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Mehrheit d e r standeräthlichen K o m m i s s i o n über

die Ausführung der .Juragewässerkorrektion.

(Vom 10. Juli 1857.)

Tit. l Die Kommission, welche Jhx Bureau zur Begutachtung des bundesräthlichen Entwurfes zu einem Bundesbeschluße^) über die Ausführung der Juragewässexkorrektion niedergesezt hat, geht über folgende Grundfäze einig: 1) daß dieses Unternehmen nach Zwek, Natur und Ausdehnung eiu solches Werk sei, welches laut .^. 21 der Bundesverfassung eine thatkräftige unterstüzung der Eidgenossenschast beanspruchen dürfe ; 2) daß es ganz angemessen sei, wenn der Bund eine eingreifende und leitende Jnitiative nehme, ohne aber damit den Eharakter des Unter.iehmens und die Stellung der Kantone zu demselben und zu dem Bunde zu verrüken ; 3) daß der von den Behörden zu fassende Beschluß seiner Zeit den hetheiligten Kantonen mitzutheilen sei, um ihre Erklärungen abzugeben, wie dieß in Axt. 37 vom Bundesrathe beantragt wird.

Die Motive, welche den Bundesrath veranlaßten, dieses Verfahren vorzuschlagen, find auf Seite 349 der Botschaft näher angegeben und dürften wohl um so gewichtiger erscheinen, als bereits im Schoße der Kommission die wichtige staatsrechtliche Frage leise angeregt wurde, ob der Bund befugt wäre, einzelne Kantone, welche an dem Unternehmen sich nicht betheiligen wollten, zur Theilnahme zu zwingen. Während nun die Kommission über diese drei Punkte einig war, spaltete sie sich über die Frage, ob zur Zeit auf das Materielle des vorliegenden Beschlussesentwurfes, die leitenden Prinzipien,.

^) S. Bnndesblatt v. I. 1857, Band I, Seite 350.

4^ welche in demselben enthalten find, einzutreten sei, oder aber nicht. Die ^Mehrheit der Kommission hat den unterfertigten Berichterstatter beauftragt, ^Jhnen, Hochgeachtete Herren. unter ausdxüklichem Vorbehalte der nähern ^mündlichen Beleuchtung, in gedrängter Kürze die Gründe anzuführen , welche fie zu ihreu Anträgen bestimmten.

..^.er Bundesrath wünscht , daß schon in der jezigen Sizung der Grundsaz ausgesprochen werde, es solle die Korrektion der Juragewässer unter Mitwirkung des Bundes und der betheiligten Kantone nach gewissen, von der Bundesversammlung auszustellenden Grundsäzen ausgeführt werden (Axt. 1). Der Bundesrath will festsezen, was für Arbeiten nicht in das gemeinschaftliche Unternehmen fallen (Art. 5), aus welche Weise die Kosten .^on dem betheiligten Grundeigeuthum, dem Bunde und den Kantonen zu tragen seien (Art. 6 u. f.), die Beitragsseala für die Kapitalvorschüsse feststellen .(Art. 14 u. s. w.) Dagegen würde die Bundesversammlung nach Art. 3 .erst in einer k ü n f t i g e n Sizung auf den Bericht des Bundesrathes für den Korrektionsplan, welcher der ^Ausführung zu Grunde gelegt werden soll , sowie die Arbeiten , welche in die gemeinschaftliche Unternehmung ge^öreu , bestimmen, und zwar aus dem Grunde , weil die technischen und finanziellen Untersuchungen und Vorarbeiten, welche zur endlichen Feststellung des Korxektionsplanes uöthig find , noch vervollständigt werden müssen.

Dieser Theilung der Beschlussesfassung in einer so hochwichtigen Angelegenheit , wie die Korrektion der Juragewässer , kann Jhre Kommission

^icht beipflichten, und auch hierüber find alle Mitglieder einig. Der Kor-

rektionsplan ist der Kardinalr^unkt nicht bloß vom t e c h n i s c h e n und vom f i n a n z i e l l e n Standpunkt aus, sondern auch, weil ex, wie der Bundesrath selbst anerkennt (Seite 311) ein Haupthindernis^ der Verständigung unter den Kantonen bildete. Wenn sich die Bundesversammlung im Sinne ^es Art. 37 an die betheiligten Kantone wenden will, so muß vorhex die Frage über den Korrektionsplan erledigt werden.

Die Korrektion der Juragewässer ist eine Jdee oder eine Unternehmung, welche erst durch den Korrektionsplan ihre wahre und eigentliche Bedeutung ..rhält, in technischer und finanzieller Beziehung ganz andere Dimensionen annimmt, je nachdem der eine oder andere Korrektionsplan angenommen wird , und höchst wahrscheinlich auch hinsichtlich der Dekung der Kosten .^anz verschiedenartige Beschlüsse veranlassen wird.

Zu den bisherigen zwei Projekten ist in neuerer Zeit ein drittes, das sogenannte T h e i l u n g s P r o j e k t , hinzugekommen, welches aber bis zur Stunde einer einläßlichen Prüfung noch nicht unterworfen wurde. Voraussichtlich wird daher seiner Zeit für die B u n d e s b e h ö r d e n die Auswahl unter den Projekten größer sein; aber mit der Zahl der Projekte wächst für die K a n t o n e die Ungewißheit, welches derselben zur Ausführung kommen werde. Ein halbes, vielleicht ein volles Duzend Millionen Franken wird ein Projekt u.eh..

kosten als das andere, während es sich darum handelt, die Kantone nicht für eine bestimmte Summe, sondern mit einer ..^uote zu betheiligen. DiKommission theilt die Ansicht ^.es Bundesrathes, daß die Entscheidung.^

^ welche Arbeiten in das gemeinsame Unternehmen gehören, mit der Be..^ stimmung des Planes zusammenfalle; allein der Kommission erscheint die^ als ein weiterer Uebelstand, weil sehr .leicht der Fall eintreten könnte, daß später, nach definitiver Annahme des einen oder .andern Korrektionsplanes, der Bund und diese oder jene betheiligten Kantone in ihrer Anschauungsweise über jene Frage auseinander gehen und leztere fich weigern würden , die fraglichen Arbeiten auf ihre Rechnung zu übernehmen oder zu bezahlen.

Die Regierung des h. Standes S o l o t h u r n spricht fich in einer an den Bundesrath gerichteten Zuschrift, d. d. 15. vorigen Monats, überdies^ Materie folgendermaßen aus : ,,Wir finden , daß wir bei der Fassung eines Bundesbeschlußes^ wie er vorgeschlagen ist, nicht im Zweifel bleiben diirfen, welcher Plan der Ausführung zu Grunde gelegt werden wird. Eine energische Förde^ rung einer Sache kann nur stattfinden, wenn man ihre Wirksamkeit kennt.

Diese ist im gegebenen Falle durch den Korrektionsplan bedingt.

Die definitive Bestimmung dieses Planes ist als ein Hauptakt zu betrachten.^ Am Schlusse ihres Schreibens äußert sich die solothurnische Regierung folgendermaßen: ,,Wir müßten sehr bedauern, wenn die betheiligten Kantone bei Berathung Jhres Vorschlages in der Ungewißheit gelassen würden, welcher Plan als Grundlage zur Korrektion dienen sollte.

Wenn Sie noch eine Vervollständigung der Untersuchung des .^a Nieea.fchen Projektes,

r.^ie Sie Seite 318 und 319 Jhxer Botschaft bemerken, fü.... zwekdienlich

erachten, so würde es unserer Anschauung^ sehr entsprechen, wenn Sie.

diese Vervollständigung noch so rechtzeitig vornehmen lassen könnten, daß der Bestimmung des Planes in Jhrem Beschlussesvorfchlage selbst kein Hinderniß im Wege stünde..^ Jn einem an die hohe Bundesversammlung gerichteten und gedrukten

Memorial, d. d. 21. dieß, läßt sich die Regierung des Standes Aargau

uber die vorbehaltene, spätere, definitive Plangenehmigung durch die Bundesversammlung folgendermaßen vernehmen : ,,Es ist dieses jedenfalls ein uns rüksichtlich der aargauifchen Fluß^ Verhältnisse nichts weniger als beruhigendes Prozedere. Wäre einmal der ganze übrige Bundesbeschluß nach Vorschlag oder mit Modifikationen erlassen, dabei aber der Aussührungsplan noch nieht definitiv bestimmt, so könnte später vielleicht ein Ausführungsplan mit kleiner Stimmenmehrheit beliebt werden, der zum Ruin unseres Flußgebietes diente. Unsere Befürchtung ist dahe^ eine verzeihliche, daß man die Sache dannzumal nur noch als Nebenfrage von untergeordnetem Jnteresse betrachten und so das Gute und Zwekmäßige

uicht die gehörige Berükfichtigung finden dürfte...

Solche Zuschriften konnten nur dazu dienen, früher gefaßten Ansicht zu bestärken.

nns in unserer scho.^

Wenn nun eine Theilung der Beschlussesfassung, wie solche von.^ h. .Bundesrathe beantragt wird, als ^nzw.^mäßig nnd unstatthaft ^rfchei.u..^

^ so frägt es fich, was weiter geschehen solle.

Hier erst scheiden fich d^ Wege der Mehrheit und der Minderheit Jhxex Kommisfion.

Die Minderheit der Kommission will deu Gxundsaz a u s g e s p r o c h e n wissen , daß die Korrektion der Juragewässer unter Mitwirkung des Bundes und der betheiligteu Kantone ausgeführt werden solle ^), und theilt sich im Weitern in eine erste und zweite Minderheit.

Die Mehrheit Jhrer Kommission aber beantragt, nach Art. 2 de^ Beschlussesentwurfes, den Bundesrath einzuladeu , ohne Verzug diejenigen Vervollständigungen der technischen und finanziellen Untersuchungen un..^ Vorarbeiten anzuordnen, welche zur endlichen Feststellung des Korrektions..planes nöthig find, und will zu diesem Ende hin den vorgeschlagenen Kredit von Fr. 50,000 bewilligen. Zur Begründung dieses Antrages verweisen wir vor Allem aus auf nachbenannte Stellen der bundesräthlichen Bot^

schaff

1) Seite 318 die oben geschilderten drei Projekte bis zum Schlusse des Lemma 3, S. 319.

2) Seite 314. So übereinstimmend der La Nieea'sche Projekt der Bnndesexpexten.

Plan --

3) Seite 316 die technischen Bedenken u. s. w. und endlich noch 4) andere Stellen, welche Jhnen bei einer umsichtigen Prüfung de.^ Botschaft des Bundesrathes gewiß nicht entgehen werden.

Seit der Abfassung der bundesräthlichen Botschaft ist die Antwort der drei Herren Bundesexperten auf .die Schrift des Hrn. La Nieea ,,di^ Expertengutachten über partielle Juragewässerkorrektion.. eingegangen , da^ tirt Zürich 22. Juni des laufenden Jahres. Wir wollen nur eine Stelle herausheben : Jn Bezug auf die A b s c h l e m m u n g s f r a g e verweisen zwei der Hexren Experten einfach aus ihre Aeußerungen in ihrem Berichte vom 3. Juni 1854. Einer dagegen erklärt , ,,daß ein günstiger Erfolg de^ Unternehmens nur erreicht werden könne, wenn auf die beabsichtigte Bil^

dung der Kanäle vermittelst Abfchlemmung gänzlich verzichtet, diese viel-

mehr nach festgestellten Ouerprofile.. vollständig ausgehoben, in Sohle und Ufer gut eingebaut werden, ehe die durch sie aufzunehmenden Gewässer in solche eingeleitet würden; ex erachte dieses Versahren als absolute Bedingung zum Gelingen des ganzen Werkes und fühle sieh sogar verpflichtet, vor einer Jnstandsezung dieser Kanäle nach .der anderseits empfohlenem Aussührungsweise ernstlich zu warnen.^ Muß die Erdmasse , welche Herr La Nieea glaubt abschlemmen zu können , ebenfalls ausgegraben oder ausgebaggert werden , so begründet dieß nach den von La Nieea selbst angenommenen Einheitspreisen (2 Eent.

per Kubikfuß, während die Bundesebenen 2^ berechnen) allein scho.^ *) Siehe Seite 223 hievor.

^60 ^ine Kostenvermehrung von nicht weniger als 8,700,000 Fr. (S. 3...^ .der Botschaft). Nach der Ansicht des dritten Experten wäre diese Ausgabe eine absolut nothwendige.

Sie sehen also , meine Herren , daß stch .in dieser Frage die Bedenken nicht vermindert haben, sondern nur weit ^ärker geworden sind.

Wenn einmal gründlicher als bisher untersucht ist, ob die Ausgrabung ^.er fraglichen Kanäle unumgänglich erforderlich sei , und verneinenden Falls, ob die Abschlemmung die von Hrn. La Nieea erwarteten Resultate haben werde , oder ob man eirea 9 Millionen Franken der unfichern Wir^ung des Wassers anheimstellen müsse; wenn man überhaupt, ohne die Untersuchungen ins Unendliche fortzufpinnen , doch mit Ueberzeugung und.^ ruhigem Gewissen erklären kann, daß die Theorie und Praxis der Wasser^aukunde keine weitern erheblichen und zuveriäßigen Auffchliisse mehr zu bieten vermögen: dann, aber auch nicht früher, wird Jhr Berichterstatter bei jedem neuen Schritte die Last erleichtert und seine Verantwortlichkeit gegenüber der Eidgenossenschaft und seinen Kommittenten gemindert erachten.

Die Mehrheit der Kommission nimmt daher die Freiheit, Jhnen nachgehende Anträge zur Annahme zu empfehlen.

Bern, den 10. Juli 1857.

I)r. .^.ern.

I)r. J. ^estaln^, Berichterstatter.

.^. Wenger.

A. .^chwerzmann.

^ntraa.r der .kommission.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, erwägend: 1) daß dem Bunde nach Art. 21 der Bundesverfassung das Recht Ansteht, im Jnteresse der Eidgenossenschaft, oder eines große.. Theiles der^ selben, liegende öffentliche Werke auf Staatskosten zu errichten, o d e r die Errichtung derselben zu unterstüzen; 2) daß unzweifelhaft die Korrektion der Juragewässe... nach Zwek, Natur und Ausdehnung ein solches Werk ist , welches eine thatkrästige Unterftüzung der Eidgenossenschaft beanspruchen darf ; daß ohne Dazwifchenkunft und Unterstüznng des Bundes eine Vex^ Bändigung der betheiligten Kantone zur Ausführung des Unternehmens

^icht in Ausficht steht;

461 3) daß es ganz angemessen ist, wenn der Bund eine eingreifende und leitende Jnitiative nimmt, ohne aber damit den Eharakter des Unternehmens und die Stellung der Kantone zu demselben und zu dem Bunde zu verrüken ; 4) daß es aber nothwenig erscheint, insbesondere die Frage über den ..Korrektionsplan gleichzeitig mit den übrigen Fragen zu erledigen ; 5) daß indessen, wie der Bundesrath selbst erklärt, hinsichtlich dex verschiedenen Korrektionspläne jezt ein definitiver Entscheid noch nicht gefaßt werden kann . und eine Vervollständigung der Untersuchung stattzufinden hat, damit bei vorzunehmendem leztem Entscheide die technische und finanzielle Seite jedes der drei Projekte so klar und vollständig als möglich vorliege,

b e schl i e ß t .

1) Der Bundesrath ist eingeladen, ohne Verzug diejenigen VervollBändigungen der technischen und finanziellen Untersuchungen und Vorarbeiten anzuordnen, welche zur endlichen Feststellung des Korrektionsplanes nöthig sind.

2) Es wird ihm hiefür ein Kredit von Fr. 50,000 bewilligt.

3) Der Bundesrath wird bis zur nächsten Dezembersizung Bericht erstatten.

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nationalräthlichen Kommission in. Sachen des Standes Thurgau gegen den Stand St. (fallen, betreffend die strafrechtliche Verfolgung des Fürsprech Franz (Grübler zu Wyl im Kanton St. fallen.

(Vom 17. Juli 1857.)

Tit. !

Der faktifche Sachverhalt in dieser Sache ist kurz folgender:

Unterm 27. März 1849 kontrahirten Alons. J f e n r i n g und Alons Lüt e n e g g e r aus dem Kanton Thurgau, welche mit einander in einem gemeinsamen Geschäfte stunden, bei Fürsprech G r ü b l e r zu Wyl , im Kanton St. Gallen, ein Anleihen von 100 Gulden. Jfenring quittirte .den Grübler, übergab aber sofort zu einem speziellen Gebrauch das erCaltene Geld dem Lütenegger, welcher ihm unter gleichem Datum eine..

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Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission über die Ausführung der Juragewässerkorrektion. (Vom 10. Juli 1857.)

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Jahr

1857

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2

Volume Volume Heft

61

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.11.1857

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456-461

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10 002 357

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