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XX. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914, 3. April 1919 und 19. Oktober 1921 getroffenen Massnahmen.

(Vom 29, Mai 1923.)

Wir beehren uns, Ihnen im nachstehenden über die TOD uns vom 16. November 1922 bis zum 15. Mai 1923 auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914*}, 3.April 1919**) und 19. Oktober 1921 ***) getroffenen Massnahmen Bericht zu erstatten.

Justiz- und Polizeidepartement.

Justizabteilung.

1. Die N o t s t u n d e n g wurde gemäss der Verordnung vom 4. April 1921 im Kanton Glarus auf die Handmaschinenstickereien mit Wirkung bis 30. April 1923 anwendbar erklärt.

2. Mit Beschluss vom 22. November 1922 haben wir, in Ausführung des Bundesbeschlusses vom 13. Oktober 1922 betreffend staatliehe Hilfeleistung für die schweizerische Stickereiindustrie, das in der Verordnung vom 18. Dezember 1920 für Hotelgrundstücke vorgesehene P f a n d n a c h l a s s v e r f a h r e n auf die Stickerei- und ihre Hilfsindustrien sinngemäss anwendbar erklärt, mit der Massgabe, dass an Stelle der Hoteltreuhandgesellschaft die Stickereitreuhandgesellschaft tritt.

3. Von zwölf vom November 1922 bis April 1923 eingelangten Gesuchen um Bewilligung von H o t e l u n t e r n e h m e n (Eröffnung oder Erweiterung von Grasthöfen oder Pensionen) *) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXX, S. 347.

**) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXV, S. 255.

***) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXVII, S. 741.

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wurden neun gutgeheissen, zwei abgewiesen und auf eines nicht eingetreten. Letzteres betraf ein Hotel, das vor dem Inkrafttreten der Verordnung vom 2. November 1915, aber nach Kriegsausbruch und mit Rücksicht auf die Kriegskrisis den Betrieb eingestellt hatte; der Bundesrat erkannte, dass es zur Wiedereröffnung keiner Bewilligung bedürfe (Entscheid vom 20. Februar 1923, Kurhaus Territet).

Zentralstelle für Fremdenpolizei.

Ansser dem im Geschäftsbericht pro 1922 Gesagten ist noch folgendes zu bemerken : Die Schweiz verlangt seit dem 15. April 1922 von den Angehörigen des b r i t i s c h e n R e i c h e s , sofern es sich nicht um die Einreise zwecks Arbeitsannahme handelt, kein Visum mehr. Seit 15. April 1923 wird auch von den schweizerischen Staatsangehörigen kein Visum mehr für die Einreise nach Grossbritannien verlangt. Hingegen ist, wenn es sich um Arbeitsannahme handelt, wie bisher vor der Einreise durch den Arbeitgeber die Bewilligung des Arbeitsministeriums einzuholen.

Die Kleine Anfrage D o l l f u s im Nationalrat betreffend die Eingabe des Verbandes der Schweizervereinigungen in Oberbaden über die deutschen Visagebühren wurde wie folgt beantwortet : ,,Die Prüfung der Eingabe hat ergeben, dass die Beschwerde nicht gerechtfertigt ist. Die Eingabe beanstandet die Höhe der deutschen Gebühr für wiederholte Aus- und Wiedereinreisen während der Dauer eines halben Jahres. Die Prüfung ergab, dass es sich angesichts der längern Dauer des Visums und der wiederholten Reisen um eine durchaus angemessene Gebühr handelt. Ferner ist durch eine neuere Verfügung der Reichsregierung bestimmt worden, dass von den in Deutschland niedergelassenen Ausländern nur die Hälfte der ordentlichen Wiedereinreisegebühren zu erheben sei. Die in Baden niedergelassenen Schweizer sind nicht schlechter gestellt als die deutschen Staatsangehörigen in der Schweiz. Es liegen denn auch keine andern Beschwerden in der allgemeinen Form der Schweizervereinigungen von Oberbaden vor. Vereinzelte Reklamationen gingen ein, weil die Wiedereinreisegebühr von deutschen Inlandsbehörden zum Goldkurs erhoben worden ist. Sie wurde aber jeweils auf Vorstelligwerden. der schweizerischen Vertretungen in Deutschland herabgesetzt, so dass der Schutz, den die Schweizer in Deutschland gemessen, wohl als wirksam bezeichnet werden kann.

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Die Eingabe zielt im Grunde auf die Aufhebung des Visums im Verkehr Deutschland-Schweiz hin. Hierfür ist aber der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Auch die Gestattung von Grossgrenzverkehrsreisen (nach Zürich, Bern, Luzern) im .kleinen Grenzverkehr ist ausgeschlossen. Dieser ist lediglich für die Grenzanwohner unter sich bestimmt und umfasst eine Zone von zirka 15 km diesseits und jenseits der Grenze. Für Reisen darüber hinaus sind Pass und Visumerforderlich."'

Bundesanwaltschaft.

Durch Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1922 (A. 8.

n. F. 38, 588) wurden auf Ende des Berichtsjahres folgende Noterlasse aufgehoben: Art. l der Verordnung gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, vom 10. August 1914 (A. S. 30, 376); Bundesratsbeschluss betreffend Abänderung und Ergänzung von Art. l der Verordnung vom 10. August 1914 gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, vom 18. April 1916 (A. S. 32, 165); Bundesratsbeschluss betreffend den Vollzug der Verordnung vom 10. August 1914 und des Bundesratsbeschlusses vom 18. April 1916 gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, vom 13. Juni 1916 (A. S.

32, 202); .

Bundesratsbeschluss betreffend die Strafbarkeit der fahrlässigen Widerhandlungen gegen die Kriegsverordnungen des Bundesrates und seiner Departemente, vom 26. Dezember 1917 (A. S. 33, 1122); Bundesratsbeschluss betreffend Übertragung von Kompetenzen der Militärgerichte an die bürgerlichen Gerichte vom 12. Februar 1916 soweit noch in Kraft (Art. l, Ziff. 2) CA. S. 32, 44).

Finanz- und Zolldepartement.

Finanzverwaltung.

M ü n z u m l a u f . Nach Massgabe von Art. 5 des Bundesratsbeschlusses vom 23. Oktober 1917 betreffend die ausserordentliche Prägung und Inumlaufsetzung von Zehn- und Fünfrappenstücken aus Messing (A. S. XXXIII, 870)sind diese Stücke nach der Rückkehr normaler Verhältnisse zurückzuziehen und

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einzuschmelzen. Gestützt auf diese Bestimmung hat der Bundesrat durch Beschluss vom 2. Februar 1923 (A. S. XXXIX, 33) den Rückzug angeordnet und gleichzeitig bestimmt, dass diese Messingmünzen mit dem 31. Dezember 1923 ihre Umlaufsfähigkeit verlieren. Von diesem Zeitpunkte hinweg wird somit der auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten erlassene Bundesratsbeschluss vom 23. Oktober 1917 gegenstandslos.

Steuerverwaltung K r i e g s g e w i n n s t e u e r . Die ordentlichen Einschätzungen für die Kriegsgewinnsteuer sind nunmehr beendigt. Zu erledigen bleiben die Abrechnung der unter Vorbehalt späterer Abrechnung gewährten Ruckstellungen und die Kontrolle über die Verselbständigung der Wohlfahrtszuwendungen, welche noch einige Zeit beanspruchen wird.

Das von Herrn Ständerat Scherrer am 21. Juni 1921 eingereichte Postulat betreffend die Sicherstellung der von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Wohlfahrtszuwendungen wurde von den gesetzgebenden Räten, und zwar vom Ständerat am 27. September 1922 und vom Nationalrat am 27. April 1923, durch folgenden Beschluss erledigt: ,,Die .Eidgenössischen Kammern nehmen zustimmende Kenntnis vom.Bericht des Bundesrates betreffend die Sicherstellung der von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Wohlfahrtszuwendungen und erklären das bezügliche Postulat als erledigt, in der Erwartung, der Bundesrat werde auch in Zukunft im Rahmen seiner Befugnisse dafür sorgen, dass die Sicherstellung der von der Kriegsgewinnsteuer und der Kriegssteuer befreiten Wohlfahrtszuwendungen überwacht wird und dass die Kantone in diesem Sinne ihre Aufsicht über die in der Forni von Stiftungen verselbständigten steuerbefreiten Wohlfahrtsfonds ausüben.a Bis zum 31. März 1923 betragen die Zuwendungen für Wohlfahrtszwecke . . . Fr. 244,149,578 davon wurden besteuert . ,, 5,868,050 Nicht besteuert . . . . . . . . . . F r . 238,281,528 Von der Steuer wurden definitiv befreit: 761 Firmen für 1393 Zuwehdungen im Betrage von Fr. 183,065,940 Vorläufig befreit: 403 Firmen für 482 Zuwendungen im Betrage von ,, 55,215,588

342 Die Einschätzungen der im Jahre 1920 gewinne ergaben folgende Steuerbeträge: Periode

erzielten Über-

Auferlegte Kriegsgewinnsteuer

1919/20 . . . . . . Fr. 29,774,177.30 1920 . . . . . . . ,, 19,110,089.86 1920/21 ,,' 4,178,544", 65 Die Gesamtsumme der ausgestellten Steuerrechnungen erreicht auf Ende April 1923 . . . . . Fr. 790,710,231. 40 Dazu kommen für Vorauszahlungen, welche noch nicht abgerechnet werden konnten ,, 48,724. 79 Sollbetrag auf 30. April 1923

Fr. 790,758,956.19

Hiervon wurden an die Staatskasse auf Rechnung Mobilisationskonto überwiesen . . . . . . Fr. 552,192,119.75 An die Kantone wurden abgeliefert . . ,, 60,577,528.67 Anden Arbeitslosenfonds wurden überwiesen" ,, 108,953,703.-- Von den Ausständen von ' . - . : . . ,, 27,040,460. 73 gegen Fr. 38,775,000. -- auf Ende August 1922 entfallen Fr. 1,582,505.15 auf bestrittene Steuern ,, 25,457,955.58 ,, fällige ,, Die bis Ende April 1923 gewährten Nachlasse erreichten dea Betrag von Fr. 38,643,789.67 Über Verlustkonto wurden abgeschrieben . ,, 4,712,447. 34

Volkswirtschaftsdepartement.

I. Wirtschaftliches Verhältnis zum Ausland.

1. Auf Grund des im letzten Berichte erwähnten Z u s a t z a b k o m m e n s mit R u m ä n i e n vom 1.Juli 1922 lieferte uns die rumänische Regierung während des letzten Sommers und Herbstes Weizen, Weizenmehl, Gerste, Hafer und Mais im Werte von insgesamt Fr. 12,507,339.10. Die Hälfte dieser Summe wurde vertragsgemäß der rumänischen Regierung zur.Verfügung gestellt, während die andere Hälfte an unserm Guthaben verrechnet wurde. Dieses beläuft sich heute unter Verrechnung der Zinsen auf 19,» Millionen Franken ; es wird sukzessive reduziert werden durch weitere grössere Verschiffungen Rumäniens von Gerste und Hafer, die unmittelbar bevorstehen und zum Teil schon eingeleitet worden sind.

2. Um den schweizerischen Papierfabriken den unentbehrlichen Rohstoff zu sichern, wurde durch Verfügung des Volkswirtschafts-

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départements vom 23. Januar 1923 auf Wunsch aller interessierten Verbände (Hadernsortierwerke, Papier- und Papierstofffabrikanten, Pappenfabriken) die am 25. April 1921 erteilte generelle Ausfuhrbewilligung für Hadern (Lumpen") und Makulatur, Ausfuhrzolltarif Nr. 3, vom 29. Januar 1923 an bis auf weiteres widerufen. Gleicherweise bleiben auf Wunsch der Interessenten die für die Rohstoffversorgung wichtigen Positionen 708 und 711 (Eisenabfälle, Bruch- und Alteisen) weiter unter Ausfuhrbeschränkung. Mit Bezug auf die Positionen 869 a und d (Gold) erachten Pinanzdepartement und Nationalbank eine Freigabe der Ausfuhr noch als nicht angängig.

Es stehen noch unter A u s f u h r b e s c h r ä n k u n g die Positionen : 708 Abfälle der Eisenbearbeitung, Feil- und Drehspäne; 711 Bruch- und Alteisen; 869 a Gold, unbearbeitet ; 869 d Gold, gemünzt ; 288 Lumpen und Makulatur.

II. Arbeitslosenfürsorge.

Über die seit der letzten Berichterstattung auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten getroffenen Hassnahmen wurde im Geschäftsbericht für 1922 Rechenschaft abg'elegt (siehe Geschäftsbericht pro 1922, S. 170/77).

III.

Liquidation kriegswirtschaftlicher Organisationen und Abbau von Notverordnungen.

1. S e h w e i z e r i s e h e K o h l e n g e n o s s e n s c h a f t in L i q .

Von den vier Rechtsstreitigkeiten mit amerikanischen Kohlenfirmen sind zwei durch Vergleich erledigt worden. Eine dritte ist Gegenstand eines Prozesaes vor Bundesgericht. Die vierte hat die betreffende Firma vor den Gerichten trotz wiederholter Aufforderungen noch nicht geltend gemacht. Die Liquidation der Genossenschaft wird noch eine gewisse Zeit beanspruchen, da der Ausgang dieser Rechtsstreitigkeiten abzuwarten ist.

2. V o l k s t u c h A.-G. Die ata 14. Dezember 1922 in Luzera abgehaltene Sohlussgeneralversammlung der Volkstuch A.-G.

genehmigte den Bericht der Liquidationskommission sowie die Liquidationsbilanz. Es konnte das ganze Aktienkapital zurückbezahlt werden; ausserdem wurde pro 1921/22 eine Dividende von 5 °/0 ausgerichtet. Der Gewinnüberschuss von zirka Fr. 4000

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wurde nach § 31 der Statuten der schweizerischen Eidgenossenschaft zur Verfügung .gestellt, Die Liquidation der Gesellschaft ist durchgeführt, und die Löschung der Firma im Handelsregister erfolgt.

3. S e e t r a n s p o r t - U n i o n . Am 12. Januar 1923 hat das Konkursrichteramt Bern auf Antrag der Liquidationskommission den Konkurs über die Genossenschaft verhängt. Die Unterhandlungen mit den Gläubigern hatten zu keiner Einigung geführt j von den Schuldnern war der wichtigste die Société Transocéanique, also das Reedereigeschäft van Hemelrycks, zahlungsunfähig geworden und in Frankreich in Konkurs geraten. Unter diesen Umständen war die Massnahme der Liquidationskommission unvermeidlich. Es besteht keine Aussicht, dass eine Konkursdividende bezahlt werden kann* 4. A b b a u der N o t v e r o r d n u n g e n . Neben gewissen Bestimmungen über die Organisation des Volkswirtschaftsdepartementa, die Ausfuhrverbote und die Ursprungszeugnisse sind nur noch die Erlasse über die Arbeitslosenfürsorge in Kraft. Auch bei diesen ist ein Abbau bereits eingeleitet worden.

Die provisorische Zuteilung der Handelsabteilung zum Volkswirtschaftsdepartement soll durch einen Bundesbegchluss geregelt werden. Eine entsprechende Vorlage wurde der Bundesversammlung mit Botschaft vom 4. Dezember 1922. unterbreitet.

Es ist beabsichtigt, Bestimmungen über die Ausstellung von Ursprungszeugnissen in die ordentliche Gesetzgebung aufzunehmen, so dass die bezüglichen ausserordentlichen Vorschriften in absehbarer Zeit wohl werden dahinfallen können.

Ernährungsamt.

Die Berichtsperiode fällt mit dem letzten Stadium der L i q n i d a t i o n des E r n ä h r u n g s a m t e s zusammen. Diese vollzog sich im Rahmen des Bundesratsbeschlusses vom 3. November 1922 betreffend die Aufhebung des eidgenössischen Ernährungsamtes, Die Zahl der B e a m t e n und A n g e s t e l l t e n des Ernährungsamtes, die im Februar 1919 mit 574 Personen, ohne die Arbeiter in den Warenmagazinen, den höchsten Stand erreicht hatte, ging in .der Zeit vom 1. November 1922 bis 1. Mai 1923 neuerdings um 15 zurück. Am I.Mai 1923 standen, einschliesslich die Getreideverwaltung und das Revisionsbureau, noch 96 Beamte und 17 Arbeiter in den Getreidemagazinen in seinem Dienste, Weitere Austritte werden mit fortschreitendem Abschlüsse der Liquidationsarbeiten erfolgen.

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G e t r e i d e v e r s o r g u n g . Von Anfang der Berichtsperiode bis Mitte Dezember 1922 waren die Getreidepreise auf dem Welt m a r k t e fast ununterbrochen fest und steigend. Hernach flauten sie bis Mitte Februar 1923 etwas ab, um seither von neuem erheblich anzuziehen. Erst seit anfangs Mai ist wieder eine bescheidene rückläufige Bewegung eingetreten.

Auf dem Seefrachtenmarkt trat nach dem außergewöhnlichen Tiefstand wieder eine Festigung ein. Die Rhein- und Bahntransporte von Antwerpen und Rotterdam atiessen in der Berichtsperiode zeitweilig auf Schwierigkeiten. Von Genua und Marseille erfolgten die Zufuhren normal. Dagegen brachten Arbeiterstreiks in den Eiaenbahnwerkstätten und in den Gruben der Vereinigten Staaten Verzögerungen von Weizentransporten, Die A b n a h m e von I n l a n d g e t r e i d e letztjähriger Ernte wurde am 31. März 1923 beendet. Sie ergab gegenüber dem Vorjahre einen erheblichen Ausfall und befriedigte hinsichtlich Qualität nicht vollständig, was angesichts der sehr ungünstigen Erntewitterung zu befürchten war. Das Getreide war feucht und bot für die Lagerung gewisse Schwierigkeiten.

Wie im Vorjahre erfolgte die Übernahme des inländischen Getreides durch Vermittlung der landwirtschaftlichen Genossenschaften und Genossenschaftsverbände. Zur Erzielung grösserer Einheitlichkeit im Abnahmegeschäft und namentlich hinsichtlich der Beurteilung von Mängeln, die eine Abschätzung verlangen, wurden die Ankaufsexperten der Verbände durch den Leiter der Getreideverwaltung in eintägigen Instruktionskursen in ihre Aufgabe eingeführt. Die Experten bezeugten hierbei grosses Interesse, und es darf konstatiert werden, dass die Belehrung Früchte gezeitigt hat.

Gemäss Bundesbeschluss vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues wurden, bei landesüblich guter Qualität, bezahlt: für Weizen Fr. 50, für Roggen Fr. 45 und für Dinkel Fr. 35 für 100 kg netto, franko verladen Abgangsstation oder Mühle der Umgebung. Für Ware geringerer Qualität wurden entsprechende Preisabzüge gemacht.

Es kamen aus der Ernte 1922 zur Ablieferung: Weizen 2120, Roggen 2030, Dinkel (Spelz, Korn) 523, Mischel 343, zusammen 5016 Wagenladungen zu 10 Tonnen, wofür Franken 22,833,002. 75 ausbezahlt wurden.

Die V e r k a u f s p r e i s e der G e t r e i d e v e r w a l t u n g für B r o t g e t r e i d e erfuhren in der Berichtsperiode keine Änderung. Dagegen wurden die Preise für Hartweizen zur Her-

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Stellung von Griess für die Teigwarenfabrikation am 3. Februar 1923 von Fr. 38. 50 auf Fr. 37 für 100 kg herabgesetzt.

Die Getreideverwaltung verkaufte in der Berichtsperiode folgende Mengen Getreide (Wagenladungen zu 10 Tonnen) : Mn

t

Weichweizen, Roggen *)

Hartweizen für Teigwaren

Oktober 1922 . . . . . .

3893 353 November 1922 3961 354 Dezember 1922 3341 311 Januar 1923 3247 349 Februar 1923 3074 445 März 1923 3550 467 April 1923 3557 458 Z u c k e r v e r s o r g u n g . Die Tätigkeit der Verwaltung beschränkte sich in der Berichtsperiode auf die Liquidation der Lagervorräte. Im Oktober 1922 wurden 650 Wagen, im November 170 Wagen und im Dezember 100 Wagen zu 10 Tonnen abgesetzt. Auf Jahresschluss beeass die Verwaltung noch einen Vorrat von 250 Wagen Würfelzucker, die bis Ende März 1923 ebenfalls liquidiert waren. Die Zuckerpreise sind -während den letzten Monaten nach Aufhebung des Einfuhrmonopols erheblich gestiegen.

B e n z i n v e r s o r g u n g , Die Fürsorge betreffend die ständige Unterhaltung einer eisernen Landesreserve an Benzin ging auf l, Januar 1923 an das eidgenössische Militärdepartement über. Für diesen Zweck übernahm das eidgenössische Oberkriegskommissariat vom Ernährungsamt 35 Kesselwagen.

Milch und Milcherzeugnisse. Die seit 1. November 1922 noch getroffenen Massnahmen betreffend Milch und Milcherzeugnisse stehen im Zusammenhang mit dem Bundesbeschluss vom 7. April 1922 betreffend die Hilfsaktion zugunsten der schweizerischen Milchproduzenten, über dessen Vollzug im ordentlichen Geschäftsbericht für das Jahr 1923 abschliessend berichtet werden kann.

Die Verhältnisse auf dem Weltmarkt für Milch und Milcherzeugnisse haben, nach Überwindung des anfangs 1922 erreichten, ausserordentlichen Tiefstandes, seit Mitte des vorigen Sommers eine Besserung erfahren. Erstklassiger Schweizerkäse konnte zu steigenden Preisen, die schon seit mehreren Monaten erheblich über den Inlandspreisen stehen, exportiert werden. Das Ansteigen *) EinschlieBslich eia Posten rumänisches Mehl.

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der Verkaufspreise im Inlande, die seit \. April 1922 keine Erhöhung erfahren haben, konnte nur unter dem Einflüsse der Beschränkung der Käseausfuhr und durch die Bereitstellung ausreichender Käsemengen für die Inlands Versorgung durch die schweizerische Käseunion verhindert werden. Seit dem Herbst 1922 haben auch die schweizerischen Kondensfabriken für die Milchübernahme wieder grösseres Interesse bekundet und waren gewillt, höhere Milchpreise anzulegen. Die Butterpreise erreichten auf dem internationalen Markte im März 1923 ihren Höchststand.

Die weitere Gestaltung der Markt- und Preisverhältnisse für Milch und Milcherzeugnisse ist zurzeit schwer zu beurteilen, da sie namentlich von den Verhältnissen der Futter- und Milchproduktion, den allgemeinen Erwerbs-, den Valuta- und auch von den politischen Verhältnissen stark beeinflusst wird.

Angesichts der skizzierten allgemeinen Marktlage für Milch und Milcherzeuguisse erfuhren auch die M i l c h p r e i s e für die schweizerischen Produzenten auf 1. November 1922 und 1. Januar 1923 eine Erhöhung von zusammen 2 bis 3 Rappen für \ kg Milch, In Kreisen der Milchproduzentenverbände wurde auf 1. Mai 1923 ein neuer Milchpreisaufschlag in Aussicht genommen und zuerst auf mindestens 2 Rappen für das Kilogramm Milch veranschlagt.

Nach eingehenden Verhandlungen liessen sich aber die Milchproduzentenverbände dazu bestimmen, die Preiserhöhung auf 1. Mai für die Produzenten in der Regel auf l Rappen das Kilogramm Milch zu ermässigen und von einer Erhöhung der Detailmilchpreise in Städten, wo diese schon vor dem 1. Mai verhältnisrnässig hoch waren, nach Möglichkeit Umgang zu nehmen. Für einzelne Konsumplätze, wo das Ziel nicht anders erreicht werden konnte, verabfolgt vom 1. Mai 1923 an das Volkswirtschaftsdepartement mit Genehmigung des Bundesrates durch Vermittlung des Zentral Verbandes schweizerischer Milchproduzenten einen Z uschuss aus dem Ertrag des Butterimportgeschäftes bis zu 0,2 Rp.

für das Kilogramm Konsummilch. Ferner erklärte sich das Volkswirtschaftsdepartement bereit, bis auf weiteres von einer Herabsetzung der Verkaufspreise der von ihm importierten Butter Umgang zu nehmen, unter der Bedingung, dass die Festsetzung der Detailmilchpreise nach den vorstehend skizzierten Richtlinien erfolge und dass die Käsepreise für die Konsumenten keine Erhöhung
erfahren.

Auf Grund dieser Abmachungen erfuhren die Milchpreise auf 1. Mai 1923 allgemein eine Erhöhung zugunsten der Produzenten von in der Regel l Rappen das Kilogramm. Dieser Betrag wurde jedoch nur teilweise auf Konsummilch überwälzt, so

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dass namentlich in grössern Städten ein Preisaufschlag vermieden werden konnte. In Genf konnte der Preisaufschlag von l Rappen, also auf 38 Rappen für den Liter, nicht unterdrückt werden, weil ein grosser Teil der Milch aus den Zonen beschafft werden rauss, wo die Preise zurzeit verhältnismässig hoch sind und weil seit 1. Januar 1923 der Milchpreis in Genf um l Rappen niedriger war als in Zürich und Basel. Die Käse- und Butterpreise erfuhren auf 1. Mai keine Änderung.

Die Ausmesspreise für den Liter Konsummilch gestalten sich vom 1. Mai 1923 an in der Regel wie folgt: a. in Käsereien, auf dem Lande 28 bis 32 Rappen; b. in kleinen Städten und grössern industriellen Ortschaften 32 bis 36 Rappen; c. in Städten 35 bis 38 Rappen.

Die Buttereinfuhr erlitt grundsätzlich keine Änderung.

Die Einfuhr in Sendungen bis zu 50 kg ist im allgemeinen freigegeben, während die übrige Einfuhr zentralisiert ist und durch das Ernährungsamt bzw. das Volkswirtschaftsdepartement erfolgt.

In begründeten Eingaben haben der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten und die schweizerische Butterunion, welche die privaten schweizerischen Buttergrosshandelsflrmen umfasst, die Beibehaltung der gegenwärtigen Organisation des Butterimportes gewünscht. Angesichts der immer noch grossen und kurzfristigen Preisschwankungen auf dem internationalen Buttermarkte, der unsiehern, die Gestehungskosten der Butter ' stark beeinflussenden Valuta und der von der Bundesversammlung neuerdings beschlossenen Verlängerung der allgemeinen Einfuhrbeschränkungen, sowie im Zusammenhang mit der in Sachen der Landesversorgung mit Milch und Milcherzeugnissen auf 1. Mai auch zum Vorteil der Konsumenten erreichten Verständigung glaubte der Bundesrat diesen Gesuchen bis auf weiteres Rechnung tragen zu sollen. Es kann festgestellt werden, dass die Verkaufspreise der importierten Butter während den letzten Monaten bis anfangs April 1923 mit deren Gestehungskosten durchschnittlich gut übereinstimmten, zeitweise über und zeitweise unter den Selbstkosten sich bewegten. Sollte aber der im April 1923 eingetretene Preisabschlag auf dem internationalen Buttermarkte von Dauer sein, so würde im geeigneten Zeitpunkte naturgemäss auch eine angemessene Herabsetzung der Butterpreise im Inlande folgen müssen.

Das Ernährungsamt bzw. das Volkswirtschaftsdepartement hat im Inlande folgende Mengen Importbutter abgegeben :

349 1921

Oktober.

November . . , . . - .

Dezember Total im Jahr

1922

kg

kg

382,754 1,227,914 1,034,048 8,250,290

387,518 667,260 1,025,658 6,653,326

1922

1923

k

g kg Januar 113,690 318,283 Februar 994,938 525,883 März 704,532 440,690 April .

385,803 553,860 Total vom Januar bis April 2,198,963 1,838,716 Die Verkaufspreise im Inlande haben seit 1. Oktober 1922 keine Änderung erfahren.

Durch Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 10. Februar 1923 wurde mit Wirkung vom 20.

gleichen Monats eine g e n e r e l l e E i n f u h r b e w i l l i g u n g erteilt für Weichkäse (Zolltarif Nr. 98) und für die HartkäseSpezialitäten Parmesan, Lodigiano und Reggiano (Zolltarif Nr. 99a).

Durch den Bundesratsbeschluss vom 29. Januar 1923 betreffend die Erhebung einer Ausfuhrgebuhr auf frischer Milch und auf Käse wurden die Grundlagen geschaffen, um die Rückerstattung der Ausgaben des Bundes für die Hilfsaktion, soweit sie 5 Millionen Franken übersteigen, gemäss Bundesbeschluss vom 7. April 1922 einzuleiten. Die Erhebung der Gebühr auf Käse nahm nach den Anordnungen des Volkswirtschaftsdepartements am 4. Februar 1923 ihren Anfang. Auf Milch, auf Weichkäse und GlarnerKräuterkäse wird bis auf weiteres keine Gebühr erhoben. Diesen Massnahmen musste das Volkswirtschaftsdepartement auch seine Vorschriften über die A u s f u h r von H a r t k ä s e anpassen, was durch Verfügung vom 30. Januar 1923 geschehen ist. Danach kann Hartkäse in Sendungen bis 5 kg (bisher 50 kg) ohne Bewilligung und ohne Entrichtung einer Gebühr ausgeführt werden.

B e r n , den 29. Mai 1923.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Chuard.

Der Bundeskanzler: Steiger.

Bundesblatt. 75. Jahrg. Bd. II.

25

350

Beilage zum XX. Neutralitätsberichi.

·.

·

Zu 575

.

)

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die teilweise Abänderung des Bundesbeschlusses vom 19. Oktober 1921 betreffend die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates (Aufhebung der Neutralitätsberichte).

(Vom 29. Mai 1923.}

Es scheint uns geboten; anlässlich der Vorlage des XX. Neutralitätsberichtes einen kurzen Bückblick auf die Entstehung und Entwicklung dieser neben der ordentlichen Berichterstattung über unsere Geschäftsführung hergehenden Bechenschaftsablage zu werfen und Ihnen im Anschluss daran. die Frage zu unterbreiten, ob die ausserordentliche Berichterstattung in der gegenwärtigen Form der Neutralitätsberichte weiterhin bestehen bleiben soll oder ob nicht der Augenblick gekommen sei, sie verschwinden zu lassen.

Mit dem Bundesbeschluss vom 8. August 1914 betreffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität haben Sie uns beim Axisbruch des Weltkrieges unbeschränkte Vollmachten zur Vornahme aller Massnahmen erteilt, die für die Behauptung der Sicherheit, Integrität und Neutralität der Schweiz und zur Wahrung des Kredites und der wirtschaftlichen Interessen dey Landes, insbesondere auch zur Sicherung des Lebensunterhaltes, erforderlieh werden (Art. 3) und uns in Art. 5 die Verpflichtung auferlegt, der Bundesversammlung bei ihrem nächsten Zusammentritt über den Gebrauch, den wir von diesen Vollmachten gemacht haben, Rechenschaft abzulegen.

Dieser Verpflichtung haben wir uns in der Folge entledigt durch Erstattung der sogenannten Neutralitätsberichte, deren elf Ihnen in den eigentlichen Kriegsjahren zugegangen sind (1914: l, 1916: 4, 1917: 4, 1918: 2).

Der Bundesbeschluss vom 8, April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates hob die ausge-

351 dehnte Vollmachtserteilung der Art. 8 und 4 des Bundesbeschlusses vom 3. August 1914 auf, ermächtigte uns aber, ausnahmsweise Massnahraen zu treffen, die zur Sicherheit des Landes oder zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Landes unumgänglich notwendig sind. Um die Kontrolle des Parlaments über den Gebrauch der uns danach verbliebenen Vollmacht wirksamer zu gestalten, wurde uns die Verpflichtung auferlegt, der Bundesversammlung in ihrer nächsten Tagung von den auf Grund dieser Vollmacht erlassenen Verordnungen mit einlässlichem Berichte Kenntnis zu geben, damit sie darüber entscheide, ob diese Erlasse weiter in Kraft bleiben sollen. Die Neutralitätsberichte blieben daneben bestehen, und wir wurden verhalten, den Neutralitätsberichten jeweilen ein auf den neuesten Stand fortgeführtes Verzeichnis der in Kraft bestehenden, auf den ausserordentlichen Vollmachten beruhenden Erlasse beizugeben.

Daraus ergab sich für die Berichterstattung das seither befolgte System, wonach wir Ihnen nur mehr auf Ihre ordentlichen Tagungen einen eigentlichen Neutralitätsbericht erstatten, über die in der Zwischenzeit von uns auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten angeordneten Massnahmen aber in den Beilagen zu den Neutralitätsberichten Rechenschaft ablegen, die Ihnen auf jede Tagung zugehen.

Der Bundesbeschluss vom 19. Oktober 1921 betreffend die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten liess uns nur noch die Befugnis, die bei Erlass dieses Bundesbeschlusses noch in Kraft stehenden, auf den ausserordentlichen Vollmachten beruhenden Beschlüsse und Verordnungen abzuändern, sofern die Sicherheit des Landes oder die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen und die Dringlichkeit es notwendig machen. An der Art der Berichterstattung änderte er nichts.

Sowohl der Bundesbeschluss vom 8. April 1919 als derjenige vom 19. Oktober 1921 verlangten, dass wir Noterlasse aufheben, jener «sobald die Dringlichkeit nicht mehr vorhanden ist und die Umstände es erlauben», dieser «sobald die Interessen des Landes es erlauben».

Diesen Grundsatz haben wir von Anfang an und insbesondere seit seiner eben erwähnten Festlegung streng befolgt, wie die folgenden Angaben zeigen: Die Vorbemerkung zum ersten, dem XII. Neutralitätsbericht am 23. Mai 1919 beigegebenen Verzeichnis der Noterlasse stellt fest, dass vom August 1914
bis zum Mai 1919 über 1000 auf den ausserordentlichen Vollmachten beruhende Erlasse ausgegangen waren, das erste chronologische Verzeichnis selbst enthält deren nur noch 437.

Diese Zahl verringerte sich allmählich immer mehr, nämlich

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im Verzeichnis vom 15. November 1919 auf 841 » » ». -1. Juni 1920 » 3S5 » » » 9. November 1920 » 246 » 11 « 6. Mai 1921 » 21G » » » 28. Oktober 1921 » 164 » » » 21. April 1922 » 159 » » » 17. November 1922 « 189 also im Jahr 1919/20 um rund 100, im Jahr 1920/21 um rund 115, im Jahr 1921/22 um rund 50, im Jahr 1922 um rund 20.

Aufschlussreich ist auch die Feststellung, aus welcher Zeit die noch bestehenden Noterlasse stammen. Von den im chronologischen Verzeichnisse vom 17. November 1922 aufgeführten rühren her: aus dem Jahr 1914 6 Erlasse » » » 1915 9 » » » » 1916 14 » « » » 1917 20 » » » » 1918 25 « « » » 1919 19 » » » » 1920 22 » » » » 1921 11 » « » » 1922 18 » In diesen Zahlen kommt deutlich zum Ausdruck, dass diejenigen Noterlasse, die infolge der veränderten Umstände entbehrlich geworden sind, auch aufgehoben wurden, während im grossen und ganzen dasjenige bestehen blieb, was heute noch wirksam bleiben muss.

Auch hiervon wird einiges in absehbarer Zeit verschwinden, da die Überführung der in Betracht fallenden Erlasse in die ordentliche Gesetzgebung schon vorbereitet ist, so diejenige des Bundesratsbeschlusses vom 26. Juni 1917 betreffend die Abänderung der Organisation des politischen Departementes und des Volkswirtschaftsdepartementes durch die Botschaft vom 4. Dezember 1922 (provisorische Zuteilung der Handelsabteilung zum Volkswirtschaftsdepartement), diejenige des Bundesratsbeschlusses vom 12. Juli 1918 betreffend Arrest und Zwangsvollstreckungsmassnahmen gegenüber Vermögen fremder Staaten durch die Botschaft vom 29. Januar 1923 betreffend Erlass eines Gesetzes über Arrest und Zwangsvollstreckungsmassnahmen gegenüber Vermögen fremder Staaten, diejenige des Bundesratsbeschlusses vom 28. Februar 1917 betreffend Überwachung der Holznutzung in privaten Nichtschutzwaldungen uBundesratsbeschlusseshlusaes vom 20. April 1917 betreffend Erhöhung der Bussen für verbotene Abholzungen durch die Botschaft vom 12. September 1921 betreffend Abänderung des Forstpolizeigesetzes, diejenige der Verordnung vom 4. April 1921 betreffend Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 11. April 1889

353 über die Schuldbetreibung und Konkurs durch die gleichnamige Botschaft vom selben Tage. Mit Erledigung der Vorlage über das Forstpolizeigesetz und der Vorlagen über Arrest und Zwangsvollstreckungsmassnahmen gegenüber fremden Staaten und über die provisorische Zuteilung der Handelsabteilung an das Volkswirtschaftsdepartement werden alle Noterlasse aus dem Bereich des Departementes des Innern und des politischen Departementes aus dem Verzeichnis verschwinden.

Von den im neuesten Verzeichnis beim Militärdepartement unter IV. Militärjustiz angeführten Noterlassen werden voraussichtlich mehrere durch die endgültige Verabschiedung des Entwurfes zu einem Schweiz. Militärstrafgesetzbuch hinfällig werden.

Die Überführung weiterer Noterlasse in die ordentliche Gesetzgebung ist in Vorbereitung begriffen und zum Teil schon so weit gediehen, dass die Vorlagen in absehbarer Zeit an die eidgenössischen Kammern gelangen werden.

Angesichts der Fortdauer der unsichern und aussergewöhnlichen Lage der Weltwirtschaft und der stets noch drohenden Gefahr neuer Erschütterungen ist allerdings eine grosse Zahl von Notverordnungen, die der Festigung der staatlichen und privaten Wirtschaft unseres Landes gedient haben, zurzeit noch nicht entbehrlich, und es lässt sich noch nicht bestimmen, wann sie entbehrlich sein werden. Manche ihrer Bestimmungen werden voraussichtlich auch nach der Rückkehr geregelter wirtschaftlicher Verhältnisse noch von Wert sein und deshalb mit der Zeit zu Bestandteilen der ordentlichen Gesetzgebung gemacht werden müssen. Doch lässt sich bei manchen der in Betracht fallenden Bestimmungen gegenwärtig noch nicht völlig sicher übersehen, in welchem Umfang die genannte Festigung ihres Bestandes eintreten soll und ob diese Festigung in der Form eines Sondergesetzes oder im Rahmen einer Neubearbeitung eines grössern Gesetzgebungswerkes durchgeführt werden muss.

Eine weitere Gruppe von Vorschriften, die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten aufgestellt worden sind, weist als gemeinsames Merkmal ein Schwinden ihrer ursprünglichen Bedeutung auf, sei es infolge Veränderung der Umstände, die zu ihrem Erlass geführt haben, sei es, weil sie von vornherein die Regelung einer mehr oder weniger genau bekannten Menge von Tatbeständen oder Geschäften bezweckten, mit deren Abwicklung auch der für sie
geschaffene Noterlass sich sachlich erschöpft und hinfällig wird, was allerdings bei einzelnen von ihnen erst in einiger Zeit der Fall sein wird.

Wag nun die Berichterstattung über die im vorstehenden angeführten Gruppen von Noterlassen anbelangt, so wird sie in Zukunft kanm mehr in Betracht fallen. Seit der Zeit ihres Bestehens hat sich erwiesen, dass diese Notverordnungen und namentlich diejenigen

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davon, die eine tiefgreifende und langdauernde Einwirkung auf unser Wirtschaftsleben ausüben, den Bedürfnissen der vergangenen und der gegenwärtigen Krisenzeit genügen. Wenn also nicht eine ungeahnte neuerliche Verschärfung der Wirtschaftslage unseres Landes eintritt, so wird am gegenwärtigen Bestand dieser Erlasse kaum etwas geändert werden müssen, es wäre denn im Sinne eines weitern Abbaues oder der gänzlichen Aufhebung. Im allgemeinen werden sich die eidgenössischen Kammern mit dem Inhalt dieser Noterlasse erst dann wieder zu befassen haben, wenn und soweit Vorlagen zur Behandlung kommen, die bestimmt sind, solche Noterlasse in eine der gefestigten Formen der ordentlichen Gesetzgebung überzuführen und damit gleichzeitig ihrem Dasein als Noterlasse ein Ende zu setzen. Stoff zu Neutralitätsberichten werden diese Erlasse also aller Voraussicht nach nicht mehr geben.

Etwas anders liegen die Dinge allerdings bei den bis anhin nicht erwähnten Notverordnungen, die dazu bestimmt sind, die Folge der Erschütterungen unseres Wirtschaftslebens, die Notlage weiter Kreise, unmittelbar zu mildern, also die eigentlichen Fürsorgemassnahmen.

Auch bei ihnen hat der Abbau namentlich hinsichtlich ihrer Tragweite schon eingesetzt und er soll im Eahmen des Möglichen fortgesetzt werden; allein die einschlägigen Erlasse sind zurzeit noch nicht entbehrlich, und namentlich ist es nötig, die Fürsorgemassnahmen gegen die Arbeitslosigkeit von Zeit zu Zeit den Veränderungen des Arbeitsmarktes anzupassen. Hier also werden von Zeit zu Zeit noch Abänderungen eintreten, die Anlass zur Berichterstattung an die eidgenössischen Kammern geben können, und dasselbe kann auch noch im Gebiet der Ausfuhrverbote sowie bei der Eegelung der Einfuhr und Verteilung von Milch und Milcherzeugnissen eintreten. Aber auch dieser Abänderungen wegen brauchen doch die eigentlichen Neutralitätsberichte nicht fortzudauern. Denn wie schon iin einleitenden Rückblick auf die Entwicklung der Berichterstattung über die Erlasse auf Grund der ausserordentliehen Vollmachten hervorgehoben worden ist, sind wir auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 8. April 1919 und vom 19. Oktober 1921 verhalten, den Kammern über anfällige Abänderungen der noch in Kraft bestehenden Noterlasse auf die nächste Tagung hin einlässlich zu berichten. Den Neutralitätsberichteu kommt
seither nur noch die Aufgabe zu, in grössern Zwischenräumen einen Überblick über die weitere Durchführung der den Kammern schon früher zur Kenntnis gebrachten Massnahmen in Abänderung der Noterlasse zu geben. Da sich nun die Tragweite der jetzt noch vorkommenden Abänderungen an den Notverordnungen regelmässig von vornherein sehr wohl bestimmen lässt und überdies zwischen dem Augenblick des Erlasses eines Abänderungsbeschlusses und der Bericht-

355 erstattung auf die nächste Tagung der Kanunern hin oft schon eine gewisse Zeitspanne liegt, in welcher der Abänderungsbeschluss sich auswirken konnte, so kann in manchen Fällen schon mit dieser ersten Kenntnisgabe auch der Bericht über die Durchführung des AbändeTungsbeschlusses verbunden werden. In diesen Zwischenberichten wird also gegenwärtig in der Regel schon ein gutes Stück dessen liegen, was früher den Inhalt der Neutralitätsberichte bildete, und der Schiusa scheint uns nahezuliegen, dass damit einer der Neutralitätsberiehte überflüssig geworden und der Zeitpunkt gekommen ist, wo es genügt, einmal im Jahr über die Durchführung der Noterlasse Rechenschaft abzulegen. Diese einmalige Rechenschaftsablage aber kann unseres Erachten» ohne Nachteil mit dem Geschäftsbericht verbunden und trotzdem so gestaltet werden, dass sie sich deutlich vom sonstigen Inhalt des Geschäftsberichtes abhebt. Wir glauben nicht fehlzugehen, wenn wir annehmen, die eben angeführte Erwägung habe mit beigetragen zu dem Beschlüsse des Nationalrates vom 9, Februar 1923, wonach die Neutralitätskommission aufgehoben wurde und hinfort
Die Unterdrückung der Neutralitätsberichte setzt nun aber eine teilweise Abänderung des Bundesbeschlusses vom 19. Oktober 1921 "betreffend die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, nämlich der Absätze l und 2 von Art. 3 dieses Bundesbeschlusses, voraus. Wir beehren uns, Ihnen hier angefügt den Entwurf zu einer solchen Abänderung vorzulegen und den Antrag zu stellen, Sie wollen diesen Entwurf zum Beschluss erheben.

Wir benützen auch diesen Anlass, Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versiohern.

Bern, den 29. Mai 1928.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Chuard.

Der Bundeskanzler: Steiger.

356 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die teilweise Abänderung des Bundesbeschlusses vom 19. Oktober 1921 betreffend die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme von dem Bericht des Bundesrates vom 29. Mai 1923, beschliesst: Art. 1. Die Absätze l und 2 von Art. 8 des Bundesbeschlusses vom 19. Oktober 1921 betreffend die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates erhalten folgende Fassung: «Art. 8. Die Berichterstattung des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung der noch verbleibenden ausserordentlichen Beschlüsse und Verordnungen wird mit dem Geschäftsbericht verbunden; Dem Geschäftsbericht ist ein Verzeichnis der noch in Kraft bestehenden Beschlüsse und Verordnungen beizugeben.» Art. 2. Dieser nicht allgemein verbindliche Bundesbeschluss tritt sofort in Kraft.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

XX. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914, 3. April 1919 und 19. Oktober 1921 getroffenen Massnahmen. (Vom 29. Mai 1923.)

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