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Bericht über

das Postulat Nr. 619, betreffend die Verzinsung der Betriebskapitalien der Post- und Telegraphenverwaltung.

Wir gestatten uns, Ihnen im nachstehenden den in der vorhergehenden Botschaft unter dem Kapitel Einnahmen sub 2. Betriebskapitalien (Seite 594) angekündigten Bericht zu erstatten.

Anläßlich der Beratung des Budgets für das Jahr 1904 hatte die Bundesversammlung folgendes Postulat (Nr. 619 der Sammlung) angenommen : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen, ob nicht: ,,a. Die Inventarbestände der Post und der Telegraphen aus den Aktiven der Kapitalrechnung C. Verzinsliche Betriebskapitalien (mit Ausschluß des Baukontos der Telegrapheriverwaltung) auf lit. F. Inventarrechnung übertragen werden sollen, infolgedessen, unter Aufhebung des Art. l des Bundesbeschlusses zum Budget für das Jahr 1876 vom 23. Dezember 1875, die Verzinsung genannter Bestände (Rechnungsposten: 1. Einnahmen, erster Abschnitt, B. 2. i. Postverwaltung, Je. Telegraphenverwaltung, 1. Inventar, 2. Ausgaben, dritter Abschnitt G. II n, XV. Verzinsung des Betriebsmaterials der Postverwaltung, III, IX, b, Verzinsung des Inventars der Telegraphenverwaltung) in Zukunft in Wegfall käme," ,,6. die Posten für Vermehrung und Verminderung des. Betriebsmaterials der Post und des Inventars der Telegraphenverwaltung aus der Betriebsrechnung und aus dem Budget dieser Rechnung zu entfernen und demzufolge die Einnahmeposten G. II n und III, 5 und die Ausgabeposten G. II XVI und III, XI zu streichen seien," ,,und bejahendenfalls bei Aufstellung des Budgets für das Jahr 1905 danach zu verfahren."

975 Die durch dieses Postulat aufgestellte Frage wurde 'sowohl von den beteiligten Departementen als auch vom Bundesrate eingehend geprüft ; wir gelangten jedoch unterm 12. Juli 1904 zum Schlüsse, daß an der Verzinsung der Betriebskapitalien der Postund Telegraphenverwaltung festzuhalten und infolgedessen der von den eidgenössischen Räten gedachten Anregung keine Folge zu geben sei. Die Gründe, die zu dieser Schlußnahme führten und die wir bereits in der Botschaft zum Budget für das Jahr 1905 mitteilten, waren im wesentlichen folgende: ,,Die Tatsache, daß unter der Herrschaft der Bundesverfassung von 1848 die Eidgenossenschaft die Reinerträgnisse der Postverwaltung bis zur Höhe von Fr. 1,486,560. 92 unter die Kantone verteilen mußte, hatte zur Folge, dass von Anfang an das Rechnungswesen der Postverwaltung auf eine richtige Basis gestellt wurde, indem auch auf die Verzinsung des sowohl von den Kantonen übernommenen, als auch des auf eigene Kosten angeschafften Inventars Bedacht genommen wurde.

Als dann die neue Bundesverfassung von 1874 die Verteilung der Reinerträgnisse abschaffte, wurde -- es konnte nicht ermittelt werden, aus was für Gründen -- der Zins des Betriebskapitals der Postverwaltung aus den Budgets pro 1875 und 1876 und infolgedessen auch aus den betreffenden Staatsrechnungen eliminiert. D i e B u n d e s v e r s a m m l u n g b e s c h l o ß j e d o c h aus eigener Initiative anläßlich der Beratung des B u d g e t s für das J a h r 1876 (A. S. n. F. II, 53), daß deifi et r i e b s f o n d s d e r P o s t - u n d T e l e g r a p h e n v e r w a l t u n g k ü n f t i g d e r S t a a t s k a s s e v e r z i n s t w e r d e n solle.

Es wurde deshalb die Verzinsung des Inventars der Postverwaltung wieder hergestellt und seither auch die Telegraphenverwaltung zur Entrichtung eines Zinses für ihren Betriebsfonds angehalten.

Dieser Beschluß fußt auf dem vom rechnungstechnischen Standpunkt unanfechtbaren Prinzip, daß die in einem Unternehmen investierten Gelder verzinst werden müssen. Nur unter Berücksichtigung der Verzinsung des in einem Betriebe angelegten Kapitals gelangt man zur Ermittlung des w i r k l i c h e n R e i n e r trags. Dies trifft nicht nur für die privaten, sondern für alle Betriebe überhaupt zu. In den Regieanstalten des Bundes liegen beträchtliche Summen ; laut der
letzten Staatsrechnung sind es ü b e r 36 M i l l i o n e n Franken. Nun wäre es offenbar eine unrichtige Geschäftsgebarung, für diese gewaltige Summe keinen Zins zu ver-

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langen, während umgekehrt der Bund seine Staateschuld von 108 Millionen Franken, von der ein Teil aufgenommen wurde, um in die staatlichen Betriebe gelegt zu werden, verzinsen muß !

Allerdings ist es der Bund selber, welcher die Zinsen der Betriebskapitalien einnimmt; fallen sie aber dahin, so werden die Betriebsergebnisse der betreffenden Anstalten auf ganz unzulässige Weise in die Höhe getrieben.

Insbesondere ist kein Grund vorhanden, bei der Post- und Telegraphen V e r w a l t u n g das im Postulat Nr. 619 vorgeschlagene Verfahren anzuwenden. Fällt die Verzinsung des Betriebskapitals weg, so erscheint der Ertrag dieser Verkehrsanstaltem um so viel höher, und das Ergebnis davon wird sein, daß man n e u e Verkehrserleichterungen verlangen wird. Zugegeben, daß die Posten und Telegraphen nicht fiskalisch betrieben werden sollen -- und unsere Post-, Telegraphen- und Telephontaxen im internen Verkehr dürfen mit bezug auf die Mäßigkeit der Ansätze den Vergleich mit denjenigen anderer Staaten wohl aushalten -- ; aber der Bundesrat kann nicht umhin, mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, daß Artikel 42 der Bundesverfassung den Reinertrag dieser Verwaltungen ausdrücklich als eine Einnahmsq u eli e des Bundes bezeichnet hat. Infolge der beträchtlichen Ausdehnung des Telephonnetzes und der vielleicht allzu großen Reduktion der Telephongebühren weist die Telegraphenverwaltung seit einer Reihe von Jahren Defizite auf, dagegen erzeigt die Postverwaltung, trotz fortwährender Dienstverbesserungen, schöne Überschüsse. Dieselben stellen nächst den Zollerträgnissen die wichtigste Einnahme unseres Staatshaushaltes dar. Die Zölle können wir nicht einseitig festsetzen, sie dürfen ferner aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht allzusehr in die Höhe steigen, und sie sind, wie die Jahresrechnungon beweisen, nicht unerheblichen Schwankungen unterworfen, desto mehr sollte aber zu den übrigen stabileren Einnahmsquellen Sorge getragen werden.

Zu gunsten des Postulats ist ausgeführt worden, die Postverwaltung habe nicht nur von jeher ihre Inventaranschaffungen aus der Betriebsrechnung bestritten, sonderò sie habe stets mehr oder weniger namhafte Reinerträgnisse abgeliefert, und demnach sei die seinerzeit bei der Übernahme der Post durch den Bund an die Kantone geleistete Entschädigung für Materialbeständo schon längst
mehr als getilgt worden. Diese Behauptung beruht auf der Meinung, daß die von der Post eingenommenen Gelder v o r a l l e m z u r D e c k u n g der A u s g a b e n d i e s e r V e r -

977 w a l t u n g bestimmt seien. Dies ist aber durchaus unrichtig. Alle Gelder ohne Unterschied fließen in die Staatskasse, welche hinwiederum a l l e A u s g a b e n o h n e A u s n a h m e zudecken hat.

Dieses Prinzip ist ausdrücklich im Reglement über die Organisation der Finanzverwaltung und die Einrichtung und Führung des eidgenössischen Kassen- und Rechnungswesens vom 19. Februar 1877 niedergelegt, das in Art. 25 bestimmt: ,, A l l e E i n n a h m e n der D e p a r t e m e n t e und Ve r w a l t u n g e n sind u n m i t t e l b a r e B e s t a n d t e i l e der Staatskasse und fliessen entweder zu festgesetzten Perioden in diese letztere, oder stehen zur Verfügung des Staatskassiers.a Die Einstellung der Einnahmen der verschiedenen Verwaltungen unter den Titeln dieser letztern geschieht lediglich der Ordnung und der Übersichtlichkeit des Rechnungswesens halber.

K e i n e V e r w a l t u n g hat a l s o i r g e n d ein V o r r e c h t auf i h r e E i n k ü n f t e , und es ist deshalb unrichtig, zu behaupten, der Betriebsfonds der Postverwaltung sei durch deren Einnahmen amortisiert worden. Von einer Tilgung des Betriebsfonds der Postverwaltung könnte nur dann gesprochen werden, wenn das Ausgabenbudget derselben einen speziellen Posten für Amortisation enthalten hätte, wie es z. B. bei der Telegraphenverwaltung für den Baukonto der Fall ist.

Würde auf das Postulat Nr. 619 eingetreten, so müßten konsequenterweise auch die ändern zinszahlenden Betriebe (Pulververwaltung , Pferderegieanstalt, Konstruktionswerkstätte, Kriegspulverfabrik, Munitionsfabriken in Thun und Altdorf, Waffenfabrik und Münzverwaltung) von dei1 Verzinsung ihrer Betriebskapitalien enthoben werden, was die Streichung des ganzen Kapitels B. 2. Betriebskapitalien in Budget und Staatsrechnung zur Folge haben müßte. Es ginge nicht an, die soeben aufgezählten Abteilungen anders zu behandeln als die Post- und Telegraphenverwaltung.

Gäbe man die Verzinsung des beweglichen Inventars auf, so wäre auch kein Grund mehr vorhanden, einen Zins von dem unbeweglichen Inventar, d. h. von den Liegenschaften, zu verlangen. Die Post könnte ebensogut behaupten, .sie habe mit ihren Reinerträgnissen auch die Erstellungskosten der Postgebäude amortisiert.

Gegen die vorgeschlagene Neuerung spricht endlich nicht zum mindesten der Grundsatz der Stabilität der Budget- und Rechnuagsrubriken. Ohne zwingenden Grund -- und der ist

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hier keineswegs vorhanden -- sollten die einmal eingeführten Rubriken nicht abgeändert werden, weil sonst die Vergleichbarkeit der verschiedenen Budgets, beziehungsweise Rechnungen untereinander ungemein erschwert, wenn nicht geradezu verunmöglicht wird."

Die Frage der Verzinsung der Betriebskapitalien der Postverwaltung und der Telegraphenverwaltung wurde indessen auf Wunsch der Finanzkommission von den eidgenössischen Räten in der letzten Dezembersession auf einen spätem Zeitpunkt verschoben und die Budgets der beiden genannten Verwaltungsabteilungen einstweilen in ihrer bisherigen Form genehmigt. Im Laufe des Monats Februar 1905 richtete alsdann die Delegation der genannten Kommission ein Schreiben an das Finanzdepartemcnt, worin sie an dem Postulat Nr. 619 festhielt. Diese Eingabe hat folgenden Wortlaut: ,,Indem wir uns auf unsere Besprechung vom 4. dies über das Postulat Nr. 619 beziehen, bestätigen wir Ihnen, daß die . Finanzdelegation in ihrer Sitzung vom 3. dies einstimmig zu der Ansicht gelangt ist, es möchte dem genannten Postulate Folge gegeben und in den künftigen Voranschlägen und Staatsrcchnungen die angeregten Vereinfachungen vollzogen werden.

Die Finanzdelegation kam zu dieser Schlußnahme irn wesentlichen auf Grund folgender Erwägungen : 1. Unter Betriebskapital ist ein Vorschuß der Staatskasse an eine Dienstabteilung zu verstehen, welche dieser ermöglichen soll, den an sie in ihrem Betriebe herantretenden Geldbedürfnissen zu genügen; dieser V o r s c h u ß wird von der Dicnstabteilung der Staatskasse e f f e k t i v g e s c h u l d e t und ist zu verzinsen.

2. Dagegen sind die Betriebskapitalien von Post- und Telegraph höchstens bei Inbetriebsetzung der beiden Dienstabteilungen, aber jedenfalls in sehr reduzierten Beträgen, derartige Vorschüsse gewesen ; der genaue Sachverhalt entzieht sich hier unserer Kenntnis. Indessen können die damaligen, vielleicht vorhandenen, auf viele Jahrzehnte zurückliegenden Beziehungen zwischen Staatskasse und Post und Telegraph angesichts der großen eigenen Einnahmen dieser Dienstabteilungen für die buchmäßige Darstel-

979 hing der nun heute in Frage stehenden Tatbestände nicht wegleitend sein. Zurzeit und seit langem werden (abgesehen von dem sogenannten Baufonds der Telegraphenverwaltung, der nicht Gegenstand des Postulates bildet und dessen Inhalt außer Frage steht) die Betriebskapitalien von Post und Telegraph gebildet und aufgebaut n i c h t durch Vorschüsse der Staatskasse, sondern durch die jährlichen Inventar v e r m e h r u n g e n, die jedoch, wie der In ventar e r s a t z bereits Jahr für Jahr aus den Einnahmen von Post und Telegraph bezahlt worden und von n i e m a n d n i r g e n d s w o h i n mehr g e s c h u l d e t sind.

3. Diese Betriebskapitalien sind also nur f i k t i v e Schulden der Post und des Telegraphs an die Staatskasse, und da sie verzinst werden müssen, wird eine N i c h t s c h u l d verzinst. Sie haben aber auch mit dem Geldbedürfnis der Dienstabteilungen nichts zu tun; denn sie sind nicht die Summe von Vorschüssen, sondern die Summe bezahlter Mehranschaffungen, und sie richten sich in ihrer Höhe nicht nach jenem Bedürfnis, sondern nach den durch Betriebsverhältnisse, technische Neuerungen bedingten Anschaffungen. Ihre Höhe ist auch eine nicht begrenzte, sie wachsen (abgesehen von den Korrekturen durch die periodischen Inventarisationen) ständig an, dürfen aber von Post und Telegraph nicht abbezahlt werden.

4. Aus einem nicht leicht erkennbaren Grunde werden die Inventarvermehrungen jedes laufenden Jahres in den Betriebsrechnungen in Einnahme gebracht, obgleich dieselben Beträge ja Ausgaben der Dienstabteilungen sind und als solche verbucht werden. Da Post und Telegraph diese Beträge, weil ausgegeben, ja nicht mehr besitzen, erfolgt die Gutschrift zu lasten der Staatskasse. Es darf bezweifelt werden, ob diese Inventarposten in die Einnahmen der Betriebsrechnung gehören.

Es kann darauf hingewiesen werden, daß bei der Pulververwaltung und der Münzverwaltung, die gleichgeartete ,,Betriebskapitalien"1 zu verzinsen haben, diese Gutschrift der Inventarvermehrungen in den Betriebsrechnungen n i c h t stattfindet.

o. Die Zollverwaltung besitzt ebenfalls ein Inventar; ihre Inventarvermehrungen sind aber zu keinen Zeiten ihr als Schuld und als verzinsliches Betriebskapital angerechnet worden ; sie laufen lediglich durch die Inventarrechnungen.

6. Nach dem Wegfall der kantonalen Postentschädigungen im Jahre 1874 wurden die verzinslichen Betriebskapitalien (da-

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mais ,, Betriebsfond stt genannt) von Post und Telegraph aufgehoben und dann für das Jahr 1876 (nach den Zeitungsberichten) lediglich mit der Begründung wieder eingeführt, daß die Aufhebung nicht richtig gewesen sei. Es darf angenommen werden, daß man bei der damals obwaltenden Tendenz, die vermehrten Mittel für die Durchführung der Militärorganisation herauszubringen, sich lediglich an den eine Schuld bezeichnenden Namen ,,Betriebsfonds" gehalten und daraus dessen Zinspflicht abgeleitet hatte, ohne sich über die Zusammensetzung dieser Fonds Rechenschaft zu geben. Die Schlußnahme von 1875 kann uns also nicht hindern, auf dieselbe zurückzukommen.

7. Die Eliminierung der Posten ,,Zins der Betriebskapitalien" und ,,Vermehrung des Betriebsmaterials'4 bedeutet -- die Rechnungsergebnisse 1903 zu Grunde gelegt -- für die Post eine Mehreinnahme von . . Fr. 77,862. 74 für die Telegraphen eine Minderausgabe von ,, 141,285. 11 Die Staatsrechnung erweist also eine Mefareinnahme von Fr. 219,147. 85 und infolge Wegfalles der Einnahmeposten B. 2. k und l. l eine Mindereinnahme von . ,, 534,751. 32 also einen Nettoausfall von Fr. 315,603. 47 welche Zahlen, angesichts der allgemeinen Schwankungen der Ergebnisse der Staatsrechnungen die Vergleichbarkeit künftiger mit frühem Staatsrechnungen nicht stören wird.

8. Wenn Sie Ihre Untersuchungen auch auf die entsprechenden Buchungen der Pulver- und Münz Verwaltung ausdehnen wollen, so durfte eine Eliminierung der Verzinsung der dortigen Betriebskapitalien, die auch nicht Vorschüsse, sondern aus den Einnahmen genannter Verwaltungen längst getilgte Inventarvermehrurigen .darstellen, und die Versetzung dieser Betriebskapitalien in die Rubrik ,,Inventar* wahrscheinlich in gleicher Weise gerechtfertigt sein. Der Wegfall des Zinses bei der Pulvervorwaltung würde durch eine gleiche Erhöhung des Ertrages des Pulverregales kompensiert ; wie sich die Sache bei der Münzvenvaltung gestalten würde, haben wir nicht mehr zum Gegenstand unserer Untersuchung machen können ; die Einbuße auf die Staatsreohnung wäre aber jedenfalls nicht nennenswert.

9. Unser Postulat tangiert, abgesehen von der Regalverwaltung des Pulvers, die Betriebskapitalien der Militärverwaltung

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dosbalb nicht, weil alle Aufwendungen für die Militärwerkstätten mangels eines Fiskalertrages derselben effektive Schulden darstellen.

:

10. Wir resümieren unsere Auffassung dahin, daß die im Postulat Nr. 619 berührten Buchungen eine fiktive und irreführende Darstellung von Tatbeständen enthalten, daß sie auch überflüssig sind und deshalb im Interesse der wahren und einfachen Darlegung der einschlägigen Rechnungsverhältnisse im angeregten, mit dem Verfahren im Zolldepartement übereinstimmenden Sinne modifiziert werden sollten."

Nach Erhalt dieser Eingabe beschloß das Finanzdepartement, die ganze Angelegenheit einem Sachverständigen zur Begutachtung zu überweisen. Herr Henri W i t t w e r , Mitglied des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen in Neuenburg, der lange Jahre hindurch dem Rechnungswesen großer Unternehmungen vorstand und heute noch die Komptabilität eines der größten Privatgeschäfte der Schweiz leitet, übernahm es, die Frage einer allseitigen Prüfung zu unterziehen. Das Ergebnis seiner Untersuchungen hat er in einem vom 19. August datierten Berichte niedergelegt, den wir hier folgen lassen : ,,In der Hauptsache stützt sich das Postulat auf eine Eingabe des Postdepartementes, womit dieselbe um Erlaß der Verzinsung ihres Betriebskapitals nachsuchte; das Postulat dehnte diesen Erlaß auf andere Dienstzweige aus.

I.

Dag Postdepartement gibt zu, daß der Grundsatz einer Verzinsung, der Betriebskapitalien mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Bundesverfassung von 1848, die den Rückkauf des Materials und eine Verteilung des jährlichen Reingewinnes des Postregals unter die Kantone vorschrieb, angewendet werden mußte. und auch angewendet worden ist, vertritt aber die Meinung, daß unter der Herrschaft der Bundesverfassung von 1874, welche die Verteilung an die Kantone aufhob und vorschrieb, daß die Ausgaben der Eidgenossenschaft u. a. mit dem .Ertrag der Post zu decken seien, es nicht mehr gerechtfertigt sei, das

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Departement mit den Zinsen des im Material angelegten Kapitals, also des Betriebskapitals, zu belasten.

In seinen Ausführungen verwahrt sich das Postdepartennent dagegen, daß eine Parallele, ein Vergleich zwischen ihm und der Telegraphenverwaltung gezogen werde, indem die eidgenössische Post keinen Baukonto aufweise.

Ihrerseits schlägt die gemeinsame Finanzdelegation der eidgenössischen Räte, in der Meinung, daß die Betriebskapitalien des Departements, soweit es sich um den Wert der Inventarbestände handelt, nicht zu verzinsen seien, vor, die Telegraphenverwaltung ebenfalls der Vergünstigung des von der Postverwaltung nachgesuchten Zinsenwegfalles teilhaftig werden zu lassen., Sie hält dafür, daß auch gegenüber den anderen Departementen auf die gleiche Weise zu verfahren sei, mit Ausnahme der Betriebskapitalien der Militärverwaltung, dies aus dem Grunde, weil die Militäranstalten für den Fiskus keinen Gewinn bilden und somit alle daherigen Ausgaben effektive Schulden seien.

Kurz zusammengefaßt: 1. verlangt das eidgenössische Postdepartement den Wegfall jeglicher Zinsenvergütung für den Wert seines unter dem Namen Betriebskapitalien figurierenden Inventarbestände und lehnt jeden Vergleich mit der der Telegraphenverwaltung gegenüber befolgten Praxis ab ; 2. erklärt die gemeinsame Finanzdelegation der beiden Räte, gestützt darauf, daß, ihres Brachtens die Betriebskapitalien der Post- und Telegraphenverwaltungen nicht durch Vorschüsse der eidgenössischen Staatskasse, wohl aber durch die jährlichen Inventarvermehrungen gebildet werden, diese letzteren aber, ebenso wie der Ersatz der Inventargegenstände jedes Jahr vermittelst der Einnahmen der Post- und Telegraphenverwaltungen bezahlt worden und niemanden nirgendswohin geschuldet werden, daß diese Betriebskapitalien nur fiktive Schulden sind und die Post- und Telegraphenverwaltungen Schulden verzinsen, die in Wirklichkeit gar nicht bestehen.

Nachdem die Finanzdelegation dieso kategorische Erklärung abgegeben hat, scheint sie allerdings mit Bezug auf die für den Geldverkehr eingeschossenen Kapitalien einen Unterschied machen zu wollen. Sie gibt zu, daß diese Vorschüsse eine wirkliche Schuld darstellen und verzinst werden müssen. Dieser Vorbehalt ist gerechtfertigt und wird später besprochen werden.

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In erster Linie sind die vorstehenden Begehren zu prüfen, denen folgende Einwendungen entgegengehalten werden können.

n.

A. Das Argument, wonach die bis zum Jahre 1874 ausgeübte Praxis unter der Herrschaft der Bundesverfassung von 1848 ihre Berechtigung hatte, unter derjenigen von 1874 aber nicht, kann nicht gutgeheißen werden.

Wir sind damit einverstanden, daß die von Anfang an befolgte Regel vollständig richtig war. Warum sollte dies nun aber seit 1874 nicht mehr der Fall sein? Vorher fiel ein Teil des Reinertrages, nach Abzug aller Unkosten, in erster Linie den Kantonen zu. Nachher hat die Eidgenossenschaft an Stelle der Kantone die Lasten und Vorteile des Postregals übernommen.

Es ist also eine Änderung im Titel (Namen) eingetreten, die Pflichten der Verwaltung gegenüber dem neuen Gläubiger, der ihr die nötigen Mittel zum Betriebe ihres Gewerbes oder ihres kaufmännischen Geschäftes, d. h. die nötigen Kapitalien zum Ankaufe ihres beweglichen und unbeweglichen Betriebsmaterials, des Betriebskapitals zur Verfügung gestellt hatte, sind sich gleich geblieben.

Die Lage hat, soweit es sich um die Buchführung handelt, durchaus keine Änderung erlitten. Genau so wie die Postverwaltung in der Periode der Gewinnbeteiligung der Kantone jährlich ihre Ergebnisse feststellen mußte, so war sie auch verpflichtet, es zu tun, als die Eidgenossenschaft allein in Frage kam. Die Tatsache, daß der Verteilungsmodus des Gewinns geändert worden war, konnte die Art und Weise, wie der Reinertrag einer Geschäftsperiode festzustellen sei, nicht beeinflussen.

und es konnte, so wenig nachher wie vorher, von der Einstellung wirklich bestehender Lasten Umgang genommen werden, Ein anderes Verfahren wäre inkorrekt gewesen.

Die Beurteilung durch die Delegation der Tatsache der im Jahre 1874 verfügten Aufhebung der Verzinsung des Betriebskapitals der Post- und Telegraphenverwaltungen und ihrer Wiedereinführung im Jahre 1876 scheint uns nicht gutgeheißen werden zu können. Im Gegenteil ist durch diese Wiedereinführung festgestellt worden, daß die Aufhebung im Jahre 1874 einer Überrumpelung zu verdanken oder aber unrichtig war und daß die

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heute aufgeworfene Frage schon in den Jahren 1874--1876 gründlich geprüft nnd im Sinne einer Rückkehr zur früheren Praxis entschieden worden ist.

Die Berichtigung sowohl als die Aufhebung scheint übrigens ohne Diskussion beschlossen worden zu sein, und zwar aus dem Grunde, weil die Aufhebung nicht gerechtfertigt war. Die Zurückhaltung, die man sich bei der Begründung der im Jahre 1876 getroffenen Maßregel auferlegt hat, ist leicht~"zu begreifen.

Es macht niemand Vergnügen, am wenigsten einer öffentlichen Verwaltung, zu gestehen, daß man sich geirrt habe, es ist aber anzunehmen, daß, wenn die Berichtigung im Jahre 1876 hat stattfinden müssen, diese Maßregel durch die Erfordernisse einer ordentlichen Rechnungsführung bedingt war.

ß. Die Postverwaltung macht überdies die folgendem zwei Erwägungen geltend: 1. die Unsicherheit in der Schätzung des Inventarwertes, auf Grund deren die Eintragungen in die Bücher und die Be. rechnung der Zinsen auf dem Betriebskapital vorgenommen werden; 2. die Tatsache, daß sie keinen Ba.ukonto hat, und da:3 sie nicht nur alle Anschaffungen von Inventargegenständen aus der Betriebsrechnung bestritten, sondern auch der Staatskasse Jahr für Jahr mehr oder weniger große Überschüsse abgeliefert hat. Daraus folgt, fügt sie bei, daß, wenn bei der Übernahme der Post durch die Eidgenossenschaft, die Kantone eine Entschädigung erhalten haben, diese Entschädigung durch die Reinerträge der eidgenössischen Post längst getilgt worden ist.

Bei dem ersten Argument braucht man nicht lange zu verweilen. Wenn die neuen Schätzungen ungenau sind, so hängt dies vollständig vom Postdepartement ab, das verpflichtet ist, die nötigen Maßregeln zu treffen, damit diese Schätzungen auf eine zuverlässige und nicht auf eine elastische, den Bedürfnissen der Budgets und der Rechnungen angepaßte Art und Weise vorgenommen werden.

· Ein derartiges Vorgehen ist inkorrekt und könnte, wenn in allen Departementen auf die gleiche Weise verfahren würde, eines schönen Tages einen großen Ausfall im Vermögen der Eidgenossenschaft hervorrufen. Es ist also notwendig, allen Ernstes darauf zu dringen, daß von der Anwendung eines^solchen Systems Umgang genommen werde.

985 Das Postdepartement hat tatsächlich keinen Baukonto, es ist aber schwer zu begreifen, welchen Wert dieses Argument haben soll. In der Form von Mieteinsen bezahlt das Departement der Eidgenossenschaft einen sehr mäßigen Zins für die von ihm benützten Gebäulichkeiten und Liegenschaften. Genau der gleiche Grundsatz kommt bei den -Betriebskapitalien, d. h. dem von der Postverwaltung festgesetzten Wert des Inventars zur Anwendung.

Um konsequent zu sein, müßte die Postverwaltung vergangen, daß die Aufhebung auch auf die Zinsen, resp. die Mietzinsen für die von ihr benutzten Liegenschaften ausgedehnt ' werde. Sie stellt kein solches Begehren, wahrscheinlich deshalb, weil sie sich darüber Rechenschaft gibt, daß dasselbe zu berechtigten Protesten Anlaß bieten würde.

Und doch kann die Postverwaltung so wenig als sie auf die von der Eidgenossenschaft errichteten Lokalitäten verzichten kann, ihr Gewerbe ohne Benützung des Materials ausüben, dessen Wert unter der Rubrik Betriebskapital figuriert. Es ist also nicht möglich, einen Unterschied zu machen. Das gleiche Prinzip muß . bei diesen beiden Leistungen der Eidgenossenschaft zur Anwendung gelangen.

Wie wir gesehen haben, behauptet das Postdepartement nicht nur, daß es alle Inventaranschaffungen aus der Betriebsrechnung bestritten habe, sondern auch, daß durch seine Reinerträge die von der Eidgenossenschaft übernommenen Lasten schon längst .getilgt worden seien.

Wir bedauern, uns mit diesen zwei Angaben, welche uns im Hinblick darauf, daß sie von Beamten, die mit den Elementen der Finanzwirtschaft der Eidgenossenschaft längst vertraut sind, befremdend erscheinen, befassen zu müssen. Wir wollen annehmen, daß sie auf einem Mißverständnis beruhen, sind aber gezwungen, uns damit zu befassen, da die Delegation, jedenfalls auf Grund dieser Angaben, den zum mindesten sehr harten Ausspruch "getan hat, die Eidgenossenschaft verlange vom Postdépartement die Zinsen von fiktiven Schulden.

Die eine und die andere dieser Behauptungen scheinen uns unrichtig zu sein, denn : a. Wenn das Postdepartement die Anschaffungen von Inventargegenständen aus der Betriebsrechnung bestritten hat, so rührt dies daher, daß es die betreffenden Anschaffungen selbst, und zwar direkt gemacht hat, es muß aber wissen, daß ihm diese Auslagen jedes Jahr durch die EidgenossenBundesblatt. 57. Jahrg. Bd. V.

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schaft zurückvergütet worden sind. So belaufen sich die von der eidgenössischen Staatskasse der Post gemachton Vergütungen für die Periode von 1890 bis und mit 1904 auf Fr. 2,573,660. 58. Bei der Telegraphenverwaltung betragen diese Vergütungen für den gleichen Zeitraum Fr. 8,815,968. 08.

&. Wie die Auslagen für die Liegenschaften, so sind auch die für den Rückkauf und die Anschaffungen von Material ausgelegten Summen Kapitalauslagen, die nur infolge besonderer Beschlüsse amortisiert werden dürfen, und die nur dadurch amortisiert werden könnten, daß die jährlichen Reinerträge um den entsprechenden Betrag gekürzt würden. Und da ist uns nun unverständlich, wie das Postdepartement nicht wissen sollte, daß von den Reinerträgeo seiner Dienstzweige nichts abgeschrieben worden ist, den Reinerträgen, die laut Bundesverfassung einen Teil der Einnahmen der Eidgenossenschaft ausmachen und jeweilcn in die Jahresrechnungen eingestellt werden.

C. In Wirklichkeit scheinen uns die Ausführungen der gemeinsamen Finanzdelegation zur Begründung des Postulates Nr. 619 auf einer falschen Grundlage, d. h. auf der Vermutung zu beruhen, daß die Eidgenossenschaft unrechtmäßigerweise Zinsen beanspruche von Kapitalien, die man ihr nicht schuldet. Dieser betrübenden Auffassung müssen jedenfalls einige Ausdrücke, deinen wir im Berichte vom letzten Februar begegnen und der Schlußpassus desselben zugeschrieben werden. Dieser Passus lautet wie folgt: ,,Wir resümieren unsere Auffassung dahin, daß die im Postulat Nr. 619 berührten Buchungen eine fiktive und irreführende Darstellung von Tatbeständen enthalten, daß sie auch überflüssig sind und deshalb im Interesse der wahren und einfachen Darlegung der einschlägigen Rechnungsverhältnisse im angeregten, mit dem Verfahren im Zolldepartement übereinstimmenden Sinne modifiziert werden sollten."

Wir haben schon nachgewiesen, daß diese Auffassung eine irrige ist, wenn sie aber richtig sein sollte, d. h. wenn es sich um Summen, die nicht geschuldet werden, um fiktive Schulden handelte, so wären die daraus gezogenen Schlüsse unlogisch und ungenügend. Man sollte sich in diesem Falle nicht damit begnügen, den Wegfall der Verzinsung und eine andere Einreihung zu verlangen, sondern überhaupt die Ausmerzung dieser fiktiven

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Summen und damit die Verminderung des Vermögens der Eidgenossenschaft um vielleicht zwanzig Millionen beantragen.

Eine neue Einreihung erheischt keine grundsätzliche Änderung. Wenn die Betriebskapitalien aus Summen bestehen, die nicht geschuldet werden und eine fiktive Schuld bilden, so ist die Eidgenossenschaft auch nicht berechtigt, sie unter den Aktiven ihrer Bilanz, in welcher Rubrik es auch sei, weiterzuführen.

Wenn die Delegation nicht dazu gelangt ist, einen derartigen Antrag zu stellen, so muß angenommen werden, daß ihres Erachtens diese zwanzig Millionen Pranken doch einen wirklichen Wert darstellen und eine wirkliche Schuld der betreffenden Verwaltungen bilden, für welche dieselben verantwortlich sind und der Eidgenossenschaft Rechenschaft ablegen müssen.

Damit fällt die ganze Beweisführung, dahingehend, die Postverwaltung wäre seit dreißig Jahren das Opfer eines von der Eidgenossenschaft getriebenen Mißbrauches finanzieller Natur gewesen, dahin.

D. Die vom Postdepartement aufgeworfene Frage hat die Delegation veranlaßt, zu verlangen, daß der Wegfall der Verzinsung der Betriebskapitalien sinngemäß auf die Pulver- und die Münzverwaltungen ausgedehnt werde, da diese Kapitalien durch die Einnahmen der genannten Verwaltungen längst zur Uckbezahlt worden seien.

Auch hier besteht eine Begriffsverwirrung mit Bezug auf die Verwendung der Nettoerträge dieser Dienstzweige. Wie es beim Postdepartement der Fall ist, so haben auch diese Nettoerträge eine verfassungsmäßige Bestimmung, der Ertrag bildet einen Teil der Einkünfte der Eidgenossenschaft und darf nicht durch Kapitalamortisationen vermindert werden.

Ein derartiges verfassungswidriges Verfahren wäre Ubrigenss unvollständig, insofern es nur für die Zinsen des im beweglichen Inventar angelegten Kapitals zur Anwendung gelangen, für die Zinsen des in Liegenschaften angelegten Kapitals aber außer Betracht fallen würde.

Im übrigen wäre es auch nicht logisch gehandelt, denn dadurch würden die Ausgabenkonti der Verwaltungen, die Gewinne, d. h. Nettoerträge erzielen oder erzielt haben, entlastet, während diejenigen der Verwaltungen,, die nicht in diesem Falle sind, mit den Zinsen belastet würden..

Das entgegengesetzte Verfahren würde eher gerechtfertigt erscheinen; es liegt aber im Interesse einer korrekten Buch-

·r 88 fuhrung und der Vereinfachung, keine Unterschiede zu maohon, sondern zu einer gleichförmigen Behandlung aller Departemente und ihrer Abteilungen (die Zollverwaltung Inbegriffen) zu gelangen.

Statt zwischen gewinnbringenden Departementen und solchen, die nur öffentliche Lasten bedingen, einen Unterschied zu machen, was die Folge der von der Delegation beantragten Maßregeln wäre, dürfte es sich im Gegenteil empfehlen, allen denjenigen Departementen (ob produktiv oder unproduktiv), deren Obliegenheiten den Charakter eines Gewerbes oder eines kaufmännischen Geschäftes an sich tragende Elemente umfassen, die gleiche Behandlung zu teil werden zu lassen.

Das Post- und Telegraphendepartement, die Zollverwaltung, die Mimzverwaltung und verschiedene andere Abteilungen der übrigen Departemente tragen speziell diesen Charakter.

Daß aber unter die verschiedenen Lasten irgend eines finanziellen, gewerblichen oder kaufmännischen Geschäftes, ob es sich nur um ein privates oder um ein öffentliches Unternehmen handle, auch eine Vergütung für die Anlagekosten und das Betriebskapital aufgenommen werden muß, ist ein Grundsatz, der einer weitern Begründung nicht bedarf. Die Verwaltung, die diesen Hauptfaktor der Herstellungskosten außer Betracht ließe, würde sich arg verrechnen und nur ein unvollständiges und unrichtiges Bild ihrer Operationen erhalten. Es wäre dies ganz besonders der Fall, wenn die Postverwaltung ermächtigt würde, von den ihr auffallenden Lasten die jährlichen Zinsen fttr das Betriebskapital und folgerichtig auch diejenigen des Wertes der Liegenschaften in Abzug zu bringen.

E. Wenn die administrativen und finanziellen Folgen des von der gemeinsamen Finanzdelegation der eidgenössischen Räte unterstützten Postulates, soweit es sich um die Verzinsung der Betriebskapitalien handelt, unannehmbar erscheinen, da sie, unseres Erachtens, auf einer falschen Grundlage und einer unrichtigen Beurteilung der Sachlage beruhen, so muß dagegen der Unterschied gutgeheißen werden, den die genannte Delegation zwischen dem eigentlichen, durch den Wert des Inventarmaterials etc. dargestellten Betriebskapital und den von der eidgenössischen Staatskasse gemachten und die Betriebsmittel der verschiedenen geschäftlich tätigen Abteilungen bildenden Vorschüsse macht.

Bis jetzt sind dafür keine Zinsen berechnet worden, uud doch ist der Geldverkehr speziell mit dem Postdepartement ein bedeutender, denn er betrug:

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Im Jahre 1903 rund 258 Millionen Franken, ,, ,, 1904 ,, 268 Bei diesem bedeutenden Geldverkehr ist die Staatskasse stets ohne Deckung geblieben.

Hieraus allein hat das eidgenössische Finanzdepartement einen namhaften Schaden erlitten, denn wahrscheinlich würde sich der jährliche Zinsverlust, wenn auf den Vorschüssen eine Vergütung zu dem sehr mäßigen Zinsfuß von 3Y2% in Anrechnung gebracht würde, auf Fr. 100,000 zirka belaufen.

Diese Sachlage ist eine anormale, und die Delegation macht mit Recht darauf aufmerksam, daß die behufs Verwendung als Betriebsmittel gemachten Vorschüsse verzinst werden müssen.

III.

Unsere Untersuchung führt zu folgenden Schlußfolgerungen : 1. Das Begehren des Postdepartem entes und die Anregungen des Postulates Nr. 619, wonach die Verzinsung der Betriebskapitalien der Post- und Telegraphenverwaltungen, sowie der Pulver- und der Münzverwaltungen in Wegfall kommen sollten, sind als ungerechtfertigt und unannehmbar zu betrachten.

2. An Stelle des von der gemeinsamen Finanzdelegation der eidgenössischen Räte gemachten Unterschiedes zwischen den produktiven gewerblichen Unternehmungen und den nicht produktiven ist zu beschließen, daß der Grundsatz der Verzinsung der Betriebskapitalien gleichmäßig und ohne Ausnahme auf alle Departemente oder Dienstzvveige anzuwenden sei, die zu der Eidgenossenschaft bezüglich solcher Kapitalien in einem Schuldverhältnis stehen.

3. Es ist überdies zu beschließen, daß die von der eidgenössischen Staatskasse den verschiedenen Verwaltungen behufs Verwendung als Betriebskapitalien gemachten Vorschüsse den Gegenstand einer halbjährlichen Zinsverrechnung bilden sollen.

4. Die Abänderung der Rubriken, unter die die verschiedenen Rechnungsfaktoren eingereiht werden sollen, hängt von der Lösung ab, die der Frage gegeben werden wird."

Da dieses Gutachten in der Hauptsache mit unsern in der letztjährigen Budgetbotschaft enthaltenen und eingangs reproduzierten Ausführungen übereinstimmt, so könnten wir uns eigentlich

f>90 mit dem Hinweise auf dieselben begnügen. Wir haben aber seither die Angelegenheit nochmals einer eingehenden Prüfung unterworfen und möchten uns gestatten, noch einige weitere erläuternde und ergänzende Bemerkungen anzubringen.

Die Finanzdelegation gibt einleitend eine Definition des Begriffs ,,Betriebskapital". Sie will als solches nur diejenigen Vorschüsse der Staatskasse angesehen wissen, welche es einer Dienstabteilung ermöglichen, den an sie in ihrem Betriebe herantretenden G e l d b e d ü r f n i s s e n zu genügen. Wir können mit unserm Experten diese Umschreibung des Betriebskapitals nicht anerkennen ; denn sie ist eine viel zu enge. Zum Betriebskapital gehören doch offenbar a l l e diejenigen Gelder, welche in eine Unternehmung gelegt worden sind, um deren Betrieb zu ermöglichen.

Mit Geldvorschüssen allein zur Bestreitung der laufenden Ausgäben wäre der Post- und Telegraphenverwaltung nicht gedient; dieselbe bedarf nebstdem zur Erfüllung ihres Dienstes eines großen Materials, als Wagen, Schlitten, Bureaugegenstände, Telegräphenund Telephonapparate u. s. w. Wenn man also vom Betriebskapital oder, wie man früher auch sagte, vom Betriebsfonds der Post reden will, so ist unbedingt das Material in Berücksichtigung zu ziehen. Hier sei übrigens beiläufig bemerkt, daß die Post- und Telegraphenverwaltung neben dem verzinslichen ßetriebsmaterial noch heute zur Bestreitung der laufenden Bedürfnisse sehr beträchtlicher Vorschüsse bedarf, die bisher nicht verzinst worden sind. Wir werden auf diesen Punkt noch zurückkommen.

Desgleichen beruhen die fernem Ausführungen der Finanzdolegation sub 2, 3 und 4 ihrer Eingabe auf irrigen Voraussetzungen, wie wir sofort nachweisen werden. Unsere neueste Untersuchung der Staatsrechnungen und der Geschäftsführung bis zur Entstehung des neuen Bundes zurück hat über den Ursprung und die Vermehrung der Betriebskapitalien der Postverwaltung 'and Telegraphenverwaltung vollständige Klarheit geschaffen.

Die Bundesverfassung von 1848 hatte der Eidgenossenschaft zur Bestreitung ihrer Ausgaben in Art. 39 unter anderein den Ertrag der Postverwaltung zugewiesen. Da aber das Postregal bisanhin im Besitz der Kantone gewesen war, die es entweder selbst ausübten oder verpachteten, so bestimmte die nämliche Verfassung gemäß Art. 33, daß der Bund ihnen eine Entschädigung zu
leisten habe. Diese Entschädigung sollte gleich sein der Durchschnittssumme des reinen Ertrags, den die Kantone in den Jahren 1844, 1845 und 1846 vom Postwesen auf ihrem Kantonalgabiete

991 bezogen hatten. Wenn jedoch der r e i n e Ertrag, welchen der Bund vom Postwesen bezog, für die Bestreitung dieser EmtSchädigung nicht hinreichte, so war den Kantonen das Mangelnde nach Verhältnis der festgesetzten Durchschnittssummen in Abzug zu bringen. Da, wo die Ausübung des Postregals an Private abgetreten worden war, hatte der Bund die diesfällige Entschädigung zu übernehmen. Ferner war der Bund berechtigt und verpflichtet, ·das. zum Postwesen gehörige Material, soweit dasselbe zum Gebrauche, tauglich und erforderlich war, gegen eine den Eigentümern zu bezahlende billige Entschädigung zu übernehmen.

Die Finanzdelegation irrt sich, wenn sie glaubt, daß die von der Bundeskasse bei der Inbetriebsetzung der Postverwaltung zu machenden Vorschüsse nur sehr reduzierte gewesen seien. Es liegt auf der Hand, daß bei der Übernahme, oder richtiger gesagt, bei der Umgestaltung der 25 kantonalen Verwaltungen in eine «inzige eidgenössische ganz erhebliche Geldbeträge vorgestreckt werden mußten, und daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der Gelder .aus dem ersten eidgenössischen Anleihen von Fr. 3,300,000 alter Währung für die ersten Bedürfnisse der neueingerichteten Postverwaltung verwendet wurde. Neben diesen Vorschüssen, welche ·dann allmählich wieder in die Staatskasse zurückflössen, mußte für das von den Kantonen übernommene Postmaterial die für die damaligen Verhältnisse beträchtliche Summe von Fr. 533,623. 05 oder rund Fr. 773,000 neuer Währung ausgelegt werden (siehe Staatsrechnungen von 1849 und folgende). Dieser Betrag bildete ·den Grundstock des Betriebskapitalkontos der Postverwaltung.

Dazu kam dann noch als fernere außerordentliche einmalige Ausgabe eine Entschädigung von Fr. 150,000, welche laut Übereinkunft vom 12. März 1853, genehmigt von der Bundesversammlung am 15. Juli des nämlichen Jahres (A. S. alte Folge III, 650 und ff.), dem Fürsten von Thurn und Taxis für den Verzicht auf den Betrieb der schaff hausischen Posten, die dieser gepachtet hatte, zu entrichten war. Ferner wurde von der fürstlich Thurn und Taxisschen Postverwaltung in Schaffhausen Mobiliar für einen Betrag von Fr. 7500 übernommen und bezahlt.

Die Rechnungen der eidgenössischen Post v er waltung wurden in den ersten Jahren in der Weise geführt, daß jährlich die Bar«inriahmen und die Barausgaben zusammengestellt und den
Kantonen der Überschuß, soweit er nicht die im Jahre 1852 festgesetzte Skalasumme von Fr. 1,486,560. 92 überstieg, als Reinertrag der Posten vergütet wurde. Überstieg der Reinertrag die

992 Skalasumme, so wurde der Überschuß zu den laufenden Ausgaben des Bundes-verwendet.

Neben dieser Kassarechnung, die, wie gesagt, nur Bareinnahmen und Barausgaben enthielt, wurde in der Jahresrochnung alljährlich der Ausweis über die Bewegungen des Inventars des Postmaterials beigefügt und der Vermögensstatus mit seiner Vermehrung oder Verminderung gezeigt.

Die Rechnungsergebnisse der neuen eidgenössischen l'ostverwaltung waren anfänglich sehr schwankende. In den drei ersten Jahren ergaben sich beträchtliche Mindererträge, und zwar 1849: Fr. 414,665. 32, 1850: Fr. 707,159.78, 1881; Fr. 285,043. 89. Dann folgten drei bessere Jahre, die Reineinnahmen überschritten die Skala und es fielen in die Buodoskasse: Im Jahre 1852: Fr. 220,554. 65, L853 : Fr. 204,242. 91, 1854: Fr. 62,436. 78. Hierauf erfolgte im Jahre 1855 ein neuer Rückschlag von Fr. 277,843. 09, welcher die Bundesversammlung bei Anlaß der Prüfung des Geschäftsberichts dieses Jahres bewog, den Bundesrat einzuladen, zu untersuchen : 1. ob für den Fall, daß der Postertrag unter der festgesetzten Skalasumme bleibe, nicht der Mehrertrag des Inventars des Postmaterials im betreffenden Jahre dem an die Kantone zu verteilenden Reinertrage, wie er bisher berechnet wurde, beizufügen sei; 2. ob nicht der Überschuß der Posteinnahmen zur Deckung; allfällig sich ergebender Defizite in einen Reservefonds zu legen wäre.

Zur Begründung dieses Postulats wurde namentlich hervorgehoben, die Kantone hätten im Jahre 1855 don obigen Betrag von Fr. 277,843. 09 weniger als die Skalasumme erhalten, während die Ausgaben für Anschaffungen des PostmaterialsFr. 263,524. 10 betragen hätten. Wenn also keine neuen Fuhrwerke angeschafft worden wären, so würden die Kantone einea Ausfall von nur Fr. 14,318. 99 zu tragen gehabt haben. Die Eidgenossenschaft könne zwar nicht angehalten werden, die Entschädigung an die Kantone aus ändern Mitteln zu bestroiten als aus dem Postertrag; allein dem Bunde gehöre das Eigentum des Postmaterials. Derselbe könne daher wohl auch angehalten werden, zu den Ausgaben für die Anschaffung eines Materials, das ihm als Eigentum zufalle, beizutragen.

Da aber der Rechnungsabschluß der Jahre 1856 und 1857 eia günstiges Resultat erzeigte, so blieb die Angelegenheit ruhen, bis das

993 Rechnungsergebnis von 1858, das den Kantonen statt der vollen Skalasumme von Fr. 1,486,560. 92 nur Fr. 957,193. 29 brachte, das Finanzdepartetnent des Kantons Zürich veranlagte, spezielle Berechnungen und Vorschläge aufzustellen, die dem Bundesratevon der Regierung dieses Kantons unter dem 31. Dezember 1858zur Annahme empfohlen wurden. Infolge dieser Anregung, welchevon der Zürcher Regierung sämtlichen Ständen zur Kenntnisgebracht worden war, empfahlen dann ihrerseits die Kanton» Genf, Luzern, Baselstadt, Thurgau, Zug, Aargau, Freiburg und Uri ein verändertes Verfahren in der Rechnungsstellung.

Eine Kommission der Bundesversammlung, welche am 23. März 1859 zusammentrat, um Mittel und Wege zur Hebung des Ertrags der Posten zu suchen, zog die Frage der Rechnungsstellung der Postverwaltung ebenfalls in den Bereich ihrer Beratungen. Sie genehmigte im allgemeinen die von der Regierung des "KantonsZürich gestellten Anträge und präzisierte dieselben in nachstehender Fassung: Art. 1. Die Beschaffung des für den Betrieb des Postwesens erforderlichen Materials ist Sache des Bundes. Der hieraus sich ergebende Inventarwert ist als Betriebskapital von der Postverwaltung der Bundeskasse zu 4 % zu verzinsen, und die Größe* dieses Betriebskapitals richtet sich nach dem "Werte des Inventars der Postverwaltung.

Art. 2. Bei der Ausmittlung des Reinertrags der Postverwaltung ist die jeweilige Vermehrung oder Verminderung de» Inventarbestandes in Rechnung zu ziehen, in der Weise, daß der Reinertrag um die jeweilige Vermehrung oder Verminderung desInventars erhöht resp. vermindert wird.

Art. 3. Die Verrechnung dieses Reinertrages geschieht nach folgenden Grundsätzen : a. Reicht der Reinertrag nicht hin zur vollständigen Auszahlung der Entschädigung an die Kantone, so ist der Ausfall im Rechnungsabschluß zu gunsten der Kantone vorzumerken ; b. übersteigt der Reinertrag die Summe der Entschädigung a» die Kantone, so wird der Überschuß zur Nachvergütung an die Kantone verwendet, bis dieselben für alle Ausfällefrüherer Jahre entschädigt sind; c. haben die Kantone den vollen Ersatz für alle in frühern Jahren zu wenig bezogenen Entschädigungen erhalten und

994

ergibt sich eia weiterer Überschuß über die skalumäßige Entschädigung hinaus, so fällt derselbe in die Bundeskasse.

Art. 4. Die bisherige Abrechnung zwischen dem Bund und ·den Kantonen soll nach obigen Grundsätzen vom Jahre 1849 an revidiert und den Kantonen die ihnen nach der bereinigten Rechnung zukommenden Betreffnisse ausgerichtet werden.

Der Bundesrat erstattete nun seinerseits seinen Bericht und Autrag am 18. Juli 1859 (vide Bundesbl. 1859, II, 257 u. lì.).

Nach einem geschichtlichen Resümee wurde zuerst auf die Bundesverfassung hingewiesen, um festzustellen, dass, wenn auch bei der Beratung derselben die Absicht obwaltete, den Kantonen ·so viel als immer möglich die bisherigen Posteinnahmen zu sichern, man doch vor allem ein liberaleres, dem Verkehr zuträglicheres Postsystem mit leichten Verkehrsmitteln und billigen, gleichförmigen Taxen einführen wollte, und daß infolgedessen es keine unbedingte Vorschrift sei, daß die Kantone zu allen Zeiten und unter allen Verhältnissen den vollen Betrag der festgesetzten Skalasumme beziehen müssen. Gleichwohl erachte es der Bundesrat als seine Aufgabe, darauf einzuwirken, daß der Reinertrag ·der Posten ausreiche, die Kantone vollständig zu entschädigen.

Im Hinblick auf den Wortlaut der Verfassung sei es begreiflich, ·daß die Abrechnung mit den Kantonen jährlich stattgefunden habe, und daß denselben nur der Überschuß der Bareinnahmen über die Barausgaben in Rechnung gebracht worden sei. Auch die Kantone hätten seinerzeit fast ausnahmslos ihre Berechnungen für die Erstellung der Durchschnittsskala auf gleiche Weise aufgestellt. Allerdings hätte man die Inventarbewegung mit in die Abrechnung ziehen können, aber es sei mit Rücksicht auf die damaligen Verhältnisse ·erklärlich, daß in den ersten Jahren dies nicht geschehen, und ·es sei übrigens die Vermehrung des Betriebsfonds, da derselbe nicht verzinst wurde, den Kantonen wieder zu gute gekommen.

Wenn später ein Überschuß über die Skalabetreifnisse sich zu gunsten des Bundes ergeben habe, so erscheine es gegenüber den Kantonen nicht als unbillig, daß auch diese Summen zur Abbezahlung der auf dem Postmaterial haftenden Schuld vorwendet worden seien, indem diese Abzahlung wiederum im Interesse der Postverwaltung stattgefunden und die Bundeskasse tatsächlich noch keinen Anteil an dem Reinertrag der Posten
bezogen habe.

Nachdem der Bundesrat so die bisherige Rechnungsweise ·erklärt hatte, gab er jedoch zu, daß nach dem Wortlaut der Verfassung ein rationelleres, den richtigen finanziellen Grundsätzen besser entsprechendes Verfahren eingeschlagen werden könne.

995

Als solches bezeichnete er den durch die vorgenannte Kommission unterm 23. März des gleichen Jahres in Art. l und 2 hiervor in Vorschlag gebrachten Rechnungsmodus und fügte folgendes bei: ,,Dieses vorgeschlagene Verfahren halten wir für richtig. Das Postmaterial ist Eigentum des Bundes ; er hat es durch Ankauf an sich gebracht, und dasselbe bildet auch einen integrierenden Teil des eidgenössischen Staatsvermögens. Sonach hat sich der Bund wie gegenüber der Pulver-, Zündkapseln- und Münzverwaltung zu stellen; er hat die Beschaffung des erforderlichen Betriebskapitals resp. des Betriebsmaterials gegen jährliche Verzinsung zu übernehmen ; die Nettovermehrung desselben bildet eine Vermehrung seines Betriebskapitals, und da die hierfür verwendete Summe aus den laufenden Posteinnahmen enthoben wird, so hat der Bund hinwieder das daherige Betreffnis der Postverwaltung zurückzuvergüten, und es wird dasselbe die jährlichen Posteinnahmen um so viel vermehren."1 Der Bundesrat stellte sodann eine nach diesen Grundsätzen revidierte Rechnung der Postverwaltung in Tabellenform auf, nach welcher die Kantone bei dem bisherigen Systeme bloß um Fr. 77,371. 27 zu kurz gekommen wären. Er fügte aber sofort bei, daß, da in den Jahren 1849 und 1850, in welchen den Kantonen in der erwähnten Aufstellung eine Vermehrung des Postmaterials im Betrage von Fr. 28,649 gutgeschrieben wurde, einzig der Abgang, nicht aber die übliche Abschreibung von 10 °/o auf dem Gesamtwerte des Inventars in Rechnung gebracht worden sei, von einer Verkürzung wohl nicht die Rede sein könne.

Bezüglich des Postinventars sagte der Bundesrat folgendes : DerWert desselben betrage auf 31.Dezember 1858 Fr.l,390,342.63.

Dieser Ansatz beruhe auf dem Ankaufspreise, auf der Berechnung des jährlichen Zuwachses und Abganges, sowie der nach dem Réglemente des Bundesrates vom 1. Dezember 1851 vorgeschriebenen jährlichen Abschreibung von 10 °/o. Nach diesem Reglement solle ferner alle zehn Jahre, also erstmals Ende 1859, eine Neuschätzung stattfinden. Der hierbei herauskommende Minderwert werde auf Fr. 400,000 bis Fr. 500,000' angeschlagen werden können und, um den Kantonen entgegenzukommen, könnte der Bund diesen Ausfall übernehmen *).

*) DerBetrag der Abschätzung betrug dann inWirklichkeit Fr. 378,848.10.

996 Der Bundesrat bekämpfte schließlich als verfassungswidrig den Art. 3 des vorerwähnten Kommissional Vorschlages, wonach die Ausfälle der Kantone selbst über den Betrag des Inventars hinaus gutgeschrieben und so lange als Guthaben auf dem Konto der Postverwaltung belassen werden sollten, bis sie aus spätem Überschüssen gedeckt werden können. Wir verzichten jedoch auf eine Resümierung dieses Teiles des Berichts, da derselbe, nachdem die Beteiligung der Kantone am Reingewinn der Post dahingefallen ist, für die Frage, die uns beschäftigt, von keinem Interesse ist.

Bei der Bundesversammlung überwogen jedoch die finanziellen Interessen der Kantone die Bedenken über die Verfassungsmäßigkeit des Art. 3 des Kommissionalvorschlages. Sie nahm denselben in etwas veränderter Redaktion an und stellte ihn an die Spitze ihres bezüglichen Beschlusses. Art. i und 2 wurden in eine einzige Bestimmung (Art. 2) verschmolzen. Ferner wurde verfügt, daß die Bundeskasse an die Kantone den reellen Wert des Postinventars nach Abzug der darauf haftenden Schuld und mit Zurechnung der an den Fürsten von Thurn und Taxis verausgabten Summe mit Zins vom 1. Januar 1860 an aushin zu bezahlen habe, womit die aus früheren Rechnungen abgeleiteten Ansprüche sowohl des Kantons als des Bundes erledigt sein sollten. Der bezügliche Bundesbeschluß (A. S., Bd. VI, S. 420} hat folgende Fassung: 1. Wenn der Reinertrag der Postverwaltung zur vollständigen Entschädigung der Kantone nicht ausreicht, so ist der Ausfall beim Rechnungsabschluß zu gunsten derselben vorzumerken.

Übersteigt in einem nachfolgenden Jahre der Reinertrag die den Kantonen zukommende Entschädigungssumme, so wird der Überschaß zur Nachvergütung an die Kantone verwendet, bis dieselben für alle Ausfälle der frühern Jahre, jedoch ohne Hinzurechnung der Zinsen, gedeckt sind.

Weitere Überschüsse fallen in die Bundeskasse, ohne daß bei spätem Ausfällen auf dieselben zurückgegriffen werden darf.

2. Die Beschaffung des zum Betriebe der Postverwaltung erforderlichen Materials ist Sache des Bundes. Der Inventarwert ist von der Postverwaltung der Bundeskasse jährlich mit 4°/o zu verzinsen, und ebenso hat sie den Bund für die allmähliche Entwertung des Materials in angemessener Weisa zu entschädigen.

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3. Die im Jahre 1853 an den Fürsten von Thurn und Taxis für Abtretung der schaffhausischen Posten geleistete Entschädigung ist vom Bunde zu tragen ; dagegen ist ihm die betreffende Summe alljährlich mit 4 % von der Postverwaltung zu verzinsen.

4. Zur abschließlichen Regulierung der bisherigen Differenzen hat die Bundeskasse an die Kantone, nach Maßgabe der Skala der Postentschädigungen, den reellen Wert des Postinventars, nach Abzug der darauf haftenden Schuld und mit Zurechnung der an Thurn und Taxis verausgabten Summe, und zwar verzinslich vom 1. Januar 1860 an, aushin zu bezahlen, wogegen alle aus frühern Rechnungen abgeleiteten weitern Ansprüche der Kantone, sowie des Bundes, beiderseitig als abschließlich erledigt ÄU betrachten sind.

5. Die Rechnung für das Jahr 1860 ist gemäß den in diesem Beschlüsse aufgestellten Grundsätzen einzurichten.

6. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

In Ausführung dieses Beschlusses wurde nun der Postverwaltung zu H ä n d e n der K a n t o n e der Wert des Postmate«rials nach Abzug der im Jahre 1859 stattgefundenen Abschätzung «nd der darauf haftenden Schuld, sowie der Wert der an den Fürsten von Thurn und Taxis entrichteten Ablösungssumme von ·der Bundeskasse ausbezahlt mit Fr. 879,477. 91, zuzüglich Fr. 6650. 28 für Zins, also insgesamt Fr. 886,128. 19. Diese Verwaltung verabfolgte hierauf diesen Betrag an die Kantone nebst dem in diesem Jahre erzielten Reinertrag. (Vide Staatsrechnung des Bundes vom Jahre 1859, S. 18 und Geschäftsbericht ·der Postverwaltung für das Jahr 1860 [Bundesbl., 1861, I, 505].)

Was das Betriebskapital oder Betriebsmaterial der Postver·waltung anbetrifft, so wurde seither, mit Ausnahme des Jahres 1875 ebenfalls nach Maßgabe von Art. 2 des obigen Beschlusses verfahren. Die Postverwaltung bezahlt, aus ihren laufenden Einnahmen die Materialanschaffungen. Ergibt sich am Schlüsse des Jahres nach Abzug der vorgeschriebenen Amortisation eine Verminderung, so ist dieselbe von der Postverwaltung unter der Ausgabenrubrik ,,Verminderung des Betriebsmaterials" zu vergüten, ergibt sich jedoch eine Vermehrung, so findet eine ent·sprechende Vergütung seitens der Bundeskasse an die Postkasse statt, welche sub ,,Vermehrung des Betriebsmaterials"1 unter den Einnahmen der Postverwaltung erscheint. Die Verzinsung des

938

Betriebsmaterial seitens der Postverwaltung fand statt bis 1896 zu 4 °/o, seither zu 31/^ °/o, entsprechend den veränderten allgemeinen Zinsverhältnissen.

Eine Tabelle (Beilage I) bringt die seit 1876 stattgefundenen Bewegungen im Stande des Betriebsmaterials der Postverwaltung zur Darstellung. In dem Zeitpunkte, wo die Bundesversammlung wiederum die Verzinsung des Betriebsrnaterials der Postverwaltung anordnete, betrug dasselbe Fr. 2,865,138. 54. Durch, jährliche Verminderungen, die jeweilen die Ausrichtung gleichhoher Vergütungen seitens der Postkasse an die Bundeskasse zur Folge hatten, ging das Kapital während einer Reihe von Jahren bis auf Fr. 2,294,288. 44 zurück. Seit 1890 fing es wieder an zu steigen, und mit Ausnahme einer Vermehrung von Fr. 212,101. 05 in diesem letztern Jahre, welche die Folge der alle zehn Jahre wiederkehrenden Neuschätzung war, s i n d a l l e K a p i t a l e r höhungen der Postkasse durch die Bundeskasse v e r g ü t e t worden. Die P o s t v e r w a l t u n g hat dafür regelmäßig in ihrem Rechnungsbericht quittiert.

(Siehe Rechnungsbericht für das Jahr 1890, S. 24, sowie sämtliche seitherigen Rechnungsberichte.) Auf diese Weise ist allein seit 1890 der Postkasse eine Summe von Fr. 2,573,660. 58 durch die Bundeskasse vergütet worden.

Nachdem wir so an Hand der eidgenössischen Staatsrechnungen, der Geschäftsberichte und der Rechnungsberichte nachgewiesen haben, wie der Bund im Jahre 1850 das Postrnaterial der Kantone gegen die Ausrichtung einer Summe von Fr. 773,000 übernahm, wie er 1853 den Fürsten von Thurn und Taxis mit Fr. 150,000 auskaufte, wie er 1860 den Kantonen für das Postmaterial ohne Zins nochmals Fr. 879,477. 91 bezahlte und wie er seither der Postverwaltung jeweils regelmäßig die ausgewiesene Betriebsmaterialvermehrung vergütete, so wird die Behauptung,, es handle sich beim Betriebsmaterial der Post um eine f i k t i v e Forderung, d i e v o n n i e m a n d e n n i r g e n d w o h i n g e s c h u l d e t sei, nicht mehr aufrecht erhalten werden können.

Was die Telegraphen anbetrifft, so liegen die Verhältnisse insofern anders, als bei der Post, als die Kantone bei dieser Verwaltung nie beteiligt waren. Aber auch hier mußten vom Bund beim Inslebentreten dieses Dienstzweiges erhebliche Vorschüsse gemacht werden. Dieselben beliefen sich im ersten Betriebsjahre
(1852) insgesamt auf Fr. 417,573. 65; im zweiton auf Fr. 144,475. 14. Allerdings wurden der Bau und Unterhalt, sowie die Anschaffung des Betriebsmaterials der Linien von der Tele-

999 graphenverwaltung bestritten, aber dem Wert ihres Inventars im Betrage von Fr. 795,190. 21, das infolge des vorerwähnten Beschlusses der Bundesversammlung vom Jahre 1876 gleich wiedasjenige der Post unter die verzinslichen Betriebskapitalien eingereiht wurde, steht gegenüber die von der Telegraphenverwaltung geschuldete Vorschußrestanz von Fr. 461,913.78, welche in Gemäßheit des Art. 16 des Bundesbesohlusses vom 31. Juli 1858 (A. S. alte Folge, Bd. VI, S. 70) vom Staatsvermögen a b g e s c h r i e b e n wurde (vide Staatsrechnung vom Jahre 1858, S. 37). Dazu kam noch die in diesem Jahre abbezahlte letzte Rate des Telegraphenanleihens von Fr. 74,041. Zieht man die Zinsverluste auf diesen Vorschüssen in Betracht, so darf wohl behauptet werden, die Telegraphenverwaltung habe den Gegenwert des 1876 zur Verzinsung herangezogenen Betriebsmaterials-, erhalten. Seit 1877 ist den T e l e g r a p h e n die j e w e i l i g e V e r m e h r u n g d e s B e t r i e b s m a t e r i a l s ( k a p i t a l s ) durch d i e B u n d e s k a s s e i n g l e i c h e r Weise r ü c k v e r g ü t e t w o r d e n wie der P o s t v e r w a l t u n g . Der Gesamtbetrag dieser .Rückvergütungen belief sich bis und mit 1904 auf Fr. 8,815,968. 08 (vide Tabelle, Beilage II). Das Betriebskapital der Telegraphenverwaltung stellt somit ebenfalls keine f i k t i v e Schuld dar. Von einer ungebührlichen Belastung der Telegraphenverwaltung kann um so weniger die Rede sein, als in den "letzten sechs Jahren (1899--1904) der Bund aus seinen allgemeinen Einnahmen zur Durchführung der Amortisation von.

15°/o auf dem Baukonto der Telegraphenverwaltung, dessen.

Verzinsung seitens der Finanzdelegation nicht bestritten wird^ Fr. 6,306,367. 20 aufgewendet hat. In den Budgets pro 1905 und 1906 sind zu diesem Zwecke wiederum insgesamt rund Fr. 1,230,000 in Aussicht genommen.

Hier mag noch ein Verhältnis hervorgehoben werden, da» unser Experte bereits berührt hat. Die beiden Verwaltungen der Posten und Telegraphen bedürfen auch eines Betriebskapitals im e n g e r n S i n n e des W o r t e s , so wie es die Finanzdelegation verstanden wissen möchte. Die Bundeskasse ist. nämlich im Falle, den beiden genannten Verwaltungen während des ganzen; Jahres hindurch zur Bestreitung ihrer laufenden Bedürfnisse Vorschüsse zu machen, die sich durchschnittlich
auf mindestens, 3 bis 4 Millionen Franken belaufen. Die Tabelle III zu diesem Berichte gibt hierüber Aufschluß. Der aus diesen Vorschüssen; resultierende Zinsverlust für die Bundeskasse kann auf zirka Fr. 100,000 bemessen werden, eine neue Illustration zur ver-

1000

sneintlichen ungerechten Behandlung der Post- und Telegraphenverwaltung !

Die Finanzdelegation weist sub Ziffer 5 darauf hin, daß die Z o l l v e r w a l t u n g ebenfalls ein Inventar besitze, ohne daß ihre Inventarvermehrungen ihr als Schuld und als verzinsliches Betriebskapital angerechnet werden. Dies ist allerdings richtig, aber 69 wird dabei folgendes übersehen.

Schon von Anfang an war im Gegensatz zu den Einnahmen ·der Post und Telegraphen der Ertrag der Zollgebühren derart, daß außer den Betriebsausgaben und den Zollentschädigungen an die Kantone ein erheblicher Betrag in die Bundeskasse floß.

Letztere ist deshalb nie in den F a l l g e k o m m e n , fiir dio Z o l l v e r w a l t u n g ä h n l i c h e V o r s c h ü s s e zu l e i s t e n , wie wir sie bei den beiden obgenannten Verwaltungen gesehen haben. D i e Z o l l v e r w a l t u n g h a t a u c h n i e v o n d e r eidgenössischen Staatskasse Rückvergütungen für ·die V e r m e h r u n g d e s B e t r i e b s k a p i t a l s e r h a l t e n , w i e sie in den diesem Berichte beigefügten Tabellen I und II nachgewiesen worden sind. Es kann auch hervorgehoben werden, ·daß das Betriebskapital der Zollverwaltung ein verhältnismäßig geringes ist und gegenüber denjenigen anderer Dienstzweige kaum in Betracht fällt. Es beträgt auf 31. Dezember abbin bloß Fr. 342,111 und ist somit 1 5 m a l kleiner als dasjenige der Posten und 31 ma l kleiner als dasjenige der Telegraphen (ohne ·den Baukonto). Die sämtlichen verzinslichen Betriebskapitalien ·des Bundes betragen gegenwärtig über 37 Millionen Franken.

Nun ist es doch kein Grund, die Verzinsung dieser großen ·Summe aufzuheben, weil ein Betrag von Fr. 342,000 keinen Zins bezahlt, sondern es ist vielmehr angezeigt, diesen letztern ebenfalls zur Verzinsung heranzuziehen. Eine Verfügung, dahin.gehend, die Zollverwaltung habe ihr Inventar zu verzinsen, ist vom Finanzdepartement bereits im Jahre 1903 erlassen worden, und nur deshalb nicht zur Ausführung gelangt, weil inzwischen ·die Frage der teilweisen Aufhebung der Zinsen der Betriebskapitalien aufgeworfen wurde. Wird, wie wir annehmen, dem Postulat Nr. 619 keine Folge gegeben, so soll die Zollverwaltung ·ebenfalls zur Verzinsung ihres Betriebsmaierials angehalten werden.

Die Finanzdelegation führt in ihrer Eingabe weiter ans, der Beschluß der
Bundesversammlung von 1876, welcher die Verzinsung der Betriebskapitalien, damals ,,Betriebsfonds" genannt, wieder anordnete, sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß man bei der damals obwaltenden Tendenz, die vermehrten Mittel

1001 für die Durchführung der Militärorganisation herauszubringen, sicü lediglich an den eine Schuld bezeichnenden Namen ,,Betriebs1 fonds" gehalten und daraus dessen Zinspflicht abgeleitet habe, ohne sich über die Zusammensetzung dieser Fonds Rechenschaft zu geben. Diese Behauptung scheint uns denn doch etwas gewagt. Schon Herr Wittwer hat sie widerlegt, und wir möchten seinen Bemerkungen auch noch einiges beifügen. Wie wir gesehen, hatten sich in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre ·des vorigen Jahrhunderts nicht nur der Bundesrat, die Kommissionen und die Mitglieder der Bundesversammlung zu verschiedenen Malen eingehend mit der Rechnungsstellung der Postverwaltung befaßt, sondern auch die Kantonsregierungen hatten dieser Frage ihre volle Aufmerksamkeit geschenkt. In den siebenziger Jahren waren im Bundesrat und 'in der Bundesversammlung noch eine Anzahl Männer, die schon 1858 bis 1860 in den Räten saßen und jedenfalls wußten, was es für eine Bewandtnis mit dem ·,,Betriebsfonds''' der Post hatte. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß sie sich der großen Selbsttäuschung hingegeben haben, die Verzinsung der Betriebskapitalien der Post- und der Telegraphenverwaltung werde dem Bund mehr Mittel bringen ; denn bekanntlich resultieren hieraus für die Staatskasse keine wirklichen Mehreinnahmen, sondern es hat diese veränderte Rechnungsstellung bloß den Zweck, eine nach unserer Ansicht und derjenigen -unseres Experten richtigere Festsetzung des Reinertrages dieser Verkehrsanstalten zu bewirken.

Die Anwendung des Postulats Nr. 619 auf die Verwaltungsrechnung pro 1903 hätte einen Nettoausfall von Fr. 315,603. 47 verursacht. Die Finanzdelegation glaubt, daß eine solche Differenz angesichts der allgemeinen Schwankungen der Staatsrechnungen die Vergleichbarkeit künftiger Rechnungen mit frühern nicht stören würde. Es ist dies durchaus unrichtig. Gewiß weisen die Ergebnisse der Staatsrechnungen Schwankungen auf, indem sie bald Einnahmenüberschüsse, bald Ausgabenübersehüsse aufweisen; doch dieser Umstand hindert die Vergleichung nicht, solange die Grundsätze, nach denen d i e R e c h n u n g a u f g e s t e l l t w i r d , die n ä m l i c h e n b l e i b e n . Die vorgeschlagene Neuerung würde aber eine erhebliche Änderung des bisherigen Rechnungsmodus nach sich ziehen und eine Verglei«hung der künftigen Rechnungen
mit den frühern in den ersten Jahren sehr erschweren, und später, bei einem erheblich ver^ Änderten Stand der in Frage kommenden Betriebskapitalien, geradezu verunmöglichen. Dies ist aber, wenn kein zwingender Bundesblatt. 57. Jahrg. Bd. V.

68

1002 Grund vorhanden ist, zu vermeiden. Wir verweisen diesbezüglich auf das schon in der letzten Budgetbotschaft Gesagte und fügen bei, daß Herr Bankdirektor Johann Jakob Speiser aus Basel, welcher vom Bundesrat Anfang der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts als Sachverständiger behufs Einrichtung der Zentralkomptabilität berufen worden war, sich schon damals übei' diesen Punkt folgendermaßen äußerte: ., Die s t e t e G l e i c h f ö r m i g k e i t d e r A u f s t e l l u n g s m é t h o d e i s t ei n H ä u p t er f o r d e m i s d e r Z w e c k m ä ß i g k e i t , s o w i e e i n e r e r l e i c h t e r t e n A r b e i t f ü r d i e sich d a m i t b e f a s s e n d e n P e r s o n e n . " (Biographie des Herrn Bankdirektor Johann Jakob Speiser von F. Mangold in den Basler Biographien.)

In der letzten Jahresversammlung der amtlichen schweizerischen Statistiker in Frauenfeld wurde auf Antrag eines kantonalen Staatsschreibers der Antrag zum Beschluß erhoben, es sei auf die Vereinheitlichung des Aufstellungsmodus der kantonalen Staatsrechnungen hinzuwirken, um dieselben vergleichbarer zu gestalten. Es würde sich doch sonderbar machen, wenn in.

demselben Zeitpunkte die Bundesversammlung eine Anregung guthieße, welche die Vergleichbarkeit der Rechnungen des Bundes wesentlich stören würde.

Das Postulat Nr. 619 kann aber noch eine andere, und zwar viel fatalere Konsequenz haben. Man hat gesehen, daß es sich um eine Minder- oder Mehreinnahme von 300,000 bi» 400,000 Franken jährlich handelt. Wenn z. B. die laufende Staatsrechnung nach dem bisherigen Schema einen A u s g a b en Ü b e r s c h u ß von 200,000 Franken ergäbe, so würde dieser nach, der neuen AufsteUungsmethode in einem ungefähr gleich hohen E i n n a h m e n ü b e r s c h u ß verwandelt. Wir nehmen an, daß die Kate nicht Hand bieten werden zu einer Neuerung, die unter Umständen zur V e r s c h l e i e r u n g von t u t s ä c h l i c h e n D e f i z i t e n führen würde.

Wir hatten schon letztes Jahr darauf aufmerksam gemacht, daß es nicht anginge, die Verzinsung der Betriebskapitalien bloß für die Posten und Telegraphen aufzuheben, sondern daß diese Maßregel auch auf die übrigen Regieanetalten des Bundes ausgedehnt werden sollte. Die Finanzdelegation hat dies eingesehen.

Sie ist dann aber auf halbem Wege stehen geblieben und müchte
·nur noch die Pulver- und Münzverwaltung in das Postulat einbeziehen. Als Grund gibt sie an, daß alle Aufwendungen filidie Militärwerkstätten mangels eines Fiskalertrags derselben

1003

effektive Schulden darstellen. Wir können uns damit nicht einverstanden erklären, und unser Experte geht auch darin mit uns einig.

Einmal ist es nicht richtig, daß die Militärregieanstalteu keinen Ertrag aufweisen, sondern sie liefern fast jedes Jahr kleinere oder größere Rechnungsüberschüsse ab. Ferner wäre es ein leichtes, diese Überschüsse größer zu gestalten, wenn der Preis der Munition, der Fabrikate der Konstruktionswerkstätte und der Waffenfabrik höher gestellt würde. Es geschieht deshalb nicht, weil der Bund der Hauptabnehmer der Erzeugnisse dieser Anstalten ist. Existierten diese Werkstätten nicht, so müßte der Bund sich an die Privatindustrie wenden und erhielte dann die Lieferungen nicht mehr zum Selbstkostenpreis. Es kann also nicht gesagt werden, daß diese Anstalten keinen Ertrag abwerfen.

Warum z. B. die Weißpulverfabrik und die Munitionsfabriken, die doch nur ein Ausfluß des Pulverregals sind, anders behandeln als die Schwarzpulverfabriken? Die gegenwärtige Rechnungsaufstellung der Militärwerkstätten ist die nämliche wie für die Postverwaltung und Telegraphenverwaltung ; ist sie nicht richtig mit bezug auf diese letztern, so ist sie es auch nicht für die erstem.

Wir müssen uns mit allem Nachdruck einer nur teilweisen Anwendung des Postulats widersetzen, weil sie eine ungleiche Behandlung der Militärregieanstalten involvieren würde.

Wir verharren mit bezug auf das Rechnungswesen des Bundes in keinem starren Immobilismus und haben jederzeit Änderungen darin angebracht, sobald sie eine wirkliche Reform bedeuteten. So haben wir aus eigener Initiative vor einigen Jahren die doppelte Aufrechnung der Militärregieanstalten und der Münzverwaltung aufgehoben ; die Verrechnung der Ausgaben für die Bewaffnung der Feldartillerie ist zur Vermeidung einer ungebührlichen -Belastung der Verwaltungsrechnung in die Kapitalrechnung verwiesen worden, was zugleich eine bessere Kontrolle ermöglicht ; wir haben ferner die allmähliche Amortisierung der Liegenschaften begonnen. Mit dem Postulat Nr. 619 können wir uns aber in keiner Weise befreunden, weil wir aus all den angeführten Gründen und gestützt auf das Gutachten des Experten in demselben durchaus keine Vorteile, wohl aber viele Unzukömmlichkeiten und Nachteile erblicken. W i r b e a n t r a g e n

1004 d e s h a l b n o c h m a l s , e s s e i d i e s e r A n r e g u n g keine Folge zu g e b e n ; für d e n F a l l , a l s w i d e r E r w a r t e n di e B u n d e s ve r S a m m l u n g and e r e r A n s i c h t s e i n sollte, so e r s u c h e n wir d i e s e l b e , zu b e s c h l i e ß e n , es sei das Postulat Nr. 619 k o n s e q u e n t e r w e i s e a u f allo Regieanstalten des Bundes auszudehnen und anzuwenden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 13. Oktober 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Tabelle I.

Tableau I.

Auszug aus der Verwaltungsrechnung.

Auszug aus der Kapitalrechnung.

Extrait du compte-capital.

Extrait du compte d'administration.

Stand und Bewegung des verzinslichen Betriebskapitals der Postverwaltung, Etat et mouvement du capital d'exploitation portant intérêt de l'Administration des Postes.

Jahr

Année

1876 1877

1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889

Stand am Anfang des Jahres

Vermehrung

Verminderung

Etat au commencement de l'année

Augmentation

Diminution

Fr.

Fr.

Fr.

der Staatskasse der Postverwaltung an die Postverwaltung an die Staatskasse unter der Rubrik unter der Rubrik Stand Inventarluventarvermiuderung vermehrnngr am Ende des Jahres de la Caisse d'Etat de l'Administration Etat à l'Administration des Postes à la fin de l'année des Postes, à la Caisse d'Etat, sous la rubrique sous la rubrique Augmentation Diminution de l'inventaire de l'inventaire

Fr.

') 2,865,138. 54

--

2,865,138. 54

2,865,138. 54

-- --

128,293. 17 147,257. 24

2,736,845. 37

2,589,588. 13

--

--

2,589,588. 13 2,580,984. 96

-- --

2,574,305. 04

--

2,538,838. 48 2,442,693. 32 2,340,309. 86

-- -- -- --

2,330,861. 57 2,295,271. 95 2,294,556. 51

-- --

2,294,288. 44

--

Fr.

Fr.

--

2,736,845. 37

Übersicht der Vergütungen Tableau des bonifications

-- --

128,293. 17

--

147,257. 24

--

--

8,603. 17

2,589,588. 13 2,589,588. 13 2,580,984. 96

6,679. 92

2,574,305. 04

--

35,466. 56 96,145. 16

2,538,838. 48 2,442,693. 32

--

102,283. 46

2,340,309. 86

--

9,448. 29 35,589. 62 715. 44

2,330,861. 57

-- -- ...

268. 07

2,295,271. 95 2,294,556. 51 2,294,288. 44

--

2,294,288. 44

--

2,604,421. 14

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

2,813,877.

3,036,752.

3,113,252.

3,243,425.

3,400,107.

3,732,124.

3,906,290.

4,091,542.

12 72 15 44 18 46 24 44

4,433,629.

4,616,381.

4,681,072.

4,888,451.

4,981,684.

5,080,050.

33 23 88 88 96 07

--

8,603. 17 6,679. 92 35,466. 52

--

96,145. 20

--

102,383.

9,448.

35,589.

715.

268.

-- --

--

2

0

1890

2,294,288. 44

1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904

2,604,421.

2,813,877.

3,036,752.

3,113,252.

3,243,425.

3,400,107.

3,732,124.

3,906,290.

4,091,542.

4,433,629.

4,616,381.

4,681,072.

4,888,451.

4,981,684.

J )212,1 01. 051

|3) 98,031. 65 J 14 209,455. 98 12 222,875. 60 72 76,499. 43 15 130,173. 29 44 156,681. 74 18 332,017. 28 46 17.4,165. 78 24 185,252. 20 44 342,086. 89 33 182,751. 90 23 64,691. 65 88 207,379. -- 8893,233. 08 96 98,365. 11

*) Durch Hertrag von der Inventarrechnung.

Par report du compte d'inventaire.

2

) Durch Neuschätzung.

Par nouvelle estimation.

3

98,031. 65

--

209,455. 98

--

222,875.

76,499.

130,173.

156,681.

332,017.

174,165.

185,252.

342,086.

182,751.

64,691.

207,379.

93,233.

98,365.

-- -- -- --

60 43 29 74 28 78 20 89 90 65 -- 08 11

) Durch Vergütung der Staatskasse.

Par bonification de la Caisse d'Etat.

-- -- -- -- -- -- -- -- --

46 29 62 44 07

Tabella II.

Tableau U.

Auszug aus der Verwaltungsrechnung.

Auszug aus der Kapitalrechnung, Extra/t da compte-capital.

Extrait du compte

d'administration.

Stand und Bewegung des verzinslichen Betriebskapitals der Telegraphenverwaltung.

Übersicht der Vergütungen

Etat et mouvement du capital d'exploitation portant intérêt de l'Administration des Télégraphes.

Tableau des bonifications ··^^^·^^··^······aMMHnBIMW

Jahr Année

1876 1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884 1885 .

1886 1887 ' 1888 1889 1890 1 89.1 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904

Stand am Anfang des Jahres

der Bundeskasse an die Telegraphenverwaltung unter der Rubrik Stand InventarVermehrung am Ende des Jahres de la Caisse fédérale Etat à l'Administration à la fin de l'année des Télégraphes, sous la rubrique Augmentation de l'inventaire

Vermehrung

Verminderung

Etat au commencement de l'année

Augmentation

Diminution

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

--

795,190. 21 818,404. 61 764,298. 07 764,298. 07 822,381. 51 864,448. 11 890,423. 87 1,071,636. 41 1,079,944. 79 1,172,682.41 1,338,893. 40 1,570,490. 98 1,674,732. 75 1,539,330. 92 2,916,212. 19 2,417,930. 84 2,640,519. 76 3,543,123. 59 4,421,252. 11 4,740,913. -- 5,768,288. 97 6,873,891. 13 7,774,907. 31 8,012,600. 04 9,064,301. 82 10,127,750. 55 10,390,157. 85 10,612,528. 24 10,674,850. 71

795,190. 21 818,404. 61 764,298. 07 764,298. 07 822,381. 51 864,448. 11 890,423. 87 1,071,636.41 1,079,944. 79 1,172,682. 41 1,338,893. 40 1,570,490. 98 1,674,732. 75 1,539,330. 92 2,916,212.19 2,417,930. 84

') 795,1 90. 21 23,214. 40 -- -- 58,083. 44 42,066. 60 25,975. 76 181,212.54 8,308. 38 92,737. 62 166,210. 99 231,597. 58 104,241. 77 -- 1,376,881. 27 234,743. 41 ' 222,588. 92

2,640,519.76

902,603. 83

3,543,123. 59 4,421,252. 11 4,740,913. -- 5,768,288. 97 6,873,891.13 7,774,907. 31 8,012,600. 04 9,064,301. 82 10,127,750. 55 10,390,157.85 10,612,528. 24

878,128. 52 319,660. 89 1,027,375. 97 1,105,602. 16 901,016. 18 237,692. 73 1,051,701. 78 1,063,448. 73 262,407. 30 222,370. 39 62,322. 47

--

') Durch Hertrag von der Inventarrechnung.

Par report du compte d'inventaire.

--

54,106. 54 -- _._

--- ---- -- -- -- -- 135,401.83 -- 2 ) 733,024. 76 -- ------ ---- -- -- -- -- -- -- -- --

Fr.

--

23,214. 40

-- -- 58,083. 44 42,066. 60 25,975. 76 181,212. 54 8,308. 38 124,288. 49 195,685. 97 257,997. 83 104,241. 77 -- 324,304. 80 234,743. 41 222,588. 92 902,603. 83 878,128. 52 319,660.89 1,027,375. 97 1,105,602. 16 901,016 18 237,692. 73 1,051,701. 78 1,063,448. 73 262,407. 30 222,370. 39 62,322. 47

*) Durch Ausscheidung des Baukontos.

Par élimination du compte de construction.

der Telegraphenverwaltung an die Bundeskasse unter der Rubrik InventarVerminderung de l'Administration des Télégraphes à la Caisse fédérale sous la rubrique Diminution de l'inventaire

Fr.

-- --

54,106. 54 -- -- -- -- -- --' 31,550. 87 29,474. 98 26,400. 25' -- 135,401. 83 -- --· -- .._ ....

- -- --

....

_._ ------ -- -

Tabelle IH. -- Tableau III.

Guthaben der Bundeskasse an der Postverwaltung Sommes dues par l'Administration des Postes à la Caisse d'Etat 1903

Bï. 4,888,451. 88 ·n 5,793,116. -- V)

8,668,510. --

·il

9,320,426. --

11 8,579,435. -- ·n

8,693,340. --

V)

8,612,213. --

V)

7,630,373. --

·n

6,197,812. --

·n

7,263,365. --

V)

7,322,170. --

n

8,799,266. --

·n

4,981,684. 96

{ {

auf au 1.erJanuar 1 janvier 1.er Februar .

1 février 1.er März .

1 mars .

l. April .

1904

:Ì :1 :} :.} :'} :}

Fr. 4,981,684. 96

.

· 1

,, 7,171,554. --

August août September er septembre .

: Ì :1 : Ì :1 :·} : Ì

,, 7,265,319. --

!

{ 1 avril .

{ 1.r { i.i { i.i juillet .

! i.i i 1.2 octobre { 1.1 Oktober 1.

I 1 ! 1.1 { er

Mai mai er Juni juin

.

er Juli

.

r

.

.

er

er

.

November novembre .

Dezember er décembre .

31. Dezember 31 décembre .

er

,, 5,889,083. --

,, 8,957,230. -- ,, 9,434,950. -- ,, 8,911,000. -- ,, 9,413,210. --

,, 7,473,327. -- ,, 6,994,255. -- ,,

6,645,746. --

,,

6,876,848. --

,,

5,080,050. 07

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über das Postulat Nr. 619, betreffend die Verzinsung der Betriebskapitalien der Post- und Telegraphenverwaltung.

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Jahr

1905

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.11.1905

Date Data Seite

974-1004

Page Pagina Ref. No

10 021 680

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