#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

57. Jahrgang. I.

Nr. 11.

8. März 1905.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 5 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile oder deren Raum 15 Rp. -- Inserate franko an die Expedition.

Druck un Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern.

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im. Jahre

1904.

II. Departemente.

Justiz- und Polizeidepartement A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

I. Bundesgesetzgebung.

1. S c h w e i z e r i s c h e s Z i v i l g e s e t z b u c h . Nachdem der Einleitungstitel des Gesetzes, der den Beratungen der großen Zivilrechtsexpertenkommission nicht unterstellt worden war, durch eine kleine Kommission bestehend aus den Herren Prof. Dr. Huber, Ständerat Isler, Prof. R. Reichel und Prof. Rössel unter dem Vorsitze des Departementschefs durchberaten worden war, hat der Bundesrat mit Botschaft vom 28. Mai der Bundesversammlung das schweizerische Zivilgesetzbuch unterbreitet. Die Vorlage umfaßt nebst der Einleitung das Personen- und Familienrecht, das Erbrecht und das Sachenrecht.

Die zu einem vollständigen Gesetze noch fehlenden Teile, das Obligationenrecht und die Einführungsbestimmungen (enthaltend das internationale Privatrecht und die Übergangsvorschriften) sind im Laufe des Berichtsjahres soweit gefördert worden, daß wir Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

47

676 hoffen, im Anfang des nächsten Jahres sie der Bundesversammlung mit einer Ergänzungsbotschaft zugehen lassen zu können.

Im September hat eine Departementalkommission bestehend aus den Herren Bühlmann, Nationalrat, Großhöchstetten, Dr. Grenier,, Prof., Lausanne, Dr. C. Hoffmaun, Ständerat, St. Gallen, Isler, Ständerat, Aarau, Prof. Dr. Alfred Martin, Genf, Prof. Dr. Hugo Oserr Freiburg, Prof. A. Reichel, Bern, Prof. Dr. V. Rössel, Bern, unter dem Vorsitze des Departementschefs die von Herrn Prof. Dr. Huber vorgelegten Entwürfe in dreiwöchentlicher Sitzung, aa der Herr Prof. Dr. Huber als Referent teilnahm, durchberaten. Der Kommission lag ein ebenfalls von Herrn Prof. Dr. Huber verfaßter Motivenbericht vor.

2. Das s c h w e i z e r i s c h e S t r a f g e s e t z b u c h ist irn Berichtsjahre nicht weiter gefördert worden, da die jetzt feststehendePriorität des Zivilrechtes zunächst die Tätigkeit des Departementesvoll in Anspruch nimmt.

3. Die starke und immer zunehmende Belastung des Bundesgerichtes hat eine Vermehrung der Mitgliederzahl notwendig gemacht. Mit Botschaft vom 13. Juni überwies der Bundesrat der Bundesversammlung einen Entwurf, durch welchen eine Reihe voa> Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 22. März 1893 (Art. l,, 16bla, 19 und 24) einer Abänderung unterworfen und die Mitgliederzahl des Bundesgerichtes von 16 auf 19 erhöht wurde..

Die Bundesversammlung hat daraufhin am 24. Juni 1904 das Bundesgesetz betreffend V e r m e h r u n g der Zahl der M i t g l i e d e r des B u n d e s g e r i c h t e s erlassen, welches nach Ablauf der Referendumsfrist vom Bundesrat auf den 1. November in Kraft erklärt wurde (vergi, eidgenössische Gesetzessammlung,.

Bd. XX, 149).

4. Die Bundesversammlung hat am 2S./24. Juni nach Entgegennahme eines auf den Antrag des Bundesgerichtes an sie erlassenen Berichtes des Bundesrates vom 18. Juni 1904, gestützt auf Art. 6, Abs. 3, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 die Anstellung zweier weiterer Sekretäre der Bundesgerichtskanzlei durch das Bundesgericht genehmigt.

5. Im Jahre 1902 stellte Herr Nationalrat Brosi eine Motion* folgenden Inhaltes: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, Bericht und Antrag zu bringen, ob nicht das Bundesgesetz über die Strafrechtspflege der eidgenössischen Truppen vom 27. August 1851 zu ergänzen sei durch eine Novelle, durch welche dem Richter gestattet, wird, bei der Strafzumessung in Friedenszeiten unter das angedrohte

677

Minimum herabzugehen oder auch auf eine mildere Strafart zu erkennen." Diese Motion wurde vom Nationalrat erheblich erklärt.

Mit Botschaft vom 8. Dezember 1902 unterbreitete der Bundesrat der Bundesversammlung einen Entwurf zu einem B u n d e s gesetz b e t r e f f e n d die E r g ä n z u n g des Bundesgesetzes v o m 2 7 . A u g u s t 1851 ü b e r d i e S t r a f r e c h t s p f l e g e f ü r die eidgenössischen Truppen.

Am 23. Juni 1904 erließ die Bundesversammlung das Bundesgesetz unter dem oben genannten Titel. Nach Ablauf der Referendumsfrist erklärte der Bundesrat das Gesetz auf den 5. Oktober 1904 in Kraft (vergi, eidgenössische Gesetzessammlung, Bd. XX, 127).

6. Das Departement wurde vom Bundesrate im Hinblick auf die Petition des Vereins schweizerischer Geschäftsreisender mit einer Untersuchung einer Erweiterung der eidgenössischen Gesetzesbestimmungen zum Schutze gegen unlauteren Wettbewerb beauftragt.

Das Departement legte dem Bundesrat einen eingehenden gedruckten Bericht vor, worauf der Buudesrat am 23. Februar beschloß, vorläufig, d. h. bis zum Erlaß des eidgenössischen Strafrechtes, von einer besondern Gesetzgebung über unlauteren Wettbewerb abzusehen und das Vorgehen in dieser Sache der Polizeigesetzgebung der Kantone zu überlassen.

II. Internationales Recht.

1. Dem durch die internationale Übereinkunft über Zivilprozeßrecht veranlaßten Konkordate betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten vom 5./20. November 1903 sind im Laufe des Berichtsjahres die Kantone Graubümdea und Schwyz beigetreten, so daß jetzt dem Konkordate angehören die Kantone: Zürich, Luzern, Baselstadt, Schaffhausen, Appenzell A.-Eh., St. Gallen, Aargau, Waadt, Neuenburg, Genf, Zug, Tessin, Glarus, Graubünden und Schwyz.

2. Am 18. November 1903 erließ der Bundesrat an die Bundesversammlung eine Botschaft betreffend die am 12. Juni 1902 in Haag unterzeichneten internationalen Übereinkünfte: 1. zur Regelung des Geltungsbereiches der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung; 2. zur Regelung des Geltungsbereiches der Gesetze auf dem Gebiete der Ehescheidung und Trennung von Tisch und Bett; 3. zur Regelung der Vormundschaft Über Minderjährige.

678

Es sind dies die internationalen Übereinkünfte, welche, auf der III. Konferenz für internationales Privatrecht im Haag vorbereitet, am 12. Juni 1902 von einer größeren Zahl der Konferenzstaaten vorläufig ratifiziert und seither von den Parlamenten einer Anzahl dieser Staaten definitiv genehmigt wurden, so daß sie bereits im Verkehre zwischen diesen Staaten zur Anwendung gelangen.

3. Im Berichtsjahre fand im Haag auf Einladung der königüch-niederländischen Regierung vom 16. Mai bis 7. Juni die IV.

Konferenz für internationales Privatrecht statt, an welchen der Bundesrat durch die Herren Professoren Dr. Meili in Zürich und E. Roguin in Lausanne vertreten war. Der Bundesrat hat zu dieser Konferenz bestimmte Anträge formuliert, zu deren Vorbereitung im Departement unter dem Vorsitze des Departementschefs verschiedene Konferenzen stattfanden, an welchen die beiden Delegierten des Bundesrates, Herr Prof. Dr. Meili in Zürich und Herr Prof. E. Roguin in Lausanne, sowie Herr Prof. Dr. Huber und der Abteilungschef für Gesetzgebung und Rechtspflege, Prof.

Reiche!, teilnahmen.

Die Verhandlungsgegenstände bildeten die im Geschäftsbericht pro 1902 sub A II, Ziffer 3, angegebenen.

Das Resultat der Konferenz sind Vorschläge zu Übereinkünften : 1. betreffend Zivilprozeßrecht (Revision der bereits bestehenden Übereinkunft); 2. betreffend Erbrecht; 3. betreffend Wirkung der Eheschließung auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten sowohl in bezug auf ihre Personenals auf das Güterrecht; 4. betreffend Vormundschaft über Mehrjährige.

Die Verhandlungen über den Vorschlag betreffend Konkursrecht haben ergeben, daß eine Konvention zwischen einer Mehrzahl von Staaten einstweilen kaum möglich erscheint; dagegen hat die Konferenz ein Projekt ausgearbeitet, welches bei Staatsverträgen zwischen einzelnen Staaten über diesen Gegenstand als Muster dienen könnte.

Die Ergebnisse der Verhandlungen werden geprüft werden, und es wird sich dann zeigen, ob es für die Schweiz als vorteilhaft betrachtet werden kann, auch diesen Übereinkünften beizutreten. Der Bundesrat wird zu geeigneter Zeit darüber der Bundesversammlung seine Anträge unterbreiten.

679

III. Gewährleistung von Kantonsverfassungen.

1. Durch Bundesbeschluß vom 13. Juni erteilte die Bundesversammlung der Abänderung des Art. 47 der Verfassung des Kantons Z ü r i c h (Einteilung der Gemeinden) die Genehmigung (vergl. eidgenössische Gesetzessammlung, Bd. XX, 81).

2. Durch Bundesbeschluß vom 21. Dezember erteilte die Bundesversammlung der Abänderung der Art. 25, 28, 33, 37 und 38 der Verfassung des Kantons A a r g a u (direkte Volkswahl der Regierung und der aargauischen Mitglieder des Ständerates) die Genehmigung (eidgenössische Gesetzessammlung, Bd. XX, 190).

3. Durch Bundesbeschluß vom 21. Dezember hat die Bundesversammlung der Abänderung der §§ 4, 7, 31 und 50 der Verfassung des Kantons T h u r g au durch § 50 des thurgauischen Gesetzes betreffend Stimmberechtigung, Wahlverfahren, Volksabstimmung und Beamtenentlassung vom 24. Mai 1904 die Genehmigung erteilt. Die Abänderungen betreffen die Einführung der Stimmurne und eine Neuordnung des Ausschlusses von der Stimmberechtigung.

IY. Genehmigung von kantonalen Einführungsgesetzen zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs.

Der Regierungsrat des Kantons Zürich unterbreitete dem Bundesrat mit Zuschrift vom 13. Mai den vom Zürcher Kantonsrat angenommenen Entwurf einer Abänderung des Zürcher Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs mit der Bitte um Prüfung und eventuelle Genehmigung.

Bei einer Untersuchung der neuen §§ 45», 45b, 45c, 45d, 45e ergab sich, daß dieselben im wesentlichen zivilrechtlicher Natur sind (Schaffung eines Anspruches der Grundpfandgläubiger auf die Miet- und Pachtzinse einer Liegenschaft) und keine der Materien betreffen, welche nach den Art. 29 und 333 des Bundesgesetzes der Genehmigung des Bundesrates unterstellt sind. Der Bundesrat hat sich daher damit begnügt, von der Änderung des Einführungsgesetzes Akt zu nehmen, ohne eine Genehmigung auszusprechen, da er von der Ansicht ausging, daß die neuen Vorschriften ohne bundesrätliche Genehmigung erlassen werden und in Kraft treten können.

680

V. Zivilstand und Ehe.

1. Die B e r i c h t e , welche die Kantone gemäß Art. 12 des Zivilstandsgesetzes von 1874 ü b e r die E r g e b n i s s e der j ä h r lich v o r z u n e h m e n d e n I n s p e k t i o n e n i h r e r Z i v i l s t a n d s ä m t e r für das Jahr 1903 zu erstatten hatten, sind trotz unseres erneuerten Appells für zeitige Einsendung im letztjährigen Geschäftsberichte wieder nicht vollzählig eingegangen. Am 1. Februar 1905 waren noch 2 derselben ausständig.

Eine Kantonsregierung hat aufmerksam gemacht, daß der im letzten Geschäftsberichte bezeichnete Termin zur Einsendung der Inspektionberichte zu kurz bemessen sei, so daß sich eine Verlängerung desselben als wünschenswert erweise. Da sieh die Inspektionsberichte bisher so wie so nicht mehr für den Geschäftsbericht des Bundesrates für dasjenige Jahr, in welchem die Inspektionen stattgefunden haben, verarbeiten lassen, so steht nichts im Wege, denselben bis zum 1. Juli des auf die Inspektion folgenden Jahres hinauszuschieben. Mit dieser Fristverlängerung wird hierseits die Erwartung verbunden, daß in Zukunft dieser Termin nun eingehalten werden möge, um so den eidgenössischen Behörden die notwendige Zeit zu gewähren, die Resultate der sämtlichen Berichte für ihren Geschäftsbericht verwerten zu können.

Die eingelaufenen Berichte der kantonalen Aufsichtsbehörden sind inhaltlich und ihrem inneren Werte nach sehr verschieden.

Während einzelne als vorzügliche Arbeiten sich darstellen und geeignet sind, ein deutliches Bild zu geben über die Amtsführung der Zivilstandsbeamten ihres Kantons sowohl, als über die Auffassung, welche die eidgenössischen Gesetze bei den kantonalen Aufsichtsbehörden in bezug auf die vor ihr Forum gelangenden Streit- und Einfragen finden, so erfüllen andere diese ihre Aufgabe nur in geringerem Maße. In der darauf bezüglichen Korrespondenz mit den Kantonen sind, um auf eine gleichmäßigere Berichterstattung hinzuwirken, die Punkte speziell betont worden, auf deren Beantwortung neben den bisherigen Angaben Wert gelegt wird.

Im allgemeinen bezeichnen die sämtlichen eingelangten Berichte die Verhältnisse auf den Zivilstandsämtern als normale.

Kleinere Verstöße gegen bestehende Vorschriften und Versehen in der Amtsführung der Zivilstandsbeamten sind naturgemäß fast in allen Kantonen vorgekommen, sie sind auch
bei der ausgebreiteten Organisation und den Schwierigkeiten, die namentlich dünnbevöl.kerte Gegenden der personellen Organisation des Zivilstandswesens bereiten, nie ganz zu vermeiden. Übelstände aber, die tiefer wurzeln oder ausgebreiteteren Charakter besitzen, als daß sie nicht

681 auf administrativem Wege durch die kantonalen Aufsichtsbehörden 'hätten beseitigt werden können, sind im Jahre 1903, auf welches ;sich die Inspektionsberichte beziehen, nicht vorgekommen. Es ist auch hier der Ort, zu bemerken, daß von selten der Kantone alle Anstrengungen gemacht werden, um den Vollzug des nun fest -eingelebten eidgenössischen Zivilstandsgesetzes sicherzustellen.

Besondere Beachtung verdienen die Bemerkungen der kantonalen Inspektoren, die sich auf die den Zivilstandsämtern zur Verfügung stehenden Lokalitäten beziehen, sowohl was ihre Eignung als Trainings- wie als Archivlokale anbelangt. Wenn auch die Lösung dieser Frage bedeutenden Schwierigkeiten begegnet, so scheint es doch, daß mancherorts es in den Gemeindeverwaltungen an gutem Willen fehle, im Rahmen des Möglichen den gerügten Übelständen abzuhelfen und die geforderten Verbesserungen, namentlich in bezug auf Sicherung gegen Feuersgefahr, beförderlich einzuführen.

2. Die letzten noch ausstehenden, durch Kreisschreiben vom 9. August 1900 von den Kantonen verlangten Berichte über den Bestand, Zustand und die A u f b e w a h r u n g der alten und n e u e n P e r s o n e n s t a n d s r e g i s t e r sind im Berichtsjahre eingegangen. Sie bilden nun, gesammelt, geordnet und gebunden, das in den E'änden der eidgenössischen Oberbehörden verbleibende Inventar sämtlicher, in Verwahrung der bürgerlichen Zivilstandsbeamten der Schweiz befindlichen Zivilstandsregister. Es ist damit die notwendige Grundlage geschaffen, um in Verbindung mit den jährlich stattfindenden kantonalen Inspektionen der Zivilstandsämter eine fortwährende Kontrolle ausüben zu können, von welcher der beste Einfluß auf die zukünftige Erhaltung der alten und neuen Register erhofft wird.

Wie zu erwarten war, ergeben die Berichte, daß die neuen, ·d. h. die seit 1. Januar 1876 geführten und nua auf den Zivilstandsämtern archivierten Personenstandsregister in sämtlichen Kantonen vollzählig und in guter Ordnung vorhanden sind. Die durch Unglücksfälle zerstörten Register sind unter Mitwirkung der beteiligten andern schweizerischen Zivilstandsämter wieder ersetzt worden.

Einzig die Frage der Archivierung der Register auf den einzelnen Zivilstandsämtern ist in befriedigender Weise bis dahin nicht gelöst worden. Sie wird noch Gegenstand einläßlicher Prüfung mit
Rücksicht auf die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Neuordnung bilden müssen.

Was die alten Register anbelangt, so werden die Beraerikungen, zu denen die noch nicht abgeschlossene Bearbeitung der

682 umfangreichen Inventare Veranlassung geben kann, den betreffender»' Kantonen direkt mitgeteilt werden.

3. K r e i s s c h r e i b e n wurden erlassen: 18. März 1904, Bundesrat an Kantone, betreffend direkten Verkehr zwischen schweizerischen Zivilstands- und badischea Standesbeamten, ßundesbl. 1904, II, 182.

8. Juli 1904, Justiz- und Polizeidepartement an Kantone, betreffend Statistik der in der Schweiz abgeschlossenen Ehen von im Auslande wohnhaften Personen.

20. August 1904, Bundesrat an Kantone betreffend Wiederherstellung der Zivilstandsregister von Hildisrieden (Luzern).

Bundesbl. 1904, IV, 930.

17. November 1904, Justiz- und Polizeidepartement an die schweizerischen Gesandtschaften und einzelne Konsulate, betreffend Nachtrag zum Handbuch filr die Zivilstandsbeamten.

19. November 1904, Justiz- und Polizeidepartement an Kantona betreffend nämlichen Gegenstand.

Die Gegenstand des Kreisschieibens vom 8. Juli 1904 bildende S t a t i s t i k ü b e r d i e i n d e r S c h w e i z a b g e s c h l o s senen Ehen von im A n s t ä n d e w o h n h a f t e n Personenkonnte bis dahin nicht abgeschlossen werden, weil die Zusammenstellungen aus zwei Kantonen noch nicht eingegangen sind.

Der N a c h t r a g z u m H a n d b u c h für die Zivilstandsbeamten ist in Bearbeitung.

e. In der E i n t e i l u n g der Z i v i l s t a n d s k r e i s e ist im Laufe des Berichtsjahres folgende Änderung eingetreten: Im Kanton W a l l i s wurde die Kirchgemeinde F e s c h e l auf 1. April 1904 zu einem selbständigen Zivilstandskreise erhoben und vom Kreise Guttet abgetrennt.

Die im letzten Geschäftsberichte gemeldete Trennung der Zivilstandskreise B u o c h s - E n n e t b i i r g o n konnte auch im Berichtsjahre nicht in Wirksamkeit treten, indem die Schwierigkeiten,, die sich der Verteilung der ßürgergeschlechter auf die beiden Kreise einer Heimatgemeinde entgegenstellten, nicht hatten behoben, werden können.

5. Unsere Gesandtschaft in R o m wurde angegangen, einen vom französischen Botschafter in Italien ,,faisant fonction d'officier de l'Etat civil"1 ausgestellten und den in Italien verstorbenen Schweizerbürger L. betreffenden Totenschein zu legalisieren. Auf ihre diesbezügliche Binfrage wurde geantwortet, daß unsere Gesandtschaften nicht befugt seien, die Unterschriften von Vertretern

683--

dritter fremder Staaten zu beglaubigen. Die französische Botschaft in Italien sei überdies nicht zuständig, den Zivilstand von Schweizern in Italien zu verurkunden. Von ihr ausgestellte Zivilstandsakten sind daher weder zu beglaubigen, noch können sie überhaupt als verbindlich betrachtet werden.

6. Der Bundesrat wurde aufmerksam gemacht auf die in der letzten Zeit sich mehrenden, an das Bureau cantonal de l'Etat civil von Genf gerichteten B e g e h r e n des f r a n z ö s i s c h e n K o n s u l s daselbst u m Ü b e r m i t t l u n g v o n Z i v i l s t a n d s a k t e n zu Händen des französischen Kriegsministeriums.

Dem Staatsrate von Genf wurde auf sein Ersuchen um Weisung, wie er sich in Zukunft zu solchen Begehren stellen solle,, geantwortet, die Annahme des Staatsrates sei vollkommen richtig,, daß der Verkehr eines fremden Ministeriums mit oder ohne Vermittlung des Konsulates seines Landes mit kantonalen Unterbehörden nach Maßgabe der schweizerischen Gesetzgebung nicht statthaft sei ; solche Begehren, wie die in Frage stehenden, haben auf diplomatischem Wege an die Behörden der Schweiz zu gelangen. Die Schweiz stehe mit Frankreich in keinem Vertragsverhältnisse betreffend amtliche Mitteilung von Zivilstandsakten, ausgenommen Totenscheine derjenigen Angehörigen des andern Landes, die in Spitälern, Wohltätigkeitsanstalten u. s. w. sterben ;, die L i e f e r u n g a n d e r e r Z i v i l s t a n d s a k t e n sei somit einzig vom Belieben der Kantone abhängigE n d l i c h l e h n e d i e S c h w e i z r e g e l m ä ß i g d i e Mitteilung solcher Zivilstandsakten an fremde Staaten ab, die ausgesprochenermaßen oder implicite zu militärischen Zwecken verlangt werden.

7. Auf die Anfrage der königlichen Großbritannischen Regierung, w e l c h e S t e l l u n g d i e S c h w e i z g e g e n ü b e r K o n s u l a r e h e n e i n n e h m e , antwortete d e r Bundesrat, daß nach dem schweizerischen Zivilstandsgesetze von 1874 auf Schweizerboden nur die bürgerlichen Zivilstandsbeamten berechtigt seien, Ehen abzusehließen. Da die Schweiz auch keine Verträge eingegangen habe, welche den Vertretern fremder Staaten das Recht einräumen, in der Schweiz gültige Ehen abzuschließen, so folge daraus, daß sie zu d e n j e n i g e n S t a a t e n g e z ä h l t w e r d e n m ü s s e , d i e g r u n d s ä t z l i c
h s i c h de r A n e r k e n nung der auf ihrem Gebiete abgeschlossenen Konsularehen widersetzen.

8. Verschiedene Zivilstandsbeamte, welche sich um Auskunft direkt an das schweizerische Justiz- und Polizeidepartement

-684 gewandt hatten, mußten auf den Wortlaut des Art. 12 des Zivil.standsgesetzes aufmerksam gemacht werden, wonach d i e E r t e i l u n g v o n Auskünften undInstruktionen a n d i e b eh a l t e n ist. In allen zweifelhaften Fällen haben sich daher ·die Zivilstandsbeamten ausschließlich an letztere zu wenden.

9. Ein schweizerischer Konsul in Südamerika hatte jeweilen gemäß Art. 27 des Konsularreglementes vom 26. Mai 1875 die zu seiner Kenntnis gekommenen Geburten, Trauungen und Todesfälle an Hand der Originalurkunden in seine Matrikelregister eingetragen, hatte dann aber anstatt der legalisierten Originalurkunde ·den Schweizerbehörden einen Auszug aus seiner Konsularmatrikel eingesandt.

Es wurde dieses Vorgehen als unzulässig erklärt ; s c h w e i O

O

'

zerische Konsuln, denen nicht die spezielle, i m A r t . 1 3 d e s Z i v i l s t a n d s g e s e t z e s v o n 1874 v o r g e sehen E r m ä c h t i g u n g z u r V e r u r k u n d u n g v o n Z i v i l s t a n d s v o r f ä l l e n v o m B u n d e s r a t e e r t e i l t w o r d e n ist, k ö n n e n keine z i vii s t a n d s ä m t l i c h e n B e s c h e i n i g u n g e n a u s s t e l l e n . Ihre Tätigkeit in bezug auf Erwahrung von Geburten, Trauungen und Todesfällen beschränkt sich, wie dies im Absatz l des Art. 27 des Konsularreglementes deutlich ausgesprochen ist, darauf, zu sorgen, daß diese Tatsachen amtlich konstatiert werden und i die Originalurkunden, mit der Légalisation des Konsulates, nötigenfalls auch mit einer Übersetzung versehen, ·den betreffenden heimatlichen Behörden einzusenden.

10. Eine Schweizerin, Witwe, gebar im Jahre 1897 in einem Orte Savoyens. Das Kind wurde ohne Nennung der Mutter in den dortigen Zivilstandsregistern als von unbekannten Eltern geboren eingetragen. Im Berichtsjahre anerkannte die Mutter ihr Kind nach den Formen der französischen Gesetzgebung vor dem zuständigen Zivilstandsbeamten, der schon die Geburt verurkundet hatte. Der Anerkennungsakt wurde in das französische Geburtsregister eingetragen.

Gestützt auf einen die Anerkennung enthaltenden Auszug aus ·dem genannten französischen Geburtsregister, verlangte nun die Mutter d i e V e r u r k u n d u n g d e r G e b u r t i h r e s K i n d e s auch in den heimatlichen (schweizerischen) Zivilstandsregistern.

Auf die Einfrage der betreffenden Kantonsregierung wurde geantwortet: Die Frage der Gültigkeit der ursprünglichen Verurkundung der Geburt in bezug auf die Unterlassung, den Namen

685 der Mutter zu nennen, sowie der nachherigen Herstellung der Filiation durch die Anerkennung seitens der Mutter -- Vorgänge, die dem schweizerischen Rechte fremd sind -- beurteilt sich nach den Gesetzen des Landes, wo die Geburt stattfand, irn vorliegenden Falle Frankreichs. Die französische Gesetzgebung läßt nun die Verurkundung der Geburt eines Kindes ohne Nennung der Mutter und die spätere Anerkennung durch diese zu, mit der Wirkung, ·daß das so anerkannte Kind denjenigen Status erhält, den es erhalten haben würde, wenn schon bei der Geburtsverurkundung ·die Mutter genannt worden wäre. Damit ist dem Erfordernissen Genüge getan, die für die Verurkundung in den schweizerischen Registern in Betracht fallen. Wenn also in formeller Beziehung gegen die betreffenden Akte keine Einwendungen zu erheben sind, so steht der Transcribierung derselben in die heimatlichen Bürgeriregister nichts entgegen, unter der Voraussetzung jedoch, daß aus den vorgelegten und bei den Akten zu behaltenden Belegen sowohl die Tatsache der Geburt, als auch der Anerkennung genügend hervorgehe.

Die Einwendung, daß die unter solchen Umständen vorgenommene Anerkennung einer von den heimatlichen Gesetzen nicht gekannten Adoption gleichkomme, ist nicht stichhaltig, indem die Adoption eine künstliche Verwandtschaft begründet, während im vorliegenden Falle nur die wirklich vorhandene natürliche Filiation dokumentarisch hergestellt wurde.

Von den zahlreichen vom Justiz- und Polizeidepartement beantworteten Eintragen sind die folgenden von allgemeinerem Interesse : 11. Soll die Bezeichnung ,, l e d i g " schon vom ersten Geburtsjahre oder erst von einem bestimmten Altersjahre an auf den Totenscheinen, beziehungsweise in die Register eingetragen werden, in letzterem Falle, von welchem Jahre an?

Antwort: Die Bezeichnung ,,ledig"1 wird vom Gesetz im ·Gegensatz zu verheiratet, verwitwet oder geschieden gebraucht {Art. 22, b, Zivilstandsgesetz), soll also nur dazu dienen, die Nichtexistenz einer Ehe mit bezug auf den Toten zu kennzeichnen.

Eine Ehe kann aber nach den Ehegesetzen der Kulturstaaten nur dann eingegangen werden und nur dann in Frage kommen, wenn ·das Individuum das Alter der Ehefähigkeit erreicht hat. Vorher ist eine Ehe unmöglich. Es ist daher nicht nötig, für Personen, die vor Eintritt in das Ehefähigkeitsalter versterben,
die Rubrik .,,Zivilstand" auszufüllen, da vorher keine der drei andern, vom Gesetze erwähnten Alternativen eintreten kann (vgl. auch Bei·apiel 50, Handbuch, S. 82).

686

12. Soll die B e z e i c h n u n g der R e l i g i o n o d e r K o n f e s s i o n vom Tauftage oder ohne Rücksicht auf denselben schon vom Geburtstage an, der Aussage des Anzeigers entsprechend, in den Buchera und Akten erfolgen?

Antwort: Solange das Individuum nicht eigenen Rechtes ist ist die Bezeichnung, welche der Inhaber der väterlichen Gewaltj, beziehungsweise der Vormund über die Konfession seines Kindes,, Mündels macht, maßgebend.

13. Auf die Beschwerde eines Glarner Bürgers gegen den Entscheid der kantonalen Behörden, die sein G e s u c h um N a m e n s ä n d e r u n g , beziehungsweise n a c h t r ä g l i c h e B e i f ü g u n g einesw e i t e r n V o r n a m e n s abgewiesen, wurde vom Bundesrate nicht eingetreten.

In den Erwägungen wird in Abänderung einer frühern Entscheidung des Buadesrates aus dem Jahre 1892 (vgl. v. Salis,, Bundesrecht 2. Auflage, IV, Nr. 1507) ausgeführt : Die Frage, ob eine Person ihren Namen, zu welchem auch ihr Vorname gehört, ändern könne oder nicht, ist eine Frage des Namensrechtes, nicht der durch das Zivilstandgesetz einzig geregelten Beurkundung des Namens. Das Namensrecht gehört aber heute noch, soweit nicht kaufmännisches Firmenrecht in Betracht kommt, dem kantonalen Privatrechte an, welches die einzige Rechtsquelle bildet, von der aus die Zulässigkeit einer Namensänderung zu beurteilen ist.

Gelangt aber ausschließlich kantonales, nicht eidgenössischesRecht zur Anwendung, so fehlt dem Bundesrate die Kompetenz, in der Sache einen Entscheid zu treffen.

14. Ein früherer Badenser, der sein deutsches Heimatrecht aufgegeben hatte, ohne ein neues zu erwerben, und in Baden (Aargau) wohnhaft war, stellte an die aargauischen Behörden das Gesuch, er möchte von der B e i b r i n g u n g e i n e r E h e a n e r k e n n u n g im S i n n e des Art. 31, beziehungsweise 37 desZivilstandsgesetz befreit und das Zivilstaodsamt Baden ermächtigt werden, seine Eheverkündung und Trauung vorzunehmen.

Der Petent wurde aber damit vor den kantonalen Instanzen abgewiesen und ergriff darauf den Rekurs gegen diese Entscheidung sowohl an den Bundesrat als an das Bundesgericht. Letztere» erklärte sich inkompetent und der Bundesrat trat auf den Rekurs nicht ein, weil Petent unterdessen sein Domizil im Kauton Aargau aufgegeben und sich im Kanton Zürich niedergelassen hatte.

Solange der Petent in Baden Wohnsitz hatte, war die aargauische Behörde ohne Zweifel zur Erteilung des Dispenses nach

687 Art. 31, Abs. 4, -- die Vorbedingung für die Verkündung durch den Zivilstandsbeamten ira vorliegenden -- Falle zuständig. Wechselt hingegen der Bräutigam seinen Wohnsitz, so fällt die Kompetenz sowohl der Kantonsbehörde zur Erteilung des Dispenses, als diejenige des Zivilstandsbeamten des bisherigen Wohnsitzes zur Vornahme der Verkündung dahin.

Dem stehen die Entscheide des Bundesrates (Bundesbl. 1893, II, 33; 1898, I, 438, v. Salis, Bundesrecht 2. Auflage, IV, Nr. 1529 ·und 1530) nicht entgegen, nach welchen das Zivilstandsgesetz auf Übergangsstadien, die eintreten, wenn ein Wohnort mit einem neuen vertauscht wird, keine Rücksicht nimmt und der Zivilstandsbeamte des Ortes, wo der Bräutigam zur Zeit der Vornahme der V7erkündung seinen Wohnsitz hat, auch dann -- für die Trauung -- zuständig bleibt, wenn der Bräutigam inzwischen seinen Wohnsitz gewechselt hat. Denn Vorbedingung dafür ist, daß die Verkündung bereits hängig sei. Dies trifft nun im vorliegenden Falle nicht zu, indem die Sammlung der nötigen Ausweise und die Beschaffung des, den einen derselben zu ersetzen bestimmten Dispenses, der Anhängigmachung der Verkündung und dem Beginne des Verkiindverfahreiis notwendigerweise vorauszugehen hat.

15. Der abweisende Entscheid des Bundesrates über die Beschwerde eines in Genf wohnhaften t ü r k i s c h e n U n t e r t a n e n gegen die Weigerung des Staatsrates von Genf, ihn von der Beif a r i n g u n g e i n e s V e r k ü n d s c h e i n e s beziehungsweise d e r i n A rt. 31, Abs. 4, geforderten Erklärung zu dispensieren, ist abgedruckt im Bundesbl. 1904, III, 10.

16. Der .Zivilstandsbeamte eines tessinischen Kreises hatte das außereheliche Kind einer geschiedenen Zürcherin, gestützt auf eine bloße, vom deutschen Konsul in Lugano zwar legalisierte Anerkennungserklärung eines Badensers unter dem Familiennamen des letztern in sein Geburtsregister eingetragen, ohne daß die in Nr. 67 des Handbuchs für die schweizerischen Zivilstandsbeamten geforderte vollgültige Erklärung des auswärtigen Staates betreffend die rechtlichen Wirkungen einer solchen Annerkennung vorlag.

Die mit der Vormundschaft über das Kind betraute Waisenbehörde verlangte nun vom Staatsrate des Kantons Tessin die B e r i c h t i g u n g des Z i v i l s t a n d s r e g i s t e r e i n t r â g e s wegen ·offenbaren Irrtums und
auf dem Verwaltungswege in dem Sinne, daß als Familienname des Kindes derjenige seiner Mutter eingeschrieben werde.

Der Staatsrat verwies jedoch die Petentin vor die ordentMchen Gerichte.

688 Der gegen diesen Entscheid gerichtete Rekurs wurde vom Bundesrate abgewiesen. Gründe: Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um einen offenbaren Irrtum, der die Voraussetzung der Kompetenz bildet, um eine Berichtigung auf administrativem Wege anzuordnen. Es ist vielmehr die rechtliche Natur der Anerkennung beziehungsweise ihre Wirkung zwischen dem Zivilstandsbeamten von C. und der Petentin streitig, eine Frage, die zweifellos nur der Entscheidung der Gerichte unterliegen kann.

Aber auch, wenn im vorliegenden Falle ein offenbarer Irrtum vorläge, so ist der Entscheid des Staatsrates des Kantons Tessiu> deswegen doch nicht rechtsirrtümlich.

Die Berichtigung durch Urteil des zuständigen kantonalen Gerichtes bildet die Regel, diejenige durch Verfügung der Administrativ behörden die Ausnahme.

Der Ausdruck des Gesetzes : die Aufsichtsbehörde kann dieBerichtigung im Verwaltungswege anordnen, beweist, daß der Gesetzgeber auch in Fällen offeubaren Irrtums den Aufsichtsbehörden die Wahl lassen wollte, die Berichtigung auf dem summarischen Wege des Administrativverfahrens anzuordnen, oder aber,, wenn sie es für angezeigt erachten, für die Anordnung der Berichtigung die Interessenten an die Gerichte zu verweisen.

Eine Verpflichtung der kantonalem Aufsichtsbehörden, dio Berichtigung eines unzweifelhaften ,,offenbaren Irrtums* im Sinne von Art. 9, Abs. 3, auf administrativem Wege vorzunehmen, wenn sie den gerichtliehen'Weg als den Verhältnissen besser entsprechend erachten, läßt sich aus dem Zivilstandsgesetze von 1874 nicht herleiten.

17. Einer Besehwerde des B. Wieehel gegen den Regierungsrat des Kantons Zurich wegen Verweigerung der Traubewilligung wurde vom Bundesrat keine Folge gegeben (vgl. den Entscheid im Bundesbl. IV, p. 769). Der Bundesrat ging in Übereinstimmung mit den Züricher Behörden davon aus, daß der Art. 49 de» Zivilstandsgesetzes ein auf Gründen öffentlichen Rechtes beruhendes temporäres Eheyerbot enthält, welches auch gegenüber Ausländern, deren heimatliche Gesetzgebung dieses Verbot nicht kennt, die aber in der Schweiz eine Ehe abschließen wollen, zur Anwendung gelangt. Demgemäß kann der im Ausland wegen eine» bestimmten Grundes geschiedene Ausländer während der Dauer eines Jahres vom Scheidungsurteil hinweg in der Schweiz keine neue Ehe eingehen.

18. Die bürgerliche Abteilung des Stadtrates von Zürich ·wünschte in einer durch den Regierungsrat des Kantons Zürich

688--

in empfehlendem Sinne an den Bundesrat weitergeleiteten Vorstellung, der Bundesrat möchte, in Abänderung seiner bisherigenPraxis, die Zivilstandsbeamten ermächtigen, die E i n t r a g u n g , e i n e r L e g i t i m a t i o n dann abzulehnen, ,,wenn die natürliche Vaterschaft des Ehemannes mit bezug auf das legitimierte Kind nicht im Bereiche der Möglichkeit liege."

Der Bundesrat hat aber auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements an seiner konstanten Praxis (Bundesbl. 1891,, II, 554; 1892, II, 521; 1893, II, 32; 1895, II, 120; 1897, IV,, l ; 1904, I, 459 ; Blumer-Morell, Bundesstaatsrecht, 3. Auflage I, pag. 467 ff.; v. Salis, Bundesrecht, 2. Auflage IV, Nr. 1521, Bundes gerichtsentscheide XVIII, Nr. 44, pag. 225) festgehalten.

Darnach hat der Zivilstandsbeamte lediglich zu prüfen, ob dieformellen gesetzlichen Voraussetzungen für die Verurkundung der Legitimation gegeben sind. Entstehen Zweifel an der Richtigkeit, der erfolgten Legitimation, so sind die Beteiligten berechtigt, durch.

Anrufung der Gerichte einen definitiven Entscheid und eventuell, eine Berichtigung der Eintragung herbeizuführen.

Die vom Stadtrat von Zürich vorgeschlagene Festsetzung einerAltersgrenze, die für die Ablehnung der Legitimation maßgebend, sein sollte, ergibt einen zu unsichern Maßstab, um die Legitimation, davon abhängig zu machen, ganz abgesehen davon, daß im Gesetz ein Anhaltspunkt dafür nicht gegeben ist.

19. Die Frage, ob eine im A u s l a n d e nach den dortigen,, bezw. heimatlichen Gesetzen gültig von k i r c h l i c h e n B e h ö r d e n !

a u s g e s p r o c h e n e E h e s c h e i d u n g in der Schweiz nach Maßgabe unserer Gesetze anerkannt werden könne, wurde, wie früher schon (Geschäftsbericht 1900, Bundesbl. 1901, II, 20,..

Ziffer 18), in bejahendem Sinne beantwortet.

Die Bemerkung des Kommentars zum Zivilstandsgesetzbuch (Nr. 124 des Handbuches für die schweizerischen Zivilstandsbeamten), daß der Zivilstandsbeamte sich das g e r i c h t l i c h e Scheidungsurteil vorlegen lassen müsse, ist zu eng gefaßt und bezieht sich nur auf die in Kulturstaaten normalen Fälle, wo fürdie Ehescheidungen die Gerichte zuständig sind. Gemeint ist, damit die Vorlage der definitiven Entscheide derjenigen Behörde, welche in dem betreffenden Heimatlande zuständig ist, die Ehescheidung auszusprechen.

20. In
Verfolg der in unserem letztjährigen Geschäftsberichte(Bundesbl. 1904, I. 462, Ziffer 17) erwähnten S t r a f v e r f o l g u n g e n wurden im verlaufenen Jahre von den St. Gallischen Gerichten 3 katholische Geistliche wegen Übertretung des Art. 40>

90 des Zivilstandsgesetzes zu Geldbußen, verbunden mit Kostenauflage, ·verurteilt.

21. Ein im Sommer 1904 vom Genfer ,,Radical" gebrachter Artikel, in welchem das Zivilstandsamt Plainpalais, bezw. der Secrétaire des Maires und Zivilstandsbeamten daselbst beschuldigt wurde, von den zu verkündenden Personen u n g e r e c h t f e r t i g t e G e b ü h r e n zu verlangen, gab dem Justiz- und Polizeidepartement "Veranlassung, den Staatsrat von Genf um Auskunft über die tatsächlichen Verhältnisse zu ersuchen, welche dem angeführten Artikel zu Grunde liegen mögen.

Die Genfer Regierung beauftragte hierauf ihren Staatsanwalt mit der Durchführung einer Strafuntersuchung gegen den secrétaire des Maires von Plainpalais wegen Vergehens gegen Art. 153 des Genfer Strafgesetzbuches, welche Untersuchung noch vor Ablauf des Jahres 1904 zwar abgeschlossen, von den zuständigen Gerichten jedoch noch nicht beurteilt wurde.

Wir enthalten uns deswegen hier jeglichen Urteiles, bevor die Gerichte gesprochen haben. Hingegen werden wir, soweit die Untersuchung Ungehörigkeiten aufgedeckt hat, darauf dringen, daß seitens der Genfer Aufsichtsbehörden diejenigen Maßregeln .getroffen werden, die geeignet sind, in Zukunft das Publikum vor Ungehörigkeiten zu schützen.

22. H e i m a t l o s e n w e s e n . Von den alten Fällen (vgl.

Geschäftsbericht 1903, Bundesbl. 1904,1, 463) wurde der Fall der C e d r a s c h i , Luigia, im Berichtsjahre dadurch erledigt, daß die italienischen Gerichte die Nationalität der Cedraschi als Italienerin anerkannten. Sie wurde, laut Mitteilung unserer Gesandtschaft in Rom, seither auch in die bürgerliches Register der Gemeinde Como eingetragen.

Ein Bericht der Graubüudner Regierung zeigte uns an, daß auch der Fall Del S t o r n o seine Erledigung gefunden habe.

.Infolge gütlicher Einigung zwischen den beteiligten tessinischen und graubündischen : Gemeinden sind die Familien des Giuseppe Antonio Del Storno und des Giuseppe Ignazio Del Storno als Angehörige der tessinisehen Gemeinde St. Antonio anerkannt worden.

23. Auf die Beschwerde eines in Luzern wohnenden Ausländers gegen den Entscheid des Regieruogsrates des Kantons Zürich, durch welchen das vom Rekurrenteu im Juli 1902 erworbene Zürcher E m a n i o n s - u n d G - e m e i n d e b ü r g e r r e c h t w i e d e r e n t z o g e n worden war, wurde vom Bundesrate nicht eingetreten.

691 Der Entscheid der Zürcher Regierung stellt sich dar als ·die Ausführung der Verfügung des Bundesrates vom 4. Dezember 1903, wodurch die auf falsche Angaben und Vorlage falscher Ausweispapiere erwirkte Bewilligung zur Erwerbung eines Seh weizerbürgerrechtes als null und nichtig erklärt worden war. Der Bundesrat kann eine Verfügung einer kantonalen Behörde nicht aufheben, welche in sachgemäßer Vollziehung eines von ihm selbst erlaßenen Beschlußes ergangen ist.

24. Der Bundesratsbeschluß, durch welchen das W i e d e r e i n b ü r g e r u n g s g e s u c h der Frau E. Rose-Giger abgewiesen wurde, ist abgedruckt im Bundesbl. 1904, II. 772.

VI. Hamdelsregister.

A. Statistik.

Im Jahre 1904 wurden e i n g e t r a g e n : a. Im Hauptregister (A): 2961 Einzelfirmen (1903: 2849); 967 Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1903: 893); 517 Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften (1903: SSI); 184 Vereine; (1903: 202); 118 Zweigniederlassungen (1903: 125); 1601 Bevollmächtigungen (1903: 1479).

b. Im besonderen Register (B) : 3 Personen (1903: 4).

G e l ö s c h t wurden: a. Im Hauptregister: :2509 Einzelfirmen (1903: 2409), wovon 271 (1903: 286) infolge Konkurses; 823 Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1903: 741), wovon 44 (1903: 35) infolge Konkurses; 115 Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften (1903: 121), wovon 17 (1903: 14) infolge Konkurses ; 20 Vereint-, (1903: 36), wovon 4 (1903: --) infolge Konkurses; 77 Zweigniederlassungen (1903: 92), wovon 11 (1903: 1) infolge Konkurses; 1082 Bevollmächtigungen (1903: 1021).

Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

48

692 b. Im besonderen Register: 24 Personen (1903: 10).

Ä n d e r u n g e n gelangten zur Eintragung : 526 betreffend Einzelfirmen (1903: 538); 363 ,, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1903: 349); 423 (organisatorische Änderungen) bei Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften (1903: 378); 273 bei Vereinen (1903: 266); 20 ,, Zweigniederlassungen (1903: 48); 572 betreffend das Personal der Vorstände von Genossenschaften (1903: 494)., Die G e s a m t z a h l der vorgenommenen Eintragungen ist 13,178 (1903: 12,606); 333 Löschungen erfolgten infolge Konkurses (1903: 340).

Auf 31. D e z e m b e r 1904 b l i e b e n im Handelsregister eingetragen: 33,928 6,616 7,305 2,165 968

a. Im Hauptregister: Einzelfumen (1903: 33,476; 1883: 24,023); Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1903: 6472 ^ 1883: 3666); Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschafteo und Genossenschaften (1903: 6903; 1883: 1417); Vereine (1903: 2001; 1883; 134); Zweigniederlassungen (1903: 927; 1883: 368).

b. Im besonderen Register : 644 Personen (1903: 665;; 1883: 2052).

Die für die Eintragungen bezogenen G e b ü h r e n belaufen sich im ganzen auf Fr. 74,109. 50 (1903 : Fr. 73,362. 50), wovon der Eidgenossenschaft als Vergütung für die Veröffentlichung durch das Handelsamtsblatt Fr. 14,821.90 zukommen (1903:.

Fr. 14,652.50).

Die Verteilung 1 obiger Ziffern auf die einzelnen Kantone ergibt sich aus den beigefügten zwei Tabellen A und B.

73 E i n t r a g u n g e n mußten g e m ä ß A r t . 2 des E r gänzungsgesetzes z u m O b l i g a t i o n e u r e c h t vom 11.

D e z e m b e r 1888 zwangsweise vorgenommen werden. Sie be-

Handelsregister-Eintragungen im Jahre 1904.

Kantone.

a

·la

H « W

's!

S|

43 t*

M S

H 43 09 O

t

i Zürich Bern . . .

Luzeru Uri Schwya .

Obwalden ZUR Freiburg . . .

Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen . . . .

Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh. . .

St. Gallen . . .

Graubünden . . . .

H S H)

a

a

397 451 233 5 48 5 6 20 10 126 38 111 19 25 53 7 288 58 114 121 104 417 12 104 189

198 236 89 36 3 4 17 16 54 17 48 10 17 21 10 58 26 54 47 44 213 2 83 167

oa

d bn a a

· ·" 'S

9 TJ

Z

O

'-§

H

4

( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

a <ö M

51) 40) 9) 1) 1) 2) 1) D 1) 3) 5) 13) 3) 5) 5) -) 17) 7) 7) 8) 6) 38) 2) 13) 32)

119 193 43 4 H 3 § 1 8 7 32 14 30 13 11 10 94 28 23 31 34 115 H 83 118

a

H?

7

160 55 24 1 3 1

140 123 45 1 6 1 3 8 5 13 15 62 8 7 4

45 42 7

9

10

93 74 14 2

98 41 13 1

58 53 14 1 1

7 1 6 9 40 9 8 5

1 1 3 2 6 3 28 4 2 4

51 17 24 8 15 37 6 34 66

17 13 13 8 12 31 2 18 42

( 3) ( 3) ( 3)

16 7 9 6 22 30 3 30 26

( 2)

6 53

94 40 41 16 44 115 6 77 93

Total 1904 2961 1470 (271) 1039 526

967

297

(44) 526

Total 1903 , 1902 ,, 1901 ,, 1900 ,, 1899 ,, 1898 ,, 1897 , 1896 ,, 1895 » 1894

893 878 849 847 872 854 844 874 827 705

331 248 290 255 277 252 219 294 215 171

(35) (42) (53) (39) (37) (33) (22) (25) (21) 126)

2849 2551 2585 2484 2789 2735 2193 2887 2675 2284

1461 1339 1399 1288 1373 1140 995 2352 1302 1078

(286) (247) (340) (368) (323) (281) (263) (229) (262) (282)

948 538 936 686 1111 474 955 547 1049 614 817 480 728 637 1795 2631 1130 507 908 288

3l" ·g, s

s ( 9) ( 9) ( 2)

( ( ( (

0

«st*

2 3

Thurgau Tessin . . . .

Waadt Wallis . . . .

Neuenburg .

Genf . . . .

^3

S1 3*

7 2 4 1 9 5 21

à two a


D 3) D 1)

( 1) ( 6)

410 492 446 468 429 441 390 436 366 394

fu

2 2 4 19 15 3 12

Iti t* fcl

11

ci

8

s§ §"f

"pH oo

M £ II + i £ 12

3§ li" tg'S «Sg. JH M E ·31* £ + 1 6"

13

14

13 15 3

9 13 1

5

2 2

1

--

--

--

1

·S

16

ie

2

§"f

£

«£ +

17

ie

·38

3§ } ìli $2 ; l &< + C



1

2

3

4 1 3

5 6 3

10 38 6

2 1

1

1

--

--

--

1

1

2

4 16 1 6 23

2 1 3 2 1 7 3 2 3

11 4 11 2 2 19 1 6 37

2 3

238 138

47

184

16

60 43 52 54 44 57 31 43 42 31

202 165 159 154 139 135 129 121 88 88

25 22 14 12 14 7 10 28 11 4

2 4 2 6 6 3 2 1

0) 1 O) 1

1 2 3 34 7 16 13 8 52 5 8 57

1 1

1 1 1 1 3 2 2 11

(1) 3

3 5 6 2 6 19 7 3 20

4

S

1 2

1 1 (5) 7

363

389 111

17

61

18

3 (11) 22

349 333 278 289 306 291 301 514 275 201

442 338 343 256 303 328 298 296 275 257

16 14 18 16 21 19 12 13 13 4

61 61 45 61 50 46 3C 51 36 31

18 14 23 25 15 12 7 21 9 12

8 10)28 11 12)29 1 (9) 22 7 (4) 17 (1) 11 2 (2) 13 6 (2)16 3 (5)22 1 (2)15 2 (6) 15

93 72 65 79 77 81 77 69 54 38

3

2 1

--

(1) 1 (D 1 (1) 3

2

(2) 3 (6) 9 (4) (8) (4) (3) (2) (D (1)

6 9 9 12 4 3 3

1 (2) 2

2

2l

1 1 4 6 16 4 2 1 2

(1) 3 2 2

88

27 22 4

-- 6

22

28 37 8

2 --

"S S

10 2 12 7 3 34 1 7 62

199 181 2 1 156 (1) 1 ! 168 140 119 108 1 ' 182 130 109

2 1 4 13 1 1 4 4 6

119 123 96 123 110 108 76 91 72 05

3 1

£ Ì

ir *! sH* sì II

20

(2) 2

--

1

a

19

(1) 3

--

»

à

,A

3§~

Jft

Bevollmächtigungen.

Aeuderangen.

.3 *a .

'2 «8

Vereine.

Oebührenfreie Löschungen.

Taxierte Loschungen.

Eintragungen.

1 «te

J3 J=

|1

6

16 5 1 22 17 11 23 11 74

ir

~ :o

B

4 1 10 4 24

·1 a IM tg

0 S O bO « °

Aktiengesellschaften, Kommanditaktien-Gesellschaften und Genossenschaften.

24

bo fl 1

5

60

a ·4*

o

4

S

25

26

ir l! 1!

03 V

H -3 i-) 97

s^ US

197 91 19 1 3 1 2 13 4 11 22 55 8 16 2

130 20 8

92 46 85 38 31 135 8 60 191

12 24 7 8 25 2 10 19

34 33 17 18 15 54 4 31 120

4 273 1601

311

771

--

1

1 2 3

--

20 47 8.

® '« »· H u

404 155 47 5 21 4 3 15 19 36 24 144 17 12 9

3

1

1

SS O>

2

4 7 9 4 10 1 5 If.

8 14 5 1 35 11 66

4) 11 15 1) 4 1) 4 21 7 9 17 1) 7 12

266 208 172 168 121 133 111 341 115 139

Anm crkui» S-

D ie Zäh len in Klaminern 1 eziehe i sich au f die bei den gel ührenl reieu jöschuiigen itibegrif enen t[onkurs e.

6 3 2 5 2 24 1 2 1

-- --

Personaländerungen in 1 Genossenschaftsvorständen. |

Kollektiv- und KommanditGesellschaften.

Einzelfirmen.

Beilage A.

Register B.

Filialen.

Total

Ein
a 1 P

1 "a &

29

80

85 137 59

21 20

1 2 1 2 10 22 10 6 9 4 4 1 45 5 39 23 1 89

1

"3 a

s i ·a!

8 Ì 21 H M öS O

H .§

1-1

81

3 ° S :S 0J

d

1

0



^

83

82

1 a s

d

tragungen.

1

S

-fl

a W

1 -3

34

86

86

14,821

90

(340) (310) (407) (417) (364) (318) (288) (260) (286) (307)

14,652 13,170 13.201 12,465 12,688 12,311 10.747 14,972 10.963 8,893

50

1 1

118

43 (1)34

20

3

24

125 92 96 106 109 97 94 124 97 77

64 47 42 42 47 46 41 61 38 32

48 26 34 22 23 25 25 39 25 14

4 5 2 2 4 2 6 14 71 31

10 20 9 14 47 5 29 210 72 35

3 14

1 1

1 5

1 1 3

2 16 1 1

1 3

5 3

4 l

1

3

3

(1) 3

1 16

10 9 2 2 1 7 1 7 9

5 2

572 494 526 442 432 592 406 308 862 304 204

(1)28 (1)32 17 (1)18 (I) 20 27 15 (1)30 34 (1)24

4

2

88

(333) 13,178

1 4

3

4

87

10 20 80 30

( ( ( ( ( ( (

5

Cts.

2,356 2,119 744 17 145 22 29 107 102 430 278 814 150 96 134 28 999 390 651 393 434 1,892 168 593 1,724

5

7

5 3 4

Fr.

62) 2,298 50) 1,890 11) 678 D 21 1) 149 2) 27 1) 25 1) 109 1) 96 4) 383 9) 221 17) 663 3) 131 8) 129 5) 134 -) 23 20) 933 7) 338 9) 533 11) 385 8) 370 41) 1,552 2) 79 14) 600 45) 1,411

( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

15 4

GebUhrenanteil des Bundes.

12,606 11,966 11,445 11,107 11,516 10,548 9,455 16,621 10,518 8,659

10 10

40 20 20 60 20 20 10 10 70 20 60 50 40 10 80

40 40 90 !

SO 90 50 SO

Bestand.

Seilage B.

der

im Handelsregister eingetragenen Einzelfirmen, Handelsgesellschaften, Vereine und nicht handeltreibenden Personen auf 31. Dezember 1903 und 1904.

Kantone

Einzelfirmen

(1903)

1904

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Nidwaiden Obwalden Glarus Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

C 4,062) C 5,035} ( 1,312) ( 97) C 519) ( 118) ( 156) ( 488) ( 196) ( 1,709) ( 672) ( 1,035) ( 252) ( 456) ( 755) ( 74) C 2,264) ( 1,121) C 1,219) ( 983) ( 1,512) ( 4,761) ( 320) ( 1,762) C 2,598)

4,142 5,057 1,413 98 520 117 157 483 183 d,749 679 1,068 248 453 777 71 2,400 1,125 1,256 1,026 1,538 4,850 316 1,700 2,502

Total am 31. Dezember 1904 Total am 31. Dezember 1883

Kollektivund KommanditGesellschaften

(1903)

1904

Aktiengesellschaften, Kommandit-Aktiengesellschaften und Genossenschaften

(1903)

1904

985 916 244 32 59 21 29 107 39 147 115 421 58 76 79 2 427 303 322 120 327 689 75 417 606

( 797) 851 (1349) 1403 ( 301) 317 9 ( 8) 60 ( 58) 15 C 15) 16 ( 14) 42 ( 40) 42 ( 38) ( 393) 411 ( 188) 199 C 138) 139 ( 100) 112 48 C 49) 56 ( 55) 11 C 9) ( 341) 375 ( 155) 167 ( 306) 322 ( 149) 162 97 C 86) (1252) 1308 C 89) 100 ( 285) 294 ( 688) 749

(33,476) 33,928

(6472) 6616

(6903) 7305

24,023

3666

1417

( ( ( ( ( ( ( C ( ( C ( C ( C C C C C C ( ( ( ( (

983) 909) 220) 33) 60) 22) 26) 110) 36) 149) 114) 420) 59) 79) 83) 2) 400) 287) 314) 118) 320) 641) 78) 404) 605)

Zweigniederlassungen

Vereine

(1903) ( 71) ( 423) C 69) 3)

Besonderes Register

9) 2) 2) 7) 26) 115) 77) 52) 36) 19) 7) 1) 76) 42) 92) 15) 17) 362) 12) 113) 353)

81 456 74 3 9 2 3 8 30 120 93 55 38 20 9 1 86 44 100 17 19 380 13 117 387

(1903) (103) (122) C 42) ( '6) ( 3) ( 2) ( 2) C 4) C 4) C 24) C 11) C 77) ( 12) ( 5) C 4) C 1) ( 86) C 64) ( 17) ( 63) C 25) (100) ( 11) ( 67) C 72)

1904 104 135 45 6 4 2 1 5 3 24 11 89 10 6 4 1 87 69 19 61 26 101 12 68 75

(1903) ( 64) (299) (100) ( --D ( ~) C 2) C --) C --) C 2) ( 31) C 68) C --) C 1) ( 1) ( 2) C --) ( 6) ( 3) ( 3) ( --) C 29) ( 14) C 2) ( 32) C 6)

(2001)

2165

(927)

968

(665)

C C C C ( C ( ( ( ( C ( C ( ( (

134

1904

368

Total

1904

(1903)

64 299 86

6,080) 8,137) 2,044) 147) 649) 161) 200) 649) 302) 2,421) 1,130) 1,722) 460) 609) 906) 87) 3,173) 1,672) 1,951) 1,328) 1,989) 7,130) 512) 2,663) 4,322)

2 26 68 1 1 2 6 3 3.

29 14 2 30 6 644

2052

1904

6,227 8,266 2,179 148 652 159 206 645 299 2,477 1,165 1,772 467 604 927 86 3,381 1,711 2,022 1,386 2,036 7,342 518 2,626 4,325

(50,444) 51,626 31,740

693 trafen 66 Eiiizelfirmen, 6 Kollektivgesellschaften und eine Kommanditgesellschaft. 53 dieser Eintragungen erfolgten durch Verfügung der Registerführer ; 12 gemäß Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörden, und 8 auf Entscheid des Bundesrates.

Diese 73 Eintragungen verteilen sich auf folgende Kantone : ,,Zürich (3, alle nach Rekursentseheid des Bundesrates); Bern (2, nach Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde); Luzern (2, Verfügung des Registerführers); Freiburg (l, Registerführer); Basel-Stadt (2, Bundesrat); St. Gallen (53; Bundesrat 2, kantonale Aufsichtsbehörde 6, Registerführer 45J; Aargau (3, Aufsichtsbehörde l, Registerführer 2); Thurgau (4, Bundesrat 1, Aufsichtsbehörde 3); Neuenburg (2, Registerführer); Genf (l, Registerführer).

B. Rekurse und spezielle Fälle.

1.

Rekurse wurden 13 erledigt (1903: 13). wovon 3 aus dem Jahre 1903 übernommen waren. Sie richteten sich gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörden folgender Kantone : Zürich (3) ; Bern (1); uri (1); Basel-Stadt (2); St. Gallen (3); Thurgau (1); Wallis(l~); Genf(l). Begründet erklärt wurden 3; auf 2 konnte nicht eingetreten werden ; einer wurde gegenstandlos und konnte abgeschrieben werden ; 7 wurden als unbegründet abgewiesen.

Ein Fall war Ende 1904 noch hängig. In einem Falle stellte eine der Parteien ein Wiedererwägungsgesuch; es konnte aber auf dasselbe nicht eingetreten werden.

Fünf Entscheide wurden im Bundesblatt veröffentlicht, nämlich: a. Entscheid 1. in Sachen Dr. Stephan à Porta, und 2. Heinrich à Porta-Frei, beide in Zürich, vom 23. Februar 1904, Bintragspflieht betreffend (Bundesblatt 1904, I, 421). Dieser Entscheid ist auch im Archiv für Sehuldbetreibung und Konkurs abgedruckt (1904, Heft, 3, p. 88).

b. 3. Entscheid in Sachen Meier, Schmid & de. in Altdorf, vom 31. März 1004, das Recht auf Eingetragensein betreffend (Bundesblatt 1904, II, 629).

c. 4. Entscheid in Sachen Frutiger und Rieser, die Eintragung der Frau Marie Wiedmer-Stern in Wengen betreffend, vom 5. April 1904 (Bundesblatt 1904, II, 803).

d. 5. Entscheid in Sachen Karl Naser, die Eintragung deiFirma Greutc.rt, Peterelli & de. in Romanshorn betreffend, vom 28. Mai 1904 (Bundesblatt 1904, III, 735).

694

2.

In einem weiteren Fall kam der Bundesrat in die Lage, sich über Fristen, beziehungsweise die Anwendbarkeit des Art.

189 und 178 des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege auf Rekurse in Handelsregistersachen auszusprechen.

Die Vorinstanz) hatte die Ansicht vertreten, daß es sich im konkreten Falle um eine Beschwerde handle, die nach den zitierten Gesetzesartikeln binnen 60 Tagen von der Eröffnung oder Mitteilung der angefochtenen Verfügung an gerechnet dem Bundesrat hätte eingereicht werden sollen.

Die Beschwerde hatte die Hinterlegung der Geschäftsbucher einer aufgelösten Aktiengesellschaft zum Gegenstand.

Nun bestimmt aber Art. 668 0. R., daß der Ort, an dem die Bücher der Gesellschaft zu hinterlegen sind, von der Registerbehörde zu bestimmen sei. Damit ist den Registerbehörden eine A m t s p f l i c h t auferlegt. Der Bundesrat als Vollziehungsbehörde hat sich daher von! Amtes wegen mit Beschwerden wegen derartigen Hinterlegungen zu befassen. Er entschied daher, daß gemäß Art. 190 des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege Art. 178, Ziffer 3, dieses Gesetzes anwendbar, d. h.

der Beschwerdeführer an die GOtägige Frist nicht gebunden ist.

Auf die Beschwerde ist der Bundesrat übrigens trotzdem nicht eingetreten, gestützt auf folgende Erwägungen: Gemäß Art. 668 0. R. hat die Handelsregisterbehörde nur den Ort zu bestiöimen, wo die G e s c h ä f t s b ü c h e r e i n e r a u f g e l ö s t e n A k t i e n g e s e l l s c h a f t z u h i n t e r l e g e n sind, während die Organe der Gesellschaft selbst dafür verantwortlich sind, daß die deponierten Bücher wirklich diejenigen, respektive alle, der Gesellschaft sind.

Nach dem Rekursentscheid des Bundesrates vom 19. Januar 1897 in Sachen Maschinenfabrik Bern (Bundesblatt 1897, I, 151 ff.)

hat dort der Registerführer auf eine Anzeige hin allerdings die Deponierung weiterer als der eingelegten Bücher verlangt. Doch ist daselbst weder behauptet, daß er dazu verpflichtet war, noch war das Vorhandensein der Bücher etc. bestritten. Überdies handelte es sich um selbstverständlich zu deponierende Bücher (Kopierbücher, Protokolle, Jahresberichte). Außer diesen sind dem Entscheide nach noch zu deponieren ,,alle tatsächlich vorhandenen Geschäftsipapiere, die für die Aktiengesellschaft noch von Erheblichkeit einda.

Im vorliegenden Falle nun aber ist das ,,tatsächliche Vorhandensein"' teils überhaupt von Anfang an, teils für die Jetztzeit

695

besti'itten, worüber die Handelsregisterbehörde weder entscheiden darf noch kann,.oder die fraglichen Papiere erscheinen von keiner Erheblichkeit.

Über diese Punkte herrscht Streit zwischen zwei privaten Parteien, und ein solcher ist, wie dies im Entscheide der Vorinstana in zutreffender Weise hervorgehoben wird, vor den Gerichten zu erledigen.

(Entscheid vom 6. September 1904 in Sachen Anton NiesperMeyer in Basel, gegen die ,,Baugesellschaft Riehen in Liquidation".)

3.

Ein Registerführer legte dem eidgenössischen Handelsregisterbureau die Frage vor, ob Art. 668 0. R. auch zutreffe : 1. wenn eine Aktiengesellschaft in Konkurs fällt? oder ob dann Art. 223 des Gesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs Platz greife?

2. wenn eine Aktiengesellschaft mit Aktiven und Passiven auf eine neue Firma übergeht? oder ob in diesem Falle die Geschäftsbücher der neuen Firma zu überlassen seien ?

Das eidgenössische Handelsregisterbureau beantwortete diese Fragen im Einverständnis mit dem Departement folgendermaßen: Für die richtige Beantwortung ist folgendes zu erwägen : I. Die Frage, ob die G e s c h ä f t s b ü c h e r ein Aktivum des sehuldnerischen Vermögens ausmachen und deshalb im Konkursfalle zur Konkursmasse gehören, war früher in der Doktrin streitig. Die neue deutsche Koukursordnung vom 20. Mai 1898 hat diese Frage bejaht, indem sie in § l ausdrücklieh bestimmt: ,,Zur Konkursmasse gehören auch die Geschäftsbücher des Gemeiaschuldners." Immerhin anerkennt auch sie, daß es sich um Wertgegenstände besonderer Art handelt, welche im Falle selbständiger Veräußerung, z. B. als Makulatur, ihrer wahren Bestimmung, welche ist: ein unentbehrliches Hülfsmittel des Geschäftsbetriebes zu sein, entfremdet und infolgedessen an Wert wesentlich verlieren würden. Deshalb 8tellt sie in §117, Absatz 2 die Vorschrift auf: .,,Die Geschäftsbücher des Gemeinschuldners dürfen nur mit dem Geschäft im ganzen, und nur insoweit veräußert werden, als sie zur Führung des Geschäftes unentbehrlich sind.a Soweit sie diese Eigenschaften nicht haben, sind sie nach beendigtem Konkurse dem Gemeinschuldner zurückzugeben.

Diese Auffassung von der Natur der Geschäftsbücher hat in der deutschen Doktrin allgemeine Billigung gefunden.

696 II. Das schweizerische Betreibungs- und Konkursgesetz kennt eine entsprechende ausdrückliche Bestimmung nicht, und auch der Kommentar von Weber und Brilstlein (II. Aufl., ad Art. 197, Note 7, a, pag. 254") beschränkt sich darauf, zu sagen, daß die soeben besprochene Vorschrift der neuen deutschen Konkursordnung im schweizerischen Recht ,,nicht ohne weiterestt gelte.

Demnach wird es richtig sein, auch bei uns den Geschäftsbüchern die Natur eines Vermögensaktivums zuzuerkennen, eines Vermögensobjektes allerdings, welches utn seiner Zweckbestimmung willen von den übrigen Vermögensbestaodteilen nicht willkürlich abgetrennt werden darf und infolgedessen im Falle der Generalexekution in das schuldnerische Vermögen vom Konkursamt gemäß Art. 223, Absatz 2, B. und K. in Verwahrung genommen und von den zur Führung von Geschäftsbüchern Verpflichteten während der gesetzlichen Verjährungsfrist aufbewahrt werden muss (Art. 878 0. R.)- -- Dies ist offenbar auch die Meinung Curtis (Schweizerisches Handelsrecht. pag. 186), welcher unter den Aktiven eines veräußerten Geschäftes die ,,Geschäftsbücher, soweit sie zur Fortsetzung der geschäftlichen Beziehungen notwendig sind* aufzählt, sowie des schon oben genannten Kommentars von Weber und Brilstlein, wo unter Note 3 ad Art. 223 (II. Aufl. pag. 3443 ausgeführt wird, daß zwar eine eigentliche Verwertung der Geschäftsbücher als selbständiges Vermögensobjekt ausgeschlossen sei, daß aber der Möglichkeit der Verwertung in Verbindung mit der Veräußerung des Geschäftes im ganzen nichts im Wege stehe.

Der Zweck sowie die Berechtigung der Vorschrift des Art.

878 0. R. ergibt sieh also aus der besonderen Geeignetheit der Geschäftsbücher, einen Beweis für Aktiven und Passiven des Geschäftsinhabers zu liefern. Solange die ordentliche Verjährungszeit des Art. 146 O. R. läuft, so lunge soll der Kaufmann auch verhalten sein, diese Bücher, aus denen sica -- sofern sie während des Bestehens des Geschäftes vorschriftsmäßig geführt worden sind -- ohne weiteres Forderungen und Schulden desselben ablesen lassen, aufzubewahren.

Aus dieser Überlegung ergibt sich, daß dem Art. 878 0. R.

nicht nur für denjenigen Fall Geltung zu vindiziereo ist, wo ein Einzelkaufmann sein Geschäft aufgibt, sondern daß derselbe auch auf alle andern zur Führung von Geschäftsbüchern Verpflichteten,
insbesondere die kaufmännischen Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (Art. 352, Absatz l und 2, und 590, Absatz l und 2, O. R.) anzuwenden ist. Bei Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sind die f a k t i s c h e n Voraussetzungen für die Durch-

697 "führung der Aufbewahrung der Bücher allerdings insofern andere, als nicht die bisherige Firma als Verpflichtete erscheint, beziehungsweise ein direkter Rechtsnachfolger, wie beim Einzelkaufmann die Erben, sondern diese Verpflichtung den für die Verbindlichkeiten der untergegangenen Gesellschaft haftenden Gesellschaftern .aufliegt. Juristisch aber liegt die Sache in beiden Fällen doch insofern gleich, als das Gesetz mit Recht annimmt, daß auch im Falle des Unterganges einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft ein Subjekt vorhanden ist, welches die Befähigung hat, diese?

Aufbewahrungspflicht nachzukommen.

Ganz anders im Falle der durchgeführten Liquidation der A k t i e n g e s e l l s c h a f t . Ist deren Streichung im Handelsregister und die Veröffentlichung im schweizerischen Handelsamtsblatt geschehen , so ist der bisherige Firraaträger aus der Welt geschafft und es besteht keine persönliche Schuldnerschaft weiter, der diese Aufbewahrungspflicht nach Maßgabe von Art. 878 0. R. überbunden werden könnte.

Die gleichen Erwägungen, welche den Gesetzgeber zur Aufstellung des Art. 878 veranlaßten, sind aber auch hier wirksam.

Demgemäß lag ihm -- wollte er die 10jährige Aufbewahrung ·auch in diesem Falle sichern -- ob, durch eine nur für die Aktiengesellschaft und die Aktienkommanditgesellschaft geltende Speziai Vorschrift dafür zu sorgen, daß auch hier ein Subjekt gegeben sei.J welches die Geschäftsbücher der untergegangenen Geö D O ö Seilschaft während der 10jährigen Verjährungsfrist aufbewahre.

Diese Vorsorge hat der Gesetzgeber durch Aufstellung von Art.

668 getroffen, wonach die zuständige Registerbehörde von Fall zu Fall, oder auch durch eine generelle Vorschrift einen sicheren Oii zu bestimmen hat, an welchem die Bücher auf 10 Jahre niedergelegt werden müssen.

III. Hält man dieses Verhältnis von Art. 878 und 668 0. R.

fest, so beantwortet sich die an zweiter Stelle aufgeworfene Frage leicht : Art. 668 ist nur in denjenigen Fällen anzuwenden, in welchen die Voraussetzung wirklich zutrifft, die zu seiner Aufstellung geführt hat, d. h.: ein Universalsuccessor der untergegangenen Aktiengesellschaft fehlt.

Übernimmt dagegen eine Einzelperson oder eiae neu gegründete Gesellschaft Aktiven und Passiven dieser, oder geht sie, im Wege der 'Fusion, mit Aktiven und Passiven in einer anderen Gesellschaft auf, so hat der Erwerber als Universalsuceessor nicht nur

698

a. ein Recht auf alle Vermögenswerten Aktiven, ergo auch dieGeschäftsbücher (vergi. Curti, Handelsrecht, pag. 186), sondern b. auch die Pflicht der Aufbewahrung, als einer obligatio ex lege (Art. 878), in welche er succediert.

Die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 668 cessiert also in diesem Falle; Recht und Pflicht der Aufbewahrung gehen auf den Rechtsnachfolger über, wie dies auch der Bedeutung der Geschäftsbücher für den von ihm übernommenen Vermögenskomplex entspricht.

Zu verweisen ist diesfalls noch speziell auf den bundesrätlichea Rekursentscheid in Sachen Leuenberger betreffend Maschinenfabrik Bern (Bundesblatt 1897, I, 151 ff.), wo die Frage mit Rücksicht auf den Umfang dieser Depositionspflicht erörtert ist, sowie auf Staubs Kommentar zum deutschen Handelsgesetzbuch, welcher sich io bezug auf den entsprechenden §157, Absatz 2, H. G. B. io gleicher Weise ausspricht (6. und 7. Auflage, Anm. 3 ad § 157, pag. 497).

IV. Anders verhält es sich im Falle der Auflösung der Aktiengesellschaft durch K o n k u r s . In diesem Falle gelangt Art.

668 0. R. zur Anwendung.

Haberstich vertritt allerdings in seinem Handbuch des schweizerischen Obligationen rechts den gegenteiligen Standpunkt, von der Ansicht ausgehend, es sei nicht anzunehmen, daß Art. 668 sich auch auf die Auflösung durch Konkurs beziehe, während die andern, im Obligationenrecht über die Liquidation gegebeneu Vorschriften keine Anwendung auf den Konkurs finden. (Band II, pag. 591).

Allein nicht nur steht er mit dieser Auffassung allein, die beigegebene Begründung kann nicht als stichhaltig anerkannt werden.

Allerdings ist richtig, daß die Vorschriften der Art. 664 ff.

0. R. auf den Fall der Auflösung der Aktiengesellschaft durch Konkurs keine Anwendung finden, sondern daß für diesen Fall der Auflösung der Titel VII des B. und K.-Gesetzes die Normen aufstellt, nach denen die Liquidation durchzuführen ist. Indessen vermag dieser Umstand deshalb nichts gegen die Anwendbarkeit des Art. 668 0. R. auch für den Fall des konkursmäßigen Unterganges der Aktiengesellschaft zu beweisen, weil derselbe nicht eine Vorschrift für das Liquidationsverfahren aufstellt, sondern vielmehr eine Verhaltungsmaßregel vorsieht, welche erst zur Anwendung kommt, wenn das Konkursverfahren geschlossen ist.

Aus der gleichen , Erwägung heraus darf auch dem Art. 223, Absatz 2, B. und K. keine derogative Kraft gegenüber Art. 668 0. R.

699 beigelegt werden. Derselbe enthält lediglich eine Vorschrift für das Verfahren, welche den Zweck hat, die Vollständigkeit des konkursmäßigen Vermögens des Gemeinschuldners zu sichern.

Das Konkursamt soll dieses vornehmste Mittel, alle konkursmäßigen Aktiven zu eruieren, gegen Alterierungen oder Untergang nach Möglichkeit schützen und dasselbe deshalb in Verwahrung nehmen, gleich wie es die leicht hinterziehbaren Wertpapiere und das bare Geld in Verwahrung nimmt. Nach beendigtem Konkurse aber hat es diese der Versilberung nicht unterworfenen Bücher dem Gemeinschuldner wieder zurückzugeben, und dieser hat dieselben während der gesetzlichen Frist aufzubewahren (vergl. auch Jäger, Konkursordnung auf der Grundlage des neuen Reichsrechtes, Anm. 20 ad § l, pag. 17, und Seuffert, deutsches Konkursprozeßrecht, § 47, pag. 300/3011.

Dies läßt sich praktisch sehr wohl durchführen, wenn der Gemeinschuldner eine Einzelperson oder eine Kollektiv-, bezvv.

Kommanditgesellschaft ist. Bei der Aktiengesellschaft, bezw.

Aktienkommanditgesellschaft zeigt sieh aber auch hier wieder die Lücke, welche Art. 668 O.R. ausfüllen muss. Die Registerbehörde muss deshalb auch hier als die vom Gesetz vorgeschriebene Instanz zur Bestimmung des sichern Ortes für die Niederlegung der Geschäftsbücher angesehen werden. Natürlich steht es ihr frei, das Konkursamt als Depositionsstelle zu bezeichnen; nichts hindert sie aber, einen andern sichern Ort auszuwählen und generell ein einheitliches Depot vorzusehen, wo alle Geschäftsbücher hinterlegt werden sollen, gleichviel, welcher der Grund ist, aus welchem der Geschäftsbetrieb eingegangen ist.

TU. Rechtspflege.

Statistik.

Im Berichtsjahre waren mit Einschluß der aus dem Jahre 1903 pendent gebliebenen Fälle (11) im ganzen 202 Beschwerden (1903: 195; 1902: 219) zu behandeln, wovon 176 ihre Erledigung fanden und 26 auf das Jahr 1905 übertragen worden sind.

Die erledigten Beschwerden betrafen dem Gegenstande nach: 31 Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit; 15 Niederlassungsrecht und andere vertragsmäßige Rechte der Fremden; l Begräbniswesen und Konfessionelles; 4 Politische Stimmberechtigung, Wahlen und Abstimmungen;

700

25 Verfügungen und Entscheidungen in Anwendung von Bundesgesetzen 5 80 Angelegenheiten gerichtlicher Natur ; 10 Steuerwesen; 10 Verschiedenes.

Hiervon wurden 5 Beschwerden vor Stellung unseres Antrages zurückgezogen, 4 wegen Fristversäumnis abgewiesen und 6 als gegenstandslos geworden am Protokoll des Bundesrates abgeschrieben. 6 Beschwerden (1903: 10; 1902: 11) wurden begründet erklärt, 22 [1903: 50; 1902: 39) als unbegründet abgewiesen und auf 133 (1903: 115; 1902: 132) konnte deswegen nicht eingetreten werden, weil sie entweder ausschließlich in die Kompetenz der kantonalen Behörden oder des Buudesgerichtes fielen, oder weil da, wo unsere Kompetenz materiell begründet gewesen wäre, die kantonalen Instanzen noch nicht erschöpft waren.

Die Bundesversammlung hatte sich im Jahre J904 mit 10 Beschwerden (1903: 12; 1902: 10) aus dem Geschäftskreise des Justiz- und Polizeidepartements zu befassen. Eine dieser Beschwerden wurde vor Beschlußfassung als gegenstandslos geworden zurückgezogen, auf 7 wurde nicht eingetreten, eine wurde abgewiesen und eine ist noch pendent.

In dieser Statistik sind nicht berücksichtigt 13 Beschwerden (1903: 9; 1902: 12), die das Département als die dem eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum vorgesetzte Verwaltungsbehörde zu entscheiden hatte und wovon eine an den Bundesrat weitergezogen wurde; ferner 19 Mitberichte (1903: 28; 1902: 17) des Departements betreffend solche vom Bundesrat entschiedene Beschwerden, die in den Geschäftskreis anderer Departemente fielen.

Zu erwähnen sind außerdem 37 Gutachten (1903: 40; 1902: 33), die das Departement im Laufe des Berichtsjahres über verschiedene Rechtsfragen an die übrigen Departemente erstattet hat. Dazu kommen 60 Verlassenschaftsfälle (1903 : 53; 1902: 48), in denen die Vermittlung des Departements in Anspruch genommen wurde, und 34 Vormundschaftsangelegenheiten (1903: 19; 1902: 26), die, soweit es sich nicht um Fälle im Auslande handelte, wegen Inkompetenz des Bundesrates an die zuständigen kantonalen Behörden 'gewiesen wurden. Im weitern hatte sich das Departement mit 48 Beschwerden und Rechtsfällen (1903: 66j 1902: 78)} die von Schweizern im Ausland oder von Ausländern in der Schweiz auf diplomatischem Wege anhängig gemacht worden waren, zu beschäftigen.

1 So OJ

.a £>

S SB g

·

S g ·=

·gag 's ^^

Pendent.

Gegenstand.

OJ T3

Begründet, l

Nicht l!

eingetreten, j

701

M

E tn

1. Handeîs- lind Gewerbefreiheit: 1. Wirtschaftswesen .

2. Besteuerung des Gewerbebetriebes 3. Gesundheitspolizei .

4 . Gewerbepolizei . . . .

5. Schutz des Publikums vor Ausbeutung und Prellerei 6. Lebensmittelpolizei 7. Die wissenschaftlichen Beruf'sarten und die Handelsund Grewerbepolizei .

II. Niederlassungsrecht und andere vertragsmässige Rechte der Fremden . .

Ili. Begräbniswesen und Konfessionelles . . . . .

UV. Politische Stimmberechtigung, Wahlen und Abstimmungen V. Verfügungen und Entscheidungen in Anwendung von Bundesgesetzen . . .

VI. Beschwerden gerichtlicher Natur VII. Steuerwesen . . . .

VIII. Verschiedenes . . . .

Total

4

8

25

1 1 -- --· 2 2

2 -- -- -- 1 2

3 1 4

7 1 11

-- --

-- 1

-- --

-- 1 1 -- c -

1 2

--

--

--

1

--

7

11

5

8

17

48

4

8

1

2

3

18

--

--

--

1 --

1

2

2

--

24

1

80 10 10

-- --

137

22

4

7

2

1

--

3

7

--

3

28

-- --

--.

--

--

--·

80 10 10

6

11

26

202

--

702 L Handels- und Gewerbefreiheit.

1.

Wirtschaftswesen.

Auch in diesem Jahre wurden die meisten Wirtschaftsbesehwerden aus dem Grunde erhoben, weil die Bedürfnisfrage in willkürlicher oder rechtsungleicher Weise verneint worden sei; wir haben indessen hur zwei Beschwerden, beide gegen den Staatsrat des Kantons Freiburg, als begründet erklärt.

Veröffentlicht haben wir von den Entscheiden in dieser Materie die folgenden Beschlüsse: den Beschluß vom 2. Dezember 1904 in Sachen D. Belk in Freiburg, Bundesbl. 1904, VI, 506; denjenigen vom 6. September in Sachen J. Charrière aux Carrys, Kantons Freiburg, Bundesbl. '1904, IV, 961; denjenigen vom 6. Juni in Sachen F. Ott in Brunnen, Bundesbl. 1904, III, 862 und endlich denjenigen vom 10. Dezember in Sachen des Konditors Z'berg in Aarau, Bundesbl. 1904, VI, 521.

Was in materiellrechtlicher Beziehung bisher in Geschäftsberichten nicht zur Sprache gekommen ist. ist einzig der im letztgenannten Beschluß Z'berg aufgestellte Grundsatz. Wir hatten in einer frühern Entscheidung in Sachen Ch. Egger, in Eirchhofen bei Samen, vom 21.Dezember 1901, erklärt, daß sogenannte alkoholfreie Wirtschaften von den Kantonen dem staatlichen Patentzwange und dessen gesetzlichen Voraussetzungen persönlicher, gesundheits- und sittenpolizeilicher, Oberhaupt öffentlichrechtlicher Natur unterstellt werden können, und daß ebenso die Frage des Bedürfnisses nicht bloß bei Begehren um Bewilligung für Alkoholwirtschaften, sondern auch bei Begehren um Bewilligungen für alkoholfreie Wirtschaften gestellt werden könne (Bundesbl. 1902, I, 1). In Bestätigung dieses Beschlusses haben wir Z'berg abgewiesen, der seine Beschwerde wegen Verweigerung einer Bewilligung für eine alkoholfreie Wirtschaft auf die Behauptung gründete, daß Wirtschaften mit Ausschank alkoholfreier Getränke nicht unter den Vorbehalt des Art. 31, lit. e, der Bundesverfassung fallen.

2. Besteuerung des Gewerbebetriebes.

a. Von den Beschwerden betreffend die E r h e b u n g von H a u s i e r p a t e n t t a x e n erwähnen wir diejenige des L. Thorner, die wir mit Beschluß vom 25. März gutgeheißen haben, weil eine Patenttaxe gefordert worden war, deren Höhe nachweislich auf die Ausübung des Hausierhandels des Beschwerdeführers prohibitiv wirken mußte. Die weitere Ausführung findet sich im Bundesbl.

1904, II, 364.

;

703

b. Von den Batscheiden betreffend die B e s t e u e r u n g von A u s v e r k ä u f e n erwähnen wir denjenigen vom 21. Oktober iu Sachen H. Heymann & Cie., Manufakturwarenhandlung in Basel, betreffend Übertretung der baselstädtischen Vorschriften über Teilausverkäufe (Bundesbl. 1904, V, 124), und denjenigen -vom 15. März in Sachen Hildebrand Pfeiffer & Cie., Damenkonfektionsgeschäft in Schaffhausen, wegen Auferlegung einer Patenttaxe für einen Saisonausverkauf (Bundesbl. 1904, I, 825). Nachdem wir in Beschlüssen früherer Jahre das Recht der Kantone ausdrücklich anerkannt haben, Ausverkäufe u. dgl. besondern Steuern und Taxen zu unterstellen, haben wir im vorgenannten Entscheide es nicht als Art. 31 der Bundesverfassung widersprechend bezeichnet, wenn seitens eines Kantons eine Ausverkaufsankündigung in der Ankündigung eines Verkaufs zu ermäßigten Preisen erblickt wird. Auch in der zweiten Beschwerde war zwar die Möglichkeit der Taxerhebung durch den Kanton an sich nicht bestritten, die Beschwerde gegen die geforderte Taxe aber aus dem Grunde gutzuheißen, weil der Beweis erbracht war, daß die Taxpflicht von den Behörden in andern gleichen Fällen nicht geltend gemacht worden war.

c. In der Beschwerde B. Roth gegen die Verordnung des Gemeinderates von Burgdorf über das gewerbsmäßige Einbringen von Fleisch, sowie gegen den G e b ü h r e n t a r i f für Fleischeinbringungsbewilligungen etc., war dieser gemeinderätliche Gebührentarif angefochten worden, weil eine dort vorgesehene ,,Kanzleigebühr" eine reine Steuer sei. Wir haben die Einwendung zurückgewiesen; denn, da die Gewerbesteuern überhaupt nach Art. 31 den Kantonen vorbehalten sind, so ist nach Bundesrecht sowohl die Erhebung einer ,,Gebühr" für die Ausstellung von Fleiseheinbringungsbewilligungen, wie die Erhebung einer ,,Gewerbesteuer" für die Fleischeinbringung möglich (Bundesbl. 1904, II, 759).

3. Gesundheitspolizei.

Beschluß vom 1. Juli in Sachen J. M. Rukin & Cie. in Zürich wegen Verbots des Verkaufs und der Ankündigung des Sauerstoffapparates ,,Oxydonor Victory" (Bundesbl. 1904, IV, 653).

Wir haben, das angegriffene Verbot geschützt, da die zürcherische Regierung sieh auf einen vom Standpunkt des Bundesrechtes aus unanfechtbaren Boden gestellt, indem sie eingehende technische Untersuchungen über den Oxydonor Victory veranstaltet und
die Gutachten von in ihrem Fache hervorragenden Gelehrten als Grundlage ihres Verbotes angenommen hatte, ihr daher Willkür im Erlaß des Verbotes nicht vorgeworfen werden konnte.

704

4. GewerbepoHzei.

a. Beschluß vom 15. März io Sachen J. Wolff, Pfandleihers-, in Chaux-de-Fonds, betreffend die Berechtigung der Behörden, polizeiliche -Vorschriften über die Verpfändung von Mobilieri zu erlassen (Bundesbl. 1904, I, 813).

Die Vorschrift dés Kantons Neuenburg, daß Pfandleiher einem Arbeiter auf Gegenstände, welche den Fabrikationsobjekten des Arbeitgebers des Verpfänders ähnlich sind, Geld nur gegen eine schriftliche Verpfändungsermächtigung des Arbeitgebers leihen sollen, gründet sich auf das Recht der Kantone, Maßnahmen zur Verhinderung von Täuschung und Betrug im Verkehr zu erlassen.

Daß mit dieser Vorschrift für den Rekurrenten unerfüllbare Bedingungen gestellt würden, oder daß sia ihn in einem einzigen Falle in der rechtmäßigen Ausübung seines Gewerbes als Pfandleiher behindert hätten, war nicht erwiesen. Wir haben die Beschwerde daher als unbegründet erklärt. Zur Beurteilung der in.

der Beschwerde behaupteten Verletzung von Art. 64 der Bundesverfassung haben wir uns in Übereinstimmung mit dem Buudesgerieht inkompetent erklärt.

b. Beschluß vom 22. März in Sachen M.-H. in Walliselleu, Eanton Zürich, wegen Verweigerung einer Bewilligung zum Betriebe eines Heiratsvermittlungsbureaus. Die Kantone dürfen den Betrieb eines Heiratsvermittlungsbureaus als konzessionspflichiig erklären und die Erteilung einer Konzession in Wahrung höherer öffentlicher Interessen an die Bedingung knüpfen, daß insbesondere in der Person des Konzessionsbewerbers die Garantien zu einem gewissenhaften Gewerbebetriebe geboten werden. Da die Regierung die Persönlichkeit des Rekurrenten in dieser Richtung ohneGrund bemängelt hatte, so haben wir die Beschwerde gutgeheißen (Bundesbl. 1904, II, 765).

c. Über den Beschluß in Sachen der Beschwerde des Gemeinderates von Baden, vom 12. Juli, gegen die Anordnung einesSchlachthausneubaues durch die Regierung des Kantons Aargau (ßundesbl. 1904, IV, 745), haben wir an dieser Stelle nichts weiter zu bemerken. Vgl. hierzu V, Ziff. 3.

d. Im Beschlüsse vom 25. März, in Sachen S. Levaillant haben wir festgestellt, daß zwar das auf Art. 12 des Bundesgesetzes betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund und Art. 57 der Vollziehungsverorduung zu diesem Bundesgesetz sich stützende Verbot der Einfuhr von uneingestampfteix Weinlesetrauben die Handels- und Gewsrbefreiheit beschränkt, daß aber das genannte Bundesgesetz und seine Vollziehungsverord-

705 nung auf Art. 69 der Bundesverfassung und den Vorbehalt in Art. 31 derselben, lit. d, zurückgehen und daher das Verbot eine Verletzung des Grundsatzes der Handels- und Gewerbefreiheit nicht bedeutet.

Aus dem Umstand, daß es nach dem Absatz 3 des Art. 57 der genannten Vollziehungsverordnung den Kantonen gestattet ist, ausnahmsweise Einfuhrbewilligungen zu gestatten, kann kein Bürger ein Recht auf Erteilung einer solchen Bewilligung ableiten (Bundesbl. 1904, II, 770).

e. Hinsichtlich der für das Verfahren geltenden prozessualea Rechtssätze siehe V, Ziff. 3 hiernach.

n. Hiederlassungsreeht und andere vertragsmässige Rechte der Fremden.

Von allen wegen Verweigerung oder Entzugs einer Nie'lerlassungsbewilligung von Ausländern erhobenen staatsrechtlichen Beschwerden haben wir eine einzige gutgeheißen.

1. Die meisten Beschwerden deutscher Untertanen und französischer Bürger gegen kantonale Ausweisungsverfügungen mußten schon aus dem Grunde zurückgewiesen werden, weil die ßekurrenten nicht im Besitze eines Zeugnisses (Immatrikulationsscheines) waren, auf Grund dessen sie allein gemäß Art. 2 der von der Schweiz mit Deutschland und Frankreich abgeschlossenen Niederlassungsverträge rechtlichen Anspruch auf freie Niederlassung in der Schweiz haben. Siehe z. B. Beschluß vonv 10. Mai i. S« Wucherer wegen Verletzung des schweizerisch-deutschen Niederlassungsverl.rages, und Beschluß vom 22. November i. S. Dupanloup wegen Verletzung des schweizerisch-französischen Niederlassungs vert rages.

2. Im Beschluß vom 22. November i. S. Cretti gegen eine Ausweisungsverfügung des Kantons Tessin haben wir die von der Kantonsregierung vertretene Meinung abgelehnt, daß ,,mit einer Auslieferung ohne weiteres auch die Ausweisung des ausgelieferten Individuums verbunden 11 sei. Allerdings geht mit der Auslieferung tatsächlich auch die Niederlassung verloren, der Rechtsgrund dieses.

Verlustes der Niederlassung ist aber nicht der gleiche wie derjenige des Niederlassungsentzuges auf Grund einer Ausweisungsverfügung, und die Voraussetzungen für Auslieferung und Ausweisung können an sich verschieden sein. Kommt daher eia Ausgelieferter später wieder in die Schweiz, so ist selbständig zu untersuchen, ob Gründe vorhanden sind, ihm die Niederlassung zu verweigern (.Bundesbl. 1904, V, 965).

706

3. Beschluß vom 6. September i. S. S. Jaffe und M. Feldmann, in Böziogen, wegen Verweigerung der Erteilung eines Hausierpatentes für den Kanton Bern: Im letzten Absätze des schweizerisch-russischen Niederlassungsvertrages vom 26./14. Dezember 1872 ist gegenüber dem Grundsatz der Gleichberechtigung der beidseitigen Staatsangehörigen folgender Vorbehalt gemacht : ,,Dabei bleibt indessen verstanden, daß die vorstehenden Bestimmungen den in jedem der beiden Staaten bestehenden besondern Gesetzen, Verfügungen und Reglemeuten über Handel, Industrie und Polizei, die auf alle Fremden überhaupt Anwendung finden, keinen Eintrag tun." Wir haben diese Bestimmung so ausgelegt, daß darnach sich jeder der Vertragsstaaten vorbehält, die in seinem Gebiete niedergelassenen Angehörigen des andern Vertragsstaates in bezug auf Handel, Industrie und Polizei anders zu behandeln als die eigenen Staatsangehörigen, insofern er die betreffenden Beschränkungen allen Fremden gegenüber eintreten läßt.

Die in Art. 7 des Staatsvertrags aufgestellte Meistbegünstigungsklausel verhält sich zu diesem Grundsatz so, daß sie ebenfalls für die Schweiz nicht unbedingt verpflichtend ist, sondern daß die Schweiz Rußland nur diejenigen Vergünstigungen bedingungslos gewähren muß, welche die Schweiz ihrerseits, ohne Gegenleistung empfangen zu haben, gewährt hat.

Wir haben demnach auch die Verweigerung der Erteilung eines Hausierpatentes an die Rekurrcnteu Jaffe und Feld mann, die seitens der kantonalen Behörden mit dem Hinweis auf die Bestimmungen des schweizerisch-russischen Niederlassungsvertrags begründet wurde, geschützt, weil erstens das bernische Hausiergesetz bestimmt, ,,Angehörigen fremder Staaten, welche kein Gegenrecht halten, kann das Patent verweigert werden", da ferner diese Bestimmung laut der Erklärung der bernischen Regierung auf alle Fremden Anwendung findet, soweit nicht durch Staatsverträge et\vas anderes bestimmt wäre, und da die Rekurrenten den Nachweis nicht erbringen konnten, daß Rußland durch Gewährung eines Äquivalentes seinen Staatsangehörigen in der Schweiz den Anspruch auf Meistbegünstigung erworben hat (Bundesbl. 1904, IV, ,953).

m. Begrätaniswesen und Konfessionelles.

1. Im Berichtsjahre iit eia einziger Fall von Widerhandlung gegen Art. 53, Absatz 2, der Bundesverfassung vorgekommen, welcher auf Mitteilupg an die Kantonsregierung sofort die der Verfassungsvorschrift i entsprechende Erledigung gefunden hat.

707

2. Dagegen hatten wir auf Grund der Tatsache, daß ein Jesuitenpater in Brig Priesterexerzitien gegeben hatte und nachher in seiner Heimatgemeinde predigte, gegenüber der Kantonsregierung darauf zu dringen, daß, insbesondere durch Erteilung von Weisungen an die untern Verwaltungsbehörden, dafür gesorgt werde, daß sich derartige Verletzungen von Art. 51 der Bundesverfassung nicht wiederholen (Beschluß des Bundesrates vom 25. November).

3. K o n g r e g a t i o n e n . Von den im letztjährigen Geschäftsberichte erwähnten 21 Fällen können als erledigt gelten : Frères des écoles chrétiennes in Genf (1), Soeurs de la sainte Famille in Chauffaud (2), Schwestern der göttlichen Vorsehung von Portieux in Baselstadt (3), Congrégation de St-Joseph d'Annecy in Nyon (4), Dominikaner in Champittet (5), Karthäuser in Ste-Croix (6), Soeurs de la charité de Besançon in Vallorbe (7), Soeurs de la Sagesse in Sonnenwil (12), Soeurs de St-Vincent de Paul in Domdidier (13), Soeurs de la sainte Famille in Vuisternens (15), Soeurs de la Providence in Gousset (16), Frères enseignants de St-Gabriel in Givisiez (17), Institut de St-Pierre in Freiburg (18), Frères de la croix de Jésus de Ménestruel in Vallorbe (19), Frères de Marie in Monthey (20), Retraite chrétienne de Fontenelles in Cerneux-Péquignot (21).

Nicht erledigt sind die Fälle der Soeurs Marie in Sursee (8), Frères des écoles chrétiennes in Freiburg (9), Pères Marianites in Freiburg (10), Fidèles compagnes de Jésus in Corbières (14); der erstangeführte Fall, weil zudächst die bundesgerichtliche Erledigung der Zollverschlagnisse abgewartet wurde, die übrigen Fälle, weil die von der kantonalen Regierung verlangten Ergänzungsberichte am Ende des Berichtsjahres noch ausstanden.

Einzig der Fall der Frères de la croix de Jésus de Ménestruel gab zu einer Entscheidung des Bundesrates Veranlassung, wodurch der genannten Kongregation die Niederlassung auf Schweizergebiet verweigert wurde (vgl. Bundesbl. I, S. 41 ff.).

An neuen Fällen kamen im Berichtsjahre dazu: 22. F r è r e s de la d o c t r i n e c h r é t i e n n e in Landeron (Neuenburg).

23. Die K a t h o l i s c h e S c h u l e in Neuenburg.

24. S oe u r s de notre d a m e a u x i l i a t r i c e in Crans (Waadt).

25. J o s e p h i n e n h e i m in Schlieren (Zürich).

26. F r è r e s des é c o l e s c h r é t i e n n e s in Rolle (Waadt).

27. F e r i e n h e i m (maison de vacances) in Noirmont (Bern).

Bundesblatt. 57. Jahrg. Bd. I.

49

708

28. Kongregationsniederlassungen im Kanton Tessin ( F r a n z i s k a n e r M i s s i o n a r i n n e n in Soldino und Cresperà, K a p u z i n e r daselbst, K r a n k e n b r ü d e r in Lugano, s oe u r s d e c h a r i t é in Moncuceo).

29. S oe u r s de la p r o v i d e n c e de T r o y e s in Colombier (Neuenburg).

30. K o n g r e g a t i o n des h e i l i g e n J o s e p h in Ilanz.

31. Kongregationsoiederlassung in Truns.

32. A b b é M ä d e r in Düdingen.

33. Saint Coeur de M a r i e de B a c c a r a t im Kanton Waadt.

Der Versuch der F r a n z i s k a n e r - T e r t i a rie r aus W a l d b r e i t e n b a c h , eine Niederlassung in Basel zu gründen, wurde durch die kantonale Regierung durch Entziehung der Niederlassung erledigt.

Nebstdem gaben einige früher erledigte Fälle: Institut Odin und Ecole catholique in Montreux Veranlassung zu neuerlicher Untersuchung.

IV. Politische Stimmberechtigung.

1. Wir haben 2 Entscheidungen über Wahlen und Abstimmungen im Bundesblatt in extenso zum Abdruck gebracht: es sind der Beschluß über die Beschwerde von G. Hofacher und Genossen vom 5. Juli wegen Kassierung der Abstimmung der Einwohnergemeinde Oftringen betreifend die Übernahme der Gemeindewasserversorgung (Bundesbl. 1904, IV, 668), und der Beschluß über die Beschwerde von H. Duaime und Genossen gegen Genf wegen Verletzung des Stimmrechtes bei Ausübung der Referendumsinitiative vom 11. Oktober (Bundesbl. 1904, V, 22).- Hinsichtlich der im letztern Beschluß von uns adoptierten Lösung der Kompetenzfrage verweisen wir auf V, Ziffer 3, hiernach.

2. Zu erwähnen ist noch die Entscheidung in Sachen F. Tenchio in Roveredo vom 5. April gegen Graubünden betreffend die Auftragung zweier Bürger auf das Stimmregister. Wir haben diese Beschwerde abgewiesen, weil für das Stimmrecht im Kanton Graubünden nach kantonaler Vorschrift das "Wohnen" entscheidend ist und weil in der Definierung des Wohnens durch die angefochtene Sehlußnahme der bündnerischen Regierung nichts dem Art. 43 oder kantonalen Vorschriften oder den in der Materie geltenden allgemeinen Rechtssätzen Zuwiderlaufendes erblickt werden konnte.

3. Der in unseren letztjährigen Geschäftsbericht erwähnte Beschluß vom 25. November 1903 über die Beschwerde von

709 0. Contât und Genossen (Bundesbl. 1903, V, 109, und 1904, I, 47H), in welchem wir die Beschwerde gutgeheißen, ist vom Staatsrat des Kantons Wallis an die Bundesversammlung weitergezogen worden. Nachdem wir bei Ihnen mit Bericht vom 22. April 1904 die Abweisung dieser Weiterziehung beantragt hatten (Bundesbl.

1904, II, 9:16), hat die Regierung des Kantons Wallis die Beschwerde, weil sie wegen der Neuwahlen gegenstandslos geworden sei, zurückgezogen.

V. Verfügungen und Entscheidungen in Anwendung von Bundesgesetzen.

1. B u n d e s g e s e t z b e t r e f f e n d die F ö r d e r u n g der Landwirtschaft durch den Bund, vom 22.Dezember 1893.

Über das Verhältnis des bundesgesetzlichen Verbotes der Einfuhr von uneingestampften Weinlesetrauben zur Handels- und Gewerbefreiheit siehe unsern Beschluß vom 25. März in Sachen S. Levaillant wegen Einfuhrverbotes (Bundesbl. 1904, II, 770), oben I, Ziffer 4, lit. d.

2. Bundesgesetz ü b e r Maß und G e w i c h t vom 3. H e u m o o a t 1875. Siehe unsere Beschlüsse von 19. Januar in Sachen der Beschwerde der Aktien-Gesellschaft der rhätischen Aktienbrauereien in Chur und der Aktien-Gesellschaft der Brauerei zum Kardinal in Basel gegen ihre Bestrafung wegen Übertretung dieses Bundesgesetzes, Ziffer 3, hiernach.

3. Bundesgese tz ü b e r die O r g a n i s a t i o n der B u n d e s r e c h t s p f l e g e , vom 22. M ä r z 1893.

a. Im Beschlüsse über die Beschwerde des Gemeinderates von Baden vom 12. Juli, gegen die Anordnung eines Schlachthausneubaues durch die aargauische Regierung, hatten wir uns über die G r u n d l a g e u n s e r e r En t s eh e i d u n g s k o m p e t e n z auszusprechen (Bundesbl. 1904, IV, 745). Nach Art. 102, Ziffer 3 der Bundesverfassung hat der Bundesrat ,,für die Garantie der Kantonsverfassuogen zu wachen"; diese Aufgabe kann nicht die Tragweite haben, daß der Bundesrat alle Beschwerden, die sich wegen wirklicher oder angeblicher Verletzung von kantonalen Verfassungsbestimmungen erheben mögen, zu behandeln und zu erledigen hat, da dies mit andern Bestimmungen der Bundesverfassung und der Bundesgesetzgebung in direktem Widerspruch stehen würde.

Art. 102, Ziffer 3 der Bundesverfassung bezieht sieh vielmehr nur auf Art. 85, Ziffer 7 der Bundesverfassung, der seinerseits wieder auf Art. 5 der Bundesverfassung zurückgeht. Gemäß dem Inhalt dieses letatern Artikels beschränkt sich die aus Art. 102, Ziffer 3, ab-

710

zuleitende Kompetenz des Bundesrates darauf, ,,daß der Bundesrat als Vollziehungsbehörde dahin zu wirken hat, daß die Kantone ihren bundesrechtlichen Verpflichtungen gemäß Art. 6 der Bundesverfassung nachkommen." Ein Beschwerderecht des Einzelnen ergibt sich daraus aber nicht.

b. Wir sind auf die Beschwerde eines F. Miron, Viehhändlers in Basel, wegen Verweigerung einer Bewilligung zum Import von Schlachtvieh mit Beschluß vom 19. Juli nicht eingetreten," weil Rekurrent eine staatsrechtliche Beschwerde wegen angeblicher Verletzung des Art. 31 der Bundesverfassung erhob, ohne die kanton a l e n I n s t a n z e n , Regierungsrat und Großen Rat des Kantons Basel-Stadt, angegangen zu haben.

c. In dem bereits erwähnten Entscheid in Sachen B. Roth gegen die Verordnung des Gemeinderates von Burgdorf über das gewerbsmäßige Einbringen von Fleisch etc. vom 22. März haben wir das Rekursinteresse und daher die L e g i t i m a t i o n des Beschwerdeführers zur Anfechtung einer .,,Kanzleigebühr", die zwar nicht der Rekurrent, sondern nur seine Lieferanten zu zahlen hatten, aus dem Grunde angenommen, weil nachweislich die Lieferanten die Gebühr auf die Preise der zu liefernden Waren schlagen (ßundesbl. 1^04, II, 759).

Ferner haben wir als zur Anfechtung einer Wahl- oder Abstimmungsverhandlung legitimiert bezeichnet nicht nur denjenigen, welcher sich nachweislich an der betreffenden Verhandlung beteiligt hat, sondern jeden bei der Wahl oder Abstimmung stimmfähigen Bürger. Beschluß vom 11. Oktober in Sachen H. Duaime und Genossen (Bundesbl. 1904, V, 22).

Gegenüber einer Beschwerde ist seitens der Kantonaregierung die V o l l m a c h t des beschwerdeführenden Anwaltes aus dem Grunde bemängelt worden, weil die Auftraggeber ihre Vollmacht aus bestimmten, auf der Vollmacht niedergeschriebenen Gründen erteilt hätten, diese Gründe aber unzutreffend seien; wir haben die Einrede zurückgewiesen, da die Gründe der Vollmachterteilung für ihre Rechtsbeständigkeit ohne Einfluß sind, und keine der Unterschriften nachträglich zurückgezogen worden war (Beschluß in Sachen Hofacher und Genossen vom 5. Juli, Bundesbl. 1904, IV, 668).

d. U m f a n g der Ü b e r p r ü f u n g im s t a a t s r e c h t l i c h e n R e k u r s . Der Bundesrat ist kompetent, ohne Rücksicht auf einen besondern Fall oder eine besondere Abstimmung festzustellen, ob ein Bürger Stimmrecht hat oder nicht (Beschluß vom 5. April in Sachen Tenchio).

711

In dem wiederholt genannten Beschluß H. Duaime und Genossen haben wir unsere Kompetenz zur Beurteilung der Behauptung einer Beeinträchtigung des Referendumsrechtes der Bürger angenommen, weil das Keferendumsbegehren eine direkte Betätigung der Stimmberechtigung ist.

Wir sind im Beschlüsse vom 19. Januar auf die Beschwerde in Sachen Dubois und Genossen gegen die Bestätigung eines Zivilstandsbeamten durch den.Staatsrat des Kantons Neueuburg aus dem Grunde nicht eingetreten, weil es sich um eine durch die Regierung vollzogene Bearntenernennung handelte, Beschwerden gegen bloße Ernennungen aber nach konstanter Praxis des Bundesrates nicht unter die Norm des Art. 189, Absatz 3, fallen (Bundesbl. 1904, I, 90).

Beschlüsse vom 19. Januar in Sachen der Beschwerden der Aktien-Gesellschaft der rhätischen Aktienbrauereien in Chur (Bundesbl. I, 78) und der Aktiengesellschaft Brauerei zum Kardinal in Basel gegen ihre Bestrafung wegen Übertretung des Bundesgesetzes über Maß und Gewicht vom 3. Heumonat 1875 (Bundesbl. 1904, I, 84). Wir heben aus diesen Entscheiden hervor: Aus Art. 160 und 182 des Organisationsgesetzes in Verbindung mit Art. 189 ist der Schluß zu ziehen, daß auf eidgenössischem Boden für eine Sache nicht zwei verschiedene, mit einander kollidierende Rechtsmittel gegeben sein sollen, und daß, wo die Möglichkeit der Kassationsbeschwerde nach Art. 160 des Organisationsgesetzes besteht, ,,der staatsrechtliche Eekurs (ebenso wie an das Bundesgericht) an den Bundesrat ausgeschlossen sein soll.

Zu erwähnen ist hier auch unser Bericht über die bei Ihnen anhängig gemachte Eingabe 8. Spani und Dr. B. Küri (Bundesbl.

III, 829). Soweit die Rekurrenten ihre Eingabe als ,,Rekurs" betrachteten, begehrten sie mit demselben die Feststellung durch die Bundesversammlung, daß in der Entlassung der zwei Telegraphisten Spani und Rohner eine Verletzung der Art. 55 und 56 der Bundesverfassung liege. Wir haben dem gegenüber die Ansicht vertreten, daß es einen staatsrechtlichen Rekurs an die Bundesversammlung wegen angeblicher Verletzung des Vereinsreehts und der Preßfreiheit durch den ßundesrat nicht gibt.

Ohne auf eine Prüfung der Legitimation des Beschwerdeführers einzutreten, haben wir mit Beschluß vom 11. November in Sachen der Beschwerde des Gemeinderates von Neudorf, Kanton Luzern, in welcher die Erteilung eines
Wirtschaftspatentes als in Widerspruch mit Art. 4 der Bundesverfassung angefoehtenvcurde, die Entscheidungskompetenz im Einverständnis mit dem Bundesgericht abgelehnt, da weder Art. 31 der Bundesverfassung angerufen war, noch auch Konnexität mit einer vom Bundesrat zu behandelnden Rechtsfrage vorlag.

712 Anläßlich des beim Bundesgericht anhängig gemachten staatsrechtlichen Rekurses der Aktiengesellschaft Kursaal und Schänzli in Bern, wegen Verweigerung der Erteilung einer Bewilligung zum Betriebe des Rößlispieles, hat das Bundesgericht auf Grund des Art. 194 des Organisationsgesetzes den Buadesrat um seine Meinungsäußerung über die Kompetenzfrage ersucht. Wir haben die Auffassung vertreten, daß wir ohne allen Zweifel zuständig seien, Anstände aus Art. 35 der Bundesverfassung zu entscheiden, daß dagegen damit die Kompetenz des Bundesgerichtes als Staatsgerichtshofes nicht berührt werde, darüber zu entscheiden, ob bei kantonalen Verfügungen, die auf Grund kantonaler Gesetzesvorschriften innert des Rahmens des Art. 35 der Bundesverfassung erlassen worden, Art. 4 der Bundesverfassung gewahrt sei oder nicht. Im erstem Fall, d. h. wenn der Bundesrat über Anstände aus Art. 35 entscheidet, so tut er es nicht als Staatsgerichtshof und nicht zur Wahrung eines Individualrechtes der Bürger, denn Art. 35 der Bundesverfassung gewährt eia solches nicht. Wenn das Bundesgericht dagegen entscheidet, so urteilt es als Staatsgerichtshof über die Frage der Verletzung des in Art. 4 der Bundesverfassung dem: Bürger gewährten Rechtes. Wir haben im vorliegenden Fall unsere Kompetenz zur Entscheidung oder Intervention um so weniger als vorhanden betrachtet, als über die Vorfrage der Zulässigkeit des Rößlispieles an sich nach den bisherigen Entscheiden der obersten Buodesbehörde kein Zweifel sein konnte und die Präge der Verletzung von Art. 4 der Bundesverfassung sehr wohl auf dem Boden des von den kantonalen Behörden angewandten kantonalen Rechtes für sich allein entschieden werden konnte. Wir verwiesen auch auf unsern Entscheid in Sachen Henriot-Beaulieu vom 15. Februar 1901, in welchem wir die gleiche Auffassung vertreten hatten. -- Das Bundesgericht hat sieh in seinem Urteil über die Besehwerde vom 21. Dezember 1904 auf den entgegengesetzten Standpunkt gestellt, und ist auf die Beschwerde wegen Inkompetenz nicht eingetreten.

e. In Bestätigung der im letzten Geschäftsbericht mitgeteilten Grundsätze aus den Beschlüssen in Sachen Neidhart und V. Thorembert (Bundesbl. 1904, I. 470), wonach die Entscheidung über ein Wii'tschaftsgesuch nicht res j u d i c a t a für die Entscheidung über ein im folgenden Kalenderjahr
wiederholtes Wirtschaftsgesuch schafft, haben wir in Sachen D. Belk in Freiburg am 2. Dezember 1904 erklärt, daß die Möglichkeit des Rekurses an den Buadesrat auf Grund des neuen Gesuches und des neuen Entscheides gegeben ist, auch wenn die gleichen Gründe wie früher die kantonale Behörde zur Abweisung geführt hätten (Buudesbl.l 904,VI, 506).

713

E. Polizeiwesen.

I. Yerträge und Konventionen, 1. Unsere im letztjährigen Geschäftsbericht erwähnten Verhandlungen mit der Regierung von G r o ß b r i t a n n i e n betreffend Ausdehnung der im A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g e vom 26. November 1880 stipulierten Fristen für Stellung des Auslieferungsbegehrens und Einreichung der hierauf bezüglichen Beweismittel haben im Berichtsjahre zum Abschlüsse einer bezüglichen Übereinkunft und Erweiterung von Art. XVIII des Auslieferungsvertrages geführt (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 16. September 1904). Dieselbe wurde in London am 29. Juni unterzeichnet und von Ihnen durch Bundesbeschluß vom 22. Dezember abhin ratifiziert. Der Austausch der Ratifikationsurkunden fällt ins nächste Jahr.

2. Im Jahre 1902 hatte in Paris ein von sechzehn Staaten beschickter Kongreß zur Beratung internationaler Maßnahmen filid i e U n t e r d r ü c k u n g d e s M ä d c h e n h a n d e l s stattgefunden, an welchem die Schweiz durch eine Abordnung vertreten war.

Auf Grund der Verhandlungen dieses Kongresses i?t am 18. Mai 1904 in Paris unter Mitwirkung unseres dortigen Gesandten, eine administrative Übereinkunft; betreffend die Unterdrückung des Mädchenhandels, zwischen den Regierungen verschiedener Staaten Abgeschlossen worden. Dieselbe bezweckt die Organisation eines Überwachungsdienstes in den einzelnen Ländern mit Kreierung einer Zentralstelle in jedem Staate, welche die betreffenden Informationen sammelt und mit den Bureaux der übrigen Vertragsstaaten in direkten Verkehr tritt. Dabei ist vereinbart, daß bei Entdeckung eines Falles von Verkuppelung nach dem Auslande die verführten Frauenspersonen auf öffentliche Kosten nach dem Mutterlande heimgeschafft werden, wobei der Staat, von wo die Heimsehaffung ausgeht, die Transportkosten bis an die eigene Grenze, der Heimatstaat der Transportierten die weitern Reisekosten trägt.

II. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

3. Die Gesamtzahl der A u s l i e f e r u n g s f ä l l e , die unser Justiz- und Polizeidepartement im Berichtsjahre beschäftigt hat, beträgt 667 gegen 702 im Vorjahre und 607 iin Jahre 1902. Es wurden 143 Begehren von der Schweiz im Auslande (1903, 164) und 524 von auswärtigen Staaten bei der Schweiz (1903, 538)

714 anhängig gemacht. Außerdem gingen 5 Gesuche um D u r c h t r a n s p o r t e von Delinquenten durch die Schweiz von auswärtigen Staaten ein.

Sodann hatte sich das Departement noch mit 28 Auslieferungsangelegenheiten aus früheren Jahren zu befassen.

Die Auslieferungsbegehren des Auslandes bei der Schweiz, verteilen sieh folgendermaßen auf die einzelnen Staaten : Ägypten l Belgien 2 Deutschland (die drei süddeutschen Staaten 240) 337 Frankreich 41 Italien 91 Liechtenstein l Österreich-Ungarn 45 Rußland 6 Von diesen Begehren sind 439 (6 durch das Bundesgericht) bewilligt worden: in 56 Fällen blieben dio Nachforschungen nach den Verfolgten resultatlos, in 20 wurde das Begehren zurückgezogen, in 3 dasselbe verweigert und 6 Fälle waren am Schlüsse des Jahres noch pendent.

Von den Auslieferungsbegehren, welche die Schweiz bei auswärtigen Staaten gestellt hat, gingen an : Argentinien l Belgien -.

4 Canada l Dänemark 2 Deutschland (die drei süddeutschen Staaten 45) 71 Frankreich 35 Griechenland l Großbritannien 6 Italien 4 Monaco l Österreich-Ungarn 6 Rumänien l Spanien l Vereinigte Staaten von Amerika 2 Verschiedene Staaten gleichzeitig 7 Von diesen Gesuchen der Schweiz wurde 100 entsprochen, während 4 verweigert worden sind. In 19 Fällen blieben die Verfolgten unentdeckt und in 12 wurde das Begehren zurückgezogen. 8 Fälle waren am Schlüsse des Jahres noch pendent.

715Die Kosten, welche nach Maßgabe von Art. 31 des Auslieferungsgesetzes von 1892 vom Bund an die K an t on e zu vergüten sind, betrugen im Jahre 1904 Fr. 10,670. 91 (1903, 11,151. 80).

4, Unter V o r b e h a l t des G e g e n r e c h t s wurde die Auslieferung verfolgter Individuen an das Fürstentum L i e c h t e n s t e i n wegen Diebstahls, an I t a l i e n wegen Diebstahls unter Fr. 1000' und an D e u t s c h l a n d wegen Schändung (Mißbrauch einer geisteskranken Frauensperson) bewilligt.

Die deutsche Reichsregierung erklärte sich grundsätzlich bereit, auf Auslieferungsanträge wegen v o r s ä t z l i c h e r und r e c h t s w i d r i g e r S a c h b e s c h ä d i g u n g auf Grund der Gegenseitigkeit einzutreten, wünschte jedoch mit Rücksicht auf die bei der Feststellung einer allgemeinen Reziprozitätserklärung hervortretendenSchwierigkeiten die Regelung der Gegenseitigkeit von Fall zu Fall eintreten zu lassen (Kreisschreiben an die Kantonsregierungen vom 15. April 1904).

D ä n e m a r k gewährte die Auslieferung eines Verfolgten wegen Unterschlagung an die Schweiz. Bei der Stellung des bezüglichen Auslieferungsantrages sicherten wir die Beobachtung dea Gegenrechtes zu. Dasselbe geschah R u m ä n i e n gegenüber, wo wir die Auslieferung eines Individuums wegen Vertrauensmißbrauches und betrügerischer Handlungen im Konkursverfahren mit Erfolg nachgesucht haben.

5. In Fällen von Auslieferungsanträgen seitens solcher Staaten,, mit denen D ä n e m a r k einen Auslieferungsvertrag nicht abgeschlossen hat, pflegt die dänische Regierung das auszuliefernde Individuum nur bis zu dem betreffenden dänischen Grenzhafen durch ihre Polizeiagenten transportieren zu lassen. Wenn daher die Schweiz bei Dänemark ein bezügliches Begehren zu stellen hat und dabei der Transit des Verfolgten über deutsches Gebiet in Frage kommt, so ist bei der Deutschen Reichsregierung darum nachzusuchen., daß die deutsche Polizei beauftragt werden möchte, den Verfolgten an dem entsprechenden dänischen Hafenorte in Empfang zu nehmen und sodann durch Deutschland nach der Schweiz zu schaffen.

Es kann übrigens auch der dänischen Regierung ein Transport zu L a n d in Vorschlag gebracht werden, wobei sie zu ersuchen wäre, den Auszuliefernden dem deutschen Transporteur an der dänisch-deutschen Grenze zu übergeben.

ge 6. Bei I t a l i e n wurde um die Auslieferung des schweizerischen Angehörigen G. W. nachgesucht, der sich des B e t r u g e s

716 in der H ö h e von 1000 F r a n k e n schuldig gemacht hatte.

Die italienischen Behörden entsprachen diesem Begehren nicht auf Grund des Vertrages vom 22. Juli 1868, Artikel 2, Ziffer 12, weil darnach der exlorquierte Betrag 1000 Franken übersteigen soll, sondern einzig im Hinblick auf die zwischen der Schweiz und Italien bestehende Gegenrechtserklärung, wonach auch wegen Betruges u n t e r 1000 Franken die Auslieferung eines Verfolgten stattfinden soll.

7. Die Deutsche Reichsregierung machte uns die Mitteilung, «daß die zurzeit bestehenden Einrichtungen es den deutschen Behörden nicht wohl gestatten, Personen, die von der Schweiz nach Elsaß-Lothringen ausgeliefert werden sollen, i n O t t e n d o r f o d e r P f i r t zu übernehmen (s. Geschäftsbericht pro 1903, Seite 37, Ziffer 9). Es werden demzufolge die betreffenden Individuen über St. Ludwig den deutschen Behörden zuzuführen sein, selbst wenn sie in Pruntrut oder Umgebung festgenommen worden sind. In unserer Rückäußerung hierauf haben wir uns vorbehalten, auf die Angelegenheit zurückzukommen, wenn sich die Verkehrsverhältnisse zwischen Pruntrut und Ottendorf bezw. Pfirt ändern und sich günstiger für die Übernahme und den Transport von Personen gestalten sollten.

8. Von der D e u t s e h e n G e s a n d t s c h a f t wurde die Auslieferung des in Bern verhafteten bayerischen Staatsangehörigen S. M., der beschuldigt war, einen ihm zur Bezahlung von gekauftem Vieh übergebenen Geldbetrag im eigeneu Nutzen verwendet zu haben, wegen U n t e r s c h l a g u n g bezw. U n t r e u e verlangt.

Wir gewährten die Auslieferung einzig wegen Unterschlagung und antworteten der Deutschen Gesandtschaft, als sie sich daraufhin erkundigte, ob die Auslieferung des M. auch wegen der nach deutschem Rechte zu beurteilenden Straftat bewilligt worden sei, daß nach dem zur Begründung des fraglichen Auslieferungsbegehrens vorgelegten Haftbefehl und in Berücksichtigung des in Betracht kommenden bernischen Strafgesetzes die dem Requirierten zur Last gelegte Straftat als eine Unterschlagung sich qualifiziere und daher unter dieser Deliktsbezeichnung die Auslieferung bewilligt worden sei. Es entspreche dies auch dem .schweizerisch-deutschen Auslieferungsvertruge vom 24. Januar 1874, in welchem in Artikel l einzig die ,,Unterschlagung" und nicht auch ·die ,,Untreue"
des § 266 des deutschen Strafgesetzes speziell als Auslieferungsdelikt aufgeführt sei. Wir haben uns bereits in einem früheren Fall in ähnlichem Sinne ausgesprochen (siehe Geschäftsbericht pro 1894, Abteilung Polizeiwesen, Ziffer 13), wobei wir uns

717 für die Zukunft in jedem einzelnen ähnlichen Falle unter Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse eine Entschließung vorbehalten haben.

9. Einem Antrage der D e u t s c h e n G e s a n d t s c h a f t zufolge bewilligten wir die Auslieferung eines A. B. zur Vollstreckung der ihm in Frankfurt a. M. zuerkannten Gefängnisstrafe, soweit sich diese auf die Delikte des Diebstahls und Betruges, sowie der Kuppelei bezog. Dagegen verweigerten wir die Auslieferung hinsichtlich der Handlungen, wegen deren B. auf Grund von § 181 a, Abs. l, des Reichsstrafgesetzbuches (Zuhälterei) bestraft worden ist.

Die Deutsche Reichsregierung wollte diese Beschränkung der Auslieferung des B. nicht annehmen und vertrat die Auffassung, die Zuhälterei erscheine im vorliegenden Fall nur wie ein erschwerender Umstand der Kuppelei; in Ansehung straferschwerender Umstände dürfe aber ein Vorbehalt, wenn die Auslieferung wegen der Tat an sich zu bewilligen sei, nicht gemacht werden, wenn auch die Umstände dem Rechte des ausliefernden Staates unbekannt sein sollten.

Wir antvi7orteten hierauf, daß wir in der Sache folgenden Standpunkt einnehmen: Gemäß Art. l, Ziffer 9, des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche vom 24. Januar 1874 und einer im Jahre 1894- zwischen den beiden Ländern ausgetauschten Gegenrechtserklärung ist die Auslieferung eines Verfolgten zu bewilligen wegen Kuppelei mit minderjährigen Personen und wegen gewerbsmäßiger Kuppelei mit großjährigen Personen. Hierunter fällt aber nicht das Treiben der sogenannten Zuhälter im engern Sinne, das zum Gegenstand eines besondern Vergehens durch §181« des Reichsstrafgesetzbuches im ersten Tei! von Absatz l desselben gemacht worden ist und darin besteht, daß eine männliche Person von einer Prostituierten unter Ausbeutung ihres unsittlichen Erwerbes den Lebensunterhalt ganz oder teilweise bezieht. Bei diesem Tatbestand fehlt die zum Begriff der Kuppelei erforderliche Tatsache, daß jemand gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutzen ia den gesetzlich erwähnten Formen der Unzucht Vorschub leistet. Solche den Tatbestand der Kuppelei ausschließende Handlungen haben mit Ausnahme einer vereinzelten Tat, welche unter Art. 181 a, Absatz 2, des Strafgesetzbuches fiel und sich als Kuppelei darstellt, zur Verurteilung des B. in Frankfurt a. M. geführt. Auf Handlungen
solcher Art kann sich nach Maßgabe der bestehenden Vereinbarungen zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich eine Auslieferung nicht erstrecken (vergi. Bundesblatt 1904, Bd. I, S. 483, Nr. 5). In welcher Weise dem gemachten Vorbehalt Rechnung getragen werden kann, überließen wir den zuständigen deutschen Behörden.

718 10. Die w ü r t t e m b e r g i s c h e Regierung suchte bei uns die Auslieferung eines E. T. auf Grund eines Haftbefehles des Amtsgerichts Urach wegen Betrugsversuches nach, ohne auch gleichzeitig wegen verschiedener anderer Straftaten ein Begehren zu stellen, wegen deren T. von der Staatsanwaltschaft in Stuttgart verfolgt wurde. Es glaubte die k. Regierung, von einem Begehren bezüglich der letztem Straftaten mit Rücksieht auf Art. 4, Abs. 3, des schweizerisch-deutschen Ablieferungsvertrages vom 24. Januar 1874 absehen zu können, wo einzig die Verfolgung wegen eines Deliktes, das in dem Vertrage n i c h t vorgesehen ist, ausgeschlossen wird. Wir konnten uns dieser Ansicht nicht anschließen und erwiderten, daß sich die erwähnte Vertragsbestimmung nur auf bereits a u s g e l i e f e r t e Personen beziehe. Im vorliegenden Fall habe jedoch eine Auslieferung noch nicht stattgefunden, ja es sei diese noch nicht einmal bewilligt. Daher erscheine es erforderlich und zweckdienlich und entspreche auch der konstanten Übung, daß wegen aller bekannten, dem Verfolgten zur Last fallenden Straftaten um dessen Auslieferung bei dem andern Staate nachgesucht werde. Die k. Regierung stand daraufhin nicht an, ihren Auslieferungsantrag dementsprechend zu vervollständigen.

11. Auf Antrag der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft und mit Rücksicht auf einen Haftbefehl des Untersuchungsrichters bei dem k. k. Landesgerichte in Wien bewilligten wir im Februar 1903 die Auslieferung eines D. C., der im Kanton Wallis eine längere Freiheitsstrafe zu erstehen hatte, wegen Betruges an die österreichischen Behörden. Nach Jahresfrist erhob C. B e s c h w e r d e gegen diesen Beschluß bei der B u n d e s v e r s a m m l u n g . Wir leiteten dieser die ergangenen Akten zu, wobei wir gestützt auf die folgenden Erwägungen darauf hinwiesen, daß dem Verfolgten gegen den fraglichen bundesrätlichen Beschluß ein Rekursrecht an die BundesversammlungC nicht zustehe.

Gemäß Art. 102, Ziffer 8, der Bundesverfassung sind dem Bundesrat die Wahrung der völkerrechtlichen Beziehungen und die Besorgung der auswärtigen Angelegenheiten als selbständige Funktionen übertragen; hierzu gehört auch der Verkehr mit fremden Staaten betreffend die Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten. Das aus dieser Verfassungsbestimmung hergeleitete
Bundesgesetz vom 22. Januar Ï892 wahrt dem Bundesrat ausdrücklich diese Kompetenz, indem es in Art. l erklärt, es könne der Bundesrat unter den in diesem Gesetz aufgestellten Voraussetzungen jeden Fremden ausliefern, der durch eine zuständige Behörde des ersuchenden auswärtigen Staates verfolgt und auf dem

719 Gebiete der Eidgenossenschaft betroffen werde. Dagegen räumt dieses Gesetz dem Verfolgten kein Recht des Rekurses an die Bundesversammlung gegen einen ihm ungünstigen Entscheid des Bundesrates ein, uûd es kann ihm daher ein solches nicht zugestanden werden. Die Bundesversammlung hat selbst in Angelegenheiten ähnlicher Natur stets die Unzulässigkeit der Beschwerdeführung anerkannt, wo immer die Entscheidung über bestimmte Rechtssachen verfassungsmäßig dem Buudesrat zugeteilt und nicht ausdrücklich in den ausführenden Bundesgesetzen ein Beschwerderecht eingeräumt ist (vergi. Salis, Bundesrecht, II. Auflage, Nr. 267, pag. 7, Ziffer 2, und Anmerkung 2 und 3, sowie Nr. 276, pag. 16).

Sodann wird darauf aufmerksam gemacht, daß die von C.

O > «ingereichte Beschwerde nicht mehr gehört werden könnte, weil sie erst nach Ablauf der in Art. 192 und 196 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesstrafrechtspflege festgesetzten Frist von 60 Tagen, welche von der durch die Behörden des Kantons Wallis erfolgten Mitteilung des bundesrätlichen Entscheides an den Genannten hinweg zu rechnen wäre, eingereicht wurde.

Ein Grund, die Entscheidung über das Auslieferungsbegehren gegen C. durch das Bundesgericht herbeizuführen, lag nicht vor, da der Requirierte vor dem Bewilligungsbeschlusse des Bundesrates nur erklärt hatte, er habe sich der ihm in Wien zur Last gelegten Delikte nicht schuldig gemacht, und es werde seine Auslieferung von Österreich nur verlangt, um ihn wegen politischer Handlungen zu verfolgen. C. erhob somit keine Einsprachen, die nach Maßgabe von Art. 23 des Bundesgesetzes über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 die Überweisung des E'alles an das Bundesgericht zur Entscheidung Verlangt hätten.

12. G e s u c h e um s t r a f r e c h t l i c h e V e r f o l g u n g von S c h w e i z e r n , die im Ausland delinquiert und sich in die Schweiz geflüchtet haben, sind uns im Berichtsjahre 38 (1903, 45) zugegangen, nämlich 30 von Deutschland, l von Frankreich, l von Liechtenstein und 6 von Österreich-Ungarn.

Von den gestellten Strafverfolgungsbegehren hatten 10 am Ende des Jahres nocht nicht ihre Erledigung durch die kantonalen öerichte gefunden.

Bei a u s w ä r t i g e n Staaten haben wir im Berichtsjahre 100 Anträge (1903, 95) um strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen derselben, die nach Begehung strafbarer Handlungen in der Schweiz

720 in ihre Heimat geflohen waren, gestellt, nämlich bei Deutschland 73, bei Frankreich 9, bei Italien 13, bei Österreich-Ungarn 3, bei Rumänien l und bei Spanien 1.

Arn Schlüsse des Jahres waren bezüglich 35 dieser Fälle die Berichte über ihre Erledigung noch ausstehend.

13. Der thurgauische Angehörige J. J. L. hatte sich in Ä g y p t e n , wo er unter dem Schutze der österreichisch-ungarischen Konsulate stand, des B e t r u g e s in der Höhe von zirka 1500 Franken zum Nachteil des Briefmarkenhändlers J. Barbarin in Branges (Frankreich) schuldig gemacht. Das k. und k. Konsulat in Cairo führte die Untersuchung gegen ihn durch. Da indessen, nach den für die k. und k. Konsularämter im Orient geltenden Vorschriften sich deren strafrechtliche Tätigkeit in Fällen von Verbrechen auf die Durchführung der Vorerhebungen beschränkt und nach dem Abschluß derselben das verfolgte Individuum der zuständigen heimatlichen Gerichtsbehörde zur Aburteilung überwiesen werden soll,, wurde durch die österreichisch-ungarische Gesandtschaft in Bern angefragt, ob der beschuldigte L. nach Beendigung der Voruntersuchung vor die heimatlichen Gerichte in der Schweiz gestellt werden wolle, um wegen des ihm zur Last fallenden Deliktes zur Verantwortung gezogen zu werden. Eventuell könnte L., bemerkte die k. und k. Gesandtschaft, unter den Schutz einer andern Macht in Ägypten, z. B. des Deutschen Reiches, deren Konsuln die Befugnis zur Aburteilung eines Delinquenten gesetzlich zusteht, gestellt, oder auch den Lokalbehörden zur weiteren Behandlung überlassen werden.

Wir machten dem Regierungsrate des Kantons Thurgau hiervon Mitteilung und erhielten von diesem darauf die Antwort, er wünsche, daß L. zum Zwecke seiner Aburteilung durch den heimatlichen Richter zugeführt werde, sofern die Überführung ohne besondere, die Kosten sehr erhöhende polizeiliche Begleitung stattfinden könne.

Die k. und k. Gesandtschaft von dieser Entschließung in Kenntnis gesetzt, veranlaßte die Zulieferung des L. nach Buchs, wobei dieser auf einem von Ägypten nach Triest verkehrenden Lloyddampfer unter der persönlichen Verantwortung des Kapitäns ohne jede polizeiliche Begleitung nach Triest geschafft wurde. Die Kosten des k. und k. Konsulats in Cairo, welche, diesem durch die Gefangenhaltung des L., durch Zeugengebühren, Schriftexperlisen und anderes
erwachsen waren und vom Kanton Thurgau vergütet wurden, beliefen sich im ganzen auf 911 Franken. Dazu kamen noch 112 Fr. Kosten für den Transport des L. über österreichisches, Gebiet von Triest nach Buchs.

72Î L. wurde von der Kriminalkammer des Kantons Thurgau wegen des fraglichen Deliktes zu einer Arbeitshausstrafe von 1 1 /4 Jahren verurteilt.

III. Rogatorien.

14. Unser Justiz- und Polizeidepartement hatte sich während des Berichtsjahres mit der Übermittlung von 296 (1903: 376; 1902: 344) g e r i c h t l i c h e n R e q u i s i t o r i e n zum Zwecke der Erwirkung ihrer Vollziehung zu befassen. 175 derselben bezogen sich auf Zivilangelegenheiten und 121 auf Strafsachen. Außerdem hatte es in 332 Fällen bei der Notifikation von G e r i c h t s a k t e n mitzuwirken.

Vom Auslande sind hiervon 80 Requisitorien und 281 Gerichtsakte zur Vollziehung, beziehungsweise Zustellung, eingelangt;, von der Schweiz gingen 216 Requisitorien und 51 Gerichtsakte ans Ausland.

15. In einem Zivilprozeß wollte durch einen kantonalen Richter auf dem Requisitorialwege ein in L o n d o n wohnhafter Zeuge zur E d i t i o n verschiedener Urkunden veranlaßt werden. Es erzeigte sich hierbei, daß in England das bei unsern Gerichten angewandte Editions verfahren nicht bekannt ist; der Zeuge kann dort nur angehalten werden, die Dokumente bei der Einvernahme vorzuweisen, aber nicht, dieselben auszuhändigen.

16. Anläßlich einer Strafuntersuchung wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend den S c h u t z der F a b r i k - und H a n d e l s m a r k e n erließ der kantonale Untersuchungsrichter aß die Behörden von K o n s t a n t i n o p e l ein Requisitorial behufs Einvernahme von zwei daselbst wohnhaften türkischen Untertanen. Der Vollzug dieses Requisitorials wurde jedoch von den türkischen Behörden verweigert mit der Begründung, daß sie, da zwischen der Schweiz und der Türkei keine Konvention über den Schutz der Fabrikmarken bestehe, nicht in der Lage seien, türkische Untertanen über eine denselben zur Last gelegte Übertretung des schweizerischen Markenschutzgesetzes einzuvernehmen.

17. Der s c h w e i z e r i s c h e n P o s t ver w a l t u n g sollte gemäß einem Ansuchen der italienischen Gesandtschaft in Bern eine L a d u n g vor die P r ä t u r des VI. Bezirkes in Mailand in Sachen einer Schadenersatzforclerung der Mittelmeerbahngesellschaft zugestellt werden. Wir lehnten die Zustellung gestützt auf

722 Artikel 2 des internationalen Übereinkommens betreffend das Zivilprozeßrecht vom 14. November 1896 ab und machten darauf aufmerksam, daß die schweizerische Postverwaltung nicht das Recht -einer juristischen Persönlichkeit besitze. Wenn jemand in der Sache gerichtlieh belangt werden könne, so sei dies die schweizerische Eidgenossenschaft selbst, deren vermögensrechtliche Interessen in Frage stehen. Die schweizerische Eidgenossenschaft betrachte es aber als eine Verletzung ihrer Hoheitsrechte, wenn man sie zwingen wolle, für eine persönliche Klage vor einem ausländischen Richter das Recht zu nehmen, indem sie für solche Ansprüche nur von ihrem eigenen Richter belangt werden könne.

Im Spezialfalle besitze der ausländische Richter um so weniger die Kompetenz zur Entscheidung des Rechtsstreites, als in dem Vertrage vom 14. Dezember 1880 zwischen der schweizerischen Postverwaltung und der Verwaltung der oberitalienischen Eisenbahnen ausdrücklich schiedsgerichtliche Entscheidung der aus dem Vertrage entstehenden Streitfragen vorgesehen sei.

IV. Heim Schaffungen.

18. Die Zahl der Fälle von Heimschaffungen v e r l a s s e n e r Kinder, Geisteskranker und der öffentlichen Wohlt ä t i g k e i t a n h e i m g e f a l l e n e r P e r s o n e n belief sich im Berichtsjahre auf 236 (1903: 233; 1902: 155) und betraf 349Personen.

Die S c h w e i z wurde seitens des A u s l a n d e s um die Heimschaffung von 102 Personen (76 Gesuche umfassend) angegangen, nämlich von 47 verlassenen Kindern, 40 Geisteskranken und 15 Hilfsbedürftigen. Aus Frankreich liefen 54 Gesuche ein, aus Deutschland 7, aus Italien 4, aus Belgien 3, aus Österreich-Ungarn, England und Argentinien je 2, und aus Schweden und den Niederlande je 1. Von den 102 Personen wurden 43 als schweizerische Angehörige ermittelt und übernommen, 15 dagegen wurden nicht anerkannt, die Begehren umfassend 7 Personen wurden zurückgezogen, während diejenigen betreffend 6 Personen infolge Todesfall, Genesung oder Heimreise gegenstandslos geworden sind.

Außerdem liegen noch 31 pendente Fälle vor.

Die S c h w e i z stellte an das A u s l a n d auf diplomatischem Wege 160 Heimschaffungsbegehren betreffend 247 Personen. Davon entfielen auf Italien 79 Begehren, auf Frankreich 66, auf Deutschland 6, auf Österreich-Ungarn 4, auf England 2, und auf

723 Rußland, Spanien und Mexiko je 1. Von den 247 Personen wurden 146 vom Auslande als Angehörige anerkannt und heimgeschafft, die Übernahme von 3 Personen wurde abgelehnt, bei 17 Personen wurden die Begehren zurückgezogen, und bei 16 derselben sind die hierauf bezüglichen Ansuchen gegenstandslos geworden. 65 Fälle sind noch pendent.

Außerdem sind 54 Gesuche um Bewilligung des D u r e h t r a n s p o r t e s von 69 hilfsbedürftigen, geisteskranken oder polizeilich ausgewiesenen Personen über schweizerisches Gebiet eingegangen und zwar 47 von Deutschland, 3 von Italien und je l von den Niederlanden, Luxemburg, Österreich und Frankreich.

19. Durch Kreisschreibeu vom 26. April 1901 haben wir die Kantone darauf aufmerksam gemacht, daß nach Artikel 334 des französischen Zivilgesetzbuches a u ß e r e h e l i c h e K i n d e r , d i e von F r a n z ö s i n n e n in der Schweiz geboren werden, nur dann die französische Nationalität erwerben, wenn sie von der Mutter s c h r i f t l i c h anerkannt werden, sei es durch Unterschrift im Geburtsregister oder durch besondere öffentliche Urkunde.

Im Berichtsjahre ersuchte nun eine kantonale Behörde um Auskunft, wie mit solchen Kindern zu verfahren sei, für welche seinerzeit die schriftliche Anerkennung seitens der Mütter nicht ·eingeholt worden war und deren Mütter seither nun verschollen oder verstorben sind. Unser Justiz- und Polizeidepartement antwortete, daß die Übernahme solcher Kinder durch Frankreich ausgeschlossen erscheine ; es bleibe nichts anderes übrig, als den ver.schollenen Müttern nachzuforschen und in den Fällen, wo die Mutter bereits verstorben ist, sich zu bemühen, daß die Kinder von .alllälligen Verwandten übernommen werden.

20. Um dem von den Kantonen häufig geäußerten Wunsche zu entsprechen, eine schnellere Erledigung der H e i m s c h a ff u n gsb e g e h r e n bei I t a l i e n zu erwirken, begannen wir in solchen Fällen, in denen es sich um die Übernahme italienischer Staatsaugehöriger handelte, die n i c h t krank oder aus andern Umständen der Verpflegung bedürftig waren, sondern deren Heimschaffung aus armen- oder Sittenpolizei]ichen Gründen erfolgte, die Angelegenheit in der Weise bei der italienischen Regierung anhängig zu machen, daß wir mitteilten, es werden die betreffenden Personen an einem bestimmten Tag in einem Mouat den
italienischen Behörden zugeführt werden. Dabei beriefen wir uns auf Artikel 2 des schweizerisch-italienischen Niederlassungsvertrages vom 22. Juli 1868, Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

.

50

724

welcher bestimmt, daß die Angehörigen eines der beiden Vertragsstaaten, die aus dem andern Staate gemäß dea Gesetzen über Armen- und Sittenpolizei ausgewiesen werden, jederzeit und unter allen Umständen in ihrem Heimatlande wieder aufgenommen werden müssen.

Die italienische Regierung erklärte indessen, auf dieses Verfahren, wodurch ihr der Tag der Heimschaffung von uns zum voraus bezeichnet werde, nicht eintreten zu können und wies darauf hin, daß bei jedem Heimschaffungsbegehren geprüft werden müsse, ob die Pflicht zur Übernahme bestehe, was Erhebungen betreffend die Angehörigkeit der in Frage stehenden Personen erfordere, im weitern müssen in jedem einzelnen Fall passende Vorkehren für die Versorgung der Personen je nach Lage der Verhältnisse getroffen werden, und besondere Maßnahmen seien dann notwendig,' wenn der Heimzusehaffende zufolge der inländischen Gesetzgebung die italienische Staatsangehörigkeit etwa verloren habe. Die italienische Regierung müsse daher darauf bestehen, daß eine Heimschaffung erst dann stattfinde, nachdem sie vom Heimatlande auf Grund der notwendigen Feststellungen bewilligt worden sei. Es handle sich hier von Seiten der italienischen Behörden keineswegs um einen Versuch, sich den Verpflichtungen des Niederlassungsvertrages zu entziehen oder denselben willkürlich interpretieren zu wollen, sondern um eine Unmöglichkeit, den Vertrag .anders zu handhaben. Im Verkehre mit den andern Nachbarstaaten werde Übrigens nicht anders verfahren. Bei dieser Sachlage werden wir auf das vorgeschlagene Verfahren verzichten und uns darauf beschränken, durch unsere Gesandtschaft jeweilen auf eine möglichst rasche Erledigung der Heimschaffungsbegehren bei Italien zu dringen.

21. Die belgische Gesandtschaft brachte zur Kenntnis, daß einem d ü r f t i g e n b e l g i s c h e n S t a a t s a n g e h ö r i g e n H.B.

für seine Heimreise von Davos von den schweizerischen Bahnen die Verabfolgung eines Billets zur halben Fahrtaxe für die Strecke Davos-Basel verweigert worden sei, und erachtete dies als mit der Übereinkunft zwischen der Schweiz und Belgien betreffend die Unterstützung und Heimschaffung der dürftigen Angehörigen der beiden Länder vom 12. November 1896 im Widerspruch stehend.

Auf Grund der gemachten Erhebungen erwiderten wir der belgischen Gesandtschaft, daß die erwähnte
schweizerisch-belgische Übereinkunft nicht zu gunsten des B. angerufen werden könne.

Dieser sei aus seiner Heimat zum Kurgebrauch nach Davos gekommen und habe sich dort über den Winter 1903/04 mit Unter-

725

Stützung seitens der Société franco-belge de bienfaisance aufgehalten.

D'e Übereinkunft vom 12. November 1896 beziehe sich aber nach den Akten über deren Abschluß ausdrücklich nur auf die Unterstützung und Heimschaffung der armen und bedürftigen Angehörigen des einen der beiden Staaten, w e l c h e auf d e m G e b i e t e d e s a n d e r n d e r ö f f e n t l i c h e n W o h l t ä t i g k e i t z u r Last f a l l e n . Im vorliegenden Fall seien daher die Voraussetzungen filidie Anwendbarkeit der Übereinkunft nicht gegeben.

Außerdem machten wir darauf aufmerksam, daß nach dem Reglement betreffend den Transport inländischer Armen auf den schweizerischen Transportanstalten vom 1. Oktober 1899 die Société frunco-belge de bienfaisance in Davos nicht zu denjenigen Privatwohltätigkeitsanstalten gehöre, welche zur Ausstellung von Empfehlungsscheinen ermächtigt seien, durch die die schweizerischen Bahnen zur Beförderung einer Person zur Hälfte der gewöhnlichen Taxe in der III. Wagenklasse veranlaßt werden können.

Y. Verschiedenes.

22. Eine Glarnerin hatte sieh 1887 in Zürich mit dem sächsischen Staatsangehörigen K. N. verheiratet und war mit demselben nach Brasilien ausgewandert. Im Jahre 1900 kehrten die Ehegatten N. mit drei Kindern nach der Schweiz zurück, es wurde jedoch die Frau N. von ihrem Ehemann bald verlassen und sie befand sich mit ihren Kindern ohne Ausweisschriften. Da das Deutsche Generalkonsulat in Zürich die Ansicht vertrat, daß die Familie N. die deutsche Reichsangehörigkeit verloren, dafür aber das brasilianische Staatsbürgerrecht erworben habe, wandten wir uns auf Veranlassung der glarnerischen Behörden an die bras i l i a n i s c h e G e s a n d t s c h a f t in Bern um A u s s t e l l u n g von L e g i t i m a t i o n s p a p i e r e n für Frau N. und ihre Kinder.

Es ergab sich zunächst allerdings, daß der Ehegatte N. die formelle Naturalisation in Brasilien niemals nachgesucht hat. Gleichwohl wurde aber Frau N. mit ihren Kindern als brasilianische; Staatsangehörige anerkannt, und mit einem Paß versehen, weil sich herausstellte, daß die Familie N. zur Zeit, als Brasilien die Republik erklärte, dort ansässig gewesen war und bei diesem Anlasse nicht für Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit optiert hatte., wodurch nach der Verfassung des brasilianischen Bundesstaate» das dortige Staatsbürgerrecht ohne weiteres begründet worden ist.

726

23i Die österreichisch-ungarische Gesandtschaft hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß nach den in Ö s t e r r e i c h und U n g a r n bestehenden Vorschriften Heimatscheine und sogenannte Militärpässe nicht als genügende A u s w e i s p a p i e r e der Staasangehörigen dieser Länder für den Aufenthalt im Ausland anzusehen seien.

Als solche Dokumente können einzig die Zivilpässe und Arbeitsbücher betrachtet werden.

Wir haben den Kautonsregierungen hiervon mittelst Kreisschreibeu vom 19. November 1904 Kenntnis gegeben.

24. Die Polizeidirektion des Kantons Tessi n teilte uns mit, es sei ihrer Polizei in Bellinzuna von den graubündnerisehen Behörden e i n i t a l i e n i s c h e r S t a a t s a n g e h ö r i g e r z u r A u s S c h a f f u n g n a c h I t a l i e n zugeführt worden, der von dem Gericht in Misox wegen Diebstahls verurteilt und für drei Jahre aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft ausgewiesen worden war und vertrat dabei die Ansicht, es sei den graubündnerisehen Behörden nur eine Ausweisung aus dem Kanton und nicht aus der Schweiz zugestanden.

In seiner Antwort hierauf machte das Justiz- und Polizeidepartement die tessinische Polizeidirektiou darauf aufmerksam, daß der fragliche Italiener von einer Strafgerichtsbehörde ausgewiesen worden sei, und daß dieses Verfahren mit dem graubüudnerischen Strafrechte (Artikel 11) im Einklang stehe (vgl. auch Stooß, Grundzüge des schweizerischen Straf'rechtes, Band I, pag. 358).

Die Frage, ob die Ausweisung von Ausländern aus dem Gebiete der Schweiz von kantonalen Gerichten ausgesprochen werden dürfe und welche Folgen ein derartiges Erkenntnis habe, ist schon mehrfach Gegenstand der Beratung eidgenössischer Behörden gewesen. Sie wurde beinahe immer im Sinne der Bejahung der Kompetenz beantwortet, /.uletzt von den Kommissionen, welche , den Stoossschen Vorentwurf für ein einheitliches Strafrecht behandelten (siehe auch Salis, schweizerisches Bundesrecht I. Auflage, Bd. IV, Nr. 1314, und II. Auflage, Bd. U, Nr. 532 und 533). Die Zuläßigkeit der Verweisung von Ausländern aus der Schweiz dürfte daher nicht in Frage stehen. Eine bloße Kantonsverweisung bedeutet lediglich eine Überwälzung der Gefahren, die die Anwesenheit eines Verbrechers für Leben und Eigentum bietet, auf die Bewohner angrenzender Kantone und sollte deshalb im schweizerischen Bundesstaate nicht stattfinden. Entweder befreie der Strafrichter unter entsprechender Androhung das Gebiet des

727

Gesamtvaterlandes von dem Übeltäter, wie der graubündnerische Richter nach Maßgabe dortigen Gesetzes getan hat, oder dann unterlasse er die Verweisung aus einem bloßen Gebietsteile.

Die Staats vertrage über Niederlassung statuieren nicht ein Rechtsverhältnis zwischen dem Ausland und den Kantonen, sondern ein solches zwischen der Eidgenossenschaft und dem Vertragsstaate.

Wo daher ausnahmweise ein Fremder aus zureichendem Grund und wegen eigenen Verschuldens des Rechtes verlustig erklärt, wird, sich auf Schweizergebiet aufzuhalten, da sollte dies auf das ganze schweizerische Territorium ausgedehnt werden.

VI. Zentralpolizeibureau.

Mit Buadesbeschluß vom 26. Oktober 1903 (Bundesbl. 1903, IV, 524) wurde gemäß dem von der großen Mehrheit der Kantone geäußerten Wunsche die Errichtung eines schweizerischen Zentralpolizeibureaus beschlossen, dem folgende Dienstzweige zugewiesen worden sind: 1. Führung der a n t h r o p o m e t r i s c h e n Z e n t r a l r e g i s t r a t u r ; 2. Führung des Z e n t r a l s t r a f e n r e gis t er s, und 3. die Herausgabe eines s c h w e i z e r i s c h e n P o l i z e i a n z e i g e r s.

Nach Ablauf der Referendumsfrist wurde dieser Beschluß vom Bundesrat auf den 1. März 1904 in Kraft erklärt und in die eidgenössische Gesetzessammlung aufgenommen (A. S. n. F., II, 28).

Das neue Bureau wurde dem Justiz- und Polizeidepartement unterstellt und dessen Leitung bis auf weiteres dem Sekretär der Bundesanwaltschaft übertragen.

Mit Kreissehreiben vom 1. März 1904 brachte unser Justizund Polizeidepartement den obersten Polizeibehörden der Kantone dieses zur Kenntnis, mit dem Ersuchen, dem Zentralpolizeibureau, das auf den 1. April in Betrieb gesetzt wurde und dessen Tätigkeit mit der Einrichtung und Führung der a n t h r o p o m e t r i s c h e n Z e n t r a l r e g i s t r a t u r beginnen sollte, von diesem Datum hinweg je ein Doppel der iu den Kantonen aufgenommenen anthropometrischen Signalemente einzusenden. Gleichzeitig wurden die genannten Behörden eingeladen, sich üher die Einrichtung des Z e n t r a l s t r a f e n r e g i s t e r s und des schweizerischen P o l i z e i b l a t t e s auszusprechen.

Die in diesem Kreisschreiben enthaltene Wegleitung für den Verkehr der Kantone mit dem Zentralpolizeibureau hinsichtlich

728

der anthropometilschen Zentralregistratur ist von allen kantonalen Polizeidirektionen, die das anthropometrisc.he Signalement eingeführt haben, akzeptiert worden.

Diese Registratur, der von einer Anzahl Kantone auch die Doppel der vor dem 1. April 1904 aufgenommenen anthropometrischen Signalemente übermittelt worden sind, enthielt auf Ende des Berichtsjahres 4100 .Stück solcher Signalemente.

Das Zentralpolizeibureau vermittelt den auf die anthropometrischen Signalemente bezüglichen Verkehr (Identitätsfeststellungen und andere Nachforschungen polizeilicher Natur) nicht nur zwischen den kantonalen Amtsstellen und den ausländischen Behörden, sondern, auf Wunsch, auch unter den erstgenannten unter sich.

Es informiert überdies die obersten Polizeibehörden der Kantone alle drei Monate über den Stand der anthropometrischen Zentralregistratur.

In Bezug auf die Führung des Z e n t r a l s t r a f e n r e g i s t e r s sind von den kantonalen Polizeidirektionen die mannigfaltigsten Vorschläge gemacht worden. Unser Justiz- und Polizeidepartement sah sich deshalb veranlaßt, den Bundesanwalt zu beauftragen, eine kleine Kommission von Fachleuten aus verschiedenen Landesteilen einzuberufen behufs Gewinnung einer einheitlichen, den Bedürfnissen entsprechenden Grundlage für die Geschäftsführung dieses Dienstes. Wir haben die Schlüsse dieser Kommission den sämtlichen Kantonsregierungen mit Kreisschreiben vom 19. Dezember 1904 zur Kenntnis gebracht (Bundesbl. 1904, VI, 664) und ihnen die Befolgung der in demselben niedergelegten Wegleitung für die Führung des Zentralstrafenregisters vom 1. Januar 1905 hinweg empfohlen, mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß diese Regelung der Angelegenheit nicht als eine endgültige zu betrachten sei, indem uns eine solche erst das einheitliche Stmfrecht bringen werde. Im fernem erklärten wir uns bereit, allfällige Abänderungen des vorgeschlagenen Modus, falls die Erfahrungen des Jahres 1905 solche als wünschenswert erscheinen lassen sollten, mit ihnen vereinbaren zu wollen.

Hinsichtlich des schweizerischen P o l i z e i a n z e i g e r s handelte es sich vornehmlich darum, den Kostenpunkt zu regeln.

Eine Verständigung für das Jahr 1905 kam zwischen unserem Justiz- und Polizeidepartement und den kantonalen Polizeidirektionen in der Weise zu stände, daß die Kantone dem Bunde für jedes bezogene Exemplar des neuen Blattes eine Abonnemeutsgebühr entrichten, die ungefähr derjenigen entspricht, die sie bisher

729

der Polizeidirektion des Kantons Bern für den nunmehr eingegangenen ,,Allgemeinen Polizeianzeiger für die schweizerische Eidgenossenschaft11 bezahlt haben. Unser Justiz- und Polizeidepartement wird dagegen -- die Genehmigung durch die Bundesversammlung vorbehalten -- die nicht unerheblichen Mehrkosten übernehmen, die infolge verschiedener Verbesserungen des neuen Blattes gegenüber dem bisherigen entstehen. Zu diesen Verbesserungen zählen wir namentlich das sechsmalige Erscheinen per Woche, die direkte Versendung an die einzelnen Bezüger, das größere Format und die bessere Ausstattung des neuen Blattes, sowie die Herausgabe vierteljährlicher Register zu demselben.

Das neue Polizeiblatt erscheint seit Neujahr unter den Titeln ,,Schweizerischer Polizeianzeiger" für die deutsche und ,,Moniteur suisse de police" für die französische Ausgabe.

C. Bundesanwaltschaft.

I. Bundesstrafrecht.

Über die Natur und Behandlungsweise der von der Buadestìuwaltschaft im Berichtsjahre behandelten Fälle von unter die Bestimmungen des Bundesstrafrechtes fallenden strafbaren Handlungen, gibt die nachstehende Tabelle Auskunft:

730

a. Bundesgesetz über das Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853.

1. G e f ä h r d u n g e n des E i s e n b a h n - , T r a m w a y - , P o s t - u n d D a m p f s c h i i ' f b e t r i e b e s (Art. 6 7 , revidiert durch Bundesbeschluß vom 5. Juni 1902) : Aus dem Vorjahre gerichtlich unerledigt .

.

17 Fälle

Im Berichtsjahr eingelangt: 188 Gefährdungen des Eisenbahnbetriebes, 29 ,, ,, Tramwaybetriebes, 2 ,, ., Postbetriebes, 219 und zwar : I. Absichtliche Gefährdungen: 18 Fälle: 38 ,, 4 ,, 1 Fall: 2 Fälle:

Legen von Gegenständen auf das Geleise, Steinwürfe gegen Züge Böswillige Bahnbeschädigungen . . .

Schuß gegen einen Z u g . . ' . . .

Umlegen von Weichen II. Fahrlässige Gefährdungen:

54 Fälle : 33 ,, 43 ,, 5 ,, 9 .,il 5 ,, 4 ,, 2 ,, l Fall:

Erfolgter oder drohender Zusammenstoß .

Entgleisung Kollision mit Fuhrwerken Gegenstände auf dem Bahnkörper . . . .

Unfälle von Passagieren oder Personal O Entlaufen von Wagen Vieh auf dem Bahnkörper Rutschung des Bahnkörpers Verlassen des Postens durch einen Tramwagenführer

Ci

ê il

^

1

keine erhebliche Gefahr

l

mangels straf baren Verschuldens Beklagter in jugendlichem Alter

In bundesstraîrechtl. Beziehung keine Folge gegeben, weil

Isa

l

l

in kantonale Kompetenz fallend

CO



I

1

Zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte gewiesen

I-i

rf^

l-i M-

H^ hf>-

1

W

M.

M-

CO .

H*-

*->· CO

1 1

CD O

W

to o

I

-

»

Freisprechung mangels gSchuldbeweis < I* TM pTäter f£ |= unbekannt i^ oder flüchtig "

Resultat

1 I

Verurteilung.

Unerledigt

-3

CO

1

r--*

732

2. T ä t l i c h e R a c h e an e i n e m Bea m t e n (Art. 47) l Fall 3. A m t s p t'li c h t v e r l e t z u n g , begangen d u r c h e i d g e n ö s s i s c h e B e a m t e (Art. 53/): Aus dem Vorjahr gerichtlich unerledigt geblieben 2 Fälle Im Berichtsjahr eingelangt 9 ,, 4. A m t s d e l i k t e , b e g a n g e n durch P o s t a n g e s t e l l t e (Art. 54, resp. 61): Aus dem Vorjahr gerichtlich unerledigt geblieben 5 ,, Im Berichtsjahr eingelangt 23 ,, 5. V e r l e t z u n g des T e l e g r a p h e n g e h e i m n i s s e s (Art. 55) l Fall 6. Bestechung eines B e a m t e n (Art. 56) l ,, 7. F ä l s c h u n g von B u n d e s a k t e n (Art. 61, in Verbindung mit der Verordnung über das militärische Kontrollwesen) . . . .

9 Fälle 8. Ü b e r t r e t u n g d e r L a n d e s v e r w e i s u n g (Art. 63«) 4 ,, b. Bundesgesetz betreffend Schwach- und Starkstromanlagen, d.d. 24. Juni 1902.

9. B e s c h ä d i g u n g o d e r S t ö r u n g elektrischer Anlagen: Aus dem Vorjahr unerledigt geblieben . . .

'Im Berichtsjahr eingelangt

2 Fälle 28 ,,

Ut

11

Hi

1I

1

1 1

I

keine erhebliche Gefahr

1

ts» 1

1 1

^

mangels'straf baren Verschuldens Beklagter in jugend. lichem Alter in kantonale Kompetenz fallend

to

IsS

rf*.

oo

*± t-»·

to co

QO t-i

^

Öl

>-1-

OJ Ot

*-

Hi

-3

l-i

Öl bO

1

I

\

Zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte gewiesen Verurteilung Freisprechung

Täter unbekannt oder flöchtig

W

co

)-»·

-3

h^

Unerledigt

Resultat

mangels Schuldbeweis

Einstellung des Verfahrens

-

t>5 M.

CO

In bundesstrafrechtl. Beziehung keine Folge gegeben, weil

1

-3 W CO

734

10. Als F ä l s c h u n g e n von B u n d e s a k t e n im Sinne des Art. 61 " des Bundesstrafrechtes wurden aufgefaßt und zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte des Tatortes gewiesen : a. Fälschungen von Militärdienstbiichlein in gewinnsüchtiger Absicht (Art. 51 der bundesrätlichen Verordnung vom 15.

August 1902 über das militärische Kontrollwesen A. S.

n. F. XIX, 138).

b. Fälschung einer Zolldeklaration durch einen Zollbeamten hinsichtlich des bezahlten Zollbetrages.

c. Fälschung des Zeugnisses einer schweizerischen Gesandtschaft im Ausland hinsichtlich vermögensrechtlicher Verhältnisse unter Mißbrauchs des Stempels der Gesandtschaft.

d. Fälschung von Eisenbahnfahrkarten durch Änderung von Stempeln, Unterschriften oder Daten zu betrügerischen Zwecken, und zwar sowohl von Einzelbilletten der Bundesbahnen für Fahrten auf bestimmten Strecken als von Generalabonnementen der schweizerischen Transportanstalten.

e. Fälschungen von Quittungs- und Empfangsbescheinigungen, die der Kriegsmaterialverwaltung von einem Bundesbeamten als Rechnungsbelege eingesandt wurden.

f. Fälschungen von postalischen Urkunden als: Mandatcoupons durch Beifügung von Unterschriften der Adressaten; Kassabogen, Bilanzen u. drgl. der Postbeamten durch Einsetzen falscher Ziffern oder durch Abänderung bereits gemachter Einträge.

11. Ein Sehweizerbürger, der als Attaché der schweizerischen Gesandtschaft in Wien sieh verbrecherischer Handlungen am Sitze der Legation schuldig gemacht hatte, wurde, weil er dort die Privilegien der Exterritorialität genoß, vom Bundesrate den Gerichten seines Heimatkantons zur Beurteilung überwiesen.

12. Es kommt öfter vor, daß Postangestellte auf ihren Diensttouren von Privaten Gelder aus Gefälligkeit zur Aufgabe an die Post übernehmen. Wenn sie derartige Gelder ihrem Zwecke entfremden und rechtswidrig darüber verfügen, so liegt darin nicht das Vergehen der Aintspflichtverletzung, sondern nur Unterschlagung, wegen welcher der Geschädigte selbst Strafanzeige zu machen hat.

13. Wenn bei Veruntreuung amtlicher Gelder durch Postbeamte das Gesuch gestellt wurde, von Überweisung an den Strafrichter Umgang zu nehmen mit Rücksicht auf >:stattgefundene

735

Deckung des Schadens, so beantragte die Bundesanwaltschaft überall da Abweisung, wo diese Vermögensdelikte verbunden waren mit Fälschung von Postbüchern und wo die Gesetze des Tatortes das begangene Vermögensdelikt als von Amtes wegen verfolgbar erklären.

14. In einem Fall von Unterschlagung eines Geldbriefes mit Wertinhalt durch einen Festangestellten entschied der Kassationshof des schweizerischen Bundesgerichtes in Aufhebung eines entgegenstehenden kantonalen Urteile», daß in dieser Handlung nicht bloß Amtspflichtverletzung im Sinne des Art. 54 a des Bundesstrafrechtes, sondern auch, was den Inhalt des Pli an bareni Geld betreffe, eine nach kantonalem Rechte strafbare Unterschlagung liege (Urteil des Kassationshofes des Bundesgerichtes vom 9. Juni 1904 in Sachen Rudolf Aeschbacher).

15. Auf Anfrage eines kantonalen Staatsanwaltes betreffend die Anwendung der Art. 55--58 des B u n d e s g e s e t z e s ü b e r e l e k t r i s c h e S c h w a c h - u n d S t ä r k s t r o m a n l a g e n wurde erklärt, daß nach Art. 59 eben dieses Gesetzes derartige Vergehen als Übertretungen des Bundesstrafrechtes zu behandeln seien und dass richtiger weise analog vorgegangen werde wie bei Eisenbahngefährdungen. Es sollte daher in erster Linie der objektive und subjektive Tatbesland durch die kantonalen Behörden festgestellt und dann die Sache durch die Kantonsregierung dem Bundesrate unterbreitet werden behufs Provokation eines Beschlusses über Einleitung des Hauptverfahrens und den Gerichtsstand (Art. 125 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege und Kreissohreiben des Bundesrates au die Kantone vom 5. November 1886 betreffend Anzeige und Behandlung von Eisenbahnunfällen, Bundesbl. 1886, III, 583).

II. Bundesstrafpolizei.

16. Im Berichtsjahre wurden auf Veranlassung des Industriedepartements 14 Fälle von W i d e r h a n d l u n g g e g e n das Bundesgesetz betreffend die Fabrikation und den V e r t r i e b von Z ü n d h ö l z c h e n , d . d . 2. November 1898, zur Beurteilung an die Gerichte gewiesen.

17. W e g e n u n b e f u g t e n B e t r e i b e n s v o n V e r s i c h er ungsgeschäfte u wurden zwei Fälle im Sinne des Bundesgesetzes betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens vom 25. Juni 1885 den Gerichten überwiesen.

736

18. Wegen Übertretung des ß u n d e s g e s e t z e s ü b e r die Arbeitszeit beim B e t r i e b e der E i s e n b a h n e n und a n d e r e n T r a n s p o r t a n s t a l t e n mußten zwei Fälle an die Gerichte &*· gewiesen werden.

III. Widerhandlungen gegen eidgenössische Fiskalgesetze.

19. Der aus dem Vorjahr noch unerledigt gebliebene Fall von W i d e r h a n d l u n g g e g e n das Z o l l g e s e t z hat im Berichtsjahr seine gerichtliche Erledigung gefunden. Im Jahr 1904 sind 9'solcher Fälle an die Gerichte gewiesen worden, in drei dieser Fälle konnten die Strafklagen zurückgezogen werden infolge nachträglicher Unterziehung der Angeschuldigten; in zwei Fällen erfolgte Freisprechung, in drei solchen Verurteilung der Beklagten und ein Fall ist zurzeit noch unerledigt.

IV. Auslieferung.

20. Zu Händen des Bundesgerichtes hat die Bundesanwaltschaft im Berichtsjahre 8 A u s l i e f e r u n g s b e g e h r e n begutachtet.

T. Begnadigung.

21. Es lagen 60 B e g n a d i g u n g s g e s u c h e vor, dieselben bezogen sich auf Bestrafungen, die ausgesprochen waren wegen: a. Eisenbahngefährdung 2 b. Übertretung des Bundesgesetzes über Fabrikation und Vertrieb von Zündhölzchen 9 c. Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen 5 d. Übertretung des Fischereigesetzes 2 e. Widerhandlung gegen die V i e h s e u e h e n p o l i z e i . . . .

3 f. Schuldhafte Nichtbezahlung d e r Militärsteuer . . . . 3 2 g. Widerhandlung gegen das Zollgesetz l h. Widerhandlung gegen das Forstpolizeigesetz . . . .

l i. Fälschung von Bundesakten 2 A. Beschädigung von Schwach- und Starkstromanlagen .

l l. Widerhandlung gegen das Alkoholgesetz 2 Von diesen Gesuchen wurden dem Bundesrate zu Händen der Bundesversammlung 35 in empfehlendem, 17 in abweisendem Sinne begutachtet.

6 Gesuche wurden wieder zurückgezogen und 2 mußten, weil vor kantonale Instanz gehörend, zurückgewiesen werden.

737

Bezüglich der weitem Behandlung dieser Begnadigungsgesuche durch ßundesrat und Bundesversammlung wird auf die im Bundesblatt enthaltenen betreffenden Berichte und Verzeichnisse der Verhandlungsgegenstände der Bundesversammlung verwiesen. Vergleiche Bundesblatt 1904: I, 404, 806, 809, 811. II, 166, 168, 170, 172, 174, 176, 178, 352, 754. III, 703, 709, 711, 713, 715, 837, 839, 841, 844. IV, 549, 554, 632. V, 280, 281, 283, 285, 287, 289, 291, 293, 295, 297, 696, 846, 848, 850, 852, 955, 957, 959, 961. VI, 131, 133, 413, 415, 417, 504.

YL Heimatlosenwesen.

Im Berichtsjahre sind keioe Erledigungen zu verzeichnen, dagegen wurde neuerdings ein alter Heimatlosenfall dem Bundesanwalt, zur Antraststellung überwiesen.

VII. Politische Polizei.

Bezuglich der im Jahre 1904 nötig gewordenen besonderen Maßnahmen verweisen wir auf die im Bundesblatt veröffentlichten Ausweisungsbeschlüsse. Vgl. Bunclesbl. 1904, Bd. IV, S. 926, 928; Bd. V, 8. 299, 301 und Bd. VI, S. 419.

D. Versiclierungsamt.

Über dio privaten Versicherungsunternehmungen, soweit sie unserer Aufsicht unterstehen, haben wir alljährlich, nach Vorschrift des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885, einläßliche Angaben zu publizieren. Diese Sonderdarstelluog wurde auch im Berichtsjahre, auf unsern Beschluß vom 3. Mai 1904 hin, veröffentlicht, und zwar als siebzehnter Bericht des eidgenössischen Versicherungsamtes.

Sie gibt, für das Geschäftsjahr 19l)2, ausführliche Auskunft über den Stand aller uotei1 Bundesaufsicht stehenden privaten Versicherungsunteraehmungen.

Im Berichtsjahre verzichteten zwei Gesellschaften, nämlich die Sächsische Vieh-Versicherungsbank in Dresden und die RheinischWestfälische Rückversicherungs-Aktien-Gesellschaft in MünchenGladbach, auf die schweizerische Konzession. Beide Gesellschaften bleiben gemäß Art. 9, Absatz 3, des Aufsichtsgesetzes bis zur vollständigen Liquidation der in der Schweiz laufenden Verbindlichkeiten der Aufsicht des Bundesrates unterstellt. Auch die

738

hinterlegte Kaution wird erst nach diesem Zeitpunkt an die Gesellschaften zurückerstattet.

Von den im Bericht des Vorjahres erwähnten, am Schluß desselben noch peodenten Konzessionsgesuchen wurde eines abgewiesen, zwei wurden im Berichtsjahr nicht mehr erledigt. Drei neuen, im Laufe des Jahres 1904 eingereichten Konzessionsbegehren konnte ebenfalls nicht entsprochen werden. Die vier abgewiesenen Konzessionsgesuche betrafen alle die Lebensversicherungsbranche.

Das wichtigste Ereignis des Berichtsjahres war für das Versicherungsamt die infolge des Ablaufs sämtlicher Konzessionen notwendig werdende Konzessionserneuerung. Der Bundesrat, als Aufsichtsbehörde über die privaten Versicherungsunternehmungen, erleilt jeweilen die Konzession nur für eine begrenzte Zeitdauer, die, wenn nicht besondere Verhältnisse eine kürzere Bemessung erfordern, auf sechs Jahre festgesetzt wird. Die Festsetzung geschieht so, daß die Konzession bei allen Gesellschaften gleichzeitig endigt. Will eine Gesellschaft nach Ablauf der Konzession ihren Geschäftsbetrieb in der Schweiz fortsetzen, so muß sie dem Bundesrat ein neues Konzessionsbegehren einreichen. Die KonzessionserueueueruDg gab jeweilen der Aufsichtsbehörde den Anlaß, die während der abgelaufenen Konzessionsperiode gesammelten Erfahrungen in der Weise zu verwerten, daß sie, je nach der Natur dieser Erfahrungen, die Erteilung der neuen Konzession an gewisse Bedingungen knüpfte. Das gleiche Verfahren befolgte die Aufsichtsbehörde auch im Berichtsjahr. Die auf Antrag des Versicherungsamtts vom Buridesrat für einzelne Gesellschaften festgestellten Bedingungen der Kon/essionserneuerung betreffen die Gestaltung der technischen oder finanziellen Grundlagen dos Betriebes, die Revision besonders rückständiger Versicherungsbediugungen, oder Vorschriften bezüglich der Berichterstattung au die Aufsichtsbehörde. Mit diesen Verpflichtungen konnte die Konzessionserneuerung sämtlichen Gesellschaften, die darum eiukamen, gewährt werden.

Von den zur Zeit des Konzessionsablaufes nodi im Besitz der Konzession befindlichen Gesellschaften haben alle, mit Ausnahme der schon genannten Sächsischen Vieh-Versicherungsbank in Dresden und der Rheinisch-Westfälischen RückversicherungsAkiien-Gesellsebaft in München-Gladbach, die Erneuerung der Konzession nachgesucht.

Die am Ende des Berichtsjahres
konzessionierten oder gemäß Art. 9, Absatz 3, des Aufsiehtsgesetzes der Staatsaufsicht noch unterstellten Versicherungsunternehmungen sind die nachstehend verzeichneten :

739

i. Konzessionierte Anstalten.

I. Konzessionierte Lebensversicherungsgesellsehaften.

Atlas, Deutsche Lebensversicherungs-Gesellschaft, iu Ludwigshafen; Basier Lebens- Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (auch für Einzeluofall Versicherung") ; Caisse Paternelle, Compagnie anonyme d;assurances générales sur la vio humaine, in Paris ; ·Compagnie d'Assurances Générales sur la vie des hommes, in Paris ; ·Concordia, Kölnische Lebensversicherungs-Gesellschaft, in Köln; General Lue Assurance Company, in London; La Genevoise, Compagnie d'assurance sur la vie, in Genf; Germania, Lebens-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Stettin; The Germania Life Insurance Company, in New-York ; Golhaer Lebensversicherungsbank auf Gegenseitigkeit, in Gotha ; Karlsruher Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit, vormals Allgemeine Vorsorgungs-Anstalt, in Karlsruhe; Lebensversicherungs-Gesellschaft zu Leipzig; La Nationale, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris; New-York Life Insurance Company, in New-York; Northern Assurance Company, in London (auch für Feuerversicherung) ; Norwich Union Life Insurance Society, in Norwich; Le Phénix, Compagnie française d'assurances sur la vie humaine, i u Paria; Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, in Zürich ; Schweizerischer Lebens-Versicherungs-Verein, in Basel; Schweizerische Sterbe- und Alterskasse, in Basel ; Si,ar Life Assurance Society, in London ; Stuttgarter Lebensversieherungsbauk auf Gegenseitigkeit (Alte Stuttgarter), in Stuttgart; La Suisse, Société d'assurances sur la vie, in Lausanne ; Teutonia, Allgemeine Renten-, Kapital- und Lebensversicherungsbaök, in Leipzig (auch für Einzelunfall Versicherung); Union Assurance Society, in London ; L'Union, Compagnie d'assurances sur la vie humaine, in Paris; L'Urbaine, Compagnie anonyme d'assurances sur la vie et d'achats de nues-propriétés et d'usufruits, in Paris.

Bundeablatt. 57. Jahrg. Bd. I.

51

740

u. Konzessionierte Unfallversicherungsgesellschaften.

Allianz, Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Berlin (auch für Maschinen-, Transport-, Kautions- und Einbruchdiebstahlversichernng) ; L'Assicuratriee Italiana, Società anonima di assicurazioni contro gli infortuni e di riassicurazioni, in Mailand ; Assurance mutuelle vaudoise contre les accidents, in Lausanne; Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (für Einzelunfallversicherung, auch für Lebensversicherung); Helvetia, Schweizerische Unfall- & Haftpflicht-Versicherungsanstalt,, in Zürich; Kölnische Unfall-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch' für Maschinen-, Transport-, Glas-, Diebstahl- und Kautionsversicherung) ; Mannheimer Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Transportversicherung") ; Oberrheinische Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung); La Préservatrice, Compagnie anonyme d'assurances contre les risques d'accidents, in Paris; Rhenania, Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Transport- und Diebstahlversicherungi : Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (auch für Maschinen-, Transport-, Glas-, Einbruchdiebstahl- und Wasserleitungsschädenversicherung, sowie für Feuer-Rückversicherung) ; Schweizerischer Schützenverein, in Lausanne ; Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Winterthur (auch für Diebstahl- und Kautionsversichemng) ; .

Le Soleil-Sécurité générale et Responsabilité civile réunies, Compagnie d'assurances à primes fixes contre les accidents, in Paris ; Teutooia, Allgemeine Renten-, Kapital- und Lebens versichern ngsbank, in Leipzig (für Einzelunfallversicherung, auch für Lebensversicherung") ; Unfall versicherungs-Genossenschaft schweizerischer Schützenvereine, in Zürich ; Zürich, Allgemeine Unfall- und Haftpflicht-Versicherungs-Aktieugesellschaft, in Zürich (auch für Diebstahl- und Kautionsveisicherung).

74 S

HL Konzessionierte Feuerversicherungsgesellschaften.

Basler Versichemngs-Gesellschaft gegen Feuerschaden, in Basel ; Compagnia di assicurazione di Milano contro i danni degli incendi, sulla vita dell'uomo e per le rendite vitalizie, in Mailand ; Emmenthaìisehe Mobiliar-Versicherungsgesellschaft, in Biglen; La Foncière, Compagnie d'assurances mobilières et immobilières contre l'incendie et le chômage, in Paris; La France, Compagnie d'assurances contre l'incendie, la foudre et les divers cas d'explosion, in Paris; Gladbacher Feuer versichern ngs- Aktien-Gesellschaft, in M.-Gladbach (auch für Glasversicherung); Gothaer Feuerversicherungsbank auf Gegenseitigkeit, in Gotha; Hamburg-Bremer Feuer-Versicherungs-Gesellsehaft, in Hamburg; Helvetia, Schweizerische Feuerversicherungs - Gesellschaft iß St. Gallen; La Nationale, Compagnie d'assurances contre l'incendie et les explosions, in Paris; Northern Assurance Company, in London (auch für Lebensversicherung); Compagnie française du Phénix, Société anonyme d'assurances contre l'incendie, in Paria ; Phoenix Assurance Company, in London ; La Providence, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris ; Schlesische Feuerversicherungs-Gesellschaft, in Breslau (auch für Transport-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung); Schweizerische Mobiliar-Versicherungs-Gesellsehaft, in Bern; L'union, Compagnie anonyme d'assurances contre l'incendie, in Paris ; L'Urbaine, Compagnie anonyme d'assurances contre l'incendie, la foudre, l'explosion du gaz et des appareils à vapeur, in Paris.

IV. Konzessionierte Grlasversieherungsgesellsehaften.

Allgemeine Spiegelglas-Versicherungs-Gesellsehaft, in Berlin; Brandenburger Spiegelglas-Versicherungs-Gesellschaft auf Gegenseitigkeit, in Brandenburg; Bremer Spiegelglas-Versicherungs-Gesellsehaft, in Bremen; Gladbacher Feuerversicherungs-Aktien-Gesellschafc in M.-Gladbach fauch für Feuerversicherung); Kölnische GJas-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Versicherung gegen Wasserleitungsschäden); Kölnische Unfall-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Unfall-, Maschinen-, Transport-, Diebstahl- und Kaution sversicherung) ;

742 Oberrheinische Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Unfall- und Einbruchdiebstahl Versicherung); ·Schlesische Feuerversicherungs - Gesellschaft, in Breslau (auch für Feuer-, Transport und Einbruchdiebstahl Versicherung); Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Unfall-, Maschinen-, Einbruchdiebstahl- und Wasserleitungsschädenversicherung, sowie für Feuer-Rückversicherung) ; Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf fauch für Wasserleitungsschäden - und Einbruchdiebstahlversicherung).

V. Konzessionierte Gesellschaften für Versicherung gegen Wasserleitungsschäden.

L'Assurance Générale des Eaux et autres accidents mobiliers et immobiliers, in Lyon ; Kölnische Glas-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Glasversicherung); Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Unfall-, Maschinen-, Glas- und Einbruchdiebstahlversieherung, sowie für Feuer-Rückversicherung); Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Glas- und Eiubruchdiebstahlversicherung).

VI. Konzessionierte Gesellschaften für Versicherung gegen Einbruehdiebstahl.

Allianz, Versicherungs- Aktien-Gesellschaft, ia Berlin (auch für Transport-, Unfall-, Maschinen- und Kautionsversicherung) ; Kölnische Unfall-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Unfall-, Maschinen-, Transport-, Glas- und Kautionsversicherung) ; Oberrheinische Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Unfall- und Glasversicherung) ; Rhenania, Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Transport- und Unfallversicherung); Schlesische Feuerversichungs-Gesellschaft, in Breslau (auch für Feuer-, Transport- und Glasversicherung) ; Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Unfall-, Maschinen-, Glas- und Wasserleitungsschädenversicherung, sowie für Feuer-Rückversicherung) ;

743

Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Winterthur (auch für Unfall- und Kautionsversicherung); Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Glas- und Wasserleituogsschädenversicherurjg); Zürich, Allgemeine Unfall- und Haftpflicht-Versicherungs-Aktiengesellachaft, in Zürich (auch für Unfall- und Kautionsversicherung).

Vu. Konzessionierte Viehversicherungsgesellschaften.

Badische Pferdeversicherungs-Anstalt, in Karlsruhe; Central-Viehversicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit, in Berlin 5 La Garantie Fédérale, Société d'assurances mutuelles à cotisations fixes contre la mortalité du bétail et des chevaux, in Paris ; Mutuelle Chevaline Suisse, Société d'assurance mutuelle contre la mortalité des chevaux, in Lausanne.

VIII. Konzessionierte Hagelversicherungsgesellschaften.

Le Paragrêle, Association d'assurance mutuelle contre la grêle, in Neuenburg; Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft, in Zürich.

IX. Konzessionierte Transportversicherungsgesellsehaften.

Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft ,,Helvetiaa in St. Gallen; Allianz, Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Berlin (auch für Unfall-, Maschinen-, Kautions-»und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Badische Assekuranz-Gesellschaft Aktiengesellschaft, in Mannheim; Basler Transport-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel ; Eidgenössische Transport-Versicherungs-Gesellschaft, in Zürich ; Kölnische Unfall - Versicherungs - Aktien - Gesellschaft, in Köln (Valorenversicherung, auch für Unfall-, Maschinen-, Glas-, Diebstahl-, und Kautionsversicherung) ; Mannheimer Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Unfallversicherung) ; The Marine Insurance Company, in London ; La Neuchâteloise, Société suisse d'assurance des risques de transport, in Neuenburg; Nord-Deutsche Versicherungs-Gesellschaft, in Hamburg;

744

Oberrheinische Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Unfall-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung); Rheinisch-Westfälischer Lloyd, Transport -Versicherungs- AktienGesellschaft, in M.-Gladbach ; Rhenania, Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Köln (auch für Unfall- und Diebstahlversicherung); Schlesische Feuerversiehevungs-Gesellschaft, in Breslau (auch für Feuer-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung); Schweiz, Allgemeine Versicherungs-Aklien-Gesellschaft, in Zürich (auch für Feuer- und Unfall-Rückversicherung); Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (auch für Unfall-, Maschinen-, Glas-, Einbruchdiebstahl- und Wasserleituogsschädenversicherung, sowie für Feuer-Rückversicherung).

X. Konzessionierte Gesellschaften für Kautionsversieherung.

Allianz, Versicherungs- Aktien -Gesellschaft, in Berlin (auch für Unfall-, Maschinen-, Transport- und Einbruchdiebstahlvorsicherung); kölnische Unfall-Versicherungs-Aktien-Gesellschafi, in Köln (auch für Unfall-, Maschinen-, Transport-, Glas- und Diebstahlversicherung) ; Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengusellschaft, in Winter= thur (auch für Unfall- und Diebstahlversieherung); Zürich, Allgemeine Unfall- und Haftpflieht-Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (auch für Unfall- und Diebstahlversicherung).

XI. Konzessionierte Kückversieherungsgesellschaften.

Basier Rückversicheruügä-Oresellschaft, in Basel ; äPrudentia, Aktiengesellschaft für Rück- uud Mitvei-sicheruugen, in Zürich ; Schweiz, Allgemeine Versicherungs-Aktien-Gesellschaft, in Zürich (für Feuer- und Unfall-Rückversicherung, auch für Transportversicherung); Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, in Basel (für Feuer-Rückversicherung, auch für Transport-, Unfall-, Àia schinen-, Glas-, Einbruchdiebstahl- und Wasserleitungsschädenversicherung) ; Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft, in Zürich.

745

B. Austalteil, die auf die eidgenössische Konzession verzichtet haben, aber bis zar Abwicklung des schweizerischen Versicherungsbestandes der Staatsaufsicht unterstellt bleiben.

L'Aigle, Compagnie française d'assurances sur la vie, in Paris; La Confiance, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris; The Equitable Life Assurance Society of thé United States, in New-York ; La Foncière, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris ; La Providence, Compagnie anonyme d'assurances sur la vie, in Paris ; Le Soleil, Société anonyme d'assurances sur la vie, in Paris; la Providence, Compagnie d'assurances contre les accidents, in Paris ; Rheinisch-Westfälische Rückversicherungs-Aktien-Gesellschaft, in M.-Gladbach; Sächsische Vieh-Versicherungsbank, in Dresden.

Außer den Konzessionserneuerungen fanden im Berichtsjahr einige Erweiterungen bereits konzessionierter Betriebe statt. Die Maschinenversicherung wurde eingeführt von der Schweizerischen National-Versicherungs-Gesellschaft, der Kölnischen Unfall-Versieherungs-Aktien-Gesellschaft und der Allianz, die Versicherung von Wasserleitungsschäden von der Kölnischen Glas-Versicherungs.Aktien Gesellschaft und der Schweizerischen National-Versicherungs-Gesellschaft, und von dieser letztern außerdem noch die Feuer-Rückversicherung.

Die laufende Kontrolle der gesamten Versicherungsgrundlagen und die Würdigung der von den Gesellschaften eingeführten Neuerungen nahmen das Versicherungsamt stark in Anspruch ; denn die Änderungen waren im Berichtsjahr sehr zahlreich und der mannigfaltigsten Art. Sie betrafen die Umgestaltung der technischen ·Grundlagen des Betriebes, Maßnahmen finanzieller Natur, Abänderung der Statuten und der Versicherungsbedingungen u. s. w.

Bei zwei Lebensversicherungs-Gesellschaften wurden Inspektionen am Sitze der Gesellschaft durch die Mathematiker des Versicherungsamtes vorgenommen.

Im Bericht des Vorjahres ist darauf hingewiesen worden, daß die Aufsichtsbehörde sich veranlaßt sah, infolge der zahlreichen Verletzungen der Vorlagepflicht, den Art. 10 des Aufsichtsgesetzes, der die Zuwiderhandlung gegen Verordnungen und Verfügungen des Bundesrates mit Buße bedroht, strenger zu handhaben. Wir waren im Berichtsjahr genötigt, die schärfere Tonart beizubehalten.

746

und verhängten in nicht weniger als fünfzehn Fällen Bußen. Die höchste Buße betrug Fr. 200.

Die Aufsichtsbehörde muß auf die strenge Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen seitens der Gesellschaften dringen, nicht nur weil jede Nachlässigkeit derselben ihr die Arbeit bedeutend erschwert, sondern weil es ihr nur so möglich ist, die ihr gestellte,, verantwortungsvolle Aufgabe zu lösen.

Im Berichtsjahr wurde das Versicherungsatnt, wie auch in frühern Jahren, wieder über die verschiedenartigsten, die Versicherung betreffenden Fragen technischer und juristischer Natur beraten. Es erteilte bereitwillig Auskunft, in vielen Fällen auch dann, wenn die Frage, streng genommen, nicht in den gesetzlichen Rahmen seiner Tätigkeit fiel. Bei der Erteilung von Auskunft wurden jedoch stets die Schranken innegehalten, die sich ergeben aus der Stellung des Amtes als unparteiischer Behörde und aus Art. 13 des Aufsichtsgesetzes, der ausdrücklich bestimmt, daß sich die Aufsichtsbehörde in Streitigkeiten privatrechtlicher Natur zwischen Unternehmungen und Versicherten nicht einmischen dürfe.

Als Antwort auf die am häufigsten wiederkehrende Frage nach der Solidität einer Gesellschaft konnte jeweilen nur auf die Tatsache der Konzessionierung und auf den jährlich erscheinenden Spezialbericht hingewiesen werden.

Immer wieder kommt es vor, daß Agenten ausländischer, in der Schweiz nicht konzessionierter Versicherungsunternehmungen versuchen, in unserm Lande Versicherungsverträge abzuschließen.

Namentlich häufig geschieht dies in den Grenzgebieten. Sobald das Versicherungsamt davon Kenntnis erhält, wird der Bundesanwaltschaft zur strafrechtlichen Verfolgung bei den kantonalen Gerichten Mitteilung gemacht (Art. 11 des Bundesgesetzes von» 25. Juni 1885). Im Berichtsjahr hatte das Polizeigericht des Kantons Baselstadt drei solche Fälle zu behandeln, wobei es die Beteiligten zu Bußen von Fr. 50 bis Fr. 200 verurteilte. Eine vor dem Polizeigericht des Kantons Genf anhängig gemachte Strafuntersuchung wurde fallen gelassen, da nicht genügende Beweise beigebracht werden konnten. Vom Polizeigericht Courtelary wurde auf Anzeige des Versicherungsamtes hin ein Agent einer konzessionierten Gesellschaft zu Fr. 20 Buße verurteilt, weil er in einemöffentlichen Blatt durch Publikation nicht realisierbarer Gewinnversprechungen das Publikum
zum Abschluß von Versicherungsverträgen zu veranlassen suchte.

Auch im Berichtsjahr hatte das Versicherungsamt sich mit, zahlreichen Fällen unreeller Konkurrenz zu beschäftigen. Sie betrafen namentlich das Reklamewesen, das sich nicht immer int

747'

Rahmen des Zulässigen zu halten vermochte. Sodann scheint der Anwerbebetrieb noch immer nicht möglich zu sein ohne ungerechtfertigte Herabwürdigung der Konkurrenzgesellschaften und die persönliche Befehdung ihrer Acquisitionsorgane. Diese Konkurreozmanöver pflegen eine besonders häßliche Form anzunehmenbei Ausspannungsversuchen, einer Erscheinung des Anwerhebetriebee,.

die nicht genug verurteilt werden kann. Die Mitteilungen und Beschwerden bezüglich solcher Vorkommnisse gingen dem Versieherungsamt zu, teils von Versicherten, die seinen Rat einholten, teils von Agenten, die es um Schutz und um Abstellung der Übelstände angingen. Das Versicherungsamt entsprach so weit al» möglich solchen Ansuchen, obschon, wie ausdrücklich betont werden muß, die Beschäftigung mit Streitigkeiten der Agenten unter sich, streng genommen, nicht zum Bereich seiner Tätigkeit gehört. Auch an dieser Stelle sei der im Bericht des Vorjahres ausgesprochenen Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Bestrebungen derjenigen Agenten, die in richtiger Erkenntnis der wahren Interessen ihres Standes und der Versicherungssache überhaupt eineGesundung dieser Verhältnisse herbeizufuhren suchen, nach und nach von Erfolg begleitet sein mögen.

Auf Ende April des Berichtsjahres trat Herr Direktor Dr..

J. Kummer, der seit der Errichtung des Versicherungsamtes im Jahre 1886 dasselbe leitete, von seinem Amte zurück und in den wohlverdienten Ruhestand. Als neuen Direktor ernannten wir Herrn Professor Dr. Ch. Moser, der am 1. Mai sein Amt antrat.

Mit dem Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag ginges im Berichtsjahr einen Sehritt vorwärts. Wir konnten Ihnen dea Entwurf samt Botschaft am 2. Februar unterbreiten und verweisen im übrigen auf die Verhandlungen der ständerätlichen Kommission.

In Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 20. Dezember 1888 sind dem Versicherungsarnt im Laufe des Berichtsjahres43 Urteile mitgeteilt worden. Dieselben verteilen! sich folgendermaßen auf die verschiedenen Branchen: Lebensversicherung 8, Einzelunfallversicherung 8, Haftpflichtversicherung 19, Feuerversicherung 5, Transportversicherung l, Glasversicherung l und.

ViehoVersicherung s 1.

· Die von den Gesellschaften geleistete Staatsgebühr ergab ini' Jahre 1904 im ganzen Fr. 66,337. 85 (gegen Fr. 61,432. 90 im Vorjahr).

Der Verkauf der Berichte des Versicherungsamtes und der Berichtsformulare brachte Fr. 3231. 75 (gegen Fr. 3123. 20 int Vorjahr) ein.

·748

E. Amt für geistiges Eigentum.

Allgemeines.

Am 8. Juli erklärte das Königreich Schweden seinen Beitritt auf 1. August zur internationalen Konvention vom 9. September 1886 betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, nebst Zusatzartikel, Schlußprotokoll und Vollziehungsprotokoll, sowie zu der Interpretationserklärung vom 4. Mai 1896. Die Republik Kuba erklärte am 22. September den Beitritt zur Konvention zum Schutze des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883, /um Protokoll vom 15. April 1891 und zu dem Zusatzabkommen vom 14. Dezember 1900, ferner am 7. November den Beitritt zur Übereinkunft betreffend das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungen auf Waren vom 14. April 1891 und zu derjenigen gleichen Datums betreffend ·die internationale Eintragung der Fabrik- und Handelsmarken, abgeändert durch Zusatzabkommen vom 14. Dezember 1900.

Ende des Jahres 1904 gehörten an: 1. D e r U n i o n z u m S c h u t z e d e s g e w e r b l i c h e n E i g e n t u m s , g e m ä ß d e r K o n v e n t i o n v o m 2 0 . März 1883: Belgien, Brasilien, Dänemark mit den Ferör-Inseln, Deutschland, die Dominikanische Republik, Frankreich mit Algier und Kolonien, Großbritannien einschließlich Neuseeland und Qucensland, Italien, Japan, Kuba, Mexiko, Niederlande mit niederländisch Indien, Surinam und Curaçao, Norwegen, Portugal mit Acoren und Madeira, Schweden, Schweiz, Serbien, Spanien, Tunis und Vereinigte Staaten von Amerika.

Dem die Konvention abändernden Zusatzabkommen vom 14. Dezember 1900 sind alle Unionsstaaten beigetreten, mit Ausnahme der Dominikanischen Republik und Serbiens.

2 . Der Ü b e r e i n k u n f t , b e t r e f f e n d d i e in t e r n a t i o ß a l e Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken, v o m 14. A p r i l 1891, a b g e ä n d e r t d u r c h Z u s a t z a b k o m m e n v o m 14. D e z e m b e r 1900: Belgien, Brasilien, Frankreich, Italien, Kuba, Niederlande, Portugal, Schweiz, Spanien und Tunis.

749

'·3. D e r Ü b e r e i n k u n f t , b e t r e f f e n d d a s V e r b o t f a l scher H e r k u a f t s b e z e i c h n u n g e n a u f W a r e n , vom 14. A p r i l 1891: Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Kuba, Portugal, Schweiz, Spanien und Tunis.

4. Der U n i o n zum Schutze des literarischen und künstlerischen Eigentums; Belgien, Dänemark mit den Ferör-Inseln, Deutschland, Frankreich mit Algier und Kolonien, Großbritannien mit Kolonien und Besitzungen, Haïti, Italien, Japan, Luxemburg, Monaco, Norwegen, Schweden, Schweiz, Spanien mit Kolonien und Tunis.

Vom 1. bis 5. August tagte in Bern eine internationale technische Konferenz zur Beratung der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Formvorschriften in Angelegenheit des gewerblichen Eigentums.

An dieser Konferenz waren außer der Schweiz folgende 18 Staaten durch Delegierte der bezüglichen Regierungen -vertreten : Belgien, Bulgarien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Japan, Italien, Luxemburg, Mexiko, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Tunis, Ungarn rad die Vereinigten Staaten von Amerika.

Die von den Delegierten vereinbarten Resolutionen sind vom Bundesrat noch nicht genehmigt worden, indem deren Inkrafttreten arst auf 1906 vorgesehen ist, und es zweckmäßig erschien, zunächst das Resultat der Abstimmung über den Bundesbeschluß betreffend Revision des Art. 64 der Bundesverfassung abzuwarten.

Personal.

Am 16. März trat Herr Louis Schläfli von Verrières-Suisse .als Kanzlist II. Klasse und am 1. Mai Herr Michele A. Besso von Zürich als technischer Experte II. Klasse in den Dienst des Amtes ein.

Auf den 1. September wurde der provisorische technische Experte Herr Albert Einstein von Zürich in der angegebenen Eigenschaft definitiv bestätigt.

Am 30. November ist Herr Jakob Michel, Kanzlist I. Klasse, ausgetreten.

750

1. Erfindungsschutz.

Auf Grund der Botschaft des Bundesrates vom 13. November 1903 betreffend Revision des Art. 64 der Bundesverfassung hat die Bundesversammlung am 22. Dezember 1904 beschlossen, das vierte Lemma des ersten Absatzes des Art. 64 der Bundesverfassung werde aufgehoben und durch folgendes ersetzt: ,,über den Schutz gewerblich verwertbarer Erfindungen mit Einschluß der Muster und Modelle".

Die Volks- und Ständeabstimmung, welcher dieser Bundesbeschluß zu unterbreiten ist, wird im Frühjahr 1905 stattfinden.

Beim Departement wurden 12 Rekurse gegen Verfügungen des Amtes eingereicht ; hiervon wurden einer zurückgezogen und einer gegenstandslos ; auf vier Rekurse trat das Departement nicht ein, einen hieß es gut, vier wies es ab und ein Rekurs wurde im Berichtsjahr nicht mehr erledigt.

Gegen eine Abweisung des Departementes wurde der Rekurs an den Bundesrat ergriffen ; die Entscheidung des Bundesrates ist im Berichtsjahre nicht mehr erfolgt.

Statistik.

A, Allgemeine Informationen.

Hinterlegte Gesuche für ,, ,, ,,

wovon : provisorische Patente definitive Patente Zusatzpatente Ausstellungsschutz

Zurückgezogene Gesuche Zurückgewiesene Gesuche Rekurse gegen Gesuchszurückweisung u. s. w.

Beanstandungen betreffend pendente Gesuche .

wovon: I. Beanstandungen II.

,, HI.

,, weitere ,,

Fristverlängerungen Konfldentielle Anzeigen Hauptpatente, eingetragene Zusatzpatente, eingetragene

1904

1903

3037

2923

2273 671 92 l

"

2209 645 66 3

182 192 12 5512

265 235 8 5052

3375 1604 502 31

3167 1419 428 38

213 40 3195 63

193 34 2905 46.

751 1904

Ausstellungsschutz, eingetragener Umwandlungsmahnungea Modellausweise dem Amte zugestellt wovon : Zur Vergleichung auf dem Amte Zur Vergleichung außerhalb des Amtes Bleibend hinterlegte Modelle Bleibend hinterlegte Photographien .

.

.

l 767 . 1715

.

.

.

.

.

.

1903

2 801 1653

1239 134 120 222

1165 105 116 267

Modellauswcise v o m Amte verneint . . . .

167 Modellausweise d e m Departement zugestellt . 4 2 Jahresgebühren-Mahnungen 3461 Stundungen für die 3 ersten Jahresgebühren . 1 2 Bezahlte Jahresgebühren 8892

144 18 3864 20 8486

wovon :

1. Jahresgebühren

2589

2381

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

2075 1254 721 527 449 348 257 168

1959 1252 692 583 428 316 217 160

132

126

106 91 92 51 32

109 111 6l 48 43

256 26 2 3 8 2268 l 522

267 34 19 -- 5 2176 l 281

,, ,, ,, ,, ., ,, ,, ,,

:

10. Jahresgebühren 11.

12.

13.

14.

.15.

,, ,, ,, ,, ,,

Übertragungen, eingetragene Lizenzen, eingetragene Verpfändungen, eingetragene Firma-Änderungen Nachträgliche Eintragungen Löschungen Nichtigkeitserklärungen Vertreter-Änderungen

.

jß. Verteilung der in den Jahren 1903 und 1904 erteilten Hauptpatente nach Ländern.

Schweiz Ausland

1904

1903

1149 = 36% 2046 -- 64 % 3195

1017 = 35% 1888 = 65 % 2905

752 Verteilung für das Ausland.

Europa.

Belgien Bulgarien Dänemark und Kolonien Deutschland Frankreich und Kolonien Großbritannien und Kolonien Italien Luxemburg Niederlande und Kolonien Norwegen Österreich Ungarn Rumänien Rußland Schweden Spanien Türkei Andere Erdteile.

Afrika Amerika: Kanada Südamerika Vereinigte Staaten v o n Amerika Asien Australien

. . . .

1904

190$

28 l 15 988 315 .

181 56 -- 10 7 108 23 2 24 19 12 l

31 -- 20897 334 164 40 2 4 B 85 29 l 16 22 5 l

2

l

4 2 231 -- 17

55 198 2 18

2046

188B

2. Muster und Modelle.

Die Eigentümer von 1031 Hinterlegungen wurden vom Ablaufe der Schutzfrist benachrichtigt.

16 Hinterlegungsgesuche mit 39 Gegenständen wurden abgewiesen und 6 Gesuche mit 21 Gegenständen zurückgezogen.

753

Statistik.

A. Tabelle für die drei Sclmteperioden.

Hinterlegungen

Gegenstände

Perioden

1904

I. Periode (wovon versiegelt) II. Periode . . . . .

TIT. Periode Abtretungen Löschunge:n (ganzer Depotinhalt) .

Löschungen (teilweiser Depotinhalt) 1 2

1903

1904

1903

1232 ' 11582 254,196 226,485 521 212,041 192,861 512 95 104 425 416 21 205 33 125 60 910 19

41 290 32

483 19,718 32,053 5,610 111 612

Wovon -100 mit 245,818 Stiel ereimus tern.

,, 344 ,, 217,596 »

B. Verteilung nach Ländern für die 1. Periode.

Hinterlegungen

Gegenstände

Länder

Schweiz

1904

1903

lili

1101 253,976 225,824

61

Ausland Total

1232

57

1904

220

1903

661

1158 254,196 226,485

Verteilung für das Ausland.

Belgien Deutschland Frankreich Großbritannien . . . .

Italien Österreich . · > . . .

Ver. Staaten von Amerika

1 37 13 2

6 131 59 3

4 4

1 31 17 3 1 3 1

13 8

1 579 27 5 45 3 1

Total

61

57

220

661

"754 3. Fabrik- und Handelsmarken.

Es wurden zwei Rekurse bei dem Departement eingereicht und von diesem gutgeheißen.

Statistik.

A. Allgemeine Informationen.

1904

1903

.Marken, welche zur Eintragung angemeldet wurden 1504 Marken mit unregelmäßigen oder unvollständigen Gesuchen 446 'Eingetragene Marken (anf dem eidgenössischen Amte) 1449 Eingetragene Marken (auf dem internationalen Bureau) 547 Internationale Marken, denen der Schulz verweigert wurde 6 .Zurückgezogene oder zurückgewiesene Marken .

40 Rekurse 2 Marken, welche zu einer vertraulichen Mitteilung Anlaß gegeben haben 102 Firmen- oder Domiziliinderungen etc 38 Übertragene Marken 201 Gelöschte Marken (auf Ansuchen der Hinterleger oder infolge Urteils) 52 ·Gelöschte Marken (wegen Nichterneuerung) . .

141 Marken, deren Hinterlegung erneuert wurde .

21 Erneuerungsmahnungen (Art. 8 des Gesetzes) . .

164

1418 361 1365 577 4 36 --83 16 163 34 156 27 150

B. Verteilung -der auf dem eidgenössischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken nach Warrenklassen.

Warenklassen

Nationale Internationale Eintragung Eintragung 1904 1903 1865/04 1904 1903 1893/04

1. Nahrungsmittel etc. . 242 148 2,440 2. Getränke etc. . . .

72 53 1,110 -3. Tabak etc.

. . .

84 130 1,474 Übertrag

398

331 5,024

106 83' 28 217

71 61 48

797 583 215

180

1595

755 Nationale Internationale Eintragung Eintragung 1903 1865/04 1904 1903 1893/04

Warenklassen 1904

Übertrag 398 331 5,024 217 180 1595 4. Heilmittel etc. . . 158 155 1,852 87 111 812 5. Farben, Seifen etc. . 137 163 1,838 63 81 643 6. Textilprodukte etc. .

70 94 1,788 42 45 408 41 34 416 19 29 105 7. Papierwaren etc. .

8. Heizung, Beleuchtung etc 75 42 454 31 43 215 9. Baumaterialien etc. .

22 20 204 13 13 79

10. Möbel etc. . . ." . 31 20 217 11. Metalle, Maschinen etc. 90 59 1,086 421 441 5,254 12. Uhren etc 6 1 3 . Diverses . . . . 6 47

14 26 32 3

12 25 35 3

70 168 197 27

1449 1365 18,180 547 577 4319 G. Verteilung
Nationale

Eintragung

Länder

·Schweig . .

Ägypten . .

Belgien . .

Dänemark Deutschland .

Frankreich .

·Großbritannien Italien Kuba Niederlande .

Österreich Ungarn . .

Portugal . .

Queensland .

Rumänien

. .

. .

. .

.

.

.

', . .

. .

.. .

Übertrag

1904 1903 1865/04 1088 1107 13,180 -- 22 29 1 1 86

Internationale Eintragung 1904 1903 1893/04

911 -- 256 -- -- 2326 -- 87

1 3 -- 195 153 1,918 17 12 1,425 39 39 909 1 2 25

39 -- -- 319 -- 13

87 -- 32 . -- -- 381 --15

2 19 261 17 -- 1 1

71 -- -- 5 -- --

48 -- -- 2 -- --

654 --

1404 133017,876

537

565

4247

--

30 11 -- -- --

Bundesblatt. 57. Jahrg. Bd. I.

-- 12 3 -- -- --

90 -*--

-- 13 -- -- 52

756 Nationale Eintragung

Länder Übertrag Rußland Schweden . .

Spanien Tunis Vereinigte Staaten Brasilien . .

Vereinigte Staaten Amerika . .

. .

von . .

von . .

Internationale Eintragung

1904 1903 1865/04 1404 133017,876

5 66 18

18 9

1904 1903 1893/04 537 565 4247

8 l

--

l

30

214

--

1449 136518,180

547

18

12

64 7

--

l

--

--

577 4319

4. Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst.

Die dem Amte für geistiges Eigentum obliegenden Vorarbeiten für eine Revision der Gesetzgebung über den Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst konnten im Berichtsjahre wesentlich gefördert werden. Leider hat der namentlich in den letzten Monaten des Jahres anhaltend starke Geschäftsandrang eine Beendigung der Vorarbeiten noch im Berichtsjahre, wie dies anfänglich gehofft wurde, verunmöglicht ; sie darf indessen mit Bestimmtheit für das künftige Jahr vorausgesehen werden.

Es wurden 280 obligatorische und 41 fakultative Eintragungen vorgenommen.

--e=-<>c*~

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im.

Jahre 1904.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1905

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.03.1905

Date Data Seite

675-756

Page Pagina Ref. No

10 021 342

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.