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Bundesversammlung

Die gesetzgebenden Bäte der Eidgenossenschaft sind am 24. September 1923, um 18 Uhr, zur Fortsetzung der ordentlichen Sommertagung zusammengetreten.

Im Nationalrate hielt Herr Präsident Jenny folgende" Ansprache : Seit unserer letzten Tagung ist ein verdientes Mitglied der eidgenössischen Eäte, Ständerat Ribordy durch den Tod unsern Beihen entrissen worden. Unter grosser Teilnahme der Bevölkerung, welche Zeugnis ablegte von den Sympathien, denen sich der Verstorbene in seiner engern Heimat erfreute, fand am 5. August in Sitten die Beerdigung statt.

Ständerat Joseph Bibordy war geboren im Jahre 1857 in Sitten.

Er studierte die Bechte in Sitten, München und Bonn.

Schon in jungen Jahren berief ihn das Vertrauen seiner Mitbürger in die Behörden. Bereits im Jahre 1888 zog er als Volksvertreter in den Grossen Bat, dem er während einer längern Periode von Jahren angehörte und den er 1915 präsidierte.

1898 wurde Bibordy in den Gemeinderat von Sitten gewählt, welchen Posten er verliess, als er im Jahre 1919 zum Begierungsstatthalter von Sitten ernannt wurde.

Auch in der Gerichtsbehörde des Bezirkes Sitten und im Walliser Kantonsgericht, das er während mehreren Jahren präsidierte, hat er dem Lande wertvolle Dienste geleistet.

Auf militärischem Gebiete bekleidete Bibordy den Grad eines Obersten der Infanterie.

Im Jahre 1906 erfolgte seine Wahl in den Ständerat, dem er ununterbrochen bis an sein Lebensende angehörte.

Ständerat Bibordy entfaltete im öffentlichen Leben eine vielseitige und verdienstvolle Tätigkeit. Die Gemeinde Sitten und

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sein Heimatkanton Wallis können mit Stolz und dankbar auf Werke zurückblicken, deren Erstellung der Initiative und der Tatkraft von Ständerat Eibordy zu verdanken sind. Ich erinnere an .die Wasserversorgungsanlagen für die Stadt Sitten, an die Anlagen zur Bewässerung der Weinberge im Bezirke Sitten, an die elektrische Schmalspurbahn nach Leuk usw.

Auch auf landwirtschaftlichem Gebiete ist Eibordy nicht untätig geblieben. Schon in jungen Jahren finden wir ihn an der Spitze landwirtschaftlicher Vereinigungen, eifrig bemüht zur Förderung des Weinbaues und der Landwirtschaft überhaupt nach Kräften mitzuwirken. Sein Hinscheid bedeutet auch für diese Kreise ein schwerer und schmerzlicher Verlust.

Sein fruchtbares Wirken wird bei uns allen in gutem Andenken bleiben.

Diesen Nachmittag ereilte uns die Trauerbotschaft von dem Hinscheide eines Mitgliedes unseres Eates, Herrn Nationalrat Jonas Burki, von Biberist, Solothurn.

Jonas Burki musste sich vor acht Tagen einer schweren Operation unterziehen, leider sollte sich die Hoffnung auf Genesung nicht erfüllen, und heute mittag ist er seinem Leiden erlegen.

Jonas Burki wurde geboren im Jahre 1862 als Sohn eines tüchtigen Landwirtes in Biberist. Auch er widmete sich der Landwirtschaft. Er erblickte indessen in der Bewirtschaftung seines Landgutes, in der Führung seiner privaten Geschäfte, in der Sorge für seine Familie seine Lebensaufgabe noch nicht als erfüllt.

An öffentlichen Fragen mitzuraten, an gemeinnützigen Werken mitzuwirken, war ihm Herzensbedürfnis.

Das Zutrauen seiner Mitbürger berief Jonas Burki als junger Mann im Jahre 1886 in den Gemeinderat von Biberist, im Jahr 1896 in den Kantonsrat von Solothurn, den er 1915 präsidierte.

In spätem Jahren finden wir ihn als Mitglied des Bankrates der Solothurner Kantonalbank.

Im Vorstand des solothurnischen landwirtschaftlichen Vereins, dem er längere Jahre angehörte, hatten seine Worte Gewicht und wurde dessen Eat gerne gehört.

Im Oktober 1921 wurde der Verstorbene als ein bewährter Führer und Politiker der solothurnischen Volkspartei in den Nationalrat gewählt.

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Eine rasche Auffassungsgabe und ein sicheres Urteil, sowohl in landwirtschaftlichen wie in politischen Fragen verliehen dem Verstorbenen bei seinen Mitbürgern grosses Ansehen.

Mit Jonas Burki ist ein tüchtiger Landwirt, ein Bauer vom echten Schrot und Korn, ein wackerer Eidgenosse, ein Mann, der unerschrocken zu seiner Überzeugung stand, und die er auch treffend zu verteidigen wusste, unbekümmert um die jeweiligen Tagesströmungen, von uns geschieden. Wir werden sein Wirken, seine vielseitige öffentliche Tätigkeit in gutem Andenken behalten.

Ich ersuche Sie, sich zu Ehren der beiden Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.

Im Ständerate gedachte Herr Präsident Böhi der beiden Verstorbenen mit folgenden Worten: Meine Herren Ständeräte!

Beim heutigen Namensaufruf hat ein Kollege nicht mehr geantwortet, der in unserer letzten Session noch in guter Gesundheit und voller Manneskraft unter uns weilte: Herr Ständerat Oberst Joseph Bibordy von Sitten. Er ist am Abend des 2. August beim Abstieg vom Bawyl durch tötlichen Sturz in einer Weise verunglückt, die erschütternd die Wahrheit des alten Notker-Liedes bestätigte: «Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen!» Der unserem Eate so jäh Entrissene wurde im Jahre 1857 als Sohn des Staatsrates Eibordy von Sembrancher in Sitten geboren.

Er studierte in seiner Vaterstadt, sowie an den Universitäten München und Bonn die Eechte, praktizierte nach Vollendung seiner Studien zunächst als Anwalt und trat sodann in den Dienst der Öffentlichkeit als Bichter, Verwaltungsbeamter und Politiker.

Auf dem Gebiete der Bechtspflege amtete er als Instruktionsrichter des Bezirkes Sitten und als Mitglied des Walliser Kantonsgerichtes, das er von 1904 bis 1908 präsidierte.

In die ö f f e n t l i c h e Verwaltung führte ihn im Jahre 1893 seine Wahl in den Gemeinderat von Sitten, dem er 26 Jahre, bis zu seiner im April 1919 erfolgten Ernennung zum Begierungsstatthalter des Bezirkes Sitten, als führendes Mitglied, von 1899 bis 1907 als Präsident, angehörte.

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In der Eigenschaft als Stadtpräsident von Sitten hatte Eibordy reichlich Gelegenheit zu fruchtbarer Betätigung seines initiativen Geistes und seines hervorragenden Organisationstalentes. Bedeutende öffentliche Werke gelangten unter seiner Stadtpräsidentschaft zur Ausführung: im Jahre 1901 die grosse städtische Trinkwasserversorgung, von 1901 bis 1903 die Bodenbewässerungsanlage du bisse de la Lienne und im Jahre 1906 das erste städtische Elektrizitätswerk für Licht- und Kraftversorgung. In dankbarer Erinnerung an die grossen Verdienste Eibordys um das Zustandekommen dieser Werke veranstalteten die Behörden von Sitten am 2. August abbin eine Feier zu seiner Ehrung, die zugleich zum Mark- und Schlussstein seines Lebens werden sollte.

Bibordys Tätigkeit beschränkte sich aber nicht auf seine richterlichen und administrativen Beamtungen. Er war auch Militär, erreichte als solcher im Jahre 1905 den Grad eines Obersten, kommandierte eine Gebirgsinfanteriebrigade und erfreute sich bei seiner ,,Truppe grosser Beliebtheit.

Als Sohn der Berge widmete er sich mit Begeisterung dem Alpinismus, war eifriger Jäger und geübter Bergsteiger, führte im Kanton Wallis die ersten Skirennen ein und wies damit der Walliser Hôtellerie neue Wege.

Begen Anteil nahm Kibordy auch am politischen Leben.

In seinen jungen Jahren redigierte er eine Zeitlang die inzwischen eingegangene «Gazette du Valais».

Im Jahre 1888 berief ihn das Vertrauen seiner Mitbürger an Stelle seines verstorbenen Vaters in den Grossen Bat, den er im Jahre 1915 präsidierte. Seit 1906 war er Mitglied des Ständerates.

In dieser Stellung bekundete er auf Grund reicher praktischer Erfahrungen besonders in Fragen der Landwirtschaft und namentlich des Weinbaues lebhaftes Interesse und grosse Sachkenntnis.

Treuer Anhänger der katholisch-konservativen Partei und überzeugter Föderalist, war Bibordy zugleich ein gut vaterländisch gesinnter Eidgenosse, unnötigem Zwange abhold, im Verkehr leutselig und liebenswürdig, alles in allem nicht nur ein tatkräftiger Amtsmann und loyaler Politiker, sondern auch ein guter Mensch, dem wir ein ehrendes Andenken bewahren werden.

Meine Herren Ständeräte!

Nicht nur unser Kollegium, sondern auch der Nationalrat hat den Verlust eines Mitgliedes zu beklagen.

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Heute morgen verschied in Solothurn nach längerer Krankheit an den Polgen einer schweren Operation Herr Nationalrat Jonas Burki von Biberist.

Geboren den 8. November 1862 als Sohn eines Landwirtes und Neffe des ehemaligen Nationalrates Simon Kaiser, war Burki von Jugend auf in der väterlichen Landwirtschaft, daneben aber auch im öffentlichen Leben tätig. In Biberist bekleidete er verschiedene Gemeindeämter. Seit 1896 gehörte er ununterbrochen dem solothurnischen Kantonsrate an, den er im Jahre 1915 präsidierte, und der ihn während. mehrerer Amtsperioden in die Staatswirtschaftskommission wählte. Auch in den Bankrat der solothurnischen Kantonalbank wurde er berufen, und seit letztem Herbst vertrat er die katholische Volkspartei seines Kantons im Nationalrate.

Burki sass zu wenig lange im eidgenössischen Parlamente, um hier eine ebenso hervorragende Bolle zu spielen wie im engeren Kreise seines Heimatkantons, wo er als guter Kenner des Volkes, volkstümlicher Bedner, eifriger Verfechter der bäuerlichen Interessen, geschickter Taktiker und einflussreicher Parteipolitiker grosses Ansehen genoss.

Meine Herren Ständeräte! Ich ersuche Sie, zu Ehren der beiden verstorbenen Mitglieder der Bundesversammlung sich von Ihren Sitzen zu erheben.

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