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Schweizerisches Bundesblatt

57. Jahrgang. V.

Nr. 38.

13. September 1905.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Teilnahm der Schweiz an einem internationalen landwirtschaftlichen Institut in Rom.

(Vom 11. September 1905.)

Tit.

Die k. italienische Gesandtschaft gab uns am 13. Februar laufenden Jahres Kenntnis von folgender vom k. italienischen Minister des Auswärtigen in Rom an sie gerichteten Note: ,,Seine Majestät der König hat folgendes Schreiben an Seine Excellenz den Ritter Johann Giolitti, Präsident des Ministerrates, gerichtet : ,,Lieber Präsident, ,,Ein Bürger der Vereinigten Staaten Amerikas, Herr David Lubin, setzte mir, mit jener Wärme des Ausdruckes, die eine aufrichtige Überzeugung stets verleiht, eine Idee auseinander, die mir nützlich und gut schien, und die ich deswegen der Aufmerksamkeit meiner Regierung empfehle.

,,Die landwirtschaftliche Bevölkerung, die im allgemeinen die zahlreichste ist und überall einen großen Einfluß auf die Geschicke der Nationen hat, kann, isoliert lebend, weder ausreichende Fürsorge treffen für die Verbesserung der verschiedenen Kulturen, noch für deren Verteilung entsprechend den Bedürfnissen des Konsums, Bundesblatt. 57. Jahrg. Bd. V.

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noch für die Verteidigung ihrer eigenen Interessen auf dem Markt~ der für die hauptsächlichsten Bodenprodukte von Tag zu Tag mehr ein Weltmarkt wird.

,,Deswegen wäre ein internationales Institut von wesentlichem.

Nutzen, das, frei von jeder politischen Befangenheit, die landwirtschaftlichen Zustände in den verschiedenen Ländern der Welt erforschen und periodisch die Art und Menge der Ernten bekannt geben würde, so daß die Produktion erleichtert, der Handel weniger kostspielig gestaltet und eine gerechtere Bestimmung der Preiseerlangt würde.

,,Dieses Institut, das sich mit den verschiedenen zu diesem Zwecke schon eingerichteten nationalen Verwaltungen in Verbindung zu setzen hätte, würde auch genaue Angaben über den Stand des landwirtschaftlichen Arbeitsmarktes in den verschiedenen Gegenden, machen, so daß die Auswanderer daran einen nützlichen und zuverlässigen Führer hätten; es würde gemeinsame Maßnahmen gegen Pflanzen- und Tierkrankheiten in den Fällen herbeiführen, wo vereinzelte Vorkehrungen weniger wirksam sind. Endlich würde es die Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschafts-, Versicherungs- und Kreditwesens günstig beeinflussen.

,,Die vielen wohltätigen Wirkungen eines solchen Institutes,, das ein Organ der vereinigten Landwirte aller Länder und deswegen ein mächtiges Erhaltungsmittel des Friedens wäre, würden sich sicher noch vervielfachen lassen. Rom wäre der gegebene Sita desselben. Hier würden sich die Vertreter der beteiligten Staaten,, sowie die der großen landwirtschaftlichen Vereinigungen versammeln, denn aus der Übereinstimmung der Regierungen mit dea freien Kräften der Landwirte würde die wirksame Tat hervorgehen..

,,Ich habe das Vertrauen, die Erhabenheit des Zieles werde die Schwierigkeiten des Unternehmens überwinden helfen.

,,In dieser Überzeugung habe ich das Vergnügen, mich zu bestätigen als Euer sehr ergebene Vetter Yiktor Emmanuel. "· ,,Indem er dieses Schreiben erließ und eine solche Initiative ergriff, war Seine Majestät der König von dem Gedanken bewegt, der zahlreichen landwirtschaftlichen Bevölkerung jenen Wohlstand zu verschaffen, zu dem die übrigen produzierenden Klassen bereits, gelangt sind.

107 ,,Die Ausdehnung der Fläche, auf der die Landwirtschaft betrieben wird, die große Verschiedenheit der Kulturen und der Betriebsweise verstärken zwar gewiß das Band, das den Menschen mit dem Grund und Boden verbindet, aber sie schwächen die Verbindung zwischen Mensch und Mensch, zwischen Besitzer und Besitzer und zwischen Bauer und- Bauer.

,,Die so vereinzelt und zerstreut lebenden Landwirte haben sich wenig geeignet erwiesen, unter sich gegenseitige, unmittelbare und ununterbrochene Beziehungen anzubahnen und aufrecht zu erhalten, um sich schnell und sicher Nachrichten über den Ertrag, über den Verbrauch, über die Preise, über die Gebräuche und Gewohnheiten auf den verschiedenen Märkten der Welt zu verschaffen, wo die Erzeugnisse ihrer Arbeit durch andere verhandelt werden, die dadurch oft über ihr Schicksal entscheiden.

,,Diese Zersplitterung der landwirtschaftlichen Bevölkerung verursacht dazu eine unrichtige Produktion, die weder dem Klima und Boden, noch den Bedürfnissen des Verbrauches entspricht.

Daraus entsteht eine Verschwendung von Kapital und Kraft, zum Nachteil der Landwirtschaft und indirekt auch der übrigen Berufsklassen.

,,Diese Zersplitterung stellt die Landwirte oft wehrlos der Allmacht von Syndikaten gegenüber, die sich im Verkehrswesen und für den Ankauf und Verkauf von Lebensmitteln bilden und die ihre Macht gerade aus dem Mangel an Überwachung von Seite derer schöpfen, die den größten Vorteil hätten, eine solche auszuüben.

,,Nunmehr werden die Bauern in ihren eigenen, zweckmäßig aufgeklärten und geleiteten Kräften die Mittel finden, die ihnen die Gesetzgebung nur mangelhaft liefert, um sich gegen jene Syndikate zu verteidigen und die Produktion zu verbessern.

,,S. M. der König und seine Regierung suchen jenes gerechte Gleichgewicht herbeizuführen, das aus der gleichzeitigen und gleichlaufenden Entwicklung der schaffenden Kräfte entstehen soll, so daß jeder den ihm zukommenden Anteil an Wohlstand erlangen und doch seinen Mitmenschen den größten Anteil au Gütern und Frieden gewähren kann.

,,Indem dieses richtige Interessengleichgewicht zwischen den verschiedenen Berufsklassen eines Landes gesichert wird und das Band der gemeinschaftlichen über die politischen Grenzen hinaus gehenden Interessen die verschiedenen Länder verbindet, wird gleichzeitig den idealen Friedensbestrebungen ein neuer, wirtschaftlicher Gehalt gegeben, denn in der gegenwärtigen Gesellschaft

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sind die beständig wachsenden Interessen des Kapitales, sovvio der Arbeit eng an den allgemeinen Frieden gebunden.

,,Um den Gedanken S. M. richtig zu verwirklichen, ist die Herbeiführung einer internationalen Übereinstimmung und die Mitwirkung der befreundeten Staaten nötig.

,,In der Tat kann das von S. M. gewünschte Institut nicht anders als international sein, weil der Markt der wichtigsten Bodenprodukte, sowie die territoriale Verteilung der Kulturen eine internationale, die ganze Welt umfassende ist und weil durch die Erweiterung ihrer Ziele und ihres Tätigkeitsgebiets Anzahl und Nutzen der landwirtschaftlichen Verbände vermehrt werden.

,,Die Errichtung eines internationalen landwirtschaftlichen Institutes, gebildet durch Vertreter der großen landwirtschaftlichen Verbände und durch die Delegierten der verschiedenen Staaten, scheint ein einfaches und natürliches Mittel zu sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen.

,,Dieses zentrale Institut würde nicht nur die gegenseitige und direkte Ermittlung der Verhältnisse in den verschiedenen landwirtschaftlichen Gegenden, der Betriebsweisen, Märkte und Preise erleichtern, sondern auch die Hindernisse erkennen lassen, die dem Lebensmittelmarkte durch Mängel in der Gesetzgebung und im Tarifwesen, sowie durch übertriebene Transportkosten und dergleichen erwachsen.

,, Ein derartiges internationales Institut würde rasche, durch die beteiligten Regierungen kontrollierte, deshalb sichere Nachrichten innert nützlicher Frist und den Interessen angemessen liefern; es würde die wesentliche Vorbedingung zur Erreichung verschiedener Ziele bilden, von denen nur folgende angeführt werden : ,, 1. Die Gründung von landwirtschaftlichen Börsen und von Arbeitsvermittlungsstellen, durch welche die Angebote von Lebensmitteln und Arbeit besser geregelt und die Auswanderung geschützt würde.

,, 2. Das vorbereitende Studium gesetzlicher und administrativer Vorschläge für den Fall, daß allgemeine einheitliche Maßnahmen zur Erreichung eines Erfolges unumgänglich notwendig sind. Dies betrifft namentlich die Bekämpfung ansteckender Tierund Pflanzenkrankheiten, die Versicherung gegen Schäden und Unfälle, die Betrügereien und Fälschungen.

,,3. Eine zweckmäßige Organisation der landwirtschaftlichen O-enossenschaften, die sich, sowohl für gemeinsamen Ein- und Verkauf, wie für Versicherungen auf Gegenseitigkeit, für Kreditbeschaffung um so besser entwickeln werden, je breiter die Grundlage ist, auf der sie aufgebaut werden.

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,,4. Die Verteidigung gegen die Transport- und Erwerbssyndikate, denen gegenüber die Gesetzgebung meistens unwirksam bleibt, während Produzenten und Konsumenten hinreichend gewappnet sind, wenn sie die wirklichen Verhältnisse des Marktes kennen.

,,Infolgedessen bedeutet das internationale landwirtschaftliche Institut nicht den Krieg gegen die großen Organisationen und die mächtigen Vereinigungen von Kapital und Arbeit, wohl aber die einzig wirksame Abwehr gegen alle Auswüchse dieser Zentralisationen.

Das Institut will den Zwischenhandel nicht ersetzen, sondern nur überwachen.

,,Gegenwärtig mehr als je ist es für jedermann offenkundig, wie nützlich es ist, wenn in wirtschaftlichen Fragen die Regierungen auf der sichern Grundlage des Volkswillens und im Einverständnis mit demselben vorgehen. Ein beständiges Einvernehmen ist daher notwendig, damit die Absichten der Regierung, sowie die erkannten Schwierigkeiten die Ansichten der Interessenten so zu beeinflussen und zu leiten im stände sind, daß sie die Arbeit der am Ruder stehenden unterstützen.

,,Das internationale Institut würde eben den Mittelpunkt für die Bildung der Meinung der landwirtschaftlichen Berufsstände, d. h. desjenigen Teiles der öffentlichen Meinung bilden, der fast in allen zivilisierten Ländern der überwiegende ist. Die Regierungen sollten folglich das Bedürfnis fühlen, in diesem Institut und in ihren eigenen Delegierten eine emsige Mitarbeiterschaft zu erhalten.

,,Diese Delegierten würden somit das Bindeglied, sowie das natürliche Mittel gegenseitiger Verständigung, Benachrichtigung und Beeinflussung.

,,Das internationale landwirtschaftliehe Institut könnte demnach auch mit dem Studium von Fragen der landwirtschaftlichen Gesetzgebung betraut werden, immerhin ohne dadurch die Unabhängigkeit der Regierungen, sowie der nationalen gesetzgebenden Behörden zu beeinträchtigen, denn niemals dürften oder könnten dem Institut in dieser Beziehung Befugnisse erteilt werden. Es steht ihm frei, Maßnahmen von allgemeinem Nutzen zu studieren und vorzuschlagen, aber ebenso frei steht es den Regierungen, sie anzunehmen und sie zum Gegenstand der nationalen oder internationalen Gesetzgebung zu machen.

,,Es ist indes selbstverständlich, daß diese gemeinsamen Studien den frei vorgeschlagenen Maßnahmen ein bedeutendes moralisches Ansehen verschaffen und ihnen, ihrer Zweckmäßigkeit wegen, die

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Annahme seitens der Parlamente und der Regierungen sichern würden."

,, Fudern ich der schweizerischen Regierung von diesem Dokument Kenntais gebe, habe ich die Ehre, sie im Namen meiner Regierung einzuladen, an einer im Monat Mai nächsthin in Rom stattfindenden Konferenz, welche die Verordnungen für das neue Institut vorbereiten wird, durch ihre Vertreter teilzunehmen.

,,Wollen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner vollkommenen Hochachtung genehmigen."

(sig.) E. Magliano.

Wir haben nach Empfang dieser Note den unterzeichneten Bundespräsidenten ermächtigt, der italienischen Regierung zu Händen des Königs die Initiative für Schaffung eines internationalen landwirtschaftlichen Instituts telegraphisch zu verdanken. Sodann haben wir für die am 28. Mai 1. J. in Rom beginnende Konferenz eine Delegation bestellt, bestehend aus den Herren Dr. J. B. Pioda.

außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Rom ; F. Müller, Chef der Abteilung Landwirtschaft unseres Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartements und Professor B. Chuard, Vorsteher der ,,station viticole" des Kantons Waadt, in Lausanne.

Dieselbe wurde angewiesen, den Verhandlungen ad audiendum et referendum beizuwohnen und jeweilen Aufträge des Bundesrates, beziehungsweise Instruktionen einzuholen.

Über die Verhandlungen der aus den Vertretungen von 38 Staaten zusammengesetzten Konferenz geben die bei den Akten befindlichen zahlreichen Protokolle über die Sitzungen, sowohl der Gesamtkonferenz, als der verschiedenen Kommissionen und Subkommissionen Aufschluß.

Hervorzuheben ist, daß mit Ausnahme der Delegationen Deutschlands und Österreich-Ungarns, die zum Teil aus Vertretern größerer landwirtschaftlicher Genossenschaftsverbände zusammengesetzt waren, einstimmig beschlossen wurde, das zu schärfende Institut müsse ein Staatsinstitut sein, das von frei zu ernennenden Vertretern der ihm beitretenden Staaten zu organisieren, zu leiten und zu beaufsichtigen sei, während die deutschen und österreichisch-ungarischen Delegierten den großen landwirtschaftlichen Verbänden den Vortritt verschaffen wollten.

Noch ist zu erwähnen, daß die Aufnahme von Maßnahmen betreffend das Auswanderungswesen und die Viehseuchenpoliaei in das Tätigkeitsprogramm des Institutes mit großem Mehr abgelehnt wurde.

Ili Das Ergebnis der Konferenzverhandlungen enthält nachstehender

Schlußakt: Art. 1.

Es wird ein internationales permanentes Landwirtschafts'änstitut geschaffen, das seinen Sitz in Rom hat.

Art. 2.

Das internationale Landwirtschaftsinstitut soll eine Staatsinstitution sein, in welcher jedes zustimmende Land durch Abgeordnete seiner Wahl vertreten sein wird.

Das Institut soll aus einer Generalversammlung und aus einem permanenten Komitee bestehen, deren Zusammensetzung und Kompetenzen in den folgenden Artikeln festgestellt werden.

Art. 3.

Die Generalversammlung des Instituts wird aus Vertretern 'der beigetretenen Staaten gebildet. Jeder Staat hat ohne Rücksicht auf die Anzahl seiner Abgeordneten in der Versammlung Anrecht auf eine Anzahl Stimmen, welche durch die in Art. 10 "vorgesehene Gruppenzugehörigkeit bestimmt wird.

Art. 4.

Die Generalversammlung ernennt aus ihrer Mitte für jede Session einen Präsidenten und zwei Vize-Präsidenten.

Die Sessionen werden zu den durch die letzte Generalversammlung festgesetzten Zeiten stattfinden und zwar nach einem vom permanenten Komitee vorgeschlagenen und durch die bei^getreteuen Staaten genehmigten Programm.

Art. 5.

Die Generalversammlung hat die Oberleitung des internationalen Landwirtsehaftsinstituts.

Sie genehmigt die durch das permanente Komitee ausgearbeiteten Projekte betreffend die Organisation und die innere Funktion des Institutes. Sie setzt die Totalsumme der Ausgaben fest, prüft und genehmigt die Rechnungen.

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Sie legt den beigetretenen Regierungen jegliche Abänderung, die eine Vermehrung der Ausgaben oder eine Ausdehnung des Geschäftskreises des Instituts bedingt, zur Genehmigung vor. Sie setzt den Zeitpunkt für die Abhaltung der Sessionen fest und stellt ihr Reglement auf.

Zur Beschlußfähigkeit der Generalversammlung muß die vonden anwesenden Delegierten vertretene Stimmenzahl zwei Drittel "sämtlicher Stimmen der beteiligten Staaten betragen.

Art. 6.

Die vollziehende Gewalt des Instituts ist dem permanenten Komitee anvertraut, welches unter der Leitung und Aufsicht der Generalversammlung deren Beschlüsse ausführt und die derselben vorzulegenden Anträge ausarbeitet.

Art. 7.

Das permanente Komitee ist aus den von den verschiedene» Regierungen ernannten Mitgliedern zusammengesetzt. Jeder beigetretene Staat wird im permanenten Komitee durch ein Mitglied vertreten sein. Jedoch kann die Vertretung eines Staates einem Delegierten eines ändern Staates anvertraut werden, unter der Bedingung, daß der wirkliche Bestand der Mitglieder nicht weniger als 15 betrage.

Die Abstimmungsregeln für das permanente Komitee sindi dieselben wie die in Art. 5 für die Generalversammlung angeführten.

Art. 8.

Das permanente Komitee wählt aus seinen Mitgliedern für eine dreijährige Amtsdauer einen Präsidenten und einen VizePräsidenten, welche wiederwählbar sind. Es stellt sein Geschäftsreglement auf, setzt das Budget für das Institut im Rahmen der durch die Generalversammlung bewilligten Kredite fest, ernennt und entläßt die Beamten und Augestellten seines Bureaus.

Der Generalsekretär des permanenten Komitees übt die Funktionen eines Sekretärs der Generalversammlung aus.

Art. 9.

Dem Institut, dessen Wirken auf das internationale Gebiet zu beschränken ist, kommen folgende Obliegenheiten zu:

113 a. Es hat innert möglichst kurzer Frist statistische, technische oder ökonomische Auskünfte betreffend die Kultur, die tierische wie auch die vegetabilische Produktion, den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und die Preisverhältnisse auf den verschiedenen Märkten zu sammeln, zu studieren und zu veröffentlichen ; b. es teilt alle hiervor erwähnten Auskünfte ebenfalls so rasch als möglich den Interessenten mit ; c. es gibt die Höhe der Löhne der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte bekannt ; d. es zeigt die neuen Pflanzenkrankheiten an, die auf irgend einem Punkte der Erde auftreten sollten, unter Bezeichnung der davon berührten Gebiete, des Verlaufs der Krankheit und wenn möglich der zu deren Bekämpfung wirksamen Mittel; e. es studiert die Fragen betreffend das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen, die landwirtschaftliche Versicherung und den landwirtschaftlichen Kredit in allen ihren Formen, sammelt und veröffentlicht alle Angaben, welche in den verschiedenen Ländern für die Organisation von genossenschaftlichen Bestrebungen, für die landwirtschaftliche Versicherung und den landwirtschaftlichen Kredit von Wert sein könnten; f. es legt gegebenenfalls den Regierungen Maßnahmen für den Schutz der gemeinsamen Interessen der Landwirte und für die Bessergestaltung ihrer Lage zur Genehmigung vor, nach vorgängiger Anwendung der erforderlichen Informationsmittel, wie z. B. die Entgegennahme von Wünschen, welche durch internationale landwirtschaftliche Kongresse oder durch andere Kongresse für Landwirtschaft und deren Hilfswissenschaften, durch landwirtschaftliche Vereine, Akademien, wissenschaftliche Körperschaften etc. ausgesprochen werden.

Alle Fragen, welche die ökonomischen Interessen, die Gesetzgebung und Verwaltung eines einzelnen Staates betreffen, sollen außerhalb der Kompetenz des Instituts liegen.

Art. 10.

Die dem Institute zustimmenden Staaten werden in fünf Gruppen eingeteilt, je nach der Stellung, die jeder einzelne sich glaubt zuschreiben zu sollen.

Die Stimmenzahl, worüber jeder Staat verfügt, und die Anzahl der Beitragseinheiten werden nach den zwei nachfolgenden Progressionen festgesetzt :

114 Staatsgruppen I

Stimmenzahl 5

Beitragseinheiten 16

II 4 8 III 3 4 IV 2 2 V I l In keinem Falle darf die jeder Beitragseinheit entsprechende Leistung die Summe von Fr. 2500 übersteigen.

Als Übergang darf der Beitrag für die ersten zwei Jahre die Summe von Fr. 1500 per Einheit nicht übersteigen.

Kolonien können auf Begehren der Staaten, von welchen sie abhängig sind, zu den gleichen Bedingungen am Institute Zutritt erlangen, wie die unabhängigen Staaten selbst.

Art. 11.

Das gegenwärtige Übereinkommen soll ratifiziert und die Ratifikationen sollen sobald als möglich durch Hinterlegung bei der italienischen Regierung ausgetauscht werden.

Wir haben unsere Delegation ermächtigt, diesen Schlußakt, wie dies durch die Vertretungen sämtlicher anderer Staaten geschehen ist, unverbindlich zu unterzeichnen, und wir beantragen Ihnen, durch den nachfolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses den Beitritt der Schweiz zu diesem neu zu schaffenden internationalen landwirtschaftlichen Institut zu erklären und zwar mit der Berechtigung zur Abgabe von zwei Stimmen, sowie mit der Verpflichtung zur Leistung von ebensoviel jährlichen Einheitsbeiträgen (Cotisationen).

Unsere Landwirtschaft spielt zwar auf dem Weltmarkt eine bescheidene Rolle; das Land selbst ist in stark überwiegendem Maße Käufer und nur zu einem verhältnismäßig kleinen Teil Verkäufer von Bodenerzeugnissen. Die Tätigkeit des Institutes, soweit sie die Regulierung der Preise und die Sanierung der Marktund Verkehrsverhältnisse betrifft, wird -- sofern selbe eine ersprießliche ist -- bei uns mehr den Konsumenten als den Produzenten zu gute kommen. Wie die übrigen Aufgaben gelöst werden und ob daraus auch für unsere Landwirtschaft Vorteile erwachsen, hängt wesentlich von den Personen ab, die an die Spitze des Instituts gestellt werden. Fachkenntnis, praktisches Geschick und fleißige Arbeit seitens dieser Leiter, verbunden mit den reichen Mitteln, die die beitretenden Staaten in finanzieller Beziehung, sowie mittelst ihrer fachwissenschaftlichen Anstalten und ihrer land-

115 wirtschaftlichen Genossenschaften dem Institute zur Verfügung stellen können, lassen erwarten, daß auch unsere Landwirtschaft in wissenschaftlicher, sowie praktischer Richtung daraus Vorteile ziehen werde. Daß eioe zentrale Anstalt für Auskunftserteilung in landwirtschaftlichen Dingen ein Bedürfnis ist, ergibt sich auch aus den zahlreichen bezüglichen Anfragen aller Art und aus allen Ländern, die unser Landwirtschaftsdepartement fortwährend zu beantworten hat. Das internationale landwirtschaftliche Institut in Rom, an das in Zukunft die Fragesteller gewiesen werden können und das auch uns als Auskunftsstelle zur Verfügung stehen wird, bedeutet daher für unsere Verwaltung eine nicht unwesentliche Entlastung.

Bndlich ist der Beitritt der Schweiz auch aus Gründen internationaler Höflichkeit angezeigt.

Die finanzielle Belastung darf hierfür kein Hindernis bilden.

Im ständigen Komitee, das seinen Sitz in Rom hat und dessen Aufgabe hauptsächlich in der verwaltungstechnischen Überwachung des Institutes bestehen wird, wird -- gleich den ändern Staaten -- unsere Vertretung der dortigen Gesandtschaft übertragen werden können, folglich keine besondern Kosten verursachen. Wenn wir für unsere Vertretung in der Generalversammlung die IV. Gruppe wählen, was der Grosse und landwirtschaftlichen Bedeutung unseres Landes angemessen sein dürfte, so wird der jährlich an das Institut zu leistende Beitrag, den zwei abzugebenden Stimmen entsprechend, zwei ,,Cotisationen"1 oder im Maximum jährlich Fr. 5000, anfänglich nur Fr. 3000 betragen.

Der schweizerische Bauernverband hat allerdings in einer Eingabe an unser Landwirtschaftsdepartement gewünscht, die Schweiz möchte der III. Gruppe mit drei Stimmen und vier ,,Cotisationena beitreten, in der Meinung, daß die Vertretung in der Generalversammlung alsdann aus drei Delegierten : der Gesandtschaft in Rom, einem Beamten des Landwirtschaftsdepartements, sowie einem Vertreter des Bauer n Verbandes bestehen sollte.

Abgesehen davon, daß diese Vermehrung um nur eine Stimme durch Leistung des doppelten Jahresbeitrages erkauft werden müßte, was bei einer voraussichtlich zwischen 130 und 150 schwankenden Stimmenzahl doch wohl etwas teuer zu stehen käme, geht die Eingabe von der irrigen Voraussetzung aus, daß an der Generalversammlung die Delegierten individuell stimmen.
Dies ist, nicht der Fall. Die Schlußakte sagt in Art. 3 deutlich -- und es ist dies auch an der Konferenz besonders betont worden -- daß jeder Staat, wie groß auch die Zahl seiner Abgeordneten sei, in der Versammlung nur auf so viel Stimmen An-

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recht habe, als durch die Gruppe bestimmt wird, der er angehört.

Die Schweiz wird somit drei und mehr Abgeordnete nach Rom senden können, wenn sie schon nur zwei Stimmen abzugeben hat.

Die Generalversammlung wird übrigens voraussichtlich nicht jedes Jahr, sondern nur von Zeit zu Zeit einberufen, so daß die betreffenden Kosten kaum in Betracht fallen dürften.

Ihnen unsern Antrag zur Annahme empfehlend, versichern ·wir Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. September 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ruchet.

Der II. Vizekanzler: Gigandet.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

den Beitritt der Schweiz zum internationalen landwirtschaftlichen Institut in Rom.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenessenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. September 1905, beschließt: Der Bundesrat wird ermächtigt, dem durch die internationale Konferenz in Rom am 28. Mai 1905 vereinbarten internationalen landwirtschaftlichen Institut beizutreten, und zwar in Gruppe IV mit dem Recht auf die Abgabe von zwei Stimmen und mit der Verpflichtung zur Leistung von ebensoviel jährlichen Einheitsbeiträgen oder y)Cotisationena.

Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft.

ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

Der Bundesrat

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Teilnahme der Schweiz an einem internationalen landwirtschaftlichen Institut in Rom. (Vom 11. September 1905.)

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1905

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38

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13.09.1905

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