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Bericht der

ständigen Alkoholkommissionen des National- und Ständerates über die Geschäftsführung und die Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1904.

(Vom 10. November 1905.)

Tit.

Einleitung.

Auf der ersten Seite unseres vorjährigen Berichtes finden Sie das nachfolgende Postulat der ständigen Alkoholkommissionen vom 7. Dezember 1903 erwähnt: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, spätestens bei Vorlegung des Betriebsbudgets der Alkoholverwaltung pro 1905 Bericht und Antrag darüber einzubringen, ob nicht die Bestimmungen der Art. 6 und 13 des Alkoholgesetzes auch mit bezug auf den relativ denaturierten Sprit sobald als möglich vollständig zur Durchführung zu bringen seien."

In der Dezembersession 1903 wurde dasselbe, ohne Widerspruch zu finden, akzeptiert und auch vom Bundesrate in zustimmendem Sinne entgegengenommen. Wir sind im Falle, Ihnen heute über diesen Gegenstand folgende Mitteilung zu machen.

Durch Bundesratsbeschluß vom 26. Juli 1904 waren die Inhaber

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von Bewilligungen zur relativen Denaturierung angewiesen worden, die benötigten gebrannten Wasser vom Januar 1905 hinweg ausschließlich bei der eidgenössischen Alkoholverwaltung zu bebeziehen, und es wurden ihnen gleichzeitig die der Marktlage entsprechenden Preise für das Jahr 1905 mitgeteilt; im fernem wurde den Bezügern von relativ denaturiertem Sprit eröffnet, daß die Preise für das Jahrfünft 1906/1910 nach Anleitung von Art. 14 des genannten Gesetzes im Laufe des Jahres 1905 bestimmt würden.

Während den Beratungen über die Gesetzesrevision von 1900 hatten die Industriellen, welche den größten Teil des relativ denaturierten Sprits verwenden, gegen die Einbeziehung desselben in das Monopol (Art. 6 und 13) keinen Widerspruch erhoben. Erst als man an die Ausführung dieser Gesetzesvorschriften ging, erhoben sie dagegen Protest; sie behaupteten, die Industrie werde auf diese Weise stark geschädiget, und wünschten, daß man ihnen die freie Einfuhr auch fürderhin gestatte (siehe Eingaben der Gesellschaft für chemische Industrie an die Bundesversammlung vom 1. November und 17. Dezember 1904).

Ganz besonders wendeten sich die Industriellen gegen die fünfjährige Fixierung des Preises im Sinne von Art. 14 des Alkoholgesetzes. In diesem Punkte schien die Beschwerde nicht unbegründet und auf Veranlassung der ständigen Alkoholkommissionen wurde von den eidgenössischen Räten in der Dezembersession 1904 das nachfolgende Postulat beschlossen : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht der Art. 14 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vom 29. Juni 1900 in dem Sinne zu revidieren sei, daß, an Stelle der fünfjährigen Preisbestimmung für relativ denaturierten Sprit, die letztere alljährlich stattzufinden habe."

Ein Gegenantrag war nicht gestellt worden, wohl aber wurde von Vertretern der Interessen der chemischen Industrie gewünscht, es möge der Bundesrat die Frage der freien Einfuhr des relativ zu denaturierenden Sprits neuerdings in Betrachtung ziehen.

Wir werden im Falle sein, Ihnen in unserm nächsten Berichte weitere Mitteilungen über diese sehr wichtige Angelegenheit .zu unterbreiten.

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Verwaltung.

Die Zahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Alkohqlverwaltung betrug im Jahre 1895: 78 ; 1899: 76 ; 1903 : 73 und 1904: 71 ; letztere Zahl freilich muß als eine vorübergehende betrachtet werden, weil eine Vakanz demnächst besetzt wird. In diesem Zweige der eidgenössischen Verwaltung hat also die Zahl der Angestellten eine Reduktion erfahren, ohne daß, nach unserm Erachten, hieraus Nachteil resultierte. Die Erfahrung des Geschäftsmannes lehrt, daß die Tätigkeit der Angestellten eine ersprießlichere ist, wenn letztere in ihren Bureaustunden vollauf beschäftiget sind und ihre Tätigkeit und Gedanken ganz der Aufgabe ihrer Stelle widmen müssen. Daß hierbei auch die Ausgaben für die Verwaltung etwelche Verminderung erfahren, ist selbstverständlich.

Aber auch aus ändern Gründen haben die Ausgaben der Verwaltung im Jahr 1904 ein Zurückgehen zu verzeichnen ; sie haben rund Fr. 405,600 betragen und stehen damit Fr. 14,400 unter dem Voranschlage. Dieser Minus erklärt sich im wesentlichen durch die Minderausgaben bei der. ,,Brennereikontrolle11 (Fr. 6100) und bei den Regiedepots Delsberg (Fr. 2200) und Romanshorn (Fr. 5200). Wir verweisen diesfalls auf die ausführlichen Darlegungen im Berichte des Bundesrates.

Das Mietdepot in Buchs ist mit Ende 1904 aufgehoben worden, sein Geschäftskreis war ein sehr beschränkter, und es wird derselbe nun durch die Filiale in Romanshorn besorgt, ohne daß das dortige Personal eine Vermehrung erfahren hat.

II. Einkauf.

a. Inlandsware.

Im Jahre 1904 belief sich der Landesbedarf auf: 58,758 Meterzentner Trinksprit (3273 Meterzentner mehr als 1903); 66,063 Meterzentner Denaturierungsware (1704 Meterzentner mehr als 1903).

Total 124,821 Der Inlandsviertel für unsere Brennereien hätte somit 31,205 Meterzentner betragen, und es kam daher das gesetzliche Maximum von 30,000 Hektolitern absoluten Alkohols gleich

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25,700 Meterzentnern 95 % Alkohols zur Anwendung. Tatsächlich hat die inländische Brennerei. 26,444 Meterzentner abgeliefert, also 744 Meterzentner zu viel, welche als Vorbrand für das nächste Jahr gebucht wurden. Der Durchschnittspreis kam auf Fr. 89. 22 zu stehen (1903: Fr. 88.17; 1902: Fr. 87.10)*). Das von der Inlandsbrennerei gelieferte Quantum repräsentiert 45°/o des Absatzes von Trinksprit.

Da der Durchschnittspreis der Kartoffeln auf Fr. 5. 55 zu stehen kam, war es gemäß § l des Brennereipflichtenheftes angezeigt, die Gesuche für das Brennen inländischer Körnerfrüchte bis zu einem gewissen Maße zu berücksichtigen. Es wurden im ganzen 70% Kartoffeln und 30% inländische Körnerfrüchte gebrannt, letztere zum Durchschnittspreise von Fr. 16. 57.

B. Auslandware.

Im Berichtsjahre wurden bezogen : Aus Deutschland 2,040 Meterzentner ,, Österreich-Ungarn . . . 54,273 ,, ,, Belgien 2,527 ,, Total

58,840 Meterzentner

Starke Preisfluktuationen hatten sich in den letzten 2 Jahren vollzogen und riefen Veränderungen in unsern Bezugsquellen hervor. Jahre hindurch wurden % unserer Einkäufe in ÖsterreichUngarn und '/s in Deutschland vollzogen; die Aufschlagsbewegung im Jahre 1903 rief eine Änderung herbei, die Bezüge aus letzterem Staate erreichten die Höhe von 37,000 Meterzentner, während diejenigen aus Österreich-Ungarn nur 32,000 Meterzentner ausmachten, im Jahre 1904 dagegen sehen wir die Lieferungen aus Deutschland auf ein Minimum von 3 % herabsinken. Die Bezüge aus Belgien sind neu und wurden durch diese Aufwärtsbewegung der Spritkurse veranlaßt.

Im Monat November 1902 hatten wir die tiefsten Spritkurse seit Bestehen des Monopols zu verzeichnen, dann begann der Aufschlag, welcher sich bis Ende 1903 reichlich auf 100%, bis im Monat September 1904 sogar auf 150% steigerte. Von diesem Zeitpunkte an trat wieder ein Zurückgehen der Spritkurse ein, es wurde namentlich hervorgerufen durch Italien, welches als neuer *) Diese Steigerung hat ihren Grund in der Entrichtung von Preiszuschlägen infolge gesteigerter Rohstoffpreise.

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Verkäufer im Markte erschien; verschiedene Einkäufe, welche wir von diesem Lande bewerkstelligten, sind vom Jahre 1905 an zu fakturieren. Infolge mehrerer günstiger Lieferungsabschlüsse war es der Alkoholverwaltung möglich, den Einkaufspreis mit Fr. 53. 06 (Fr. 24.15 Zoll und Fracht Inbegriffen) zu buchen.

Derselbe hatte im Jahre 1903 : Fr. 43. 06 und 1902 Fr. 47. 64 betragen. Im Budget war allerdings ein solcher von nur Fr. 46. 47 vorgesehen, die Differenz von Fr. 6. 59 entstand durch das oben erwähnte Steigen der Spritkurse.

Beschaffung von Holzgelbinden.

Ein einziger Verkäufer in Deutschland (C. A. F. Kahlbaum) liefert den Sprit in Holzgebinden, welche die Alkoholverwaltung dann wieder veräußert. Die größern Fässer enthalten ca. 6x/2 Hektoliter, die mittlern 3 V» Hektoliter, die kleinen 150 Liter, und es beträgt der Verkaufspreis Fr. 54, Fr. 32 und Fr. 20 per Stück.

Auf diesem Konto resultiert gewöhnlich ein bescheidener Gewinn, welcher im Budget nicht angeführt wird.

Verkauf.

Aus nachfolgenden Zahlen geht hervor, daß wir uns mit dem Verbrauche von Trinksprit wieder in aufsteigender Linie befinden. Derselbe betrug: 1898 66,945 Meterzentner 1899 64,417 1900 60,250 1901 50,826 ,, 1902 52,010 ,, 1903 56,771 1904 60,296 ,, Es entfielen im Berichtsjahre auf die billigern Sorten 85 °/t des Absatzes, nämlich: Feinsprit zu Fr. 170 71 % Rohspiritus ,, ,, 170 14% Primasprit ,, ,, 173 4 % Kahlbaumsprit ,, ,, 175 4 % Weinsprit ,, ,, 175 7 % Verkaufspreis im Durchschnitt Fr. 170. 68.

110 Der denaturierte Sprit weist wieder eine Vermehrung auf, sowohl gegenüber dem Verbrauche im Vorjahre als gegenüber dem Budget. Er betrug: 48,776 Meterzentner absolut denaturierten Sprit.

4,112 ,, relativ denaturierten Sprit von der Alkoholverwaltung direkt bezogen.

13,182 ,, relativ denaturierten Sprit, welcher von den Industriellen direkt vom Auslande bezogen wurde.

66,070 Meterzentner gegenüber 64,365 Meterzentner im Vorjahre.

Im Jahr 1890 hatten wir in diesen beiden Spritsorten einen Verbrauch von nur 26,729 Meterzentner zu notieren, nun ist derselbe fortwährend gewachsen und hat seit 1900 jedes Jahr denjenigen des Trinksprits überstiegen. Die Industrien, welche diese Spritsorte verwenden, sind, einige Ausnahmen abgerechnet, im Aufschwünge begriffen, und es ist daher eine weitere Zunahme des Verbrauchs dieses Industriesprits sehr wahrscheinlich.

Die Bundesbahnen haben der Alkoholverwaltung auf den Versendungen an ihre Kunden eine Frachtermäßigung von l0 °/o gewährt, was ungefähr den ihr früher von den Privatgesellschaften zugestandenen Rabatten entspricht.

Rückvergütung bei Ausfuhren.

Bei der Ausfuhr von Spirituosen etc. ins Ausland sind 40 Häuser in 11 Kantonen beteiligt. Im Jahre 1903 hatte dieselbe 1628 Hektoliters betragen, und ist nun im Berichtsjahre (1904) auf 1924 Hektoliter gestiegen. Von diesem Exporte entfallen 1807 Hektoliter auf Wermut und Absinth (ersterer ist in starker, letzterer in schwacher Zunahme begriffen), der übrige Teil auf Magenbitter, Parfumerien und Medikamente. Die Mehrausgabe auf dieser Abteilung beträgt rund Fr. 11,500.

Straf bestimmungen.

Nur aus 5 Kantonen sind der Alkohol Verwaltung Anzeigen von Übertretungen der Vorschriften des Alkoholgesetzes zugegangen, im ganzen waren es 11 Anzeigen, . wovon 8 durch Beamte der Alkoholverwaltung und 3 durch kantonale Polizei-

Ili organe eingereicht wurden. Die Bußen und Monopolgebühren haben den ausehnlichen Betrag von Fr. 8179 erreicht. Hiervon entfielen Fr. 6959 auf 3 einzelne Fälle. Im Jahre 1903 waren Fr. 5756 eingegangen.

Rechnung und Bilanz.

Der Überschuß der Betriebsrechnung beträgt mit Inbegriff von Fr. 86,649 Saldo des Vorjahres Fr. 6,785,283, während das Budget nur einen solchen von Fr. 6,410,000 vorgesehen hatte ; dieses Ergebnis gestattete einen Verteiler von Fr. l. 95 auf den Kopf der ortsanwesenden Bevölkerung (3,325,023). Im Voranschlage pro 1904 war den Kantonen nur ein solcher von Fr. 1. 90 in Aussicht gestellt worden. Dieses günstige Ergebnis wird nur von den Jahren 1890, 1897 und 1898 übertroffen.

Die Auszahlung an die Kantone betrug Fr. 6,483,794, sodann wurden Fr. 25,000 in den Fonds für Erstellung eines Denaturi erungsstofflagers in Romanshorn eingelegt, da diese notwendige Baute in diesem Betrage von den eidgenössischen Räten beschlossen war; im ferneren wurde eine Summe von Fr. 273,764 als Aktivsaldo-Überschuß auf das Jahr 1905 gebucht. Dieser bedeutende Übertrag erfolgte mit Rücksicht auf den reduzierten EinnahmeÜberschuß des Jahres 1905, welcher infolge des Rückganges des Verkaufes und der höhern Einkaufspreise für Auslandsprit zweifelsohne eintreten wird. Aus dem nämlichen Grunde wurden die am 31. Dezember 1904 vorhandenen Vorräte von Auslandsprit zu einem reduzierten Preise angesetzt. Dieses Verfahren ist den eidgenössischen Räten bei der Beratung des Alkoholbudgets pro 1905 mitgeteilt und von denselben gutgeheißen worden. Der Aktivsaldo-Übertrag ist übrigens bei der Alkoholrerwaltung keine neue Erscheinung, auf das Jahr 1904 hatte derselbe, wie oben angeführt, Fr. 86,649 betragen.

Das sehr günstige Resultat dieser Rechnung, welches gegenüber dem Budget ein plus von Fr. 375,283 aufweist, rührt hauptsächlich von dem vermehrten Absatz von Trinksprit her, es wurden 60,296 Meterzentner verkauft, während das Budget nur 55,000 Meterzentner vorgesehen hatte.

Die Rechnung und Buchführung der Alkohol ver waltung ist in bisheriger Weise durch den Revisionsausschuß und durch zwei Mitglieder der Delegation eingehend geprüft worden; das Resultat dieser Arbeit war sehr befriedigend, und wir sehen uns zu keinen weitern Bemerkungen veranlaßt.

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Gegen den Schluß des Berichtsjahres ging das neue Verwaltungsgebäude in Bern seiner Vollendung entgegen, im fernem wurden die Bauten des Verwaltungsgebäudes in Delsberg und des Denaturierstofflagers in Romanshorn in Angriff genommen.

In unserm nächsten Berichte werden wir über die Kosten dieser Bauten genauen Aufschluß erteilen.

Schlusserörterungen.

Im Berichte der Alkoholverwaltung wird der Konsum des monopolpflichtigen Branntweins auf 4,s Liter (SOgrädiger) Alkohol berechnet, der Konsum von monopolfreiem Branntwein ist auf l Liter zu veranschlagen, so daß der Gesamtkonsum im Jahre 1904 5,3 Liter SOgrädigen Alkohol pro Kopf der Bevölkerung betragen hat. Im übrigen verweisen wir den Leser, der sich für diese Frage interessiert, auf unsern letzten Kommissionsbericht.

Seit der Einführung des Alkoholmonopols im Jahre 1887 sind an die Kantone im ganzen rund 98 1 /i Millionen verteilt worden ; diese Summe kam dem Haushalte, insbesondere in denjenigen Kantonen zu statten, welche kein Ohmgeld bezogen hatten, es waren deren 8 (Zürich, Thurgau, Neuenburg, St. Gallen, Schaffhausen, Schwyz und beide Appenzell), aber auch von den 16 Ohrngeld-Kantonen haben nur Freiburg, Solothürn und Luzern Einbuße erlitten, während bei allen ändern der Ausfall der Ohmgelder durch die Alkoholquoten mehr als ersetzt wurde.

In Genf lagen des städtischen Octrois wegen besondere Verhältnisse vor.

Wir schließen mit dem Antrage, ,,Es sei der Geschäftsführung und der Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1904 die Genehmigung zu erteilen."1 Z ü r i c h , den 10. November 1905.

Namens der ständigen Alkoholkommissionen: Der Berichterstatter: Abegg, Nationalrat.

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Bericht der ständigen Alkoholkommissionen des National- und Ständerates über die Geschäftsführung und die Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1904. (Vom 10. November 1905.)

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29.11.1905

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