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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Gefährdung einer elektrischen Anlage bestraften Johann Frei, geb. 1889, Sohnes des Johann Frei, Dreher in Oberdorf-Watt, Kanton Zürich.

(Vom 17. März 1905.)

Tit.

Der Knabe Johann Frei hat am 9. Oktober 1904 mittelst Steinwurfes einen Isolatorenkörper der Hochspannungsleitung Beznau-Seebach des Elektrizitätswerkes ,,Motor" in der Nähe des Dorfes Watt zerschlagen. Er wurde hierfür vom Bezirksgericht Dielsdorf gestützt auf Artikel 55, lit. a, des Bundesgesetzes betr.

die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen vom 24. Juli 1902 mit einem Tag Gefängnis bestraft und zur Tragung der Kosten mit Inbegriff von Fr. 10 Staatsgebühr verurteilt.

Vater und Sohn Frei stellen nun das Gesuch, es möchte dem letztern die Freiheitsstrafe in Gnaden erlassen werden, mit Rücksicht auf seine Jugend und die Geringfügigkeit des eingetretenen Schadens. Das Bezirksgericht Dielsdorf teilt mit, die Gefängnisstrafe sei nur verhängt worden, weil das Gesetz solche in zwingender Weise verlange; das Gerieht befürworte das eingelegte Begnadigungsgesuch, in Anbetracht, daß es sich lediglich um einen unüberlegten Bubenstreich handle.

Der Knabe Frei, geboren den 2. Juli 1889, hat mit seinem Steinwurf offenbar nur den ihm sichtbaren Isolatorenkörper treffen und Bundesblatt. 57. Jahrg. Bd. II.

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beschädigen, nicht aber auch die Störung der Starkstromleitung herbeiführen wollen, welche die indirekte Folge eines derartigen Angriffes auf die Hülf sapparate sein kann ; er war sich auch sehr wahrscheinlich dieser Tragweite seines Verhaltens im kritischen Zeitpunkte kaum bewußt. Unter solchen Umständen trug das Vergehen des Frei eher den Charakter einer fahrlässigen, als denjenigen einer vorsätzlichen Handlung (Artikel 56 des Bundesgesetzes betr. die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen und Artikel 12 des Bundesstrafrechtes vom 4. Februar 1853), und es wäre demnach die Anwendung bloßer Geldbuße zulässig gewesen. Unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Fehlbaren sprechen diese Momente für den Erlaß der Freiheitsstrafe im Wege der Begnadigung, so sehr auch, anderseits die großen Gefahren, welche jede Störung von Hochspannungsleitungen mit sich bringt,, richterliche Strenge zur Pflicht machen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung 'den Antrag: Es sei dem Johann Frey die Gefängnisstrafe zu erlassen.

B e r n , den 17. März 1905.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ruchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

-OÏ-O-EÇ--

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen fahrlässiger Gefährdung des Eisenbahnverkehres bestraften Friedrich Wehrli, Stellwerkaufseher in Brugg.

(Vom 20. März 1905.)

Tit.

Am 25. März 1904, vormittags, entgleiste bei der Einfahrt in die Eisenbahnstation Rupperswil, Kt. Aargau, der Zug AarauImmensee Nr. 3967 der Schweizerischen Bundesbahnen. Die kantonalen Behörden veranstalteten eine Strafuntersuchung zur Feststellung der Ursachen und Folgen des Unfalles und überwiesen nach erfolgter Delegation der Gerichtsbarkeit zwei Eisenbahnangestellte wegen fahrlässiger Eisenbahngefährdung dem Strafrichter, nämlich : Heinrich P e t e r , Schlosser in Aarau, und Friedrich W e h r l i , Stellwerkaufseher, zur Zeit des Unfalles in Aarau, jetzt in Brugg wohnhaft.

Beide wurden vom Bezirksgericht Lenzburg des eingeklagten Deliktes schuldig erklärt, unter Verurteilung des Peter zu sieben, des Wehrli zu vierzehn Tagen Gefängnis Als der letztere den Entscheid an das Obergericht des Kantons Aargau weiterzog, bestätigte dieses das erstinstanzliche Erkenntnis bezuglich Schuld und Strafe mit folgenden Erwägungen :

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Gefährdung einer elektrischen Anlage bestraften Johann Frei, geb. 1889, Sohnes des Johann Frei, Dreher in Oberdorf-Watt, Kanton Zürich. (Vom 17. März 1905.)

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Bundesblatt

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Jahr

1905

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2

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13

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22.03.1905

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467-469

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