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Schweizerisches Bundesblatt.

57. Jahrgang. V.

Nr. 36.

30. August 1905.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Errichtung deutscher Zollabfertigungsstellen auf den linksrheinischen Bahnhöfen in Basel.

(Vom 29. August 1905.)

Tit.

Im schweizerischen Bundesbahnhof in Basel befindet sich seit 1873 eine deutsche Zollabfertigungsstelle, welche auf Grund einer am 23. August 1873 zwischen dem Bundesrat und der kaiserlich deutschen Regierung abgeschlossenen und von den eid.genössischen Räten am 24. September 1873 genehmigten Übereinkunft (A. S., Band XI, Seite 356 und 357) mit Nachtrag vom 23. Oktober 1876 (A. S. n. F., Band III, Seite 341) errichtet worden ist. Die großen Vorteile, welche die auf Grund dieser Übereinkunft erfolgte Verlegung der deutschen Zollabfertigung des Bahnverkehrs von St. Ludwig nach Basel für den gesamten Personenund Güterverkehr über jenes wichtigste Bin- und Ausgangstor der Schweiz zur Folge hatte, sind in der bundesrätlichen Botschaft vom 27. August 1873 (Bundesbl. 1873, III, 666) hervorgehoben, so daß es hier wohl genügen darf, auf jene Botschaft zu verweisen.

Infolge eines zwischen dem ehemaligen Direktorium der ß. C. B. in Basel und der kaiserlichen Generaldirektion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen am 2. Dezember 1901 abgeschlossenen Vertrages über die Fortsetzung des Gemeinschaftsverhältnisses an den linksrheinischen Bahnanlagen in Basel sind an letzteren Bundesblatt. 57. Jahrg. Bd. V.

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54 so bedeutende Umänderungen, worunter Errichtung eines neuen Bahnhofes Basel St. Johann, vorgenommen worden, daß eine neue Organisation des deutschen (elsaß-lothringischen) Zolldienstes in Basel und damit für letztern auch eine neue vertragsmäßige Grundlage erforderlich geworden ist. Die kaiserlieh deutsche Gesandtschaft in Bern hat daher im Auftrage ihrer Regierung mit Note vom 25. Juli 1902 dem Bundesrate die Vereinbarung einer neuen vertraglichen Abmachung an Stelle derjenigen vom 23. August 1873 vorgeschlagen und den Entwurf zu einer solchen vorgelegt, M^elcher sich der Hauptsache nach0 an die bisherige Übereinkunft anlehnt und nebstdem sich auch auf einzelne Bestimmungen des Vertrages zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche betreffend die Errichtung schweizerischer Zollstellen in den badischen Ortschaften Lotstetten, Jestetten und Altenburg, vom 5. Dezember 1896 (A. S. n. F., Band XVI, Seite 132), stützt.

Der Bundesrat hat sich, nachdem er sämtlichen eidgenössischen Verwaltungsabteilungen, deren Interessen durch diese neue Übereinkunft berührt werden, wie auch der Regierung des Kantons Baselstadt und der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen Gelegenheit zur Vernehm lassung gegeben hatte, bereit erklärt, auf Grund dieses Entwurfes zu einem neuen Vertrage Hand zu bieten, unter Vorbehalt einiger Modifikationen, welche in der Folge von der kaiserlich deutschen Regierung unverändert angenommen worden sind.

Nach diesen Vorbemerkungen glauben wir uns darauf beschränken zu können, die Änderungen, welche sich gegenüber der früheren Vereinbarung ergeben, kurz hervorzuheben.

Art. 1. Mit Rücksicht auf die räumliche Trennung der Bahnhofanlagen in Basel werden getrennte deutsche Zollabfertigungsstellen im Bundesbahnhof, auf dem Güterbahnhof Wolf und auf dem Bahnhof St. Johann in Aussicht genommen mit Befugnis zur Vornahme aller aus dem Verkehrsbedürfnis sich ergebenden Abfertigungsarten.

Der letzte Absatz enthält die Bestimmung, daß die bei den Zollabfertigungsstellen betätigten Grenztierärzte die veterinär-polizeiliche Untersuchung von zur Einfuhr nach Deutschland bestimmten Tieren und von Fleisch vorzunehmen haben. Wir haben hierbei Sicherheit dafür zu erhalten gewünscht, daß die deutschen Behörden vorkommendenfalls von der schweizerischen Viehseuchenpolizei in Basel zurückgewiesenes Vieh zur Wiedereinfuhr nach

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Deutschland zulassen. Die kaiserliche Gesandtschaft hat auf einen bezüglichen Vorbehalt hin auf Art. 2, Ziffer 5, der elsaß-lothringischen Ministerialverordnung vom 26. Mai 1899 verwiesen, wonach Tiere, die aus Elsaß-Lothringen nach dem Ausland gebracht und von da nach dem Reichsgebiet zurückgeführt werden, ohne weiteres einzulassen sind, wenn die Wiedereinfuhr innert 24 Stunden stattfindet. Im Hinblick auf diese Bestimmung kann die ungehinderte Rückkehr von Tieren, welche von der schweizerischen Sanitätspolizei beanstandet würden, als gesichert betrachtet werden.

Bei Art. 2 ist die Bestimmung im ersten Alinea neu, welche bezweckt, außer Zweifel zu stellen, daß von den deutschen Zollabfertigungsstellen konstatierte Zolldelikte in gleicher Weise geahndet werden, wie wenn sie auf deutschem Gebiet begangen worden wären. Diese Bestimmung entspricht der Praxis, wie sie allgemein für exterritoriale Zollstelleu gehandhabt wird und in verschiedenen Staatsverträgen der Schweiz mit Nachbarländern vorgesehen ist.

Die ebenfalls neue Bestimmung im dritten Alinea bedarf keiner nähern Erörterung.

Die Art. 3--7 lehnen sich an die entsprechenden Bestimmungen des oben erwähnten Staatsvertrages vom 5. Dezember 1896, betreffend schweizerische Zollstellen aut badischera Gebiet, an und finden sich in ähnlichem Wortlaut auch in ändern von der Schweiz mit Nachbarländern abgeschlossenen Vereinbarungen über die Errichtung internationaler Zollämter.

Art. 8, erstes Alinea, ist wörtlich aus dem erwähnten Vertrag vom 5. Dezember 1896 hinübergenommen.

Die Aufnahme der neuen Bestimmung, daß die Ausbezahlung der Dienstbezüge an die deutschen Zollbeamten in Basel in deutschem Geld erfolgen darf, ist von der kaiserlich deutschen Regierung mit Rücksicht auf eine Bestimmung des Polizeistrafgesetzes des Kantons Baselstadt, wonach die Ausbezahlung von Löhnungen in ungesetzlichen Münzsorten mit Strafe bedroht ist, beantragt worden. Es liegt um so weniger Anlaß vor, diese Bestimmung zu beanstanden, als auch die Bundesverwaltung ihr im Ausland stationiertes Personal nach schweizerischer Währung besoldet.

Die Bestimmung im dritten Alinea, daß die deutschen Zollbeamten in Basel Befreiung von allen persönlichen Leistungen, einschließlich des Militärdienstes oder irgend eines ändern Waffen-

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dienstes, genießen, ist mit Ausdehnung auf die Familien von Zollbeamten schon im bisherigen Vertrage enthalten. Bei Anlaß des stattgehabten Notenwechsels wurde zur Vermeidung unrichtiger Auffassung dieser Bestimmung festgestellt, daß unter ,,Befreiung von allen persönlichen Leistungen" jedenfalls nicht die Befreiung von den direkten Steuern und Abgaben verstanden werden kann.

Diese sind übrigens von dem betreffenden Personal bisanhin anstandslos bezahlt worden.

Die Zollbefreiung für aus Deutschland eingeführtes amtliches Material zum dienstlichen Gebrauch der deutschen Zollabfertigungsstellen, welche in Art. 10 des Vertrages zugesichert ist, wird von Deutschland gemäß einem Beschlüsse des deutschen Bundesrates vom 10. Juni 1898 auch für die auf deutschem Gebiet gelegenen schweizerischen Zollämter bewilligt, so daß es der Billigkeit entspricht, auch im umgekehrten Falle Zollbefreiung eintreten zu lassen.

Die Ausschaltung der schweizerischen Postverwaltung für die Beförderung von amtlichen Sendungen der deutschen Zollabfertigungsstellen im Verkehr mit Deutschland ist prinzipiell schon in Art. 3 des Übereinkommens zwischen der schweizerischen und der deutschen Postverwaltung vom 12. August 1900 (A. S. n. F., Band XVIII, Seite 162) vorgesehen, so daß die Bestimmung im zweiten Alinea des Art. 10 der vorliegenden Übereinkunft an dem gegenwärtigen Zustand nichts ändert, indem die deutschen Zollämter an den beiden Hauptbahnhöfen in Basel ihre Amtskorrespondenzen schon jetzt durch Boten bei den benachbarten deutschen Grenzpostämtern aufgeben, beziehungsweise abholen lassen. Die Privatkorrespondenz hat auf diese Erleichterung nicht Anspruch, was in dem vorliegenden Vertrage hervorgehoben ist.

Die in Art. 11 vorgesehene Zollbefreiung für hausrätliches Mobiliar bei der Übersiedlung von deutschen Zollbeamten nach Basel ist bereits durch den bestehenden Handelsvertrag mit Deutschland gewährleistet, so daß auch diese Bestimmung müdem gegenwärtig bestehenden Zustand entspricht.

Art. 12, die Vertragsdauer und -kündigung betreffend, steht in Übereinstimmung mit dem Art. 33 des zwischen dem Direktorium der S. C. B. und der kaiserlichen Generaldirektion der Bisenbahnen in Elsaß-Lothringen abgeschlossenen, eingangs erwähnten Vertrages vom 2. Dezember 1901 über die Verpachtung der Bahnstrecke St. Johann Hauptbahnhof in Basel an die Reichseisenbahnen und die gemeinschaftliche Benützung des Hauptbahn-

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hofes, sowie der Güterstation St. Johann. Da dieser Vertrag mit der Errichtung des deutschen Zolldienstes in Basel in Zusammenhang steht, so erschien es zweckmäßig, in die vorliegende Übereinkunft gleichlautende Bestimmungen betreffend die Kündigung aufzunehmen.

Wir empfehlen Ihnen die getroffenen Vereinbarungen und den beiliegenden Beschlussesentwurf zur Genehmigung und benutzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

BernJ, den 29. August 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

einen am 16. August 1905 zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche abgeschlossenen Staatsvertrag betr. die Errichtung deutscher Zollabfertigungsstellen auf den linksrheinischen Bahnhöfen in Basel.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines am 16. August 1905 mit dem Deutschen Reiche abgeschlossenen Staatsvertrages betreffend die Errichtung deutscher Zollabfertigungsstellen auf den linksrheinischen Bahnhöfen in Basel; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 29. August 1905, beschließt: Art. 1. Dem genannten Staatsvertrag wird die vorbehaltene Genehmigung erteilt.

Art. 2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Errichtung deutscher Zollabfertigungsstellen auf den linksrheinischen Bahnhöfen in Basel. (Vom 29. August 1905.)

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