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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Fälschung einer Bundesakte bestraften Adolf Humbel von Boniswil (Aargau).

(Vom 22. September 1905.)

Tit.

Adolf Humbel von Boniswil, geb. 1881, gewesener Angestellter des Postbureaus Lausanne, hat im Dezember 1904 ein Mandai; der schweizerischen Postverwaltung zur Auszahlung der Summe von Fr. 1000 an eine Frauensperson in Lausanne unter Nachahmung eines Aufgabestempels des Postbureaus Bundeshaus Bern fälschlicherweise verfaßt und dasselbe in einen Briefkasten des Ha,uptpostbureaus in Lausanne eingeschmuggelt, um die Auszahlung der Mandatsumme an die Adressatin zu bewirken.

Das Polizeigericht des Bezirkes Lausanne verurteilte wegen dieser Handlungen, die sich als Fälschungen einer Bundesakte und Gebrauch derselben qualifizieren (Art. .61 des Bundesstrafrechtes vom 4. Februar 1853), den Adolf Humbel am 10. Februar 1905 zu einem Jahr Zuchthaus, dreijährigem Verluste des Aktivbürgerrechtes und zur Tragung der Kosten.

Humbel hat bei Eröffnung der Strafuntersuchung das verübte "Verbrechen sofort eingestanden. Er war nicht vorbestraft, und es ist der Postverwaltung kein Schaden entstanden, da die Fälschung des Mandates vor dessen Auszahlung entdeckt wurde.

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Mit Eingabe vom 29. August 1905 stellt der Verurteilte das Gesuch, daß ihm, nachdem er mehr als die Hälfte der ausgesprochenen Strafe erstanden, der Rest der Freiheitsstrafe und der Entzug des Aktivbürgerrechtes auf dem Wege der Begnadigung erlassen werden möchte. Zur Begründung macht er in erster Linie geltend: Es wäre ihm, wenn sein Verbrechen nach den Gesetzen des Kantons Waadt beurteilt worden wäre, die Rechtswohltat des Strafaufschubes gewährt worden. Die zufällige Anwendbarkeit des Bundesstrafrechtes sei daher eine ganz besondere Härte, ebenso der Umstand, daß das eidgenössische Recht noch den Richter an besondere Strafminima binde, die aus dem waadtländischen Gesetze eliminiert worden seien. Endlich fehle im Bundesstrafrecht die Möglichkeit der bedingten Freilassung, die bei einer Bestrafung nach kantonalem Rechte hätte eintreten können. Unter diesen Verhältnissen glaubt Petent auf Milderung des Urteiles durch Begnadigung hoffen zu dürfen und fügt bei, er werde sich die ausgestandene Strafe filr die Zukunft zur Lehre dienen lassen und durch untadelhafte Aufführung den Beweis seiner Reue erbringen.

Die Strafanstaltsdirektion berichtet, Humbel habe sich seit seiner Einlieferung durchaus untadelhaft betragen und sei innert den kürzesten Fristen in die höheren Klassen der Sträflinge vorgerückt. Er scheine aufrichtige Reue über seinen Fehltritt zu empfinden und habe immer mit Fleiß und Eifer gearbeitet. Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt spricht sich zu gunsten der Begnadigung des Petenten aus, der mehr aus Schwäche als aus schlechter Gesinnung straffällig geworden sei ; die als sehr ehrbar bekannte Familie des Verurteilten werde nicht ermangeln, seine Bestrebungen, wieder auf gute Wege zu kommen, bestens zu unterstützen.

Das waadtländische Gericht, an welches die Beurteilung des Adolf Humbel delegiert wurde, hat über ihn das Mindestmaß der auf nicht ganz geringfügige Fälle von Fälschung von Bundesakten angedrohten Freiheitsstrafe verhängt. Dabei mußte nach Art. 3 des Bundesstrafrechtes neben Zuchthausstrafe auch der Verlust des Aktivbürgerrechtes ausgesprochen 'werden, hinsichtlich dessen Dauer das Gesetz kein Minimum festsetzt.

Die objektiven und subjektiven Verhältnisse des Falles lassen das Begnadigungsgesuch als der Empfehlung würdig erscheinen.

Es handelt sich um eine
Fälschung, aus welcher kein Schaden entstanden ist. Der Verurteilte selbst war zur Zeit der Tat erst 23 Jahre alt und noch nicht vorbestraft. Er geriet durch vorüber-

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Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Die Zuchthausstrafe des Adolf Humbel sei im Wege der Begnadigung auf acht Monate zu reduzieren.

B e r n , dea 22. September 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Euch et.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

-&K>fi~

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Fälschung einer Bundesakte bestraften Adolf Humbel von Boniswil (Aargau). (Vom 22.

September 1905.)

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