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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristansetzung für die Wiedereröffnung des Betriebes der Drahtseilbahn vom Hotel Reichenbach zum obersten Reichenbachfall bei Meiringen.

(Vom 15. Juni 1905.)

Tit.

Durch Bundesbeschluß vom 1. April 1905 (E. A. 8. XXI, 104) haben Sie die unterm 19. Juni 1896 (E. A. S. XIV, 188) erteilte Konzession einer Drahtseilbahn vom Hotel Reichenbach zum obersten Reichenbachfall bei Meiringen unter einigen Änderungen auf Herrn Fr. Jos. Bucher-Durrer in Luzern übertragen.

Mittelst Eingabe vom 1. Mai 1905 teilte nun der bisherige Betriebspächter, Herr Elias Flotron, Bauunternehmer in Meiringen, mit, er habe Herrn Bucher angezeigt, daß er (Flotron) bereit wäre, den Betrieb auch fernerhin zu übernehmen, oder dann die elektrische Betriebskraft leihweise abzugeben, unbeschadet der der Frau Willi-Balmer und ihm zustehenden Rechte. Gemäß einem in Rechtskraft erwachsenen Urteil stehe nämlich die Bahn zum großen Teil nicht auf dem von ihr expropriierten Land, sondern auf demjenigen der Frau Willi-Balmer und auf dem seinigen.

Eine Verständigung mit Herrn Bucher sei bis jetzt nicht erfolgt.

Herr. Bucher-Durrer, der vom Eisenbahndepartement hierüber zur Vernehmlassung eingeladen wurde, teilte unterm 4. Mai 1905 mit, daß ihm zum Betriebe der Reichenbachfallbahn die Betriebs-

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kraft fehle. Er habe wegen der Betriebsübernahme Herrn Flotron mündlich eine Offerte gestellt, auf die dieser jedoch nicht eingetreten sei. Gegen das oben erwähnte -Urteil habe er Rekurs beim Bundesgerichte eingeleitet, der Entscheid sei jedoch noch nicht gefällt worden; sollte sein Rekurs abgewiesen werden, so sei er genötigt, das Terrain der Bahn nochmals expropriieren zu lassen. Dasselbe sei beim Bau der Bahn von der Besitzerin, Frau Willi-Balmer, teils käuflich, teils gratis abgetreten worden. Der Präsident der Bahngesellschaft, Herr Flotron, hätte die Käufe, bezw. Abtretungen ins Grundbuch eintragen lassen sollen, was aber unterblieben sei. Das Bahntracé sei während des Baues in seiner untern Hälfte etwas seitwärts verschoben worden, und nun sage Herr Flotron, daß die Drahtseilbahn auf Terrain der Frau Willi-Balmer liege und habe schriftlich gedroht, die Bahn und die untere Station nicht betreten zu lassen. Unter solchen Umständen sei der Betrieb nur möglich, wenn Herr Flotron ihn übernehme, wozu aber eine Verständigung erforderlich sei.

Das Eisenbahndepartement machte dann mit Schreiben vom 13. Mai 1905 Herrn Bucher-Durrer darauf aufmerksam, daß Herr Flotron in seinem Schreiben vom 1. Mai d. J. die Bereitwilligkeit ausgesprochen habe, den Betrieb zu übernehmen oder wenigstens die elektrische Kraft zu liefern. Im übrigen müsse es dem Konzessionär überlassen werden, dafür zu sorgen, daß die Bahn dem Betriebe übergeben werde. Zugleich setzte das Eisenbahndepartement Herrn Bucher-Durrer eine Frist bis zum 27. Mai 1905, um sich darüber auszuweisen, daß der Betrieb auf den 1. Juni d. J.

eröffnet werde.

Aus zwei weitern Schreiben des Herrn Flotron vom 25. Mai und des Herrn Bucher-Durrer vom 27. Mai 1905 geht hervor, daß wegen der noch pendenten Anstände, sowie wegen der Betriebsübernahme oder Lieferung der elektrischen Kraft Verhandlungen stattfanden, die aber noch zu keinem positiven Resultate führten. Herr Bucher-Durrer erklärte, er werde sein Möglichstes tun, um den Betrieb der Bahn so bald wie möglich zu eröffnen.

Eine möglichst baldige Betriebseröffnung liegt im Interesse der dortigen Landesgegend. Mittelst gemeinsamer Eingabe vom 27. Mai 1905 ersuchten der Gemeinderat Schattenhalb und der gemeinnützige Verein von Meiringen und Umgebung das Regierungsstatthalteramt Oberhasle, dahin zu wirken,
daß die Reichenbachfallbahn für die beginnende Saison baldmöglichst in Betrieb gesetzt, d. h., daß der Besitzer derselben mit allen zu Gebote stehenden Mitteln angehalten werde, dies zu tun.

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Da Herr Elias Flotron in seinen Schreiben vom 1. und 25. Mai 1905 die Bereitwilligkeit ausgesprochen hat, den Betrieb zu übernehmen oder die elektrische Kraft leihweise abzugeben oder endlich unter Entschädigung des Herrn Bucher-Durrer die Konzession auf seinen Namen übertragen zu lassen, ist Herr Bucher tatsächlich in der Lage, die Bahn selbst zu betreiben oder betreiben zu lassen. Dies kann geschehen, ohne daß zuvor die Erledigung des vor Bundesgericht obschwebenden Rechtsstreites abgewartet wird. Die aus demselben sich ergebenden Entschädigungsansprüche können auch nach der Betriebseröffnung noch erledigt werden. Konveniert dem Konzessionär keine der Offerten des Herrn Flotron, so kann er von seinem Elektrizitätswerk in Bönigen aus Kraft gewinnen, was auch laut Schreiben vom 6. Juni 1905 in seiner Absicht zu liegen scheint. Auf alle Fälle sollte es Herrn Bucher-Durrer möglich sein, den Betrieb spätestens bis zum 1. August 1905 zu eröffnen oder eröffnen zu lassen.

Im Sinne des Artikels 28 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1872 beantragen wir Ihnen daher, Herrn Bucher-Durrer für die Wiedereröffnung des Betriebes der Reichenbachfallbahn eine letzte Frist bis zum 1. August 1905 anzusetzen, in der Meinung, daß bei allfällig erfolglosem Ablauf der Frist die Konzession als verwirkt erklärt und alsdann die Bahn samt den Transportmitteln und allem Zugehör für Rechnung des Konzessionärs versteigert werde.

Darüber, ob zur Forterhaltüng (bezw. in diesem Falle : Wiedereröffnung) des Bahnbetriebes unsererseits Maßnahmen zu treffen seien, behalten wir uns die Entscheidung noch vor. Einstweilen scheinen uns solche nicht notwendig zu sein.

Wir benützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 15. Juni-1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

438 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Fristansetzung für die Wiedereröffnung des Betriebes der Drahtseilbahn vom Hotel Reichen bach zum obersten Reichenbachfall bei Meiringen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Herrn Elias Flotron, Bauunternehmer in Meiringen, vom 1. Mai und 25. Mai 1905; 2. dreier Eingaben des Herrn Fr. JOB. Bucher-Durrer in Luzern,, vom 4. und 27. Mai und 6. Juni 1905; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 15. Juni 1905, beschließt: I. Dem Herrn Fr. Jos. Bucher-Durrer in Luzern, Inhaber der durch Bundesbeschluß vorn 19. Juni 1896 erteilten, und unterm 1. April 1905 auf seinen Namen übertragenen Konzession einer Drahtseilbahn vom Hotel Reichenbach zum obersten Reichenbachfall bei Meiringen, wird, gestützt auf Art. 28 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1872, für die Wiedereröffnung des Betriebes der genannten Drahtseilbahn eine letzte Frist bis zum 1. August 1905 angesetzt.

II. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristansetzung für die Wiedereröffnung des Betriebes der Drahtseilbahn vom Hotel Reichenbach zum obersten Reichenbachfall bei Meiringen. (Vom 15. Juni 1905.)

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21.06.1905

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