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ihr vorgelegen haben, iu den Stand gesezt, die Leistungen des außer.ordentlichen Gesandten der Eidgenossenschaft, des Hrn. Ständerath I..r. Kern, mit Sachkenntniß zu beurtheilen, demselben ihre vollste Anerkennung und ihren wärmsten Dank für die Einsicht, die Beharrlichkeit und die Maßigung .ausspricht, welche ex in äußerst schwieriger Stellung zum Frommen Deines Vaterlandes an deu Tag gelegt hat. Die Kommission, die ein...

..uüthig .von diesen Oesinnungen beseelt ist, spricht eben so einstimmig die Erwartung aus , daß der Bundesrath denselben gegenübet Herrn l)r. Kern den angemesseneu Ausdruk zu geben wissen wird.

Schließlich erübrigt uns nur noch, Jhnen, Herr Präsident, Herreu Nationalräthe, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern.

Bern, den 10. Juni 1857.

^ Namens der in der Neuenburger-Angelegenheit niedergesezteu Kommission, Der Berichterstatter..

I)r. A. Escher.

#ST#

Bericht der

in der Neuenburger-Angelegenheit niedergesezten Kommission des Standerathes.

(Vom 12. Juni 1857.)

T i t. l Der Neuenburgerkonflikt , wacher Jhre hohe Behörde seit dem 3. September 1856 zu verschiedenen Malen beschäftigt hat, ist nunmehr in demjenigen Stadium angelangt, wo er^ sich definitiv lösen soll. Jhxe Kommission hat in mehrexen Sizungen , in denen einzig Herr Ständerath F az., wegen Abwesenheit nicht mitwirkte, die uns vorgeschlagene Lösung

geprüft, und ist mit Eiumut.h zu dem Beschlusse gelangt, Jhuen die

Annahme des vom Bundesrathe .vorgelegten und vom Nationalrath gebilligten Genehm igungsdekretes zu empfehlen.

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Jhre Kommission glaubt, eine Betrachtung der verschiedenen Entwiklungsphafen und des Ganges der Verhandlungen gänzlich bei Seite lassen zu können. Dagegen hält sie es in diesem entscheidenden Augenblik , wo das lezte Wort gesprochen werden soll , für angemessen , Jhren .Blik. noch .einen Augenblik aus die Bedeutung des bevorstehenden Entscheides hinzulenken.

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860 Durch Art. ...3 der Wiener-Kongreßakte vom 9. Juni 18 l 5 wurde das damalige Fürstenthum Neuenburg auf der einen Seite der Eidgenossenschaft einverleibt, auf der andern Seite der Botmäßigkeit des Königs von Preußen unterstellt. Diefes Zwitterverhältniß löste fich nach vielfachen innern Kämpfen im Jahr l 848 dahin, daß das Neuenburgervolk sind von der preußischen Herrschast lossagte und als republikanischer Kanton in den neuen Bund der Eidgenossen eintrat.

Dieser Schritt fand von drei verschiedenen Seiten Anfechtung. Für's Erste bestritt der König von P r e u ß e n dem Neuen....urgischen Volke das .Recht, das bisherige Unterthanenverhäitniß durch einseitige Willenserklärung aufgeben zu können, und er trat demzufolge in die Stellung eines Prätendenten auf Neuenburg mit dem ausgesprochenen Vorbehalte, fein behauptetes Recht zu einer ihm passend scheinenden Zeit geltend machen zu wollen.. Für's Zweite bestritten die G a r a n t e n des Wiener-Vertrages dem Kanton und der Eidgenossenschaft das Recht zn einseitiger Abänderung eines durch völkerrechtlichen Vertrag festgestellten Verhältnisses, und es anerkannten demzufolge im Londoner- Protokoll vom 24. Mai 1852 die vier europäischen Großmächte einstimmig die Rechte des Königs von Preußen auf Neuenburg. Für's Dritte endlich bestand .m Jnnern des Kantons Neuenburg selbst eine nicht unbeträchtliche P a r t e i , weiche .anfänglich durch mehr passiven Widerstand und zulezt durch offene Erhebung mit den Waffen in der Hand die Reeht.näßigkeit der republikanischen Verfassung bekämpfte und dadurch mittelbar den Frieden des Gesammtvaterlandes und sogar die Ruhe Europa's gefährdete.

Dieß war die Situation nach dem 3. September 1856: Das Oberhaupt einer europäischen Großmacht als fürstlicher Prätendent, nnterstüzt durch die Anerkennung von ganz Europa und durch eine starke und verwegene Partei im Jnnern des Kantons. Begreiflich, daß in Neuenburg, in der Schweiz und selbst im übrigen Europa ein allgemeines Verlangen entstehen mußte aus einem so unnatürlichen und gefährlichen Verhältniß in einen geordneten und aueh allseitig anerkannten Rechtszustand überzugehen.

^ Als das passendste Mittel hiefür wurde von dem durch das Zutrauen beider Hauptparteien zum Vermittler erkornen Kaiser der Franzosen die Zusammenberufung einer K o n f e r e n z von Abgeordneten der
betheiligten Staaten erachtet. Auf dieser Konferenz erhielt die Schweiz gleich Preußen Zutritt; die Konferenz hielt sieh in ihren Verhandlungen streng an die vorwürsige Frage und sie stellte schließlich die Annahme des zu Paris unterm 26. Mai 1857 vereinbarten , Jhnen vorliegenden Vertrages in's . f r e i e B e l i e b e n der streitenden Parteien. Aus diesen Tha.sa.chen ergibt sich vorerst, daß in den für die Schweiz ehrendsten F o r m e n ver.handelt wurde.

Was den J n h a l t des Vertrages betrifft, so sind vor Allem die .Art. 1 und 2 herauszuheben. Jn diesen Artikeln liegt die allseitige An-

Erkennung der Unabhängigkeit Neuenburgs. Sie enthalten nämlich einerseits den Verzicht des Königs von Preußen auf ewige Zeiten für sich,..

seine Erben und Nachfolger auf die ihm im Wienervertrag zuerkannten Rechte auf das Fürstentum Neuenburg und die Grafschaft Valangin ..

anderseits die förmliche Erklärung Europa's, daß Neuenburg fortan als unabhängiger Staat und als gleichberechtigtes Glied der schweizerischen Eidgenossenschaft anerkannt werde. Mit Notwendigkeit folgt dann darauf für's Dritte, daß alle Glieder des Neuenburgischen Volkes , somit auch die bisherige realistische Partei, verpflichtet ist, der Verfassung des Bundesund des Kantons Neuenburg sichln allen Treuen zu unterwerfen. Durch diese beiden Artikel find also die Folgen des frühern unnatürlichen Doppel..

verhältnisses gründlich gelöst und es ist die obbezeichnete dreifache Gefahr glüklich beseitigt. Der Weisheit der Neuenbnrgischen Behörden ist es

anheim gegeben, durch kluge Mäßigung das Werk der Pazifikation im Jnnern des Kantons zu vollenden. Die Bundesversammlung hat in wiederholten Schlußnahmen als Ziel der schweizerischen Bestrebungen hingestellt,.

daß die Unabhängigkeit Neuenburgs von jedem auswärtigen Verbande anerkannt werden müsse. Dieses Ziel ist erreicht. Europa verbrieft und be..

siegelt uns im vorliegenden Vertrage die Thatsache, daß Neuenburg ganz.

und ungetheilt der Schweiz angehört.

Prüfen wir nun die Forderungen, welche dafür abschließlich an uns gestellt werden. Sie lauten : ^

1) Amnestirung allex politischen Angeklagten und wegen quasi poli- .

tifcher Vergehen Verurteilten , und zwar sowohl instrafrechtlicherals in zivilrechtlicher Beziehung. - Die Eidgenossenschaft hat dieß von jeher stets freiwillig anerboten, da solches ein Gebot innerer Notwendigkeit ist.

2) Tragung der durch die September- Ereignisse direkt und indirekt ver..

ursachten Kosten durch die Schweiz. --. Auch in dieser Beziehung hat die Schweiz nie eine entgegengesezte Forderung gestellt. Das Schweizervolk betrachtet diese Frage als eine nationale , wie es durch seine ernmüthige .Erhebung bewies ; somit kann es auch nicht gewillt sein , bei der KostenRechnung sie durch unverhältnißmäßige Belastung des Kantons Neuenburg in eine kantonale umzustempeln.

D.e beiden genannten Verpflichtungen , welche in den Art. 3 bis 5 des Vertrages des Nähern ausgeführt sind , machen daher keine Schwierigkeiten; fie haben auch den gemeinsamen Eharakter, daß sie auf die Vergangenheit Bezug haben und sich in der Ausführung an sich liquidiren.

Dagegen werden nun .

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3) in Art. 6 und 7 gewisse Garantien verlangt, welche in die. Zu..

tunft wirken sollen. Es ist begreiflich, daß die Forderungen dieser Art in der öffentlichen Meinung Befürchtungen erregten, die sich stets an Un-

bestimmtes und zukünftig Mögliches anzuknüpfen pflegen. Auf einem Ge..

biete, wo die Gebilde der Phantasie einen so weiten Spielraum zur Eut..

wiklung haben, ist es wohl passend, die Realität etwas schärfer in's Auge.

zu fassen.

Wenden wir uu... .zuerst zuu1 J n h a l t der Forderungen.

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a. Art. 6 verlangt, daß die Einkünfte der Kirchengüter, die im ..Jahr 1848 zum Staatsvermögen geschlagen worden find, ihrem ursprünglichen Zweke nicht entfremdet werden können. Die jährlichen Einkünfte .jener Güter sollen eirea Fr. 30,000 betragen. Nun gibt aber seither der Staat für die Besorgung den Kirchenwesens jährlich mehr als das Doppelte aus; es hat somit, den Fortbestand des jezigen .Verhältnisses vorausgesezt, die gestellte Forderung durchaus nichts Lästiges. Sezen wir aber voraus , der Staat wolle es in Zukunft der Kirche. überlassen , den ..Kultus ganz oder zum größern Theil aus eigenen Mitteln zu bestreiten, so hätte er dannzumal allerdings das dem Staatsgut inkorporirte Kirchengut in entsprechendem Maße abzusondern. Allein es wird schwerlich irgend ein rechtlicher Mann daran zweifeln, daß der Staat dazu wirklich verpflichtet wäre; denn die Voraussezung , unter welcher das Kirchengut mit dem Staatsgut vereinigt wurde , fiele ja in jenem Moment dahin. Der Kanton Neuenburg verpflichtet fich als durch Art. 6 nur zu etwas, was sich rechtlich von selbst versteht. Wenn nun aber eingewendet wird , daß die Stipulirung einer von selbst verständlichen Verpflichtung unnüz und darum schädlich sei ., so darf auf der andern Seite daraus . hingewiesen .werden, daß gerade mit Bezug auf Kirchengut wegen der Unklarheit dex Frage , wer eigentlich zur Klage legitimirt sei , solche Stipuiationen von 1eher sehr üblich waren. Ein großer Theil, ja wohl die Mehrzahl der katholischen Souveräne, hat in besondern Konkordaten dem päbstlichen Stuhl gegenüber unter oft viel ungünstigern und zweifelhaften Verhältnissen ganz ähnliche Verpflichtungen übernommen.

h. Wirklich haben steh denn auch mehr Bedenken geltend gemacht gegen die in Art. 7 verlangte Garantie der Kapitalien und Einkünfte dex frommen Stiftungen, der gemeinnüzigen Privatanstalten, so wie des von Baron v. Purv der Stadt Neuenburg vermachten Vermögens. Gegen den .Grundsaz, welcher den Art. 7 beherrscht, daß diese Güter den Absichten der Stifter und den Stiftungsurkunden gemäß ihrem Zweke niemals entfremdet werden können , wurde zwar niemals eine Einwendung erhoben ; denn die Versassung des Kantons Neuenburg selbst, so n..ie dessen Gesezgebung sanktioniren diesen Grundsaz ausdrüklich, und es hat auch die Eidgenos.senschaft, im Einverständnis mit den
Neuenburgischen Behörden, von Ansang an anerboten , selbst die Garantie für die Unverlezbarkeit jener Stiftungen übernehmen zu wollen. Die Einwendungen bezogen sich viel.mehr nur darauf, daß durch eine solche Stipnlation die Möglichkeit der Einmischung fremder Mächte in den innern Landeshaushalt gegeben werde.

Dieß führt nun für's Zweite zu der Frage, w e m wir ein solches auf Art. 6 und 7 gestüztes Einmischungsrecht zustehen und worin die Natux dieses Rechtes bestehen würdet Hier stößt m..n aus zwei ziemlich allgemein herrschende Grundirrthümer.

Erstlich ist d.ie Ansicht geäußert worden, es stehe vorzugsweise dem König von Preußen ein solches Einmischungsrecht zu. Dem ist keineswegs

863 fo. Die Art. 6 und 7 stellen das Kirchengut sowohl als die. Güter der frommen Stiftungen unter den Schuz der sämmtiichen. Vertragsgaranten, und keineswegs unter eine besondere Schuzherrschaft des Königs von Preußens Dem Leztern stehen daher für fich allein auch durchaus keine Maßregeln zu zur Aufxechthaltung jener Vertragsbestimmungen; sondern es könnten solche Exe.kutivmaßregeln nach Anhörung der Schweiz einzig durch die Konserenzn.ächte ergriffen werden.

Es kann allerdings der König von Preußen die Jnitiative ergxei'feu , um solche Maßregeln herbeizuführen ; allein ganz die gleiche Jnitiativbesngniß .hat auch jede andere der fünf Großmächte. Jede b e s o n d e r e Beziehung des Königs von Preußen zu Neuenburg hat mit der Ratifikation des Vertrages ihre Endschaft erreicht.

Zweitens muß man, die Natur jenes Rechtes der Großmächte betreffend, deßhalb wohl unterscheiden von einem A u s s i c h t s r e c h t in der gewöhnlichen Bedeutung dieses Wortes. Es ist den Vertragsgarantien über die Verwaltung jener Güter weder Rechnung zu stellen, noch .Rechenschaft abzulegen, und es kann daher keine Rede davon fein, daß dieselben sich mit den zuweilen vorkommenden kleinen Reibungen in der Administration befassen werden. Das Aufsichtsxecht der Mächte tritt vielmehr stets nur im Gefolge einer von einem Mitpaeiseenten erhobenen oder aufgenommenen Beschwerde auf. Die Natur der Sache bringt es nun aber mit sich, daß solche Beschwerden nur da erhoben werden, wo durch eingreifende Neuerungen der wesentliche Charakter einer Stiftung angetastet würde.

Es ist ziemlich klar, daß solche Fälle in der nächsten Zeit gar nicht und auch später wohl selten vorkommen werden und daher kaum große Gefahren involviren können. Dieß nun un... so mehr, da die Axt. 6 und 7 die Form der Verwaltung nicht beschränken und ohnehin, nachdem eine Generation in Neuenburg gewechselt haben wird, spätere Geschlechter schwerlich mehr daran denken dürften, bei Kollisionen fich die Hülfe des Auslandes zu erbitten. Voraussichtlich wird iu nicht ferner Zukunft die gesammte Neuen.burgische Bevölkerung sich mit dem Schuze des nämlichen gemeinen Land-

rechts begnügen , welches auch Stiftungsgüter der übrigen Schweiz hin-

reichend sichert.

Schließlich ist es von Jnteresse, den E h a r a k t e r der geforderten Garantien noch in's. Auge zu fassen. Es wurde von Preußen an den Konferenzen eine Reihe von Forderungen gestellt, welche ganz abgesehen von der sog. Entschädigungsfrage in der That H o h e i t s r e c h t e des Staates mehr oder weniger affizirt hätten, z. B.: Anerkennung des Fürstentitels; Wiederherstellung der Bourgeoisien; . Aufstellung gesonderter Verwaltungskammern füx die Administration des Kirchengutes; Garantie eines gewissen Modus der Armenpflege ; Vertagung der Verfassungsrevisiou ; Aufstellung gewisser Schranken der Stimmberechtigung hei der Revision.

Bundesblatt. Jahrg. IX. Bd. .....

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864 Die Konferenz hat, offenbar von dem Willen beseelt, den altei.

Zwitterzustand gründlich zu beseitigen, alle diese Begehren verworfen oder auf unschädliche Proportionen ermäßigt.

Die von der Schweiz, beziehungsweise von Ne.ienburg, zu übernehmenden Garantien sind gewiß die mildesten, die nur irgend gefordert werden konnten. Sie berühren die Hoheitsrechte des Staates so wenig, daß im Gegentheil etwa entstehende Streitigkeiten von vornherein mehr den Ehaxakter p r i v a t r e c h t l i c h e r , und zwar auf gewisse bestimmte Summen beschränkter Streitigkeiten an sich tragen würden. Dieß ist darum von großem Gewicht, weil, selbst den Fall der Entstehung solcher Streitigkeiten vorausgesezt, eine besonnene Bundes- oder Kantonalregierung jedem solchen Streite von vornherein Schranken ziehen kann, die ihn für das Ganze unschädlich machen werden.

Bei seruvuloser Prüfung der Art. 6 und 7 ist Jhre Kommission .daher zu dem Schlusse gelangt, daß diese Forderungen weder der Unabhängigkeit Neuenburgs zu nahe treten, noch Gefahren von größerem Be..

lang für die Schweiz in sich bergen. Es ist begreiflich , daß dem unge-

achtet auch Jhre Kommisston die Weglassung dieser Verpflichtungen aus dem Vertrage gewünscht hätte. Allein auf der andern Seite fieht man allgemein ein, daß, wenn man einen Vergleich absehließen will, keine Partei von vornherein jedes Entgegenkommen ablehnen kann , und , von diesem Standpunkte aus betrachtet, schien es der Kommission, daß die Uebernahme von Verpflichtungen, die in ihrer Wesenheit nur rechtlich ohnehin feststehende Verhältnisse bekräftigen, ein Opfer sei, das man sich verhältnißmäßig noch am liebsten gefallen lassen könne. Ja , es wollte der Kommisston scheinen, daß die Schweiz, ohne sich einem falschen. Scheine auszusezen, eine nicht Preußen, sondern ganz Europa gewährte und von diesem gewünschte Garantie sür die Erhaltung der Güter der Kirche und frommen und gemeinnüzigen Stiftungen nicht wohl mehr ablehnen könnte.

Wenn nun aber unter solchen Verhältnissen die Kommission die der Schweiz aus dem Vertrage zufließenden Vortheile mit den darin enthaltenen Lasten abwiegt, so scheint ihr die Waagschale sich entschieden zu Gunsten des Vertrages zu neigen. Es gewährt einen höchst frappanten Anblik, wenn man die jezige Fassung des Vertrages vergleicht mit dem von der britischen Gesandtschaft. unterm 25./29. Oktober 1856 mit dem Bundesrathe vereinbarten allerersten Vermittlungsvorfchlag, dem indeß damals keine weitere Folge gegeben wurde. Man wird die jezigen Vertragsbestimmungen schwerlich sür .erheblich ungünstiger betrachten können, als die damals vom Bundesrathe von vornherein gemachten Zugestandnisse. Ja, man wird sich gestehen müssen, daß selbst ein glüklich beendigter Krieg uns schwerlich erheblieh größere Vortheile hätte gewähren können, als der vorliegende Vertrag enthält.

Die Kommission schlägt Jhnen daher die Annahme desselben vor ganz abgesehen von den Gesahren, die aus der Beibehaltung des status quo uns erwachsen könnten, weil sie den Vertrag an .sich wirklich an.nehmbar findet, und weil insbesondere mit tiefer Einsicht Alles daraus

.

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entfernt wurde, was die alte Doppelsteilung Neuenburgs erneuert und damit die alte Zerrissenheit im Jnnern und die alte Gefahr für die Ruhe Europa's frisch genährt hätte. Wenn die .hohen Mächte l.ei ihrem Vermittlungsvorschlage gewiß vorzugsweise das Jnteresse Europa's, daß ein soleh' krankhafter Punkt gründlich geheilt werde, berüksichtigten, so dürfen wir auf der andern Seite auch dankbar bekennen, daß die vier Groß-

mächte uns gegenüber die Rükfichten der Billigkeit nicht aus dem Auge

ließen. Insbesondere glaubt die Kommission in . ihrem Berichte erwähnen zurollen, daß von dem Kaiser der Franzosen, N a p o l e o n 11l.. die durch Note vom 5. Januar 1857 übernommenen besondern Verpflichtungen, alle Anstrengungen zu machen, um .ein Arrangement herbeizuführen, das. den Wünschen der Schweiz entsprechen würde, in Sicherung der gänzlichen Unabhängigkeit Neuenbnrgs durch Verzicht des Königs von Preußen auf die ihm durch Vertrag gewährleisteten Souveränetätsre.chte , auf genaue und serupulofe Weise vollständig erfüllt worden sind. Nicht minder glaubt sie der Unterstüzung gedenken zu sollen, welche England der Schweiz vom Ansang dieses Streites an und besonders auf den Konferenzen zu Theil werden ließ, so wie des Wohlwollens, das auch Oesterreich und Rußl a n d durch ihre Theilnahme am Vermittlungswerke bewiesen.

Bei diesem Anlaße kann die Kommission nicht unterlassen, mit warmem Danke der Einsicht, Ausdauer und Hingebung zu gedenken, welche von dem außerordentlichen Botschafter. der Eidgenossenschaft, Herrn Ständerath Dr. K e r n , in seiner schwierigen Mission an den Tag gelegt worden sind.

Die Kommission legt mit Vergnügen diese ehrende Anerkennung in ihrem Berichte nieder. Voraus aber wollen wir mit dankbarem Herzen Dem die Ehre geben, der uns und unsere Väter bisanhin aus jeder Prüfung größer und stärker hervorgehen ließ und der in seiner wunderbaren Fügung aus jenem . von der Schweiz verabscheuten 3. September 1856 gerade den segensreichen Ouell hervorsprudeln ließ, welcher eine in unserm Jnnern eiternde W..nde glüklieh heilte.

Jndem Jhre Kommission mir deßhalb den ehrenvollen Auftrag ertheilt hat, Jhnen, in Uebereinstimmung mit dem Nationalrathe, die Ratifikation des unterm 26. Mai 1857 zu Paris abgeschlossenen Vertrages vorzuschlagen, schließt sie mit der Hoffnung, daß der nun von ganz Europa als unabhängiges Glied der schweizerischen Eidgenossenschaft anerkannte Kanton Neuenburg dem gesammten Vaterlande, dessen Bevölkerung durch seine entschiedene Haltung wohl nicht zum .wenigsten an dem glüklichen Endresultate Theil hat, stets ein treuer und guter Sohn werden und bleiben rnög....

Genehmigen Sie, Tit., den Ausdruk vollkommener Hochachtung, womit verharrt N a m e n s d er K o m m i s s i o n , Der Berichterstatter:

J. Dnbs.

Bern, den 12. Juni 1857.

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Bericht der in der Neuenburger-Angelegenheit niedergesezten Kommission des Ständerathes. (Vom 12. Juni 1857.)

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14.07.1857

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