N° 11

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Bundesblatt

75. Jahrgang.

Bern, den 14. März 1923.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, Franken im ,,Nachnahme.

: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an die Stämpfli & de. in Bern.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

Entscheid des Bundesrates über

die Beschwerde von Rechtsanwalt Dr. Gubser in Zürich betreffend die Eintragung der ,,Ozeana", Aktiengesellschaft für Industrie-Unternehmungen in Schaffhausen, in das Handelsregister.

(Vom 2. März 1923.)

A. In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt: I.

Am 30. August 1922 wurde in Zürich durch die Rechtsanwälte Dr. Gubser und Dr. W. Chioderà in Zürich unter ßeizug von Notar Ringger als Urkundsperson die ,, O z e a n a " , Aktiengesellschaft für Industrie-Unternehmungen in Schaff hausen, gegründet, und zwar derart, dass Dr. Gubser von dem Fr. 75,000 betragenden Grundkapital Fr. 70,000, Dr. Chioderà Fr. 5000 übernahm. Es wurde beschlossen, dass die Verwaltung nur aus einem Mitgliede bestehen solle (§ 13 der Statuten); als Mitglied der Verwaltung wurde Dr. Gubser gewählt.. Unterm 8. September 1922 meldete Dr. Gubser die Aktiengesellschaft in Schaffhausen zur Eintragung in das Handelsregister an. Der Registerführer lehnte indessen -- nachdem er die Weisung des eidgenössischen Amtes für das Handelsregister eingeholt hatte -- mit Verfügung vom 23. Oktober die Anmeldung ab, mit der Motivierung, dass er die Gründung einer Aktiengesellschaft durch nur zwei Gründer als unzulässig betrachte. Hiergegen beschwerte sich Dr. Gubser beim Regierungsrate des Kantons Schaffhausen als kantonaler Aufsichtsbehörde über das Handelsregister; er beantragte, es sei Bundesblatt. 75. Jahrg. Bd. I.

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das Handelsregisterbureau zu veranlassen, die nachgesuchte Eintragung ohne Verzug vorzunehmen.

II.

Mit Entscheid vom 16. November 1922 hat der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In den Erwägungen dieses Entscheides führte der Regierungsrat aus, es sei allerdings richtig, dass das Obligationenrecht eine Mindestzahl von Gründern einer Aktiengesellschaft nicht aufstelle. Hieraus dürfe aber nicht gefolgert werden, dass hinsichtlich der Zahl der Gründer die Bestimmungen des Obligationenrechts über die einfache Gesellschaft, die Kollektiv- und Kommanditgesellschaft, wo übereinstimmend die Mindestzahl von zwei Gründern gefordert werde, analog auf die Aktiengesellschaft anzuwenden seien. Daraus, dass das Gesetz sich bei den drei erwähnten Gesellschaftsformen über die Mindestzahl der Gründer ausspreche und dies bei der Aktiengesellschaft unterlasse, müsse im Gegenteil geschlossen worden, dass die Frage nach der Zahl der zur Gründung einer Aktiengesellschaft erforderlichen Personen offen gelassen und der Praxis anheimgestellt werden wollte.

Dass die Aktiengesellschaft hinsichtlich der Zahl der Gründer anders zu behandeln sei als die übrigen Gesellschaften, ergebe sich schon aus deren anders gearteten rechtlichen Struktur.

Während bei der einfachen Gesellschaft, der Kollektiv- und Kommanditgesellschaft die Personenverbindung zur Erreichung eines bestimmten Zweckes im Vordergrunde stehe, handle es sich bei der Aktiengesellschaft in erster Linie um eine Kapitalverbindung, die in der Regel naturgemäss eine grössere Anzahl von beteiligten Personen umfassen werde. Art. 618 OR schreibe donnauoli vor, dass die Konstituierung der Aktiengesellschaft durch eine Generalversammlung der Aktionäre zu erfolgen habe. Mit dem Begriffe der ,,Generalversammlung" 1 sei es aber offenbar nicht .vereinbar, dass dieselbe aus nur zwei Aktionären gebildet werden könne. De lege ferenda sei seit dem Inkrafttreten des Obligationenrechts immer wieder das Postulat aufgestellt worden, eine Mindestzahl von zur Gründung einer Aktiengesellschaft erforderlichen Personen vorzusehen ; die Vorschläge schwankten zwischen drei bis sechs Gründern. Es handle sich hier offenbar um eine Lücke des Gesetzes, welche durch die Praxis auszufüllen sei. Tatsächlich bewege sich auch die Praxis in der Richtung, dass für die Gründung einer Aktiengesellschaft mindestens drei Gründer gefordert würden. Diesen Standpunkt nehme auch, das eidgenössische Amt für das Handelsregister ein.

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III.

Gegen diesen Entscheid rekurriert Dr. Gubser am 18. Dezember 1922 an den Bundesrat, indem er den im kantonalen Verfahren gestellten Antrag wiederholt.

Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen beantragt in seiner Beschwerdeantwort Abweisung des Rekurses unter Hinweis auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheides.

Das eidgenössische Amt für das Handelsregister schliesst sich diesem Antrage an. Es vertritt die Auffassung, dass beim Schweigen des Gesetzes zwei Aktionäre nur dann genügen könnten, wenn nach der Organisation, welche die Gesellschaft gemäss dem Gesetze aufweisen müsse, noch ein natürliches Funktionieren und Zusammenwirken der Organe möglich sei. Dies müsse aber bei einer schweizerischen Aktiengesellschaft, welche nur zwei Aktionäre zähle, verneint werden. Sowohl die Generalversammlung als die Verwaltung werde aus Aktionären gebildet. Für die Verwaltung könne ein Aktionär genügen. Für die Generalversammlung sei jedoch eine Zahl von wenigstens zwei Mitgliedern erforderlich, welche nicht der Verwaltung angehörten, weil deren Mitglieder bei der Genehmigung der Jahresrechnung kein Stimmrecht hätten (Art. 655 OR). Man könne wohl einwenden, dass die Generalversammlung erst nach Abschluss der ersten Jahresrechnung in den Fall komme, diese zu genehmigen ohne Mitwirkung der Verwaltung; bis dahin könnten noch weitere Aktionäre hinzukommen. Dies sei theoretisch wohl denkbar, praktisch aber gerade bei kleinen Aktiengesellschaften unwahrscheinlich.

Es könne auch geltend gemacht werden, dass ja ein einziger, nicht zur Verwaltung gehörender Aktionär zur Genehmigung der Jahresrechnung genüge. Es gebe ferner Fälle, wo bei drei und mehr Aktionären von Anfang an alle der Verwaltung angehörten und wo auch bei Ablegung der Jahresrechnung kein ausserhalb der Verwaltung stehender Aktionär vorhanden sei, der sie genehmigen könnte. Die Verwaltungsräte seien dann eben unter sich und ihren Gläubigern für die Geschäftsführung verantwortlich. Aber wenn auch solche Verhältnisse vorkämen, sei es, dass sie von Anfang an vorhanden seien, sei es, dass sie sich infolge von Mutationen im Mitgliederbestande erst später bildeten, so stehe doch ausser Zweifel, dass sie der gesetzlichen Organisation nicht entsprächen, und es dürften bei der Entscheidung der vorliegenden Frage nicht die Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, bei welchen ein verstümmelter Organismus vorkommen könnte. Wenn aber Gründungen mit nur zwei Aktionären von

672 Anfang an mit der im Gesetze vorgesehenen Struktur nicht vereinbar seien, so sollten sie auch nicht zugelassen werden.

B. In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht:

I.

Das schweizerische Obligationenrecht enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, wie viele Personen zur Gründung einer Aktiengesellschaft erforderlich sind. Es steht damit im Gegensatze zum Kommissionalentvvurfe vom Jahre 1877 sowohl, dessen Art. 644 eine Mindestzahl von drei Gründern verlangt hatte, als zu einer grossen Anzahl von ausländischen Aktiengesetzgebungen. So fordert beispielsweise das deutsche Handelsrecht seit der Aktiennovelle von 1884 eine Mindestzahl von fünf Gründern (§ 182 HGB), während Art. 23 der französischen loi sur les sociétés vom 24. Juli 1867 bestimmt, dass eine Aktiengesellschaft nicht gegründet werden kann, wenn die Zahl der Gesellschafter weniger als sieben beträgt (Angaben über andere Gesetze siehe bei S i l b e r n a g e l , Die Gründung der Aktiengesellschaft, S. 51 f.). Mit dem schweizerischen Ohligationeurechte stimmen dagegen überein das -- heute noch in Österreich geltende --- Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch vom Jahre 1861 und das italienische Handelsgesetzbuch vom 31. Oktober 1882.

Hinsichtlich aller zuletzt genannten Kodifikationen sind in Doktrin und Praxis Kontroversen darüber entstanden, wie gross die Mindestzahl der Gründer einer Aktiengesellschaft sein müsse. Während T h ö l (Handelsrecht 5. Auflage, 1875, Bd. I, S. 432 f.)

und P r i m k e r (Endemanns Handbuch des Handelsrechts, Bd. I, S. 526) für die Gründung einer Aktiengesellschaft nach Massgabe des ADHGB eine Mindestzahl von zwei Gründern als erforderlich betrachteten (Vertragstheorie), so hält die heute in Österreich herrschende Meinung eine Person für genügend ( R a n d a , Das österreichische Handelsrecht, Bd. II, S 106; Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 27. Juni 1911 zit. bei G r ü n b e r g , Die 'GmbH und ihre Gesellschafter in Grünhuts Ztschr. Bd. 39, S. 204), wogegen in Italien wiederum die Zahl von zwei Gründern als notwendig, aber auch als ausreichend angesehen wird ( V i d a r i , Corso di Diritto Commerciale, Bd. II, S. 39, B i n g , La société anonyme en droit italien, S. 75 f.). Besonders reichhaltig an verschiedenen Meinungen sind die schweizerische Doktrin und Praxis. S c h n e i d e r und F i c k (Kommentar zum Obligationenrecht, 2. Aufl., Nr. 5 zu Art. 612) nehmen den Standpunkt ein, dass zur Gründung einer Aktiengesellschaft sechs Ge-

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sellschafter notwendig seien. Diese Auffassung beruht auf der von Schneider (Ztschr. f.' Schweiz. Recht, Bd. 34, S. l ff.) vertretenen Auslegung von Art. 640, Abs. 2, OR, dahingehend, dass diese Bestimmung die Anwesenheit von mindestens fünf Aktionären in der Generalversammlung verlange. Diese fünf Aktionäre -- so wird ausgeführt -- genügten an sich für die konstituierende Generalversammlung; in jeder andern Generalversammlung seien jedoch ebenso viele Aktionäre nölig, ausser dem Verwaltungsrate, dem Décharge erteilt werden soll und der aus nur einem Mitgliede bestehen könne; hieraus müsse aber auf eine Mindestzahl von 6 Gründern geschlossen werden (ebenso R ö s s e l , Manuel du droit fédéral des obligations, Bd. II, 1920, S. 75). Hiergegen wenden sich H a b e r s t i c h (Handbuch des Obligationenrechts, Bd. II, S. 449 f.), H a f n e r (Gutachten über die Frage der notwendigen Mindestzahl der Aktionäre für die Gründung einer Aktiengesellschaft in Ztschr. Bern. J. V., Bd. 45, S. l ff., S. 57 ff.) und von W a l d k i r c h (Ztschr. f. Schweiz.

Recht, Bd. 34, S. 315). Haberstich insbesondere macht geltend, Art. 640 OR beabsichtige keineswegs festzustellen, wie vieler Aktionäre es zur Gründung bedürfe, sondern er befasse sich nur mit der Frage der Stimmberechtigung der einzelnen Aktionäre in der Generalversammlung. Das Gesetz habe überhaupt die Frage nicht entscheiden wollen, weil sich keine für alle Fälle passende Lösung habe finden lassen und die Zahl der erforderlichen Aktionäre durch die Zahl der ausgegebenen Aktien bedingt sei. Unter gewissen Voraussetzungen könne es an drei Aktionären genügen, insofern einerseits die Möglichkeit einer Abstimmung noch gegeben und anderseits zu verhindern sei, dass kein Aktionär mehr als einen Fünfteil sämtlicher vertretenen Aktienstimmen geltend mache (sie). S i e g m u n d führt in seinem Handbuch für die Handelsregisterführer S. 272/73 aus, es sei gestützt auf Art. 640 OR als Mindestzahl der Aktionäre die Zahl fünf angenommen worden, wozu andere noch ein Verwaltungsratsmitglied gefügt und daher mindestens sechs Mitglieder gefordert hätten. Die letztere Konsequenz sei jedenfalls zweifelhaft, da ja auch das Verwaltungsratsmitglied ausser in eigenen Angelegenheiten stimmberechtigt sei. Die Zahl von füüfen scheine jedoch mehr und mehr zu gelten, so dass bis auf
weiteres der Registerführer gut tun werde, auf diese Zahl überall da zu achten, wo für ihn die Gesamtheit der Aktionäre in Betracht komme, also in erster Linie bei der Gründung. In Ztschr. f. Schweiz.

Recht, n. F., Bd. 23, S. 716 (Verhandlungen des Schweiz. Juristentages von 1904) sodann gibt Siegmund der Meinung Ausdruck,

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es sollte die Mindestzahl der Aktionäre auf vier festgesetzt werden ; denn ein Mitglied brauche man für die Verwaltung und wenigstens drei für die Generalversammlung, da bei einer geringeren Zahl keine Majoritätsbeschlüsse gefasst werden könnten, während doch auf diesen recht eigentlich die Aktiengesellschaft beruhe. Das eidgenössische Amt für das Handelsregister endlich hat, wie aus dem faktischen Teil (Ziff. III am Ende) erhellt, in seiner bisherigen Praxis angenommen, dass zur Gründung einer Aktiengesellschaft mindestens drei Aktionäre erforderlich seien.

Dem Bundesrate selbst hat sich bis anhin noch keine Gelegenheit geboten, zu der Frage der Mindestzahl der zur Gründung einer Aktiengesellschaft notwendigen Personen Stellung zu nehmen.

II.

Soll nunmehr die Frage entschieden werden, ob im Falle einer Bargründung -- denn um eine solche handelt es sich hier -- zwei Personen zur Konstituierung der Gesellschaft genügen, so fällt vorab in Betracht, dass die Lösuug jedenfalls sich nicht mit, der Argumentation finden lässt, dass die Aktiengesellschaft eine ,,Gesellschaft" sei und es zum Abschlüsse eines Gesellschaftsvertrages nicht mehr als zweier Personen bedürfe. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass man es bei der Aktiengesellschaft mit einer juristischen Person zu tun hat. Zweck und Ziel der Gründung bestehen darin, eine handlungsfähige Verbandsperson zu konstituieren, um damit der Gesellschaft die Teilnahme am Rechtsverkehr möglich zu machen. Gemäss Art. 54 ZGB, der als eine allgemeine Bestimmung über die juristischen Personen nicht nur auf die im Zivilgesetzbuche geordneten Verbände, sondern auch auf die Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit anwendbar ist, sind die juristischen Personen handlungsfähig, sobald die nach Gesetz und Statuten hierfür unentbehrlichen Organe bestellt sind. Folgerichtig bedarf es zur Gründung einer Aktiengesellschaft so vieler Personen, als notwendig sind, um die Gesellschaft zu organisieren. Als Organe der Aktiengesellschaft nennt das Gesetz (Art. 642 OR) die Generalversammlung, die Verwaltung und die Kontrollstelle. Die Kontrollstelle fällt indessen hier ausser Betracht, weil nach Art. 659 OR die Revisoren nicht Mitglieder der Gesellschaft zu sein brauchen und in den Statuten der ,,Ozeana A.-G.a nichts anderes bestimmt wird. Was die Verwaltung betrifft,
so kann dieselbe, abweichende Anordnung der Statuten vorbehalten, aus nur einer Person bestehen, die allerdings, kraft zwingender Gesetzesvorschrift, Mitglied der Gesellschaft sein muss (Art. 649 OB). Gemäss § 13 der Statuten der

675 ,,Ozeana A.-G.a wird die Verwaltung aus ein bis fünf Mitgliedern gebildet, doch ist in der konstituierenden Generalversammlung beschlossen worden,' dass die Verwaltung nur von einem Mitgliede, nämlich vom Rekurrenten Gubser, geführt werden soll.

Bei der Bestellung der Verwaltung kann es indessen nicht sein Bewenden haben, vielmehr muss auch das zweite Organ, die Generalversammlung, in Funktion treten können. In dieser Beziehung ist zunächst festzustellen, dass, wie Hafner in dem erwähnten Gutachten ausgeführt hat und übrigens heute allgemein anerkannt ist, die seinerzeit von Schneider vertretene Autfassung nicht Stich hält, wonach zur Abhaltung einer Generalversammlung, d. h. zur Beschlussfähigkeit derselben gemäss Art. 640 OR, stets mindestens fünf Personen erforderlich wären ( B a c h m a n n , Nr. 9 zu Art. 640 OR). Vielmehr kann sich nur fragen, ob die Beschlussfähigkeit die Anwesenheit einer Mehrzahl von stimmberechtigten Aktionären voraussetzt, oder ob .eine Generalversammlung rechtsgültig auch dann abgehalten werden kann, wenn nur ein stimmberechtigter Aktionär anwesend ist. Diese Frage ist im letzteren Sinne zu entscheiden ; denn das Gesetz enthält keine Bestimmung, welche der Generalversammlung die Beschlussfähigkeit versagen würde, wenn nur ein Mitglied, das allerdings stimmberechtigt sein muss, an der Versammlung teilnimmt, und auch den allgemeinen Grundsätzen des Aktienrechtes lässt sich nichts entnehmen, was dagegen sprechen würde, f Vgl. in diesem Sinne die in Deutschland herrschende Meinung.. L eh m an n, Das Recht der Aktiengesellschaft, Bd. II, S.IST/SS; Staub, Kommentar zum Handelsgesetzbuche, 9. Auflage, Anm. l zu § 251 HGB; Fischer in Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III, I. Abt., S. 194; Entscheidungen des Reichsgerichtes in Zivilsachen, Bd. 34,. S. 116.) Denn das dem Rechte der Aktiengesellschaft zugrunde liegende Mehrheitsprinzip ist nicht sowohl als Ausfluss des Gedankens, dass die Generalversammlung als Organ von einer Mehrzahl von Aktionären gebildet werden muss, sondern dahin zu verstehen, dass als Regel Einhelligkeit der erschienenen Aktionäre nicht verlangt wird. Folgerichtig kann aber ein einziger, in der Versammlung erschienener Aktionär, dem das Stimmrecht zusteht, einen gültigen Beschluss fassen (so Fischer a. a. 0.). Selbstverständlich steht
es den Statuten frei, erschwerende Bedingungen aufzustellen und für die Beschlussfähigkeit der Generalversammlung die Anwesenheit einer Mindestzahl von Aktionären zu verlangen; indessen ist in den Statuten der ,,Ozeana A.-G.tt eine solche Bestimmung nicht enthalten.

Hieraus erhellt aber, dass die ,,Ozeana A.-G." rechtsgültig be-

676 gründet worden ist, da die Verwaltung mit einem Mitgliede besetzt und ferner ein Mitglied vorhanden ist, das an der Generalversammlung zu allen Traktanden stimmberechtigt war, so dass diese ordnungsgemäss abgehalten werden konnte. Dabei kann die Frage offen gelassen werden, ob allenfalls, wie es nach dem oben Gesagten in Österreich angenommen wird, auch nach schweizerischem Rechte zur Gründung einer Aktiengesellschaft eine einzige Person genügen würde, und ebenso braucht auch dazu nicht Stellung genommen zu werden, ob die vorstehend entwickelten Grundsätze auch für die qualifizierte Gründung gelten.

C. Demnach hat der Bundesrat erkannt: Der Rekurs wird gutgeheissen, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen vom 16. November 1922 aufgehoben und der Haadelsregisterführer von Schaffhausen angewiesen, die von Rechtsanwalt Dr. Gubser in Zürich nachgesuchte Eintragung der ,,Ozeana" A.-G. für Industrie-Unternehmungen in das Handelsregister vorzunehmen.

(Vom 6. März 1923.)

Laut Mitteilung der belgischen Gesandtschaft ist infolge Hinscheides des Herrn Charles Heer, gewesenen Vizekonsuls von Belgien für den Kanton Tessin, in Lugano, der Konsularkreis dieses Kantons dem belgischen Konsulat in Luzern (Konsul Herr Zünd) zugeteilt worden.

Es werden folgende ßundesbeiträge bewilligt: 1. dem Kanton Z ü r i c h an die zu Fr. 35,000 veranschlagten Kosten der Erstellung von Entwässerungsleitungen etc. in den ,,Boden-, Ober- und Unterwiesen"., Gemeinde Rafz, Bezirk Bülach, 20 %, höchstens Fr. 7000 ; 2. dem Kanton B e r n an die zu Fr. 131,000 veranschlagten Kosten für die Korrektion der Vendline, Gemeinde Bonfol, 30 °/o, höchstens Fr. 39,300 ; 3. dem Kanton Schwyz an die zu Fr. 63,484 veranschlagten Kosten für Aufforstung und Verbauung .,, Holzegga im Tobelbachgebiet bei Schwyz 50--80%, höchstens Fr. 38,292; 4. dem Kanton A p p e n z e l l A.-Rh. an die zu Fr. 240,000 veranschlagten Kosten für die Korrektion des Sägebaches bei Herisau 25 %, höchstens Fr. 60,000 ;

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5. dem Kanton T h u r g a u an die zu Fr. 35,000 veranschlagten Kosten für die Entwässerung von 15 ha Acker-, Wies- und Streueland in den Flurabteilungen flRietbachwiesa und ,,Burst", Gemeinde Homburg, 20 °/o, höchstens Fr. 7000 ; 6. dem Kanton Wallis an die zu Fr. 150,000 veranschlagten Kosten für die Korrektion der Visp bei Saas, Gemeinde Almagell, 40 %, höchstens Fr. 60,000.

(Vom 9. März 1923.)

Dem Kanton B e r n werden folgende Bundesbeiträge zugesichert : 1. an dio zu Fr. 147,000 veranschlagten Kosten für die Verbauung des Inneren Seitenbaches bei Lenk 40 %, höchstens Fr. 58,800; 2. an die zu Fr. 200,000 veranschlagten Kosten für die Korrektion der Allaine bei Courchavon 33Ys °/o, höchstens Fr. 66,667.

"Wahlen.

(Vom 6. März 1923.)

Zolldepartement.

Z o l l v e / w a l t u n g.

Adjunkt der I. Abteilung der Oberzolldirektion : Sontheirn, Max, Fürsprecher, von Willisdorf, juristischer Sekretär der genannten Abteilung.

Adjunkt der II. Abteilung der Oberzolldirektion : Amstutz, Gottfried, von Sigriswil und Basel, technischer Experte der genannten Abteilung.

Abteilungssekretär der Oberzolldirektion : Wyss, Dr. jur. Oskar, von Oberdorf (Solothurn).

(Vom 9. März 1923.)

Zolldcpartement.

Zollverwaltung.

Kontrollgehilfe am Hauptzollamt Basel Bad. Bahnhof-Frachtgut : Wyss, Hans, von Alchenstorf und Basel, Gehilfe I. Klasse am Hauptzollamt Basel S. B. B.-Frachtgut.

Grenzwachtoffiziere im I. Zollkreis : Schiffmann, Philipp, von Homberg bei Thun, und Schaffter, Josef, von Courtételle, zurzeit Gehilfen I. Klasse der Zollverwaltung.

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1923

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.03.1923

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