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Botschaft des

Bundesrates au die Bundesversammlung über die Aufhebung von Artikel 36 des Bundesgesetzes betreffend die gewerblichen Muster und Modelle (Vom 14. Oktober 1955)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen hiemit den Entwurf für einen Bundesbeschluss vorzulegen, durch welchen Artikel 36 des Bundesgesetzes vom 30. März 1900 *) betreffend die gewerblichen Muster und Modelle aufgehoben werden soll. Zur Begründung dieses Antrages wird folgendes ausgeführt:

Der in Frage stehende Artikel 36 des geltenden Gesetzes lautet wie folgt : Bis zum Erlasse eines besonderen Bundesbeschlusses finden die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Anwendung auf die Baumwolldruckerei sowie die seidenen .und halbseidenen Gewebe, soweit sie nicht Jacquardgewebe sind.

Eine ähnliche Vorschrift war schon ini früheren Bundesgesetz vom 21. Dezember 1888 enthalten. Hinsichtlich der Baumwolldruckmuster wurde sie auf Verlangen der Glarner Textilindustriellen aufgenommen, welche diese Ausnahmestellung beanspruchten unter Hinweis darauf, dass auf dem Gebiet der Baumwolldruckerei die verwendeten Muster nicht von der Mode abhängig sind und sozusagen unverändert bleiben, und dass sie infolgedessen volle Handlungsfreiheit, ohne Behinderung durch Musterschutzrechte, beanspruchen müssen. Mit Bezug auf die seidenen und halbseidenen Gewebe, die nicht Jacquardgewebe sind, wurde von den betreffenden Herstellerkreisen geltend gemacht, jene Gewebe weisen in der Eegel nur Änderungen in der Garnbindung auf; diese Bindung verleihe dem Gewebe keine nennenswerte dekorative Wirkung, während eine solche den Jacquardgeweben in hohem Masse eigen sei; solche blosse Bindungsänderungen dürfen indessen nicht von einzelnen Firmen allein ausgebeutet werden können.

i) BS 2, 873.

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B.

Mit einer vqm 25. Juni 1955 datierten Eingabe hat der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins das Amt für geistiges Eigentum ersucht, die erforderlichen Schritte für die Aufhebung dieses Artikels 36 zu unternehmen.

Er führte aus, er stelle diesen Antrag nach Befragung der gesamten in dieser Angelegenheit interessierten schweizerischen Industrie, die in den folgenden Organisationen zusammengeschlossen sei: 1. Kaufmännisches Direktorium St. Gallen; . · 2. Verein der schweizerischen Textilveredehingsindustrie ; 3. Zürcherische Seidenindustrie-Gesellschaft; 4. Verband schweizerischer Garnhändler und Gewebe-Exporteure ; 5. Verband schweizerischer Garn- und Tricot veredler; 6. Schweizerischer Seidenbandfabrikanten-Verein; 7. Vereinigung schweizerischer Stickerei-Exporteure; 8. Thurgauische Handelskammer ; 9. Verein schweizerischer Druckindustrieller in Glarus; 10. Handels- und Industrie-Verein des Kantons Glarus; 11. Verband schweizerischer Kunstseidenfabriken; 12. Verein schweizerischer Seidenzwirner; 13. Schweizerischer Spinner-, Zwirner- und Weber-Verein ; 14. Verband schweizerischer Garnkonsumenten; 15. Schweizerische Zwirnerei-Genossenschaft; 16. Verband des schweizerischen Textilgrosshandels.

Nach Mitteilung des Vorortes haben die unter Ziffern 1-8 aufgeführten Organisationen den Aufhebungsantrag ausdrücklich unterstützt, während die unter Ziffern 9-16 genannten Verbände die Umfrage des Vorortes unbeantwortet liessen und nachher auch auf ein Zirkular des Vorortes, in welchem dieses Stillschweigen als Zustimmung zum Aufhebungsantrag ausgelegt wurde, keinerlei Einspruch erhoben.

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C.

Auf Grund der Eingabe des Vorortes des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins kann festgestellt werden, dass heute in den beteiligten Industriekreisen kern Interesse mehr: an der Aufrechterhaltung dieser Ausnahmebestimmung besteht. Unter diesen Umständen lässt sich deren Beibehaltung nicht mehr länger rechtfertigen. Die Aufhebung dieser Bestimmung soll die Schöpfer von gewerblichen Mustern auch auf diesem Gebiet in die Lage versetzen, zu ihrem Eecht zu gelangen.

D.

Nach dem in Präge stehenden Artikel 36 soll die Anwendung des Gesetzes auf das bisher davon ausgeschlossene Gebiet «durch besonderen Bundes-

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beschluss» angeordnet werden. Wir halten dafür, dass die Ausdehnung des Anwendungsbereiches eines Gesetzes eine allgemein verbindliche Massnahme und dieser Bundesbeschluss infolgedessen gemäss Artikel 89, Absatz 2, der Bundesverfassung dem [Referendum zu unterstellen sei.

B.

Wir beehren uns daher, Ihnen die Annahme des beiliegenden Entwurfes für einen Bundesbeschluss zu empfehlen, und benützen diesen Anlass, urn Sie, Herr Präsident und sehr geehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 14. Oktober 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates,.

Der Bundespräsident: Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Aufhebung von Artikel 36 des Bundesgesetzes betreffend die gewerblichen Muster und Modelle1

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. Oktober 1955, beschliesst:

Art. l Artikel 36 des Bundesgesetzes vom. 30. März 19001) betreffend die gewerblichen Muster und Modelle wird aufgehoben.

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Art. 2

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Der Bundesrat wird beauftragt, die Bekanntmachung dieses · Beschlusses gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veranlassen.

Er bestimmt den Zeitpunkt seines Inkrafttretens.

' !) BS 2, 873.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Aufhebung von Artikel 36 des Bundesgesetzes betreffend die gewerblichen Muster und Modelle (Vom 14. Oktober 1955)

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Jahr

1955

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

7009

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.10.1955

Date Data Seite

774-777

Page Pagina Ref. No

10 039 181

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