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Bundesblatt

75. Jahrgang.

Bern, den 25. Juli 1923.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis HO Franke» im Jahr, IO Franken im Salbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli A de. in Bern.

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Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Wahl der eidgenössischen Geschwornen.

(Vom 18. Juli 1923.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Die sechsjährige Amtsdauer der im Herbste 191.7 gewählten eidgenössischen Geschwornen läuft mit dem 31. Dezember 1923 ab ; wir sehen uns daher veranlagst, Sie einzuladen, bis au diesem Zeitpunkte die Neuwahlen für die Amtsdauer 1924 bis 1929 vorzunehmen. Die Festsetzung des Datums der Geschwornenwahlen überlassen wir den Kantonen; sie können auch in Verbindung mit irgendeiner andern Wahl oder Abstimmung durchgeführt werden.

Für die Wahl der eidgenössischen Geschwornen sind massgebend die Art. 109 bis 114 des Bundesgesetzes vom 22. März 1893/ 6. Oktober 1911 über die Organisation der Bundesrechtspflege (Gesetzsammlung, Band XXVIII Seite 129). Diese Artikel lauten : Art. 109. Das Gebiet der Eidgenossenschaft wird in folgende drei Assesenbezirke eingeteilt: Der erste Bezirk umfasst die Kantone Genf, Waadt, Freiburg (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die deutsche Sprache vorherrscht), Neuen bürg, diejenigen Gemeinden der Kantone Bern und Wallis, in denen die französische Sprache das Übergewicht hat, Tessin und die italienisch redenden Gemeinden dès Kantons Graubünden.

Der zweite Bezirk besteht aus den Kantonen Bern (mit Ausnahme der dem ersten Bezirk zugewiesenen Gemeinden), den deutsch sprechenden Gemeinden der Kantone Freiburg und Wallis, den Kantonen Solothurn, Basel (Stadt und Landschaft), Aargau, Luzern, Uri, Schwyz und Unterwaiden (Ob- und Nidwaiden).

Bundesblatt. 75, Jahrg. Bd. II.

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674 Der dritte Bezirk enthält die Kantone Zürich, Glarus, Zug, Schaffhausen, Thurgau, 8t. Gallen, Appenzell (Auaser- und Innerrhoden), Graubünden (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die italienische Sprache vorherrscht).

Art. 110. Die Gesch wornen werden vom Volke in Wahlkreisen, welche die Kantone feststellen, auf die Dauer von sechs Jahren mit der relativen Mehrheit der Stimmenden gewählt.

Auf je tausend Einwohner wird ein Geschworner gewählt.

Wählbar ist jeder nach Art. 74 der Bundesverfassung stimmberechtigte Schweizerbürger.

Nicht wählbar sind die Mitglieder dt-r obersten eidgenössischen und kantonalen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, die Gerichtspräsidenten, die Verhörrichter und Staatsanwälto, sowie die Beamten und Angestellten aller eidgenössischen und kantonalen Verwaltungen, mit Ausnahme der Getneindebeamten, und die Geistlichen.

Art. 111. Die Kantonsregierungen veröffentlichen das Wahlergebnis in den kantonalen Amtsblättern.

Art. 112, Jeder Bürger ist zur Annahme der Wahl verpflichtet.

Ausgenommen sind diejenigen, welche das 60. Altersjahr zurückgelegt haben oder wegen dauernder Krankheit oder wegen eines andern bleibenden Gebrechens ausserstande sind, die Pflichten eines Geschwornen zu erfüllen.

Die AblehnuBg der Wahl ist binnen zehn Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses der Kantonnregierung anzuzeigen.

Art. 113. Die Kantonsregierungen entscheiden, ob jemand als Geschworner wählbar und zur Annahme der Wahl verpflichtet sei ; sie übersenden die bereinigten Listen der Gewählten dem Bundesgerichte.

Das Bundeagericht stellt aus diesen Listen für jeden Bezirk eine Geschwornenliste zusammen.

Die Geschwornenlisten werden im Bundesblatt veröffentlicht.

Art. 114. Wenn Goschworne aus irgendeinem Grunde in Wegfall kommen, so hat die Kantonsregierung hiervon dem Bundesgerichte Anzeige zu machen, damit sie aus der Liste gestrichen werden.

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Zu Art. 110, Abs. 2, des Organisatioosgesetzes ist ergänzend zu bemerken, dass nach feststehender Übung und im Sinne von Art. 72 der Bundesverfassung bei der Verteilung der Geschwornen auf die Wahlkreise eine Bruchzahl von mehr als 500 Einwohnern für 1000 Einwohner zu zählen ist. Jedoch darf, abgesehen von den hiernach genannten Ausnahmen, eine solche Bruchzahl in ein und demselben Kanton selbstverständlich nur einmal berücksichtigt werden. Jeder Kanton wird daher seine Massnahmen ao zu treffen haben, dass im Endergebnis ein Geschworner auf je 1000 Einwohner des ganzen Kantonsgebiets kommt.

Wo das Gebiet eines Kantons gemass Art. 109 des Organisationsgesetzes zwei Assisenbezirken zugeteilt ist (Bern, Freiburg, Graubunden, Wallis), sind die Geschwornen so auf das Kantonsgebiet zu verteilen, dass der Bevölkerung jeder Sprache ihre Anzahl Geschworner im Verhältnis von einem Geschwornen auf 1000 Einwohner so genau wie möglich zukommt. Zu diesem Zwecke kann, abweichend von dem im vorigen Absatz erwähnten Grundsatz, eine Bruchzahl von mehr als 500 Einwohnern zweimal für 1000 Einwohner gezählt werden, nämlich je einmal für jede der den beiden Sprachen des Kantonsgebiets zuzuzählende Bevölkerung.

Für die Verteilung der Geschwornen auf die Kantone oder die Sprachgebiete der Kantone ist die eidgenossische Volkszählung von Ì95ÌO massgebond.

Wir benutzen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 18. Juli 1923.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Scheurer.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Wahl der eidgenössischen Geschwornen. (Vom 18. Juli 1923.)

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1923

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30

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25.07.1923

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673-675

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