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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Abänderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank.

(Vom 7. September 1923.)

l. Der Ständerat hat am 24. März 1922 bei der Behandlung des Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des am 9. Dezember 1921 in Paris abgeschlossenen Zusatzvertrages zum internationalen Munzvertrag von 1885 folgendes Postulat aufgestellt : ,,Der Bundesrat wird, in Ansehung der zufolge Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 1920 ausser Kurs gesetzten und ·dem Bunde mit dem 31. Dezember 1923 anfallenden fremden Fünffrankenstücke und im Hinblick auf den Zusatzvertrag vom 9. Dezember 1921 zum internationalen Münz vertrag von 1885, eingeladen, im Benehmen mit der Nationalbank zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob er als Ersatz des mit dem 31. Dezember 1923 endenden Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921 betreffend die Abänderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank einen neuen gesetzgeberischen Erlass in Vorschlag zu bringen gedenkt, sowie in diesem Falle rechtzeitig die bezüglichen Anträge zu stellen.a Absatz 3 des bis zum 31. Dezember 1923 befristeten Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921 betreffend die Abänderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank hat folgenden Wortlaut: ,,Art. 20. Der Gegenwert der im Umlauf befindliehen Noten wird, soweit er in Fünffrankenstücken der Staaten der lateinischen Münzunion besteht, zum Marktwerte ihres Silbergehaltes berechnet. Dieser Teil der Metallreserve darf jedoch nicht mehr als einen Fünfteil derselben betragen,"

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2. Gestützt auf diesen Bundesbeschluss wurde daraufhin zwischen dem Bundesrat und der Nationalbank ein Abkommen mit gleicher Gültigkeitsdauer getroffen, wonach die Bank vom Bund für den nicht in die Metalldeckung aufgenommenen Teil des Bestandes an Fünffrankenstücken eine unverzinsliche Schuldverschreibung (Reskription) erhält.

Zu einem solchen Vorgehen hielten sich die Bundesbehörden, wie auch die Behörden der Nationalbank um so mehr berechtigt, als durch die Münzabkommen vom 6. November und 12. Dezember 1885 unter den Mitgliedern der lateinischen Münzunion Liquidationsbestimmungen vereinbart worden waren, welche der Schweiz das Recht gaben, die teilweise oder gänzliche Rücknahme der Fünffrankenstücke der andern Unionstaateu zu verlangen. Als jedoch die Verhandlungen mit den Münzalliierten am 21. November 1921 in Paris aufgenommen wurden, zeigte es sich bald, dass die Schweiz, wollte sie nicht vom Münzvertrag zurücktreten, den andern Staaten gegenüber in eine nicht unbeträchtliche Erstreckung der Frist gemass Art. 4 der Vereinbarung betreffend die Ausführung des Art. 14 des Münzvertrages von 1885 einzuwilligen hatte. Der Zusatzvertrag vom 9. Dezember 1921 *) zum Münzvertrag vom 6. November 1885 sieht in Art. 3 vor, dass die Münzalliierten erst vom 15. Januar 1927 bis spätestens 15. Januar 1932 diese Fünffrankenstücke in gleichen dreimonatlichen Raten der Schweiz abzunehmen haben. Die Zahlung muss, auf die einzelnen Raten verteilt, gern äse Art. 4 dieses Zusatzvertrages zum Teil in Gold, zum Teil in schweizerischen Funffrankenstücken oder in Tratten, zahlbar in der Schweiz in gesetzlich kurshabendem Gelde erfolgen.

3. Da demgemäss der Bund nicht in der Lage ist, die Nationalbank bis Ende 1923 von diesen Fünffrankenstücken zu entlasten, drängt sich als einzige wirtschaftlich zweckmässige Lösung auf, dass die Füuffrankenstücke bei der National bank verbleiben und die Nationalbank ihrerseits weiterhin die Berechtigung behalte, die Fünffrankenstücke in der Höhe des Silbermarktwertes zur Notendeckung zu verwenden. Der andere Weg, dass die Funffrankenstücke an den Bund übergehen und dieser den Nominalbetrag der Nationalbank schulde, erweist sich deshalb als nicht gangbar, weil, auch wenn der Bund diese Schuld der Nationalbank zu verzinsen hätte, die Nationalbank gleichwohl in ihrer Notenemissionskraft geschwächt wäre, da sie seinerzeit für *) Bundesblatt, Jahrgang 1922, Bd. I. S. 77 ff. und Gesetzsammlung.

Bd. XXXVIII, S. 447 ff.

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den gesamten Betrag des eingelösten Silbers Noten zur Verfügung gestellt hat, für welche Noten ihr ebensoviel Metalldeckung verloren ging. Die Nationalbank hat schon vom April 1921 au, seit die Fünffrankenstücke ausser Kurs waren, nicht wohl auf deren Silbermarktwert als Metalldeckung verzichten können. War doch die Golddeckung der Notenzirkulation an Ausweistagen wiederholt unter 55 °/o der Zirkulation gesunken. Sie kann auch für die Zukunft dieser Hilfe nicht entbehren, soll nicht die Metalldeckung bei einem unvorhergesehenen Anwachsen der Notenzirkulation allzu knapp ausfallen.

4. Nach Art. 8 des Zusatzvertrages vom 9. Dezember 1921 ist die Schweiz zur Umprägung von Fünffrankenstücken im Werte von Fr, 65,730,000 berechtigt, so dass die Lage für die Bank insofern immerhin eine Verbesserung erfährt, als für diesen Betrag neue schweizerische Fünffrankenstücke ausgegeben werden können. Es sind hierfür fär Fr. 59,490,000 von den bei der Nationalbank liegenden Fünffrankenstücken zu verwenden. Nach dem zwischen Bund und Bank neu zu treffenden Abkommen soll diese Ausprägung während des laufenden Jahres noch soweit gefördert werden, dass die Nationalbank auf den 1. Januar 1924 von den Fr. 59,490,000 endgültig entlastet ist. Es bleiben dann bei ihr noch jene Fünffrankenstücke im Betrage vonFr.166,000,000 zurück, welche nach Art. 3 des Zusatzvertrages die Münzalliierten der Schweiz abzunehmen pflichtig sind.

5. Auch nach einer andern Richtung kann eine etwelche Besserung der Lage für die Nationalbank herbeigeführt werden.

Nach dem bestehenden Bundesbeschluss vom 18. Februar 1921 sind auch die schweizerischen Fünffrankenstücke, die in der Schweiz ihren vollen gesetzlichen Kurs behalten, nur zu ihrem Metallwerle zur Notendeckung zu verwenden. Diese Anomalie ist damals aus dem Grunde aufgenommen worden, weil es angezeigt erschien, solange über das Schicksal der Fünffrankenstücke der Münzunion für eine weitere Zukunft nichts bestimmt war, die schweizerischen Fünffrankenstücko gleich denjenigen der andern Unionsstaaten zu behandeln. Die Einbeziehung der schweizerischen Fünffrankenstacke lediglich zum Metalldeckungswerte und nicht zum Nominalwert hatte auch praktisch nur wenig zu bedeuten, da die Schweiz überhaupt nur für Fr. 10,630,000 eigene Fünffrankenstücke ausgegeben hatte, und diese zum weitaus geringsten
Teil in den Kassen der Nationalbank vorhanden waren.

Nachdem nun die Fünffrankenstücke der andern Unionstaaten durch Staatsvertrag für eine unbestimmte Zeit in der Schweiz

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ausser Kurs gesetzt sind, und anderseits der Schweiz selbst ihr Kontingent durch Prägung von Fünffrankenstücken auf 80 Millionen Franken erhöht wurde, ist die beschränkte Deckungsfähigkeit nur noch für die Fünffrankenstücke der übrigen Münzstaaten rechtlich und praktisch gerechtfertigt. In diesem Sinne enthält denn auch der vorliegende Bundesgesetzentwurf eine Abänderung gegenüber dem bestehenden Bundesbeschluss. Und auch die weitere Vorschrift ist beibehalten, dass die Metalldeckung der umlaufenden Koten in diesem nur beschränkt deckungsfähigen Silber keinesfalls mehr als Y» der gesamten Metalldeckung betragen dürfe.

6. Wir haben uns im Sinne des eingangs im Wortlaut wiedergegebeneu Postulates mit den Behörden der Nationalbank ins Einvernehmen gesetzt. Die Generalversammlung der Nationalbank hat daraufhin am 14. April die Antrage der Bankbehörden auf Abänderung des Bankgesetzes vom 7. April 1921, wie auch die Grundlagen eines zwischen Bund und Nationalbank zu treffenden neuen Abkommens bezüglich der ausser Kurs gesetzten Fünffrankenstücke gutgeheissen.

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz, dessen Wortlaut nachstehend wiedergegeben ist, zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 7. September

1923.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Scheurer.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

die Abänderung des Bundesgesetzes vom 7.April 1921 über die Schweizerische Nationalbank.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsieht einer Botschaft des Bundesrates vom 7. September 1923, beschliesst: Das Bundesgesetz vom 7. April 1921 über die Schweizerische Nationalbank wird wie folgt abgeändert: Art, 19bis In die Metalldeckung der Noten können überdies die gemäss Art. l des Zusatzvertrages vom 9. Dezember 1921 zum internationalen Münzvertrag vom 6. November 1885 in der Schweiz ausser Kurs gesetzten, von der Nationalbank für Rechnung des Bundes aus dem Verkehr gezogenen Fünffrankenstücke der andern Staaten der lateinischen Münzunion zum Marktwert ihres Silbergehaltes eingerechnet werden.

Dieser Teil der Metalldeckung darf jedoch nicht mehr als einen Fünfteil derselben betragen.

Art. 81, Abs. 2, wird aufgehoben.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Abänderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank. (Vom 7. September 1923.)

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