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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox.

(Vom 14. März 1905.)

Tit.

Durch Bundesratsbeschluß vom 9. Dezember 1899 (E. A. S.

XV, 810) wurde einem Initiativkomitee in Grono die Konzession erteilt für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox und im Art. 3 dieses Beschlusses Grono als Sitz der zu bildenden Aktiengesellschaft bezeichnet.

Am 26. Juli 1903 bildete sich in Lostallo die ,,Società della Ferrovia elettrica Bellinzona-Mesocco," welche bei Annahme ihrer Statuten beschloß, den Gesellschaftssitz nach Misox zu verlegen, wo auch die Kraftzentrale errichtet werden sollte. Der Bundesrat erteilte den Statuten unterm 11. April 1904 die Genehmigung, jedoch mit bezug auf Art. 3 mit dem Vorbehalt, daß die Bundesversammlung der Verlegung des Gesellschaftsdomizi zustimme.

Ein entsprechendes Gesuch war von Herrn Ständerat Calonder namens des Verwaltungsrates am 6. April 1904 dem Eisenbahndepartement eingereicht worden.

Die Regierungen der Kantone Tessin und Graubünden erklärten sich, die erstere unterm 13. April 1904, die letztere unterm 8. November 1904, mit der entsprechenden Änderung der

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Konzession einverstanden. Gemäß bisheriger Praxis wollte aber das Departement den Anlaß benützen, um- auch die übrigen Bestimmungen der Konzession ändern zu lassen, soweit sie von den gegenwärtig üblichen Konzessionsbestimmungen abweichen (Altersgrenze der gratis oder zur halben Taxe zu befördernden Kinder etc.). Es stellte daher einen entsprechenden Entwurf zu einem Bundesbeschlusse auf und lud den Verwaltungsrat der Bahngesellschaft ein, sieh mit diesen Änderungen einverstanden zu erklären, was denselben veranlaßte, einen Gegenentwurf einzureichen, der hauptsächlich zum Zwecke hatte : 1. die Personentaxen (Art. 16 der Konzession) von 12 Rappen in der zweiten und 7 Rappen in der dritten Wagenklasse auf 16 und 8 Rappen zu erhöhen ; 2. die Gepäcktaxe (Absatz 4 desselben Artikels) auf 10 Rappen, statt bisher 7, anzusetzen; 3. die Bahn auch zum Transport lebender Tiere zu verpflichten und die Taxen hierfür auf 24 Rappen in der höchsten und 4,5 Rappen in der niedrigsten Tarifklasse anzusetzen.

Der Verwaltungsrat begründete dieses Gesuch damit, daß die Erhöhung der Personen- und Gepäcktaxen für das Gedeihen des Unternehmens absolut erforderlich seien. Die Erhöhung sei auch gerechtfertigt durch die gänzliche Umgestaltung der Linie gegenüber dem ursprünglichen Projekte. Während nämlich dieses fast auf der ganzen Strecke die Benützung der Straße vorgesehen habe, bekomme die Bahn nun durchwegs ein eigenes Trace. Es handle sich also nicht mehr um eine Straßenbahn, sondern um eine Nebenbahn mit viel größerer Leistungsfähigkeit, was natürlich auch bedeutende Mehrkosten im Gefolge habe. Sodann dürfe noch darauf hingewiesen werden, daß der Betrieb durch die unvermeidlichen großen Steigungen (bis zu 60°/oo) verteuert werde.

Anderseits sei gerade durch das Aufgeben der Straßenbenützung die Betriebslänge reduziert worden, was wieder für eine Erhöhung der Taxen spreche.

Das Eisenbahndepartement hatte gegen die neuen Begehren nichts einzuwenden; die erhöhten Taxen, wie auch die für den Transport lebender Tiere vorgeschlagenen Ansätze entsprachen den Taxen, welche der ßhätischen Bahn für die Gruppe II ihrer Linien bewilligt wurden, d. h. für solche Strecken, die ähnliche Bau- und Betriebsverhältnisse aufweisen wie Bellinzona-Misox. Das Departement stellte daher einen neuen Beschlußentwurf auf, der sowohl die Zustimmung des Verwaltungsrates der Bahngesellschaft, als diejenige der Regierungen von Tessin und Graubünden fand.

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Wir lassen den Entwurf hier nachfolgen und empfehlen Ihnen denselben zur Annahme.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 14. März 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ruchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

909 (Entwurf.)

Bundestoeschluß betreffend

Aenderung der Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Verwaltungsrates der elektrischen Eisenbahn Bellinzona-Misox vom 6. April 1904 und 9. Februar 1905; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 14. März 1905, beschließt: I. Die durch Bundesbeschluß vom 9. Dezember 1899 (E. A. S.

XV, 810) erteilte Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox wird abgeändert, wie folgt: 1. Die Bahn wird auf eigenem Bahnkörper, ohne Benützung der Straßen, gebaut, und hat ihren Ausgangspunkt in Bellinzona.

2. Die Bahnlinie wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

3. Im Artikel 3 wird als Sitz der Gesellschaft ,,Misoxa bezeichnet.

910 4. Artikel 11 erhält folgenden neuen Absatz: ,,Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, daß Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind, und die in der Ausübung derselben Anlaß zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.a 5. Artikel 12 wird gestrichen.

6. Im ersten Absatz des Artikels 16 werden die Ansätze der Personentaxen auf 16 Rappen für die zweite und auf 8 Rappen für die dritte Klasse erhöht.

7. Artikel 16, Absatz 2, erhält folgende Fassung: ,,Für Kinder unter vier Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen."

8. Artikel 16, Absatz 4, erhält folgenden Wortlaut: ,,Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden. Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäek ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest."

9. Artikel 18, Absatz l, wird durch folgende Bestimmungen ersetzt : .,,Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Redürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die -wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 4 Rappen, und deren niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.a 10. Im Artikel 18, Absatz 3, ist im Eingang nach ,,Landwirtschaft"1 einzuschalten ,,Gewerbe"1 und sind am Schlüsse die Worte ,,in Wagenladungen" zu streichen.

911 11. Artikel 18, Absatz 6, erhält im Eingang folgende Fassung: ,,Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkzeug für deo persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger etc."

12. Als Artikel 19bis wird neu aufgenommen: ,,Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 24 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 4,5 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden. Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes darf 40 Rappen betragen."

13. Am Schlüsse des Artikels 20 ist einzuschalten: ,,sofern der Rest mindestens l Rappen beträgt'1'.

14. Artikel 26 wird gestrichen.

II. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung des gegenwärtigenBeschlusses, welcher am 1. Mai 1905 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox. (Vom 14. März 1905.)

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