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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Pruntrut nach Damvant (Grenze).

(Vorn 30. März 1905.)

Tit.

Das Initiativkomitee für eine Normalspurbahn von Pruntrut nach Damvant (Grenze), das im Besitze der Konzession vom 28. Juni 1902 (E. A. S. XVIII, 133) ist, stellte mittelst Eingabe vom 18. April 1904 das Gesuch um Verlängerung der Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten um zwei Jahre, d. h. bis zum 28. Juni 1906.

Der Regierungsrat des Kantons Bern sprach sich unterm 4. Mai 1904 zu gunsten dieses Gesuches aus.

Kurz darauf kündigte ein Konsortium von Anhängern einer Schmalspurbahn Pruntrut-Damvant dem Eisenbahndepartement an, daß es gegen die Fristverlängerung Einsprache erhebe und demnächst eine bezügliche Eingabe machen werde. Die letztere ging dem Departement am 23. September 1904 zu und wurde am 15. Oktober 1904 durch eine Reihe von Beilagen ergänzt.

Die Unterschrift lautete: ,,Namens des Konsortiums der Konzessionsbewerber für eine Schmalspurbahn : R. B. Ritter, IngénieurConseil in Freiburg". Es ist hier einzuschalten, daß die Herren R. B. Ritter und Mithafte am 19. Juni 1903 ein Konzessionsgesuch für eine Schmalspur- oder Straßenbahn von Damvant

960 über Pruntrut nach Lugnez eingereicht haben. Da aber damals die Konzession für eine Normalbahn Pruntrut-Damvant in Kraft war und die neuen Bewerber sich nicht darüber ausweisen konnten, daß sie die Bewilligung zur Benützung der Straßen erhalten haben, konnte das Eisenbahndepartement dem Konzessionsgesuche keine Folge geben. Auch heute muß dasselbe außer Betracht fallen, weil die Bewilligung zur Straßenbenützung immer noch aussteht. Es handelt sich somit nur um das Fristverlängerungsgesuch für die bereits konzessionierte Bahn, welchem die Konzessionsbewerber für ein noch gar nicht spruchreifes Projekt opponieren.

In ihrer sehr langen Eingabe, auf welche wir im übrigen zu verweisen uns erlauben, machen die Einsprecher hauptsächlich folgendes geltend: Vom w i r t s c h a f t l i c h e n Standpunkte aus: Eine Normalspurbahn wäre ein finanziell unglückseliges Unternehmen, das sowohl mit bezug auf die Anlage als auf die Betriebskosten in gar keinem Verhältnis stände zu den Bedürfnissen und Mitteln der Gegend. Der Beweis hierfür werde durch die Betriebsergebnisse der Eisenbahn Pruntrut-Bonfol und der Automobilgesellschaft des Amtsbezirkes Pruntrut geleistet.

Vom i n t e r n a t i o n a l e n Standpunkte aus : Frankreich werde keine Normalspurbahn zum Anschluß an die Linie Pruntrut-Damvant bauen, sondern nur eine Schmalspurbahn. Der Bau einer Normalspurbahn Pruntrut-Damvant wäre also gleichbedeutend mit dem bleibenden Verzicht auf einen Anschluß an Frankreich in dieser Richtung.

Vom m i l i t ä r i s c h e n Standpunkte aus : Wir erlauben uns hier, auf die Eingabe selbst zu verweisen.

Vom a l l g e m e i n e n Standpunkte aus : Das Projekt einer Schmalspurbahn diene den meisten Interessen und biete den größten Nutzen. Anstatt die Gegend in Armut zu stürzen, wie es die Normalspurbahn täte, würde sie dieselbe bereichern : auch sei sie sofort ausführbar.

Das Initiativkomitee für die Normalspurbahn ließ sich am 30. November 1904 in der Hauptsache wie folgt vernehmen: Vom w i r t s c h a f t l i c h e n Standpunkte aus: Die Einsprecher hätten alle Grundlagen des Verkehrs unterschätzt, auf welchen die Pruntrut-Damvantbahn jetzt schon rechnen könne, und den zukünftigen Verkehr überhaupt außer acht gelassen. Namentlich fehle den Betriebsergebnissen der Pruntrut-Bonfolbahn und der

961 Automobilgesellschaft Pruntrut jede Beweiskraft. Die Situation der Pruntrut-Bonfolbahn bessere sich infolge verschiedener Umstände und werde geradezu günstig werden, sobald einmal der Anschluß an das elsaß-lothringische Bahnnetz vollzogen sei. Wenn die Betriebsergebnisse der Automobilgesellschaft ungünstig waren, so rühre das von dem mangelhaften Betrieb her. Die Annahme des normalspurigen Lokalbahntypes der Pruntrut-Bonfolbahn und die Fusion mit dieser Bahngesellschaft, auf welche alle Interessenten hinarbeiten werden, seien geeignet, die wirtschaftlichen Aussichten der Pruntrut-Damvantbahn merklich zu verbessern.

Die Erstellung irgend einer ändern Bahn, eines Tramways, von Pruntrut nach Damvant, wie es die Herren Ritter und Mithafte wollen, heiße ein unpassendes, notwendigerweise isoliertes, den Bedürfnissen und den künftigen Anforderungen der Gegend nicht entsprechendes Werk Schäften an Stelle eines gleichförmigen Verkehrsweges, der durch eine Lokalbahn gegeben sei, wenn man die Landesgegend von der elsäßischen Grenze bei Pfetterhausen bis zur französischen Grenze bei Damvant bedienen wolle.

Vom i n t e r n a t i o n a l e n Standpunkte aus: Wenn auch zugegeben werden müsse, daß in Frankreich gewisse Kreise für eine schmalspurige Bahnverbindung tätig seien, so stehe nichts destoweniger fest, daß andere und zwar nicht weniger kompetente Kreise eine rationelle Lösung nur in einer normalspurigen Verbindungslinie und in der Schaffung eines direkten Verkehrsweges Clerval-Damvant-Pruntrut erblicken. Die Frage sei noch in keiner Weise entschieden, wie die Einsprecher zu verstehen geben.

Vom m i l i t ä r i s c h e n Standpunkte aus: Auch hier erlauben wir uns, auf die Eingabe zu verweisen.

Vom a l l g e m e i n e n Standpunkte aus : Alle Gemeinden, welche von der Linie Pruntrut-Damvant berührt werden sollen, haben, mit Ausnahme der kleinen Gemeinde Réclère, ihre Zustimmung zum Normalbahnprojekt erklärt und begründet. Eine Straßen- oder Schmälspurbahn würde nach ihrer Ansicht mit bezug auf die Eisenbahnfrage jener Gegend einen bedauerlichen Dualismus schaffen und die Frage der durchgehenden Verbindung in einer Weise lösen, die den wirtschaftlichen Interessen und der Entwicklung der Gegend zuwiderlaufe.

Zur Vernehmlassung über das Fristverlängerungsgesuch, die Einsprache und die Antwort auf letztere eingeladen, gab die Regierung des Kantons Bern mit Schreiben vorn 18. Januar 1905

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ihrer Ansicht dahin Ausdruck, daß nicht gsnügend Grund vorhanden sei, um die für eine Normalbahn erteilte Konzession zu unterdrücken oder zu ändern. Sie wies auch darauf hin, daß die beteiligten Gemeinden im allgemeinen der Fristverlängerung günstig gesinnt seien. Einige derselben seien der Ansicht, diese Verlängerung solle zwar bewilligt, inzwischen aber die Frage der Spurweite geprüft werden. Die Regierung schloß sich dieser Ansicht an und empfahl die Fristverlängerung, in der Meinung, daß in den nächsten zwei Jahren die Frage, welche Spur zu wählen sei, ihre Lösung finden werde.

Das Militärdepartement hat gegen die Fristverlängerung ebenfalls nichts einzuwenden.

Unter diesen Umständen können wir nur beantragen, dem Normalspurbahnkomitee die gewünschte Fristverlängerung zu bewilligen. Wenn es dem Komitee bis zum Ablauf der Frist, d. h.

bis zum 28. Juni 1906, nicht gelungen sein wird, zu dem definitiven Resultat zu kommen, das es heute in Aussicht stellt, so wird es immer noch früh genug sein, eine Schmalspurbahn zu konzessionieren, vorausgesetzt natürlich, daß ein solches Gesuch dannzumal gestellt wird und spruchreif ist, was heute noch nicht zutrifft.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf, durch welchen dem Fristverlängerungsgesuche für die Normalspurbahn entsprochen werden soll, zur Annahme und benützen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. März 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Rächet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

963 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Pruntrut nach Damvant (Grenze).

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Gesuches des Initiativkomitees für eine normalspurige Eisenbahn von Pruntrut nach Damvant (Grenze) vom 18. April 1904; 2. einer Einsprache der Herren Ritter und Mithafte, vom 23. November 1904; 3. einer Eingabe des genannten Komitees, vom 30. November 1904; 4. eine Botschaft des Bundesrates, vom 30. März 1905, beschließt: 1. Die im Artikel 5 der Konzession einer Eisenbahn von Pruntrut nach Damvant (Grenze) vom 28. Juni 1902 (E. A. S.

XVIII, 133) angesetzte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, wird um zwei Jahre, d. h. bis zum 28. Juni 1906, erstreckt.

2. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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