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Bekanntmachungen von Departementen und andern Verwaltungsstellen des Bundes.

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Kreisschreiben des

eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen betreffend den Bundesratsbeschluss vom 13. September 1940 über den Schutz des Anstellungsverhältnisses militärpflichtiger Arbeitnehmer.

(Vom

20. September 1940.)

Herr Präsident!

Herren Regierungsräte!

Der Bundesrat hat am 13. dieses Monats einen Beschluss über den Schutz des Anstellungsverhältnisses militärpflichtiger Arbeitnehmer erlassen.

Wir empfehlen Ihnen diesen Beschluss angelegentlich zur Beachtung.

In gleicher Weise dürfte er auch für die Gerichte, die Berufsverbände und vor allem für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer selbst von Bedeutung sein. Wir möchten anregen, dass die Gemeindestellen, welche auf Grund von Art. 28, Abs. 2, der Ausführungsverordnung vom 4. Januar 1940 zur Lohnersatzordnung Auskünfte zu erteilen haben, auf alle Fälle auch von diesem neuen Beschluss Kenntnis erhalten, damit sie Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit Auskunft auch über diesen Beschluss, der in einem gewissen Sinne eine Ergänzung der Lohnersatzordnung darstellt, dienen können. Wir werden "übrigens dafür Sorge tragen, dass, ausser bei den Gemeindeauskunftsstellen, Wehrmänner, die sich im Militärdienst befinden, sich Bat über Inhalt und Anwendung des Beschlusses auch bei hiefür bezeichneten Stellen ihres Stabes oder ihrer Einheit holen können.

Es ist unseres Dafürhaltens angezeigt, dass dem Erlass gewisse Erläuterungen folgen. Solche möchten wir nachstehend geben.

I. Entstehung.

Der Arbeitnehmer als Wehrmann hat im gemeinen Becht insoweit Berücksichtigung gefunden, als in Art. 835 des Obligationenrechts bei der Leistung schweizerischen obligatorischen Militärdienstes ein gewisser Anspruch auf Lohnzahlung zugestanden wird. Ferner darf nach Art. 852, Abs. 3, des Obligationenrechts die Leistung schweizerischen obligatorischen Militärdienstes in

1038 keinem Fall als wichtiger Grund für die sofortige Auflösung eines Dienstvertrages anerkannt werden. Für Fabrikarbeiter sodann schliesst der Art. 23, lit. b, des Fabrikgesetzes eine Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Fabrikinhaber wegen solchen Militärdienstes aus. Für den im Militärdienst befindlichen Fabrikarbeiter steht, nach der nämlichen Bestimmung, der Ablauf der Kündigungsfrist während der Dauer dieses Dienstes still. Diese drei Bestimmungen sind aber begreiflicherweise in erster Linie für den normalen Militärdienst, weniger für den Aktivdienst geschaffen.

Mit der Mobilmachung vom letzten Jahre zeigte sich das Bedürfnis eines weitergehenden Schutzes des Anstellungsverhältnisses der in den Aktivdienat einberufenen Arbeitnehmer. Wir hatten schon zu Beginn der Mobilisation dem Bundesrat 'eine entsprechende Vorlage zu einem Beschluss eingereicht.

Das Problem erschien damals aber noch nicht in seiner Gesamtheit als spruchreif. Man entschied sich zu einem etappenweisen Vorgehen. So wurde zunächst der Art. 335 OE durch die am 20. Dezember 1939 erlassene Lohnersatzordnung ersetzt. Er konnte, soweit er sich auf den Militärdienst bezieht, vom 1. Februar 1940 hinweg für die Geltungsdauer des Bundesratsbeschlusses vom 20. Dezember 1939 über eine provisorische Begelung der Lohnausfallentschädigungen an Aktivdienst tuende Arbeitnehmer ausser Kraft gesetzt werden.

Auf diesem Wege war wohl dem Arbeitnehmer die Fortdauer der Lohnzahlung während seiner Militärdienstleistung gewährleistet, dagegen war ihm der Arbeitsplatz nach seiner Bückkehr aus dem Militärdienst noch nicht gesichert. Es blieb Aufgabe der Bundesbehörden, sich eingehend mit der Frage der Sicherung der bisherigen Arbeitsstelle des mobilisierten Arbeitnehmers zu befassen. Es war aber nicht leicht, die verschiedenen Interessen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Es bedurfte mehrerer Vorentwürfe, bis man zur heutigen Lösung gelangte. Ein sofortiges Eingreifen der öffentlichen Gewalt erwies sich auf diesem Gebiete übrigens nicht als unumgänglich notwendig. Einmal darf hervorgehoben werden, dass Berufsverbände und loyale Arbeitgeber das Möglichste taten, um ihrem mobilisierten Personal die zivile Stellung im Betriebe offenzuhalten. Sodann war die Lage des Arbeitsmarktes längere Zeit eine derart günstige, dass im grossen und
ganzen der aus dem Militärdienst zurückgekehrte Arbeitnehmer nicht zu befürchten brauchte, keine Beschäftigung zu finden. Die Wünsche, doch noch eine besondere rechtliche Ordnung über die Sicherung des Arbeitsplatzes zu erlassen, wollten indessen, namentlich im Blinblick auf eine mögliche Verschlechterung des Arbeitsmarktes, nicht verstummen. Auf Grund der getroffenen Vorarbeiten und im Benehmen mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden ist dann der Entwurf zum Beschluss zustande gekommen. Er hat auch Ihnen zur Stellungnahme vorgelegen. Wir möchten gerne den Anlass benützen, um die wertvollen Äusserungen, die Sie zu dem Entwurfe machten, zu verdanken. Wenn nicht alle Anregungen berücksichtigt werden konnten, so liegt dies in den Verhältnissen begründet. ·

1039 Der Beschluss will nun nach Möglichkeit eine klare Situation schaffen.

Er ist nicht der erste, der auf dem einschlägigen Gebiete gefasst wird, vielmehr hat er seinen Vorläufer im Bundesratsbeschluss vom 5. Juli 1940 über die Erleichterung der Wiedereinstellung aus dem Militärdienst zurückgekehrter Wehrmänner. Dieser letztere Beschluss war aus den Bedürfnissen der damals erfolgten teilweisen Demobilmachung heraus entstanden. Er war von Anfang an nur als vorläufige Übergangslösung gedacht und wird denn auch durch den gegenwärtigen Beschluss in allen Teilen ersetzt.

II. Allgemeine Grundlagen.

Es sei vorausgeschickt, dass es sich bei dem Beschlüsse um eine zwingende Ordnung handelt. Die Schutzbestimmungen zugunsten des Anstellungsverhältnisses Militärpflichtiger dürfen also nicht durch Parteiabreden verschlechtert oder aufgehoben werden.

Es sei weiter hier vorangestellt, dass der Beschluss seiner Natur nach nur für die Zeit des gegenwärtigen Aktivdienstzustandes gedacht ist. Ihm widersprechende Bestimmungen werden nicht dauernd ausser Wirksamkeit gesetzt, sie treten vielmehr nur zurück, um später, nachdem die Zeitverhältnisse die Aufhebung des Beschlusses ermöglicht haben, automatisch wieder aufzuleben.

Erwähnt sei ferner, dass von dem Beschlüsse einzig die Anstellungsverhältnisse solcher Arbeitnehmer erfasst werden, die schweizerischen Aktivdienst leisten müssen. Ausländische Arbeitnehmer können sich auf ihn nicht berufen.

Es versteht sich von selbst, dass der Beschluss Anwendung findet unbekümmert darum, welchen Grad der Wehrmann in der Armee bekleidet. Er gilt in gleicher Weise für den Soldaten wie für den Offizier.

m. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Beschlusses.

Art. 1.

a. Ausgangspunkt ist, dass das Anstellungsverhältnis, wenn es im Moment des Einrückens des Arbeitnehmers noch nicht aufgelöst war, während der Dauer des Militärdienstes fortbestehen soll. Der im Zeitpunkt des Einrückens vorhanden gewesene Eechtszustand wird bis zur Entlassung des Wehrmannes aus dem Militärdienst aufrechterhalten (Abs. 1).

Dieser Grundsatz gilt für jede Einrückungsperiode von neuem; er gilt auch unbekümmert um die Länge des jeweiligen Militärdienstes.

Kündigungen, die vor dem Einrücken erfolgten, ohne dass die Kündigungsfrist bis zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen wäre, leben nach der Entlassung des Arbeitnehmers aus dem Aktivdienst wieder auf, und der Ablauf der Kündigungsfrist nimmt seinen Portgang. Auch der Wehrmann in gekün-

1040 detem Anstellungsverhältnis kann nach seiner jeweiligen Entlassung aus dem .Militärdienst wieder seine Eechte aus dem Anstellungsverhältnis geltend machen und muss sich anderseits gefallen lassen, dass sein Arbeitgeber seine Dienste beansprucht, solange die durch den Militärdienst unterbrochen gewesene Kündigungsfrist noch läuft.

b, Etwaige während des Militärdienstes des Arbeitnehmers oder während der unmittelbar darauffolgenden sieben Tage von der einen oder andern Seite ausgesprochene Kündigungen sind als rechtlich nicht erfolgt zu betrachten.

Sie können, falls sie zur Geltung gebracht werden wollen, frühestens sieben Tage nach der Entlassung des Arbeitnehmers aus dem Militärdienst erklärt werden, und die ganze Kündigungsfrist beginnt erst von dann an zu laufen (Abs. 2).

Dagegen kann von beiden Seiten, was gleich hier bemerkt sei, auch während des Militärdienstes vom Eecht des Bücktritts aus wichtigen Gründen im Sinne von Art. 852 f. OE Gebrauch gemacht werden; auch die Anwendung der Art. 354 und 855 OE wird durch den Art. l des neuen Beschlusses nicht verunmöglicht (siehe dessen Art. 10, Abs. 2).

c. Vom Grundsatz der einstweiligen Blockierung des Anstellungsverhältnisses für die Dauer des jeweiligen Militärdienstes des Arbeitnehmers müssen notgedrungen gewisse Ausnahmen, die sich von selbst verstehen, gemacht werden; sie sind in Abs.3 zusammengefasst. Es ist z.B. einleuchtend, dass, wenn ein Hotelangestellter zum vornherein nur für die Zeit des Offenhaltens eines Saisonhotels in der Sommerszeit eingestellt wurde und er inzwischen einrücken musste, das Anstellungsverhältnis mit dem Schluss der Sommersaisonzeit erlischt, auch wenn er in diesem Zeitpunkt gerade mobilisiert war.

Auch der ausdrücklich nur für einen bestimmten Zeitraum eingestellte Taglöhner wird sich auf den Art. l, Abs. l und 2, nicht berufen können (lit. a). Die Kündigungsbeschränkung hat ferner zur Voraussetzung, dass nach der Entlassung des Arbeitnehmers aus dem Militärdienst die Stelle als solche noch vorhanden ist. Sobald es sich während der Dauer des Militärdienstes erweist, dass dies aus objektiven Gründen nicht mehr zutrifft, so leben die normalen Kündigungsbestimmungen wieder a'uf (lit. b). Ob die jeweiligen Verhältnisse die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zulassen oder wegen mangelnder Arbeitsgelegenheit
bzw. mangelnden Aufträgen verunmöglichen, ist eine Tatfrage.

Der Art. l findet sodann keine Anwendung auf das Anstellungsverhältnis, von Ersatzarbeitskräften, die ihrerseits in den Militärdienst einberufen wurden (lit. c).

Es ist selbstverständlich, dass die Parteien aus freien Stücken sich über eine frühere Beendigung des Anstellungsverhältnisses verständigen können (lit. d). Dagegen ist diese Verständigung von einer Formvorschrift, der Schriftlichkeit, abhängig. Siehe Art. 11, Abs. 2, OE.

1041 d. Wenn das Unternehmen, in welchem der mobilisierte Arbeitnehmer vor dem Einrücken tätig war, inzwischen in andere Hände übergegangen ist, so gelten die Abs. l bis 3 in bezug auf dieses Anstellungsverhältnis auch für den neuen Inhaber (Abs. 4).

e. Abschliessend sei noch bemerkt, dass die Abs. l und 2 der Natur der Sache nach nur unter dem Vorbehalt gelten, dass der aus dem Militärdienst entlassene Wehrmann unmittelbar an seine frühere Arbeitsstelle zurückkehrt und ferner, dass er der ihm gemäss Art. 3, Abs. 2, obliegenden Meldepflicht genügt hat. Tut er dies nicht, so kann darin für den Arbeitgeber ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 352 f. OE zur fristlosen Vertragsaufhebung liegen.

Etwas anderes ist es allerdings, wenn der Wehrmann infolge von Krankheit oder Unfall nicht unverzüglich wieder bei seinem frühern Arbeitgeber eintreten kann. In diesem Falle kommen die Absätze l und 2 ungeschmälert zur Anwendung. Im übrigen wird in bezug auf den Ausdruck «unmittelbar» auf die Erläuterungen zu Art. 3 verwiesen.

Art. 2.

Nach Art. 348 OE gelten bei überjährigen Anstellungsverhältnissen für beide Teile verlängerte Kündigungsfristen. Das Anstellungsverhältnis, das über ein Jahr gedauert hat, geniesst also in seinem Bestände einen stärkern Schutz. Durch Art. 2 des Beschlusses wird für diejenigen Arbeitnehmer, auf welche der Art. 348 Anwendung findet, die verlängerte Kündigungsfrist schon dann gewährt, wenn das Anstellungsvefhältnis nur mindestens ein halbes Jahr gedauert hat. Voraussetzung hiefür ist, dass der Arbeitnehmer während der Zeit des gegenwärtigen Aktivdienstzustandes einmal Aktivdienst geleistet hat.

In jenes halbe Jahr darf allerdings inzwischen geleisteter Militärdienst nicht einbezogen werden.

Es ist keine besondere Dauer des Aktivdienstes vorgeschrieben, den ein Arbeitnehmer geleistet haben muss, damit der Art. 2 anwendbar ist. Auch schon eine ganz kurze militärische Dienstzeit kann genügen. Im übrigen wird hier die richterliche Eechtsprechung eine vernünftige Grenze ziehen müssen.

Art. 3.

Diese Bestimmung entspricht im Abs. l wörtlich dem Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 5. Juli 1940 über die Erleichterung der Wiedereinstellung aus dem Militärdienst zurückgekehrter Wehrmänner. Neu ist nur, dass nun die kurzfristige Entlassung der Ersatzarbeitskräfte von der Voraussetzung abhängig gemacht wird, dass der Wehrmann unmittelbar nach seiner militärischen Entlassung wieder an seinen frühern Arbeitsplatz zurückkehrt. Das «unmittelbar» ist immerhin nicht wörtlich zu nehmen. Der Bestimmung ist auch dann Genüge geleistet, wenn der Wehrmann erst ein bis zwei Tage nach seiner Entlassung wieder an seinen frühern Arbeitsort zurückkehrt.

1042 Der Art. 3 bildet eine logische Ergänzung zu Art. l, denn um sein früheres Personal wieder aufnehmen zu können, muss der Arbeitgeber die Möglichkeit besitzen, ihm seinen Platz dadurch frei zu machen, dass er das eingestellte Ersatzpersonal kurzfristig entlässt. Man kann ihm nicht zumuten, dass er den zurückgekehrten Wehrmann und das Ersatzpersonal nebeneinander ·weiterbeschäftigt. Hingegen verlangen es Treu und Glauben, dass der Arbeitgeber bei Anstellung der Arbeitskraft diese über die Kechtslage orientiert. Anderseits aber ist es selbstverständlich, dass der Arbeitgeber keineswegs etwa gezwungen ist, von dem ihm durch Art. 3 gegebenen Kechte Gebrauch zu machen. Es steht ihm natürlich frei, an Stelle der kurzfristigen Kündigung normale Kündigungsfristen anzuwenden oder aber die Ersatzarbeitskräfte überhaupt weiter in' seinem Dienste zu behalten.

Ob der Arbeitnehmer als Ersatzarbeitskraft anzusehen sei, ist wiederum eine Tatfrage, die je nach den obwaltenden Verhältnissen zu beurteilen ist.

Man wird z.-B. einen vor Beginn der Mobilisation bereits im Betriebe tätig gewesenen Arbeitnehmer, und sei es auch nur ein Lehrling, der inzwischen ausgelernt hat, nicht zum Ersatzpersonal rechnen, auch wenn er innerhalb des Betriebes seine Arbeitsstelle zu wechseln hatte, um einen mobilisierten Arbeitskameraden zu ersetzen.

Art. 4.

Hier wird erklärt, dass geleistete Aktivdiensttage wie gewöhnliche Arbeitstage zu zählen sind, wenn es sich für den Arbeitnehmer darum handelt, aus dem Anstellungsverhältnis Vorteile geltend zu machen, die in ihrer Existenz oder in ihrem Ausmasse von der bisherigen Dauer des Anstellungsverhältnisses abhängig sind. Es mag genügen, darauf hinzuweisen, dass z. B. Ferien oder auch Lohnerhöhungen, aber vielleicht auch Bezüge aus Sozialeinrichtungen hier in Betracht kommen.

Es besteht Anlass, hier darauf hinzuweisen, dass der Art. 4 im Gegensatz zu Art. 2 steht, wo, wie wir gesehen haben, geleisteter Aktivdienst nicht berücksichtigt wird, wenn es sich darum handelt, festzustellen, ob ein Anstellungsverhältnis von einer mindestens sechsmonatigen Dauer vorliege.

Selbstverständlich ist es, dass durch den Art. 4 etwaige Bestimmungen 0 von Statuten, Eeglementen und dergleichen, nach welchen die vollumfängliche Erhaltung von Bezugsrechten von fortlaufenden Beiträgen des Arbeitnehmers abhängt, keineswegs aufgehoben sind. Auch 'bleiben allfällige Be^ Stimmungen, wonach bei Leistung von Militärdienst die Ferien im betreffenden Jahre gekürzt werden, unberührt.

Art. 5.

Hier ist einmal zu bemerken, dass, soweit im Hilfsdienst, im Luftschutz und in den Sanitätsformationen des Boten Kreuzes weibliche Personen be-

1043 schäftigt werden, diese selbstverständlich ebenfalls unter den Beschluss fallen, wenn sie in ihren zivilen Stellungen Arbeitnehmerinnen sind.

Wir möchten im weitern noch besonders auf den Absatz 2 hinweisen.

Art. 6.

a. Wir haben es hier mit einer grundlegenden Geltungsbereichsbestimmung zu tun. Es geht aus Art. 6, Abs. l, hervor, dass die Art. l bis 5 im gegebenen Falle für die Arbeitnehmer dann gelten, wenn deren Anstellungsverhältnis unter die Bestimmungen über den Dienstvertrag im Obligationenrecht fällt.

Der Hilfsarbeiter oder Dienstbote sowohl wie der Direktor werden also von dem Beschlüsse erfasst (Abs. 1). Dagegen findet der Beschluss keine Anwendung auf die öffentlichen Beamten und Angestellten, da diese nach Art. 862, Abs. l, OK den obligationenrechtlichen Bestimmungen über den Dienstvertrag nicht unterstellt sind. Anderseits aber wird in Art. 6 ausdrücklich bemerkt, dass auch in dem Fabrikgesetz unterstellten Betrieben der Beschluss Anwendung findet.

Dies zu erklären ist nicht überflüssig, da bekanntlich das Fabrikgesetz eigene Kündigungsbestimmungen enthält.

b. Besonders hervorgehoben sei noch, dass die aus Art. l und 2 des Beschlusses hervorgehende Beschränkung der Auflösung des Anstellungsverhältnisses nicht etwa nur zugunsten des Arbeitnehmers, sondern auch zugunsten des Arbeitgebers geht (Abs. 2). Es besteht hier zwischen den beiden Parteien Parität.

Art. 7.

a. Es bedarf keines besondern Hinweises darauf, dass, wenn über die Anwendung des Beschlusses überhaupt Streitigkeiten zwischen den Parteien entstehen, diese Streitigkeiten möglichst rasch und möglichst ohne viel Aufhebens aus der Welt geschaffen werden sollen. Der Bundesrat hat zwar davon abgesehen, besondere Entscheidungsstellen einzuführen, doch hat er insoweit Kautelen dafür geschaffen, dass hier ein einfacher und rascher Prozessgang gewährleistet ist, als er für solche Streitigkeiten das in Art. 29, Abs. l und 2, des Fabrikgesetzes vorgesehene Forum als zuständig erklärt (Abs. 1). Die von den Kantonen für die Behandlung von Zivilstreitigkeiten aus dem Fabrikarbeitsverhältnis als kompetent erklärten Gerichtsstellen -- als solche wirken in einer Eeihe von Kantonen die Gewerbegerichte -- sind am ehesten in der Lage, hier Eecht zu sprechen.

6. Es liegt in der Linie der Vereinfachung des Prozessverfahrens, wenn in Abs. 2 eine besondere Gerichtsstandsbestimmung aufgestellt wird. Massgebend soll nämlich der Gerichtsstand des Betriebes oder des Geschäftes sein, in welchem der Arbeitnehmer tätig war. Es wird dadurch erreicht, dass man nicht erst noch lange Feststellungen darüber machen muss, welches Gericht wohl zuständig sei. -- Wenn hier von «Betrieb» oder «Geschäft» die Eede ist, so geschieht dies im weitesten Sinne des Wortes. Man will damit nicht etwa zum

1044 Ausdruck bringen, dass dieser besondere Gerichtsstand nur gelte, wenn man es mit einem Erwerbsbetrieb zu tun hat.

c. Es ist nur folgerichtig, dass, nachdem der Art. 29, Abs. l und 2, als massgebend erklärt wurde, auch die im nämlichen Artikel aufgestellten Verfahrensvorschriften zur Anwendung gelangen sollen (Abs. 3). Der Bundesrat hat sich aber nicht damit begnügt, nur die Absätze 3 bis 6 des Art. 29 als anwendbar zu erklären; er ist einen Schritt weitergegangen, indem er den jeweiligen Gerichtspräsidenten als befugt erklärte, in allen Streitfällen zur Wahrung klaren Eechtes vorsorgliche Anordnungen zu treffen. Dies gilt z. B.

für die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses, wenn die Kündigung offensichtlich widerrechtlich erfolgte. Daneben kann der Gerichtspräsident oder das Gericht nach Massgabe der für es geltenden kantonalen Prozessbestimmungen in weiteren Fällen vorsorgliche Massnahmen treffen.

d. Bei etwaigen Streitigkeiten betreffend die Anwendung der Art. l bis 5 sind die Eechtsgrundsätze des gemeinen Eechts zur Anwendung zu bringen.

Es kann also beispielsweise eine Vereinbarung im Sinne von Art. l, Abs. 3, lit. d, wegen wesentlichen Irrtums (Art. 23 und ff. OE) oder wegen absichtlicher Täuschung (Art. 28 OE) angefochten werden.

Art. 8.

Auch dieser Artikel ist aus dem schon mehrfach erwähnten Bundesratsbeschluss vom 5. Juli 1940 herausgewachsen (siehe dort Art. 2). Neu ist, dass nun die Bestimmung, bei Vergebung von Arbeiten und Lieferungen durch das Gemeinwesen in erster Linie «militärfreundliche» Geschäfte zu berücksichtigen, nicht nur an die verschiedenen Bundesstellen, sondern auch an die kantonalen und Gemeindeverwaltungen sich richtet, und dass in mit den Firmen abzuschliessenden Verträgen entsprechende Bedingungen und Sanktionen für die Nichteinhaltung der übernommenen Verpflichtung der Beschäftigung von militärpflichtigen Schweizern aufgenommen werden sollen (Abs. 1). -- Ferner .ist hinzugefügt worden der Abs. 2, welcher der an die öffentlichen Verwaltungen gerichteten Aufforderung des Abs. l ein gewisses Gewicht verleiht. Wir nehmen -aber gerne an, dass die Bestimmung des Abs. 2 nie zur Anwendung kommen müsse.

Es sei beiläufig bemerkt, dass natürlich auch solche Geschäfte Berücksichtigung verdienen, bei denen der Firmainhaber selbst Aktivdienst leistet.

Den Erlass der in Abs. 4 vorgesehenen Weisungen behalten wir uns vor, weshalb wir es uns versagen können, hier weitere Ausführungen zu machen.

Art. 9.

Diese Vorschrift entspricht wörtlich dem Bundesratsbeschluss vom 18. August 1940 betreffend Abänderung desjenigen vom 5. Juli gleichen Jahres.

Sie baut den Art. 3 des letztgenannten Bundesratsbeschlusses dahin aus, dass «der Bezug von Arbeitslosenunterstützung und Krisenunterstützung durch

1045 aus dem Militärdienst zurückgekehrte Wehrmänner nicht schlechthin unterbunden wird, sondern dass die Möglichkeit eines zeitlich auf 14 Tage beschränkten Bezuges offen bleibt, wenn die Wehrmänner nach nachweisbaren eigenen Bemühungen und sofortiger Anmeldung beim Arbeitsnachweis keine Arbeit finden. -- Der Bezug wird auch für den Fall und unter der gleichen zeitlichen Beschränkung ermöglicht, dass Wehrmänner militärischen Urlaub für das Aufsuchen von Arbeit erteilt erhalten.

Die in Frage stehenden 14 Tage sind als Kalendertage aufzufassen.

Es besteht Anlass, hier ausdrücklich beizufügen, dass die Eegelung des Art. 9 selbstverständlich nur für Diejenigen gilt, die eben erst aus dem Militärdienst entlassen wurden. Wehrmänner, die nach ihrer Eückkehr in das Zivilleben Arbeit fanden und dann später diese verloren, werden vom Standpunkte der Arbeitslosenversicherung und der Krisenunterstützung nicht anders behandelt als sonstige Arbeitslose.

Die Bestimmung bezieht sich, wie endlich bemerkt sei, auch nicht auf aus dem Aktivdienst zurückgekehrte Wehrmänner, die teilarbeitslos sind. Diese werden als Wehrmänner angesehen, die Arbeit fanden. Sie können im gegebenen Falle ihre Bezüge wie andere von der Teilarbeitslosigkeit betroffene Arbeitnehmer machen.

Art. 10.

a. Der Beschluss ist zwar erst auf den 20. dieses Monats, also auf einen verhältnismässig späten Zeitpunkt in Kraft gesetzt worden. Die Absätze 4 und 5 korrigieren aber weitgehend diese Tatsache.

b. Entsprechend der zwingenden Natur der neuen Vorschriften sollen sie allen etwa sich mit ihnen berührenden Bestimmungen des bestehenden Eechts vorgehen (Abs. 2). Dies trifft u. a. insbesondere dem Art.'2S, lit. b, des Fabrikgesetzes gegenüber, der zugunsten von Fabrikarbeitern bereits eine Kündigungsbeschränkung gebracht hatte, zu. Es wäre denkbar gewesen, ihn im Falle von Art. l, Abs. 3, lit. c, des Beschlusses zugunsten der in Fabriken tätigen Ersatzarbeitskräfte bestehen zu lassen. Dadurch wären aber die Ersatzarbeitskräfte der Fabrikarbeiter gegenüber der gleichen Personalkategorie in andern Betrieben privilegiert gewesen, was nicht gerechtfertigt wäre.

Eigentlich aufgehoben wird durch den neuen Beschluss einzig der schon mehrfach erwähnte Bundesratsbeschluss vom 5. Juli 1940 über die Erleichterung der Wiedereinstellung aus dem Militärdienst zurückgekehrter Wehrmänner (Abs. 3), während die unter Absatz 2 fallenden Bestimmungen lediglich in ihrer Wirksamkeit sistiert sind.

IV. Schlussbemerkungen.

Eine Eeihe von Einzelfragen haben im Beschluss keine Eegelung gefunden, in der Meinung, dass deren Beantwortimg der Vollzugspraxis überlassen sei, wobei eine etwaige spätere Überleitung in den Beschluss selbst natürlich vorbehalten bleibt. Den Eechtsauskunft erteilenden Stellen und in erster Linie selbstverständlich den Gerichten erwächst durch die Auslegung und HandBundesblatt. 92. Jahrg. Bd. I.

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1046 habung des Beschlusses eine nicht leichte Aufgabe. Von ihrer Einsicht und Hingabe wird es abhängen, ob der Beschluss die von den Beteiligten an ihn geknüpften Erwartungen erfüllt.

Weitere Exemplare dieses Kreisschreibens stehen Behörden, Verbänden und Privaten auf der Druckschriftenverwaltung der Bundeskanzlei zur Verfügung. · Wir benützen diesen Anlass, um Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 20. September 1940.

Eidgenössisches 2178

Volkswirtschaftsdepartement: Stampfli.

Zahl der überseeischen Auswanderer aus der Schweiz.

Monat

Januar bis Ende Juli August Januar bis Ende August

1940

1939

727 66 793

1575 168 1743

Zu-oder Abnahme

-- 848 -- 102 -- 950

B e r n , den 17. September 1940.

2150

Eidgenössisches Auswanderungsamt.

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Wettbewerb- und Stellenausschreibungen, sowie Anzeigen.

Ausschreibung von Bauarbeiten.

Getreidesilo im bernischen Mittelland.

Über die Lieferung der eisernen Fenster mit Verglasung, der eisernen TUren, der Kipptore, die Spenglerarbeiten und Kiesklebedächer zu einem Getreidesilo im Berner Mittelland wird Konkurrenz eröffnet.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

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Jahr

1940

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

39

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.09.1940

Date Data Seite

1037-1046

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10 034 365

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