Schweizerisches Bundesblatt.

IX. Jahrg. H.

Nr. 48.

26. September 1857.

Kommissionsbericht über

die Gewährleistung der Staatsverfassung des Kantons

^

Freiburg d. d. 7. Mai 1857.

(Vom 24. Juli l857.)

Tit.

Die Kommission des Nationalrathes -- wenigstens in ihrer Majorität - pflichtet den im Beschlösse des Ständerathes) und den demselben .vorangehenden Berichte liegenden Ansichten bei, und wäre im Falle, wenn nichts anderes vorläge, einfach anzutragen, es möchte der Nationalrath dem Beschlusse des Ständerathes beitreten. Eine Minorität jedoch würde

den Vorbehalt, in Betreff des in Ausficht gestellten geistlichen Konkordats

weglassen. Allein die berichterstattende Kommission hat eine Entdeckung gemacht, gemäß welcher fie glaubt, der Beschluß des Ständerathes ge-

uüge nicht.

Gemäß der Bundesverfassung ist jeder in einem andern als seinem Heimathskanton niedergelassene Schweizerbürger in kantonalen und eidge-

nössischen Angelegenheiten hinsichtlich der Stimm- und Wahlfähigkeit gleich berechtigt wie der Kantonsbürger.

Die Freiburgische Verfassung, Art. 25, räumt nun dem niederge..asseuen Schweizexbürger die Stimmfähigkeit ein, und in dieser Beziehung ist nichts zu erinnern.

Allein was die Wahlfähigkeit betrifft, so lautet der Art. 32: ,,Jeder stimmfähige Kantonsbürger (im französischen Texte: tont citoyen actif frihourgeois) , welcher sein fünf und zwanzigstes Jahr zurückgelegt, kann zu den Verrichtungen der gesetzgebenden, der vollziehenden und der richterlichen Gewalt gewählt werden."

*) Siehe den Beschluß des Ständerathes auf Seite 251 hienach.

Bundesblatt. Jahrg. IX. Bd. II.

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250 Gemäß dieser Bestimmung ist ein niedergelassener Schweizerbürger.

nicht wahlfähig, was der Bundesverfassung geradezu widerstreitet.

Die Kommission hätte gewünscht, mittelst eines Vorbehalts oder einer Erklärung auch hier, wie es der Ständerath hinsichtlich anderer Artikel, gethan hat, aufhelfen zu können. Aliein der Text des ...lrt. 32 der freiburgischen Verfassung läßt keine verschiedene Auslegung zu , sondern schwarz auf weiß steht da geschrieben, daß jeder stimmfähige Kantonsbürger, welcher sein fünf und zwanzigstes Altersjahr zurückgelegt hat und weiter Niemand

wahlfähig sei.

Daß der gedachte Art. 32 keine andere Auslegung zuläßt , ergibt

sich auch klar aus dem Umstande, daß diefer Art. 32 wörtlich der Ver......

fassung des Kantons Freiburg vom 4. März 1848 enthoben ist (er erscheint dort als Art. 33). Damals existirte die gegenwärtige schweizerische .Bundesverfassung noch nicht, und damals war noch keine Rede davon, die Wahlfähigst in einem Kanton auf alle Schweizerbürger auszudehnen.

Bei diefer Sachlage können wir nicht darauf antragen, der fraglichen .Verfassung die Gewährleistung des Bundes zu ertheilen, sondern müssen auf Ablehnung antragen.

Es ist dieses unter gleichen Umständen auch schon wiederholt hinsichtlich anderer Kantonsverfassungen geschehen, namentlich hinsichtlich der Verfassungen von Nidwalden, tlri, Graubünden und Schaffhausen.

Jn unseren.. Antrage geschieht des in Aussicht gestellten geistlichen Konkordates keine Erwähnung. Dabei ist es aber nicht die Absicht der Kommission -- wenigstens der Mehrheit derselben -- von diesem Gegenstaude zu abstrahiren. Allein bezüglich dieses Konkordats handelt es sich bloß darum, ob der der Verfassung zu erteilenden Garantie ein Vorbehalt beigefügt werden solle oder nicht. Diese Frage wird dannznmal z..

erörtern sein, wenn die Angelegenheit auf den Punkt gelangt ist, wo die Garantie ausgesprochen werden kann, was gegenwärtig noch nicht de.:

Fall ist.

Wir

empfehlen demnach den nachstehenden Antrag zur Annahme.

B e r n , den 24. Juli 1857.

Namens der Kommission , Kasimir Pfiffer, I). J. ^

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Kommissionsbericht über die Gewährleistung der Staatsverfassung des Kantons Freiburg d. d. 7. Mai 1857. (Vom 24. Juli 1857.)

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26.09.1857

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249-250

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