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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Gewährleistung der Abänderung des Art. 99 der Verfassung des Kantons Genf.

(Vom 31. Januar 1905.)

Tit.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 1904 hat uns der Staatsrat des Kantons Genf mitgeteilt, daß in der Volksabstimmung vom 27. November 1904 mit 4634 gegen 2475 Stimmen die folgende Abänderung des Art. 99 der Genferischen Kantonsverfassung beschlossen worden sei: Art. 99: ,,Tous les magistrats de Tordre judiciaire sont, élus par l'ensemble des électeurs réunis en Conseil Général.

,,Il n'est pas dérogé à la loi constitutionnelle du 4 octobre 1882 réglant le mode d'élection des tribunaux de prud'hommes.

,,La loi règle tout ce qui concerne l'exécution du présent article, ainsi que, même en dérogation au principe constitutionnel, le mode de pourvoir aux fonctions qui deviendraient vacantesdans l'intervalle des élections générales.a Disposition transitoire.

,,Jusqu'à la promulgation de la loi organique prévue à l'article 99 ci-dessus, les dispositions des lois actuelles relatives à la nomination des magistrats de l'ordre judiciaire, restent en vigueur."

442 Für diese Bestimmung wird die Gewährleistung des Bundes nach Art. 6 der Bundesverfassung nachgesucht.

Art. 99 lautete bisher: ,,Le Grand Conseil nomme tous les magistrats de l'ordre judiciaire. Il choisit les membres du tribunal de commerce parmi les commerçants et les anciens commerçants.

,,La loi peut réserver à d'autres corps la nomination des membres des tribunaux chargés de statuer sur les délits militaires.a Durch die Verfassungsänderung soll somit die Wahl der .Justizbeamten des Kantons Genf vom Großen Rat auf die Wähler übertragen werden. Justizbeamte sind in Genf nach dem Gesetz vom 10. Februar 1904: die gewerblichen Schiedsgerichte; die Friedensrichter; ein erstinstanzliches Gericht; ein Obergericht für Zivil-, Kriminal- und korrektioaelle Sachen ; die Staatsanwaltschaft; ein Untersuchungsrichter und sein Substitut; eine Untersuchungskammer; eine Vormundschaftskam m er ; ein Kassationshof.

Hinsichtlich des im letzten Alinea des neuen Art. 99 gemachten Vorbehaltes hat die Regierung des Kantons Genf mit Zuschrift vom 20. Dezember 1904 bemerkt, es solle damit die Möglichkeit vorbehalten werden, daß bei Vakanzen, die während einer Amtsdauer eintreten, diese Stellen in anderer Weise ausgefüllt werden als durch Volkswahl, und es solle die Regelung des Vorgehens hierbei dem Organisationsgesetz überlassen werden.

Wir haben uns gefragt, ob diese Fassung der neuen Verfassungsbestimmung zu einem Vorbehalt Veranlassung geben könnte, dahingehend, daß auch das Organisationsgesetz, soweit es von der Verfassung abweichende Bestimmungen enthält, der Genehmigung der Bundesversammlung zu unterbreiten wäre. Wir haben jedoch davon Abstand genommen, weil wir als den Inhalt der neuen Verfassungsbestimmung betrachten: es soll dem Organisationsgesetz die Möglichkeit gegeben werden, die Richterwahlen in von der Verfassung abweichender Weise zu regeln. Das ist eine Bestimmung, die sieh in noch weitergehendem Maße auch in anderen Kantonsverfassungen findet. So bestimmt z. B. Art. 61, Abs. 2, der Verfassung des Kantons Bern:

443

,,Dem Gesetze bleibt vorbehalten, in der· Organisation des Zivilgcrichtswesens Veränderungen zu treffen, wenn solche für nötig erachtet werden."

Damit ist die Möglichkeit gegeben, auf dem Wege der ordentlichen Gesetzgebung die von der Verfassung getroffene Organisation zu ändern.

Die bernische Verfassung hat aber die Genehmigung der Bundesversammlung ohne Vorbehalt erhalten.

Die heute vorliegenden Verfassungsbestimmungen des neuen Art. 99 enthalten nichts, was den in Art. 6 der Bundesverfassung aufgestellten Anforderungen widerspricht. Wir beantragen daher, dem Art. 99 der Genferischen Verfassung die nachgesuchte "Crewährleistung zu erteilen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen .Hochachtung.

B e r n , den 31. Januar 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Eingier.

Buudesblatt. 57. Jahrg. Bd.^I.

31

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die eidgenössische Gewährleistung der Abänderung des Art. 99 der Verfassung des Kantons Genf.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der .Botschaft und des Berichtes des Bundesrates vom 31. Januar 1905 betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Abänderung des Art. 99 der Verfassung des Kantons Genf; in Anbetracht, daß der revidierte Artikel nichts enthält, was den Vorschriften der Bundesverfassung widerstreitet; daß dieser Artikel in der Volksabstimmung vom 27. November 1904 von der Mehrheit der stimmenden Bürger angenommen worden ist; in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschließt: 1. Dem revidierten Art. 99 der Verfassung des Kantons Genf wird die eidgenössische Gewährleistung erteilt.

2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses.

Beschlusses beauftragt.

c

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d e s

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Entschädigungsbegehren des Emanuel Weber in Wohlen.

(Vom 31. Januar 1905.)

Tit.

Emanuel Weber, geb. 1865, Füsilier im Bataillon 116/1, Landarbeiter in Wohlen (Aargau), hat am 26. März 1904 an die eidgenössische Militär Versicherung in Bern das Gesuch gerichtet, es sei ihm für die von ihm im Militärdienst erworbene Epilepsie eine Entschädigung von Fr. 4000 auszurichten. Es wurde dieses Gesuch am 18. Juni 1904 von der eidgenössischen Pensionskommission behandelt und als unbegründet abgelehnt ; als Weber gegen diesen Entscheid an den Bundesrat rekurriert hatte, befaßte sich die Pensionskommission in ihrer Sitzung vom 4. November noch einmal mit dieser Angelegenheit, kam aber zu demselben Schlüsse wie früher und empfahl dem Bundesrat die Abweisung des Rekurses. Am 2. Dezember 1904 beschloß dann auch der Bundesrat das Entschädigungsgesuch des Weber abzuweisen, weil seine Epilepsie nicht als Folge des Militärdienstes betrachtet werden könne.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Gewährleistung der Abänderung des Art. 99 der Verfassung des Kantons Genf. (Vom 31. Januar 1905.)

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01.02.1905

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