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Botschaft

'

des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Huttwil nach Wohlhusen.

(Tom 26. März 1891.) .

Tit.

Mit Eingabe vom 20./24. Januar 1891 stellt das ,, E i s e n b a h n k o m i t è v o n W i l l i s a u und U m g e b u n g " (Präsident: Herr Nationalrath C. H o c h s t r a ß e r, Aktuar: Herr Kreisförster J o s e p h A r n o l d ) zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft das Gesuch um Ertheilung der Konzession zum Bau und Betrieb einer · normalspurigen Eisenbahn von H u t t w i l nach W o h l h u s e n .

Nach einem kurzen historischen Eückblick auf die bisherigen eisenbahnpolitischen Bestrebungen des LuzernerHinterlandes, welch letztere durch die Eröffnung der Langenthal-Huttwil-Bahn einen kräftigen Impuls erhielten und zur Entstehung des vorliegenden Projektes führten, begründet der allgemeine Bericht das Gesuch im Wesentlichen wie folgt: Der Hauptzweck der angestrebten Eisenbahn bestehe in erster Linie in der Vermittlung des Lokalverkehrs des Luzerner Hinterlandes, sowie des Verkehrs dieses Landestheils mit der Kantonshauptstadt einerseits und dem Langetenthal anderseits. Für die vorzugsweise agrikole Bevölkerung sei die Erstellung moderner Verkehrsmittel eine dringende Notwendigkeit, wenn sie gegenüber andern Gegenden konkurrenzfähig bleiben solle, ebenso für Handel und Industrie, die durch Ausbeutung der vorhandenen Wasserkräfte, der holzreichen Waldungen etc. noch bedeutender Entwicklung fähig seien und damit auch der Bahn eine genügende Alimentation sichern.

Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. I.

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Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung erhalte die projektirte Bahn im Fernern für die Militärtransporte, indem durch dieselbe nicht nur der bevölkertste Theil des IV. Divisionskreises mit dem Hauptwaffenplatz dieses Kreises verbunden werde, sondern auch Truppentransporte aus der Zentralschweiz nach der Westgrenze und umgekehrt von der Westschweiz nach dem Gotthard erleichtert werden.

Im Weitern sei der Touristenverkehr nach dem Napf, dem Menzberg etc. nicht ohne Bedeutung und es habe dieser Verkehr seit Eröffnung der^ Langenthal-Huttwil-Bahn auch schon bedeutend zugenommen.

Ein wichtiges Moment für die angestrebte Eisenbahnverhindung bilde überdies deren Bedeutung für den Transitverkehr zwischen dem nördlichen Jura und der Gotthardbahn.

Ueber die daherigen Distanzverhältnisse wird folgende Zusammenstellung, gegeben: Effektive Distanzen In Kilometer Stationen

via via via Bern- Burgdorf- iarburgLangnau Langnau Luzern

via BaselÖlten

via via Huttwil WeissenstoinHuttwil

Yverdon-Luzern . . 176 188 180 -- 174 -- Neuchâtel-Luzern . . 157 152 144 -- 138 -- Verrières-Luzern . . 1 9 7 191 183 -- 177 -- Chauxdefonds-Luzern. 172 167 159 -- 153 -- Biel-Lnzern . . . . 128 122 114 -- 108 -- Münster-Luzern . . 168 162 154 -- 148 102 Delsberg-Luzern . . 179 173 165 134 159 114 Delle-Luzern . . . 219 213 205 174 199 154 Lyß-Luzern . . . '. 118 111 113 -- 107 -- Neu-Solothurn-Luzerri -- 100 8 9 -- 8 3 -- Herzogenbuchsee-Luzern -- 96 75 -- 69 -- Langenthal-Luzern . -- -- 68 -- 61 -- Der kürzeste Weg für den Verkehr zwischen einem großen Theile der Westschweiz und dem Gotthard führe somit schon jetzt über Huttwil-Wohlhusen und nach dem nur eine Frage der Zeit bildenden Durchstich des Weißensteins werde der Weg für den großen Verkehr der französischen Ostbahn über Delle-Delsberg-Huttwil-Luzern nach dem Gotthard um zirka 20 Kilometer kürzer, als der bisherige über Basel.

Es liefere daher die projektirte Linie einen wesentlichen Beitrag zur rationellen Vervollständigung des schweizerischen Eisenbahnnetzes.

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Dem technischen Bericht entnehmen wir folgende Angaben: Die neue Linie bildet die direkte Fortsetzung des Hauptgeleises der Langenthal-Huttwil-Bahn. Von Huttwil weg zieht sich das Tracé dem Abhang nördlich des Städtchens Huttwil entlang, kreuzt hierauf die Staatsstraße Huttwil-Willisau à niveau, folgt dieser, die Kantonsgrenze Bern-Luzern überschreitend, bis Hüswil, wo die Staatsstraße zum zweiten Mal à niveau gekreuzt wird, überbrückt den Luthernbach und gelangt nach Zeli. Unmittelbar hinter dieser Station ist ein weiterer Staatsstraßenübergang à niveau vorgesehen ; von da weg bleibt die Linie auf der rechten Seite der erwähnten Straße bis vor Willisau, wo die Straße noch einmal überschritten und die Enziwigger überbrückt wird.

Von Willisau weg führt das Tracé links der Straße WillisauWohlhusen über Menznau, am Durtensee vorbei auf die Höhe von Unterschlechten, von da mit starkem Gefäll und in bedeutendem Einschnitt gegen Wohlhusen, wo bei Lettenhüsli die Straße (nach vorläufiger Berechnung à niveau) gekreuzt wird. Mit westlicher Umgehung des Dorfes Wohlhusen und nach Ueberbrückung der Straße WohlhusenDorf nach Wohlhusen-Markt mündet die Linie in die Station Wohlhusen der Bern-Luzern-Bahn ein.

Die Baulänge der projektirten Linie beträgt zirka 25 km., die Betriebslänge 25,2 km., die Maximalsteigung 23 °/oo und der Minimalradius 300 m.

Von Höhencoten sind zu erwähnen: Station Huttwil mit 640,88, Station Wohlhusen 568,26 m. ü. M.; Kulminationspunkt (Höhe beim Galgenplatz) 659,93 m.; tiefster Punkt 540,is m., somit eine Differenz von 119,75 m.1 Zwischenstationen sind 4 angenommen, bei Zeli, Gettnau, Willisau, und Menznau.

Die Bahn soll normalspurig und eingeleisig, im Wesentlichen nach den Normalien der Langenthal-Huttwil-Bahn, erstellt werden.

Mit letzterer ist auch, als im beidseitigen Interesse liegend, Vereinigung des Betriebes vorausgesetzt.

Pur Aufstellung des summarischen Kostenvoranschlages wurden die analogen Verhältnisse der Langenthal-Huttwil-Bahn zur Grundlage genommen.

Derselbe setzt sich folgendermaßen zusammen :

728 I. Bahnanlage und feste Einrichtungen: A. Organisations- und Verwaltungskosten (incl.

technische Bauleitung) Fr.

B. Verzinsung des Baukapitals ,, C. Expropriation ,, D. Bahnbau: 1. Unterbau Fr. 500,000 2. Oberbau ,, 570,000 3. Hochbau und mechanische Stationseinrichtungen . .

,, 200,000 4. Telegraph, Signale und Verschiedenes ,, 50,000 II. Rollmaterial .

III. Mobiliar und Gerätschaften

. . . .

. . . .

100,000 50,000 450,000

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l,i>üV,UUV

,, ,,

480,000 40,000 60 000

Total Fr. 2,500,000 oder Fr. 100,000 per Kilometer.

Der technische Bericht enthält zu den einzelnen Eubriken dieses Voranschlages einläßliche Begründungen, auf welche wir der Kürze wegen hiermit zu verweisen uns gestatten.

Eine Kentabüitätsberechnung ist von den Konzessionsbewerbern nicht aufgestellt worden.

Die zur Vernehmlassung angegangenen Kantone Bern und Luzern erheben gegen die projektirte Bahn keine Einwendungen, die Regierung des Kantons Luzern empfiehlt im Gegentheil das Gesuch bestens.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 17. dieses Monats statt, wobei dem hienach folgenden Konzessionsentwurf allseitig zugestimmt wurde.

Wir beantragen Ihnen, im Sinne desselben die Konzession zu ertheilen, und bemerken nur noch kurz Folgendes: Da die projektirfce Linie ungefähr dieselben Verhältnisse aufweist wie die Bahn Langenthal-Huttwil und deren natürliche Fortsetzung ist, so sind mit Bezug auf Zahl der täglichen Züge, mittlere Fahrgeschwindigkeit (Art. 12), Zahl der Wagenklassen (Art. 14) und Personentaxen (Art. 15) die Bedingungen gleich normirt.

Eine Abweichung ist nur im letzten Alinea des Art. 18 vorgenommen worden durch Reduktion der Minimaltaxe von 40 auf 30 Cts.,

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und zwar mit Rücksicht auf das in Art. 15 für das Reisendengepäck festgesetzte Minimum von 30 Cts. Da der Gepäcktransport zu höhern Taxen erfolgt als der Gütertransport, so wäre eine für letztern höhere Minimaltaxe nicht gerechtfertigt.

Im Uebrigen entsprechen die vorgeschlagenen Bestimmungen der Normalkonzession und gehen daher zu weitern Bemerkungen keinen Anlaß.

Genehmigen Sie, Tit., auch hei diesem Anlasse die erneute Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 26. März 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:' Ringier.

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(Entwurf.)

Bnndesbeschlnß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Huttwil nach Wohlhusen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe des Eisenbahnkomites von Willisau und Umgebung, vom 20./24. Januar 1891; 2) einer Botschaft des Bundesrathes. vom 26. März 1891, beschließt: Den Herren C. H o c h s t r a ß e r , Nationalrath, Präsident, und Joseph A r n o l d , Kreisförster, Aktuar, handelnd Namens eines I n i t i a t i v k o m i t e s , zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von H u t t w i l nach W o h l h u s e n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Willisau.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 36 Monaten, vom Datura des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschrifts-

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Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesralh ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Uebervvachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens vier Mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittleren Geschwindigkeit von mindestens 18 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur infolge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

732 Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglemenk der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu tbun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 10 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen den» dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer, im Minimum 30 Rappen, bezogen worden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich fUr die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

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Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bia auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp.; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Filr die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder o Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine,.

DUngungsmittel u. s. w.j in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen isti Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportât werden sollen,, so da^rf die Taxe -für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirthsehaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzllgen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 30 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten,

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Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm ftlr eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. -24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag .des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, .so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger

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Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Luzern, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigeuthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Ruckkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Ruckkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22'Machen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Augschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß , der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch'

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letztem auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnune; getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder einedurch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 27. Haben die Kantone Bern und Luzern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der ßundesrath ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Huttwil nach Wohlhusen. (Vom 26. März 1891.)

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1891

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13

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.04.1891

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725-736

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10 015 178

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