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Bundesblatt 92. Jahrgang.

Bern, den 15. Mai 1940.

Band I.

Erscheint wöchentlich

Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Zweiter Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen.

(Vom 10. Mai 1940.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir vom November 1939 bis zum 15. April 1940 auf Grund des Bundesbeschlusses vom 80. August 1939 über Massnahmen zum Schütze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität ergriffen haben, sowie über den Bundesratsbeschluss vom 30. April 1940 über Massnahmen zur Tilgung der ausserordentlichen Wehraufwendungen und zur Ordnung des Finanzhaushaltes des Bundes.

I. Allgemeine Verwaltung.

Wahlen und Abstimmungen in der Armee.

Wir haben seit der Mobilmachung in zwei Fällen das Vorgehen für die Wahlen und Abstimmungen in der Armee geregelt: Das erste Mal durch Beschluss vom 26. September 1989 betreffend die Wahlen in den Nationalrat, das zweite Mal durch Beschluss vom 24. Oktober 1939 betreffend die eidgenössische Volksabstimmung vom 2./8. Dezember 1939. Durch einen spätem Beschluss vom 30. Januar 1940 (A. S. 56, 119) haben wir die Vorschriften aufgestellt, die für sämtliche während des gegenwärtigen Aktivdienstes noch stattzufindenden Wahlen und Abstimmungen zu befolgen sein werden.

Die mit dem durch Beschluss vom 24. Oktober 1939 eingeführten System der Abstimmung auf dem Korrespondenzwege gemachten Erfahrungen haben uns dazu bewogen, dieses Sytsem endgültig beizubehalten. Auf diese Weise wird die Armee nicht mehr gezwungen, Wählerlisten aufzustellen; sie hat auch nicht mehr Wahlen oder Abstimmungen durchzuführen oder die aktive Wahlfähigkeit der einzelnen Militärpersonen zu untersuchen. Sie kann sich darauf beschränken, den Militärpersonen die Formulare für die jeweils an die GeBundesblatt. 92. Jahrg. Bd. I.

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meinden einzusendenden Gesuche um Zustellung der offiziellen Drucksachen abzugeben. Hierauf erhalten die Wehrmänner von diesen zwei Umschläge verschiedener Grosse. Der kleine soll den Stimmzettel enthalten; der grössere dient dazu, diesen im ersten Umschlage eingeschlossen zurückzusenden. Während aber früher diese Umschläge an die Gemeinden zu schicken waren, schreibt der neue Beschluss vor, dass nunmehr die Zusendung an die kantonalen Staatskanzleien zu geschehen habe. Diese öffnen die Umschläge und stellen das Ergebnis für die eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen fest, was das Abstimmungsgeheimnis vollständig sicherstellt. Die Umschläge, welche Wahlzettel für die Gemeindeabstimmungen enthalten, gehen an die Gemeindebehörden, sind aber von diesen verschlossen in die Urne zu legen und dürfen nur durch das Wählbureau geöffnet werden.

Der Beschluss enthält ferner in drei Punkten Neuerungen: a. Er regelt nicht nur die eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen, sondern bezieht sich überdies auf die Gemeindeabstimmungen. Ausserdem gewährt er den vom Auslande heimgekehrten Schweizern das Stimmrecht auch in kantonalen Angelegenheiten; hingegen geht er nicht so weit, dass er ihnen ebenfalls das Eecht zur Teilnahme an Gemeindeabstimmungen einräumt.

Da dieses Gemeindestimmr.echt in der Tat in der Heimatgemeinde ausgeübt würde, so sind die Bande, welche den Auslandschweizer an diese knüpfen, zuwenig enge, um seine Teilnahme an derartigen Abstimmungen zu rechtfertigen.

b. Art. 3 des Beschlusses ermächtigt die kantonalen Kegierungen, ihre Gesetze über Wahlen und Abstimmungen auf dem Verordnungswege abzuändern, um sie der neuen Ordnung anzupassen. Diese Bestimmung soll verhindern, dass diejenigen Kantone, die gesetzlich verpflichtet sind, an alle Bürger Stimmzettel abzugeben, gezwungen werden, ihren unter den Waffen stehenden Wahlberechtigten diese Stimmzettel zweimal abzugeben. Allerdings haben einzelne Kantone von ihren Grossen Eäten bereits die erforderlichen Kompetenzen erlangt, um die Ausführung der auf Grund der außerordentlichen Vollmachten des Bundesrats erlassenen Bestimmungen auf dem Verordnungswege zu sichern. Mehrere derselben haben jedoch diese Vorsichtsmassnahme nicht getroffen. Art. 3 des Beschlusses füllt nun diese Lücke aus.

c. Endlich sieht der Beschluss in seinem Art. 5 die
Schaffung einer Kontrollstelle vor, die vom Bundesrat ernannt wurde und darüber zu bestimmen hat, ob die von den Parteien zur Verteilung an die im Dienste stehenden Wehrmänner zugesandten Aufrufe, Proklamationen, Broschüren usw. an diese ausgeteilt werden dürfen. Diese Aufgabe besorgte bisher die Armee, gemäss den vom Armeekommando erlassenen Instruktionen; dieses hielt jedoch dafür, dass sie eher in das Tätigkeitsgebiet der zivilen Behörde falle.

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II. Departements.

A. Politisches Departement.

Abteilaug für fremde Interessen.

Seit November 1989 sind der Schweiz keine weiteren fremden Interessen anvertraut worden. Die vertretenen Mächte haben bis jetzt immer rechtzeitig die Vorschüsse geleistet, die die Abteilung für fremde Interessen benötigt.

Die erwähnte Abteilung hat eine rege Tätigkeit auf dem Gebiete des Austausches gewisser Kategorien von Personen zwischen Deutschland einerseits und Grossbritannien und seinen Kolonien anderseits entfaltet. Es ist nach ziemlich mühsamen Verhandlungen gelungen, noch vor Ende des Jahres 1939 das gesamte deutsche Konsularpersonal, das noch im Britischen Eeich verblieben war, gegen einige britische Konsuln und Konsularbeamte, die sich noch im Deutschen Eeich aufhielten, auszutauschen.

Ein Austausch von britischen Frauen in Deutschland gegen deutsche Frauen, die im Britischen Eeicbe wohnten oder dort interniert waren, konnte auch in grossem Umfang organisiert werden. Selbst deutsche Männer sind aus gewissen britischen Kolonien heimgeschafft worden. Das Prinzip des Austausches der Männer über 60 Jahren und der Knaben unter 18 Jahren ist sowohl von der Deutschen als auch von der Britischen Eegierung und den Eegierungen des Britischen Eeiches angenommen worden. Es ist jedoch bis jetzt noch kein Austausch auf dieser Grundlage praktisch durchgeführt worden.

Die Zivilinterniertenlager in Grossbritannien sind mehrmals durch Herrn Preiswerk, Leiter der Spezial-Division der Schweizerischen Gesandtschaft in London, oder von seinen Mitarbeitern besucht worden. Unsere Konsuln im Britischen Eeich und in den Staaten der Levante, die unter französischem Mandat stehen, haben ebenfalls die in ihrem Konsularbezirk befindlichen Interniertenlager besucht. Von der Schutzmacht ist auch eine Inspektion der Kriegsgefangenenlager in England organisiert worden. Herr Oberstleutnant Albert von Erlach wurde mit dieser Mission betraut, deren er sich zur vollkommenen Befriedigung aller Beteiligten entledigte.

Der Abteilung für fremde Interessen sind häufig Listen von deutschen Kriegsgefangenen in Grossbritannien zugestellt worden, die gemäss Artikel 77, Abs. 3, des Genfer Abkommens vom 27. Juli 1929 betreffend Behandlung der Kriegsgefangenen an die Deutsche Gesandtschaft in Bern weitergeleitet wurden.

Selbst Interniertenlisten
wurden der Abteilung seitens der Eegierungen gewisser Staaten, die dem Britischen Eeich angehören, übermittelt.

Die Abteilung für fremde Interessen hatte sich auch mit andern Fragen zu befassen, die die Anwendung des oben erwähnten Abkommens berühren, darunter mit der Ernennung der neutralen Mitglieder der in Artikel 69 des Abkommens vorgesehenen gemischten Ärztekommissionen. Eine diesbezügliche Vereinbarung ist zwischen den kriegführenden Mächten zustandegekom· men, und die Namen der schweizerischen Ärzte, die den gemischten Kommissionen angehören sollen, sind der Britischen, Deutschen und Französischen Ee-

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gierung mitgeteilt worden. Es ist zu hoffen, dass die gemischten Kommissionen, die sowohl die schwerverwundeten und schwerkranken, die heimgeschafft, als auch die weniger schwer verletzten Kriegsgefangenen, die in einem neutralen Lande untergebracht werden sollen, zu bestimmen haben, ihre Tätigkeit bald werden aufnehmen können.

Endlich ist, nachdem Deutschland und Frankreich ein Abkommen zwecks Austausches der Zivilinternierten durch Vermittlung der Schutzmächte (Schweden und die Vereinigten Staaten von Amerika) geschlossen haben, ein erster Transport solcher Zivilisten beider Nationalitäten am 17. April durch die Schweiz geführt worden, mit dem die Abteilung für fremde Interessen sich in Verbindung mit dem Sanitätsdienst der Armee und den Bundesbahnen zu befassen hatte.

B. Departement des Innern.

Schweizerische Meteorologische Zentralanstalt, Zürich.

Der Wetter- und Flugwetterdienst arbeitet weiterhin ausschliesslich für die Armee. Die detaillierten Situationsberichte und Prognosen der als Zentralstelle für die Informierung unserer Flugwaffe dienenden Wetterwarte Dübendorf gehen nun auch dem Armeekommando zu, als Ergänzung der von der meteorologischen Zentralanstalt diesem übermittelten Wetterberichte und Prognosen.

Mehrere wissenschaftliche Beamte der meteorologischen Zentralanstalt betätigen sich aktiv als Instruktionspersonal an den vom Armeekommando organisierten Kursen zur Ausbildung von Offizieren für den Wetter- und Gasdienst.

Gesundheitsamt.

Auf Antrag des Departementes des Innern hat der Bundesrat am 8. März 1940 beschlossen (A. S. 56, 237), Art. 59, lit. c., des Eeglements vom 22. Januar 1935 für die eidgenössischen Medizinalprüfungen (sechsmonatige Praktikantenzeit) für die Dauer des Aktivdienstes und für eine nachherige Übergangszeit von zwei Jahren in seiner Wirksamkeit zu sistieren.

C. Justiz- und Polizeidepartement.

I. Justizabteilung.

1. Verordnung vom 3. November 1939 über eine Stundung für die Hotelund die Stickereiindustrie (A. S. 55,1323). Der Kriegsausbruch hat die schweizerische Hotelindustrie schwer getroffen; die infolge der politischen Unsicherheit seit langem spärlichen ausländischen Gäste blieben so gut wie gänzlich aus.

Viele Hotels mussten schliessen oder vermögen den Betrieb nur in sehr beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten. Sie sehen sich daher ausserstande, ihren Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere die Hypothekarzinse aufzubringen. Auch viele schon sanierte Betriebe sind damit wieder in eine neue Notlage geraten, zumal die Verordnung vom 17. Oktober 1939 über vorüber-

649 gehende Milderungen der Zwangsvollstreckung auf die Hôtellerie nicht anwendbar ist, weil sie sich dafür nicht eignet und nicht genügt. Nachdem den Bundesbehörden von der schweizerischen Hotel-Treuhand-Gesellschaft bereits ein Gesetzesentwurf über eine dauernde Sanierung der Hôtellerie durch Schuldenabbau zur Prüfung und weitern Verfolgung eingereicht worden war, der womöglich die noch bis Ende dieses Jahres geltenden rechtlichen Schutzmassnahmen ablösen sollte, hat die neue Situation diese Bemühungen wieder in Frage gestellt.

Am 17. September 1939 haben Nationalrat von Almen und 22 Mitunterzeichner ein Postulat eingereicht, das den Bundesrat einlädt, unverzüglich Hilfsmassnahmen für die Durchhaltung des Gastgewerbes, darunter auch eine Erweiterung jener rechtlichen Schutzmassnahmen in die Wege zu leiten. Die Hotel-Treuhand-Gesellschaft arbeitete unter Zuzug fachmännischer Beratung ungesäumt den Entwurf zu einer Stundungsverordnung aus, der vom Verwaltungsrat gutgeheissen wurde. Nach Prüfung durch die beteiligten Departemente konnte er mit wenigen Änderungen dem Bundesrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Die Verordnung stellt eine vorläufige Schutzmassnahme dar, die bestimmt ist, den Zusammenbruch zahlreicher Unternehmen als Folge der Kriegsereignisse zu verhindern und die Möglichkeit einer dauernden Entschuldung offenzuhalten. Inhaltlich beschränkt sie sich auf individuelle, von der Nachlassbehörde im Einzelfall zu bewilligende Stundungen für pfandversicherte Kapitalien bis auf 2 Jahre, für ungesicherte Kapitalien und für Zinsen bis Ende 1940. Der Hotel-Treuhand-Gesellschaft ist auch in diesem Verfahren wieder eine bedeutende Mitwirkung zugedacht.

Wie die bisherigen rechtlichen Massnahmen wurde auch diese Verordnung, nach Begrüssung der schweizerischen Stickerei-Treuhand-Genossenschaft, auf die Stickereiindustrie anwendbar erklärt, die sich in ähnlicher Lage wie die Hôtellerie befindet.

2. Der Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1940 über Massnahmen gegen die Bodenspekulation und die Überschuldung sowie zum Schütze der Pächter (A. S. 56, 74) enthält agrarrechtliche Vorkehren, die sich als eine immer stärker aufdrängende Ergänzung der Landwirtschaftspolitik unseres Landes darstellen.

Während der letzten Kriegszeit war eine w i r t s c h a f t l i c h ungesunde V e r t e u e r u n g des
land- und f o r s t w i r t s c h a f t l i c h genutzen Bodens aufgetreten. Diese Erscheinung liess sich im wesentlichen darauf zurückfuhren, dass die erhöhten Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf die Bodenwerte umgesetzt und so kapitalisiert wurden. Mit der Bodenpreissteigerung stieg auch die Bodenverschuldung, sei es, dass der bäuerliche Grund und Boden als gesuchtes Pfandobjekt erschien, sei es, dass die eingetretene Wertsteigerung bei den Handänderungen nicht durch eigenen Kapitalaufwand ausgeglichen, sondern durch Verkäuferpfandrechte dauernd gebunden wurde.

Die Folgen dieser Entwicklung sind bekannt: Mit überteuertem und überschuldetem Boden trat ein grosser Teil unserer Landwirtschaft in die Friedenswirtschaft ein. Beim Sinken der Produktenpreise konnten die Produktions-

650 kosten nicht in gleichem Verhältnis gesenkt werden, so dass eine für die Existenz vieler Betriebe gefährliche hypothekarische Überschuldung zutage trat und ein Problem stellte, das heute noch nicht gelöst ist. Mit der Zunahme des Bodenwertes und der Bodenverschuldung stieg auch die Kapitalanspannung und machte die Landwirtschaft krisenempfindlicher.

Um die Wiederholung einer gleichen Entwicklung für unsere Bauernschaft und eine Ausweitung der Verschuldung möglichst zu verhüten, wurden die in Frage stehenden Massnahmen ergriffen. Sie wollen durch das Mittel einer Genehmigungs- und Bewilligungspflicht den land- und forstwirtschaftlichen Grundstückverkehr und die Verpfändungsmöglichkeit beschränken: Damit soll ein allzu rascher Umschlag des Eigentums an Grundstücken eingedämmt und vor allem die Weiterentwicklung einer ungesunden Wertmeinung diesen Objekten gegenüber unterbunden werden. Dies führte zur Festsetzung einer Höchstgrenze für die Erwerbspreisgestaltung und die Verpfändung (Art. 8, Ziff. l, 19/20). Zur Schonung des Hypothekarkredites wie zur Berücksichtigung einiger Sondertatbestände finden sich verschiedene Spezialregeln. So ist bei diesem Anlasse auch .der Erwerb zu Kapitalanlagezwecken erfasst worden, was schon wiederholt gefordert wurde und wozu die auf dem landwirtschaftlichen Grundstücksmarkt in letzter Zeit immer stärker sichtbaren Tendenzen drängten. Die Ordnung der Pfandbelastungsgrenze schliesst sich im wesentlichen an die in der Entschuldungsvorlage geplante Eegelung an. Einige nicht unwesentliche Erleichterungen sind für diesen Übergang als zweckmässig erschienen.

Für die L i e g e n s c h a f t s v e r m i t t l u n g empfahl sich eine straffere Normierung insofern, als die Tätigkeit der Liegenschaftsmäkler nicht selten die Überzahlung des Bodens fördert. Zum Schütze der bäuerlichen Eigentümer wie zur Hebung des Ansehens der Mäkler selber dürften die Konzessionspflicht und das Verbot gewisser, mit der öffentlichen Ordnung unvereinbarer Abreden dienlich sein.

In einem etwas loseren Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Beschlusses stehen die Vorschriften über den Pächterschutz. Aus Gründen der Einfachheit und der Zusammenfassung aller notrechtlichen Bestimmungen über landwirtschaftliche Grundstücke fanden sie hier Aufnahme.

Darin kommen zwei Schutzgedanken zum
Ausdruck. Auf die Interessen der Landesversorgung mit wirtschaftlichen Gütern lässt sich die Vorschrift des Art. 39 zurückführen. Die übrigen Bestimmungen wollen dem zu Militärdienst verpflichteten Pächter die wirtschaftliche Existenzgrundlage sichern.

Die Notwendigkeit solcher Massnahmen während der Zeit des Aktivdienstes ist allgemein anerkannt.

Von den Übergangs- und Schlussbestimmungen könnte die Bückwirkungsklausel des Art. 53, Abs. 2, zu Diskussionen Anlass geben. Bei zweckgemässer Auslegung haben es die zuständigen Behörden in der Hand, allfällige praktische Schwierigkeiten zu beheben, sofern|keine|Indiziens'fürMasjVorliegen|eines Umgehungsmaaövers gegeben sind.

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Die Anwendung und Durchführung des Beschlusses ist den kantonalen Behörden anvertraut. Ein ordentliches Eechtsmittel an eine Bundesbehörde ist absichtlich ausgeschaltet worden. Ausserdem ist den Kantonen eine weitgehende Befugnis zur Umschreibung des Anwendungsbereiches offengehalten, damit sie den verschieden gearteten Verhältnissen Kechnung tragen können (vgl. Art. l, Abs. 2, 17, 81, 40 und 50). Die Anwendung der Massnahmen, die unvermeidlich Einschränkungen mit sich bringen, erfordert von den Behörden ebenso Sinn für Mass wie Festigkeit. Nur dadurch kann wirksam verhütet werden, dass bei einem spätem Sinken der Produktenpreise die Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebe in eine finanzielle Notlage geraten, die behördliche Massnahmen unter Aufwendung öffentlicher Mittel zur Folge haben könnte.

3. Auf Grund der dem Bundesgericht mit Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1939 erteilten Ermächtigung haben die Abteilungen des Gerichts mit Bücksicht auf die Abwesenheit verschiedener Gerichtsmitglieder im Militärdienst eine Anzahl Fälle mit einer Besetzung von 5 statt 7 Eichtern beurteilt, nämlich die I. Zivilabteilung 40 (von insgesamt 83), die II. Zivilabteilung 32 (von insgesamt 93); die staatsrechtliche Abteilung hat nur in einem einzigen Fall von der Ermächtigung Gebrauch gemacht.

Die Anordnung des schriftlichen statt des mündlichen Verfahrens in Berufungssachen ist nur in vereinzelten Fällen erfolgt, und zwar fast ausschliesslich im Einverständnis mit den beiden Parteien.

u. Bundesanwaltschaft.

1. Am 4. Dezember 1939 erliess der Bundesrat den Beschluss betreffend das Verbot der staatsgefährlichen Propaganda in der Armee (A. S. 55, 1461). Der Anstoss ging von der Armeeleitung aus, der verschiedene Fälle von kommunistischer Propaganda in der Armee gemeldet worden waren.

Die Bundesanwaltschaft unterstützte auf Grund ihrer Feststellungen die Anregung und befürwortete die Ausdehnung des Verbotes auf rechtsextreme Umtriebe in der Armee. Schon nach dem Bundesratsbeschluss betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliche Umtriebe und zum Schütze der Demokratie vom 5. Dezember 1938 können links- und rechtsextreme Umtriebe verfolgt werden, wenn sie die dort näher umschriebenen Ziele verfolgen. Der neue Beschluss geht weiter und will jede staatsgefährliche Propaganda von der Armee fernhalten. Die kommunistische
Propaganda wird in jeder Form getroffen. Programmpunkte des Bolschewismus, wie Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg und Gründung kommunistischer Zellen, sind wieder aktuell geworden. Es muss schon den Anfängen gewehrt werden. Ebenso ist jede rechtsextreme, gegen die politischen Grundlagen des demokratischen Staates gerichtete Propaganda unter Strafe gestellt. Solche Umtriebe erschüttern das Vertrauen in unsere politischen Einrichtungen und haben vor allem in der Armee keinen Platz.

2. Durch den Bundesratsbeschluss vom 26. März 1940 b e t r e f f e n d die V e r ö f f e n t l i c h u n g über Spionagefälle (A. S. 56, 277) wurde die

652 Presseberichterstattung über Spionagefälle während der Dauer des gegenwärtigen Krieges einer Kontrolle unterworfen. Die mit der Verfolgung von Spionagefällen beauftragten bürgerlichen und militärischen Stellen haben die Erfahrung gemacht, dass die Presseberichterstattung über solche Strafsachen auf den Untersuchungszweck nicht immer Eücksicht nimmt. Es hat sich gezeigt, dass durch vorzeitige Mitteilungen über Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und andere Verfolgungs- und Untersuchungsmassnahmen der Fortgang der Untersuchung gestört werden kann. Im weitern ist eine in alle Einzelheiten gehende Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen geeignet, je nach der Lage dem Landesinteresse Abbruch zu tun. Im Einverständnis mit der Abteilung Presse und Funkspruch wurde deshalb durch den Beschluss vom 26. März die Kontrolle der Veröffentlichungen angeordnet. Zudem sind die kantonalen Justizdirektionen eingeladen worden, die Gerichte auf die genannten Nachteile und auf die Zweckmässigkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit bei den Gerichtsverhandlungen nach Massgabe des kantonalen Eechtes hinzuweisen.

3. Der Bundesratsbeschluss vom 16. April 1940 b e t r e f f e n d Abänderung der Verordnung vom 22. September 1939 über die Wahrung der Sicherheit des Landes (A. S. 56, 362) enthält die in den Vollmachtenkommissionen angekündigten Klarstellungen und Ergänzungen. Die wichtigste Neuerung ist die Schaffung eines besondern Beschwerderechtes und einer Rekurskommission. Die Kommission besteht aus Militärpersonen. Es konnte nicht eine bürgerliche Beschwerdeinstanz geschaffen werden, da einzig das Armeekommando die Verantwortung für die Sicherheitsmassnahmen trägt, die von ihm oder von den ihm untergebenen Stellen angeordnet werden.

DI. Versicherungsamt.

Im Gebiet der Lebensversicherung hat das Versicherungsamt die Vorbereitung besonderer Massnahmen für den Fall, dass die Schweiz in den Krieg hineingezogen würde, abgeschlossen. Diese Massnahmen sehen ohne Rücksieht auf entgegenstehende Vertragsbestimmungen vor, dass die versicherten Wehrmänner in bezug auf die Deckung der Kriegsgefahr der Zivilbevölkerung gleichgestellt werden. Wenn die Mittel des Versicherers nicht genügen, um die durch den Krieg verursachten Schäden zu decken, wird der Fehlbetrag auf die Versicherten umgelegt, damit der Versicherungsbestand nach Möglichkeit erhalten bleibt.

Das Versicherungsamt hat an der Ausarbeitung des Bundesratsbeschlusses vom 21. November 1939 über die Versicherung des Kriegstransportrisikos bestimmter Valoren und desjenigen vom 27. Dezember 1939 über die allgemeine Versicherung des Kriegstransportrisikos schweizerischer Import- und Exportgüter sowie bestimmter Transportmittel mitgewirkt. Angaben über diese beiden Bundesratsbeschlüsse finden sich im Bericht des Kriegs-TransportAmts, Sektion Kriegsrisiko-Versicherung, auf den wir verweisen.

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D. Militärdepartement.

I. Dienstpferde.

1. Dienstbefreiung der gedeckten, diensttauglichen Zuchtbuchstuten.

Das Verwaltungsreglement für die schweizerische Armee vom 27. März 1885 schliesst trächtige Stuten vom Militärdienst aus. Mit dieser Dienstbefreiung wurde schon während des aktiven Dienstes 1914/18 Missbrauch getrieben, indem viele Eigentümer ihre Stuten nur deshalb decken Hessen, um sie nicht zum Dienst stellen zu müssen. Es liegt auf der Hand, dass eine zweckmässige Inlandzucht für unsere Volkswirtschaft und auch für die Armee von grosser Bedeutung ist; sie darf daher nicht unterbunden werden. Was aber verhindert werden muss, ist die wilde Züchterei mit ungeeigneten Stuten, die keinen vollwertigen Nachwuchs gewährleistet und nur zum Zwecke der Dienstbefreiung erfolgt. Deshalb hat der Bundesratsbeschluss vom 28. November 1939 betreffend Dienstbefreiung der gedeckten, diensttauglichen Zuchtbuchstuten im Aktivdienst (A. S. 55, 1449) die eingangs erwähnte Vorschrift des Verwaltungsreglements (Art. 32, Ziff. 1) in dem Sinne eingeschränkt, dass nur diejenigen diensttauglichen Stuten von der Dienstpflicht befreit wurden, die im Zuchtbuch einer Pferdezuchtgenossenschaft eingetragen, dem Pferdestellungsoffizier als Zuchtbuchstute gemeldet und durch Belegschein als gedeckt ausgewiesen werden.

Von den bisher belegten Stuten waren etwa ein Drittel Nicht-Zuchtbuchstuten. Um die Pferdezucht ungefähr im bisherigen Umfange zu ermöglichen, wurde durch eine gemeinsame Verfügung des Militär- und Volkswirtschaftsdepartements gestattet, dass unter gewissen Voraussetzungen auch weiterhin geeignete, aber nicht in ein Zuchtbuch aufgenommene Stuten zur Zucht zugelassen werden können. Diese Stuten müssen einer eidgenössischen Kommission vorgeführt und können sodann in ein sogenanntes Vormerkregister eingetragen werden; damit sind auch sie, wenn trächtig, vom aktiven Dienst befreit.

2. Entschädigung für die im aktiven Dienst umgestandenen Pferde.

Nach Art. 74 des Verwaltungsreglements wird dem Eigentümer eines im Militärdienst gefallenen oder getöteten Pferdes die Schätzungssumme vergütet.

Die Höchstschatzungen für Dienstpferde sind durch den Bundesrat letztmals am 28. Februar 1938 festgesetzt worden, sie betrugen beispielsweise für Zugpferde (und Maultiere) Fr. 1500, für Artillerie-Bundespferde Fr. 1700. Nach
Kriegsausbruch stiegen bekanntermassen die Pferdepreise sofort an, so dass diejenigen Eigentümer, deren Tiere im Dienst umstanden und die bloss den Schatzungspreis ausbezahlt erhielten, zu Schaden kamen. Es entstand bei den Betroffenen das bittere Gefühl eines ungerechtfertigten Opfers und in der Bauernsame eine böse Stimmung, der eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden konnte. Der Bundesrat trug diesen Verhältnissen in seinem Beschluss vom 23. Januar 1940 (A. S. 56, 106) Eechnung, indem er den Eigentümern von umgestandenen oder getöteten Dienstpferden einen Zuschlag von

654 15 % der Schatzungssumme zubilligte. Dieser Bundesratsbeschluss wurde auf Beginn des aktiven Dienstes rückwirkend erklärt, er fiel mit der allgemeinen Erhöhung der Höchstschatzungen, also auf 1. März 1940 dahin (vgl. Bundesratsbeschluss über die Höchstschatzung der Dienstpferde, vom 6. Februar 1940; A. S. 56, 159).

3. Tagesentschädigung für Pferde in Kuranstalten, Das Verwaltungsreglement bestimmt in Art. 81 (abgeändert durch den Bundesratsbeschluss vom 7. November 1939; A. S. 55, 1322), dass für die Dauer des Aufenthaltes von Pferden und Maultieren in Kuranstalten die ganze Tagesentschädigung ausgerichtet wird. Dagegen fiel diese Vergütung nach der gleichen Bestimmung weg, wenn dem Eigentümer die Schatzungssumme vergütet wurde, wenn also das Tier umstand oder von der Militärverwaltung übernommen wurde. Diese Vorschrift mag in Friedenszeiten, wo die Pferde freiwillig gestellt wurden, seine Berechtigung gehabt haben; anders im aktiven Dienst, wo die Tiere gestellt werden müssen und die Eigentümer oft gezwungen sind, Ersatzpferde zu mieten oder teuer zu kaufen. Eine unterschiedliche Behandlung der Fälle, wo Pferde oder Maultiere geheilt aus der Kuranstalt entlassen wurden, und derjenigen, wo ein Tier umstand, bedeutete eine Ungereimtheit, die beseitigt werden musste. Deshalb wurde im Bundesratsbeschluss vom 23. Januar 1940 betreffend Tagesentschädigung für Pferde und Maultiere im Aktivdienst auch für diesen zweiten Fall die Vergütung des täglichen Mietgeldes bis zum Tage des Abgangs oder der Übernahme zugebilligt..

Auch dieser Beschluss trat rückwirkend auf den 29. August 1939 in Kraft.

4. Mietgeld für Pferde und Maultiere im Aktivdienst.

Durch Bundesratsbeschluss vom 12. Februar 1940 (A. S. 56, 162) wurde die seit 7. November 1939 geltende Tagesentschädigung für Pferde aller Kategorien und Maultiere von Fr. 2.-- auf Fr. 3.-- erhöht, wie das jeweilen im Frühjahr schon in Friedenszeiten üblich war. Diese Erhöhung lag an sich in der Zuständigkeit des Bundesrates, die Berufung auf den Vollmachtenbeschluss war aber deshalb notwendig, weil entgegen Art. 81 des Verwaltungsreglements die gleiche Tagesentschädigung auch für die Dauer des Aufenthalts von Pferden und Maultieren in Kuranstalten ausgerichtet werden soll, eine Änderung, die .bereits am 5. September 1939 eingeführt wurde.

u. Militärjustiz.
1. Bundesratsbeschluss vom 17. November 1939 betreffend die Erweiterung der Militärgerichtsbarkeit während des aktiven Dienstes (Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr) (A. S. 55, 1429).

Nach Art. 219, Abs. l, des Militärstrafgesetzes von 1927 bleiben die dem Militärstrafrecht unterstehenden Personen für strafbare Handlungen, die im Militärstrafgesetz nicht vorgesehen sind, der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit

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unterworfen. Steht die strafbare Handlung mit dem militärischen Dienstverhältnis des Täters im Zusammenhang, so kann die Verfolgung nur mit Ermächtigung des eidgenössischen Militärdepartements beziehungsweise des Oberbefehlshabers der Armee erfolgen (Art. 219, Abs. 2, Militärstrafgesetz).

Auch wenn ein solcher Zusammenhang mit dem militärischen Dienstverhältnis des Täters nicht besteht, kann während der Dauer des Militärdienstes ein bürgerliches Strafverfahren gegen einen Dienstpflichtigen nur mit Ermächtigung des eidgenössischen Militärdepartements bzw. des Oberbefehlshabers der Armee eingeleitet oder fortgeführt werden (Art. 222 Militärstrafgesetz).

Die seit der Mobilmachung gemachten Erfahrungen zeigten, dass diese Bestimmungen des Militärstrafgesetzes im gegenwärtigen Aktivdienst in gewissen Fällen zu Mißständen führten, insbesondere bei der Ahndung von Übertretungen des Motorfahrzeug- und Fahrradverkehrsgesetzes vom 15. März 1932 durch Militärpersonen. Grundsätzlich unterstehen die Militärpersonen für solche Handlungen der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit, und es musste im Einzelfalle eine Ermächtigung des Oberbefehlshabers der Armee eingeholt werden, selbst in Bagatellfällen, die regelmässig mit einer Busse geahndet werden. Handelte es sich aber um einen Fall, bei dem ein im Motorfahrzeuggesetz enthaltener Straftatbestand mit einem im Militärstrafgesetz enthaltenen Verbrechen oder Vergehen konkurrierte (fahrlässige Tötung, Körperverletzung usw.), so musste nach Art. 221 Militärstrafgesetz durch einen Bundesratsbeschluss die Beurteilung aller in Frage stehenden strafbaren Handlungen dem bürgerlichen oder dem militärischen Eichter allein übertragen werden, um die Durchführung von zwei getrennten Verfahren zu verhindern. Eine Vereinfachung dieses umständlichen Verfahrens drängte sich daher auf. Durch den Bundesratsbeschluss vom 17. November 1989 sind während der Dauer des gegenwärtigen Aktivdienstes Verletzungen des Bundesgesetzes betreffend Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr und seiner Ausführungsbestimmungen der Militärgerichtsbarkeit unterstellt, sofern sie von Personen begangen werden, die sich im Militärdienst befinden oder ausserhalb des Dienstes in Uniform auftreten. In leichten Fällen kann disziplinarische Bestrafung erfolgen durch den Disziplinarvorgesetzten, mit der Möglichkeit,
statt auf Arrest auf eine Busse zu erkennen.

2. Bundesratsbeschluss vom 8. Januar 1940 betreffend Verwendung rechtskundiger Unteroffiziere als Gerichtsschreiber bei den Untersuchungsrichtern der Militärgerichte (A. S. 56, 31).

Nach Art. 12 der Militärstrafgerichtsordnung vom 28. Juni 1889 in der Fassung der Novelle vom 28. Oktober 1937 teilt der Bundesrat jedem Divisionsund Territorialgericht Justizoffiziere (Grossrichter, Auditoren, Untersuchungsrichter und Gerichtsschreiber) in der erforderlichen Zahl zu. Nach Art. 14 führt der Untersuchungsrichter unter Mitwirkung eines Gerichtsschreibers die Voruntersuchung. Die Gerichtsschreiber haben auch das Sekretariat und das Eechnungswesen der Gerichte zu besorgen. Art. 54, Abs. 3, der Militärorgani-

656 sation 1907 bestimmt, dass die Justizoffiziere juristische Bildung besitzen und als Truppenoffizier gedient haben müssen. Die starke Beanspruchung der Militärjustiz im Aktivdienst hat gezeigt, dass nicht jedem Untersuchungsrichter ordnungsgemäss ein Gerichtsschreiber zugeteilt werden kann, ohne dass dadurch die Arbeit des Gerichtssekretariates verzögert wird. Mit Eücksicht auf den Mangel an Truppenoffizieren stiess die Versetzung von solchen Offizieren zur Militärjustiz auf Schwierigkeiten. Durch den Bundesratsbeschluss vom 17. November 1939 ist daher die Möglichkeit geschaffen worden, rechtskundige Unteroffiziere für den Dienst als Gerichtsschreiber bei den Untersuchungsrichtern der Militärgerichte auf bestimmte oder unbestimmte Zeit von der Truppe abzukommandieren. Dieselben bleiben bei ihrer Truppeneinheit eingeteilt.

III. Militärversicherung.

1. Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 1939 betreffend die Versicherung der Hilfsdienstpflichtigen und der Angehörigen der Organisationen des passiven Luftschutzes durch die Militärversicherung (A. S. 55, 1583).

Art. 20bls, Abs. l, der Militärorganisation 1907 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1938 lautet: «Für einzelne Hilfsdienstgattungen können von der Bundesversammlung Ausbildungskurse angeordnet werden. Diese Kurse, sowie der von den Hilfsdiensten geleistete aktive Dienst gelten als Militärdienst; die Bundesversammlung stellt die Grundsätze betreffend Militärversicherung und Soldverhältnisse auf.» Mit Eücksicht auf das Aufgebot unserer Armee zum aktiven Dienst, das auch Hilfsdienstpflichtige und insbesondere die Organe des passiven Luftschutzes ert'asste und weil ein Beschluss der Bundesversammlung über die Versicherungsfrage nicht vorlag, war es notwendig, dass der Bundesrat gestützt auf die ihm erteilten Vollmachten, wenigstens für die Dauer des gegenwärtigen aktiven Dienstes die Frage der Militärversicherung regelte. Diese Lösung drängte sich um so mehr auf, als die Organisation der Hilfsdienste erst im Aufbau begriffen war. Auf Grund der Erfahrungen aus dem gegenwärtigen Aktivdienst soll die endgültige Begelung der Versicherungsfrage im Sinne von Art. 20bls Militärorganisation einer spätem Zeit vorbehalten bleiben.

Für den Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 1939 waren folgende Gedanken wegleitend: Nach Art. 20
Militärorganisation und der Verordnung vom 3. April 1939 über die Hilfsdienste hat der Hilfsdienstpflichtige auf Grund einer gesetzlichen Pflicht einzurücken. Sein Dienst (Instruktionsdienst und aktiver Dienst) ist als Militärdienst erklärt. Der Freiwillige ist grundsätzlich dem Hilfsdienstpflichtigen gleichgestellt. Trotzdem es sich dabei um Leute handelt, die zur Leistung des vollen Militärdienstes nicht tauglich befunden worden sind, die also immer gewisse körperliche Fehler und Schwächen aufweisen, müssen sie zum Teil wenigstens im engsten Kontakt mit der Truppe Dienst leisten. Wenn

657 einerseits aus fiskalischen Interessen eine weitgehende Einschränkung der Haftpflicht der Militärversicherung als geboten erschien, so durfte andererseits die moralische Verpflichtung des Staates, der in Kenntnis ihrer körperlichen Mang'elhaftigkeit von diesen Leuten zum Teil doch Leistungen wie von Soldaten verlangt, nicht übersehen werden. Es musste eine Lösung gefunden werden, die neben einer gerechten Kisikoverteilung auch eine praktisch durchführbare, einfache Eegelung vorsieht.

Nach dem Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 1939 ist der Hilfsdienstpflichtige auf Grund der geltenden Bestimmungen des Militärversicherungsgesetzes gegen Folgen von Unfällen und Krankheit versichert mit verschiedenen Einschränkungen der Haftpflicht. Diese Einschränkungen sind kurz folgende: 1. Es wird auf das reine Kausalitätsprinzip abgestellt und der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen der Schädigung und dem geleisteten Dienst dem Ansprecher überbunden.

2. Die nachdienstliche Meldung von Erkrankungen oder Unfallfolgen, die innert Jahresfrist gemäss Art. 7 Militärversicherungsgesetz noch möglich ist, wird aufgehoben. Solche Schädigungen müssen innert 80 Tagen nach Entlassung des Mannes aus dem Dienst gemeldet werden. Für alle spätem Meldungen fällt eine Haftpflicht weg.

3. Neben der Kürzung der Anmeldefrist ist auch eine Beschränkung der Wirkung der Anmeldung erforderlich. Nach der heutigen Praxis gilt der einmal bei der Militärversicherung angemeldete Patient für alle Zeit für Spätfolgen angemeldet. Diese für die Militärversicherung, den Fiskus und selbst für die Moral des Militärpatienten sehr nachteilige Praxis kann nur durch ausdrückliche Beschränkung der Wirkung der Anmeldung beseitigt werden. Mit dem Abschluss des Behandlungsfalles durch die Militärversicherung fällt die Wirkung der Anmeldung dahin und wo es sich um einen nur im Dienst gemeldeten, von der Militärversicherung nicht behandelten Fall handelt, fällt die Wirkung dieser Meldung nach 30 Tagen seit der Entlassung dahin. So gilt jede spätere Krankmeldung als Neumeldung, die als verspätet aus der Haftpflicht fällt.

Einzig für solche Spätfolgen einer Erkrankung oder eines Unfalles, die noch innert 6 Monaten nach Hinfall der Wirkung der Anmeldung festgestellt und angemeldet werden, bleibt die Haftpflicht bestehen, wenn der Ansprecher bereits
früher gemäss Art. 18 des Militärversicherungsgesetzes gemeldet war und er nachweist, dass das neue Leiden mit seinem früher gemeldeten Leiden in ursächlichem Zusammenhang steht.

4. Bei einer Dienstleistung von nicht mehr als 3 Tagen ist der Hilfsdienstpflichtige nur gegen die Folgen von Unfällen versichert. Eine Haftung für Krankheit fällt bei so kurzen Dienstleistungen dahin.

Für die Angehörigen der Organisationen des passiven Luftschutzes rechtfertigt sich für die Zeit des aktiven Dienstes dieselbe Eegelung der Versicherungsfragen wie für die Hilfsdienstpflichtigen. Die Luftschutzpflicht ist eine

658 gesetzliche Pflicht im Interesse der Landesverteidigung.. Das Aufgebot des Luftschutzes zum aktiven Dienst erfolgt wie für die Armee durch den Bundesrat.

Ein grosser Teil der Luftschutzpflichtigen wird aus den Hilfsdienstpflichtigen rekrutiert. Die Organisationen des passiven Luftschutzes sind vereidigt wie die Armee.

2. Bundesratsbeschluss vom 12. Januar 1940 betreffend Sold- und Krankengeldleistungen an kranke Wehrmänner (A. S. 56, 62).

Nach Art. 19, Abs. 2, des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1901 betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall bezieht der im Dienste erkrankte oder verunfallte Wehrmann neben kostenfreier Verpflegung und Behandlung den Gradsold bis zur Entlassung der Truppe und nachher ein tägliches Krankengeld.

Diese auf den Friedensdienst zugeschnittene Eegelung mit Diensten von zum vorneherein feststehender Dauer passt nicht für den gegenwärtigen Aktivdienst. Sie führt zu grossen Ungleichheiten, je nachdem ein Militärpatient einer Einheit angehört, die als solche schon einmal entlassen worden ist oder nicht. Auch in administrativer Hinsicht führt diese Friedensregelung zu Unzukömmlichkeiten, indem die Erhebungen über die Verdienstverhältnisse, die als Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes dienen, bei der grossen Zahl der Militärpatienten erhebliche Verzögerungen veranlassten. Durch den Bundesratsbeschluss vom 12. Januar 1940 wurde für die Dauer des aktiven Dienstes eine neue Eegelung in dem Sinne getroffen, dass alle im Dienste erkrankten oder verunfallten Wehrmänner einheitlich für die ersten 45 Tage den Gradsold beziehen und erst vom 46. Tag hinweg das Krankengeld, unbekümmert darum, ob seine Einheit im Dienste steht oder nicht. Da erfahrungsgemäss innert 45 Tagen die Mehrzahl der Versicherungsfälle zum Abschluss gelangt, erübrigen sich hier die Erhebungen über den Verdienstausfall. Der von vorneherein feststehende Sold kann ohne weiteres ausgerichtet werden. Diese einheitliche Eegelung für die Dauer des Aktivdienstes rechtfertigt sich aber auch im Hinblick auf die Berechtigung zum Bezug der Notunterstützung und Lohnausfallentschädigung, indem dieser Anspruch einheitlich für so lange besteht, als der Sold ausgerichtet wird.

IV. Passiver Luftschutz.

1. Bauliche Massnahmen.

Die Leistung von Beiträgen für Luftschutzzwecke ist geregelt im
Bundesbeschluss vom 18. März 1987 betreffend die Förderung baulicher Massnahmen im passiven Luftschutz (A. S.'53, 168) und in der zugehörigen Verordnung vom 24. August 1937. Diese Vorschriften setzen einerseits die Höhe der Beiträge fest und regeln anderseits das Verfahren. Andere Fragen, die sich im Zusammenhang mit den Luftschutzbauten erheben, ordnen sie nicht.

Seither wurden von verschiedenen Seiten Wünsche laut, die auf eine Erhöhung der Beiträge, aber auch auf eine Ergänzung der Vorschriften über bau-

659 liehen Luftschutz überhaupt abzielten. Diese Wünsche verdichteten sich in ein schon vor der Mobilmachung angenommenes Postulat des Nationalrates, dahin gehend, dass eine vermehrte Beitragsleistung des Bundes verlangt wurde.

Und schliesslich drängte dann auch der Kriegsausbruch in Europa zu einem Ausbau der Schutzmassnahmen. Der Bundesrat ordnete die Fragen im Beschluss vom 17. November 1989 b e t r e f f e n d vermehrte Förderung baulicher Massnahmen für den L u f t s c h u t z (A. S. 55, 1425). Durch diesen Beschluss wurde der Bundesbeitrag für private Luftschutzbauten von bisher 10 % auf nunmehr 15 % erhöht; damit tritt auch eine entsprechende Erhöhung der kantonalen und Gemeindebeiträge ein, die zusammen mindestens 15 % ausmachen müssen. Es hat sich bereits gezeigt, dass der Gesamtbeitrag von 80 % geeignet ist, die Bautätigkeit auf dem Gebiete des passiven Luftschutzes wesentlich anzuregen. Für die Bundesbeiträge steht vorläufig noch der im Eahmen des Bundesbeschlusses vom 11. Juni 1936 über die Verstärkung der Landesverteidigung (A. S. 52, 494) bewilligte Betrag von fünf Millionen Franken zur Verfügung; es wird aber in absehbarer Zeit mit einem weiteren Kredit gerechnet werden müssen.

Der Beschluss vom 17. November 1939 ordnet ferner (subsidiär) die Kostenverteilung zwischen Eigentümer und Mieter, wobei festzustellen ist, dass die Belastung des einzelnen Eigentümers oder Mieters durchaus tragbar ist, handelt es sich hier doch keineswegs um kostspielige Bauten, sondern um behelfsmässige Einrichtungen, die beispielsweise für ein Miethaus mittlerer Grosse regelmässig nicht mehr als 1000 Fr. ausmachen.

Von einem allgemeinen Obligatorium wurde im Hinblick auf die grosse Verschiedenartigkeit der Verhältnisse von Ortschaft zu Ortschaft abgesehen, dagegen erhielten die Gemeinden das Eecht, in den meistgefährdeten Zonen die Durchführung baulicher Massnahmen zu erzwingen.

2. Luftschutzorganisationen.

Die Luftschutzorganisationen sind auf Grund des Bundesbeschlusses vom 29. September 1934 betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung (A. S. 50, 666) geschaffen worden; auf ihm beruhen die Erlasse organisatorischer Art, deren erster die Verordnung vom 29. Januar 1935 über die Bildung örtlicher Luftschutzorganisationen war (A. S. 51, 72). Die Straf bestimmungen wurden festgelegt im
Bundesbeschluss vom 24. Juni 1938 betreffend Strafvorschriften für den passiven Luftschutz (A. S. 54, 697).

Der Luftschutz stand somit von jeher unter seinem eigenen Eecht; ihn einfach der Militärgesetzgebung zu unterstellen, war im Hinblick auf seine besondern Aufgaben nicht möglich, dies auch schon deshalb nicht, weil er nicht bloss seine eigentlichen Organisationen umfasst, vielmehr sehr viele seiner Massnahmen und Vorschriften sich auf die ganze Bevölkerung oder grosse Teile derselben erstrecken.

Trotzdem ist es klar, dass enge Zusammenhänge zwischen Armee und Luftschutz bestehen, geschieht doch beispielsweise deren Aufgebot gemeinsam.

660

Auch blieb es von Anfang an dem Bundesrat vorbehalten, mit dem Aufgebot der Luftschutzorganisationen zum aktiven Dienst über die Anwendbarkeit der Militärgesetze Beschluss zu fassen. Nachdem die Angleichung an die für die Armee geltenden Bestimmungen auf den Gebieten des Militärpflichtersatzes und der Tffilitärversicherung bereits erfolgt war, hat der Bundesrat in seinem Beschluss vom 16. Februar 1940 b e t r e f f e n d L u f t s c h u t z o r g a n i s a tionen w ä h r e n d des Aktivsdienstes ( O r g a n i s a t o r i s c h e s und S t r a f v o r s c h r i f t e n ) (A. S. 56, 174) 'die Unterstellung unter das Militärstrafrecht und die militärische Disziplinarordnung verfügt, soweit dies im Hinblick auf die besondern Verhältnisse des Luftschutzes wichtig schien. Eine weitere Anpassung erfolgte mit Bezug auf die Ernennung von Luftschutzoffizieren.

Dieser Schritt war um so angezeigter, als bereits ein Drittel der Luftschutzpflichtigen schon als Hilfsdienstpflichtige dem Militärrecht unterstand.

V. Verschiedenes.

Bundesratsbeschlüss vom 2. Februar 1940 über das Verbot unbefugter Verwendung der militärischen Uniformen und Abzeichen (A. S. 56, 183).

Die Tatsache, dass sich ein Fall ereignet hat, bei dem die Beschaffung und Benützung der Armeeuniform durch eine dem schweizerischen Heere nicht angehörende Person, die Begehung von unerlaubten Handlungen erleichtert haben, führte zur Überprüfung der Frage des strafrechtlichen Schutzes der Uniform und der Abzeichen der schweizerischen Armee gegen missbräuchliche Verwendung. Da zurzeit nun in vereinzelten Kantonen, entsprechen de Bestimmungen vorliegen, hat der Bundesrat im Interesse einer einheitlichen Eegelung und um der missbräuchlichen Verwendung der Uniform insbesondere zu Spionagezwecken wirksam entgegentreten zu können, den Beschluss über das Verbot unbefugter Verwendung der militärischen Uniform und Abzeichen erlassen. In diesem Zusammenhang wird auf Art. 331 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (A. S. 54, 757), der das unbefugte Tragen der militärischen Uniform unter Strafe stellt, verwiesen.

Bundesratsbeschlüss vom 13. Februar 1940 betreffend Festsetzung der an die Kantone für den Unterhalt und die Instandstellung der Bekleidung und persönlichen Ausrüstung während des Aktivdienstes zu leistenden Entschädigung (A. S. 56,163).

Die vom Bund den Kantonen für Unterhalt und Instandstellung der Bekleidung und persönlichen Ausrüstung gemäss Art. 158, letzter Absatz, der Militärorganisation zu leistende Entschädigung betrug seit dem Jahre 1920 Fr. 4 pro Mann und wurde durch Beschluss der Bundesversammlung vom 19. Dezember 1934 (A. S. 50, 1404) mit Wirkung von 1935 hinweg auf Fr. 3.50 herabgesetzt.

Diese einheitliche Berechnungsart ging von der Annahme aus, dass im Durchschnitt, auf den Mann berechnet, die Kosten für den Unterhalt der per-

661 sönlichen Ausrüstung in Händen der Wehrmänner und in der Eeserve in allen Kantonen ungefähr dieselben sein dürften.

So angezeigt diese Entschädigungsart in Friedenszeiten ist, so unanwendbar erweist sie sich in Zeiten des Aktivdienstes.

Die Leistungen der Ausrüstungsverwaltungen der einzelnen Kantone sind mit Beginn des Aktivdienstes sehr ungleich geworden. Der Nachschub für die im Felde stehenden Truppen" und die Eetablierung bei vorübergehenden Truppenentlassungen bedingen ausserordentliche Massnahmen. So mussten beispielsweise einzelne kantonale Kriegskommissariate mit der Instandstellung der gesamten auf dem Bückschubweg zurückgelangenden Gegenstände der Bekleidung und Ausrüstung beauftragt werden. Die Arbeiten.sind daher ohne Kücksicht auf die kantonale Zugehörigkeit der Wehrmänner auszuführen.

Wenn infolgedessen einzelne Zeughausverwaltungen bedeutend mehr zu tun haben als in Friedenszeiten, so werden andere wiederum heute durch die Evakuierung der darin magaziniert gewesenen Eeserven der Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände viel weniger beansprucht.

Endlich sind den kantonalen Ausrüstungsanstalten durch die Ausrüstung der Hilfsdienstpflichtigen noch neue Aufgaben entstanden. Auch ohne Kriegsmobilmachung wären hier, wenigstens teilweise, neue Pflichten entstanden, so dass die Entschädigungsfrage in diesem Punkte wohl ohnehin hätte neu geregelt werden müssen.

Die oben geschilderten Verhältnisse führten schon während des Aktivdienstes von 1914 bis 1918 zu einer Abänderung der Berechnungsart der Entschädigung an die Kantone für Unterhalt und Instandstellung der Bekleidung und persönlichen Ausrüstung. Damals wurden den Kantonen vom Zeitpunkt der Mobilmachung an die tatsächlichen Kosten vergütet, die ihnen aus dem Unterhalt der Eeserven und aus der Instandstellung der in dieselben nach Eetablierungen und infolge Eückschüben zurückfliessenden Gegenstände der Bekleidung und persönlichen Ausrüstung erwachsen waren; siehe Bundesratsbeschluss vom 23. April 1915, A. S. 31, 105).

Diese Entschädigungsart dürfte für Zeiten des Aktivdienstes als die zweckmässigste angesehen werden. Entgegen der Eegelung im Jahre 1915 musste aber die Neuordnung bereits für das ganze Jahr 1939 anwendbar erklärt werden, da sich die Unterscheidung in die Zeit vor und nach der Mobilmachung nicht bewährt hat und aus
folgendem Grunde nicht angebracht ist: In einigen Kantonen haben die Wiederholungskurse des Jahres 1939 vor dem 1. September 1939 stattgefunden, so dass bis zum Zeitpunkt der Kriegsmobilmachung die ordentliche Eetablierung bereits stattgefunden hatte, d. h. dass die betreffenden kantonalen Ausrüstungsanstalten ihren Pflichten bezüglich Unterhalt und Instandstellung der Bekleidung und der persönlichen Ausrüstung bereits nachgekommen waren; in andern Kantonen hingegen waren mit Eücksicht darauf, dass die Wiederholungskurse erst nach dem 1. September 1939 abgehalten werden sollten, noch keine derartigen Arbeiten auszuführen.

Bundesblatt. 92. Jahrg. Bd. I.

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662 Bundesratsbeschluss vom 29. März 1940 betreffend die Ausrichtung von ausserordentlichen Entschädigungen für Leistungen der Gemeinden zugunsten der Truppen während des Aktivdienstes (A. S. 56, 285).

In der Antwort vom 4. Dezember 1939 auf die Kleine Anfrage Escher vom 21. September 1939 hat sich der Bundesrat bereit erklärt, den Gemeinden hinsichtlich der Ausrichtung von ausserordentlichen Entschädigungen für Leistungen zugunsten der Truppen in ähnlicher Weise entgegenzukommen, wie dies während des Aktivdienstes 1914--1918 der Fall war (vgl. Bundesratsbeschlüsse vom 5. November 1915, A. S. 31, 373, und 14. Dezember 1918, A. S. 34, 1221).

Ein erster Schritt in dieser Eichtung bedeutete der Bundesratsbeschluss vom 3. November 1939 betreffend Entschädigungen für Unterkunft der höhern Stäbe (A. S. 55, 1320).

Der Bundesratsbeschluss vom 29. März 1940 geht grundsätzlich davon aus, Eahmenansätze aufzustellen, innerhalb welcher die Gemeinden unter Würdigung aller Umstände im Einzelfalle für ihre Leistungen zugunsten der Truppen entschädigt werden können.

Die Aufwendungen für die Gratislogis der Offiziere der Stäbe, die gegenüber früher an Zahl zugenommen haben und meistens einen grössern Bestand an Offizieren aufweisen, sowie für die in vermehrtem Masse benötigten Bureaux der Stäbe, die ebenfalls unentgeltlich anzuweisen sind, dürften die Hauptbelastung der Gemeinden ausmachen. Die Entschädigung für die Logis der Offiziere der Stäbe kann sich, je nach den Verhältnissen, im Eahmen von 25 bis 75 Eappen pro Offizier und Nacht bewegen, während sie für die Zeit des Aktivdienstes 1914--1918 50 Eappen betragen hat.

Für die Unterbringung der Truppe sah der Bundesratsbeschluss vom 5. November 1915 eine Entschädigung von 2 Eappen für jeden Mann und jedes Pferd, vom sechsten Monat der Mobilmachung an gerechnet, vor, die mit Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1918 rückwirkend auf den Zeitpunkt des erstgenannten Beschlusses um l Eappen erhöht wurde. In der in Art. 3 des Bundesratsbeschlusses vom 29. März 1940 vorgesehenen Kantonneraentsentschädigung von 3 Eappen für jeden Mann oder jedes Pferd und jede Nacht ist die Vergütung für die Bureaux der Einheiten und den Wasserverbrauch inbegriffen, da eine unentgeltliche Anweisung der Bureaux für die Einheiten in Art. 31 M. 0. nicht vorgesehen ist und von Gemeinden
mit Wasserversorgung immer häufiger Entschädigungen für den Wasserverbrauch geltend gemacht werden.

Die Benützung von Zivilküchen liegt sehr im Interesse der Schonung dès Korpsmaterials, namentlich der Selbstkocherkisten. Zur Hauptsache werden sich Grenz-, Territorial- und Landsturmtruppen solcher Küchen bedienen.

Die Benützung von Werkstätten hat im Vergleich zur Mobilmachung 1914--1918 an Bedeutung zugenommen, da diese heutzutage fast überall mit Maschinen ausgerüstet sind. Art. 5 des Entwurfes regelt indessen nur die Entschädigung für die Inanspruchnahme der Werkstätten. Die Benützung

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von Werkzeugen und Maschinen dagegen ist so vielgestaltig und verschieden, dass dafür besondere Tarife aufgestellt werden müssen.

Endlich sieht die Übergangsbestimmung in Art. 7 die Möglichkeit der Ausrichtung angemessener Beiträge an Gemeinden vor, deren Mittel durch die Belegung mit Truppen seit der Mobilmachung übermässig in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

Bundesratsbeschluss vom 29. März 1940 betreffend die Erledigung von Forderungen für Land- und Sachschaden während des Aktivdienstes (A. 8. 56, 288).

Wie schon in den Jahren 1914--1918 (vgl. Bundesratsbeschluss vom 18. September 1914; A. S. 30, 479), so ergab sich auch für den gegenwärtigen Aktivdienst die Notwendigkeit einer besondern Eegelung der Entschädigungsfragen in bezug auf Land- und Sachschaden, der von der Truppe verursacht wird.

Die Neuordnung wird hauptsächlich durch die von der Truppe in grossem Umfange erstellten Befestigungsanlagen beeinflusst, lehnt sich im übrigen, abgesehen von einzelnen Ausnahmen, an die in Friedenszeiten geltenden Vorschriften und an die bisherige Praxis an. Es handelt sich im vorliegenden um die Erledigung von Entschädigungsansprüchen für Beschädigungen (Landund Sachschäden), die bei bewusster und gewellter Inanspruchnahme fremden Eigentums (Art. 33 und 203, Abs. 2, der Militärorganisation), die für die Erfüllung der Aufgaben der Armee nötig wird, entstanden sind.

Nicht unter die. Bestimmungen dieses Beschlusses (A. S. 56, 288) fallen Ansprüche, die für Personen- und Sachschaden infolge von Unfällen geltend gemacht werden. Die Erledigung derartiger Ansprüche ist in einem besonderen Bundesratsbeschluss (vgl. A. S. 56, 293) geregelt.

Die in Art. 290 des Verwaltungsreglements vorgesehene Frist von 5 Tagen zur Anmeldung von Schäden hat sich in der Praxis als zu kurz erwiesen und ist daher auf 10 Tage erhöht worden. Art. 3, Abs. 2, des Beschlusses trägt gewissen Einzelfällen Rechnung, die infolge besonderer Verumständungen nicht innert 10 Tagen nach deren Entstehung dem Geschädigten zur Kenntnis gelangen konnten.

Neu ist in Art. 5, Abs. 2, die Bestimmung, dass der Oberfeldkommissär in den Fällen entscheidet, in denen sich die beiden Mitglieder der Schatzungskommission nicht einigen können, was eine Vereinfachung gegenüber dem bisherigen Verfahren bedeutet (vgl. Art. 283 des Verwaltungsreglements).
Die Weiterziehung der Entscheide wird insofern einer Abänderung unterworfen, als das Oberkriegskommissariat zur Vereinfachung des Verfahrens als erste Eekursinstanz ausgeschaltet wird (vgl. die bisherige B.egelung in Art. 37 bis 41 der Verordnung vom 15. Februar 1929 über die Bekurskommission der eidgenössischen Militärverwaltung; A. S. 45, 41).

Bei Land- und Sachschaden, verursacht durch militärische Anlagen (Befestigungswerke, Hindernisse, Verbindungswege usw.) ist vorgängig der Inanspruchnahme von Grundeigentum und nach erfolgter Fühlungnahme mit den Eigentümern ein Protokoll nach besonderem Formular über die durch

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die Truppe benötigten Grundstücke (Land, Wald, Gebäude) aufzunehmen.

Dieses Protokoll dient zur Sicherung des Beweises wie auch zur Kontrolle über das beanspruchte Grundeigentum und die geleisteten Entschädigungen (Art. 11).

Die Anmeldung der Schäden, verursacht durch militärische Anlagen, erfolgt wie in den übrigen Fällen von Land- und Sachschaden (Art. 12). Dagegen wird in diesen Fällen davon abgesehen, die Schadenanzeige an eine Frist zu binden. Die Verhältnisse liegen hier anders als bei Landschaden infolge blosser Truppenübungen. Kulturschaden, Ertragsausfall, sowie schwerwiegende Inkonvenienzen sind denn auch in der Regel periodisch abzuschätzen und zu entschädigen, weil eben die Beanspruchung fremden Eigentums von längerer Dauer ist.

Bei dauernden militärischen Anlagen (Betonbauten usw.), dürfte in der Eegel der sofortige Erwerb des dazu erforderlichen Landes oder die Errichtung entsprechender Dienstbarkeiten zugunsten des Bundes angezeigt sein. Das Armeekommando bezeichnet dem eidgenössischen Militärdepartement diese Anlagen, sowie den für diese zu beanspruchenden Grund und Boden. Der Landerwerb, sowie die Errichtung allfälliger Dienstbarkeiten ist dagegen Sache des eidgenössischen Militärdepartements, das erforderlichenfalls berechtigt ist, den Weg der Enteignung zu beschreiten.

Bundesratsbeschluss vom 29. März 1940 über die Erledigung von Forderungen für Unfallschäden während des Aktivdienstes (A. S. 56, 293).

Im Gegensatz zu den Entschädigungsforderungen für Land- und Sachschaden als Folge einer bewussten und gewollten Inanspruchnahme fremden Eigentums durch die Truppe, deren Erledigung nach einem besondern Verfahren durchzuführen ist (vgl. A. S. 56, 288), handelt es sich bei diesem Bundesratsbeschluss um Ersatzansprüche aus Unfalltatbeständen, bei deren Erledigung im allgemeinen Rechtsfragen (Entlastungsbeweis, Rückgriff) eine Rolle spielen.

Der Beschluss sieht in Art. l die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Haftung des Bundes für Unfallschäden bei militärischen Übungen nach Art. 27--29 der Militärorganisation während der Zeit des Aktivdienstes vor, wobei diese Haftung jedoch in Art. 2 eine Einschränkung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. insbesondere BGE 47, II, S. 497 ff.) erfährt.

Neu ist in Art. 3 die Bestimmung über die Verjährung der
Schadenersatzansprüche, die der Unsicherheit, die sich bisher in dieser Beziehung bei der Behandlung von Ersatzforderungen ergeben hat, eine Ende setzt.

Abgesehen von diesen Bestimmungen materieller Natur, enthält der Beschluss entsprechende Verfahrensvorschriften, deren Erlass gemäss Art 47 des Bundesgesetzes vom 11 Juni 1928 über die eidgenössische Verwaltungsund Disziplinarrechtspflege in die Zuständigkeit des Bundesrates fällt.

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Bei den Unfallschäden sind grundsätzlich die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen und die Verursachung von Sachbeschädigungen auseinanderzuhalten. Für die Beurteilung von Streitigkeiten bei Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen infolge Unfall bleibt die Zuständigkeit des Bundesgerichts gemäss Art. 17, Buchstabe fc, in Verbindung mit Art. 47 des genannten Bundesgesetzes vom 11. Juni 1928 vorbehalten. In Fällen, bei denen ein und dasselbe Unfallereignis neben einem Personenschaden zugleich eine Sachbeschädigung zur Folge hat, entscheidet ebenfalls das Bundesgericht. Dementsprechend wird auch die Frage der Zuständigkeit für die Beurteilung allfälliger Eegressansprüche in Art. 11 behandelt. Diese Eegelung erfolgte im Einvernehmen mit dem Bundesgerieht.

E. Finanz- und Zolldepartement.

I. Finanzverwaltung.

a. Finanzhaushalt.

1. Nachdem die Bundesversammlung am 11. April 1940 dem Bundesbeschluss über Massnahmen zur Tilgung der ausserordentlichen Wehraufwendungen und zur Ordnung des Finanzhaushaltes des Bundes zustimmte, hat der Bundesrat am 30. April 1940 (A. S. 56, 410) einen Teil der im genannten Bundesbeschluss vorgesehenen Massnahmen in Kraft gesetzt. Vorher hat er gemäss Art. 6 des Bundesbeschlusses vom 80. August 1939 über Massnahmen zum Schütze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität die von ihm in Aussicht genommenen Massnahmen den Vollmachtenkommissionen beider Bäte zur Begutachtung vorgelegt. Diese Begutachtung ist in zustimmendem Sinne erfolgt.

Es handelt sich bei dem vom Bundesrat unter Datum vom 30. April erlassenen Beschluss über Massnahmen zur Tilgung der ausserordentlichen Wehraufwendungen und zur Ordnung des Finanzhaushaltes des Bundes um die Bestimmungen über das Wehropfer, die Wehrsteuer und die Umsatzsteuer, um die Beschlüsse über die Entnahme aus dem Währungsausgleichsfonds, die Verlängerung des bisherigen Finanzübergangsrechtes und die provisorische Begelung der Leistungen des Bundes an die Alters- und Hinterlassenenversicherung und -fürsorge.

Die materiellen Änderungen gegenüber der von der Bundesversammlung angenommenen Vorlage erklären sich zur Hauptsache daraus, dass alle neuen Steuermassnahmen in den Dienst der Verzinsung und Amortisation der Wehrschuld gestellt werden und dass die Eegelung der Bundesfinanzen auf später verlegt wird. In den Steuermassnahmen
haben mit Ausnahme einer gewissen Erleichterung (Heraufsetzung des steuerfreien Minimums für die Vennögensergänzungssteuer bei der Wehrsteuer von Fr. 5000 auf Fr. 10 000) die Ansätze gegenüber der von der Bundesversammlung genehmigten Vorlage keine Änderung erfahren. Eine wesentliche Abweichung dagegen besteht in der

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Neuordnung der kantonalen Anteile an der Wehrsteuer. Die Kantone behalten von dem von ihnen erhobenen Teil der Wehrsteuer 30 % statt 25 % zurück, während dann dafür ihr Anteil an der Quellensteuer, der nach der Bevölkerung verteilt werden soll, auf 20 % ermässigt wird. Das rechnerische Ergebnis wird das sein, dass der Gesamtanteil der Kantone an der Wehrsteuer sich von 25 % auf ca. 26 % erhöhen wird. Durch diese Neuregelung dürfte der in der Bundesversammlung stark diskutierte und umstrittene Teil der Wehrsteuer eine Lösung erfahren haben, die annehmbar sein sollte.

Der Beschluss ist befristet bis zum 81. Dezember 1945.

Wenn der Bundesrat entgegen seiner ursprünglichen Absicht auf Grund der ihm von der Bundesversammlung erteilten Vollmachten handelte und damit darauf verzichtete, den normalen Gang der Inkraftsetzung des Verfassungsartikels einzuhalten, so geschah dies mit Eücksicht auf die internationalen politischen und kriegerischen Verhältnisse. Die scharfe Zuspitzung der Lage erfordert, dass innenpolitische Auseinandersetzungen, wie sie ein Abstimmungskampf bringen könnte, nach Möglichkeit zu vermeiden sind. Sie lässt es auch als dringend wünschbar erachten, dass die vorgesehenen Massnahmen zur Finanzierung unserer Wehrbereitschaft so rasch als möglich in Kraft gesetzt werden können. Auf diese Weise soll es möglich sein, dass von den neuen Steuermassnahmen das Wehropfer noch dieses Jahr mit seiner ersten Bäte fällig wird und dass Wehrsteuer und Umsatzsteuer spätestens zu Beginn des Jahres 1941 in Kraft treten.

2. Am 27. Dezember 1938 (Bundesblatt 1938, II, 1157) hat der Bundesrat der Bundesversammlung ein Programm für den weitern A u s b a u der Landesverteidigung mit einem Gesamtaufwand von 350 Millionen Franken vorgelegt. Zur Durchführung der ersten Etappen dieses Programms sind durch BundesbescHuss vom 8. Juni 1939 (A. S. 55, 572) ein Kredit von 190 Millionen Franken und durch Bundesratsbeschluss vom 30. Oktober 1939 ein solcher von 40 Millionen Franken bewilligt worden. Gestützt auf Art. 3 des Vollmachtenbeschlusses hat der Bundesrat dem Militärdepartement am 26. März 1940 einen weitern Kredit von 90 Millionen Franken für den Ausbau von Befestigungen im Landesinnern eröffnet.

3. In Art. 4 des Vol machtenbeschlusses ist dem Bundesrat die Ermächtigung zur Aufnahme von Anleihen erteilt. Gestützt
hierauf stimmte der Bundesrat am 24. Februar 1940 der Aufnahme einer Landesverteidigungsanleihe zu. Der Anleihensbetrag wurde auf 200 Millionen Franken festgesetzt unter dem Vorbehalt, den Betrag im Falle der Überzeichnung zu erhöhen. Die Laufzeit ist auf 10 Jahre beschränkt mit Kündigungsrecht des Bundes nach Ablauf von 7 Jahren. Das Anleihen wird während der ersten vier Jahre zu 3% % und nachher zu 4 % verzinst. Die E,mission erfolgte zu 99,4 % zuzüglich 0,6 % für den eidgenössischen Titelstempel. Die Anleihe wird in üblicher Weise kotiert werden. Ihre Titel und Buchforderungen werden vom Bunde zum Preise von 99,4 % zur Entrichtung des Wehropfers an Zahlungsstatt genommen

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in der Weise, dass jede Jahresrate zur Hälfte in Titeln und Buchforderungen und zur Hälfte bar geleistet werden kann. Die Anleihe, die vom 2. bis 11. März 1940 zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt worden ist, brachte einen Nettoertrag von rund 221 Millionen Franken.

b. Dienstverhältnis des Bundespersonals.

1. Bei der Beschlussfassung des Bundesrates vom 15. September 1939 über das Dienstverhältnis und die Bezüge des Bundespersonals während des Aktivdienstzustandes (A. S. 55, 1005) waltete von Anfang an die Meinung, dass die Bestimmungen über die Lohnkürzung als vorläufig zu betrachten seien und dass bei längerer Dauer der Kriegsmobilmachung darauf im Sinne einer weitergehenden Herabsetzung der Dienstbezüge zurückzukommen sei.

Durch den Bundesratsbeschluss vom 23. Januar 1940 über den Lohnanspruch der im Aktivdienst stehenden Bundesdienstpflichtigen (A. S. 56, 94) sind die Art. 8 bis 12 des genannten Bundesratsbeschlusses vom 15. September 1939 sowie der Bundesratsbeschluss vom 14. November 1939 über die Abänderung und Ergänzung des Beschlusses vom 15. September 1939 ersetzt worden.

Eine Wegleitung des Finanz- und Zolldepartements vom 29. Januar 1940 ordnet die Vollziehung des Bundesratsbeschlusses vom 23. Januar 1940 (Lohnanspruch bei Aktivdienstleistung) und des Bundesratsbeschlusses vom 20. Dezember 1939 über eine provisorische Eegelung der Lohnausfallentschädigungen an aktivdiensttuende Arbeitnehmer (Lohnersatzordnung) für die allgemeine Bundesverwaltung. Entsprechende Verfügungen der Generaldirektion der PTT-Verwaltung und der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen regehi diese Fragen für ihren Bereich.

2. Die Vorschriften über die Soldanrechnung auf die Dienstbezüge des Bundespersonals finden nach. Bundesratsbeschluss vom 23. Januar 1940 mit Wirkung ab 1. Februar 1940 auch Anwendung auf die Bezüger von Renten einer der beiden Personalversicherungskassen des Bundes.

3. An die Wiederwahl von Beamten, die im L a u f e der Amtsdauer 1939/41 das 65. Altersjahr überschreiten, ist der Vorbehalt geknüpft worden, dass sie auf das Ende des Kalenderjahres, in welchem sie das 65. Altersjahr vollenden, von ihrem Amte zurückzutreten haben. Mit dieser Bestimmung sollte einer Veralterung des Personalbestandes vorgebeugt und Raum für junge Kräfte geschaffen werden. Die wegen der Mobilisation
grundlegend geänderten Verhältnisse erfordern vorübergehend eine Regelung, die der neuen Sachlage Rechnung trägt. Durch Bundesratsbeschluss vom 8. Dezember 1939 sind die Amtsstellen ermächtigt worden, unter dem genannten Vorbehalt wiedergewählte Beamte über das Kalenderjahr, in dem sie die Altersgrenze überschreiten, hinaus solange im bisherigen Dienstverhältnis zu behalten, als es die durch die Kriegsmobilmachung geschaffene Lage erfordert, vorausgesetzt, dass das Amt nicht unbesetzt bleiben kann, die sofortige Wieder-

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besetzung Schwierigkeiten bietet und der bisherige Amtsinhaber es noch vollwertig besorgen kann.

4. Nach dem Bundesratsbeschluss vom 15. September 1939 über das Dienstverhältnis und die Bezüge des Bundespersonals während des Aktivdienstes geben ausserordentliche Dienstleistungen oder Stellvertretungen in einem höher eingereihten Amt im Gegensatz zum Beamtengesetz keinen Anspruch auf besondere Vergütung. In weiterer Verfolgung der Forderung, dass auf dem Personalaufwand weitergehende Einsparungen zu verwirklichen sind, hat der Bundesrat mit Beschluss vom 11. Dezember 1989 bestimmt, dass auf Beginn des Jahres 1940 und solange der gegenwärtige Aktivdienstzustand andauert, Amtsträger an ein höher eingereihtes Amt nur gewählt oder befördert werden dürfen, wenn ihnen ein grundsätzlich neuer Aufgabenkreis mit erhöhten Anforderungen zugewiesen wird, sei es, dass der bisherige Amtsträger ausgeschieden ist, oder dass dem Verwaltungszweig neue Aufgaben zugewiesen wurden.

u. Steuerverwaltung.

1. Durch Beschluss vom 28. November 1939 über den Militärpflichtersatz während des Aktivdienstes (A. S. 55, 1446) hat der Bundesrat den Militärpflichtersatz für das Jahr 1939 und bis auf weiteres auf das Doppelte des nach der ordentlichen gesetzlichen Eegelung geschuldeten Betrages erhöht.

Diese · Massnahme stellt eine Anpassung an die erhöhten Lasten dar, die die Militärdienstpflichtigen infolge der Mobilisation zu tragen haben. Für die Jahre 1914 bis 1918 hatte die Bundesversammlung in Anwendung von Art. 8 des BG vom 28. Juni 1878 betreffend den Militärpflichtersatz eine entsprechende Massregel getroffen.

2. Mit Beschluss vom 12. Januar 1940 (A. S. 56, 45), in Kraft getreten am 15. Januar 1940, hat der Bundesrat die Erhebung einer eidgenössischen Kriegsgewinnsteuer angeordnet, deren Ertrag zur Deckung der Aufwendungen für die. Kriegsmobilmachung bestimmt ist. Angesichts der heutigen Verhältnisse und der auf dem Gebiete der Preis- und Fremdenkontrolle getroffenen Massnahmen wird die Möglichkeit, ausserordentliche Gewinne zu erzielen, geringer sein als während des Weltkrieges. Fiskalisch wird deshalb der neuen Kriegsgewinnsteuer voraussichtlich nicht die Bedeutung der ersten zukommen.

Der neue Beschluss trägt den Erfahrungen, die in den Jahren 1916 bis 1920 gemacht worden sind, Eechnung. In materieller Beziehung
sind gewisse Härten, die der ersten Kriegsgewinnsteuer zum Vorwurf gemacht worden sind, beseitigt worden.

Die Vorarbeiten für die Durchführung des Beschlusses sind von der eidgenössischen Steuerverwaltung an die Hand genommen worden. Die Steuerpflichtigen werden für die im Jahre 1939 erzielten Kriegsgewinne zu einem grossen Teil schon im laufenden Jahre eingeschätzt werden können.

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m. Zollverwaltung.

Der Bundesrat hat die Oberzolldirektion am 2. Februar 1940 ermächtigt, vorübergehend die in Art. 13 des Bundesratsbeschlusses vom 1. Dezember 1936 über die Handelsstatistik der Schweiz vorgesehenen Veröffentlichungen einzustellen. Seit Jahresbeginn wurden deshalb keine statistischen Veröffentlichungen erstellt. Die Oberzolldirektion setzt jedoch die Zusammenstellung handelsstatistischer Daten für verwaltungsinterne Zwecke fort.

IV. Getreideverwaltung.

Art. 6, Abs. 4, des Getreidegesetzes vom 7. Juli 1932 sieht vor, dass der Bundesrat alljährlich spätestens im September auf Grund der Marktlage und nach Anhörung der Beteiligten die Abnahmepreise für das Inlandgetreide festsetzt.

Um die Landwirte zur grösstmöglichen Ausdehnung des Brotgetreidebaues zu ermuntern, haben wir es als zweckmässig erachtet, das erwähnte Verfahren etwas zu ändern und die Preise, zu denen der Bund das Inlandgetreide der Ernte 1940 übernehmen wird, schon vor der Frühjahrsaussaat festzusetzen.

Dies geschah durch unsern Beschluss vom 16. Februar 1940 (A. S. 56, 178).

Die festgesetzten Preise liegen innerhalb des in Art. 6, Abs. l, des Getreidegesetzes aufgestellten Eahmens, trotzdem sie gegenüber den Abnahmepreisen der letzten Jahre um durchschnittlich 4 Franken für den Doppelzentner heraufgesetzt wurden.

F. Yolkswirtschaftsdepartement.

Kriegswirtschaftliche Organisation.

Die grossen und mannigfachen Aufgaben der Kriegswirtschaft nahmen den Chef des Volkswirtschaftsdepartements nebst seinen übrigen Amtsgeschäften in derart ausserordentlichem Masse in Anspruch, dass er dringend entlastet werden musste. Auf seinen Vorschlag hin hat der Bundesrat mit Beschluss vom 24. November 1939 (A. S. 55, 1445) eine besondere, aus den leitenden Persönlichkeiten der kriegswirtschaftlichen Organisation bestehende Kommission für K r i e g s w i r t s c h a f t eingesetzt. Dieser Kommission fällt insbesondere die Aufgabe zu, Massnahmen, die dem Departementsvorsteher zu unterbreiten sind, vorzubereiten und Antrag zu stellen, sowie über sonstige Geschäfte, die mehrere Kriegswirtschaftsämter angehen oder denen grundsätzliche Bedeutung und grosse Tragweite zukommt, Beschluss zu fassen. Ferner gehört zu ihrer Aufgabe, allgemeine Kichtlinien für die kriegswirtschaftlichen Massnahmen auszuarbeiten.

Ursprünglich stand die
Kommission unter der Leitung des Delegierten für Kriegswirtschaft, Herrn Direktor Schwarz, der leider aus Gesundheitsrücksichten genötigt war; auf Ende Februar 1940 von seinem Amte zurückzutreten. Für die ausgezeichneten Dienste, die Herr Direktor Schwarz als Leiter der kriegswirtschaftlichen Organisation dem Lande in schwieriger Zeit geleistet hat, sei ihm auch an dieser Stelle gedankt.

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Nach dem Ausscheiden von Herrn Direktor Schwarz übernahm der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements selbst das Präsidium, um auf diese Weise den notwendigen Kontakt mit den führenden Organen der Kriegswirtschaft noch zu verengern. Ferner erwies es sich als zweckmässig, auch eine engere organisatorische Verbindung zwischen der Kommission für Kriegswirtschaft und der beratenden Kommission für die Überwachung der Ein- und Ausfuhr herzustellen. Sie wurde durch die Beiziehung des Präsidenten dieser Kommission als Mitglied der Kommission für Kriegswirtschaft verwirklicht.

Infolge dieser organisatorischen Änderungen musste der erste Bundesratsbeschluss vom 24. November 1939 neu gefasst werden. Es geschah dies durch den B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 1. April 1940 (A. S. 56, 311).

Generalsekretariat.

1. Preis- und Marktüberwachung.

Die Preiskontrollstelle verfuhr bei ihrer Bewilligungspraxis weiterhin nach den Eichtlinien, die vom Volkswirtschaf'tsdepartement nach Kriegsbeginn aufgestellt worden sind und die im letzten Bericht Erwähnung gefunden haben.

Nachdem sich die Wirtschaft einigermassen an die neuen Verhältnisse angepasst hatte und die Kostenerhöhung auch im Inland stärker in Erscheinung getreten war, hat das Volkswirtschaftsdepartement seine Zustimmung zu einer Aufbesserung der Handelsmarge gegeben. Bekanntlich wurde nach Kriegsbeginn wie nach der Frankenabwertung vorgeschrieben, dass die früher übliche absolute, d. h. in Franken und Eappen berechnete Gewinn- und Unkostenmarge beibehalten werden müsse. Es war somit nicht gestattet, mit dem bisher üblichen prozentualen Zuschlag zu kalkulieren, da sonst die Marge bei einer starken Erhöhung des Einstandspreises automatisch bedeutend vergrössert worden wäre. Bei der Vorbereitung der neuen Vorschriften über die Handelsmarge war man grundsätzlich der Auffassung, dass nur die Erhöhung der Unkosten berücksichtigt werden sollte. Es musste aber eine Lösung gefunden werden, die möglichst einfach ist und den Verhältnissen der einzelnen Branchen Eechnung trägt. Deshalb wird gestattet, die vor dem Kriege angewandte prozentuale Bruttomarge bis zu einer bestimmten Erhöhung des Einstandspreises anzuwenden. Bei einer weitergehenden Erhöhung des Einstandspreises wird eine Aufbesserung der früheren absoluten Marge um einen bestimmten Prozentsatz
zugestanden. Es bleibt der Preiskontrolle überlassen, in diesem Eahmen für die einzelnen Branchen Vorschriften aufzustellen.

Aus Handelskreisen ist auch häufig das Begehren gestellt worden, es sei allgemein die Kalkulation auf Grundlage des Wiederbeschaffungspreises zu gestatten. Nachdem die erste Schockwirkung des Krieges vorüber war, die Preise sich teilweise auf einem erhöhten Stande stabilisiert hatten und die Vorkriegslager aufgebraucht waren, konnte die Kalkulation auf der Basis des Wiederbeschaffungspreises in weiteren Branchen zugelassen werden.

Die Preiserhöhungen hielten sich weiterhin in verhältnismässig bescheidenem Eahmen. Der weitgehend von der Entwicklung der Weltmarktpreise

671 abhängige Grosshandelsindex, der die wichtigsten unverarbeiteten Nahrungsmittel, Eoh- und Hilfsstoffe umfasst, erhöhte sich von Ende August bis Ende März um 23,1 %. Demgegenüber weist der Index der Lebenshaltungskosten folgende Steigerungen auf: Indexstand Ende März 1940, wenn Ende August 1939 = 100

Milchprodukte Eier, Kisteneier Fette und Speiseöle Fleisch und Fleischwaren Brot und andere Getreideprodukte Zucker und Honig Kartoffeln und Hülsenfrüchte Kaffee und Schokolade Nahrungsmittel Brenn- und Leuchtstoffe (Seife) Bekleidung Miete Mittel: Total

103,0 115,0 121,4 104,1 103,8 119,3 127,8 106,3 106,4 109,0 111,2 100,0 105,5

Der Milchpreisaufschlag auf 1. April 1940 um l Rp. und ein Brotpreisaufschlag um 3 Ep. auf 15. April 1940 bedingen eine Erhöhung des Nahrungsmittelindexes um 1,7 % und des Totalindexes der Lebenshaltungskosten um 0,9 %. Es ist indessen zu bemerken, dass der Brotpreisaufschlag in einzelnen Gebieten erst auf 1. Mai eintreten wird und dass er in Gegenden mit bisher übersetzten Brotpreisen nicht 3 Ep. erreichen wird, sondern sich innert l bis 2 Ep. bewegen dürfte.

Durch V e r f ü g u n g Nr. 3 des V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom 18. Januar 1940 (A. S. 56, 111) wurde die Preiskontrollstelle ermächtigt, Waren zu beschlagnahmen, wenn der dringende Verdacht einer Widerhandlung gegen die Bestimmungen über die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung besteht, oder wenn solche Widerhandlungen begangen worden sind. Die Praxis hat gezeigt, dass es notwendig ist, eine solche Möglichkeit vorzusehen.

2. Strafgerichtsbarkeit bei Widerhandlungen gegen kriegswirtschaftliche Vorschriften.

In der Berichtsperiode sind neue Bundesratsbeschlüsse auf diesem Gebiet nicht erlassen worden.

Am 19. Februar 1940 genehmigte der Nationalrat die seinerzeit zurückgestellten Beschlüsse vom 1. September und 3. Oktober 1939 über die strafrechtlichen Kommissionen des Volkswirtschaftsdepartementes, unter dem Vorbehalt, der Bundesrat möge folgende drei Fragen prüfen:

672 1. Schaffung einer Bekursmöglichkeit gegen Entscheidungen der Eekurskommission an eine besondere Kammer des Bundesgerichtes, der auch die materielle Entscheidungsbefugnis zustehen würde; 2. Ausdehnung des Geltungsbereiches der Vollmachtenbeschlüsse über die Strafgerichtsbarkeit bei Widerhandlungen gegen kriegswirtschaftliche Vorschriften auf andere Departemente ; 3. Kompetenz der strafrechtlichen Kommissionen, auch Freiheitsstrafen auszusprechen.

In seiner Sitzung vom 28. März 1940 stimmte auch der Ständerat grundsätzlich der Beibehaltung der beiden vorerwähnten Bundesratsbeschlüsse zu.

Immerhin forderte er den Bundesrat auf, die Frage zu prüfen, ob nicht an Stelle der Eekurskommission der Kassationshof des Bundesgerichtes treten könnte, der lediglich Kassationsbeschwerden im Sinne der Art. 268 ff. des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege zu prüfen hätte.

Die von den eidgenössischen Eäten aufgeworfenen Fragen wurden vom Bundesrate studiert. Ein Bericht darüber ist den beiden Vollmachten-Kommissionen ergangen.

Am 27. Dezember 1939 erliess das V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t zwei Verfügungen (A. S. 55, 1587 und 1588), wonach die Verfahrensreglemente der drei erstinstanzlichen Strafkommissionen und der strafrechtlichen Eekurskommission dahingehend abgeändert wurden, dass die Vertretung des Angeschuldigten durch einen gehörig Bevollmächtigten vor dem Einzelrichter und den strafrechtlichen Kommissionen zulässig ist. Dadurch wurde der Eechtsschutz des Angeschuldigten nochmals erweitert und dem Wunsche der schweizerischen Eechtsanwälte im Sinne einer vermehrten Wahrung ihrer Berufsinteressen Eechnung getragen.

Eine Verfügung des Volkswirtschaftsdepartementes vom 11. November 1939 (A. S. 55,1491) regelt die Ausrichtung von Entschädigungen an Zeugen und Sachverständige im Verfahren vor den strafrechtlichen Kommissionen und vor den Kriegswirtschaftsämtern.

Zentralstelle für Kriegswirtschaft.

Mit dem fortschreitenden innern Ausbau der kriegswirtschaftlichen Organisation war es der Zentralstelle möglich, gewisse, in der ersten Zeit nach der Mobilmachung von ihr übernommene Aufgaben schrittweise den zuständigen Kriegswirtschaftsämtern zur Weiterführung zu übergeben. Es betrifft dies insbesondere die Durchführung von Bestandeserhebungen.
1. Kriegswirtschaftliche Gebühren.

Nach den Erfahrungen des letzten Weltkrieges ist damit zu rechnen, dass die kriegswirtschaftliche Organisation mit der Zeit in die Lage kommen wird, für Massnahmen verschiedenster Art Gebühren zu erheben. Es empfahl sich daher, diese Frage von allem Anfang an grundsätzlich zu regeln. Deshalb hat

673

der Bundesrat am 10. November 1939 einen Beschluss über die Erhebung von Gebühren durch die kriegswirtschaftlichen Organisationen dès eidgenössischen V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s (A. S. 55, 1389) erlassen. Dieser Beschluss trägt der Forderung Rechnung, dass das Gebührenrecht eine gewisse Elastizität besitzen muss, um den speziellen Verhältnissen der verschiedenen Anwendungsgebiete angepasst werden z-u können. Das Volkswirtschaftsdepartement hat von der ihm erteilten Befugnis bisher nur für die Pestsetzung der Gebühren für Interventionen des KriegsTransport-Amtes und die Tätigkeit von eidgenössischen Hafenkommissären Gebrauch gemacht.

2. Beschlagnahme und Enteignung. "

Im Interesse der Übersichtlichkeit und der Ausgestaltung eines möglichst vollkommenen Eechtsschutzes musste nicht nur das Verfahrensrecht zur Erledigung vermögensrechtlicher Streitigkeiten auf dem Gebiete der Kriegswirtschaft oder das kriegswirtschaftliche Gebührenrecht einheitlich und grundsätzlich geregelt werden, sondern es zeigt sich auch die Notwendigkeit, die unerlässlichen Grundsätze der kriegswirtschaftlichen Beschlagnahme und Enteignung -- im Gegensatz zu den zersplitterten und improvisierten Massnahmen die in den Jahren 1914--1918 von Fall zu Fall ergriffen wurden--für alle kriegswirtschaftlichen Gebiete in einem einheitlichen Erlass festzulegen.

Dieser Erlass ist der Bundesratsbeschluss vom 14. November 1939 über Beschlagnahme und Enteignung (A. S. 55, 1398), der sowohl hinsichtlich des Umfanges und Gegenstandes der Beschlagnahme und Enteignung wie auch mit Bezug auf das zu beobachtende Verfahren und die auszurichtenden Entschädigungen Garantien für die von den Zwangsmassnahmen betroffenen Privaten enthält, mit denen sich die zuständigen Vertreter der Privatwirtschaft und die Behörden, die allenfalls mangels einer Verständigung auf diese Massnahme greifen müssen, einverstanden erklären konnten.

Während die Beschlagnahme sich auf bewegliche und unbewegliche Güter, die zur Sicherstellung der Versorgung von Volk und Heer unentbehrlich sind, bezieht, d. h. also auch auf Grundstücke und Betriebseinrichtungen, beschränkt sich die Enteignung ausschliesslich auf bewegliche Sachen, wobei Rechte, Beteiligungen, Wertschriften und Devisen ebenfalls nicht enteignet werden können. Die Lösung der Entschädigungsfrage, welche die grössten Schwierigkeiten geboten hat, sieht vor, dass der Wiederbeschaffungspreis nur dann massgebend sein kann, wenn die enteigneten Gegenstände für die Aufrechthaltung des Betriebes oder Geschäftes notwendig sind und wenn sie tatsächlich wieder angeschafft wurden. In allen andern Fällen beschränkt sich die Enteignungsentschädigung auf den Einstands- oder Herstellungspreis unter Berücksichtigung eines allfälligen angemessenen Handelszuschlages.

Der gleiche Bundesratsbeschluss sieht ferner den Lieferungs- und Verkaufszwang vor, der vom Volkswirtschaftsdepartement verfügt werden kann, insbesondere wenn für die Versorgung von Volk und Heer unentbehrliche Gegenstände zurückgehalten werden.

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3. Fonds zur Deckung von Verlusten auf Pflichtlagern.

Eine der grössten Schwierigkeiten, die einer im Interesse der Landesversorgung unerlässlichen, verstärkten Vorratshaltung an lebenswichtigen Gütern im Wege stehen, ist die Gefahr eines nach Kriegsende befürchteten plötzlichen Preiszusammenbruchs. Aus diesem Grunde wurden aus den Kreisen der Wirtschaft dem Bund verschiedene Anregungen unterbreitet, Preisausgleichsfonds zur Milderung möglicher Preiseinbrüche zu schaffen.

Nach einlässlicher Prüfung der ganzen Frage und nach allseitiger Abwägung der verschiedenen Projekte durch das Volkswirtschaftsdepartement gelangten wir schliesslich zu dem Bundesratsbeschluss vom 23. Januar 1940 über die Schaffung von Fonds zur Deckung von Verlusten auf Pflichtlagern (A. S. 56, 101), nach welchem grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen wird, solche Preisausgleichsfonds zu errichten.

Der erwähnte Bundesratsbeschluss will vor allem -- wie schon aus dem Titel hervorgeht -- vorerst den Versuch ermöglichen, einen Fonds zu begründen zur Deckung von Verlusten auf Pflichtlagern, die gestützt auf den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 betreffend wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland obligatorisch als Voraussetzung für die Kontingentserteilung angelegt werden müssen. Als bisher einzige Form der Erleichterung der Liquidation dieser Pflichtlager waren Schutzmassnahmen auf dem Gebiete der Einfuhr, insbesondere durch eine sinnvolle Handhabung der Kontingentierung vorgesehen gewesen.

Mit Verfügung Nr. l vom 30. März 1940 (A. S. 56, 330) hat das V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t vorderhand die auf den Pflichtlagern von Eeis, Zucker, Kaffee, Speiseölen und Speisefetten, Erdnüssen und Kopra zu entrichtenden Abgaben festgesetzt.

4. Aussonderungsrecht des Bundes an kriegswirtschaftlichen Vorräten.

Um die Anlegung kriegswirtschaftlicher Vorräte (Pflichtlager) zu erleichtern, hat das Volkswirtschaftsdepartement mit der schweizerischen Nationalbank schon am 25. April 1989 ein Abkommen geschlossen, nach welchem den Firmen, die gestutzt auf einen Lagerhaltungsvertrag mit dem Volkswirtschaftsdepartement Pflichtlager anlegen, Diskontokredite der Nationalbank zu günstigen Bedingungen gewährt werden.

Zur Verminderung der Eisiken des Bundes und zur Erleichterung der Gewährung von Nationalbankkrediten
an die Pflichtlagerhalter drängte sich in der Folge die Notwendigkeit auf, die Pflichtlager in der einen oder andern Eichtung zur Sicherstellung der von der Nationalbank gewährten und von der Eidgenossenschaft garantierten Kredite heranzuziehen.

Auf einer ausschliesslich rechtsgeschäftlichen Basis, beispielsweise durch einzelne Warenverpfändungsverträge, liess sich die gewünschte Sicherung nicht erzielen; die Vorschriften über die Pfandbestellung, namentlich hinsichtlich des Eaumgewahrsams, lassen sich 'bei den für die Pflichtvorräte

675 massgebenden Lagerverhältnissen (Umschlag der Lager, Silolagerung, Lagerung im Fabrikationsbetrieb der Firma usw.) nicht verwirklichen.

Es musste deshalb eine generelle gesetzliche Lösung gesucht werden, die sich einfach und ohne grossen Apparat durchsetzen lässt und die gleichzeitig den Interessen der Lagerfirmen und ihren andern Gläubigern in gerechter Weise Kechnung trägt. Diese Lösung wurde gefunden in einem besondern Aussonderungsrecht des Bundes an den mit seiner Hilfe finanzierten Pflichtvorräten, das im Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1940 (A. S. 56, 89) niedergelegt ist.

Die Grundsätze dieses Bundesratsbeschlusses, die gemeinsam mit Vertretern der Wissenschaft und mit der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes aufgestellt worden sind, vermögen in gerechter Weise diesen Ansprüchen zu genügen. Zum Schütze der andern Gläubiger und zum Schütze des Schuldners selbst sind wirksame Garantien geschaffen worden.

Kriegs-Ernährungs-Amt.

1. Allgemeines.

Im Sinne seiner Hauptaufgabe, die Ernährung der Zivilbevölkerung sicherzustellen und der Armee die erforderlichen Verpflegungs- und Futtermittel zur Verfügung zu halten, hat das Kriegs-Ernährungs-Amt seine Bemühungen zur Förderung der Inlandsproduktion und der Haltung angemessener Warenvorräte nachhaltig fortgesetzt. Die im letzten Vollmachtenbericht erwähnten Organisationen für die Versorgung von Armee und Volk mit Milch, Milcherzeugnissen und Schlachtvieh haben die Erwartungen allseitig erfüllt. Dank gedeihlicher Zusammenarbeit der beauftragten Bundes-, Kantons- und Gemeindestellen gelang es auch in einem kaum erwarteten Ausmasse, die Versorgung von Armee und Wirtschaft mit Heu und Stroh zu bewerkstelligen.

Damit in Verbindung möchte das Kriegs-Ernährungs-Amt auch der erfreulichen Zusammenarbeit seiner Organe mit dem Armeestab, Oberkriegskommissariat, in Belangen der Armeeversorgung seine besondere Anerkennung zollen.

Ausser mit Vertretern der für die Landesversorgung mit Nahrungsmitteln tätigen Landesverbände steht das Kriegs-Ernährungs-Amt mit den kantonalen Zentralstellen für Kriegswirtschaft und mit dem vom Volkswirtschaftsdepartement eingesetzten konsultativen Frauenkomitee in Verbindung, um mit diesen Kreisen grundlegende Fragen der Landesversorgung, vor allem solche der Produktion, des Konsums und der Eationierung, laufend zu beraten.

2. Getreide- und Brotversorgung.

a. Die früher getroffenen Vorkehren haben es ermöglicht, die Versorgung des Landes mit Brot- und Futtergetreide auch in der vergangenen Berichtsperiode und darüber hinaus sicherzustellen. Die erlassenen Vorschriften sind zum guten Teil blosse Ergänzungen zu bereits früher angeordneten Mass-

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nahmen. Dies ist besonders der Fall bei den V e r f ü g u n g e n des KriegsE r n ä h r u n g s - A m t e s vom 19. J a n u a r , 27. Februar und 21. März 1940 b e t r e f f e n d die Festsetzung der Mehl- und H a r t w e i z e n d u n s t k o n t i n g e n t e (A. S. 56, 116, 224, 320).

Die Getreidelagerhaltung wurde weiter gefördert durch eine Verf ü g u n g des V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom 8. D e z e m b e r 1939 (A. S. 55, 1532), welche die Inhaber von Einfuhrkontingenten für Mahlhafer, Mahlgerste und Essmais verpflichtet, einen bestimmten Vorrat dieser Waren ständig auf Lager zu halten.

Schliesslich regelt eine V e r f ü g u n g des V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e mentes vom 1. F e b r u a r 1940 (A. S. 56, 155) die S a a t g u t v e r s o r g u n g mit Mais. (Übernahme zu einem. Überpreis und Anlage von Vorräten.)

fc. Die Mahlvorschriften für Brotgetreide sind durch eine V e r f ü g u n g des Kriegs-Ernährungs-Amtes vom 28. November 1939 über die V e r a r b e i t u n g von Hartweizen zeitgemäss abgeändert worden. Die Müller wurden ermächtigt, aus dem Hartweizen insgesamt 10 % Spezialdunst und Kochgriess, davon aber, höchstens 4 % Kochgriess, auszuziehen. Damit wird einerseits eine bessere Befriedigung der Nachfrage nach Kochgriess bezweckt ; anderseits will diese Massnahme den Teigwarenfabrikanten ermöglichen, wieder bestimmte Spezialitäten herzustellen, um damit der fremden Konkurrenz ' leichter begegnen zu können.

Die Straf bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 19. September 1939 über die Verarbeitung von Weizen, Eoggen und Dinkel und über die Verwendung der M a h l p r o d u k t e haben sich als zu wenig wirksam erwiesen, so dass sie verschärft werden mussten. Dies geschah durch Bundesratsbeschluss vom 15. März 1940 (A. S. 56, 246), der das Bussenmaximum von Fr. 5000 auf Fr. 30 000 heraufsetzt und Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr vorsieht. Überdies kann die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartementes den Entzug der Einfuhrbewilligungen für Brotgetreide auf die Dauer bis zu einem Jahr verfügen. Unser Volksbrot hat sich bewährt und findet in weitesten Kreisen Anerkennung. Es muss deshalb darauf gedrungen werden, dass die Mehl- und Backvorschriften auf ganzer Linie auch eingehalten werden.

c. In der Berichtsperiode hat der Mehl-
und B r o t p r e i s eine Erhöhung erfahren. Durch V e r f ü g u n g Nr. 3 des V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e mentes vom 30. März 1940 (A. S. 56, 321) wurden die Müller ermächtigt, den Backmehlpreis um Fr. 2.50 je 100 kg heraufzusetzen. Er beträgt nun ab 1. April Fr. 33.50. Die Erhöhung, des Brotpreises wurde auf höchstens 3 Eappen je kg beschränkt, mit, Wirkung frühestens ab 15. April. Sofern keine ausserordentlichen Verhältnisse eintreten, darf angenommen werden, dass die neuen Mehl- und Brotpreise nun wieder während mehrerer Monate stabil erhalten werden können.

Grosse Getreidevorräte und die durch unsern Beschluss vom 19. September 1939 angeordnete Erhöhung der Backmehlausbeute auf 80 % hatten es möglich

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gemacht, trotz den fortwährend steigenden Einstandspreisen neu eingeführter Weizen die Mehl- und Brotpreise vom Kriegsausbruch hinweg noch volle sieben Monate unverändert beizubehalten. Inzwischen waren die Weizenpreise, franko mittlere schweizerische Mühlenstation gerechnet, um reichlich Fr. 10 je Kilozentner gestiegen. An dieser Verteuerung betrug allein der Anteil der Seefracht rund Fr. 7. Angesichts dieser Sachlage glaubte das Volkswirtschaftsdepartement dem Begehren der Müller um etwelche Anpassung des Mehlpreises an die verteuerten Weizenpreise die Genehmigung nicht versagen zu dürfen. Wir erwarten, dass der bewilligte Aufschlag sich günstig auf die weitern Getreideeinfuhren durch Händler und Müller auswirken werde.

3. Versorgung mit Milch und Milchprodukten.

Die Versorgung des Landes mit Milch und Milcherzeugnissen funktionierte bisher reibungslos. Das ist um so bemerkenswerter, als in den Wintermonaten eine fühlbare Verknappung der Produktion eintrat, welche nur dank der Durchorganisation des milchwirtschaftlichen Sektors auf gesamtschweizerischem Gebiet zu keinen Störungen führte. Ohne diese Voraussetzungen wären in der Konsummilchversorgung der grösseren Städte namhafte Schwierigkeiten und Preiserhöhungen gleich zu Beginn des Krieges fast unvermeidlich geworden. Der stärkste Kückgang, vor allem infolge geringerer Heuqualität und der Mobilisation sehr vieler tüchtiger Melker, wurde im November 1939 mit einer Mindereinlieferung von rund 20 % gegenüber dem Vorjahre registriert.

Vom Dezember 1939 an trat allmählich wieder eine Besserung der Produktionsverhältnisse ein.

Um die Konsummilchversorgung zu sichern und die Käseherstellung den Bedürfnissen des in- und ausländischen Marktes anzupassen, wurde mit der Buttererzeugung zurückgehalten. Der Ersatz konnte bis jetzt ohne Schwierigkeiten aus dem Auslande beschafft werden. Die Einfuhr betrug bis Ende März 1940 rund 252 Wagen.

Die erhöhte Nachfrage nach Käse und Butter sowie die haussierende Tendenz auf dem Weltmarkte rechtfertigten es, die Preise, die seit Jahren unter den Gestehungskosten lagen und dem Garantiefonds des Zentralverbandes Schweizerischer Milchproduzenten grosse Aufwendungen verursachten, im Verlaufe des Winters anzupassen. Die dadurch geschaffenen finanziellen Verbesserungen erlaubten es dem Zentralverband, den
Produzentenmilchpreis bis zum 1. Februar 1940 um 2 Eappen zu erhöhen, ohne den Konsumenten zu belasten. Der Konsummilchpreisaufschlag um l Eappen konnte bis zum 1. April 1940 hinausgeschoben werden. Gleichzeitig wurde der Grundpreis für den Produzenten erneut um l Eappen verbessert und beträgt somit 22 Eappen gegenüber 19 Eappen vor dem 1. November 1939.

An die Neuregelung der Preisverhältnisse ab 1. April 1940 hat der Bundesrat die förmliche Bedingung zuhanden des Zentralverbandes Schweizerischer Milchproduzenten geknüpft, dass im Milchjahr 1940/41 keine Beitragsleistungen aus öffentlichen Bundesmitteln beansprucht werden dürfen und die übrigen ßundesblatt. 92. Jahrg. Bd. I.

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finanziellen Konsequenzen, welche mit den Forderungen des Milch-, Käseund Butterhandels sowie der Kondensmilchindustrie in Verbindung stehen, vom Zentralverband übernommen werden. Überdies soll, normale Produktionsverhältnisse vorausgesetzt, eine Veränderung der Konsummilchpreise bis zum Beginn des nächsten Winterhalbjahres nicht mehr in Erwägung gezogen werden.

Die Verhältnisse auf dem Milchmarkte, in Verbindung mit den gegenwärtigen GrossViehbeständen und ausreichender Futtermittelversorgung, bilden die hinreichenden Voraussetzungen für eine zuversichtliche Beurteilung der Landesversorgung mit Milch und Milcherzeugnissen in der Zukunft.

Die bewährten Massnahmen konnten bisher auf Grund bestehender dringlicher Bundesbeschlüsse getroffen werden. Die Bestimmungen über Krisen- und Ausgleichsabgaben sind durch den Bundesbeschluss vom 22. Juni 1989 über eine weitere Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten und die Linderung der landwirtschaftlichen Notlage jedoch bis 80. April 1940 befristet. Auf 1. Mai muss daher eine zeitgemässe Ordnung nach Massgabe der Vollmachten getroffen werden.

Am 2. März 1940 wurde das kriegswirtschaftliche Syndikat «Genossenschaft Zentrale für Labstoffe» gegründet.

4. Versorgung mit übrigen Lebens- und Futtermitteln.

Die Viehhaltung weist nach dem Ergebnis der Zählung vom 1. April 1989 einen Umfang auf wie nie zuvor. Die Erschwerungen in der Beschaffung von Futtermitteln erfordern eine zeitgemässe Verminderung der Tierbestände (Rindvieh, Schweine, Nutzgeflügel), so dass vorläufig, abgesehen von saisonmässigen Schwankungen, ausreichende Mengen an Schlachtvieh aller Art auf den Markt gelangen werden und die Fleischversorgung gesichert ist. Entsprechend dem Überangebot an Grossvieh mussten Massnahmen getroffen werden, um den Absatz zu angemessenen Preisen sicherzustellen. Kalbfleisch konnte zum Frischverbrauch an die Armee abgegeben werden. Kuhfleisch wurde teils in gefrorenem, teils in konserviertem Zustande für Armee- und Zivilbedarf zur Einlagerung gebracht, um während Zeiten von vorübergehend ungenügendem Angebot über bestimmte Vorräte verfügen zu können.

Am 27. Dezember 1939 wurde das Syndikat für Schlachtvieh- und Fleischwareneinfuhr gegründet, welches seine Tätigkeit bis dahin jedoch nicht aufgenommen hat. Ein Bedürfnis zur Einfuhr von
Schlachtvieh während der Berichtsperiode lag nicht vor.

Die K a r t o f f e l v e r s o r g u n g konnte trotz der inländischen Missernte durch verhältnismässig grosse Einfuhren in den Monaten November und Dezember noch rechtzeitig sichergestellt werden. In Anbetracht des bedeutenden Angebotes und der günstigen Versorgungslage mit Speisekartoffeln blieben die Verbrauchspreise während des ganzen Winters und Frühjahrs stabil. Die Versorgung des Landes mit Obst wie auch die Versorgung mit Alkohol waren befriedigend.

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Schon bald nach Ausbruch des Krieges waren Speiseöle infolge von Ausfuhrverboten von den bisherigen Lieferantenländern nicht mehr erhältlich.

Anfangs des Jahres ergaben sich dann auch Schwierigkeiten in der Beschaffung der ölsaaten, die den ölfabriken als Eohstoff dienen. Das Volkswirtschaftsdepartement hat, abgesehen von den handelspolitischen Bemühungen zur Behebung der Schwierigkeiten, der schweizerischen Zentralstelle der Lebensmittelimporteure «CIBARIA» den Auftrag erteilt, sich grössere Quantitäten überseeisches Speiseöl zu sichern, was zu weitern Käufen einzelner Importeure führte. Um eine Preiserhöhung für Speiseöle zu vermeiden, werden die auf dieser Ware erhobenen Preiszuschläge gemäss Bundesratsbeschluss vom 12. März 1940 teilweise zurückerstattet. Es sei hier ferner erwähnt, dass auf Grund einer Weisung des Volkswirtschaftsdepartementes vom 12. März 1940 Herstellung und Vertrieb von Margarine im Eahmen der Rationierung geordnet wurden, wobei dem Sicherungsbedürfnis der Milchwirtschaft Rechnung getragen worden ist.

Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass vom Kriegs-Ernährungs-Amt die Käufe anderer Waren insoweit fortgesetzt werden, als dies im Interesse der Versorgung von Volk und Armee notwendig ist und nur in dem Ausmasse, als die privaten Importeure diese Aufgabe nicht erfüllen können. Der grösste Teil der im vorigen Jahr gekauften Waren ist im Lande eingetroffen. Im Auslande haben wir keine bundeseigenen Warenlager mehr. Das Kriegs-Ernährungs-Amt liefert seine Vorräte in der Regel nur an importberechtigte Firmen, vorbehalten einzelne Lieferungen an die Armee.

Durch Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 21. Februar 1940 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Eiern (A. S. 56, 222) und die gestützt darauf erlassenen Weisungen des Kriegs-Ernährungs-Amtes und der Preiskontrollstelle sind Produktion, Absatz und Verwertung der inländischen Eier geregelt worden.

Danach soll sich die Geflügelhaltung im allgemeinen mit der betriebs- und landeseigenen Futterproduktion in einem angemessenen Verhältnis halten.

Ferner ist die Errichtung neuer und die Erweiterung bestehender Geflügelfarmen bewilligungspflichtig, und schliesslich ist angeordnet, dass die Eierimporteure zur Übernahme von Inlandseiern verpflichtet werden können.

Es war bisher möglich, den
Eierabsatz zu angemessenen Preisen zu sichern.

Der Eierimport war zu etwas erhöhten Preisen, jedoch in normalen Mengen möglich. Auch beim Schlachtgeflügel hat eine Anpassung der Preise an die erhöhten Futterkosten stattgefunden.

Auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 20. September 1939 über die Landes Versorgung mit Heu und Stroh wurden den Kantonen und durch diese den Gemeinden Pflichtkon tingente für die Lieferung von insgesamt je 12 000 Wagen Heu und Stroh auferlegt. Die Erfüllung dieser Kontingente ist teilweise bereits abgewickelt, teilweise noch im Gange begriffen. Während die Versorgung der Armee in den ersten Wochen auf grosse Schwierigkeiten stiess, können nun nicht nur die laufenden Bedürfnisse anstandslos gedeckt werden,

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sondern es war möglich, eine angemessene Vorratshaltung zu sichern. Dank der durch wiederholte Aufrufe geförderten sparsamen Verwendung von Heu und des reichlichen Angebotes an Kraftfuttermitteln konnten die Viehbestände durch den Winter gehalten werden, wobei das Kriegs-Ernährungs-Amt für gewisse Voralpen- und Alpengebiete Zufuhren aus dem Flachland bewerkstelligen musste. Beim Heu waren praktisch keine Importe möglich. Dagegen ist es glücklicherweise gelungen, grössere Abschlüsse für Stroh zu tätigen. Da das Hauptlieferungsland die Strohexporte einer halbamtlichen Organisation übergab, war man auch schweizerischerseits zu einer Zentralisation der Einfuhr bei der Schweizerischen Genossenschaft für Getreide und Futtermittel gezwungen. Die getroffenen Vorkehren haben sich bewährt.

5. Förderung der landwirtschaftlichen

Produktion.

Der Bundesratsbeschluss vom 20. Oktober 1939 über die Ausdehnung des Ackerbaues wurde in seinen Auswirkungen auf die Herbstbestellung durch das beispiellos schlechte Wetter stark eingeschränkt. Der strenge Winter erlaubte auch nicht die Ausführung der gewohnten Pflugarbeiten in schnee- und frostfreien Perioden, und der Boden blieb bis in die zweite Märzhälfte hinein so tief gefroren, dass die Frühjahrsbestellung ebenfalls stark verzögert wurde.

Das Kriegs-Ernährungs-Amt befasst sich während der Wintermonate hauptsächlich mit der mit erheblichen Schwierigkeiten verbundenen Sicherung der Saatgutversorgung und der Organisation des Arbeits- und Zugkräfteeinsatzes.

Die Erfahrungen zeigen, dass die Schaffung von tätigen Zentralstellen in jeder Gemeinde eine unumgängliche Voraussetzung dafür ist, dass mit den durch die Mobilisation beschränkten Arbeits- und Zugkräften die geforderte Mehrproduktion gesichert werden kann.

Eine grosse Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Ordnung des Dispensationswesens zu. Es werden weiter alle Anstrengungen gemacht, um die Massnahmen ziviler und militärischer Stellen zu koordinieren, dass bei möglichst geringer Beeinträchtigung der Armeebestände ein Maximum an Nutzeffekt für die Wirtschaft erreicht wird.

6. Lebensmittelrationierung.

Die bisherigen Massnahmen auf dem Gebiete der Lebensmittelrationierung basieren auf dem Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1939 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln und die Verfügung Nr. l des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 20. Oktober 1939 über die Eationierung von Lebensmitteln. Angesichts der erheblichen Landesvorräte und der günstigen Entwicklung der Zufuhren beim grössten Teil der rationierten Lebensmittel konnten mit V e r f ü g u n g Nr. 2 des eidgenössischen V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom.'23. November 1939 (A. S. 55, 1456) die H ü l s e n f r ü c h t e sowie Mehl und Griess aus Brotgetreide oder Mais auf 1. Dezember 1939 und durch

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V e r f ü g u n g Nr. 4 vom 10. Januar 1940 (A. S. 56, 67) die Hafer- und G e r s t e n p r o d u k t e auf 1. Februar 1940 von der Rationierung befreit werden.

Durch V e r f ü g u n g Nr. 8 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 28. Dezember 1939 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und F u t t e r m i t t e l n (A. S. 56, 22) wurde die Grundlage zur Herausgabe einer von Ende Dezember 1939 bis 13. April 1940 gültigen Vorratskarte geschaffen. Diese sollte den privaten Haushaltungen und den kollektiven Haushaltungsbetrieben (Gasthöfen, Kostgebereien, Anstalten) ermöglichen, den während der Sperrzeit September/ Oktober 1939 angegriffenen Notvorrat wieder zu ergänzen. Durch zweckmässige Massnahmen wurden die Handelsbetriebe aller Stufen instand gesetzt, ihre eigenen Vorräte an rationierten Lebensmitteln zu vervollständigen und soweit als möglich erhöhte Lager anzulegen.

Der Bezug von rationierten Lebensmitteln durch Konsumenten und Handelsbetriebe kann seit 1. November 1939 grundsätzlich nur noch auf Grund von Rationierungsausweisen erfolgen. Diese werden in Form von persönlichen Lebensmittelkarten, Grossbezüger-Coupons und Lieferanten-Coupons unter Mitwirkung der kantonalen Zentralstellen für Kriegswirtschaft und der Gemeindestellen an alle Bezugsberechtigten monatlich verteilt. Zur Kontrolle der Importe, Bestandesmeldungen, Rationierungsausweise usw. sind die kriegswirtschaftlichen Syndikate zur Mitarbeit herangezogen worden.

Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt.

1. Arbeitsdetachemente für die Landesverteidigung.

Durch Bundesratsbeschluss vom 15. Dezember 1939 (A. S. 55, 1495) und V e r f ü g u n g des V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom 4. Januar 1940 (A. S. 56, 32) ist im Einvernehmen mit der Armeeleitung der Einsatz von Arbeitsdetachementen für die Landesverteidigung geregelt worden. Die Heranziehung von Arbeitslosen dient einerseits dem beschleunigten Ausbau der Befestigungsanlagen, anderseits ermöglicht diese Massnahme, für die Wirtschaft unentbehrliche Arbeitskräfte durch Dispensation vom Militärdienst frei zu machen.

Für diese Detachemente können militärdienstpflichtige wie auch dienstfreie Arbeitslose aufgeboten werden. Im Interesse einer einheitlichen Behandlung unterstehen auch die letztern namentlich in bezug auf Sold, Unterkunft und Verpflegung den für die Truppe geltenden Grundsätzen. Hervorzuheben ist, dass Ausländer von den Arbeitsdetachementen ausgeschlossen sind und dass die Belange der Arbeitsvermittlung durch eingehende Vorschriften, insbesondere zur Sicherung der Zusammenarbeit von zivilen und militärischen Stellen, gewährleistet werden. Da die Vorarbeiten schon geraume Zeit vor Inkrafttreten an die Hand genommen wurden, konnte um die Jahreswende mit der Aufstellung der Detachemente begonnen werden.

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Das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt hat die massgebenden Vorschriften in seinen Kreisschreiben vom 10. Januar und 6. Februar 1940 erläutert und die nötigen Weisungen erlassen. Eine Eeihe von Einzelfragen, wie über Fahrvergünstigungen bei den Transportanstalten, Leistungen aus Arbeitslosenversicherung und Krisenunterstützung bei Entlassung aus dem Détachement, Karenzfrist nach Entlassung aus dem Militärdienst u. a., wurden besonders geregelt. Es sei darauf hingewiesen, dass gemäss den Weisungen des Volkswirtschaftsdepartementes vom 27. Januar 1940 zur Lohnersatzordnung (A. S. 56, 140) die zu Arbeitsdetachementen Einberufenen hinsichtlich der Lohnausfallentschädigung den Wehrmännern gleichgestellt sind.

In Anwendung des Bundesratsbeschlusses sind bis zum 81. März 1940 18 397 Aufgebote in Arbeitsdetachemente erlassen worden. Nach den Meldungen der zuständigen Armeestellen über den Bestand der Detachemente wurden auf Ende Januar 5403, auf Ende Februar 5923 und auf Ende März 5952 Teilnehmer gezählt.

Der Dienstbetrieb in den Detachementen, die nach Möglichkeit für Armeeangehörige und Dienstfreie getrennt gebildet werden, hat sich bisher befriedigend abgewickelt.

Im Zusammenhang mit den Arbeitsdetachementen sei an dieser Stelle auf einen Bundesratsbeschluss vom 12. März 1940 b e t r e f f e n d die Errichtung von ArbeitsJagern für Emigranten hingewiesen. Damit sollen die untätig und auf Fürsorgekpsten in unserem Lande weilenden, auf Ausreisemöglichkeit wartenden Emigranten zu nützlicher Arbeit herangezogen werden. Die Emigranten sollen indessen nur soweit in Anspruch genommen werden, als nicht schweizerische Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Die Lager haben zivilen Charakter. Ihre Einrichtung und die von ihnen auszuführenden Arbeiten werden von der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes im Einvernehmen mit der Armee geregelt.

2. Arbeitseinsatz zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion.

Zur Sicherung des für die Landesversorgung notwendigen Mehranbaues von Getreide und Hackfrüchten sowie der rechtzeitigen Einbringung der Ernte musste eine den landwirtschaftlichen Verhältnissen angepasste, besondere Organisation geschaffen werden, welcher der Einsatz der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte obliegt und die zugleich für die wechselseitige Unterstützung der Betriebe und die rationelle Verwendung der vorhandenen Zugkräfte und anderer Produktionsmittel zu sorgen hat. Die rechtlichen Grundlagen dazu wurden durch die Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 1. März 1940 über die Organisation des Arbeitseinsatzes zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion (A. S.

56, 227) geschaffen. Um eine einheitliche Aktion zu erzielen, hat jeder Kanton eine Zentralstelle zu bezeichnen, die mit schon bestehenden kantonalen Einrichtungen, wie den Zentralstellen für den Arbeitseinsatz oder den Zentral-

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stellen für den Ackerbau, verbunden werden kann und der als lokale Hilfsund Durchführungsorgane Gemeindestellen beigegeben werden.

Die menschliche Arbeitskraft soll soweit als irgendwie möglich auf freiwilliger Basis eingesetzt werden. In diesem Sinne ist auch der Landhilfsdienst mit Hilfsarbeitskräften aus nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerungskreisen zu organisieren.

Die obligatorische Arbeitsdienstpflicht gemäss bundesrätlicher Verordnung vom 2. September 1939 kommt erst als letztes Mittel und nur mit Bewilligung des Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amtes in Frage. Personen, die sich bereits anderweitig in Stellung befinden, dürfen erst dann herangezogen werden, wenn die zuständige kantonale Oberbehörde die Ermächtigung dazu erteilt.

3. Arbeitsdienstpflicht.

Diese Verordnung ist von der Vollmachtenkommission des Nationalrates nicht beanstandet worden, erfuhr aber im Ständerat Kritik und ist gestützt darauf umgearbeitet worden. Die neue Fassung wird nächstens dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt werden. Bis dahin bleibt die bisherige Verordnung vom 2. September 1939 in Kraft.

4. Rationierung flüssiger Brennstoffe.

Die provisorischen Eationierungsmassnahmen, über die wir bereits früher Bericht erstattet hatten, sind durch eine definitive Eegelung ersetzt worden, 'und zwar für Personen- und Lieferwagen sowie Motorräder durch die Verfügung Nr..2 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 15. November 1939 b e t r e f f e n d die Landesversorgung mit flüssigen K r a f t - und Brennstoffen (A. S. 55, 1416), während die Bestimmungen für Lastwagen und Industrietraktoren durch die V e r f ü g u n g Nr. 4 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 13. Dezember 1939 (A. S. 55, 1515), die V e r f ü g u n g Nr. 5 vom 24. Januar 1940 (A. S. 56, 127) und die V e r f ü g u n g Nr. 7 vom 11. März 1940 (A. S. 56, 238) ergänzt und abgeändert worden sind. Die Erteilung von Zusatzbewilligungen wurde auf den 1. Januar 1940 den Kantonen übertragen, denen zu diesem Zwecke Bahmenkontingente erteilt wurden.

Bei der Treibstoffrationierung wurden eine Anzahl Widerhandlungen grösseren Umfanges, vor allem aus der Anfangszeit, festgestellt und überwiesen.

Bei der Heizölrationierung zeigten sich die Bedarfsmeldungen als durchschnittlich um ein Drittel übersetzt; sie werden nun systematisch
berichtigt. Im übrigen gestaltet sich die Bationierung zunehmend reibungsloser.

Hand in Hand mit der Bationierung geht die Vergrösserung der Lager, die vor allem bewerkstelligt wird durch den Bau von bundeseigenen Tankanlagen; diese sind zum Teil bereits gefüllt, zum Teil noch im Bau.

Bei dieser Gelegenheit sei der Bundesratsbeschluss vom 15. März 1940 b e t r e f f e n d die Förderung des Umbaues von Gesellschaftswagen in Lastwagen erwähnt. Danach kann das Kriegs-industrie- und

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-Arbeits-Amt im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen des Armeekommandos an die Umbaukosten von Gesellschaftswagen, für die kein militärischer Marschbefehl besteht und die nicht im Kriegsfahrplan eingeteilt sind, einen angemessenen Bundesbeitrag gewähren, der in der Eegel 50 % der Kosten, höchstens aber Fr. 1500 betragen darf. Diese Massnahme ist darin begründet, dass einerseits die Gesellschaftswagen infolge der Benzinrationierung und des starken Rückganges der Vergnügungsfahrten heute fast keine Verwendung finden, während anderseits in der Wirtschaft ein starkes Bedürfnis nach Motorlastwagen besteht.

5. Bationierung fester

Brennstoffe.

Für die Eationierung der für den Hausbrand und das Gewerbe bestimm-.

ten Kohle ist die Verfügung Nr. l des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 26. Oktober 1939 betreffend die Sicherstellung der Landesversorgung mit festen Brennstoffen massgebend, worüber der letzte Bericht orientierte. Am 1. Januar 1940 konnte die Kohlenzuteilung, die anfänglich 50, dann 75 % des gemeldeten Jahresbedarfes betrug, auf 100 % gesteigert werden. Die Bedarfsmeldungen sind allerdings durchschnittlich übersetzt; ihre Berichtigung wurde an die Hand genommen. Der Kälteeinbruch im Januar steigerte den Kohlenverbrauch erheblich und legte zum Teil die Zufuhrwege vorübergehend lahm. Vor allem die. Kokszufuhr. Hess zu wünschen übrig.

Dementsprechend wurden die geplanten Zuteilungen zur Vorratsbildung für die nächste Heizperiode verschoben.

. . Am 19. März 1940 wurde durch die V e r f ü g u n g Nr. 2 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes über die Sicherstellung der Landesversorgung mit festen B r e n n s t o f f e n (A. S. 56, 281), die auf den 1. April in Kraft getreten ist, die Eationierung auf industrielle Grossverbraucher und auf den Detailhandel ausgedehnt. Die Durchführung obliegt dem Importsyndikat «GABBO» (Schweizerische Zentralstelle für Kohlenversorgung). Kohle kann nun im Inland ausnahmslos nur noch, gegen Bezugsscheine bezogen werden. Dadurch wird die bisherige Lücke in der Eationierung geschlossen. Das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt kann lenkend in die Kohlenlieferungen eingreifen und den Mischungszwang vorschreiben.

Die Eationierung wird ergänzt durch die Förderung der Einfuhr. Eine Weisung des eidgenössischen V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom 9. März 1940 bestimmt, dass die Kaufverträge der Importeure der Sektion für Kraft und Wärme zur Genehmigung vorzulegen sind, Dies ermöglicht einen Überblick über die Versorgungsaussichten und eine bessere Zusammenarbeit im Transportwesen.

6. Bationierung von Benzin, Benzindestillaten und Benzolkohlemvasserstoffen für den technischen und gewerblichen Gebrauch.

Die Eationierung von Benzin und Benzindestillaten für den technischen und gewerblichen .Gebrauch wurde fortgesetzt. .Durch eine Verfügung. Nr. 3

685 des eidgenössischen Volks wir t seh af t s d e p a r t e m e n t e s vom S.Dezember 1939 (A. S. 55, 1518)- sind auch die Benzolkohlenwasserstoffe in die Rationierung einbezogen worden, während der Verkauf und die Verwendung des Benzolkohlenwasserstoff es Toluol bereits am.6. September 1939 der Bewilligungspflicht unterstellt worden waren. Die Rationierungsvorschriften für Benzin, Benzindestillate und Benzolkohlenwasserstoffe für den technischen und gewerblichen Gebrauch wurden in der V e r f ü g u n g Nr. 6 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 26. Februar 1940 b e t r e f f e n d die Landesversorgung mit flüssigen K r a f t - und B r e n n s t o f f e n (A. S. 56, 219) zusammengefasst. Das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt setzt periodisch die Eationierungsquoten unter Berücksichtigung der Versorgungslage des Landes fest.

Während die Benzindestillate und Benzolkohlenwasserstoffe für den technischen und gewerblichen Gebrauch ohne schriftliche Bewilligung bei den Lieferanten im Kahmen der festgesetzten Bationen bezogen werden können, wurde für die Abgabe von Benzin (Mittelschwerbenzin und la rumänisches Benzin) für den technischen und gewerblichen Gebrauch durch die Verfügung Nr. 8 des eidgenössischen V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom 10. April 1940 b e t r e f f e n d die Landesversorgung mit flüssigen K r a f t - und B r e n n s t o f f e n (A. S. 56, 365) in Abänderung der erwähnten Verfügung Nr. 6 des Volkswirtschaftsdepartementes das Bewilligungsverfahren eingeführt. Da Benzin für motorische, Heiz- und Leuchtzwecke nur gegen Rationierungskarten erhältlich ist, erwies sich eine ähnliche Eegelung auch für die Abgabe von Benzin für den technischen und gewerblichen Gebrauch als notwendig.

Zur Sicherstellung genügender Vorräte an Petroleumsurrogaten hat das Volkswirtschaftsdepartement unterm 28. Februar 1940 die V e r f ü g u n g Nr. 5 über die Überwachung der Ein- und Ausfuhr (A. S. 56, 231) erlassen, über die wir im Abschnitt «Handelsabteilung» näher berichten werden. ' 7. Erzeugung und Verwendung von Glyzerin.

Glyzerin ist unentbehrlich für die Herstellung von Dynamit (Nitroglyzerin) und für pharmazeutische Zwecke; es wird auch als Zusatz zu Farbpasten in Druckereien und als Frostschutzmittel des Kühlwassers von Automobilen verwendet. Der Bedarf
an Glyzerin zur Herstellung von Sprengstoffen und zu pharmazeutischen Zwecken ist heute stark gesteigert; anderseits stösst der Import, auf den die Schweiz schon vor dem Kriege angewiesen war, auf Schwierigkeiten. Deshalb muss die Verwendung von Glyzerin dort, wo es durch andere Mittel ersetzbar ist, wie in der Zeugdruckerei und im Frostschutz, gedrosselt werden. Ferner ist die Erzeugung von Glyzerin mit geeigneten Mitteln zu fördern.

Aus diesen Erwägungen ist der Bundesratsbeschluss vom 2. Februar 1940 betreffend die Erzeugung und Verwendung von Glyzerin

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(A. S. 56, 185) entstanden, der das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt zu einer Beihe von Massnahmen ermächtigt, die eine Erhöhung der inländischen Glyzerinproduktion und die Sicherstellung der verfügbaren Glyzerinmengen für wichtige und dringliche Fälle bezwecken. Die Durchführung der Vorschriften ist in Vorbereitung.

8. Förderung der Benzolauswaschung, der Teerproduktion und der Aufarbeitung des Teers.

Am 12. März 1940 hat der Bundesrat einen Beschluss b e t r e f f e n d Förderung der Benzolauswaschung, der T e e r p r o d u k t i o n und die A u f a r b e i t u n g des Teers (A. S. 56, 233) erlassen. Teer ist eines der wenigen Eohprodukté, über die unser Land verfügt. Seine Gewinnung ist indessen abhängig von der Produktion der Gaswerke und somit von der Belieferung der Schweiz mit Kohle.. Ähnlich wie im letzten Kriege mussten deshalb Massnahmen getroffen werden, um die Nutzbarmachung aller wichtigen Bestandteile des in den Gaswerken anfallenden Eohteers sicherzustellen. Von besonderer Bedeutung für die Armee ist das anfallende Toluol als Ausgangsprodukt für die Herstellung des Sprengstoffes Trotyl (Trinitrotoluol). Benzol wird als Aufbesserungsmittel für motorische Treibstoffe verwendet. Daneben sind Toluol, Benzol und die andern anfallenden Teerderivate, wie Xylol und Solvent-Naphta, wichtige Ausgangsmaterialien für die chemische Industrie bei der Herstellung von Farbstoffen, pharmazeutischen Produkten, Kunstharzen, Desinfektionsmitteln, Lacken etc. Der Bundesratsbeschluss sieht verschiedene Massnahmen vor, die eine Steigerung der Produktion von Teerderivaten bezwecken.

9. Handel mit Häuten und Felkn.

Da ausländische Häute und Felle schwer zu beschaffen waren und teurer zu stehen kamen als Schweizerware, ist die Nachfrage nach inländischen Häuten und Fellen bei Kriegsausbruch ausserordentlich gestiegen, so dass Schwierigkeiten in der Versorgung der Gerbereien mit Eohmaterial, Störungen in der gleichmässigen Ausnützung der bestehenden Produktionsmöglichkeiten sowie Preistreibereien befürchtet werden mussten. Die zuständigen Wirtschaftsorganisationen haben deshalb versucht, auf vertraglicher Grundlage eine Ordnung zu schaffen, um den Handel dieser für die Kriegswirtschaft sehr wichtigen Eohware planmässig zu leiten. Die vertragliche Eegelung führte indessen zu Ungleichheiten und Unzukömmlichkeiten,
weil nicht alle im Häutehandel und in der Gerberei tätigen Firmen erfasst wurden und gewisse Sonderfälle ausserhalb der getroffenen Vereinbarung blieben. Ferner fehlte die Möglichkeit, die nötigen Massnahmen zwangsweise durchzuführen. Vor allem war es unerlässlich, dass die Eohwahre einer zentralen Verteilungsstelle zur Verfügung gestellt wurde, und überdies musste das gewerbsmässige Einsammeln von Häuten und Fellen -bewilligungspflichtig erklärt werden. Aus diesen Gründen wurde am 19. Februar 1940 ein Bundesratsbeschluss b e t r e f f e n d den Handel mit Häuten und Fellen (A. S. 56, 181) erlassen.

687 Gestützt darauf wird nun das inländische Gefalle an Häuten und Fellen von Kindvieh, Pferden, Schafen und Ziegen grundsätzlich der schweizerischen Gerberei zur Verfügung gehalten und planmässig auf diese verteilt. Einerseits sind sämtliche eingesammelten Häute und Felle einer zentralen Verteilungsstelle anzugeben. Anderseits haben die Gerbereien der Verteilungsstelle ihre Bestellungen anzumelden. Auf Grund dieser Anmeldungen teilt die Verteilungsstelle nach den Vorschriften und unter der Aufsicht der Sektion für Schuhe, Leder und Kautschuk die Häute und Felle den Gerbereien zu, welche diese Ware im eigenen Betrieb zu verarbeiten haben. Der Handel mit zugeteiltem Eohmaterial ist untersagt. Diese Eegelung hat sich bewährt, was sich auch daraus ergibt, dass von dem im Bundesratsbeschluss vorgesehenen Eekursrecht bis jetzt nicht Gebrauch gemacht worden ist.

10. Landesversorgung mit Holz.

Die Schweiz ist seit Kriegsbeginn fast ganz auf die eigenen Bestände an Nussbaumholz angewiesen. Da dieses namentlich für die Ausrüstung der Armee benötigt wird, mussten Vorkehren getroffen werden, um die Versorgung mit dieser wertvollen Holzart sicherzustellen. Zu diesem Zweck wurde unterm 28. Januar 1940 ein Bundesratsbeschluss über das Schlagen von NUSS- und andern Laubholzbäumen (A. S. 56, 107) erlassen, der das Fällen von Nussbäumen als bewilligungspflichtig erklärt. Ohne zwingende Gründe dürfen Nussbäume nicht mehr geschlagen werden.

Diese Vorschriften können durch das Volkswirtschaftsdepartement auch auf andere Laubholzbäume anwendbar erklärt werden. Durch Verfügung Nr. l vom 27. März 1940 b e t r e f f e n d das Schlagen von NUSS- und andern Laubholzbäumen (A. S. 56, 823) erfolgte eine Ausdehnung auf Edelkastanienbäume.

Infolge des gesteigerten Holzbedarfes für militärische und wirtschaftliche Zwecke entstunden in der Holzversorgung erhebliche Schwierigkeiten. Da sich zur Deckung des Bedarfes eine Mehrnutzung als notwendig erwies, zahlreiche Waldbesitzer jedoch in der Hoffnung auf höheren Gewinn zögerten, die erforderlichen Mengen zu schlagen, ergab sich eine Verknappung, was zu einer Preissteigerung führte. Die Kantone wurden durch Kreisschreiben der zuständigen Amtsstellen aufgefordert, die erforderliche Mehrnutzung zu veranlassen. Diese Mahnungen hatten aber nicht den gewünschten Erfolg, weil zahlreiche
Waldbesitzer die nötigen Holzschläge nicht freiwillig durchführen wollten und den Kantonen zur zwangsweisen Anordnung die gesetzlichen Handhaben fehlten. Aus diesen Gründen mussten auf Wunsch verschiedener Kantone die kantonalen Behörden durch Bundesratsbeschluss vom 5. März 1940 über die Holz Versorgung (A. S. 56, 225) ermächtigt werden, die Waldbesitzer nach den Weisungen des Bundes zur Mehrnutzung zu zwingen. Die Mehrnutzung kann ohne Bedenken vorgenommen werden, weil durch geringen Schlag in den letzten Jahren eine bedeutende Reserve geschaffen wurde.

688 11. Altstoff Wirtschaft.

Technisch verwertbare Altstoffe und Abfälle stellen ein für unsere Wirtschaft bedeutsames Eohmaterial dar, dem unter den gegenwärtigen Verhältnissen für die Versorgung des Landes mit den für Volk und Armee wichtigen Produkten besondere Bedeutung zukommt, so dass sich in verschiedener Hinsicht staatliche Massnahmen als notwendig erwiesen. Infolge des stark gestiegenen Bedarfs auf verschiedenen Gebieten und wegen der Schwierigkeiten, auf welche die Beschaffung ausländischer Eohstoffe stösst, ist eine Verknappung gewisser technisch verwertbarer Altstoffe und Abfälle eingetreten.

Dies macht eine behördliche Aufsicht und geeignete Massnahmen notwendig, insbesondere eine nachhaltige Erfassung und Bereitstellung der technisch verwertbaren Altstoffe und Abfälle sowie in gewissen Fällen eine behördliche Kontingentierung des verfügbaren Rohmaterials und Anweisungen über eine wirtschaftliche, der Versorgungslage angemessene Verarbeitung. Der Altmaterialhandel und die Altmaterialindustrie setzen Erfahrungen und Fachkenntnisse voraus, wenn eine wirtschaftliche Wiederverwertung der Altstoffe und Abfälle gewährleistet sein soll. Eine Aufsicht über die Betriebe ist auch unter diesem Gesichtspunkt erforderlich; insbesondere muss .die Zulassung neuer Firmen sorgfältig geprüft werden. Ferner sollten spekulative Gründungen, die der Landesversorgung mit Altmaterial abträglich sein könnten, verhindert werden. Aus diesen Erwägungen wurden im B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 29. März 1940 über die technisch verwertbaren A l t s t o f f e und A b f ä l l e (A. S. 56, 300) die Altstoffindustrie und der Altstoffhandel der Aufsicht des Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amtes unterstellt und bewilligungspflichtig erklärt; ferner wurden das Volkswirtscbaftsdepartement und das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt zur Anordnung der erforderlichen Massnahmen ermächtigt. Die zuständigen Amtsstellen sind mit der Vorbereitung des Vollzuges beschäftigt.

Kriegs-Transport-Amt.

1. Sicherung der Transporte.

Von den für die ganze Dauer des Krieges gemieteten 15 griechischen Schiffen mit rund 115 000 Tonnen Tragfähigkeit waren uns im Zeitpunkt des ersten Vollmachtenberichtes acht Schiffe übergeben. Seither hat die Übergabe der restlichen sieben Schiffe stattgefunden. Es stehen jetzt alle gemieteten
Schiffe im Dienste der Eidgenossenschaft.

Der Betrieb der Schiffe wird unter Anleitung des Kriegs-Transport-Amtes ausschliesslich durch die Maklerfirma Honegger & Ascott in London besorgt; 2. Kriegstransportrisiko-Versicherung.

a. Unterm 21. November 1989 hat der Bundesrat einen Beschluss über die Versicherung des. Kriegstransportrisikos bestimmter Valoren (A. S. 55,1434) erlassen. Einem dringenden Bedürfnis entsprechend

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ist · damit diese Versicherungsmöglichkeit, die seit Kriegsbeginn- schon für die schweizerischen Import- und Exportgüter bestanden hatte, auf bestimmte Wertsendungen ausgedehnt worden. Diese neue Versicherung ist indessen begrenzt, indem grundsätzlich nur Titel und Coupons darunter fallen, die'sich im schweizerischen Besitz befinden und die zur Kückzahlung und Einlösung oder zur Wahrung der Eigentümerrechte (wie Umtausch, Konversion, Ausübung von Bezugsrechten, Abstempelung, Aufwertung) ins Ausland geschickt werden müssen.

, Die Valorenversicherung ist fakultativ. Als Versicherungsnehmer werden grundsätzlich nur die dem Bundesgesetz über Banken und Sparkassen unterstellten Bankfirmen zugelassen: Der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte kann am Eisiko angemessen beteiligt werden (Selbstbehalt). Zur Vermeidung untragbarer Anhäufungen werden die Deckungen so verteilt, dass pro Transportmittel (Zug, Dampfer, Flugzeug) nur ganz bestimmte Höchstsummen von versicherten Sendungen zugelassen werden. Die Prämiensätze werden von der vom Volkswirtschaftsdepartement eingesetzten Prämientarifkommission festgesetzt. Diese variieren je nach Gefahrzone, die der Transport durchläuft, und nach der Art der Valoren (amortisierbare oder andere Werte).

Wie bei den gegen das Kriegsrisiko versicherbaren Waren ist auch bei den Valoren Versicherungsträger zur Hauptsache der Bund, während die in der Schweiz konzessionierten Transportversicherungsgesellschaften die technischen Durchführungen der Versicherung besorgen.

In der V e r f ü g u n g vom 22. November 1939 (A. S. 55, 1438) hat das Kriegs-Transport-Amt für die Valorenversicherung die nötigen Ausführungsvorschriften erlassen.

b. Da sich in der Anwendung der Bundesratsbeschlüsse vom. 21. August und 2. September 1939 etwelche Lücken gezeigt hatten, wurden diese beiden Erlasse ergänzt und zusammengefasst durch den Bundesratsbeschluss vom 27. Dezember 1939 über die allgemeine Versicherung des Kriegstransportrisikos schweizerischer Import- und E x p o r t g ü t e r sowie bestimmter T r a n s p o r t m i t t e l (A. S. 55, 1525). Durch diese neue Fassung basiert nun die ganze Waren-Kriegstransportrisiko-Versicherung mit Ausnahme der Getreideversicherung auf der gleichen Êechtsgrundlage, nämlich auf dem Vollmachtenbeschluss vom 30. August 1939. Dementsprechend
konnten auch die Strafbestimmungen einheitlich gestaltet werden.

In materieller Hinsicht weicht die heutige Eegelung von der frühern namentlich darin ab, dass die Schadenbeteiligung der Versicherten nicht mehr obligatorisch erklärt wird. Mit der Eisikobeteiligung wurde seinerzeit eine vermehrte Sorgfalt der Importeure und Exporteure bei der Wahl der Transportmittel und -routen bezweckt. Dies kann heute dadurch erreicht werden, dass die Prämien nach Eisikozonen und Transportwegen abgestuft werden. Um das vom Bunde zu übernehmende Eisiko innerhalb tragbarer Grenzen zu halten, kann die Versicherung hinsichtlich. Zeit sowie Verkehrswege und

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Verkehrsmittel gewissen Beschränkungen unterworfen werden. Schliesslich sieht der neue Beschluss vor, die Versicherungsmöglichkeit auch auf andere Transportmittel als Privatgüterwagen auszudehnen. Durch diese Bestimmung wurde die V e r f ü g u n g des e i d g e n ö s s i s c h e n Kriegs-TransportAmtes vom 27. November 1939 b e t r e f f e n d die Versicherung des Kriegsrisikos von Landtransporten schweizerischer und fremder Privatgüterwagen hinfällig.

In Bestätigung der frühern Begelung hat das Kriegs-Transport-Amt durch V e r f ü g u n g I vom 28 Dezember 1939 (A. S. 55, 1530) eine Beihe lebenswichtiger Waren dem Versicherungsobligatorium unterstellt. Andere Güter können fakultativ versichert werden.

Schliesslich sei hier auf die V e r f ü g u n g e n Nr. l und Nr. 2 des eidgenössischen V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t e s vom 11. November 1939 und 30. Januar 1940 (A. S. 55, 1391 und A- S. 56, 129) hingewiesen, durch welche die Gebühren für die Interventionen des Kriegs-Transport-Amtes und für die Tätigkeit der eidgenössischen Hafenkommissäre geregelt wurden.

c. Postulat zu Nr. 3752 des Nationalrates b e t r e f f e n d Kriegsrisiko für Bahn- und Flusstransporte vom 21. September 1938. Anlässlich der Beratung des XVII. Berichtes des Bundesrates über die gemäss Bundesbeschluss vom 10. Oktober 1933 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland hat der Nationalrat ein Postulat Duttweiler über die Versicherung des Kriegsrisikos von Bahn- und Plusstransporten angenommen. Zufolge der verschiedenen Bundesratsbeschlüsse über die Kriegsrisiko-Versicherung von Waren-, Getreide- und Valorensendungen sowie von bestimmten Transportmitteln ist dieses Postulat hinfällig geworden. Wir beantragen daher, dieses Postulat abzuschreiben.

Handelsabteilung.

Der Bundesrat hat auf dem der Handelsabteilung zugeteilten Gebiet der Ein- und Ausfuhr keine neuen Massnahmen gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten getroffen.

Das Volkswirtschaftsdepartement hat gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 22. September 1939 über die Überwachung der Einund Ausfuhr, worüber im letzten Bericht Aufschluss gegeben worden ist, folgende Verfügungen erlassen: a. Verfügung Nr. 3 vom 20. Dezember 1939 b e t r e f f e n d die Einfuhrkontrolle über Textilrohstoffe (A. S. 55, 1534). Um die weitere
Versorgung des Landes nicht zu gefährden, musste die Einfuhr solcher Eohstoffe unter Kontrolle gestellt werden. Die Einfuhr wurde daher von einer Bewilligung abhängig gemacht, mit deren Erteilung das Schweizerische TextilSyndikat beauftragt worden ist. Es handelt sich nicht um eine Beschränkung der Einfuhr, sondern um eine vorsorgliche Kontrollmassnahme.

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b. Verfügung Nr. 4 vom 22. Dezember 1939 b e t r e f f e n d die A u s f u h r von Nadelschnittholz und Bauschreinerwaren (A. S. 55, 1536). Um eine ungeordnete, die Landes Versorgung schädigende Ausfuhr dieser Waren zu verhüten, wurde deren Export beim Schweizerischen Holz-Syndikat zentralisiert, das eigens zu diesem Zwecke organisiert worden ist. Die Erteilung der Ausfuhrbewilligungen erfolgt nach wie vor durch die Sektion für Ein- und Ausfuhr im engen Einvernehmen mit dem Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt, dem die Sicherung der Landesversorgung mit Holz obliegt.

c. Verfügung Nr. 5 vom 28. Februar 1940 b e t r e f f e n d die Einfuhr von Petroleumsurrogaten (A. S. 56, 231). Zur Sicherstellung genügender Vorräte im Inland musste an die Einfuhr die Pflicht zu angemessener Lagerhaltung geknüpft werden. Dazu war es nötig, die Einfuhr von einer mit dieser Pflicht belasteten Bewilligung abhängig zu machen. Mit der Erteilung ist das kriegswirtschaftliche Syndikat Petrola betraut worden. Es handelt sich also auch hier nicht um eine Beschränkung der Einfuhr.

d. Verfügung vom 30. Dezember 1939 über die Kontrolle der Einfuhr im Zahlungsverkehr mit dem Ausland (A. S. 56, 39). Auf Grund festgestellter Missbräuche erwies es sich als notwendig, für gewisse Importe eine bessere Kontrolle der Clearingzahlungspflicht zu ermöglichen.

Zu diesem Zwecke wurde den Importeuren von Früchten, Gemüse und Wein die Verpflichtung auferlegt, über die eingeführten Waren nach Anordnungen der Schweizerischen Verrechnungsstelle Buch zu führen sowie Fakturen und Zolldokumente während einer von der Schweizerischen Verrechnungsstelle zu bestimmenden Frist aufzubewahren. Diese Bestimmungen wurden erlassen gestützt auf die verschiedenen, den Zahlungsverkehr mit dem Ausland betreffenden Bundesratsbeschlüsse, die sich auf den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933/22. Juni 1939 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland stützen. In der gleichen Verfügung wurde die Erfüllung der erwähnten Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht für Fakturen und Zolldokumente als Voraussetzung für die Erteilung von Einfuhrbewilligungen erklärt. Insoweit stützt sich die Verfügung auf den Bundesratsbeschluss vom 22. September 1939 über die Überwachung der Ein- und Ausfuhr. Sie beschränkt in keiner Weise die Einfuhr, sondern dient lediglich Kontrollzwecken.

Kriegs-Fürsorge-Amt.

1. Kranken- und Unfallversicherung der bei Arbeitsdetachementen beschäftigten dienstfreien Arbeitslosen.

a. Der Bundesratsbeschluss über die Bildung von Arbeitsdetachementen für die Landesverteidigung vom 15. Dezember 1939 enthält in Art. 6 die Bestimmung, dass die in solchen Detachementen beschäftigten dienstfreien Arbeitslosen gegen Unfall zu versichern seien. Zu diesem Zwecke hat das

692 Volkswirtschaftsdepartement am 12. Januar 1940 mit der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt in Luzern einen Vertrag abgeschlossen, dessen Hauptbestimmungen hier kurz darzulegen wir für angezeigt erachten.

Die U n f a l l v e r s i c h e r u n g erfolgt auf Kosten des Bundes. Gegenstand der Versicherung sind die Betriebsunfälle und Berufskrankheiten gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung vom 13. Juni 1911 (KUVG). Dabei wird der Begriff des Betriebsunfalles extensiv ausgelegt. Der Versicherungsschutz beginnt mit dem Einrückungstag und endigt mit dem Entlassungstag. Die Versicherungsleistungen für vorübergehenden und dauernden Nachteil sind grundsätzlich die im KUVG festgesetzten. Als anrechenbarer Tagesverdienst für die Berechnung der Lohnentschädigung gilt bis zum Tage der Entlassung ein Betrag von Fr. 6 (Fr. 2 Mannschaftssold und Fr. 4 militärische Verpflegung). Von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherte entlassen worden ist und ohne den Unfall in seinem Beruf den normalen Lohn verdient hätte, erhält er 80 Prozent vom entgehenden Tagesverdienst, im Höchstfall von Fr. 14. War der Verunfallte in dieser Zeit arbeitslos gewesen, so erhält er eine Tagesentschädigung in der Höhe der Arbeitslosenentschädigung. Im Gegensatz zu Art. 75 KUVG wird bei Spitaleinweisung des Patienten kein Abzug gemacht. Bei dauerndem Nachteil wird für die Ausrichtung von Invaliden- und Hinterlassenenrenten ein anrechenbarer Jahresverdienst von Fr. 2300 zugrunde gelegt. Kann der Rentenberechtigte den Nachweis leisten, dass der Jahresverdienst des Versicherten in den voranliegenden fünf Jahren durchschnittlich höher war, so kann ein anrechenbarer Jahresverdienst von Fr. 3500 zugrunde gelegt werden.

6. Zur Durchführung der Krankenversicherung wurde am 21. März 1940 ein Vertrag zwischen dem Volkswirtschaftsdepartement- und den drei grossen Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossen. Die Kosten der Versicherung trägt der Bund. Der Vertrag trat rückwirkend auf den Tag des Einrückens der Arbeitsdetachemente in Wirksamkeit. Da während der ersten 45 Tage die Behandlung der Patienten durch den Militärsanitätsdienst erfolgt, setzen die Krankenversicherungsleistungen grundsätzlich mit dem 46. Tage nach der Erkrankung der Versicherten ein. Verfügt der Militärsanitätsdienst die
Überweisung eines Patienten in eine Heilanstalt, so beginnt die Leistungspflicht der Krankenversicherung mit dem Eintritt in diese Anstalt. Die Versicherung endet mit dem Tage der Entlassung aus dem Arbeitsdetachement, spätestens nach einer Krankheitsdauer von 360 Tagen, in welcher die 45 Tage, die zu Lasten der Militärsanität fallen, inbegriffen sind. Als Versicherungsleistung wird bei gänzlicher Arbeitsunfähigkeit ein tägliches Krankengeld von Fr. 6 gewährt; in diesem Betrag sind sämtliche Heil- und Behandlungskosten inbegriffen. Im Falle teilweiser Arbeitsunfähigkeit werden bei ambulanter Behandlung höchstens Fr. 4 pro Tag übernommen, unter keinen Umständen jedoch mehr, als für Arzt und Arznei verausgabt wird.

693 2. Evaluation der Zivilbevölkerung im Kriegsfälle.

Am 9. F e b r u a r 1940 hat der Bundesrat einen Beschluss über die befohlene E v a k u a t i o n der Z i v i l b e v ö l k e r u n g im Kriegsfalle (A. S.

56, 160) erlassen. Damit ist die Grundlage geschaffen worden, um eine allfällige Evakuation wirksam vorbereiten und durchführen zu können. Zuständig zum Erlass des Evakuationsbefehls ist die Armeeleitung. Die Bezeichnung der Orte und Gegenden, in welche die Evakuierten zu verbringen sind, erfolgt durch das Kriegs-Fürsorge-Amt. Die betreffenden Kantone und Gemeinden, in die evakuiert werden soll, sind verpflichtet, die Aufnahme der evakuierten Bevölkerung vorzubereiten und sie eventuell durchzuführen. Der Bund übernimmt die Transportkosten und richtet für den Unterhalt und die Unterkunft Beiträge aus.

Die Evakuation wirft eine Fülle von Problemen auf. Die nötigen Vorkehren zur zweckmässigen Lösung sind vom Kriegs-Fürsorge-Amt in Verbindung mit den zuständigen Stellen des Bundes und der Kantone an die Hand genommen worden. Das Kriegs-Fürsorge-Amt befasst sich überdies gemäss den Weisungen des Bundesrates vom 30. Oktober 1989 an die Bevölkerung für den Kriegsfall mit der Frage der freiwilligen Abwanderung, soweit die Kantone eine solche vorbereiten -wollen.

Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit.

In den Geschäftsbereich dieses Amtes fallen zwei Erlasse, die mit der Kriegswirtschaft in Zusammenhang stehen und sich auf die ausserordentlichen Vollmachten stützen.

1. Lohnausfallentschädigung.

Das Problem der Lohnausfallentschädigung bei Militärdienst hatte bereits bei der Beratung des revidierten Obligationenrechtes vom 30. März 1911 das Parlament eingehend beschäftigt und bildete in den letzten Jahren Gegenstand einer Eeihe von Postulaten. Allseitig bestand Übereinstimmung, dass Art. 335 des Obligationenrechtes in seiner gegenwärtigen Fassung, zumal für die Zeit einer allgemeinen Mobilmachung, nicht genüge. Man gelangte aber auch zur Ansicht, dass es mit der Ausdehnung der Lphnzahlungspflicht des Arbeitgebers nicht sein Bewenden haben dürfe, sondern dass es unerlässlich sei, dem Arbeitgeber eine gewisse finanzielle Hilfe angedeihen zu lassen. Man fand diese Hilfeleistung in der Übertragung der Kosten für die Lohnzahlung auf alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer, unter finanzieller Mitwirkung
der öffentlichen Hand. Auf dieser Grundlage wurde im Volkswirtschaftsdepartement im Sommer 1939 ein Vorentwurf zu einem umfassenden Bundesgesetz über den wirtschaftlichen Schutz der schweizerischen Wehr,männer ausgearbeitet, der einen solchen Schutz nicht nur den eingerückten Arbeitnehmern, sondern auch den Selbständigerwerbenden bringen wollte.

Nach der Mobilmachung zeigt es sich, dass rasches Handeln geboten war, um den Wehrmännern nach Möglichkeit ihre wirtschaftlichen Sorgen abzuBundesblatt. 92. Jahrg. Bd. I.

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nehmen. Gewiss besteht die Verordnung vom 9. Januar 1931 über die Unterstützung der Angehörigen von Wehrmännern und bestehen eine Eeihe von segensreichen Fürsorgeeinrichtungen.

Es ist aber verständlich, wenn das Bestreben der Wehrmänner dahin ging, soweit als tunlich einen Eechtsanspruch auf Zuschüsse zu erhalten und nicht einzig und allein auf die Fürsorge angewiesen zu sein. Der Bundesrat hat daher nach eingehenden Verhandlungen am 20. Dezember 1939 durch einen Beschluss über eine provisorische Eegelung der Lohnausfallentschädigungen an a k t i v d i e n s t t u e n d e Arbeitnehmer (A. S. 55, 1505) die Institution des Lohnersatzes eingeführt.

Er hat schon im Titel, aber auch im Ingress des Beschlusses ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich für einmal um einen Versuch handle. Der Beschluss bezieht sich nur auf die mobilisierten Arbeitnehmer ; die Schaffung einer Wirtschaftsbeihilfe an die eingerückten Selbständigerwerbenden soll Gegenstand eines besondern Beschlusses bilden.

Zum Erlass vom 20. Dezember 1939, der übrigens durch Beschluss vom 26. Januar (A. S. 56, 125) eine kleine Abänderung erfahren hat, hat der Bundesrat am 4. Januar 1940 eine A u s f ü h r u n g s v e r o r d n u n g (A. S. 56, 11) erlassen, und das V o l k s w i r t s c h a f t s d e p a r t e m e n t hat durch ausführlich gehaltene, verbindliche Weisungen vom 27. Januar '1940 (A. S. 56, 140) noch weitere Vollzugsvorschriften aufgestellt.

Wie aus dem Bundesratsbeschluss hervorgeht, soll die Bezugsberechtigung, aber auch die Beitragspflicht eine allgemeine sein, was dem diesen Beschluss beherrschenden Gedanken der Solidarität am ehesten entspricht. Dass die Deckung der durch die Lohnausfallentschädigungen entstehenden Kosten zur Hälfte durch Beiträge aus öffentlichen Mitteln (2/3 Bund, a/3 Kantone) erfolgt, entspringt der Erwägung, dass die Allgemeinheit das grösste Interesse daran hat, die Wehrmänner, die zu ihrem Schutz unter die Fahnen geeilt sind, wirtschaftlich sicherzustellen und die sich daraus ergebenden Lasten mitzutragen.

Um die Kosten nicht ins Ungemessene wachsen zu lassen, ist die Höhe der Lohnausfallentschädigungen begrenzt worden; um sie in erster Linie denjenigen zugute kommen zu lassen, die sie wirklich nötig haben, wird für deren Berechnung weitgehend auf die Familienlasten des Wehrmannes abgestellt.
Zur Bewerkstelligung des Ausgleichs der auf die Arbeitgeber und Arbeitnehmer entfallenden Kosten wurden Ausgleichskassen eingeführt. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Versuch. Man ging davon aus, dass nach Möglichkeit den beteiligten Arbeitgebern bzw. deren Organisationen selbst die Durchführung des Beschlusses überlassen werden solle, um den staatlichen Verwaltungsapparat nicht über Gebühr ausdehnen zu müssen.

Der Ausgleich gipfelt in dem von der eidgenössischen Finanzverwaltung verwalteten zentralen Ausgleichsfonds. Er ist die zentrale Verrechnungsstelle aller Ausgleichskassen, während diese die nämliche Aufgabe gegenüber den ihnen angeschlossenen Arbeitgebern erfüllen.

Durch Schaffung einer besondern Aufsichtskommission, in der neben Bund und Kantonen die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen

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vertreten sind, haben die direkt Beteiligten bei der Beaufsichtigung der Durchführung des Bundesratsbeschlusses ein Mitspracherecht erhalten. Der Grundsatz möglichst weitgehend die Beteiligten selbst zur Mitarbeit heranzuziehen, ist auch bei der Einrichtung von Schiedskommissionen für die Beurteilung von Streitfällen verwirklicht.

Neben den kantonalen Kassen und einigen besondern Kassen -- darunter diejenige für das Personal der Bundesverwaltung -- sind 60 Verbandsausgleichskassen gebildet und vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement anerkannt worden.

Der Bundesratsbeschluss bewegt sich auf Neuland. Seine Einführung musste zudem rasch erfolgen Es ist deshalb begreiflich, wenn im Anfang da und dort der Übergang von der Notunterstützung -- für die allerdings nach wie vor ein grosses Betätigungsfeld besteht -- zur Lohnausfallentschädigung nicht ganz reibungslos vor sich ging. Es gilt noch dieses und jenes auszufeilen, doch darf wohl gesagt werden, dass das neue System allgemein funktioniert und, was die Hauptsache ist, mit dazu beiträgt, bei den Wehrmännern diejenige Stimmung zu schaffen und zu erhalten, die erforderlich ist, dass sie mit Hingabe ihre Aufgabe im Dienste des Vaterlandes erfüllen. Ob sich das System in allen Teilen bewähre oder ob allenfalls Änderungen zu treffen seien, lässt sich heute noch nicht mit Sicherheit beurteilen. Der Bundesrat hielt darauf, solche Änderungen vorläufig nicht vorzunehmen, sondern vielmehr zu beobachten, wie die gegenwärtigen Vorschriften sich auswirken und namentlich welches ihre finanzielle Tragweite ist.

2. Gewerbehilfe durch die gewerblichen

Bürgschaftsgenossenschaften.

Der Ausbruch des gegenwärtigen Konfliktes hat den gewerblichen Mittelstand stärker getroffen als der Weltkrieg im Jahre 1914, da die Reserven durch die lange, dem Kriege vorangehende Wirtschaftskrise weitgehend aufgezehrt worden waren. Es erwies sich deshalb als notwendig, die bisherige Hilfsaktion der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, die durch den Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1934 über Arbeitsbeschaffung und Krisenhilfe inauguriert worden war, auf eine weitere Grundlage zu stellen. Durch den Bundesratsbeschluss vom 12. April 1940 (A. S. 56, 356) wurden der Schweizerische Verband der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften und die ihm angeschlossenen Bürgschaftsgenossenschaften sowie die Bürgschaftsgenossenschaft SAFFA beauftragt, im Rahmen der bereits bestehenden Réglemente und Kredite eine Hilfsaktion für Betriebe des Gewerbes und des Detailhandels, die infolge der Kriegsmobilmachung unverschuldet in finanzielle Bedrängnis geraten sind, zu organisieren. Diese Hilfe kann ausser durch die Verbürgung von Darlehen erfolgen durch allgemeine geschäftliche Beratung, Führung der Buchhaltung, Anbahnung von Sanierungsverhandlungen ohne Inanspruchnahme des gerichtlichen Nachlassverfahrens und durch Mitwirkung bei Notstundungen.

696 Neben der allgemeinen Hilfsaktion ist eine besondere Hilfe für die Betriebe in den Grenzgebieten vorgesehen, die durch die fast vollständige Abschnürung des kleinen Grenzverkehrs infolge des Krieges in eine besonders schwierige Lage geraten sind. Für diese notleidenden Betriebe in den Grenzgebieten genügt die blosse Verbürgung von Darlehen nicht, da die Betriebe vielfach nicht mehr lebensfähig sind. Die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften wurden deshalb ermächtigt, Darlehen bis zum Betrage von Fr. 5000 zu gewähren für die Umstellung des Betriebes auf einen andern Erwerbszweig, für die Umschulung des Inhabers sowie für eine eventuelle Liquidation.

Die Mittel für die Durchführung der beiden Hilfsaktionen werden dem «Fonds für die Unterstützung von Hilfseinrichtungen im Gewerbe» entnommen, der gegenwärtig einen Bestand von rund 1,5 Millionen Franken aufweist.

Um eine umfassende Orientierung über die auf dem Gebiete der Kriegswirtschaft getroffenen Massnahmen zu vermitteln, hielten Avir es für angezeigt, nebst den sich auf den Vollmachtenbeschluss vom 30. August 1989 stützenden Bundesratsbeschlüssen auch die Vollzugsvorschriften des Volkswirtschaftsdepartements und der ihm nachgeordneten Stellen in die Berichterstattung einzubeziehen.

Gr. Post- und Eisenbahndepartement.

Amt ffir Verkehr.

Der Bundesratsbeschluss vom 5. April 1940 betreffend Beschleunigung des Umlaufs der Güterwagen (A. S. 56, 337) stellt die einzige auf den Vollmachten beruhende Massnahme dar, die auf Antrag des Post- und Eisenbahndepartements beschlossen wurde.

Er ermöglicht dem Departement, verschiedene Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1874 über die Eechtsverhältnisse der privaten Verbindungsgeleise abzuändern und damit eine durch die Umstände gebotene Beschleunigung des Güterwagenumlaufes zu erwirken.

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Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 10. Mai 1940.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Pilet-Golaz.

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Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Zweiter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen. (Vom 10. Mai 1940.)

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