen. Im Wesentlichen wird dadurch gewährleistet, dass die Pflichten und Verpflichtungen der Vertragsparteien auf internationaler Ebene ebenfalls eingehalten werden müssen.

Artikel 1.5 hält fest, dass die Parteien ihre FHA-Verpflichtungen erfüllen und die Anwendung des FHA auf allen Staatsebenen gewährleisten müssen.

Artikel 1.6 zur Transparenz regelt die Informationspflichten der Vertragsparteien.

Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften, Gerichts- und Verwaltungsentscheide von allgemeiner Tragweite sowie ihre internationalen Abkommen, die einen Einfluss auf die Durchführung des FHA haben können, veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, Informationen zur Verfügung zu stellen und Fragen zu Massnahmen zu beantworten, die die Anwendung des Abkommens berühren können. Die Vertragsparteien sind nicht verpflichtet, Informationen preiszugeben, die nach ihrem innerstaatlichen
Recht vertraulich sind oder deren Offenlegung die Durchsetzung von Rechtsvorschriften behindern oder dem öffentlichen Interessen anderweitig zuwiderlaufen oder die berechtigten Geschäftsinteressen eines Wirtschaftsakteurs beeinträchtigen würde.

23

SR 0.631.112.514

2288

BBl 2017

3.3

Kapitel 2: Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen (Art. 2.1­2.19)

Art. 2.1: Der Geltungsbereich von Kapitel 2 des FHA umfasst die Industrieprodukte, d.h. die Kapitel 25­97 des durch das Internationale Übereinkommen vom 14. Juni 198324 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren errichteten Harmonisierten Systems (HS), die Warengruppe Fisch und andere Meeresprodukte, mit Ausnahme bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die in Kapitel 24 HS erfasst sind. Der Deckungsbereich für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse wird in Anhang I des FHA aufgezeigt.

Art. 2.2: Damit Waren in den Genuss der präferenziellen Zölle dieses Abkommens kommen, müssen sie die Ursprungsregeln (Anhang II) erfüllen. Diese legen insbesondere fest, welche Waren sich als Ursprungswaren qualifizieren, welche Ursprungsnachweise für die präferenzielle Zollbehandlung verwendet werden müssen und wie die Kooperation der betroffenen Verwaltungen erfolgt.

Art. 2.3: Einfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung wie Einfuhrzölle auf Ursprungswaren nach Artikel 2.1 sind aufzuheben. Die Schaffung neuer Einfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung wie Zölle ist verboten.

Art. 2.4­2.6 und Art. 2.8: Wie die anderen EFTA-Freihandelsabkommen enthält auch das vorliegende Abkommen Bestimmungen zum Verbot von Ausfuhrzöllen (Art. 2.4). Das Abkommen sieht zudem ein Verbot mengenmässiger Beschränkungen bei Aus- und Einfuhren (Art. 2.6) sowie die Anwendung der Inländerbehandlung (Art. 2.8) vor.

Art. 2.9: Neben der Anwendung der Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über die technischen Handelshemmnisse («TBT-Übereinkommen»), das in das FHA übernommen wird (Abs. 1), sehen die Vertragsparteien in Artikel 2.9 Kontaktpunkte zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen den Fachverantwortlichen der zuständigen Behörden (Abs. 2) sowie die Abhaltung rascher Konsultationen (Abs. 3) vor. So sollte es möglich sein, im Falle von technischen Handelshemmnissen oder allenfalls mit der Umsetzung von technischen Vorschriften einhergehenden Firmenproblemen einen raschen und direkten Zugang zu den jeweiligen Fachverantwortlichen der Länder herzustellen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

In den Absätzen 4 und 5 verpflichten sich die Vertragsparteien dazu, ihren Erzeugnissen eine ähnliche Behandlung wie Erzeugnissen aus der EU zu gewähren. Dazu dehnen sie im Rahmen ihrer Handelsbeziehungen die mit
der EU vereinbarten Erleichterungen gegenseitig aufeinander aus (Abs. 4). Georgien ist momentan dabei, seine Rechtsbestimmungen für zahlreiche Industrieprodukte an jene der EU anzugleichen, was die EFTA-Länder bereits getan haben (Europäischer Wirtschaftsraum EWR, «Bilaterale Abkommen» Schweiz-EU). Sollte Georgien mit der EU ein Abkommen unterzeichnen, könnte somit bei Bedarf ein ähnliches Abkommen zwischen der EFTA und Georgien abgeschlossen werden. Das FHA zielt auch darauf ab, den Status quo zu erhalten: Zahlreiche Produkte aus EFTA- oder EU-Ländern können zurzeit ohne zusätzliche Konformitätsbewertungen nach Georgien exportiert werden. Ändert einer der Partner das entsprechende System, muss er dem anderen auf 24

SR 0.632.11

2289

BBl 2017

Ersuchen eine ähnliche Behandlung gewähren wie der EU (Abs. 5). So soll vermieden werden, dass Erzeugnisse aus der EFTA gegenüber jenen aus der EU unter Umständen diskriminiert werden.

Art. 2.7 und Art. 2.12­2.19: Für eine Reihe weiterer handelsbezogener Massnahmen verweist das FHA auf die einschlägigen Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO.

Dies gilt für Gebühren und Formalitäten (Art. 2.7), staatliche Handelsunternehmen (Art. 2.12), Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 2.13), Antidumping (Art. 2.14), allgemeine Schutzmassnahmen (Art. 2.15), allgemeine Ausnahmen, namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 2.17 und 2.18) sowie Massnahmen bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 2.19). Das FHA sieht in den Artikeln 2.13 und 2.14 Konsultationsverfahren unter Berücksichtigung der präferenziellen Handelsbeziehungen der Vertragsparteien vor, die über die WTO-Regeln hinausgehen. Artikel 2.16 regelt die vorübergehenden Schutzmassnahmen, welche auch für den Landwirtschaftsbereich gelten.

Art. 2.10: Zum Zweck der Handelserleichterung enthält das Abkommen Massnahmen über vereinfachte Handelsabwicklung. Diese sind in Anhang III zum Abkommen ausgeführt (s. Ziff. 3.3.2) und verpflichten die Vertragsparteien insbesondere dazu, relevante Gesetze und Verordnungen sowie Gebührenansätze im Internet zu publizieren und internationale Standards bei der Ausgestaltung der Zollverfahren einzuhalten. Ferner können die Exporteure ihre Zollerklärungen auf elektronischem Weg einreichen. Georgien hat im Rahmen der Verhandlungen den entsprechenden Vorschlag der EFTA praktisch unverändert akzeptiert.

Art. 2.11: Das FHA setzt einen Unterausschuss über Warenverkehr (s. Kap. 11 «Institutionelle Bestimmungen») für entsprechende Fragen ein. Die Aufgaben dieses Unterausschusses sind in Anhang IV aufgeführt. Sie betreffen die Ursprungsregeln, die Zollverfahren und die Handelserleichterung sowie die Überwachung der Umsetzung der von den Vertragsparteien im nichtlandwirtschaftlichen Bereich ausgehandelten Verpflichtungen. Der Unterausschuss ist zudem beauftragt, den Informationsaustausch über Zollfragen zu regeln und technische Änderungen in Bezug auf den Warenverkehr vorzubereiten.

Die Artikel 2.13­2.16 enthalten Regeln zu Handelsdisziplinen. Artikel
2.14 (Antidumping) sieht über die WTO-Regeln hinausgehende Anforderungen für die Anwendung von WTO-Antidumpingmassnahmen zwischen den Vertragsparteien vor, insbesondere eine vorgängige Notifikation und Konsultationen sowie eine Maximaldauer für Massnahmen von fünf Jahren. In den Bestimmungen zu Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 2.13) und zu allgemeinen Schutzmassnahmen (Art.

2.15) sind Verweise auf die Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO vorgesehen.

Über die WTO-Regeln hinausgehend gilt die Pflicht, Konsultationen aufzunehmen, bevor eine Vertragspartei ein Verfahren nach dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen anstrengt, sowie die Nichtanwendung von allgemeinen WTO-Schutzmassnahmen auf Einfuhren anderer Vertragsparteien, wenn diese Einfuhren nicht Ursache der Schäden sind oder solche zu verursachen drohen. Die Bestimmungen zu vorübergehenden Schutzmassnahmen (Art. 2.16) erlauben den Vertragsparteien unter bestimmten Bedingungen vorübergehend Zoll-

2290

BBl 2017

senkungen rückgängig zu machen, falls der Zollabbau unter dem FHA zu erheblichen Marktstörungen führt oder zu führen droht.

3.3.1

Anhang II zu Ursprungsregeln

Die EFTA-Staaten haben sich mit Georgien darauf geeinigt, in diesem Abkommen die Ursprungsregeln der Paneuropa-Mittelmeer-Konvention (PEM-Konvention) anzuwenden. Georgien befindet sich momentan im Beitrittsverfahren zur PEMKonvention, weshalb die entsprechenden Regeln im Hinblick auf eine baldige Mitgliedschaft Georgiens zur PEM-Konvention bereits in das FHA aufgenommen wurden. Anstelle ausführlicher Ursprungsregeln verweist Anhang II des Abkommens daher auf die Ursprungsregeln der PEM-Konvention.

Art. 1: Diese Bestimmung verweist auf die PEM-Konvention, welche im Rahmen des Abkommens zur Anwendung kommt. Zur Anwendung kommen im FHA mit Georgien insbesondere Ursprungsregeln (Anhang I der PEM-Konvention) wie auch die produktspezifischen Regeln (PSR, Anhang II der PEM-Konvention), einschliesslich der in diesen Anhängen enthaltenen Anlagen. Die produktspezifischen Regeln entsprechen damit denjenigen des Abkommens von 1972 zwischen der Schweiz und der EWG. Als Ursprungsnachweise kommen entweder das Ursprungszeugnis Formular EUR.1 oder die Ursprungserklärung zur Anwendung. Die Bestimmungen der PEM-Konvention sind auch auf die landwirtschaftlichen Erzeugnisse (Art. 3.3 des Abkommens) anwendbar.

Art. 2: In dieser Bestimmung wird das Vorgehen geregelt, wenn eine Vertragspartei den Austritt aus der PEM-Konvention vollzieht. In diesem Fall sind umgehend Neuverhandlungen der Ursprungsregeln einzuleiten. Während einer Übergangsfrist sind die Ursprungsregeln der PEM-Konvention weiterhin anwendbar.

Art. 3: Jede Vertragspartei hat die anderen Vertragsparteien umgehend über Ratifikation, Kündigung oder Vorbehalte gegenüber der PEM-Konvention zu informieren.

Art. 4: Die Bestimmungen von Kapitel 12 Streitbeilegung des Abkommens sind auf die Streitbeilegung bei Uneinigkeit zur Auslegung von Anhang I (Ursprungsregeln) der PEM-Konvention anwendbar. Streitfälle können so zwischen den Vertragsparteien behandelt werden.

Art. 5 (Übergangsbestimmungen betreffend Kumulation): Dieser Artikel definiert die für die Zwecke der Kumulation anwendbaren Ursprungsnachweise (Ursprungszeugnis Formular EUR.1 oder Ursprungserklärung) und die Anwendung der Kumulation (Abs. 1). Sobald Georgien der PEM-Konvention beigetreten ist, kann die diagonale Kumulation auf Erzeugnisse aus Vertragsparteien angewendet werden, sofern die EFTA
bzw. die Schweiz und Georgien mit diesen ein FHA abgeschlossen haben (Abs. 2). Solange Georgien aber nicht Mitglied der PEM-Konvention ist, ist nur die Kumulation zwischen den EFTA-Staaten und Georgien möglich (Abs. 3).

2291

BBl 2017

3.3.2

Anhang III zu Handelserleichterung

Art. 1­3: Die Vertragsparteien führen effektive Kontrollen durch, um den Handel zu erleichtern und dessen Entwicklung zu fördern, und sie vereinfachen die Verfahren für den Warenhandel. Sie schaffen Transparenz, indem sie Gesetze, Verordnungen und generelle Entscheide im Internet, nach Möglichkeit in englischer Sprache, publizieren. Sie geben auf Anfrage verbindliche Auskünfte über Tarifeinreihungen und die anwendbaren Zollansätze, über den Zollwert und die anwendbaren Ursprungsregeln. Indem sich die Vertragsparteien verpflichten, im grenzüberschreitenden Verkehr anwendbare Vorschriften im Internet zu publizieren, und einander verbindliche Auskünfte zu erteilen, wird für die Wirtschaftsbeteiligten erhöhte Transparenz und Rechtssicherheit geschaffen.

Art. 4: Die Vertragsparteien wenden Zoll-, Handels- und Grenzverfahren an, die einfach, angemessen und objektiv sind. Kontrollen, Formalitäten und benötigte Dokumente sollen auf das Nötigste beschränkt werden. Um Kosten zu reduzieren und unnötige Verzögerungen des Handels zwischen den Vertragsparteien zu verhindern, sollen effiziente Handelsverfahren angewendet werden, die nach Möglichkeit auf internationalen Standards beruhen.

Art. 6­9: Die Vertragsparteien wenden eine Risikokontrolle an, welche die Verzollung von Waren mit geringem Risiko vereinfacht. Damit wird bezweckt, dass der Grenzverkehr für einen Grossteil der Waren schnell vollzogen werden kann und Kontrollen auf ein Minimum beschränkt werden. Zu erhebende Kosten und Gebühren sollen dem Wert der Dienstleistung entsprechen, nicht auf dem Warenwert basieren, und die Ansätze sollen im Internet publiziert werden.

3.4

Kapitel 3: Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Art. 3.1­3.5)

Art. 3.1: Der Geltungsbereich von Kapitel 3 erstreckt sich auf die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte und Basisagrarprodukte, d.h. die Kapitel 1­24 HS, mit Ausnahme der Warengruppe Fisch und andere Meeresprodukte. Ebenfalls abgedeckt sind bestimmte Landwirtschaftserzeugnisse, die in Kapitel 24 HS erfasst sind.

Art. 3.2 (Zollkonzessionen der EFTA-Staaten): Für namentlich bezeichnete Landwirtschaftsprodukte (verarbeitete Landwirtschaftsprodukte und Basisagrarprodukte) gewähren die EFTA-Staaten Georgien ab dem Inkrafttreten des Abkommens Präferenzbehandlung (Art. 3.2 Ziff. 2). Die Zollkonzessionen der Schweiz zugunsten Georgiens bewegen sich im Rahmen dessen, was sie in der Vergangenheit bereits anderen Freihandelspartnern zugestanden hat (Anhang VII Sektion I).

Bei den verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten mit Preisausgleich wird das Industrieschutzelement beseitigt. Die Schweiz behält das Recht, auf Einfuhren Abgaben zu erheben, um die Preisdifferenz für Rohstoffe auf den EFTA-Märkten und auf dem Weltmarkt auszugleichen. Für andere verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, die keine für die Agrarpolitik sensiblen Rohstoffe enthalten (z B. Kaffee, Kakao, Mineralwasser, Bier, bestimmte Spirituosen oder Essig), gewährt die Schweiz Georgien zollfreien Marktzugang.

2292

BBl 2017

Im Bereich der Basisagrarprodukte gesteht die Schweiz Georgien Konzessionen in Form einer Reduktion oder der Beseitigung der Einfuhrzölle für eine Reihe von Landwirtschaftserzeugnissen zu, für die Georgien ein besonderes Interesse geltend gemacht hat. Es handelt sich insbesondere um Geflügelfleisch (im Rahmen der WTO-Zollkontingente), Honig, bestimmte lebende Nutzpflanzen, verschiedene Früchte und Gemüse, bestimmte Gemüsekonserven und ausgewählte Fruchtsäfte.

Die von der Schweiz (in der Regel innerhalb der WTO-Zollkontingente und der saisonalen Einschränkungen, soweit diese anwendbar sind) gewährten Konzessionen bewegen sich im Rahmen der schweizerischen Agrarpolitik.

Art. 3.2 (Zollkonzessionen Georgiens): Georgien gesteht seinerseits den EFTAStaaten Konzessionen für ihre wichtigsten Exporte zu (Art. 3.2 Ziff. 1). Der Schweiz gewährt Georgien für sämtliche in seiner Konzessionsliste aufgeführten Produkte Zollfreiheit (Anhang VII Sektion II).

Neben einem umfassenden zollfreien Marktzugang für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte besteht für die Schweiz weiterhin die Möglichkeit, im Export nach Georgien Ausfuhrbeiträge auszurichten.

Im Bereich der Basisagrarprodukte profitiert die Schweiz von einem zollfreien Marktzugang für alle wichtigen Erzeugnisse mit Exportpotenzial, namentlich für lebende Nutztiere, Rinds-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie Schlachtnebenprodukte, Trockenfleisch, Milch und Rahm (frisch oder in Pulverform), Käse, Rindersperma, Gemüse und Früchte, Fette und Öle, Fleischzubereitungen, Gemüse- und Fruchtzubereitungen, Gemüse- und Fruchtsäfte, Mineralwasser und Süssgetränke, Wein, Futtermittelzubereitungen, Zigaretten sowie eine Reihe von Erzeugnissen von geringerem Interesse für Schweizer Exporteure.

Art. 3.3­3.5: Im Bereich der Handelsdisziplinen verweist das Kapitel über landwirtschaftliche Erzeugnisse auf die einschlägigen Bestimmungen aus Kapitel 2 (Art. 3.3). Dies gilt auch für Schutzmassnahmen bei Marktstörungen. Bei Streitigkeiten kann grundsätzlich das Streitbeilegungsverfahren der WTO angewendet werden, bzw. im Bereich der bilateralen Schutzmassnahmen das im FHA vorgesehene Streitbeilegungsverfahren (s. Kap.12) eingeleitet werden. Zudem soll versucht werden, auftretende Schwierigkeiten im bilateralen Agrarhandel mittels Dialog und Konsultationen zu lösen (Art. 3.4). Die Verbesserung des gegenseitigen Marktzugangs wird im Rahmen einer entsprechenden Revisionsklausel regelmässig geprüft (Art. 3.5).

3.5

Kapitel 4: Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen (Art. 4.1­4.11)

Kapitel 4 deckt den gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich (SPS) ab, d. h. Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen. Die Ziele von Kapitel 4 sind in Artikel 4.1 dargelegt.

Das FHA strebt vor allem eine verstärkte Zusammenarbeit sowie den Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien an, um bei allfälligen Handelshemmnissen die Lösungsfindung zu erleichtern.

2293

BBl 2017

In Artikel 4.2 ist der Anwendungsbereich definiert und Artikel 4.3 übernimmt das WTO-Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen (SPS-Übereinkommen)25 in das FHA. Artikel 4.4 präzisiert gestützt auf das SPS-Übereinkommen, auf welche internationalen Normen für die Zwecke dieses Kapitels verwiesen wird.

In Artikel 4.5 bestätigen die Vertragsparteien, dass für die Bewilligung von Importen der betroffenen Produkte primär das SPS-System der anderen Vertragspartei einer Begutachtung unterzogen werden soll. Diese Begutachtung stützt sich auf internationale Normen ab. Auf diese Weise sollen Betriebsinspektionen möglichst vermieden werden. Durch solche Inspektionen entstehen für die Exporteure und die Schweizer Behörden hohe Kosten. Die Absätze 3­5 regeln die Verfahren für die Durchführung von Bewertungen und Inspektionen.

Artikel 4.6 sieht die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden vor, um die Anzahl an Zertifikaten, die eine importierende Partei von der anderen Partei einfordern kann, möglichst gering zu halten. Änderungen an Zertifikaten sollen gegenseitig notifiziert werden. Dies ergänzt die im Rahmen der WTO vorgesehene Notifikation im Falle von Unklarheiten und soll dazu beitragen, Schwierigkeiten bei Änderungen zu vermeiden.

Gemäss Artikel 4.7 soll die Zusammenarbeit im Bereich der SPS-Regulierungen verstärkt werden, um den Handel zu erleichtern. Die Behördenzusammenarbeit ist ein Schlüsselfaktor, um spezifische Probleme von Exportunternehmen pragmatisch zu lösen. Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Transparenz in Bezug auf ihre SPS-Regulierungen, indem sie diese im Internet verfügbar machen, Begründungen dazu liefern und die andere Vertragspartei über Reorganisationen der Behörden informieren. Auf Anfrage stellen sie Zusatzinformationen zu den Einfuhranforderungen zur Verfügung.

Artikel 4.8 konkretisiert das SPS-Übereinkommen in Bezug auf Kontrollen von Waren an der Grenze. Die Vertragsparteien einigen sich auf rasche Kontrollen, basierend auf internationalen Normen (Abs. 1-4). Um insbesondere zu verhindern, dass verderbliche Waren an der Grenze warten müssen, sollten Routinekontrollen nicht dazu führen, dass Waren zurückgehalten werden (Abs. 5). Müssen verderbliche Waren aufgrund eines wahrgenommenen Risikos dennoch an der Grenze
zurückgehalten werden, ist der Entscheid so schnell wie möglich zu treffen (Abs. 6) und der Einführer in Kenntnis zu setzen (Abs. 9). Im Falle einer Zurückweisung von Waren werden die Behörden der anderen Vertragspartei informiert und auf Anfrage wird ein Bericht geliefert (Abs. 7-8). Dieser Artikel soll gewährleisten, dass die Kontrollen vorhersehbar sind und die Rechte des Einführers respektiert werden (Anrecht auf Einholen einer Zweitmeinung, Abs. 3; Rechtsmittel, Abs. 10).

Artikel 4.9 regelt die Konsultationen, damit über alle Massnahmen, die ein Handelshemmnis schaffen, rasch und offiziell befunden werden kann.

Artikel 4.10 erlaubt allen Vertragsparteien, eine gleichwertige Behandlung zu verlangen, wie sie der EU gewährt wird, sofern EU-Produkte bezüglich der SPSVorschriften von einer günstigeren Behandlung profitieren sollten. Da Georgien 25

SR 0.632.20, Anhang 1A.4

2294

BBl 2017

seine Rechtsbestimmungen zurzeit an jene der EU angleicht, könnten so mögliche Diskriminierungen von EFTA- gegenüber EU-Produkten vermieden werden.

3.6

Kapitel 5: Handel mit Dienstleistungen (Art. 5.1­5.21)

Die Begriffsbestimmungen und die Bestimmungen zum Dienstleistungshandel (insbesondere vier Erbringungsarten, Marktzugang, Inländerbehandlung und Ausnahmen) verweisen auf das Allgemeine Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen26 (GATS), wobei gewisse GATS-Bestimmungen präzisiert bzw.

dem bilateralen Rahmen angepasst wurden.

Die Regelung von Kapitel. 5 wird in den Anhängen X-XII (s.Ziff. 3.6.1­3.6.3) durch sektorielle Bestimmungen für die Bereiche der Finanzdienstleistungen, der Telekommunikationsdienstleistungen und der Seeverkehrsdienstleistungen ergänzt. Die nationalen Listen der spezifischen Verpflichtungen betreffend Marktzugang und Inländerbehandlung sind in Anhang VIII (s.Ziff. 3.6.4) enthalten, während die Ausnahmen von der Meistbegünstigungsklausel in Anhang IX geregelt sind. Das FHA enthält zudem einen Anhang über die Energiedienstleistungen (Anhang XIII).

Die Schweiz hat entschieden, dass sie durch diesen Anhang nicht gebunden sein will und hat im Text des Anhanges einen entsprechenden Vorbehalt angebracht.27 Dies, da die Regulierung des Energiesektors in der Schweiz komplex ist und zu einem bedeutenden Teil in der Kompetenz der Kantone liegt.

Art. 5.1­5.3: Kapitel 5 verweist direkt auf das GATS, dessen Bestimmungen anwendbar sind und zum Bestandteil von Kapitel 5 erklärt werden 28, ausser die Vertragsparteien haben eine bestimmte GATS-Bestimmung präzisiert, vereinfacht oder verstärkt. Fast alle im GATS enthaltenen Begriffsbestimmungen werden in Kapitel 5 übernommen, meist durch Verweis. Einzig die Definitionen der «natürlichen Person einer anderen Vertragspartei» (Art. 5.3 Bst. c) und der «juristischen Person einer anderen Vertragspartei» (Art. 5.3 Bst. d) sind angepasst worden. Neben den juristischen Personen, die in einer Vertragspartei ansässig und tätig sind, sind auch diejenigen juristischen Personen eingeschlossen, die in einem beliebigen anderen WTOMitgliedstaat ansässig und erwerbstätig sind. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die juristische Person im Besitz oder unter der Kontrolle einer natürlichen oder juristischen Person einer Vertragspartei des FHA ist. Dank dieser Klausel kann verhindert werden, dass Einheiten von Drittstaaten vom Abkommen profitieren.

Art. 5.4: Bezüglich der Meistbegünstigung folgt der Artikel weitgehend der entsprechenden
GATS-Bestimmung. Festgehalten wird zudem, dass FHA mit Drittstaaten, die nach Artikel V des GATS notifiziert werden, von der Verpflichtung dieser Klausel ausgenommen sind. Die Vertragsparteien verpflichten sich jedoch dazu, auf

26 27 28

SR 0.632.20, Anhang 1B «This Annex does not apply to Switzerland.» Die Artikel betreffend Marktzugang (Art. 5.5), Inländerbehandlung (Art. 5.6), zusätzliche Verpflichtungen (Art. 5.7), Transparenz (Art. 5.11) sowie allgemeine Ausnahmen (Art. 5.17) werden durch direkten Verweis auf das GATS übernommen.

2295

BBl 2017

Ersuchen einer Vertragspartei über die Vorteile zu verhandeln, die von einer Vertragspartei auf der Grundlage solcher Abkommen gewährt werden.

Art. 5.8: Die Bestimmungen bezüglich der innerstaatlichen Regelungen (Domestic Regulation) basieren auf jenen des GATS. Die Tragweite dieser Disziplinen wurde allerdings gegenüber dem GATS erweitert. Die meisten Disziplinen gelten nicht nur für die Sektoren mit spezifischen Verpflichtungen, sondern für alle unter Kapitel 5 fallenden Dienstleistungen.

Art. 5.9­5.10, 5.12­5.13, 5.18: Die Bestimmungen betreffend Anerkennung (Art. 5.9), Grenzüberschreitung von natürlichen Personen (Art. 5.10), Monopole und Dienstleistungserbringer mit ausschliesslichen Rechten (Art. 5.12), Geschäftspraktiken (Art. 5.13) und Listen der spezifischen Verpflichtungen (Art. 5.18) sind im Wesentlichen mit jenen des GATS identisch, wurden jedoch an den bilateralen Kontext angepasst.

Art. 5.14­5.15: Der Artikel zu Zahlungen und Überweisungen (Art. 5.14) übernimmt mehrheitlich die Bestimmungen des GATS. Die Vertragsparteien verzichten jedoch auf eine Beschränkung von Zahlungen und Überweisungen nicht nur für laufende Geschäfte im Zusammenhang mit ihren spezifischen Verpflichtungen, sondern für alle laufenden Geschäfte mit einer anderen Vertragspartei, soweit diese Geschäfte nicht die Zahlungsbilanz gefährden. Der Artikel über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (Art. 5.15) sieht vor, dass die Einführung oder Aufrechterhaltung solcher Beschränkungen mit dem entsprechenden GATS-Artikel in Einklang sein muss.

3.6.1

Anhang X zu Finanzdienstleistungen

Art. 1: Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden die allgemeinen Bestimmungen von Kapitel 5 in Anhang X durch spezifische Bestimmungen zu diesem Sektor ergänzt. Die Begriffsbestimmungen in Bezug auf die Finanztätigkeit (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen bezüglich Geldpolitik und Sozialversicherungssystem werden aus dem entsprechenden Anhang des GATS übernommen.

Art. 2: Die Bestimmungen zur Inländerbehandlung gründen auf der Vereinbarung der WTO über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen, wobei diese Vereinbarung innerhalb der WTO für deren Mitglieder nicht bindend ist. Die Vertragsparteien des vorliegenden Abkommens verpflichten sich somit insbesondere dazu, Finanzdienstleistungsanbietern anderer Vertragsparteien mit einer gewerblichen Niederlassung die Teilnahme an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen, an offiziellen Kreditfazilitäten, an Selbstregulierungsorganen, an Börsen oder anderen Organisationen und Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu ermöglichen.

Art. 3­4: Die Vertragsparteien verpflichten sich darüber hinaus zu weitergehenden Bestimmungen im Bereich der Transparenz (Art. 3) und der Abwicklung von Genehmigungsverfahren (Art 4). In Bezug auf die Transparenz sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise gehalten, interessierten Personen auf 2296

BBl 2017

Anfrage Auskunft über Bewilligungsanforderungen und -verfahren zu erteilen. Mit Artikel 4 verpflichten sich die Vertragsparteien, die Genehmigungsverfahren zügig abzuwickeln. Die Vertragsparteien sind auch dazu angehalten, sofern alle Anforderungen erfüllt sind, eine Zulassung zu erteilen, wobei diese in der Regel spätestens sechs Monate nach Einreichung des Gesuchs zu erteilen ist.

Art. 5 und 6: Die im GATS enthaltene weit gefasste Ausnahme für aufsichtsrechtliche Massnahmen konnte im Rahmen des vorliegenden Abkommens ausgewogener gestaltet werden, indem solche Massnahmen einem Verhältnismässigkeitstest unterworfen werden. Die Finanzmarktbehörden dürfen somit keine Massnahmen ergreifen, deren Auswirkungen auf den Dienstleistungsverkehr einschränkender sind, als dies für die Erfüllung des Aufsichtszwecks nötig ist. Weiter sollen solche Massnahmen nicht zu handelsrestriktiven Zwecken oder auf diskriminierende Art und Weise ergriffen werden. Gleichzeitig sind die Parteien gehalten, nach Möglichkeit die Prinzipien und Standards der wichtigsten einschlägigen internationalen Institutionen anzuwenden (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher und Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher).

Art. 7: Wie in der WTO-Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen vorgesehen, ist den Finanzdienstleistungsanbietern die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten zu erlauben, allerdings unter Vorbehalt der von den Vertragsparteien getroffenen Massnahmen zum Schutz persönlicher Daten.

3.6.2

Anhang XI zu den Telekommunikationsdienstleistungen

Spezifische Regeln für die Telekommunikationsdienstleistungen, welche die allgemeinen Bestimmungen in Kapitel 5 ergänzen, sind in Anhang XI des Abkommens enthalten. Diese zusätzlichen Regeln stützen sich weitestgehend auf das einschlägige GATS-Referenzpapier bezüglich Telekommunikationsdienstleistungen. Ein Anhang über die Telekommunikationsdienstleistungen ist bereits Bestandteil früherer FHA.

Artikel 1 (Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen) nimmt wesentliche Begriffsbestimmungen des GATS-Referenzpapiers auf.

Artikel 2 (Wettbewerbssichernde Schutzklauseln) enthält Bestimmungen zur Vermeidung wettbewerbsmindernder Praktiken (z.B. unrechtmässige Quersubventionierungen).

Artikel 3 (Interkonnektion) umfasst ebenfalls in Anlehnung an das GATS-Referenzpapier Mindeststandards bezüglich der Regulierung der Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbietern. Die Anbieter sind zu verpflichten, den anderen Leistungserbringern die Interkonnektion in nichtdiskriminierender Weise und auf der Grundlage von kostenorientierten Preisen zu gewähren. Falls sich die Betreiber nicht auf eine Interkonnektionsvereinbarung einigen können, sind die Regulierungsbehörden gehalten, zur Streitschlichtung beizutragen und nötigenfalls angemessene Interkonnektionsbedingungen und -preise festzulegen.

2297

BBl 2017

Artikel 4 (Universaldienst) enthält wie das GATS-Referenzpapier Bestimmungen über den Universaldienst, welche besagen, dass jede Vertragspartei definiert, welche Art Universaldienst sie aufrechterhalten will. Weiter legt dieser Artikel auch fest, dass Massnahmen im Zusammenhang mit dem Universaldienst wettbewerbsneutral zu erfolgen haben.

Artikel 5 (Zulassungsverfahren) und 6 (Regulierungsbehörde) verpflichten die Vertragsparteien zur Gewährung nichtdiskriminierender Verfahren zur Erteilung von Bewilligungen und zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden.

Artikel 7 (Knappe Ressourcen) sieht vor, dass die Zuteilung von knappen Ressourcen auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu erfolgen hat.

3.6.3

Anhang XII zu den Seeverkehrsdienstleistungen

Das Abkommen legt spezifische Regeln bezüglich der Seeverkehrsdienstleistungen und damit zusammenhängenden Dienstleistungen fest, die über die bestehenden WTO-Regeln hinausgehen. Die Schweiz geht in diesem Anhang XII jedoch bezüglich Artikel 3 (Nichtdiskriminierender Marktzugang) und Artikel 7 (Rekrutierung und Ausbildung) keine Verpflichtungen ein.

Artikel 2 (Definitionen) und die Note in der Verpflichtungsliste der Schweiz enthalten die für den Anhang wesentlichen Begriffsbestimmungen. Für die Marktzugangsverpflichtungen der Schweiz sind jene Begriffsbestimmungen der Note massgebend.

Artikel 3 (Nichtdiskriminierender Marktzugang) legt fest, dass sich die Vertragsparteien in allen vier Erbringungsarten gegenseitig uneingeschränkten Zugang zum «Markt für Seeverkehrsdienstleistungen» (im Sinne des Abkommens) gewähren. Die Schweiz hat in ihrer Verpflichtungsliste Reservationen eingefügt, die geltenden gesetzlichen Einschränkungen des Marktzuganges (etwa betreffend das Flaggenrecht) Rechnung tragen. Mit ihrem Vorbehalt zu Artikel 3 im Anhang will sie vermeiden, Reservationen zum Marktzugang und zur Inländerbehandlung, insbesondere bei den Erbringungsarten 3 und 4, zu kompromittieren.

Artikel 4 (Anwendbarkeit von inländischen Gesetzen) besagt, dass die Schiffe und die Besatzungsmitglieder die geltenden Gesetze anderer Vertragsparteien zu respektieren haben.

Artikel 5 (Anerkennung von Schiffspapieren) legt fest, dass die Vertragsparteien die Schiffspapiere von Schiffen der anderen Vertragsparteien anerkennen.

Artikel 6 (Identitätspapiere, Ein- und Durchreise von Besatzungsmitgliedern) regelt, dass die Vertragsparteien die gültigen Ausweispapiere von Seefahrerinnen und Seefahrern zwecks Erleichterung der Erbringung von internationalen Seeverkehrsdienstleistungen anerkennen. Arbeiten auf den Schiffen Staatsangehörige einer Nicht-Vertragspartei, so entsprechen die Identitätspapiere den von den zuständigen Behörden jener Partei ausgestellten Papieren. Weiter legt dieser Artikel fest, dass gemäss den jeweiligen Immigrationsgesetzen Besatzungsmitgliedern auf dem Schiff einer anderen Vertragspartei die kurzzeitige Einreise, z.B. für den Landgang, oder die Einreise zwecks Einschiffung gewährt werden soll. Den Vertragsparteien bleibt 2298

BBl 2017

es jedoch weiterhin vorbehalten, unerwünschten Personen die Einreise oder den Aufenthalt zu verwehren.

Artikel 7 (Rekrutierung und Ausbildung) regelt die Möglichkeit zur Errichtung von Personalvermittlungsagenturen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei sowie Aspekte bezüglich der finanziellen Unterstützung von Seefahrerinnen und von Seefahrern zwecks Ausbildung. Die Schweiz hat sich betreffend Artikel 7 eine Ausnahme ausbedungen, weil damit Zugeständnisse einhergehen würden, welche mit der schweizerischen Gesetzgebung über die Arbeitsvermittlung nicht vereinbar wären. Entsprechend geht die Schweiz in diesem Bereich auch keine Marktzugangsverpflichtungen ein.

Artikel 8 (Arbeits- und Anstellungsbedingungen) legt fest, dass, unter Einhaltung internationaler Konventionen, die Arbeitsbedingungen der Seefahrerinnen und Seefahrer auf Schiffen anderer Vertragsparteien in entsprechenden Arbeitsverträgen festzuhalten sind. Weiter sind die Vertragsparteien dazu verpflichtet, die Arbeitsbedingungen der Seefahrerinnen und Seefahrer der anderen Vertragsparteien anzuerkennen.

Die Artikel 9 und 10 (Regeln zu Arbeitsstreitigkeiten und Rechtshilfe im Falle von Vergehen an Bord durch Besatzungsmitglieder) legen fest, wie im Falle von begangenen oder vermuteten Verbrechen auf Schiffen vorgegangen wird. Weiter werden die Vertragsparteien dazu verpflichtet, allfällige Untersuchungen im Zusammenhang mit solchen Ereignissen in einer gerechten und zügigen Art und Weise durchzuführen.

3.6.4

Artikel 5.18 und Anhang VIII: Spezifische Verpflichtungen

Die spezifischen Verpflichtungen bezüglich Marktzugang und Inländerbehandlung im Bereich Dienstleistungshandel sind in den von den Vertragsparteien einzeln erstellten Listen festgehalten. Ähnlich wie beim GATS sind die Vertragsparteien Verpflichtungen auf der Grundlage von Positivlisten eingegangen, wobei keine Ratchet- oder Standstill-Klauseln (Sperrklinken- bzw. Stillhalte-Klauseln) vereinbart wurden. Gemäss der Methode der Positivlisten verpflichtet sich eine Vertragspartei, den Marktzugang nicht zu beschränken sowie die Dienstleistungserbringer und Dienstleistungen der anderen Vertragspartei in den Sektoren, Teilsektoren oder Tätigkeiten bezüglich der Form der Dienstleistungserbringung und entsprechend den auf ihrer Liste ausdrücklich und transparent aufgeführten Bedingungen und Einschränkungen nicht zu diskriminieren. Somit bedeutet das Nichtaufführen eines Sektors in der Liste einer Vertragspartei, dass diese dort keine Verpflichtungen eingeht.

Im vorliegenden Abkommen hat Georgien sein Verpflichtungsniveau im Vergleich zu seiner bestehenden GATS-Verpflichtungsliste erweitert. Die spezifischen Verpflichtungen gehen über seine in der WTO im Rahmen der Doha-Runde unterbreitete Offerte hinaus. Ausserdem verpflichtet sich Georgien zu einem Niveau des Marktzugangs, das für Schweizer Exporteure substanziell bessere Bedingungen gegenüber jenen des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Georgien erzielt.

2299

BBl 2017

In seinen bestehenden GATS-Verpflichtungen geht Georgien bereits hochwertige Verpflichtungen in einer Reihe von für die Schweizer Dienstleistungsexportindustrie wichtigen Bereichen ein, insbesondere in den Sektoren Finanzdienstleistungen (z.B.

Rückversicherungs- und Wertpapierdienstleistungen), Unternehmensdienstleistungen (z.B. Architektur- und Ingenieurdienstleistungen) sowie Vertriebs- und Verkehrsdienstleistungen. Zusätzlich hat sich Georgien verpflichtet, die Einreise von natürlichen Personen aus der Schweiz zu erlauben, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen und Anlagen erbringen und ist neue Verpflichtungen im Bereich der Catering- und Ausbildungsdienstleistungen eingegangen. Der Schweiz ist es zudem gelungen, für die Personaltransfers (intra-corporate transfers, ICT) eine Aufenthaltsdauer von fünf Jahren zu vereinbaren. Im Finanzbereich handelt es sich im Besonderen darum, die im GATS weit gefasste Ausnahme für aufsichtsrechtliche Massnahmen ausgewogener zu gestalten, die Fristen zur Bewilligung von Lizenzen zu definieren, und die Transparenz betreffend die Kriterien und Verfahren zu Bewilligungsgesuchen zu verbessern. Insgesamt hat Georgien den Anliegen der Schweiz vollumfänglich entsprochen.

Die von der Schweiz eingegangenen Marktzugangsverpflichtungen entsprechen weitgehend dem im Rahmen von früheren Freihandelsabkommen gewährten Marktzugangsniveau, insbesondere im Abkommen zwischen der EFTA und Südkorea sowie jenem zwischen der EFTA und Singapur. Auch die Schweiz hat ihre Verpflichtungen im Vergleich zu ihrer bestehenden GATS-Verpflichtungsliste erweitert.

So ist die Schweiz zusätzliche Verpflichtungen betreffend Personen, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen und Anlagen erbringen, betreffend Gepäckaufbewahrungsdienstleistungen an Häfen, Flughäfen und Bahnhöfen sowie unter anderem im Bereich Luft- und Seeverkehrsdienstleistungen eingegangen.

Das vorliegende Abkommen enthält ausserdem eine Revisionsklausel (Art. 5.20), gemäss welcher die Listen der spezifischen Marktzugangsverpflichtungen von den Vertragsparteien im Hinblick auf die Erreichung eines höheren Liberalisierungsniveaus regelmässig zu überprüfen sind.

3.7

Kapitel 6: Investitionen (Niederlassungen) (Art. 6.1­6.12)

Die Niederlassungsbestimmungen in den Kapiteln 5 und 6 des FHA ergänzen das bilaterale Abkommen vom 3. Juni 201429 zwischen der Schweiz und Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, das seit dem 17. April 2015 in Kraft ist. Dieses Abkommen regelt die Phase nach der Niederlassung (sog. post-establishment). Das FHA und das bilaterale Investitionsschutzabkommen decken somit zusammen den gesamten Investitionszyklus vom Marktzutritt über die Nutzung bis zur Liquidation einer Investition ab.

Art. 6.1: Die Bestimmungen des Niederlassungskapitels des FHA gelten für die Niederlassung von Unternehmen (d. h. für den Marktzutritt für Direktinvestitionen, die Phase des sog. pre-establishment) in den Sektoren ausserhalb der Dienstleistun29

SR 0.975.236.0

2300

BBl 2017

gen (Art. 6.1). Die Investitionen in den Dienstleistungssektoren fallen unter die Erbringungsart «gewerbliche Niederlassung» des Kapitels Dienstleistungshandel (s. Ziff. 3.6).

Art. 6.2­6.4, 6.12: Das Kapitel über Niederlassungen sieht vor, dass die Investoren der Vertragsparteien das Recht erhalten, in einer anderen Vertragspartei grundsätzlich unter den gleichen Bedingungen wie inländische Investoren ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen (Art. 6.3). Der Grundsatz der Inländerbehandlung erfasst die Gründung, den Erwerb und den Betrieb nicht nur von Unternehmen mit Rechtspersönlichkeit (juristische Personen), sondern auch von Zweigstellen oder Vertretungen (Art. 6.2). Abweichungen vom Grundsatz der Inländerbehandlung (Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Investoren) sind nur für Massnahmen und in Wirtschaftssektoren zulässig, die in den Vorbehaltslisten (Negativlisten) der Vertragsparteien im Anhang des FHA aufgeführt sind (Art. 6.4). Die Vorbehalte der Schweiz betreffen wie üblich den Erwerb von Grundstücken, Wohnsitzerfordernisse gemäss Gesellschaftsrecht und bestimmte Massnahmen im Energiesektor. Georgien hat in Bezug auf die Inländerbehandlung in folgenden Bereichen Vorbehalte angebracht: Fischerei, Investitionen in Landwirtschaftsgenossenschaften, Erwerb von Landwirtschaftsland und Energiesektor.

Die spätere Aufnahme von Vorbehalten in die Negativliste bleibt möglich, sofern das allgemeine Verpflichtungsniveau der betroffenen Vertragspartei nicht gesenkt wird und die anderen Vertragsparteien informiert und auf deren Ersuchen konsultiert worden sind (Art. 6.4 Abs. 1 Bst. c und Abs. 4). Im Rahmen des Gemischten Ausschusses überprüfen die Vertragsparteien die Vorbehalte mindestens alle drei Jahre im Hinblick auf eine mögliche Verminderung oder Aufhebung von Vorbehalten (Art. 6.4 Abs. 2 und Art. 6.12).

Art. 6.5­6.11: Das Kapitel enthält ausserdem eine Bestimmung zu Personal in Schlüsselpositionen. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Investor und sein Schlüsselpersonal (z.B. Führungskräfte, Beraterinnen und Berater, Expertinnen und Experten) ins Gastland einreisen und sich dort vorübergehend aufhalten dürfen (Art. 6.5).

Die nationale Gesetzgebung der Vertragsparteien bleibt ausdrücklich vorbehalten.

Die Bestimmung enthält somit für die Schweiz keine Verpflichtung, die über
ihre Gesetzgebung hinausgeht. Gemäss der Bestimmung über Transparenz müssen die Parteien relevante, nicht vertrauliche Informationen für Investoren öffentlich zugänglich machen (Art. 6.7). Eine andere Bestimmung sieht den freien Kapital- und Zahlungsverkehr vor (Art. 6.8), welcher unter gewissen Bedingungen zum Schutz der Zahlungsbilanz beschränkt werden kann (Art. 6.9). Das Gastland einer Investition behält weiter das Recht, Massnahmen im öffentlichen Interesse, insbesondere aus Gründen des Schutzes der Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt sowie aus aufsichtsrechtlichen Gründen, zu ergreifen, wobei von solchen Massnahmen nicht abgewichen werden soll, um ausländische Investitionen anzuziehen (Art. 6.6). Bei den üblichen Ausnahmen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 6.10) und die Wahrung der Sicherheit (Art. 6.11) gelten die Regeln der Artikel XIV und XIVbis GATS.

2301

BBl 2017

3.8

Schutz des geistigen Eigentums (Art. 7)

3.8.1

Bestimmungen in Kapitel 7

Die Bestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (Art. 7) verpflichten die Vertragsparteien, einen effektiven und berechenbaren Immaterialgüterrechtsschutz zu gewährleisten und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen.

Im Vergleich zu den multilateralen Mindeststandards des WTO/TRIPS-Abkommens erhöht das Freihandelsabkommen punktuell Schutzstandards, ebenso wie die Rechtssicherheit, die Sichtbarkeit der Schutzklauseln und die Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen für den Schutz von Immaterialgüterrechten beziehungsweise den Handel mit innovativen Produkten und Dienstleistungen.

Artikel 7 bestätigt, dass die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gemäss den relevanten Bestimmungen des Abkommens vom 15. April 199430 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPSAbkommen) auch im Rahmen der Freihandelsbeziehungen gelten. Dies ist insbesondere relevant im Hinblick auf einen möglichen Ausbau des Assoziierungsabkommens der EU mit Georgien oder auf ein künftiges Freihandelsabkommen Georgiens mit den USA. Ausserdem sieht Artikel 7 vor, dass die Bestimmungen des FHA über das geistige Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt überprüft und weiterentwickelt werden können.

3.8.2

Anhang XV zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum

Die Bestimmungen von Anhang XV regeln sämtliche materiellen Schutzstandards bezüglich der verschiedenen Immaterialgüterrechtsbereiche. Das Schutzniveau entspricht grundsätzlich den europäischen Standards. Ebenso wird punktuell die Rechtsdurchsetzung auf verwaltungs-, zivil- und strafrechtlichem Weg geregelt.

Schliesslich wird die bilaterale Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums vereinbart.

Im FHA fallen gemäss Artikel 1 (Definition geistiges Eigentum) die folgenden Immaterialgüterrechte unter den Begriff «geistiges Eigentum»: Urheberrechte (der Schutz von Computerprogrammen und Datensammlungen inbegriffen), verwandte Schutzrechte (die Rechte ausübender Künstlerinnen und Künstler, der Hersteller von Ton-/Tonbildträgern und der Sendeunternehmen), Waren- und Dienstleistungsmarken, geografische Angaben (Ursprungsbezeichnungen inbegriffen) für Waren und Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen, Designs, Patente, Pflanzensorten, Layout-Designs (Topographien) integrierter Schaltkreise sowie vertrauliche Informationen.

Die Vertragsparteien bestätigen in Artikel 2 (Internationale Abkommen) ihre Verpflichtungen unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, 30

SR 0.632.20, Anhang 1C

2302

BBl 2017

deren Vertragspartei sie bereits sind [das TRIPS-Abkommen, die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums31, die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst32, der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens 33, das Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken34, das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (RomAbkommen)35, das Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken36, die Genfer Akte des Haager Abkommens betreffend die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle37 sowie der Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren38]. Weiter verpflichten sich die Vertragsparteien, die materiellen Bestimmungen bestimmter Abkommen einzuhalten oder diesen bis 2019 beizutreten (WIPO-Urheberrechtsvertrag39, WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger40, internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen41). Die Vertragsparteien erklären weiter ihre Absicht, dem WIPO-Vertrag von Peking vom 24. Juni 2012 zum Schutz audiovisueller Darbietungen beizutreten. Auf Ersuchen hin wollen sich die Vertragsparteien bezüglich künftiger Entwicklungen im Bereich internationaler Abkommen oder in ihren entsprechenden bilateralen Beziehungen mit Drittstaaten konsultieren. Die Doha-Erklärung vom 14. November 2001 zum TRIPS-Abkommen und zur öffentlichen Gesundheit sowie die Änderung des TRIPS-Abkommens, die vom Allgemeinen Rat der WTO am 6. Dezember 2005 beschlossen wurde, bleiben vorbehalten.

Gemäss Artikel 3 (Urheberrechte und verwandte Schutzrechte) wenden Vertragsparteien gewisse Schutzverpflichtungen des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger analog auch auf Darsteller für ihre audiovisuellen und visuellen Darbietungen sowie auf Hersteller von Tonbildträgern an. Geregelt werden weiter die Schutzrechte der Sendeunternehmen sowie die Mindestschutzfristen für die diversen Urheberinnen und Urheber und verwandten Schutzrechte.

Die Vertragsparteien dehnen in Artikel 4 (Marken) den Schutz gegenüber dem TRIPS-Abkommen auf Formmarken aus. Zum Schutz
von berühmten Marken definieren sie qualitative Kriterien entsprechend der Bestimmung im Bundesgesetz vom 28. August 199242 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben und verweisen überdies auf die WIPO-Empfehlungen zum ausgedehnten Schutz notorisch bekannter Marken.

31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42

SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.232.141.1 SR 0.232.112.8 SR 0.231.171 SR 0.232.112.4 SR 0.232.121.4 SR 0.232.145.1 SR 0.231.151 SR 0.231.171.1 UPOV-Fassung von 1991, es sei denn, eine Vertragspartei sei bereits Mitglied der UPOV-Fassung von 1978.

SR 232.11

2303

BBl 2017

Der materielle Schutzstandard orientiert sich gemäss Artikel 5 (Patente) in den relevanten Bereichen an den Bestimmungen des Europäischen Patentübereinkommens43. Die Vertragsparteien anerkennen u. a. den Import patentierter Güter als Ausübung des Patents. Sie sehen zudem ein ergänzendes Schutzzertifikat für Pflanzenschutz- und pharmazeutische Produkte vor, wie sie das schweizerische Recht bereits kennt.

Die Behörden, welchen im Marktzulassungsverfahren für pharmazeutische und agrochemische Produkte Testdaten vorgelegt werden, haben gemäss Wortlaut von Artikel 6 (Vertrauliche Informationen) diese vertraulich zu behandeln. Die Testdaten von pharmazeutischen Produkten sind mindestens sechs, solche von Pflanzenschutzprodukten mindestens zehn Jahre vor Referenzgebrauch zu schützen. Die Schutzfrist für pharmazeutische Produkte soll um ein Jahr verlängert werden, wenn während der sechsjährigen Schutzfrist eine neue therapeutische Anwendung bewilligt wird, die einen relevanten klinischen Vorteil aufweist.

Laut Artikel 7 (Gewerbliche Designs) können Designs unter dem Abkommen bis zu 25 Jahre lang geschützt werden. Das TRIPS-Abkommen sieht hingegen lediglich einen Schutz von zehn Jahren vor.

Unter dem FHA wenden die Vertragsparteien gemäss Artikel 8 (Geografische Angaben inkl. Ursprungsbezeichnungen) das höhere Schutzniveau, welches das TRIPS-Abkommen nur für geografische Angaben für Weine und Spirituosen vorsieht, auch auf alle anderen Produkte an.

Die Bestimmung (Herkunftsangaben und Ländernamen) regelt in Artikel 9 den Schutz der einfachen Herkunftsangaben sowohl für Produkte als auch für Dienstleistungen, den Schutz von Ländernamen (also z. B. «Switzerland», «Schweiz», «Swiss») und regionalen Gebietsnamen (z. B. Kantonsnamen wie «Luzern») sowie den Schutz von Wappen, Fahnen und Emblemen. Vorgesehen ist u. a. auch der Schutz gegen die missbräuchliche, irreführende oder unlautere Verwendung von Herkunftsangaben in Marken und Firmennamen.

Die Vertragsparteien verpflichten sich gemäss Artikel 10 (Erwerb und Aufrechterhaltung von Rechten an geistigem Eigentum) Verfahren zur Verfügung zu stellen, welche es erlauben, geistige Eigentumsrechte zu erwerben, sie in einem Register einzutragen und erhalten zu können. Diese Verfahren müssen wenigstens die Anforderungen des TRIPS-Abkommens erfüllen.

Die Artikel
11­18 (Rechtsdurchsetzung ­ Administrative Massnahmen an der Grenze, zivil- und strafrechtliche Verfahren) verlangen, dass Zollhilfemassnahmen nicht nur beim Warenimport, sondern auch beim Warenexport vorzusehen sind. Ab 2018 müssen auch Georgiens Zollbehörden solche Massnahmen nicht nur auf Antrag der Inhaberin bzw. des Inhabers geistiger Eigentumsrechte zur Verfügung stellen, sondern bei Verdacht auf Fälschung oder Piraterie solche Warenimporte auch von Amtes wegen zurückhalten. Zollhilfemassnahmen sind zudem nicht nur für Marken- und Urheberrechte, sondern für alle Immaterialgüterrechte vorzusehen. Die Antragstellerin bzw. der Antragssteller hat das Recht, die einstweilig zurückgehaltenen Waren zu inspizieren und zu untersuchen.

43

SR 0.232.142.2

2304

BBl 2017

Für das ordentliche Zivilverfahren sehen die Abkommensbestimmungen Kriterien zur Berechnung von Schadenersatz zugunsten der Rechteinhaberin bzw. des Rechteinhabers vor. Mit einstweiligen und superprovisorischen Verfügungen soll drohender Schaden verhindert werden können. Gerichte sollen anordnen können, dass Produkte, die geistige Eigentumsrechte verletzen sowie Geräte zu deren Herstellung, auf Antrag der Rechteinhaberin bzw. des Rechteinhabers aus dem Verkehr gezogen resp. zerstört werden. Strafrechtliche Massnahmen und Sanktionen sind jedenfalls bei vorsätzlicher, kommerziell orientierter Fälschung von Markenprodukten und Piraterie von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten vorzusehen.

Die Parteien beabsichtigen unter dem FHA, gemäss Artikel 19 (Technische Zusammenarbeit), ihre Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums zu vertiefen.

3.9

Kapitel 8: Öffentliches Beschaffungswesen (Art. 8.1­8.28)

Kapitel 8 regelt Bedingungen, Verfahren und Umfang des Marktzugangs zwischen den Vertragsparteien im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens. Es übernimmt die wesentlichen Bestimmungen des am 30. März 2012 verabschiedeten revidierten WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement, GPA), welchem Georgien bisher allerdings noch nicht beigetreten ist. Die Schweiz ist Mitglied des GPA 1994 und wird das revidierte GPA voraussichtlich im Jahre 2017 ratifizieren. Georgien ist bislang noch nicht Mitglied des GPA.

Art. 8.1­8.5: Diese Artikel beschreiben die durch das FHA abgedeckten, bzw.

ausgeschlossenen Bereiche, in denen die Bestimmungen zum öffentlichen Beschaffungswesen Anwendung finden. Die diesbezüglich verwendeten Begriffe und Formulierungen werden in Artikel 8.2 definiert. Den Sicherheitsvorkehrungen und allgemeinen Ausnahmen widmet sich Artikel 8.3. Die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Nichtdiskriminierung hält Artikel 8.4 fest. Artikel 8.5 regelt, dass die Vertragsparteien sich zusichern, dass Ausschreibungen, soweit möglich, auf elektronischem Weg zu erfolgen haben (Art. 8.5).

In Artikel 8.6 verpflichten sich die Vertragsparteien, Beschaffungen in transparenter und unabhängiger Art und Weise zur Bekämpfung von Interessenskonflikten und zur Vorbeugung von Korruption durchzuführen.

Gemäss Artikel 8.7 sollen beim öffentlichen Beschaffungswesen dieselben Ursprungsregeln wie im normalen Handelsverkehr angewendet werden. Artikel 8.8 verbietet Kompensationsgeschäfte, sogenannte «offsets». In Artikel 8.9 wird der Austausch von Informationen zu den jeweiligen Beschaffungssystemen zur Förderung der Transparenz geregelt. Artikel 8.10 betrifft die Auflagen bezüglich der Publikation der Ausschreibungen, Artikel 8.11 beschreibt die Teilnahmebedingungen einschliesslich der Ausschlussbedingungen der Anbieter und Artikel 8.12 die Verfahren bei der Qualifikation eines Anbieters. In Artikel 8.13 werden die Bedingungen bei der Anwendung von Multi-Use-Listen beschrieben und in Artikel 8.14 die Ausschreibungsunterlagen. Artikel 8.15 spezifiziert die Bedingungen für die technischen Spezifikationen, während Artikel. 8.16 die Bedingungen für die Ände2305

BBl 2017

rungen der Ausschreibungsunterlagen und der technischen Spezifikationen darlegt.

Artikel 8.18 regelt das Verfahren der freihändigen Vergabe, Artikel 8.19 die elektronischen Auktionen und Artikel 8.20 die Verhandlungen. In Artikel 8.21 wird die Bearbeitung der Angebote festgelegt, in Artikel 8.22 der Zuschlag und in Artikel 8.23 die Information betreffend den Zuschlag. Artikel 8.24 betrifft den Informationsaustauch zu spezifischen Beschaffungen und Artikel 8.25 den Rechtsschutz von Anbietern. In Artikel 8.26 wird das Vorgehen im Falle von Änderungen und Anpassungen geregelt. Weitere im GPA nicht vorgesehene Bestimmungen des Kapitels 8 betreffen die technische Zusammenarbeit (Art. 8.27) sowie die Möglichkeit für die Vertragsparteien, unter sich die Ausdehnung der Konzessionen auszuhandeln, die eine Vertragspartei nach Inkrafttreten des Abkommens einem Drittstaat gewähren könnte (Art. 8.28). Bei den generellen minimalen Fristen (Art. 8.17) wird Georgien ab dem Jahr 2022 den GPA-Standard erfüllen.

Der zugesicherte Marktzugang entspricht weitgehend denselben Vergabestellen, Gütern, Dienstleistungen und Baudienstleistungen wie in den von der Schweiz im Rahmen des GPA von 199444 eingegangenen Verpflichtungen. Die Schweiz ist zurzeit nicht in der Lage, den Geltungsbereich des revidierten GPA anzubieten, da das revidierte GPA dem Parlament bislang noch nicht zur Verabschiedung unterbreitet worden ist. Nach Verabschiedung durch den Bundesrat im ersten Quartal 2017 soll das Geschäft dem Parlament in der ersten Jahreshälfte 2017 vorgelegt werden.

In Anlehnung an die bilateralen Verpflichtungen gegenüber den EFTA-Partnern und der EU sowie gemäss den in den FHA der EFTA mit Chile, Kolumbien, Peru, den Ländern des Kooperationsrates der Golfstaaten, der Ukraine und den zentralamerikanischen Staaten vereinbarten Verpflichtungen, hat die Schweiz gegenüber Georgien auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Gemeinden unterstellt.

Die georgische Gesetzgebung wird die Beschaffungen im Wasser- und Energiesektor sowie der Flughäfen erst ab 2022 erfassen. Die Schweiz hat diese Sektoren auf Basis der Gegenseitigkeit vom Abkommen ausgeschlossen. Das Abkommen sieht eine Abdeckung dieser Sektoren vor, sobald diese vom georgischen Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen erfasst werden und den Schweizer Anbietern Zugang
gewährt wird. Bei den Schwellenwerten gelten für beide Seiten diejenigen des GPA.

Die Schwellenwerte bestimmen, ab welchem Betrag eine Beschaffung dem Abkommen unterstellt ist und ausgeschrieben werden muss.

Die Verpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens eröffnen den Schweizer Anbietern einen umfassenden Zugang und dies zu den Bedingungen, die im revidierten GPA verankert sind. Der Umfang des Marktzugangs entspricht den von Georgien mit der EU vereinbarten Zugeständnissen. Der Umstand, dass das revidierte GPA die Rechtsgrundlage von Kapitel 8 bildet, erhöht die Rechtssicherheit für die Anbieter. Das erzielte Verhandlungsresultat ist bemerkenswert, da Georgien bislang, wie oben erwähnt, noch nicht Vertragspartei des GPA ist.

44

SR 0.632.231.422

2306

BBl 2017

3.10

Kapitel 9: Wettbewerb (Art. 9)

Die Liberalisierung des Warenverkehrs und des Dienstleistungshandels sowie der Auslandsinvestitionen kann durch wettbewerbswidrige Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Daher beinhalten die EFTA-Freihandelsabkommen in der Regel Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs vor wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Praktiken. Sie bezwecken indes keine Harmonisierung der Wettbewerbspolitik der einzelnen Vertragsparteien.

In Kapitel 9 (Wettbewerb) anerkennen die Vertragsparteien, dass wettbewerbswidrige Unternehmenspraktiken oder andere abgestimmte Verhaltensweisen mit dem guten Funktionieren des FHA unvereinbar sind (Art. 9).

Staatliche Unternehmen werden von diesen Bestimmungen ebenfalls erfasst (Art. 9 Abs. 2). Dennoch begründen diese Regeln keine direkten Verpflichtungen für die Unternehmen (Art. 9 Abs. 3).

Das Abkommen enthält Regeln zur Abhaltung von Konsultationen und zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, um entsprechenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen ein Ende zu setzen (Art. 9 Abs. 4). Zu diesem Zweck ist namentlich vorgesehen, dass die Vertragsparteien sachdienliche Informationen austauschen können. Für diesen Informationsaustausch gelten die nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen.

Das Abkommen sieht ebenfalls vor, dass Konsultationen im Gemischten Ausschuss durchgeführt werden können, falls die besagten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen andauern (Art. 9 Abs. 5). Der Gemischte Ausschuss muss innerhalb von 30 Tagen nach Empfang des Konsultationsgesuchs die von den Vertragsparteien erhaltenen Informationen untersuchen, um eine für beide Seiten annehmbare Lösung der Angelegenheit zu erleichtern.

3.11

Kapitel 10: Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 10.1­10.11)

Die EFTA-Staaten und Georgien anerkennen den Grundsatz, dass die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung sowie der Umweltschutz voneinander abhängige Elemente der nachhaltigen Entwicklung sind, die sich gegenseitig unterstützen (Art. 10.1 Abs. 2). Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Bekenntnis zur Förderung der Entwicklung des internationalen und bilateralen Handels auf eine Weise, die mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist (Art. 10.1 Abs. 3).

Hinsichtlich der Bestimmungen zu Umweltaspekten sind die Vertragsparteien bestrebt, in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau vorzusehen und zu fördern (Art. 10.3 Abs. 1), und sie verpflichten sich, diese Bestimmungen wirksam durchzusetzen (Art. 10.4 Abs. 1). Die Vertragsparteien bekräftigen, die aus den für sie geltenden multilateralen Übereinkommen hervorgehenden vertraglichen Verpflichtungen in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung wirksam umzusetzen (Art. 10.7). Weiter bestätigen sie die Befolgung der Umweltprinzipien, die in den wichtigsten internationalen Instrumenten zu Umweltfragen enthalten sind, wie beispielsweise im Rio+20-Ergebnisdokument «Die Zukunft, die wir wollen» sowie 2307

BBl 2017

in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und ihrem Ergebnisdokument «Transformation unserer Welt ­ Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung», das 2015 verabschiedet wurde (Art. 10.1 Abs. 1). Die Vertragsparteien verpflichten sich zudem, zur Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung von Waldressourcen zusammenzuarbeiten. Dazu streben sie eine verbesserte Anwendung der Forstgesetzgebung und eine bessere Gouvernanz in diesem Bereich an, um die illegale Abholzung der Wälder zu bekämpfen. Zudem wollen sie den Handel mit legal und nachhaltig produzierten Waldprodukten fördern (Art. 10.6).

In Bezug auf die Bestimmungen zu den Arbeitsstandards sind die Vertragsparteien bestrebt, in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung ein hohes Arbeitsschutzniveau vorzusehen und zu fördern (Art. 10.3 Abs. 1) sowie wirksam durchzusetzen (Art. 10.4 Abs. 1). Die Vertragsparteien bekräftigen auch die sich aus der Mitgliedschaft in der IAO ergebenden Verpflichtungen, die in der Erklärung der IAO von 1998 enthaltenen grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (Vereinigungsfreiheit, Abschaffung der Zwangsarbeit, Beseitigung der Kinderarbeit, Gleichberechtigung) einzuhalten, zu fördern und umzusetzen (Art. 10.5 Abs. 1). Zudem verpflichten sie sich, die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen wirksam umzusetzen und sich um die Ratifikation der übrigen Kernübereinkommen der IAO und von weiteren von der IAO als «up-to-date» qualifizierten Übereinkommen zu bemühen (Art. 10.5 Abs. 3). Die Vertragsparteien bekräftigen des Weiteren ihre Verpflichtung zur Weiterverfolgung der Ziele der Ministererklärung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) zu produktiver Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit von 2006 (Art. 10.5 Abs. 2) sowie jener der IAO-Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung von 2008 (Art. 10.5 Abs. 4).

Darüber hinaus anerkennen die Vertragsparteien, dass das in den innerstaatlichen Gesetzgebungen festgelegte Schutzniveau hinsichtlich Umweltschutz und Arbeitsstandards nicht gemindert werden soll. Auch sollen den Unternehmen keine Abweichungen von den bestehenden Gesetzen angeboten werden, mit dem Ziel, Investitionen anzuziehen oder einen Wettbewerbsvorteil auf kommerzieller Ebene zu erzielen (Art. 10.4 Abs. 2). Die Vertragsparteien streben ausserdem die
Erleichterung und Förderung der Verbreitung von Waren, Dienstleistungen und Technologien an, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, wie Waren und Dienstleistungen im Rahmen von Programmen oder mit einem Label, die umweltfreundliche und sozialverantwortliche Herstellungsmethoden fördern (Art. 10.8).

Auf institutioneller Ebene ist der durch das FHA eingesetzte Gemischte Ausschuss berechtigt, alle unter dieses Kapitel fallenden Bestimmungen zu behandeln und zu diskutieren. Die Vertragsparteien legen allfällige Streitigkeiten im Rahmen von Konsultationen im Gemischten Ausschuss oder der zur Beilegung von Streitigkeiten im FHA vorgesehenen Verfahren bei, in denen Konsultationen, Vermittlung und gute Dienste zum Tragen kommen (Art. 10.10 Abs. 2). Nötigenfalls können sich die Vertragsparteien bei den einschlägigen internationalen Organisationen oder Stellen beraten lassen (Art. 10.10 Abs. 2). Das Streitbeilegungsverfahren des FHA darf allerdings für dieses Kapitel nicht in Anspruch genommen werden (Art. 10.10 Abs. 3).

2308

BBl 2017

Schliesslich sieht eine Revisionsklausel vor, dass die Umsetzung der Ziele aus diesem Kapitel regelmässig überprüft und mögliche zusätzliche Massnahmen im Lichte der internationalen Entwicklungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung sondiert werden (Art. 10.11).

3.12

Kapitel 11: Institutionelle Bestimmungen (Art. 11)

Um das einwandfreie Funktionieren des FHA sowie die ordnungsgemässe Anwendung von dessen Bestimmungen sicherzustellen, wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und hat insbesondere die Aufgabe, die Durchführung des Abkommens zu beaufsichtigen und zu überprüfen (Art. 11 Abs. 2 Bst. a), die Möglichkeit der Beseitigung von noch bestehenden Handelshemmnissen und anderen restriktiven Massnahmen, die den Handel zwischen den Vertragsparteien einschränken, zu überprüfen (Art. 11 Abs. 2 Bst. b) und im Falle von Problemen in Bezug auf die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens Konsultationen abzuhalten (Art. 11 Abs. 2 Bst. e).

In gewissen Fällen überträgt das FHA dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungskompetenzen. So verleiht es dem Gemischten Ausschuss die Kompetenz, neben dem Unterausschuss über Warenverkehr weitere Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen einzusetzen, um ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (Art. 11. Abs. 3). Diese Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen arbeiten im Auftrag des Gemischten Ausschusses (oder im Falle des Unterausschusses über Warenverkehr auf der Grundlage des in Anhang IV festgelegten Mandats).

Ausserdem empfiehlt der Gemischte Ausschuss den Vertragsparteien Änderungen des Hauptabkommens (Art. 13.2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 4) und kann die Änderung der Anhänge und Anlagen zu diesem Abkommen beschliessen (Art. 11 Abs. 8).

Als paritätisches Organ fasst der Gemischte Ausschuss seine Beschlüsse im gegenseitigen Einvernehmen (Art. 11 Abs. 5). Für bindende Beschlüsse ist somit die Zustimmung aller Vertragsparteien erforderlich.

3.13

Kapitel 12: Streitbeilegung (Art. 12.1­12.10)

Kapitel 12 des FHA sieht ein detailliertes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung oder Anwendung des Abkommens vor.

Falls die Streitigkeit sowohl Bestimmungen des FHA als auch WTO-Bestimmungen betrifft, kann sie gemäss Artikel 12.1 nach Wahl der beschwerdeführenden Partei entweder dem Streitbeilegungsverfahren des FHA oder demjenigen der WTO unterstellt werden (Art. 12.1 Abs. 2). Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist jedoch ausgeschlossen.

Gemäss Artikel 12.2 können die Streitparteien einvernehmlich auch auf Verfahren wie gute Dienste, Vergleich und Vermittlung zurückgreifen, einschliesslich während 2309

BBl 2017

eines laufenden Streitbeilegungsverfahrens. Sie können entsprechende Verfahren jederzeit aufnehmen und beenden. Diese Verfahren sind vertraulich und lassen die Rechte der Vertragsparteien in allen weiteren Verfahren unberührt.

Artikel 12.3 regelt die formellen Konsultationen, die die Streitparteien vor dem Gemischten Ausschuss abhalten müssen, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können. Die Vertragspartei, die um Konsultationen ersucht, unterrichtet auch die am Streit nicht beteiligten Vertragsparteien über ihr Gesuch (Art. 12.3 Abs. 2). Im Falle einer einvernehmlichen Lösung der Angelegenheit werden die anderen Vertragsparteien informiert (Art. 12.3 Abs. 6).

Falls der Streitpunkt nicht innerhalb von 60 Tagen (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen) mittels des oben erwähnten Konsultationsverfahrens bereinigt werden kann oder falls die Konsultationen nicht innerhalb der im Abkommen festgelegten Fristen abgehalten werden (bei dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 15 Tagen, für alle anderen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen, sofern die Vertragsparteien keine andere Frist vereinbart haben) oder aber falls die um Konsultationen ersuchte Vertragspartei nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt des Gesuchs geantwortet hat, kann die beschwerdeführende Vertragspartei die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragen (Art. 12.3 Abs. 3). Wie in anderen FHA der EFTA können die Vertragsparteien, die nicht am Streit beteiligt sind, unter gewissen Bedingungen am Schiedsverfahren teilnehmen (Art. 12.4 Abs. 6).

Das Schiedsgericht besteht aus drei Mitgliedern, wobei die beschwerdeführende Partei und die Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, je ein Mitglied ernennen (Art. 12.4 Abs. 3). Die freiwilligen Regeln des Ständigen Schiedshofes (Permanent Court of Arbitration, PCA) sind für die Einsetzung des Schiedsgerichts anwendbar. Diese freiwilligen Regeln gelten auch für das Schiedsverfahren (Art. 12.5).

Spätestens 90 Tage nach seiner Einsetzung legt das Schiedsgericht seinen ersten Bericht vor, zu dem die Streitparteien innerhalb von 14 Tagen Stellung nehmen können (Art. 12.6 Abs. 1). Das Schiedsgericht legt innerhalb von 30 Tagen, nachdem die Streitparteien den ersten Bericht erhalten haben, den Schlussbericht vor (Art. 12.6 Abs. 1). Jedes Urteil des Schiedsgerichts
ist endgültig und für die Streitparteien bindend (Art. 12.6 Abs. 3). Der Schlussbericht wird veröffentlicht, sofern die Streitparteien nichts anderes beschliessen (Art. 12.6 Abs. 2). Die Streitparteien treffen geeignete Massnahmen zur Umsetzung des darin enthaltenen Urteils (Art. 12.8 Abs. 1). Ist eine unverzügliche Umsetzung undurchführbar, versuchen die Streitparteien, sich auf eine angemessene Umsetzungsfrist zu einigen. Kommt keine Einigung zustande, so kann jede Streitpartei das ursprüngliche Schiedsgericht ersuchen, die Frist festzusetzen (Art. 12.8 Abs. 1). Besteht Uneinigkeit über eine Massnahme zur Umsetzung des Urteils, so kann sich die andere Streitpartei an das Schiedsgericht wenden, das dieses Urteil gefällt hat (Art. 12.8 Abs. 3). Wird keine Einigung erzielt, so kann die beschwerdeführende Partei gegenüber der Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, gemäss dem Abkommen gewährte Vorteile vorübergehend aussetzen (Art. 12.9 Abs. 1). In diesem Fall muss die vorübergehende Aussetzung von im FHA gewährten Zugeständnissen dem Ausmass der Vorteile entsprechen, die laut dem Schiedsgericht von den mit dem FHA unvereinbaren Massnahmen betroffen sind.

2310

BBl 2017

3.14

Kapitel 13: Schlussbestimmungen (Art. 13.1­13.6)

Kapitel 13 regelt das Inkrafttreten des Abkommens (Art. 13.5), Änderungen des Abkommens (Art. 13.2), den Rücktritt einer Vertragspartei oder die Beendigung des Abkommens (Art. 13.4) sowie den Beitritt neuer EFTA-Staaten (Art. 13.3). Jeder Staat, der Mitglied der EFTA wird, kann unter der Voraussetzung, dass der Gemischte Ausschuss den Beitritt gutheisst, diesem Abkommen zu den zwischen den Vertragsparteien auszuhandelnden Bedingungen beitreten.

Die Regierung Norwegens handelt als Depositar des Abkommens (Art. 13.6).

Die Vertragsparteien können dem Gemischten Ausschuss Änderungsvorschläge zu Bestimmungen des Hauptabkommens (exkl. Anhänge und Anlagen, siehe folgender Absatz) zur Überprüfung und Empfehlung vorlegen (Art. 13.2 Abs. 1). Die Änderungen unterliegen den jeweiligen innerstaatlichen Verfahren der Vertragsparteien zur Genehmigung und Ratifizierung (Art. 13.2 Abs. 2). Änderungen des Hauptabkommens beeinflussen in der Regel die grundlegenden völkervertraglichen Verpflichtungen und bedürfen in der Schweiz daher grundsätzlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung, es sei denn, sie seien von geringer Tragweite im Sinne von Artikel 7a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199745 (RVOG).

Änderungen der Anhänge und Anlagen des Abkommens kann der Gemischte Ausschuss grundsätzlich selbstständig beschliessen (Art. 11 Abs. 8). Diese Grundregel dient der Vereinfachung des Verfahrens für technische Anpassungen und somit der Erleichterung der Verwaltung des Abkommens.

Auch solche Änderungen bedürfen deshalb grundsätzlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung. Auf der Grundlage und nach Massgabe von Artikel 7a Absatz 2 RVOG darf der Bundesrat selbstständig solchen Beschlüssen des Gemischten Ausschusses die Zustimmung für die Schweiz erteilen, wenn diese Beschlüsse von beschränkter Tragweite sind. Die Geringfügigkeit der betroffenen Beschlüsse des Gemischten Ausschusses nach Artikel 7a Absatz 2 RVOG, kommt beispielsweise in den in Artikel 7a Absatz 3 RVOG aufgezählten Fällen zum Ausdruck; zudem darf keine Gegenausnahme gemäss Artikel 7a Absatz 4 RVOG vorliegen.

Dies wird in jedem Einzelfall geprüft. Beschlüsse des Gemischten Ausschusses betreffen häufig technische und systemimmanente Aktualisierungen (z. B. betreffend die präferenziellen Ursprungsregeln
und die Handelserleichterungen). Verschiedene Anhänge der EFTA-Freihandelsabkommen werden regelmässig aktualisiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem Rechnung zu tragen (z. B. WTO, Weltzollorganisation, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner). Über solche vom Bundesrat gestützt auf Artikel 7a Absatz 2 RVOG beschlossenen Änderungen informiert der Bundesrat die Bundesversammlung im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge (Art. 48a Abs. 2 RVOG).

45

SR 172.010

2311

BBl 2017

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen des FHA beschränken sich auf einen teilweisen Ausfall der Zollerträge aus dem Handel mit Georgien. Georgien kommt derzeit in den Genuss der von der Schweiz autonom unter dem Allgemeinen Präferenzsystem zugunsten der Entwicklungsländer gewährten Zollvergünstigungen, die grundsätzlich durch die Zollkonzessionen des FHA abgelöst werden. Die Zollerträge beliefen sich im Jahr 2015 auf insgesamt 84 000 Franken.

Die möglichen finanziellen Auswirkungen halten sich somit in Grenzen und sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu setzen, die sich für die Schweiz insbesondere aus dem verbesserten Zugang für Schweizer Warenund Dienstleistungsexporte auf dem georgischen Markt ergeben. Die geschätzten jährlichen Zolleinsparungen der Schweizer Exporteure bei Ausfuhren nach Georgien dürften höher sein als die Zollausfälle seitens der Schweiz. Sie betreffen vor allem die Ausfuhren von Edelmetallen, Kosmetika, Fahrzeugen und Getränken, bei denen die Zölle bis zu 12 Prozent des Warenwertes betragen können.

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiterzuentwickelnder FHA ergeben. Für den Zeitraum 2015­ 2019 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum hat das vorliegende Abkommen keine personelle Aufstockung zur Folge. Über den Ressourcenbedarf für die Aushandlung neuer und die Umsetzung und Weiterentwicklung aller bestehenden Abkommen nach 2019 wird der Bundesrat zu gegebener Zeit neu entscheiden.

4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Das vorliegende Abkommen hat auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete keine finanziellen oder personellen Auswirkungen. Demgegenüber werden an den in Ziff. 4.1 erwähnten volkswirtschaftlichen Auswirkungen grundsätzlich alle Landesteile partizipieren.

2312

BBl 2017

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Indem das FHA den gegenseitigen Marktzugang für Waren, Dienstleistungen und Investitionen verbessert sowie die Rechtssicherheit für den Schutz des geistigen Eigentums und allgemein für den bilateralen wirtschaftlichen Austausch erhöht, stärkt es den Wirtschaftsstandort Schweiz und erhöht dessen Fähigkeit, Wertschöpfung zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen bzw. zu erhalten.

Konkret werden durch das FHA im Einklang mit der Aussenwirtschafts- und der Agrarpolitik der Schweiz effizienzsenkende tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und Georgien beseitigt oder reduziert. Die Verbesserung des Markzugangs für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem georgischen Markt erhöht die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Land, insbesondere auch gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit Georgien haben.

Gleichzeitig beugt das FHA der Möglichkeit einer Diskriminierung gegenüber anderen Freihandelspartnern Georgiens vor, insbesondere gegenüber der EU. Der Wegfall oder die Reduktion von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen sowie die Erleichterung des Dienstleistungshandels im beiderseitigen Wirtschaftsverkehr verringern zudem die Beschaffungskosten für Unternehmen in der Schweiz und entlasten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Ähnliches gilt umgekehrt für Georgien.

4.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Das FHA mit Georgien ist, wie alle FHA, in erster Linie ein Wirtschaftsabkommen, das die Rahmenbedingungen und die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch mit Georgien stärken wird. Dies wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte Schweiz und Georgien sowie auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken.

Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit Wirtschaftliche Tätigkeit benötigt Ressourcen und Arbeitskräfte und ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verbunden. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts gilt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken und den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf einem dauerhaft tragbaren Niveau zu halten bzw. auf ein solches zu senken sowie den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten bzw. zu verbessern.46 Entsprechend sind im FHA Bestimmungen verankert, die eine kohärente Umsetzung der Wirtschaftsvereinbarung mit den sozialen und ökologischen Zielen der nachhaltigen Entwicklung bezwecken. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Präambel und das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung (s. Ziff. 3.11). Ebenfalls im Sinne der Kohärenz enthält das FHA eine Bestimmung, in der die Vertragsparteien ihre Rechte und Pflichten unter anderen internationalen Abkommen bestätigen (Art. 1.4), worunter insbesondere Abkommen 46

S. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 493.

2313

BBl 2017

und Vereinbarungen im Handels-, Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsbereich fallen. Für die Kohärenz besonders relevant sind auch die Ausnahmebestimmungen im Kapitel Warenverkehr und Dienstleistungshandel (Art. 2.17 und 5.17), die festlegen, dass die Vertragsparteien u. a. zugunsten von Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, der Sicherheit und dergleichen nötigenfalls auch vom Abkommen abweichende Massnahmen ergreifen dürfen.

Auswirkungen auf die Gesellschaft Generell tragen die FHA aufgrund der Stärkung des bilateralen und multilateralen Engagements und der völkerrechtlich abgesicherten und verbesserten Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Austausch zur Förderung des Rechtsstaates, zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand bei,47 dies insbesondere durch die Unterstützung des Privatsektors und der freien Wirtschaftstätigkeit. Die FHA stärken die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren und begünstigen den Meinungsaustausch, zwei wichtige Voraussetzungen zur Förderung unserer Werte, d.h. insbesondere der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte.

Die Wohlstandsgewinne durch FHA erweitern auch die wirtschaftlichen Spielräume für Massnahmen in den Bereichen Umweltschutz und sozialer Ausgleich. Wie diese Massnahmen durch die nationalen politischen Systeme gesteuert werden, kann aber nicht durch FHA geregelt werden. Die Schweiz kann jedoch unterstützend wirken und dazu beitragen, auch im Rahmen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit, eine Nutzung dieser ausgeweiteten Spielräume in Richtung der nachhaltigen Entwicklung zu fördern.

4.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Handel und Investitionen wie auch andere wirtschaftliche Aktivitäten haben generell Auswirkungen auf die Umwelt. Wie Handel und Investitionen die Umwelt beeinflussen, wird einerseits durch die nationale Regulierung bestimmt und andererseits dadurch, in welchen Sektoren der bilaterale Handel und die Investitionen getätigt werden, z. B. verstärkte Handels- und Investitionstätigkeiten im Bereich von umweltfreundlichen Produktionsweisen oder in Sektoren mit höherer Umweltbelastung.48 Die gemäss den WTO-Regeln und den Bestimmungen von multilateralen Umweltabkommen bestehenden Möglichkeiten, den Handel mit besonders gefährlichen oder umweltschädlichen Gütern zu beschränken, werden durch das FHA nicht beeinträchtigt. Die Bestimmungen des FHA räumen den Vertragsparteien analog zu den WTORegeln explizit die Möglichkeit ein, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zur Bewahrung nichterneuerbarer natürlicher Ressourcen zu treffen (Art. 2.17 und Art. 5.17 des FHA, s. Ziff.

3.3). Entsprechende nationale Produktevorschriften werden vom FHA nicht in Frage 47 48

S. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 497.

Zu den verschiedenen Auswirkungsarten s. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 498.

2314

BBl 2017

gestellt. Die Schweiz stellt sicher, dass das Abkommen dahingehend ausgelegt wird, dass weder die Umweltgesetzgebungen der Partnerstaaten noch das internationale Umweltrecht verletzt werden und es den Regierungen nicht verunmöglicht wird, ihre Umweltstandards zu halten bzw. zu erhöhen.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Projekt wurde in der Botschaft vom 27. Januar 201649 zur Legislaturplanung 2015­2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201650 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

5.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Das FHA mit Georgien entspricht der vom Bundesrat in den Jahren 200451 und 201152 definierten Aussenwirtschaftsstrategie. Die mit Georgien vereinbarten Bestimmungen zur Nachhaltigkeit stehen im Einklang mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 des Bundesrates vom 27. Januar 201653 (s. insbesondere Kapitel 4, Handlungsfeld 5).

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung54 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 RVOG).

49 50 51 52 53 54

BBl 2016 1105, hier 1164.

BBl 2016 5183, hier 5185.

Bericht des Bundesrates vom 12. Januar 2005 zur Aussenwirtschaftspolitik 2004, Ziff. 1 (BBl 2005 1089).

Bericht des Bundesrates vom 11. Januar 2012 zur Aussenwirtschaftspolitik 2011, Ziff. 1 (BBl 2012 827).

www.are.admin.ch/ > Nachhaltige Entwicklung > Politik und Strategie.

SR 101

2315

BBl 2017

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten sowie Georgien gehören der WTO an.

Die Vertragsparteien sind der Auffassung, dass das vorliegende Abkommen im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht.

FHA unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von FHA mit Drittstaaten steht weder mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz noch mit ihren Verpflichtungen gegenüber der EU oder den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Insbesondere sind die vorliegenden Abkommensbestimmungen mit den handelsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der EU sowie den übrigen bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar.

6.3

Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Vertragsstaat des FHA mit Georgien. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 192355 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet wird das Hoheitsgebiet Liechtensteins von den Bestimmungen des FHA über den Warenhandel miterfasst (Art. 1.3 Abs. 2 FHA).

6.4

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200256 (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.

Das vorliegende Abkommen enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebote etc.). Es ist aber auch festzuhalten, dass die Bestimmungen dieses Abkommens sich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen bewegen. Inhaltlich geht es nicht über andere im EFTA-Rahmen oder bilateral durch die Schweiz abgeschlossene FHA hinaus, und es ist von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gehalt.

55 56

SR 0.631.112.514 SR 171.10

2316

BBl 2017

Die bisherige Praxis, wonach solche Übereinkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen sind, ist verschiedentlich in Frage gestellt worden. Der Bundesrat hatte daher angekündigt, die Praxis kritisch zu überprüfen. Auf der Grundlage einer Analyse des Bundesamtes für Justiz57 hat der Bundesrat am 22. Juni 2016 beschlossen, diese Praxis anzupassen. Staatsverträge, die ­ wie das vorliegende FHA ­ wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten, müssen daher zukünftig auch dann dem fakultativen Referendum unterstellt werden, wenn sie inhaltlich früheren Abkommen entsprechen. Der Bundesrat hat allerdings auch angeregt, dass der Abschluss solcher Abkommen an die Bundesversammlung delegiert werden könne; wenn ein neues Abkommen keine neuen wichtigen Bestimmungen im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen enthält. Dafür erforderlich ist allerdings eine Anordnung in einem referendumspflichtigen Erlass ­ also in einem Bundesgesetz58 oder im referendumspflichtigen Genehmigungsbeschluss.

Der Entwurf zum Bundesbeschluss über die Genehmigung des FHA mit Georgien sieht daher vor, dass die Bundesversammlung Freihandelsabkommen künftig selbständig abschliessen kann und ohne sie dem Referendum unterstellen zu müssen, wenn sie bereits abgeschlossenen Abkommen inhaltlich weitgehend entsprechen.

Wie in dieser Botschaft erwähnt, regelt das FHA mit Georgien die Bereiche Handel mit nichtlandwirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen, gesundheitspolizeiliche ­ und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen, Handel mit Dienstleistungen, Investitionen (Niederlassungen), Schutz des geistigen Eigentums, öffentliches Beschaffungswesen, Wettbewerb, Handel und nachhaltige Entwicklung, institutionelle Bestimmungen sowie Streitbeilegung. Abkommen, die für die Schweiz im Wesentlichen vergleichbare und gleichwertige Bestimmungen enthalten, müssten daher nicht dem fakultativen Referendum unterstellt werden. Sollte die Schweiz hingegen weitergehende Bestimmungen vereinbaren als mit Georgien (z. B. beim Marktzugang im Bereich Landwirtschaft, Dienstleistungen oder öffentlichen Beschaffungswesen), so müsste ein solches Abkommen dem fakultativen Referendum unterstellt werden.

Das FHA mit Georgien kann jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden (Art. 13.4 FHA). Der Beitritt zu einer internationalen Organisation ist nicht vorgesehen. Für die Umsetzung des Abkommens sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

6.5

Sprachfassungen und Veröffentlichung der Anhänge zum FHA

Die Originalfassung des vorliegenden Abkommens ist in Englisch. Der Abschluss des Abkommens in englischer Sprache entspricht der langjährigen konstanten Praxis der Schweiz im Bereich der Verhandlungen und des Abschlusses von FHA. Englisch ist zudem die offizielle Arbeitssprache der EFTA. Dies steht im Einklang mit

57 58

www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2016/2016-06-22.html SR 653.1, Art. 39 AIA-G ; BBl 2015 5527

2317

BBl 2017

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der Sprachenverordnung vom 4. Juni 2010 59 sowie den zugehörigen Erläuterungen. Die Aushandlung, Erstellung und Überprüfung von Originalfassungen des FHA in den Amtssprachen der Vertragsparteien hätte angesichts des Umfangs der Abkommenstexte unverhältnismässige Mittel erfordert.

Das Fehlen einer Originalfassung in einer Schweizer Amtssprache erfordert für die Publikation die Übersetzung des Texts des Abkommens mit Ausnahme seiner Anhänge und Anlagen in die drei Amtssprachen. Die Anhänge zum FHA umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich bei der Mehrheit der Anhänge um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 Absatz 1 Buchstabe b und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200460 (PublG) kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b PublG kann auf eine Übersetzung der Texte, die nur mit Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle veröffentlicht werden verzichtet werden, wenn die Betroffenen diese Texte ausschliesslich in der Originalsprache benützen. Die Anhänge richten sich vor allem an Import- und Exportfachleute des weltweiten Handels. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen61, bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariates verfügbar62. Übersetzungen der Anhänge des FHA, die die Ursprungsregeln und Zollverfahren betreffen, werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung im Sinne einer Dienstleistung zugunsten der Wirtschaftsbeteiligten elektronisch publiziert63.

6.6

Inkrafttreten

Gemäss Artikel 13.5 FHA tritt das Abkommen am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der Ratifikationsinstrumente beim Depositar durch Georgien und mindestens einen der EFTA-Staaten in Kraft. Für einen EFTA-Staat, der das FHA nach dessen Inkrafttreten ratifiziert, tritt es am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in Kraft. Sofern die rechtlichen Bestimmungen es einer Vertragspartei erlauben, kann diese das Abkommen vorläufig anwenden, bis es für sie in Kraft tritt. Die vorläufige Anwendung ist dem Depositar zu notifizieren (Art. 13.5, Abs. 4).

59 60 61 62 63

SR 441.11 SR 170.512 www.bundespublikationen.admin.ch www.efta.int>Free Trade>Free Trade Agreements>Georgia www.ezv.admin.ch

2318