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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Genehmigung des zwischen der Spiezer Verbindungsbahn und der Dampfschiffgesellschaft Thuner und Brienzersee abgeschlossenen Betriebsvertrages.

(Vom 11. September 1905.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 6. Mai 1905 legte der Verwaltungsrat.

der Spiezer Verbindungsbahn (Bahnhof--See) den mit der Direktion der Dampfschiffgesellschaft Thuner- und Brienzersee unterm 19. April 1905 abgeschlossenen Betriebsvertrag zur Genehmigung vor.

Gemäß Artikel 2 dieses Vertrages übernimmt die Dampfschiffgesellschaft Thuner- und Brienzersee den Betrieb und Unterhalt der Verbindungsbahn, und es fallen ihr hierbei folgende Obliegenheiten zu : a. die Anstellung, Beförderung und Entlassung des Personals,, die Beaufsichtigung desselben, sowie die Ausübung der Disziplinargewalt ; b. der Erlaß aller notwendigen Réglemente und Dienstvorschriften ; ,, c. die Erstellung und Einführung der erforderlichen Tarife für den Personen-, Gepäck- und Gütertransport im internen, sowie im direkten Verkehr mit ändern Transportanstalten j

129 d, die Bearbeitung des Fahrplans und die Veröffentlichung desselben; e. der Fahr- und Zugsdienst und die Besorgung des Stationsdienstes, soweit ein solcher überhaupt eingerichtet wird; f. der Unterhalt der Bahn und ihrer Zubehörden, der Hochbauten, des Rollmaterials und des Mobiliars, sowie die Lieferung aller Verbrauchsmaterialien; g. die Bahnpolizei; h. die Führung der Kontrolle, Buchhaltung und Kasse; i. die Versicherung des Personals, der Reisenden und Passanten gegen die Folgen der Haftpflicht, sowie der Waren und des Gepäcks, des Rollmaterials und der Gebäude gegen Feuersgefahr in der bei Bahngesellschaften üblichen Weise ; Ä. die Erledigung aller Reklamationsfälle, sowie die Führung von Prozessen, welche aus dem Betriebe inklusive Unterhalt hervorgehen ; L der Reklamedienst; m. die Vertretung der Verbindungsbahn in Steuerfragen; n. die Vertretung der Verbindungsbahn gegenüber Behörden und Privaten in allen Angelegenheiten des Betriebes inklusive Unterhaltes; o. die Entwerfung des Geschäftsberichtes und der Jahresrechnung.

Die Verbindungsbahn behält sich gemäß Artikel 3 vor: a. Die Genehmigung der Tarife (Grundtaxen); 6. die Genehmigung des Fahrplans; c. die Kreditbewilligung für Reklame; d. den Abschluß von Verträgen über Mitbenutzung von Stationsanlagen; e. den Abschluß von Konkurrenzverträgen betreffend den Transportdienst; f. den Abschluß von Verträgen betreffend die Stromlieferung; g. die Führung von Prozessen, welche nicht aus dem Betriebe inklusive Unterhalt hervorgehen ; ìi. die Beschlußfassung über Neubauten und Anschaffung von Roll- und Oberbaumaterial; ». die Feststellung der Jahresrechnung.

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Die Verhandlungen mit Dritten betreffend die sub lit.
Der Vertrag dauert vorläufig bis Ende 1906. Wird derselbe nicht wenigstens 6 Monate vor Ablauf dieser oder einer spätem Vertragsperiode von der einen oder ändern Partei gekündigt, so erneuert er sich stillschweigend jeweilen für drei Jahre.

Bei Auflösung des Vertrages ist die Dampfschiffgesellschaft gehalten, der Bahneigentümerin das zurzeit der Vertragskündigung auf der Linie in Verwendung stehende Personal zu überlassen; die Verbindungsbahn ist verpflichtet, dieses Personal ohne Ausnahmeauf Grund der von der Dampfschiffgesellschaft eingegangenen Anstellungsbedingungen zu übernehmen. Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Schiffsangestellte, welche zeitweise auf der Verbindungsbahn Verwendung finden.

Der Regierungsrat des Kantons Bern erklärte mittelst Schreibens vom 17. Juni 1905, daß er gegen diesen Vertrag keine Einwendungen erhebe.

"Wir sehen uns zu folgenden Bemerkungen veranlaßt: Im Artikel l sollten nicht allein die gesetzlichen, sondern auch die reglementarischen Bestimmungen über das Eisenbahnwesen für die Betriebsführung der Dampfschiffgesellschaft als verbindlich erklärt werden.

Gemäß Artikel 6 behält sich die Dämpfschiffgesellschaft das Recht vor, zeitweise oder für die ganze Dauer des Betriebsvertrages die Besorgung des Fahrdienstes (Wagenführer) dem Elektrizitätswerk an der Kander zu übertragen.

Diese Bestimmung muß von der Genehmigung ausgeschlossen werden, weil sie im Widerspruch steht mit Artikel 10 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1872, wonach ohne ausdrückliche Genehmigung des Bundes weder eine Konzession in ihrer Gesamtheit, noch einzelne in derselben enthaltene Rechte oder Pflichten in irgend welcher Form an einen Dritten übertragen werden dürfen. Dazu kommt, daß eine Teilung des Betriebes zwischen Dampfschiffverwaltung und Kanderwerk zu allerlei Komplikationen führen müßte, M'as sich insbesondere im Verkehr mit den Aufsichtsbehörden unangenehm geltend machen könnte.

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Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf, der den vorstehenden Bemerkungen Rechnung trägt und ferner die übliche Klausel betreffend Haftbarkeit der Bahneigentümerin enthält, zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 11. September 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der II. Vizekanzler : Oigandet.

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Bundesbeschluß betreffend

Genehmigung des zwischen der Spiezer Verbindungsbahn und der Dampfschiffgesellschaft Thuner- und Brienzersee abgeschlossenen Betriebsvertrages.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Spiezer Verbindungsbahn vom 6. Mai 1905, nebst Beilage; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 11. September 1905, beschließt: I. Dem zwischen der Spiezer Verbindungsbahn und der Dampfschiffgesellschaft Thuner- und Brienzersee unterm 19. April 1905 abgeschlossenen Betriebsvertrag wird unter den nachstehenden Vorbehalten die Genehmigung erteilt: 1. Im Art. l, Abs. l, sind außer den gesetzlichen Bestimmungen auch die reglementarischen Bestimmungen über das Eisenbahnwesen vorzubehalten.

2. Artikel 6 ist von der Genehmigung ausgeschlossen.

3. Für die Erfüllung der von der Betriebsgesellschaft übernommenen gesetzlichen und konzessionsmäßigen Pflichten im Sinne des Art. 28 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft haftet auch die Spiezer Verbindungsbahn.

II. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 15. Oktober 1905 in Kraft tritt, beauftragt.

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13.09.1905

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