978

# S T #

6961

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Verfassungszusatzes über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle (Vom 1. November 1955)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend Bericht und Antrag über eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Verfassungszusatzes vom 26. September 1952 über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle zu unterbreiten.

I.

Vorgeschichte In der Abstimmung vom 23. November 1952 haben Volk und Stände den von den eidgenössischen Eäten unterm 26. September 1952 beschlossenen Verfassungszusatz über die befristete Weiterführung einer beschrankten Preiskontrolle angenommen. Dieser Verfassungszusatz ist am I.Januar 1953 in Kraft getreten und gilt bis zum 31. Dezember 1956.

Am S.Februar 1953 haben wir eine Botschaft an die Bundesversammlung gerichtet, die sich mit der Ausführungsgesetzgebung zu diesem Verfassungszusatz befasst. Der entsprechende Bundesbeschluss über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle trägt das Datum vom 10. Juni 1953.

Unterm 16.Februar 1954 hat der Schweizerische Gewerkschaftsbund ein Volksbegehren zum Schutze der Mieter und Konsumenten eingereicht. Die Initianten erstrebten sowohl eine Ausdehnung und Verschärfung als auch eine

;

979

Verlängerung der Preiskontrolle, wie sie im Verfassungszusatz und im erwähnten Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 vorgesehen ist. Wir haben zu diesem Volksbegehren mit Bericht vom 20. Juli 11954 Stellung genommen.; Dabei gelangten wir zum Schluss, dass der von den Initianten vorgeschlagene neue Verfassungszusatz keine wünschenswerte Ergänzung .unseres off entlichen ;Bechts darstelle.

Immerhin führten wir bei diesem Änlass aus, dass wichtige Gründe für eine Beibehaltung des Verfassungszusatzes und des Durchführungsbeschlusses bis Ende 1960 sprechen würden. Wir beantragten deshalb, dass das Volksbegehren zu verwerfen sei, empfahlen aber gleichzeitig, einem Gegenentwurf zuzustimmen, durch den das damals geltende Eecht um 4 Jahre verlängert werden sollte.

Die eidgenössischen Eäte haben sich in der Folge diesem Antrage angeschlossen. An der, Abstimmung vom 13.März 1955 wurden aber Volksbegehren und Gegenentwurf verworfen.

Am 14.März 1955 trat die Bundesversammlung zu ihrer Frühjahrssession zusammen. Es konnte wohl nicht überraschen, dass das weitere Schicksal der Preiskontrolle sofort zum Gegenstand verschiedener parlamentarischer Vorstösse wurde. Diese parlamentarischen Interventionen kamen in der Junisession zur Sprache. Der; Sprecher des 'Bundesrates schloss sich dabei der in den verschiedenen Motionen, einem Postulat und einer Interpellation geäusserten Auffassung an, dass die Preiskontrolle, insbesondere die Mietzinskontrolle, auch nach dem 31. Dezember 1956 durch einen befristeten Verfassungszusatz weitergeführt werden soll. Das Postulat wie die in Postulate umgewandelten Motionen blieben unbestritten und wurden vom Bundesrat entgegengenommen.

II.

Allgemeine Wirtschaftslage

Die Wirtschaftslage ist gekennzeichnet durch die langanhaltende Hochkonjunktur. Export und Bauvolumen haben Eekordhöhen erreicht. Die Produktion kann nur unter Zuzug starker Fremdarbeiterkontingente bewältigt werden. Die grosse Massenkaufkraft führt zu steigenden Umsätzen. Die westeuropäischen Länder' konnten über die europäische Zahlungsunion ihren Handelsverkehr ausdehnen. Es deutet viel darauf hin, dass der Aufschwung der westeuropäischen: Wirtschaft noch weitere Fortschritte machen wird. Die Schweiz ist von .dieser Entwicklung nicht unberührt geblieben.

Es wird also in nächster Zeit kaum mit einem stärkeren Bückgang der Hochkonjunktur zu rechnen sein, sofern nicht unerwartete Entwicklungen eintreten. Dagegen ist gewissen preisauftreibenden Tendenzen alle Aufmerksamkeit zu schenken. In zahlreichen Ländern ist das Preisniveau als Folge der immer mehr anziehenden Konjunktur verbunden mit Lohnerhöhungen neuerdings wieder nach oben in Bewegung geraten. Diese Entwicklung könnte bei der starken Auslandsverbundenheit unserer Wirtschaft auch auf unser Preis-

980 niveau Eiickwirkungen haben, sofern sie sich länger fortsetzen oder beschleunigen würde. Der Index der Konsumentenpreise stieg im Gefolge der Nachkriegskonjunktur und - nach einer leichten Abschwächung - erneut nach Ausbruch des Koreakonfliktes deutlich an. Seit 3 Jahren ist er verhältnismässig stabil geblieben, immerhin mit einer leicht steigenden Tendenz. Diese relative Stabilität beruht allerdings auf einander entgegenwirkenden Preisbewegungen einzelner Indexgruppen. Den stetig anziehenden Nahrungsmittelpreisen und erhöhten Mietkosten steht ein Eückgang der Kosten für Bekleidung sowie für Brenn- und Leuchtstoffe gegenüber. Seit 1950 hat sich der Lebenskostenindex um 9 Prozent erhöht. Auch in Deutschland ist er nur um 9 Prozent gestiegen.

Eine ähnliche Entwicklung weist noch Belgien auf mit einer Zunahme um 10 Prozent. Wesentlich ungünstiger liegen die Verhältnisse in Italien mit ungefähr 24 Prozent, in Holland mit 29 Prozent sowie in Frankreich, Grossbritannien und Schweden mit je 31 Prozent Indexsteigerung.

In dieser Situation ist ein möglichst wenig steigendes Preisniveau wesentlich für die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft und die Kaufkraft unserer Währung. Der Preisgestaltung dürfte deshalb in Zukunft, insbesondere im Falle abflauender Konjunktur, sowohl für die Binnenwirtschaft als auch für den Aussenhandel, eher noch grössere Bedeutung zukommen.

III.

Notwendigkeit einer Weiterführung der Preiskontrolle Mit Eücksicht auf die eingangs erwähnte Befristung des geltenden Verfassungszusatzes ist vorerst näher darzulegen, aus welchen Gründen nach dem 31. Dezember 1956 preiskontrollrechtliche Massnahmen im Sinne dieses Verfassungszusatzes noch notwendig sind.

1. Mietzinskontrolle Der Verfassungszusatz vom 26. September 1952 gibt dem Bund in Artikel l, Absatz l, in erster Linie die Befugnis, Vorschriften über die Mietzinse zu erlassen. Von dieser Befugnis hat der Gesetzgeber im Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 über die Durchführung der beschränkten Preiskontrolle Gebrauch gemacht.

Das Hauptproblem der Mietzinskontrolle besteht nach wie vor in der zu grossen Spanne zwischen den Mietzinsen für Alt- und Neuwohnungen. Bei den ersteren ist zufolge der einschränkenden Kontrollvorschriften gemäss dem vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit jährlich errechneten Mietindex gegenüber 1939 nur eine durchschnittliche Erhöhung von 17,2 Prozent eingetreten. Demgegenüber kommen Neuwohnungen wegen der Erhöhung der Baukosten und der Bodenpreise und infolge der allgemeinen Konjunkturlage heute rund doppelt so teuer zu stehen als nach Massgabe des Gebrauchswertes vergleichbare Wohnungen vor dem Kriege kosteten. Die verschiedenartige Bauweise erschwert allerdings einen direkten Vergleich. Nach den derzeitigen Per-

98l

;

spektiven ist kaum anzunehmen, dass die Sachlage sich bis Ende 1956 wesentlich ändern könnte. Momentan sind vielmehr ein weiteres Ansteigen des Bauvolumens sowohl beim Wohnungsbau als auch beim industriellen und öffentlichen Bau, eine eher steigende Tendenz der Löhne und damit der Baukosten und auch steigende Bodenpreise zu konstatieren. Solange die heutige Baukoiijunktur anhält und die Kapazität des Baugewerbes voll beansprucht ist, kann man nicht auf einen Eückgang der Baukosten hoffen, weil der Konkurrenzdruck fehlt.

Der Wohnungsmarkt beginnt1 sich zwar da und dort zu sättigen, wie nachstehende Tabelle zeigt: Leerstehende Wohnungen am I.Dezember 1952-1954

· Tota! Großstädte Übrige Städte Grosse Landgemeinden . .

Kleine Landgemeinden . .

Ganze Schweiz

In Prozenten des Gesamtbestandes

Absolut 1952

1953

1954

1952

1953

1954

477 412 627 1134 2650

336 512 726 1212 2786

384 1100 1106 1620 4210

0,15 0,18 0,39 0,43 0,27

0,10 0,22 0,44 0,45 0,28

0,11 0,47 0,64 0,59 0,42

Bei der letzten Erhebung der Leerwohnungsziffer im Dezember 1954 wurde bereits an verschiedenen Orten ein Leerwohnungsstand von 1,5 und mehr Prozent festgestellt. Diese Normalisierung hat sich aber noch keineswegs über das ganze Land verbreitet, weshalb eine plötzliche Aufhebung der Mietzinskontrolle verfrüht wäre. Auch ist darauf hinzuweisen, dass praktisch fast ausschliesslich neue Wohnungen leerstehen, die für eine grossei Zahl von Mietern zu teuer sind.

Sollte sich der Wohnungsbau auch im laufenden und im nächsten Jahre auf der Eekordhöhe des letzten Jahres halten - in der ganzen Schweiz wurden 1954 schätzungsweise 36 000 Wohnungen erstellt -, so dürfte der Nachholbedarf bei normaler.Entwicklung bis Ende 1956 ziemlich gedeckt sein. Damit wird die Konkurrenz seitens der leerstehenden Wohnungen: wieder zu spielen beginnen. Da der Nachholbedarf aber kaum schon vollständig und jedenfalls nicht an allen Orten gedeckt sein wird, namentlich nicht der Bedarf an einfachen Wohnungen, wird bis Ende 1956 das Mietzinsproblem noch nicht lösbar sein, weshalb auf dieses Datum hin auf eine Mietzinskontrolle auch nicht verzichtet werden kann.

Als Ausweg aus diesem Dilemma wird von verschiedenen Seiten vorgeschlagen, den Bau billiger Wohnungen zu fördern. Die mit diesem Begehren verknüpften komplexen Fragen werden gegenwärtig im Auftrag des Volkswirtschaftsdepartements durch die Preiskontrollkommission geprüft. Wir möchten ihrem Bericht, der der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden wird, nicht vor-

982 greifen. Immerhin ist schon jetzt darauf hinzuweisen, dass sich eine nachhaltige Förderung des Baues billiger Wohnungen erst im Laufe einiger Jahre fühlbar auswirken könnte.

Inzwischen wird sich aber der Druck nach oben, dem die Mietzinse ausgesetzt sind, von den Handänderungen her verstärken. Seit Kriegsbeginn hat sich -- wie schon nach dem ersten Weltkrieg - gezeigt, dass bei steigenden Lebenskosten auch die Preise der Liegenschaften entsprechend ansteigen.

Üblicherweise wird beim Verkauf eines Altbaues heute ein Preis verlangt, der zum mindesten die Entwertung des Geldes ausgleicht. Dadurch sinkt bei tiefgehaltenen Mietzinsen selbstverständlich die Bruttorendite. Hat ein Käufer eine Liegenschaft zu einem entsprechend der Teuerung aufgewerteten Kaufpreis erworben, so wird sie an Stelle der früher üblichen Bruttorendite von 6-7 Prozent vielleicht nur eine solche von 4-5 Prozent abwerfen. Der Käufer wird bestrebt sein, früher oder später die Bruttorendite auf das normale Mass zu erhöhen. An Orten, wo kein genügend grosser Leerwohnungsbestand vorhanden ist, könnte die Verwirklichung dieser Bestrebungen zu unerwünschten Mietzinserhöhungen führen. Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Mietzinskontrolle nicht schon auf Ende 1956 aufzuheben.

2. Mieterschutz Der Verfassungszusatz vom 26. September 1952 ermächtigt ferner den Bund, Vorschriften zum Schutze der Mieter zu erlassen. Es handelt sich um den sogenannten Kündigungsschutz. Auch hievon hat der Gesetzgeber im erwähnten Durchiuhrungsbeschluss Gebrauch gemacht.

Gegenwärtig hat bereits eine Mehrheit der Kantone auf den Kündigungsschutz, sei es ganz oder doch teilweise, verzichtet. Dies ist verständlich, da der Wohnungsmangel heute nur noch eine regionale und keine gesamtschweizerische Erscheinung mehr ist. Die Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre haben aber gezeigt, dass das Fehlen von Vorschriften über den Kündigungsschutz überall dort, wo ein ausgesprochener Mangel an Wohnungen und Geschäftsräumen besteht, die Wirksamkeit der Mietzinskontrolle stark beeinträchtigt. Das Verbot der Erhöhung des Mietzinses ohne Bewilligung bietet dem Mieter für sich allein vielfach keinen genügenden Schutz. Solange eine Mietzinskontrolle notwendig ist, sollte deshalb der Bund auch die Möglichkeit haben, Vorschriften über den Kündigungsschutz
aufzustellen.

3. Paclitzinskontrplle In unserer Botschaft vom 2. Mai 1952 über die befristete Weiterführung der Preiskontrolle haben wir dargelegt, aus welchen Gründen auf die Pachtzinskontrolle, die im Zusammenhang mit der Abwertung eingeführt und später ins Kriegswirtschaftsrecht eingebaut worden ist, nicht verzichtet werden kann. Die eidgenössischen Bäte haben in der Folge diesen Ausführungen beigepflichtet und die Kompetenz des Bundes, Vorschriften über die Pachtzinse zu erlassen,

983 im Verfassungszusatz vom 26. September 1952 verankert: Gestützt darauf wurde im Bahmen des erwähnten Durchführungserlasses dieifrühere Pachtzinskontrolle im "wesentlichen weitergeführt.

i Die Erwägungen in der zitierten Botschaft haben auch heute noch volle Gültigkeit. Nach wie vor bestehen bezüglich der Pachtzinse, insbesondere mit Eücksicht auf den immer knapper werdenden landwirtschaftlich nutzbaren Boden, beträchtliche Auftriebstendenzen. Zwar ist: im September 1954 vom Nationalrat ein Postulat angenommen worden, das den Bundesrat ersucht, zu prüfen, ob die Pachtzinskontrolle nicht in das Bundesgesetz über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes eingebaut werden sollte. Diese Frage ist gegenwärtig in Prüfung. Bekanntlich sind aber bezüglich dieses Gesetzes noch andere Eevisionswünsche geäussert worden. Es wird nicht möglich sein, diese Bevisionsarbeiten bis Ende 1956 zum Abschluss zu bringen, so dass auf eine Verlängerung der auf dem Verfassungszusatz vom 26. September 1952 basierenden Pachtzinskontrolle nicht yerzichtet werden kann.

4. Kontrolle der staatlich geschützten Warenpreise und Preisausgleichs massnahmen Artikel l, Absatz 2, des geltenden Verfassungszusatzes räumt dem Bund die Befugnis ein, für Waren, die für das Inland bestimmt sind und deren Preisbildung durch Schutzmassnahmen des Bundes beeinflusst wird, Höchstpreisvorschriften zu erlassen und Preis ausgleichsmassnahmen zu treffen. Auch von dieser Ermächtigung wurde ini mehrfach erwähnten Durchf ührungsbeschluss- Gebrauch gemacht'.

', : Die sachliche Berechtigung der K o n t r o l l e der s t a a t l i c h g e s c h ü t z t e n W a r e n p r e i s e ist in der Praxis wohl unbestritten. Da auch nach 1956 Schutzund Hilfsrnassnahmen des Bundes bestehen werden, die ihre Bückwirkungen auf die Preisbildung haben, liegt. die Notwendigkeit der Beibehaltung dieser Gesetzgebüngskompetenz auf der Hand. Wir haben zwar im Bericht über das Volksbegehren zuni Schutze der Mieter und Konsumenten vom 20. Juli 1954 die Frage aufgeworfen, ob die unangefochtene Zusammengehörigkeit von Schutz1 massnahmen des Bundes und seiner Befugnis zum Erlass i von Höchstpreisvorschriften nicht auch eine verfassungsrechtliche Bedeutung habe. Ist nicht in der Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zur Ergreifung von preisbeeinflussenden Schutzmassnahmen seine
Kompetenz zum Erlass von Höchstpreisvorschriften enthalten, welche die gleichen Waren beschlagen, so dass es für die letztere Kategorie von Eechtssätzen einer besonderen verfassungsmässigen Grundlage gar nicht bedarf ? Wir glauben - wie wir schon im erwähnten Bericht festgestellt haben -, dass sich diese Auffassung vertreten lässt, sofern sich aus dem betreffenden Erlasse selbst nichts anderes ergibt. Wie damals : halten wir aber auch heute dafür, dass eine ausdrückliche Norm über idi e'Zuständigkeit des Bundes zur Limitierung der sogenannten geschützten Warenpreise den Vorteil hat, eine klare verfassungsrechtliche Situation zu schaffen.

984 Was die Kompetenz zur Anordnung von Preisausgleichsmassnahmen betrifft, so handelt es sich praktisch um die Weiterführung der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte sowie die Preisausgleichskasse für Eier.

Die Preisausgleichskasse für Milch dient der Verbilligung des Milchpreises für Konsumenten in Mangelgebieten und Konsumzeritren. Würde diese Preisausgleichskasse Ende 1956 dahinfallen, so hätte dies eine merkliche Erhöhung des Preises für Konsummilch - teilweise bis zu 4-5 Eäppen auf dem Liter - für weite Kreise unserer Bevölkerung zur Folge. Bezüglich der Einzelheiten verweisen wir auf unsere einlässlichen Ausführungen in der Botschaft vom S.Februar 1953 zum erwähnten Durchführungserlass. Angesichts der eingangs dargelegten Entwicklung der Lebenskosten liesse sich eine solche plötzliche Verteuerung eines wichtigen Nahrungsmittels nicht rechtfertigen. Wir sind deshalb der Auffassung, dass auch diese Bestimmung des Verfassungszusatzes beizubehalten ist.

Die Preisausgleichskasse für Eier funktioniert zur Zufriedenheit der Beteiligten, des Handels, der Landwirtschaft und der Konsumenten. Diese Kreise treten denn auch, wie seinerzeit die eidgenössischen Bäte, trotz den vom Bundesrat geäusserten handelspolitischen Bedenken, für ihre Weiterführung ein.

Die Kasse ermöglicht den Importeuren die Erfüllung ihrer Übernahmepflicht.

Die geringfügige Belastung der Importeier dient zur Deckung der Sammelkosten für Inlandeier. Deren Preise werden dadurch auf ein Niveau gesenkt, welches die reibungslose Verwertung im Inland ermöglicht. Dank dieses Preisumlageverfahrens ist unter Wahrung der berechtigten Interessen der Landwirtschaft eine liberale Handhabung des Importes ohne Massnahmen zur Beschränkung der Importmenge möglich. Dieses System trägt auch den Interessen der Lieferländer Bechnung. Die früher geltend gemachten handelspolitischen Bedenken fallen damit weitgehend dahin.

5. Die Kontrolle der Preise anderer lebenswichtiger Waren Artikel 2 des Verfassungszusatzes vom 26. September 1952 enthält die Kompetenz des Bundes, Höchstpreisvorschriften für lebenswichtige Waren, die für das Inland bestimmt sind, zu erlassen. Zudem sieht er ein besonderes Bechtsetzungsverfahren vor, indem der Bundesrat solche Vorschriften vorgängig der Beschlussfassung durch die Bundesversammlung.auf dem Verordnungswege
in Kraft setzen kann.

Dieser Artikel bildete seinerzeit die meistumstrittene Bestimmung des Verfassungszusatzes. Die Gründe, weshalb eine solche Ermächtigung aufgenommen wurde, lagen vor allem in den weltpolitischen Spannungen. Die damalige Situation hat sich bis heute nicht wesentlich geändert. Wenn sich auch gewisse politische Entspannungen abzeichnen, so muss man doch darauf gefasst sein, dass manche Ursachen möglicher Konflikte im besten Falle nur durch lange und schwierige Verhandlungen aus dem Wege geräumt werdenkönnen. Unangenehme Überraschungen sind deshalb nicht ausgeschlossen. Man wird kaum annehmen dürfen, wir seien schon in eine Epoche weltpolitischer Stabilität und Sicherheit

:

:

:

,

985

eingetreten. Nach wie vor ist es ein Gebot der Vorsicht, sich gegen die wirtschaftlichen Folgen.erheblicher Marktstörungen soweit als möglich zu wappnen.

Der Bundesrat muss deshalb die Befugnis haben, nötigenfalls ohne Verzögerung Höchstpreisvorschriften für wichtige Bohstoffe und Fertigwaren zu erlassen.

Man könnte vielleicht einwenden, dass inzwischen das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge unter Dach gebracht worden sei, das in seinem Artikel 18 auch gewisse preiskontrollrechtliche Eingriffsmöglichkeiten vorsehe.

Dazu ist aber zu bemerken, dass diese Kompetenz zum Erlass von Höchstpreisvorschriften nur gegeben ist, wenn die Zufuhren .von lebenswichtigen Gütern ernstlich gestört sind oder wenn eine unmittelbare Kriegsgefahr besteht. Es sind aber wirtschaftliche Störungen denkbar, die sich auf die Lebenskosten sehr nachteilig auswirken können, ohne dass eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist.

Die Schlussfolgerung drängt sich deshalb auf, dass aus den gleichen Erwägungen, die im Jahre 1952 für den Artikel ,2 des Verfassungszusatzes i sprachen, die Notwendigkeit einer befristeten Verlängerung dieser Bestimmung bejaht werden muss.

IV.

· .

;

'

Unveränderte Weiterführung des geltenden Verfassungszusatzes oder Neugestaltung der Verfassungsbestimmung l, Allgemeines Der Verfassungszusatz vom 26. September 1952 enthält nur Kompetenzbestimmungen, d. h. er gibt deni: Bund lediglich die Befugnis, auf gewissen Gebieten preiskontrollrechtliche Vorschriften zu erlassen. Über die Ausgestal tung der materiellen Regelung der Preiskontrolle sagt er aber nichts aus; diese ist vielmehr der Gesetzgebung überlassen. Die materiellen, Vorschriften sind denn auch irn Bundesbeschluss vom 10. Juni 1958 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle enthalten. Es rechtfertigt sich, auch für die Verlängerung diese Aufteilung beizubehalten.

Die hauptsächlichsten Meinungsdifferenzen in bezug auf die Preiskontrolle betreffen, wie die letzten drei Jahre gezeigt haben,.fast ausschliesslich die materielle Ausgestaltung der Preiskontrolle, d.h. den Durchführungsbeschluss und nicht den Verfassungszusatz. So zählten im Jahre 1952 bekanntlich die Kreise, welche hinter dem Volksbegehren zum Schutze der Mieter und Konsumenten standen, zu den entschiedensten Befürwortern des Verfassungszusatzes. Als aber die Bundesversammlung den Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle guthiess, fanden diese Kreise, dass der Durchführungsbeschluss dem Volkswillen, wie er in der Abstimmung vom 23. November 1952 über den Verfassungszusatz zum Ausdruck gekommen sei, nicht sinngemäss Eechnung trage, insbesondere was die Mietzinskontrolle betrifft. Das Volksbegehren zum Schutze der Mieter und Konsumenten richtete sich somit in Wirklichkeit nicht gegen den Verfassungszusatz, sondern gegen den Durchführungserlass.

986 2. Die hauptsächlichsten Meinungsdifferenzen der Preiskontrolle

über die Ausgestaltung

a. Mietzinskontrolle Hier geht es vor allem um die Frage, ob- die Mietzinskontrolle gelockert werden soll. Soll die Bundesversammlung dem Bundesrat ein imperatives Mandat zur Lockerung der Mietzinskontrolle erteilen, wie dies im Durchführungsbeschluss vom 10. Juni 1953 geschah, oder soll diese Lockerung im Sinne einer «Kann»-Vorschrift dem Ermessen des Bundesrates überlassen werden? Unter welchen .Voraussetzungen soll gegebenenfalls die Kontrolle gelockert werden können und auf welche Weise ? Soll die Möglichkeit genereller Mietzinserhöhungen weiterhin bestehen bleiben, oder sollen nur individuelle Mietzinserhöhungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein ?

Wir erinnern daran, dass sich die Initianten des erwähnten Volksbegehrens vor allem an dem verbindlichen Auftrag der Bundesversammlung an den Bundesrat zur Lockerung der Mietzinskontrolle gestossen haben, schreibt doch Artikel 4 des Durchführungsbeschlusses vom 10. Juni 1953 vor, dass die Mietzinskontrolle zu lockern ist, wobei die generellen Mietzinserhöhungen in den Vordergrund gestellt werden.

Ein weiterer Streitpunkt betrifft die Frage, ob die Mietzinskontrolle gesamtschweizerisch zu regeln sei oder ob - im Hinblick auf die regional unterschiedliche Bedeutung des Problems des Wohnungsmangels - nicht ähnlich wie beim Mieterschutz der Bund wohl legiferieren, der Entscheid darüber, ob und in welchem Umfang und während welcher Dauer diese Begelung angewendet werden, aber den Kantonen überlassen bleiben soll.

b. Preisausgleichskasse für Milch lind M i l c h p r o d u k t e

.

Hier gehen die Meinungen darüber auseinander, ob diese Kasse überhaupt noch weitergeführt werden soll. Für den Fall der Beibehaltung ist man sich aber auch nicht einig darüber, ob die Verbilligung der Konsummilch abzubauen sei und, : wenn ja, in welcher Weise.

· Nicht unbestritten ist sodann die Frage der Finanzierung dieser Preisausgleichskasse. Bekanntlich bilden gemäss dein Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle die Abgabe auf Konsummilch, die Abgabe auf Konsumrahm und der Zollzuschlag auf Butter die Finanzierungsquellen. Daneben mussten bisher aus allgemeinen Bundesmitteln bestimmte Beträge zugeschossen werden. Nun bestimmen aber Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes und Artikel 26 des Milchbeschlusses, dass die Erträgnisse der Abgaben auf Konsummilch, Konsumrahm und auf der Buttereinfuhr zur Senkung der Preise von einheimischen Milchprodukten, nicht aber des Preises der Konsummilch, zu verwenden sind. Solange die heutige Finanzierung der Preisausgleichskasse für Milch in Kraft bleibt, stehen die Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm nicht zu dem vom Landwirtschafts-

1

.

;

i

987;

gesetz vorgesehenen Zweck zur \ Verfügung; ferner wird,1 solange der Zollzuschlag auf Butter für die Preisausgleichskasse Milch beansprucht wird, der Ertrag .der von der Butyra gemäss Landwirtschaftsgesetz : erhobenen Abgabe auf der Buttereinfuhr entsprechend beeinträchtigt. Der Verbilligung der einheimischen Milchprodukte kommt aber im Hinblick auf die Erhaltung eines kostendeckenden Produzentenpreises der Milch eine grosse Bedeutimg zu. Die geltende Ordnung in bezug auf die Finanzierung der Preisausgleichskasse für Milch legt also eine wichtige Bestimmung des Landwirtschaftsgesetzes und des Milchbeschlusses weitgehend lahm. Besonders bäuerliche Kreise machen daher mit einem gewissen Eecht geltend, dass dieser Zustand möglichst rasch behoben werden sollte.

c. Gegenüber diesen.unter lit.« und b erwähnten Differenzen kommt den nachstehenden Punkten untergeordnete Bedeutung zu. Bezüglich des Mieters c h u t z e s bestehen heute keine tiefgreifenden Meinungsdifferenzen. Dasselbe ist bezüglich der Pachtzinskoritrolle zu sagen. Es ist ;zwar da und dort schon eingewendet worden, dass die Pachtzinskontrolle bereits über eine verfassungsrechtliche1 Grundlage verfüge, nämlich Artikel 31*?ls der Bundesverfassung. Die Notwendigkeit der Weiterführung der Pachtzinskontrolle haben wir weiter oben dargetan. Es scheint uns nicht richtig, im heutigen Übergangsstadium, d.h. losgelöst von der Totalrevision des Boderirechtes, dieses verfassungsrechtliche Problem aufzuwerfen und gegebenenfalls die Pachtzinskontrolle auf eine andere Verfassungsgrundlage abzustützen. Dies auch deshalb, weil praktisch gesprochen ; die Pachtzinskontrolle mit den andern Kompetenzbestimmungen des Verfassungszusatzes in einem gewissen Sinne ein Ganzes bildet. Die Verlängerung des Verfassungszusatzes könnte durch ein Herausnehmen der Pachtzinskontrolle nur gefährdet werden.

; · . Die Kontrolle der Preise der staatlich geschützten Waren hat zu keinen ernsthaften Auseinandersetzungen Anlass gegeben.

Die in Artikel 2 des V e r f a s s u n g s z u s a t z e s enthaltene Kompetenz zum Erlass von : Höchstpreisvorschriften war im Abstimmungskampf urn den geltenden Verfassungszusatz die meistumstrittene Bestimmung. Heute liegen aber die Dinge wesentlich anders. Die Anhänger des Volksbegehrens haben seinerzeit Artikel 2 des Verfassungszusatzes
unterstützt. Sie haben auch im Volksbegehren eine solche Bundeskompetenz vorgesehen, wenn auch die Formulierung der Initiative etwas weiter ging als Artikel 2 des Verfassungszusatzes.

Die Gegner von Artikel.2 zählten in der Folge zu den Befürwortern des Gegenentwurfes der Bundesversammlung, der ja Artikel 2 ausdrücklich beibehalten hat. Artikel 2 des Verfassungszusatzes ist also heute nicht mehr Gegenstand ernster Meinungsdifferenzen. Dass die seinerzeitigen Gegner!ihren Widerstand weitgehend aufgegeben haben, dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass der Bundesrat seine Zusicherung, von dieser Bestimmung zurückhaltenden Gebrauch zu machen, eingelöst hat. Tatsächlich ist diese Bestimmung bis heute nicht angewendet worden. Immerhin sei nicht unerwähnt, dass schon geltend gemacht wurde, Artikel 2 sei bezüglich seiner Tragweite nicht ganz klar forrnu-

988 liert. So tonne sich die Frage stellen, ob er sich nur auf die in Artikel l, Absatz 2, des Verfassungszusatzes genannten staatlich geschützten Waren beziehe oder ob er auch die Möglichkeit gebe, für andere lebenswichtige Waren Höchstpreise zu erlassen. Zieht man die Vorgeschichte zu Eate, so zeigt sich eindeutig, dass sich die Kompetenz, Höchstpreisvorschriften für Waren zu erlassen, die für das Inland bestimmt sind, nicht nur auf die «geschützten Waren» im Sinne von Artikel l, Absatz 2, sondern auf alle lebenswichtigen Waren erstreckt. Die weitere Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass die Voraussetzungen, unter denen gemäss Artikel 2 Höchstpreisvorschriften erlassen werden können, nicht ausdrücklich genannt würden, lässt sich wiederum anband der Vorgeschichte beantworten. Darnach handelt es sich bei Artikel 2 um eine Kompetenz für gewisse aussergewöhnliche Situationen, d.h. um die Möglichkeit, vor allem bei erheblichen Störungen der Marktverhältnisse einzugreifen.

3. Gründe für die unveränderte Weiterführung des geltenden Verfassungszusatzes a. Die noch bestehenden Meinungsdifferenzen beziehen sich, wie schon dargetan wurde, fast ausschliesslich auf den Durchführungserlass und nicht auf den Inhalt des Verfassungszusatzes. Über sie wird deshalb zweckmässigerweise bei den Beratungen über den neuen Durchführungsbeschluss zu sprechen sebi.

Die Aufgabe, die sich heute stellt und die, angesichts der Befristung der geltenden Verfassungsbestimmung bis Ende 1956, dringlich ist, besteht darin, möglichst umgehend die verfassungsrechtliche Grundlage zu schaffen, welche eine Weiterführung der Preiskontrolle über den 31. Dezember 1956 hinaus erlaubt.

Werden aber bereits die Beratungen über die verfassungsrechtliche Grundlage mit Konfliktstoff belastet, so droht die Gefahr, dass die Verfassungsvorlage nicht rechtzeitig unter Dach gebracht werden kann oder dass der Verfassungszusatz eine Gestalt erhält, die dann in der Volksabstimmung wiederum verworfen wird, sei es, dass das Volks- und Ständernehr oder eines von .beiden nicht zustande kommt. Ein negativer Ausgang der Volksabstimmung über die Verfassungsvorlage würde aber jede Weiterführung der Preiskontrolle vor allem auch der Mietzinskontrolle über den 31. Dezember 1956 hinaus in Frage stellen, wenn nicht geradezu verunmöglichen. Diese Gefahr
gilt es im Interesse der Bekämpfung der Teuerung nach Möglichkeit zu bannen. Aus diesem Grunde drängt sich im Sinne einer Verständigung aller an dieser Frage interessierten Kreise eine Verlängerung des unveränderten Verfassungszusatzes auf. Dieses Vorgehen bietet praktisch-politisch gesehen die besten Aussichten, dass die unerlässliche verfassungsmässige Grundlage für die Weiterführung der Preiskontrolle rechtzeitig geschaffen werden kann.

b. Der Vorschlag, den gegenwärtig geltenden Verfassungszusatz unverändert weiterzuführen, ist nicht gleichbedeutend mit der Wiederaufnahme des von Volk und Ständen in der Abstimmung vom 13.März 1955 verworfenen Gegenentwurfes der Bundesversammlung. Dieser bezog sich nämlich nicht nur auf den Verfassungszusatz, sondern sah ausdrücklich auch die unveränderte Verlängerung des Durchführungsbeschlusses vor. Wird aber unserm heutigen

989 Antrag Folge gegeben, so bleibt die Ausgestaltung des Durchführungsbeschlusses noch völlig offen; die unveränderte Weiterführung des geltenden Verfassungszusatzes präjudiziert auch in keiner Weise den Entscheid über die unter Ziffer 2 dieses Abschnittes kurz wiedergegebenen hauptsächlichsten Meinungsdifferenzen betreffend die Ausgestaltung der Preiskontrolle. Sollte das Ergebnis der Beratungen über den Durchführungsbeschluss gewisse Kreise nicht befriedigen, so haben diese die Möglichkeit, das Eeferendum zu ergreifen. Anders als bei der Verfassungsvorlage würde durch einen verwerfenden Volksentscheid über den Durchführungsbeschluss die Weiterführung der Preiskontrolle nicht in Erage gestellt. Es wäre dann immer noch denkbar, die un erlässlich en Massnahmen unter Weglassung oder Modifikation der umstrittenen Punkte durch einen dringlichen Bundesbeschluss gestützt auf Artikel 89Ms, Absatz l, der Bundesverfassung zu treffen, der gemäss Artikel 89Ms, Absatz 2, der Bundesverfassung dem nachträglichen fakultativen Eeferendum unterstünde.

o. Für eine unveränderte Verlängerung des geltenden .Verfassungszusatzes spricht sodann die Erwägung, dass Eechtsnormen nicht ohne Not immer wieder geändert werden sollten. Dieser Grundsatz gilt vor allem für das Grundgesetz unserer Eechtsordnung, nämlich die Verfassung. Ihm kommt dann noch erhöhte Bedeutung zu, wenn es sich lediglich um die kurzfristige Verlängerung einer Verfassungsbestimmung handelt. Werden Eechtsnormen geändert, so stellt sich jeweils ganz von selbst die Erage nach dem Zwecke dieser Änderung.

Dies führt nur zu Schwierigkeiten in der Auslegung und zu einer gewissen Eechtsunsicherheit.

Im vorliegenden Fall haben wir es mit einer Verfässungsbestimrnung zu tun, die erst 3 Jahre alt ist. Sie soll in ihrer Gültigkeit um einige Jahre verlängert werden. Der Grundsatz der Kontinuität der Eechtsordnung spricht deshalb gerade in. diesem Falle für eine unveränderte Verlängerung.

V.

' Dauer der Verlängerung Ein genaues Datum für die; Beendigung aller preiskontrollrechthchen Massnahmen, die sich auf den Verfassungszusatz yom 26. September 1952 stützen, lässt sich heute angesichts der Ungewissen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung nicht festsetzen. Nachdem sowohl das Volksbegehren zum Schutze der Mieter und Konsumenten als auch der Gegenentwurf eine Verlängerung der verfassungsrechtlichen Grundlage bis Ende 1960 vorsahen, erscheint es gegeben, diese Befristung beizubehalten. Eine kürzere Frist, wie sie da und dort vorgeschlagen wurde, würde der Tatsache nicht Eechnung tragen, dass sich die Diskrepanz zwischen den Mietzinsen für Alt- und Neuwohnungen beispielsweise bis Ende 1958 kaum derart reduzieren wird, dass schon 1958 auf jede Mietzinskontrolle verzichtet werden könnte. Ob und in welchem Ausmasse eine Weiterführung der Preiskontrolle über den 31.Dezember 1960 hinaus aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen noch nötig ist, wird nach den dannzumal bestehenden Verhältnissen zu entscheiden sein.

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

71

990 VI.

Zusammenfassung

Eine grosse Mehrheit des Volkes tritt, wie das Abstimmungsergebnis vom ·13.März 1955 gezeigt hat, für eine Weiterführung der Preiskontrolle über den 31.Dezember 1956 hinaus ein. In mehreren Postulaten, die in der letzten Junisession der eidgenössischen Eäte zur Behandlung kamen und aus den verschiedenen politischen Lagern stammten, ist zum Ausdruck gekommen, dass auch die Bundesversammlung den Zeitpunkt für einen vollständigen Verzieht auf jegliche preiskontrollrechtliche Massnahmen, insbesondere die Mietzinskontrollvorschriften, noch nicht für gekommen hält. Wir haben im Abschnitt III die Notwendigkeit dargetan, dass die im Verfassungszusatz vom 26. September 1952 umschriebenen Befugnisse des Bundes noch für einige Jahre beizubehalten sind. Im Abschnitt IV haben wir festgestellt, dass es in erster Linie gilt, möglichst rasch die verfassungsmässige Grundlage zu schaffen, welche die Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle über den 31.Dezember 1956 hinaus ermöglicht. Wenn dies rechtzeitig geschehen soll, so sei es ratsam, die Auseinandersetzungen über das Ausmass und den materiellen Ausbau der Preiskontrolle nach 1956 auf die Beratungen des Durchführungsbeschlusses zu verschieben. Dies um so mehr, als die hauptsächlichsten Meinungsdifferenzen nicht den Verfassungszusatz, sondern den Durchführungserlass betreffen. Anders als beim seinerzeitigen Gegenentwurf der Bundesversammlung betreffend das Volksbegehren zum Schutze der Mieter und Konsumenten handle es sich bei unserem heutigen Vorschlag lediglich um die unveränderte Weiterführung der Verfassungsgrundlage, nicht aber des Durchführungsbeschlusses. Endlich würden auch Gründe der Kontinuität der Rechtsordnung für eine unveränderte Weiterführung sprechen. Als Dauer der Verlängerung erachten wir, wie in Abschnitt V ausgeführt wurde, 4 Jahre als angemessen.

Gestützt auf die vorstehenden Darlegungen beantragen wir Ihnen die Annahme des beiliegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschluss über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle (Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Verfassungszusatzes vom 26. September 1952).

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer. vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. November 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: , Ch. Oser

991 (Entwurf)

Bundesbeschluss ober

die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle (Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Verfassungszusatzes vom 26. September 1952)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel 85, Ziffer 14,118 und 121, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom l. November 1955, beschliesst :

Art. l Die Gültigkeitsdauer des Verfassungszusatzes vom 26. September 1952 über die befristete Weiterfuhrung einer beschrankten Preiskontrolle wird bis zum 31. Dezember 1960 verlängert.

Art. 2 Dieser Beschluss ist der Abstimmung des Volkes und der Stande zu unterbreiten.

Der Bundesrat ist mit dein Vollzug beauftragt.

2314

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Verfassungszusatzes über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle (Vom 1. November 1955)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1955

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

6961

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.11.1955

Date Data Seite

978-991

Page Pagina Ref. No

10 039 204

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.