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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Entschädigungsanspruch des Pferdelieferanten Bachmann in Langnau für sein Pferd Nr. 199/33.

(Vom 4. Januar 1923.)

Mit Eingabe vom 21. September 1922, welcher am 26. Oktober, am 15. November und am 27. November weitere, das gleiche Pferd betreffende Eingaben folgten, hat Friedrich B a c h m a n n , Pferdelieferant in Langnau, gegen die Abweisung seines Entschädigungsgesuches für sein Pferd Nr. 199/33 durch den Bundesrat an die eidgenössischen Räte rekurriert.

F. Bachmann hatte am 19. Mai 1922 gegen den Entscheid des Oberpferdearztes vom 6. Mai, wonach letzterer es ablehnte, für das angeblich als Schläger aus dem Dienste zurückgekehrte Pferd eine Entschädigung für den Minderwert auszurichten, an das eidgenössische Militärdepartement rekurriert.

Der Sachverhalt ist folgender : Das Pferd Nr. 199/33 war vom 17. März bis 18. April 1922 in der Feldartillerie-Rekrutenschule I in Thun im Dienste.

Der Pferdelieferant Bachmann behauptet nun, dass das Tier aus diesem Dienste als Schläger zurückgekehrt sei. Weder der Kommandant der Schulbatterie noch der Hufschmied, der das Pferd am 22. März neu beschlug, konstatierten jedoch Erscheinungen von Bösartigkeit. Wegen einer leichten Schlagverdickung am Schienbein hinten rechts wurde demi Pferdeeigentümer ein Abschatzungsbetrag von Fr. 14. 50 für 5 Tage Behandlung bei teilweisem Gebrauch des Pferdes ausbezahlt.

Der Oberpferdearzt lehnte am 6. Mai ein Entschädigungsbegehren für das angeblich im Militärdienst zum Schläger gewordene Pferd ab. Auf den seitens des Pferdelieferanten Bach-

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mann am 19. Mai gegen diesen Entscheid ergriffenen Rekurs hin wurde das Pferd am 24. Mai durch den vom Oberpferdearzt beorderten Veterinär untersucht, wobei einmal festgestellt wurde, dass die Verletzung am Schienbein ohne Hinterlassung eines Überbeines geheilt war. Sodann wurden Anzeichen, dass das Pferd zum Schläger geworden sei, nicht festgestellt; es konnten ihm ohne weiteres die Beine hochgehalten werden. Der Landwirt, bei dem das Pferd damals in Arbeit stand, erklärte, dass das Tier sich beim Gebrauch normal benommen habe; einzig beim Putzen an der Nachhand zeige es sich etwas schwierig und versuche zu schlagen.

Da das Pferd arbeitsfähig und diensttauglich war, wurde dem Lieferanten Bachmann gestattet, dasselbe neuerdings in den Dienst zu geben, und zwar in die Train-Rekrutenschule II. Hälfte vom 27. Mai bis 20. Juni nach Thnn. Auf Befehl des Ober-, pferdearztes wurde das Tier während dieser Schule ganz besonders beobachtet. Es zeigte keine Besonderheiten und liess sich namentlich- ohne Schwierigkeiten putzen und die Beine aufheben. Ebenso" ging es beim Fahren durchaus ruhig, wovon sich der Lieferant selber überzeugen konnte. Mit Schreiben vom 23. Juni teilte der Oberpferdearzt dem Lieferanten Bachmann mit, dass das Pferd sich im abgelaufenen Dienste nicht als Schläger erwiesen habe.

In seiner Rekursschrift vom 29. Juni erklärt Bachmann das Gegenteil ; das Pferd habe sich sogar noch wilder gebärdet als beim ersten Dienstaustritt. Trotzdem gab Bachmann das Tier neuerdings in den Dienst, und zwar vom 4. Juli bis zum 18. August (Wiederholungskurse der 15-cm-Haubitzabteilungen 3, 2 und 1).

Wenn das Pferd aber wirklich ein ausgesprochener Schläger gewesen wäre, so hätte Bachmann es gar nicht verantworten dürfen, das Pferd neuerdings in den Dienst zu geben. Er kannte die Verhältnisse betreffend Pferdelieferung genau, und als erfahrener Pferdelieferant wusste er, dass er einen ausgesprochenen Schläger niemals in einen militärischen Kurs stellen durfte. Indem er das fragliche Tier dennoch zum Dienste einlieferte, zu einer Zeit, als sein Rekurs beim Bundesrat hängig war, hat er selber die : Unbegründetheit seines Rekurses bestätigt.

' In den soeben erwähnten drei aufeinanderfolgenden Kursen wurde das Tier nie als Schläger oder sonstwie als bösartig genieldet. Erst nach vollzogener Abschätzung auf dem Platze Luzern soll das Pferd in Gegenwart des Lieferanten Bachmann1 sonderbarerweise beim Aufhalten der Hintergliedmassen Schwierig-' keiten gemacht haben.

198 Im weitern machte das Pferd die 4 aufeinanderfolgenden Wiederholungskurse der Feldartillerie-Abteilungen 12, 9, 10 und 11 vom 25. August bis 20. Oktober mit; auch hier zeigte sich das Tier wiederum nicht als Schläger. Schliesslich stand das Pferd noch im Wiederholungskurs des Gebirgsbataillons 47 vom 13. bis 25. November, worüber ebenfalls keine ungünstigen Bemerkungen vorliegen.

Das Pferd Nr. 199/33 stand somit im Jahre 1922 174 Tage im Militärdienste, und zwar mit bloss vier zum Teil nur kurzen Unterbrechungen. Während dieser ganzen Zeit zeigte es weder Bösartigkeit, noch erwies es sich als Schläger. la zehn verschiedenen Diensten ist es verschiedenen Personen in die Hände gekommen und nie ist der geringste Unfall passiert. Daraus darf doch mit aller Bestimmtheit geschlossen werden, dass dieses Tier nicht in die Kategorie der notorischen ,,Schläger" eingereiht werden kann. Die Möglichkeit, dass das Pferd von Natur aus etwas kitzlig und futterceidisch ist und dass es sich gelegentlich gegen Neckereien oder ungeschickte Behandlung zu verteidigen sucht, scheint allerdings vorzuliegen. Ähnlich benehmen sich auch viele andere Pferde, die deswegen nie als Schläger bezeichnet werden.

Demnach sind alle Reklamationen des Lieferanten Bachmann unbegründet.

Zur Eingabe des Bachmann an die Bundesversammlung ist zu sagen: 1. In f o r m e l l e r B e z i e h u n g : Gremäss Art. 84 des Verwaltungsreglements vom 27. März 1885 entscheidet über Beschwerden der Pferdeeigentümer gegen die zu leistende Abschatzungsvergütung der Oberpferdarzt, ,,vorbehaltlich des Rekurses an das eidgenössische Militärdepartement bzw. an den Bundesrat", welche Bestimmung im Regulativ betreffend die Mietung von Dienstpferden vom 15. April 1898, § 16, wiedergegeben ist. Ein Analogon findet sich in Art. 83 M. 0.

vom 12, April 1907 bezüglich der Kavalleriepferde, wonach Anstände ,,durch das eidgenössische Militärdepartement, in letzter Instanz durch den Bundesrat" entschieden werden.

Es ergibt sich hieraus, dass auf den vorliegenden Rekurs von den eidgenössischen Räten schon mangels Zuständigkeit nicht eingetreten werden kann. In diesem Sinne haben die eidgenössischen Räte, und zwar der Ständerat am 19. September 1919 und der Nationalrat am 26. September 1919 im Falle des Entschädigungsbegehrens der Gebrüder Bodenmüller entschieden.

199 2. In m a t e r i e l l e r B e z i e h u n g auf die verschiedenen Eingaben zu erwidern, erübrigt sich demnach.

Wir beehren uns daher, Ihnen zu beantragen: auf den Rekurs des Pferdelieferanten F. Bachmann in Langnau nicht einzutreten.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 4. Januar

1923.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Scheurer.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Entschädigungsanspruch des Pferdelieferanten Bachmann in Langnau für sein Pferd Nr.

199/33. (Vom 4. Januar 1923.)

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