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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 1. Mai 1923.)

An den arn 2, Juli 1923 in London beginnenden XIII. internationalen Schiffahrtskongress werden vom Bundesrat als Abgeordnete bezeichnet die Herren: Dr. C. Mutzner, Direktor des eidg. Amtes für Wasserwirtschaft, schweizerischer Delegierter in der internationalen ständigen Kommission der Schiffahrtskongresse, in Bern, und Legationsrat Martin, Handelsattache der schweizerischen Gesandtschaft in London.

Es werden folgende Bundesbeiträge bewilligt: 1. dem Kanton Zürich an die zu Fr. 71,000 veranschlagten Kosten der Entwässerung von 30,2o ha Acker-, Wies- und Streueland im Stammheimertal, Gemeinden Unterstammheim und Waltalingen, Bezirk Andelflngen, 25 °/o, im Maximum Fr. 17,750; 2. dem Kanton St. Gallen an die zu Fr. 29,000 veranschlagten Kosten für die Erstellung von Stall- und Brunnenanlagen auf der Alp Unterkamor, Gemeinde Altstätten, 20 °/o, im Maximum Fr. 5800.

(Vom 4. Mai 1923.)

Der Bundesrat hat das Gesuch der Rhätischen Werke für Elektrizität in Thusis betreffend die Ausfuhr elektrischer Energie aus neu zu erstellenden Anlagen nach den verschiedenen Nachbarländern behandelt, nachdem die Angelegenheit der eidg. Kommission für Ausfuhr elektrischer Energie zur Begutachtung vorgelegt und von ihr in mehreren Sitzungen behandelt wurde (vgL Bundeeblatt Nr. 9 vom 1. März 1922, Bd. I, 8. 272; Nr. 10 vom 8. März 1922, Bd. I, S. 311). Der Bundesrat hat folgenden Beschluss gefasst: Ausfuhrbewilligung Nr. 64.

Den Rhätischen Werken für Elektrizität A.-G. in Thusis wird die Bewilligung (Nr. 64) erteilt, aus dem am Hinterrhein zu erstellenden Kraftwerk Sufers-Andeer, für welches ein Vollausbau auf 240,000 Kilowatt geplant ist und welches zunächst auf eine installierte Leistung von zirka 100,000 Kilowatt ausgebaut und dabei zirka 75,000 Kilowatt 24stündig leisten wird, von den beiden zuletil geuaniiteii Leistungen die nachstehend genannten Energiequoten auszuführen :

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A. In der Sommerperiode (1. April bis 15. Oktober): Höchstens 8/6 (drei Fünftel) der 24stündig verfügbaren Energie, d. h.

45,000 Kilowatt 24stündig oder 1,080,000 Kilowattstunden täglich. Die augenblickliche Höchstleistung darf 70,000 Kilowatt niemals überschreiten.

B. In der Winterperiode (16. Oktober bis 31. März): Höchstens 2/5 (zwei Fünftel) der 24stündig verfügbaren Energie, d. h.

30,000 Kilowatt 24stündig oder. 720,000 Kilowattstunden täglich. Die augenblickliche Höchstleistung darf 40,000 Kilowatt niemals überschreiten.

Die unter A und B genannten Verhältnisse zwischen verfügbaren und zur Ausfuhr bewilligten Leistungen und Energiemengen gelten auch, solange das Kraftwerk Sufers-Andeer noch nicht auf 100,000 Kilowatt installierte Leistung ausgebaut ist (vgl. Ziffer 2 dieser Bewilligung).

Diese Bewilligung wird unter den folgenden nähern Bed i n g u n g e n erteilt: 1. Die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Rhätischen Werke für Elektrizität A.-G. in Thusis muss den Vorschriften des Art. 40 des eidg. Wasserrechtsgesetzes stets entsprechen. Der Bundesrat ist berechtigt, ein Mitglied in den Verwaltungsrat zu wählen oder an dessen Stelle einen Kommissär zu bestimmen.

2. Die Bauarbeiten für das Kraftwerk Sufers-Andeer müssen spätestens am 30. November 1928 beginnen. Der erste Ausbau des Kraftwerkes Sufers-Andeer auf eine installierte Leistung von 50,000 Kilowatt soll am 30. November 1931 vollendet sein. Die Genehmigung der Projektausgestaltung im Sinne des eidg. Wasserrechtsgesetzes durch die eidg. Instanzen bleibt ausdrücklich vorbehalten.

3. Deckung des Inlandbedarfes.

a. Technische Vorkehren, inländischer Versorgungsbereich Die Rhätischen Werke verpflichten sich, für ihre Energieverteilung dasjenige System zu wählen und ihr Hochspannungsverteilungsnetz so zu disponieren und auszubauen, dass sie im Bedarfsfalle auf erstes Verlangen hin und innert kürzester Frist Energie aus ihren Anlagen in die benachbarten Übertragungs- und Verteilungs-netze abgeben können. Die Pläne für die Linienführung der neu zu erstellenden Starkstromleitungen sind dem Bundesrate vor der Einreichung ans Starkstrominspektorat des 8. E. V. zur grundsätzlichen Genehmigung zu unterbreiten. Der Bundesrat kann den

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weiteren Ausbau der Anschlussmöglichkeiten an andere Werke anordnen. Für den Fall, dass sich die Rhätischen Werke mit andern Werken oder Energie verteilungsunternehmungen über die Bedingungen der Verbindung ihrer respektiven Verteilungsanlagen und die Energieabgabe nicht einigen können, entscheidet unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse das eidg. Departement des Innern.

b. Allgemeine Bestimmungen. Die Rhätischen Werke sind verpflichtet, alle auf behördliche Verfügung hin oder aus irgendeinem Grunde gegenüber ihren schweizerischen Verbrauchern durchgeführten Sparmassnahmen ohne weiteres ia mindestens gleichem Umfange auch ihren ausländischen Bezügern aufzuerlegen.

Der Rückzug von zur Ausfuhr bewilligten Energiequoten im Interesse der Inlandsversorgung für Notfälle, bei Eintritt von Energieknappheit im Inland und soweit der Absatz im inländischen Versorgungsbereich der Rhätischen Werke zu gleichen oder gleichwertigen Bedingungen gesichert ist, bleibt vorbehalten.

c. Preise und Bedingungen für die Stromabgabe im Inland.

Die Preise für diejenige Energie, für welche im inländischen Versorgungsbereich der Rhätischen Werke Bedarf vorhanden ist, sind möglichst niedrig anzusetzen im Rahmen einer angemessenen Rendite des Werkes. Sie sind, auf gleiche Verhältnisse bezogen, in angemessener Beziehung zu den mittleren Preisen der ausgeführten Energie festzusetzen. Das eidg. Departement des Innern kann die Einhaltung dieser Bestimmung jederzeit prüfen und nötigenfalls die Preise revidieren, beziehungsweise unter billiger Berücksichtigung der auf dem Energiemarkt herrschenden Verhältnisse festsetzen.

4. Beginn und Dauer der Bewilligung. Die Bewilligung wird auf die Dauer von zwanzig Jahren erteilt. Sie tritt mit der Betriebseröffnung des Kraftwerkes Sufers-Andeer, spätestens jedoch am 30. November 1930 in Kraft. Sie gilt als erloschen, wenn das Kraftwerk Sufers Andeer am 30. November 1931 noch nicht auf eine installierte Leistung von 50,000 Kilowatt ausgebaut sein sollte.

Die Bewilligung kann um weitere zehn Jahre verlängert werden, sofern die Energie im Inland nach Ablauf der zwanzig Jahre keine angemessene Verwendung findet.

Das Gesuch um Erneuerung muss wenn möglich zwei Jahre, mindestens aber ein Jahr vor Ablauf der zwanzigjährigen Dauer dem Bundesrat eingereicht werden.

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5. Kontrolle der Ausfuhr. Die zur Ausfuhr bewilligten Leistungen und Energiemengen verstehen sich loko Übergabestation an der Schweizergrenze. Die Messeinrichtungen sind so anzulegen, dass an jeder Grenzübergangsstelle sowohl der Rhätischen Werke als allenfalls auch anderer Gesellschaften die Zahl der Kilowatt als auch der Kilowattstunden einwandfrei festgestellt werden kann. Die näheren Vorschriften über das Mess- und Kontrollverfahren und die Berichterstattung über die Energieausfuhr werden vorbehalten.

Die Grenzstationen sind im Einverständnis mit dem eidg.

Departement des Innern rechtzeitig festzusetzen.

6. Stromlieferungsverträge Alle Stro ml ieferungs v ertrage mit ausländischen Abnehmern sind im Original oder in beglaubigter Abschrift dein eidg. Departement des Innern einzureichen und müssen, um Gültigkeit zu haben, von diesem genehmigt sein.

7. Anstellung schweizerischer Arbeitskräfte. Für Bauausführung und Betrieb sind, soweit möglich, schweizerische Arbeitskräfte heranzuziehen.

S. Verwendung schweizerischer Erzeugnisse Für den Bau der Werke und der Verteilungs- und übrigen Anlagen auf schweizerischem Gebiet ist, soweit möglich, Material schweizerischer Herkunft und Fabrikation zu verwenden. Eine Ausnahme hiervon ist indessen nach Einholung der Zustimmung des eidg. Departements des Innern zulässig, wenn diesem vor der Bestellung im Ausland der Nachweis erbracht wird, dass boi der Vergebung im Inland für die Unternehmung eine unbillige Belastung entstände.

9. Bau neuer und Benützung bereits bestehender Leitungen.

Die Rhätischen Werke sind verpflichtet, für den Transport der Energie ins Ausland die jeweils bestehenden Leitungen anderer Werke oder schweizerischer Unternehmungen zu benutzen, soweit diese Leitungen den Transport technisch und wirtschaftlich zu bewältigen vermögen oder dafür ausgebaut werden können.

Der Transport über Leitungen anderer Werke oder Unternehmungen soll jedoch den Rhätischen Werken nur zugemutet werden, wenn er zu mindestens gleich günstigen Bedingungen ermöglicht wird wie über neu erstellte eigene Leitungen der Gesellschaft. Durch den Transport über bestehende Leitungen anderer Gesellschaften darf ferner die einwandfreie Messung und Kontrolle der ausgeführten Energie nicht beeinträchtigt werden.

10. Die künftige Gesetzgebung bleibt vorbehalten.

Bundesblatt. 75. Jahrg. Bd. II.

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138 11. Auskunftspflicht. Der Ausfuhrberechtigte ist verpflichtet, dem vom Bundesrate gewählten Verwaltungsratsmitglied oder bestellten Kommissär, sowie den mit der Aufsicht betrauten Bundesbehörden jede Auskunft au geben und allen Anordnungen nachzukommen, welche zur Kontrolle der richtigen Ausführung dieser Bewilligung als notwendig erachtet werden.

Ausserdem hat er zu vertraulichem Gebrauch fortlaufend alle von den Bundesbehörden gewünschten, für eine Energiebilanzstatistik notwendigen Angaben zu machen, 12. Deckung der Verwaltung skosten. Die jährliche Gebühr zur Deckung der Verwaltungskosten ist vom Zeitpunkt der Betriebseröffnung des Kraftwerkes Sufers-Andeer, spätestens vorn 30. November 1930, d. h. vom Datum des Inkrafttretens der Bewilligung an, zu entrichten (vgl. Ziffer 4 dieser Bewilligung).

Sie berechnet sieh jeweilen nach der im betreffenden Kalenderjahr zur Ausfuhr bewilligten augenblicklichen Höchstleistung gemäss Art. 7 der Verordnung betreffend die Ausfuhr elektrischer Energie vom 1. Mai 1918.

13. Die Kosten der Prüfung von Vorlagen für die Aufstellung oder Abänderung von Messeinrichtungen, welche zur Messung der ausgeführten Energie dienen, durch die Technischen Prüfanstalten des S. E. V. in Zürich (Art. 17 der Verordnung betreffend die Ausfuhr elektischer Energie vom 1. Mai 1918) sowie die Kosten der Begutachtung der von diesen genehmigten Messeinrichtungen in messtechnischer Hinsicht (Art, 18 der genannten Verordnung) sind von der Gesuchstellerein zu tragen, 14. Die Bewilligung ist nur mit Genehmigung des Bundesrates übertragbar.

15. Wenn die Bestimmungen dieser Bewilligung trotz vorausgegangener Mahnung nicht eingehalten werden so wird der Bundesrat die Dauer der Bewilligung abkürzen, oder die zur Ausfuhr bewilligte Energiemenge herabsetzen oder endlich die Ausfuhr ganz untersagen, "Wahlen.

(Vom 1. Mai 1923.)

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