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Bundesblatt 107. Jahrgang

Bern, den 5. Mai 1955

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzelle oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oie. in Bern

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Beriet des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Mitwirkung schweizerischer Delegierter bei der Durchführung des am 27. Juli 1953 in Korea abgeschlossenen Waffenstillstandsabkommens (Vom 26. April 1955) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Im Jahre 1953 stimmte der Bundesrat der Teilnahme schweizerischer Delegationen an den beiden Kommissionen neutraler Staaten zu, die durch das in Korea am 27. Juli 1953 abgeschlossene Waffenstillstandsabkommen geschaffen worden waren. Die Aufgabe der einen Kommission bestand in der Überwachung des Waffenstillstandes, die der andern betraf die Heimschaffung der Kriegsgefangenen. Die letztgenannte hat ihre Tätigkeit beendet und ist zurückgekehrt, während die Kommission zur Überwachung des Waffenstillstandes ihre Arbeit fortsetzt, ohne dass es heute möglich wäre zu sagen, wann sie von ihrem Mandat entbunden wird.

Es erschien dem Bundesrat angezeigt, jetzt schon den eidgenössischen Eäten einen Bericht vorzulegen über die Bedingungen, unter denen die beiden Mandate durch die Schweiz übernommen, und über die Art und Weise, wie sie bis Ende 1954 durchgeführt wurden. Nötigenfalls wird ein zusätzlicher Bericht nach Ablauf des der schweizerischen Delegation anvertrauten Mandates in der Neutralen Waffenstillstands-Überwachungskommission vorgelegt werden.

Kapitel I Die Ereignisse in Korea Nach dem russisch-japanischen Krieg von 1905 fasste Japan festen FUSS in Korea und setzte sich immer mehr durch, um das Land schliesslich im Jahre Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. L 51

698 1910 zu annektieren. Seither hörte Korea auf, ein unabhängiger Staat zu sein.

Im Verlaufe des Weltkrieges 1939-1945 war Korea Gegenstand mehrerer Beschlüsse und Erklärungen der Grossmächte, die sich verpflichteten, im gegebenen Moment die Unabhängigkeit Koreas wieder herzustellen ; so die Erklärung von Kairo, die von den Vereinigten Staaten, Grossbritannien und China am 1. Dezember 1943 unterschrieben wurde; die Erklärung der Vereinigten Staaten, Grossbritanniens und Chinas von Potsdam vom 26. Juli 1945, der sich die Sowjetunion am 8. August 1945 anschloss. Am 14. August 1945 kapitulierte Japan. Einen Monat später, am 10. September, unterzeichnete der japanische Kommandant in Korea die Kapitulationsurkunde der japanischen Truppen, die im Norden durch die sowjetischen und südlich des 38. Breitengrades durch die amerikanischen Streitkräfte entwaffnet wurden. Ein am 1. November 1947 durch den französischen Informationsdienst veröffentlichtes Bulletin machte über die Teilung Koreas in zwei Zonen folgende Angaben: «Diese Teilung des Landes war eine Notlösung, eine Improvisation, deren Ursprung recht schwer zu bestimmen ist. Nach der Erklärung von Kairo schien prinzipiell eine totale Besetzung Koreas durch die bewaffneten Streitkräfte der Vereinigten Staaten allein vorgesehen gewesen zu sein, vielleicht mit Delegationen russischer, chinesischer und britischer Beobachter. Nachdem in Yalta die Sowjetunion ihren Entscheid über ihre Teilnahme am Krieg im Fernen Osten bekanntgab, kamen die alliierten Militärchefs überein, die Aufgabe, die Japaner aus der koreanischen Halbinsel zu entfernen, zwischen Russen und Amerikanern zu teilen. Dieser Entscheid wurde jedoch erst nach der Potsdamer Konferenz notifiziert. Die koreanische Präge konnte daher durch die interessierten Regierungen nicht eingehend geprüft werden. Die Militärbehörden richteten sich nach den Weisungen von Potsdam und teilten ihr Tätigkeitsfeld in die zwei Teile nördlich und südlich des 38. Breitengrades auf. Die Teilung war jedoch, wie man erklärte, als rein militärisch und vorübergehend zu betrachten.»

Die Aussenminister der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten und Grossbritanniens kamen am 26. Dezember 1945 in Moskau überein, eine provisorische demokratische Regierung für ganz Korea zu bilden. Die Verhandlungen, die. sich darüber entspannen und an denen auch China teilnahm, zeitigten jedoch keinen Erfolg. Am 17. September 1947 unterbreiteten die Vereinigten Staaten das koreanische Problem der 2. Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Diese beschloss am 14. November, eine temporäre Kommission für Korea ins Leben zu rufen. Die als Mitglied der Kommission bezeichnete sozialistische Sowjetrepublik Ukraine weigerte sich mitzuarbeiten. Die Kommission kam nie in die Lage, ihre Funktionen in Nordkorea auszuüben. Unter Verantwortlichkeit des amerikanischen Militärkommandanten fanden am 10. Mai 1948 in Südkorea freie Wahlen statt, wobei eine Kommission der Vereinten Nationen als Beobachter zugegen war. Am 15. August 1948 war die Eepublik von Korea (Südkorea) errichtet. Zehn Tage später, am 25. August, wurde in Nordkorea ein oberster Volksrat gebildet und am 9. September die volksdemokratische Eepublik von Korea (Nordkorea) gegründet.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen nahm am 12. Dezember 1948 den Bericht der temporären Kommission zur Kenntnis, beschloss im Hinblick auf die friedliche Einigung Koreas die Bildung einer neuen Kommission

699 und anerkannte die Eepublik von Korea. Die neue Kommission versuchte vergeblich, mit der Eegierung des volksdemokratischen Koreas in Verbindung zu treten. Vorher, am 19. September 1948, erklärte die Eegierung der Sowjetunion, dass die sowjetischen Truppen Korea Ende Dezember 1948 verlassen würden. Am 29. Juni 1949 bestätigte die Kommission der Vereinten Nationen für Korea, dass die amerikanischen Truppen zurückgezogen wurden.

Am 25. Juni 1950 überschritten die Truppen Nordkoreas die Grenze am 88. Breitengrad und drangen in südkoreanisches Gebiet ein. Von der Eegierung Nordkoreas wurde jedoch Südkorea angeklagt, die Feindseligkeiten ausgelöst zu haben.

Am 25. Juni 1950 stellte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in Abwesenheit des Delegierten der Sowjetunion fest, dass der Angriff der Truppen Nordkoreas einen Friedensbruch bilde, und verlangte die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und den Eückzug der Streitkräfte Nordkoreas. Alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen wurden eingeladen, bei der Durchführung dieses Beschlusses mitzuw.irken und Nordkorea jegliche Hilfe zu verweigern. Zwei Tage später, am 27. Juni, beschloss die Eegierung der Vereinigten Staaten, Südkorea mit seinen Luft- und Seestreitkräften zu Hilfe zu kommen.

Gleichentags empfahl der Sicherheitsrat den Mitgliedern der Vereinten Nationen, der Eepublik Korea (Südkorea) die notwendige Hilfe zu gewähren, um den Angriff abzuweisen und den Frieden und die Sicherheit wieder herzustellen.

Die Sowjetunion, Polen und die Tschechoslowakei erklärten, dass sie die Aktion des Sicherheitsrates als illegal betrachteten. Am 7. Juli lud der Sicherheitsrat die Vereinigten Staaten von Amerika ein, den Oberbefehlshaber der in Korea durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingesetzten Streitkräfte zu bezeichnen. Am 15. September 1950 fand bei Inchon eine grossangelegte Landungsoperation der Streitkräfte der Vereinten Nationen statt. Am 7. Oktober rief die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Kommission der Vereinten Nationen für die Einigung und Wiederherstellung Koreas ins Leben.

Im Oktober 1950 erreichten die UNO-Streitkräfte den die Grenze zwischen Korea und der Mandschurei bildenden Fluss Yalu. Im November intervenierten in Korea chinesische Streitkräfte. Am 14. Dezember konstituierte die Generalversammlung
der Vereinten Nationen eine Gruppe «für Einstellung des Feuers» oder «Gruppe der Drei», die sich aus dem iranischen Präsidenten der Versammlung und den Vertretern Kanadas und Indiens zusammensetzte. Die chinesische Eegierung weigerte sich, mit dieser Gruppe, deren Bildung sie als illegal betrachtete, zu verhandeln. Am I.Februar 1951 erklärte die Generalversammlung der UNO China als Angreifer. Nachdem die UNO-Streitkräfte durch die chinesisch-koreanischen Truppen nach Südkorea zurückgeworfen worden waren, ergriffen sie am 80. März wieder die Offensive und erreichten neuerdings den 88. Breitengrad, wo sich die Front kurz nachher stabilisierte.

Am 28. Juni 1951 schlug der Vertreter der Sowjetunion bei den Vereinten Nationen, Botschafter Malik, in einer Eadioansprache Verhandlungen vor, mit

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dem Ziel, einen Waffenstillstandsabsehluss herbeizuführen. Diese Verhandlungen nahmen am 10. Juli ihren Anfang in Kaesong in Korea, setzten sich in Panmunjom fort und führten nach zahlreichen und langen Unterbrechungen am 27. Juli 1953 zum Abschluss eines Waffenstillstandes.

Kapitel II Demarchen, Entscheidungen und Diskussionen, die für die Schweiz von Interesse sind Die Bildung einer aus Vertretern der beiden kriegführenden Parteien zusammengesetzten Waffenstillstandskommission und einer aus Vertretern neutraler Staaten zusammengesetzten Uberwachungskommission war erstmals im Februar 1952 Gegenstand eines grundlegenden Abkommens zwischen den Kriegführenden. Im Laufe der Monate April und Mai kam über die Zusammensetzung dieser Kommission eine Einigung zustande. Diese Kommission sollte aus den beiden vom UNO-Kommando bezeichneten Ländern, der Schweiz und Schweden, und den beiden durch das chinesisch-koreanische Kommando bezeichneten Ländern, Polen und die Tschechoslowakei, gebildet werden.

Die Unmöglichkeit, sich über die Heimschaffung der Kriegsgefangenen zu einigen, verursachte einen Unterbruch der Waffenstillstandsbesprechungen vom Oktober 1952 bis April 1953. Am 11. April 1953 kam über den Austausch verwundeter und kranker Kriegsgefangener ein Abkommen zustande. Dieses Abkommen wurde zwischen dem 20. April und 3. Mai vollzogen. Am 8. Juni wurde ein Einverständnis über die Frage der Kriegsgefangenen erzielt und ein Abkommen, das gleichzeitig mit dem Waffenstillstand in Kraft treten sollte, wurde unterzeichnet. Dieses Abkommen («Terms of Keference»), das einen Bestandteil des Waffenstillstandsvertrages bildet, sah die Bildung einer Kommission neutraler Staaten für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen (Neutral Nations Eepatriation Commission, N. N.E. C.) vor.

Einige Tage nach der Unterzeichnung dieses Abkommens, am 18. Juni 1953, wurden unter Mithilfe der Eegierung Südkoreas rund 27 000 nordkoreanische Kriegsgefangene, die sich ihrer Heimschaffung widersetzten, befreit. Dies führte zu einem heftigen Protest des chinesisch-koreanischen Militärkommandanten sowie zu einem Protest-Telegramm des Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen an den Präsidenten der Eepublik Korea. Die Waffenstillstandsverhandlungen wurden durch diesen Zwischenfall jedoch nur für einige Tage unterbrochen
und der Abschluss des Waffenstillstandes wurde dadurch nicht verhindert.

Im Dezember 1951 hatte sich der Bundesrat zum ersten Mal mit einer allfälligen Entsendung von schweizerischen Delegierten nach Korea, die mit der Kontrolle des Waffenstillstandes zu beauftragen wären, zu befassen. Der schweizerische Gesandte in Washington war am 13. Dezember 1951 durch

701 das Staatsdepartement von der Absicht des UNO-Kommandos unterrichtet worden, anlässlich der Waffenstillstandsverhandlungen vorzuschlagen, dass Vertreter von vier oder sechs als unparteiisch bekannten Staaten mit der Kontrolle des Waffenstillstandes zu beauftragen wären, wobei jede der kriegführenden Parteien ersucht würde, die Hälfte dieser Staaten zu bezeichnen. Falls sein Vorschlag angenommen würde, sah das UNO-Kommando die Schweiz als einen dieser Staaten vor. Diese Mitteilung der amerikanischen Behörden war für die schweizerische Begierung rein informatorischer Natur und hatte weder den Charakter eines Gesuches noch eines Vorschlages. In der Schweizer Presse erschienen gleichwohl Mitteilungen über die Demarche der amerikanischen Behörden, und der Bundesrat prüfte für alle Fälle diese Frage, die sich später für ihn stellen konnte. Er nahm zur Frage der Übernahme eines solchen Mandates eine grundsätzlich bejahende Haltung ein und veröffentlichte am 17.Dezember 1951 das nachfolgende Communiqué : «Der Bundesrat hat die Frage einer allfälligen Entsendung schweizerischer Inspektoren nach Korea zur Überwachung der Waffenstillstandsbedingungen geprüft, nachdem die kürzliche Unterredung des schweizerischen Gesandten in Washington beim Staatsdepartement vermuten lässt. dass an den Bundesrat ein Gesuch in diesem Sinne gestellt werden wird. Er wäre bereit, eine grundsätzlich zusagende Antwort auf eine solche Anfrage zu erteilen. i>

In der Folge widmete der Bundesrat diesem Problem seine Aufmerksamkeit und wurde durch mehrere schweizerische diplomatische Vertretungen im Ausland ständig über die im Hinblick auf den Abschluss eines Waffenstillstandes unternommenen Anstrengungen auf dem laufenden gehalten. Im Mai 1952 erhielten der erste Mitarbeiter des Gesandten und der Militärattache der schweizerischen Gesandtschaft in Washington eingehende Auskünfte über die Bedingungen, unter denen, nach einem vom 28. April 1952 datierten Entwurf des Waffenstillstandsabkommens, die Neutrale Überwachungskommission ihre Mission voraussichtlich zu erfüllen hätte. Das Militärdepartement prüfte die technische Seite dieses Projektes. Das Politische Departement seinerseits prüfte die Bedingungen, unter denen die Schweiz das Mandat, das ihr angeboten werden sollte, annehmen könnte. Es wurden Entwürfe für Mitteilungen an die interessierten Eegierungen vorbereitet für den Zeitpunkt, da die Mitwirkung schweizerischer Delegierter in der Neutralen Überwachungskommission aktuell werden sollte.

Als im April 1953 der Abschluss eines Waffenstillstandes wiederum nahe bevorzustehen schien, hielt es der Bundesrat für nötig, der Eegierung der Vereinigten Staaten seinen Standpunkt darzulegen, und er beauftragte die schweizerische Gesandtschaft in Washington, dem Staatsdepartement das nachstehende, vom 14.April datierte Memorandum zu überreichen: «Im Dezember 1951 wurde durch die amerikanischen Behörden in Washington bei den diplomatischen Vertretern der Schweiz, Schwedens und Norwegens auf Grund des Vorschlages des Kommandos der Streitkräfte der Vereinten Nationen in Korea

702 sondiert, ob diesen Ländern, im besonderen der Schweiz und Schweden, die Kontrolle über die Anwendung verschiedener in Panmunjom zur Verhandlung stehender Bestimmungen des Waffenstillstandes, anvertraut werden könnte. Der Bundesrat erklärte sich grundsätzlich bereit, schweizerische Inspektoren zur Ausübung dieser Kontrolle abzuordnen, falls ein formelles Gesuch an ihn gerichtet werden sollte.

Die schweizerischen Behörden haben im Verlaufe dieser letzten Monate die Bestimmungen des Entwurfes des Waffenstillstandsabkommens in bezug auf das Statut und die Aufgaben der Überwachungskommission der neutralen Staaten, deren Bildung durch die Kriegführenden genehmigt wurde, eingehend geprüft. Diese Prüfung, wie auch die Erläuterungen durch das Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen, veranlassen den Bundesrat - um jegliches Missverständnis auszuschalten - den Sinn und die Tragweite zu präzisieren, die er der vorgesehenen Mission in Korea gibt.

Er legt Wert darauf, vorerst daran zu erinnern, dass die Neutralität der Schweiz immerwährend ist und dass das Neutralitätsstatut, durch welches der Bund sich in der Gestaltung seiner Politik stets und unbedingt leiten lässt, nicht allein der Ausdruck seines Willens ist, auf jede Expansionspolitik und auf den Krieg als Mittel zur Beilegung internationaler Differenzen zu verzichten. Dieses Statut schliesst auch die eigentlichen Grundsätze ein, die seit mehr als einem Jahrhundert vom Bundesrat ständig angewandt wurden, als es sich darum handelte, Pflichten gegenüber Drittstaaten zu erfüllen, die der Schweiz aus ihrer Neutralität erwachsen.

Einer dieser Grundsätze ist die Unparteilichkeit. Die Schweiz könnte keine Mission übernehmen, die sie zwingen würde, davon abzuweichen. Obwohl sie durch eine der kriegführenden Parteien in die «Überwachungskommission der neutralen Staaten für den Waffenstillstand in Korea» vorgeschlagen wurde, könnte sie sich nicht als Bevollmächtigte dieser Partei betrachten; nachdem die andere Partei ihre Zustimmung zur Wahl der Schweiz erteilt hat, beabsichtigt diese, zugunsten beider Parteien im Schosse der Kommission, als unabhängiges und unparteiisches Mitglied zu handeln, das beauftragt ist, die Einhaltung der Bestimmungen des Waffenstillstandsvertrages durch beide Parteien objektiv zu überwachen. Der Bundesrat ist im übrigen
der Ansicht, dass die «Überwachungskommission der Neutralen Staaten für den Waffenstillstand in Korea» nur zufriedenstellend arbeiten und das in sie gesetzte Ziel erfüllen kann, wenn die vier Delegationen das ihnen anvertraute Mandat in gleicher Weise auffassen.

Die schweizerischen Behörden glauben, dass im Interesse einer einwandfreien Erfüllung der der Uberwachungskommission der Neutralen Staaten anvertrauten Aufgaben einige wichtige Punkte noch abgeklärt werden sollten. Es betrifft dies : a. die Tätigkeit, b. das Verfahren und c. das Statut der Kommission.

o. Die Tätigkeit Eine Voranzeige von 10 Tagen vor dem Datum, an welchem das Waffenstillstandsabkommen wirksam werden wird, scheint ungenügend. Mindestens drei Wochen sollten zwischen der vorgängigen Ankündigung und der Arbeitsaufnahme der Kommission verstreichen.

Der Artikel 13 (C) des Waffenstillstandsabkommens gestattet der Überwachungskommission nicht, in genügender Weise die Ablösung des Personals zu beaufsichtigen.

Die Kommission wird nur die zehn im Artikel 43 aufgeführten Eingangshäfen, nicht aber die Ausgangsorte kontrollieren können. Sie wird sich demnach auf die Erklärung der Parteien über die mit dem Abtransport der Truppen, die Korea an irgendeinem Ort verlassen können, zusammenhängenden Fragen verlassen müssen. Die gleiche Bemerkung gilt auch für die Erneuerung des zerstörten oder beschädigten Materials durch neues Material desselben Typs. Gemäss Artikel 13 (D) wird die Neutrale Überwachungskommission nur die in Korea eintreffenden Kampfflugzeuge, Panzerfahr-

703 zeuge, Waffen und Munition kontrollieren können. Die schweizerischen Behörden würden es begrüssen, nähere Angaben über die Kontrolle der Ein- und Ausgänge zwischen den Eingangshäfen sowohl an der Nordgrenze (Yalu) als auch längs der Küste zu erhalten.

6. Das Verfahren Man kann voraussehen, dass die Kommissionsmitglieder, die durch eine der kriegführenden Parteien bezeichnet wurden, nicht immer bereit sein werden, zu Feststellungen zu gelangen oder sich denen ihrer andern Partner anzuschliessen. Dies dürfte der Fall sein, wenn es sich um Verletzungen des Waffenstillstandes durch diejenige Partei handelt, von der sie gewählt wurden.

Die militärische Waffenstillstandskommission kann gemäss Artikel 47 nur nach Erhalt eines Berichtes der Neutralen Überwachungskommission handeln. Es wäre wünschenswert, dass die Kommission als ein Ganzes wirke und dass ihre Berichte grundsätzlich von ihr ausgehen und nicht von den Einzelmitgliedern. Wenn keine Einstimmigkeit erzielt wird, könnten zwei Berichte erstattet werden, einer der Majorität und einer der Minorität. Bei Stimmengleichheit würde man einen oder zwei Berichte erstellen.

c. Statut Der Bundesrat würde es begrüssen, die Zusicherung zu erhalten, dass die Kommission die grösstmögliche Autonomie und Unabhängigkeit geniessen wird in allem, was das ihr von den betreffenden Oberbefehlshabern zur Verfügung zu stellende" Transport-, Verbindungs- und Übermittlungsmaterial betrifft. Um die Verbindung zwischen dem Hauptquartier der Kommission und den Beobachtungshäfen herzustellen, sollte ein regelmässiger Luftverkehrsdienst organisiert werden. Ferner wäre es notwendig, für das Hauptquartier der neutralen Kommission im Innern der demilitarisierten Zone die Errichtung eines exterritorialen Hoheitsgebietes ins Auge zu fassen.

Schliesslich würden es die schweizerischen Behörden begrüssen, wenn die Kommissionsmitglieder in den Genuss des diplomatischen Statuts und der damit verbundenen Privilegien kämen.»

Am 20. Mai überreichte das Staatsdepartement der schweizerischen Gesandtschaft in Washington in Form eines Memorandums seine Antwort folgenden Inhalts (Übersetzung): «Das Staatsdepartement bestätigt den Empfang des Memorandums der Schweizer Regierung vom 14. April 1953 betreffend das der Überwachungskommission der neutralen Staaten verliehene Statut sowie das ihr gemäss den Bestimmungen des Waffenstillstands-Abkommensentwurfs in Korea vorgeschriebene Verfahren. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat Kenntnis von den darin enthaltenen Erklärungen genommen, die sie zu folgendem Kommentar über die verschiedenen aufgeworfenen Punkte anregt : 1. Das Memorandum der Schweizer Regierung hebt das Ungenügen einer Frist von 10 Tagen hervor, die die amerikanische Regierung im Verlaufe ihrer vorgängigen Besprechungen mit den Vertretern der schweizerischen und schwedischen Regierungen offiziös vorgeschlagen hatte, und die ihr der zur Verfügung stehenden Zeit zu entsprechen schien, um die Überwachungskommission der neutralen Staaten noch vor dem Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens zu organisieren.

Obwohl vorgesehen war, dass eine Periode von 10 Tagen für die Bedürfnisse der Organisatoren genügen sollte, ist es sehr wohl möglich, dass man in der Praxis über eine zusätzliche Frist wird verfügen können. Die schweizerische und die schwedische Regierung sollen unverzüglich über jede Entwicklung der Verband-

704 lungen unterrichtet werden, die auf eine bevorstehende Unterzeichnung des Waffenstillstandes hinweisen sollten. Es ist ferner möglich, dass man zwischen der grundsätzlichen Einigung über das Abkommen und der Bereinigung von Details des definitiven Abkommens noch Zeit gewinnt, um die Organisation der Kommission zu vervollständigen. Die Bereinigung dieser Details wird vielleicht neue Verhandlungen über die demilitarisierte Zone, deren Grenzen noch abgeändert werden könnten, nötig machen. Wahrscheinlich wird es ferner vor der ersten Zusammenkunft der militärischen Waffenstillstandskommission noch Vorkonferenzen der Generalstäbe über das Funktionieren der verschiedenen durch den Waffenstillstands-Abkommensentwurf errichteten Organe geben. Es wird auch nötig sein, sich über die Verfahrensdetails der Unterzeichnung dieses Abkommens zu verständigen.

2. Die durch die schweizerische Regierung gegebene Interpretation der Bestimmungen betreffend die Kontrolle, die die Uberwachungskommission der neutralen Staaten über die Ablösung des Militärpersonals nach Paragraph 13 (C) des Waffenstillstands-Abkommensentwurfes ausüben wird, ist « dem Buchstaben nach» richtig.

Nach dem gegenwärtigen Text des Entwurfes ist tatsächlich nicht vorgesehen, dass die durch das militärische Ablösungspersonal benutzten Eingangshäfen auch zur Evakuierung des zurückgerufenen Personals dienen werden. Es wäre zwar vernünftig, diesen Paragraphen in dem Sinn auszulegen, dass Personal und Material Korea durch einen der bezeichneten Häfen verlassen müssen, wenn man sich auf diese Evakuierung berufen will, um die gleichzeitige Einführung eines gleichen Bestandes von Personal und Material zu rechtfertigen. Trotzdem trifft es zu, dass, technisch gesprochen, die Kommission sich auf die Erklärungen jeder Partei betreffend die Abreise des Militärpersonals aus Korea wird verlassen müssen. Das Kommando der Vereinten Nationen wird demzufolge prüfen, ob eine Änderung des Paragraphen 13 (C) ini Sinne einer Präzisierung möglich ist, wonach die Ablösung des Militärpersonals in beiden Richtungen einzig durch die im Paragraphen 43 des Vertragsentwurfes aufgeführten Eingangshäfen stattfinden wird.

3. Was die Bemerkungen der schweizerischen Regierung zu Paragraph 13 (D) des Waffenstillstands-Abkommensentwurfes betrifft, der sich mit der Einführung
von Kampfflugzeugen, Panzerwagen, Waffen und Munition in Korea befasst, so wird das Kommando der Vereinten Nationen ebenfalls prüf en, ob eine Änderung des Paragraphen 13 (D) in dem Sinne möglich ist, dass vorgesehen würde, dass die durch jede Partei zu ersetzenden militärischen Ausrüstungsgegenstände einzig durch die vereinbarten Eingangshäfen evakuiert werden.

4. Was die Kontrolle der nicht autorisierten Ausgänge und Eingänge an anderen Orten als die im Paragraphen 43 des Waffenstillstands-Abkommensentwurfes aufgeführten Eingangshäfen anbelangt, darf angenommen werden, dass im Hinblick auf diese Kontrolle genügende Bestimmungen getroffen wurden im Paragraphen 13 (C), (D), (E) und (P), der sich auf die Bildung und die Funktionen der mobilen Inspektionsgruppen bezieht.

5. Es wird zugegeben, dass die Überwachungskommission der neutralen Staaten möglicherweise während der Ausübung ihrer Pflichten und ihrer Funktionen in Sackgassen geraten kann, wenn es'sich um die Erstellung eines Berichtes über angebliche Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens handelt. Aus der Erwägung, dass es kaum ratsam ist, diese Frage in den Plenarsitzungen der Waffenstillstandsverhandlungen zu lösen, sei hervorgehoben, dass der Paragraph 49 eine Bestimmung enthält, die der Kommission gestattet, der militärischen Waffenstillstandskommission Empfehlungen zu unterbreiten in bezug auf Verbesserungen und Ergänzungen des Abkommens, die angezeigt erscheinen könnten.

6. Der Waffenstillstands-Abkommensentwurf gestattet in seiner gegenwärtigen Fassung der Überwachungskommission der neutralen Staaten, für ihre Verbin dungs- und Transportdienste, wenn sie es wünscht, selbst zu sorgen. Obgleich das

705 Kommando der Vereinigten Nationen es nicht als angezeigt erachtet, im Verlaufe der Plenarsitzungen der Waffenstillstandsverhandlungen die Frage der Verpflegung und der selbständigen Lufttransporte der Kommission zu lösen versuchen, ist es bereit, ihr die nötigen Lufttransportmittel indem seiner Kontrolle unterstellten Gebiet zu liefern. Die Gewährung analoger Erleichterungen durch die Gegenpartei sollte innert nützlicher Frist Gegenstand von separaten Verhandlungen zwischen den Kommissionsmitgliedern und den diese Partei repräsentierenden Behörden bilden.

7. Das Kommando der Vereinten Nationen wird sich bemühen, im Waffenstillstandsabkommen Bestimmungen aufzunehmen, die dem Hauptquartier der Uberwachungskommission der neutralen Nationen innerhalb der demilitarisierten Zone das Statut der Exterritorialität verleihen. Die Regierung der Vereinigten Staaten ihrerseits wird versuchen, den Mitgliedern der Kommission auf dem Gebiet der Republik Korea das diplomatische Statut und die damit verbundenen Privilegien verleihen zu lassen.»

In der Frage der Kriegsgefangenen hatte sich inzwischen eine neue Tatsache ereignet. Der Premierminister und Aussenminister der Volksrepublik China, Tschu-En-Lai. stellte nämlich in einer Erklärung am 30. März 1958 fest, dass im Verlaufe der Waffenstillstandsverhandlungen einzig die Frage der Kriegsgefangenen nicht geregelt werden konnte. Um dieses Hindernis zu beseitigen, schlugen die Volksrepublik China und die volksdemokratische Eepublik Korea vor, dass die Gefangenen, die bereit sind, in ihr Land zurückzukehren, unverzüglich nach der Einstellung der Feindseligkeiten heimgeschafft, während die andern, die sich der Heimschaffung widersetzen, einem neutralen Staat anvertraut werden sollten.

Einige Tage später, am 11. April, wurde der Bundesrat durch die schweizerische Gesandtschaft in Washington über einen Vorschlag orientiert, den die amerikanische Regierung der chinesischen Eegierung zuzustellen beabsichtigte und der darauf hinzielte, die Kriegsgefangenen einem neutralen Staat «wie der Schweiz» anzuvertrauen. Im Verlaufe der Waffenstillstandsverhandlungen machte der Vertreter der Streitkräfte der Vereinten Nationen am 27. April einen Vorschlag in diesem Sinne, wobei er darauf hinwies, dass die Gegenpartei nicht angegeben hatte, welchem Staat sie die Bewachung der nicht heimkehrwilligen Kriegsgefangenen anzuvertrauen wünschte, dass sich jedoch die Wahl der Schweiz offensichtlich aufdränge, da sie «in den Augen der ganzen Welt ein Neutralitätsstatut erlangt habe, das von keinem andern neutralen Staat übertroffen werde». Der Vertreter des chinesisch-koreanischen Militärkommandos wandte ein, dass die Wahl eines durch eine einzige Partei bezeichneten neutralen Staates (die Schweiz war durch das Kommando der Vereinten Nationen als Mitglied der Überwachungskommission vorgeschlagen worden) nicht angenommen werden könnte, dass jedoch die beiden Parteien sich durch gegenseitige Konsultierung über die Bezeichnung eines andern neutralen Staates einigen sollten. Da der Vorschlag des Kommandos der Vereinten Nationen, der im übrigen vorgebracht wurde, ohne die Schweiz vorher zu fragen, nicht aufrechterhalten wurde, hatte der Bundesrat darüber nicht zu beschliessen.

Um jedoch jedem Missverständnis und jeder Zweideutigkeit über die Haltung

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vorzubeugen, die die Schweiz im Falle der Übertragung eines solchen Mandates eingenommen hätte, rief der Bundesrat in einer der Presse am 28. April übergebenen Mitteilung die Grundsätze in Erinnerung, von denen er.sich bei der Erfüllung solcher Missionen würde leiten lassen. Die Mitteilung war folgendermassen abgefasst: «Wie erinnerlich, hat das Kommando der Truppen der Vereinten Nationen in Korea der chinesisch-koreanischen Delegation vorgeschlagen, dass ein neutraler Staat ,wie die Schweiz' mit der Überwachung der Kriegsgefangenen, die sich einer unverzüglichen Heimschaffung widersetzten, betraut werde. Die Presse hat die Antwort auf die amerikanischen Vorschläge von General Nam II, Chef dieser Delegation, veröffentlicht. Nam II soll im wesentlichen gesagt haben, dass ,die Schweiz nicht gewählt werden könne, da sie einer der zwei von den amerikanischen Delegierten vorgeschlagenen neutralen Staaten sei, die der Überwachungskommission der neutralen Staaten für den Waffenstillstand in Korea angehören sollen'.

Diese Erklärungen könnten eine falsche Vorstellung von der Rolle erwecken, die die Schweiz in dieser Kommission spielen würde, so dass es notwendig erscheint, zum vorneherein jedes mögliche Missverständnis zu beseitigen. Ende 1951 wurde beim Bundesrat durch Vermittlung der amerikanischen Regierung über eine allfällige Teilnahme der Schweiz an der Überwachungakommission der neutralen Staaten für den Waffenstillstand in Korea sondiert; im Sommer 1952 erhielt er Kenntnis von den Bestimmungen des Waffenstillstandsentwurfes über die den neutralen Staaten zugedachte Rolle. Er hielt es damals für notwendig, zuerst mündlich im Verlaufe des Jahres 1952, dann schriftlich in einem Memorandum, das er dem Staatsdepartement am 14. April 1953 überreichen liess, die ausschliesslichen Bedingungen klar zu umschreiben, unter denen die Schweiz ein solches Mandat annehmen würde. Dieses Memorandum äussert sich darüber wie folgt : Der Bundesrat legt Wert darauf, vorerst daran zu erinnern, dass die Neutralität der Schweiz immerwährend ist und dass das Neutralitätsstatut, durch welches der Bund sich in der Gestaltung seiner Politik stets und unbedingt leiten lässt, nicht allein der Ausdruck seines Willens ist, auf jede Expansionspolitik und auf den Krieg als Mittel zur Beilegung internationaler Differenzen zu
verzichten. Dieses Statut schliesst auch die eigentlichen Grundsätze ein, die seit mehr als einem Jahrhundert vom Bundesrat ständig angewandt wurden, als es sich darum handelte, Pflichten gegenüber Drittstaaten zu erfüllen, die der Schweiz aus ihrer Neutralität erwachsen.

Einer dieser Grundsätze ist die Unparteilichkeit. Die Schweiz könnte keine Mission übernehmen, die sie zwingen würde, davon abzuweichen. Obwohl sie durch eine der kriegführenden Parteien in die , Überwachungskommission der neutralen Staaten für den Waffenstillstand in Korea' vorgeschlagen wurde, könnte sie sich nicht als Bevollmächtigte dieser Partei betrachten; nachdem die andere Partei ihre Zustimmung zur Wahl der Schweiz erteilt hat, beabsichtigt diese, zugunsten beider Parteien im Schosse der Kommission als unabhängiges und unparteiisches Mitglied zu handeln, das beauftragt ist, die Einhaltung der Bestimmungen des Waffenstillstandsvertrages durch beide Parteien objektiv zu überwachen.

Zu dem in Panmunjom gemachten und von General Nam II zurückgewiesenen Vorschlag erscheint es notwendig, klarzustellen, dass sich der Bundesrat nicht auszusprechen hatte. Jedenfalls hätte er das Mandat, sich mit den Kriegsgefangenen, die eine Heimschaffung ablehnen, zu befassen, nur unter folgenden Bedingungen annehmen können: a. dass das Mandat ihm von beiden kriegführenden Parteien gemeinsam übertragen worden wäre ;

707 fc. dass ihm die notwendigen materiellen und technischen Garantien von beiden Parteien gewährt worden wären; c. dass nach eingehender Prüfung der Bundesrat zur Überzeugung gelangte, dass die Schweiz in der Lage wäre, dieses Mandat in zufriedenstellender Weise zu erfüllen. »

Am 8. Juni 1953 wurde in Panmunjom schliesslich ein Abkommen über das Schicksal der nicht heimkehrwilligen Kriegsgefangenen abgeschlossen. Dieses Abkommen sah vor, dass diese einer aus den fünf neutralen Staaten (Schweden, Schweiz, Polen, Tschechoslowakei und Indien) zusammengesetzten Kommission übergeben werden sollten. Der Bundesrat war bereits über die wesentlichen Bestimmungen dieses Abkommens orientiert worden. Die vom Kommando der Vereinten Nationen und vom chinesisch-koreanischen Kommando während den Verhandlungen, die sich in der Zeit vom 25. Mai bis 6. Juni in Panmunjom abspielten, vorgeschlagenen Texte wurden dem Politischen Departement durch die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Bern und durch den chinesischen Aussenminister über die Schweizer Gesandtschaft in Peking zur Kenntnis gebracht. Der Bundesrat konnte sich auf diese Weise Eechenschaft über die Natur des Mandates geben, das man der Kommission, in der man eine Vertretung der Schweiz wünschte, anvertrauen wollte. Er beschloss, die Eegierung der Vereinigten Staaten und die Eegierung der Volksrepublik China wissen zu lassen, dass er im Interesse des allgemeinen Friedens und der Wiederherstellung des Friedens in Korea grundsätzlich bereit wäre, das vorgeschlagene Mandat unter den aus dem Statut der immerwährenden Neutralität der Schweiz sich ergebenden Vorbehalten anzunehmen. Ein Memorandum wurde am 9. Juni durch die schweizerische Gesandtschaft in Washington dem Staatsdepartement und am 10. Juni durch die schweizerische Gesandtschaft in Peking dem Aussen-.

minister überreicht. Das Memorandum in Peking.enthielt allerdings den letzten Absatz nicht, der nur das Kommando der Vereinten Nationen betraf. Das Memorandum hatte folgenden Wortlaut: «Die Schweizer Begierung nahm von den beiden Abkommensentwürfen über die Heimschaffung der Kriegsgefangenen Kenntnis; der eine am 25.Mai 1953 in Panmun-, jorn durch die Delegation des Kommandos der Vereinten Nationen eingereicht und dem Politischen Departement am 8. Juni 1953 durch die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Bern mitgeteilt, der andere, durch die Delegation der koreanischen Volksarmee und der chinesischen Volksfreiwilligen eingereicht und am 6. Juni der schweizerischen Gesandtschaft in Peking durch den Aussenminister Chinas mitgeteilt.

Unter dem Vorbehalt ihres definitiven
Entscheides bis zur Prüfung des Wortlautes des unterzeichneten Abkommens und bis zur Abklärung gewisser Fragen hält es die Schweizer Begierung schon jetzt für angezeigt, folgendes bekanntzugeben: Die Schweiz ist im Interesse des allgemeinen Friedens und namentlich, um die Wiederherstellung des Friedens in Korea zu erleichtern, grundsätzlich bereit, sich in der mit den Problemen der Heimschaffung der Kriegsgefangenen beauftragten Kommission der neutralen Staaten vertreten zu lassen. Sie könnte jedoch dieses Mandat nur zu Bedingungen annehmen, die mit dem Statut der immerwährenden Neutralität und der ihr damit erwachsenen Politik vereinbar sind. Dieses Statut und diese Politik sind nicht allein der Ausdruck des Willens der Schweizerischen Eidgenossenschaft, auf jede Expansionspolitik und auf den Krieg als Mittel zur Beilegung internationaler Diffe-

708 renzien zu verzichten, sondern sie sohliessen auch die eigentlichen Grundsätze ein, die seit mehr als einem Jahrhundert vom Bundesrat ständig angewandt wurden, als es sich für die Schweiz darum handelte, Pflichten gegenüber Drittstaaten zu erfüllen, die ihr aus ihrer Neutralität erwachsen. Einer dieser Grundsätze ist die Unparteilichkeit. Die Schweiz, die weder Mitglied der Organisation der Vereinten Nationen ist, noch mit irgendeinem andern Staat einen Allianzvertrag abgeschlossen hat, könnte keine Mission übernehmen, die sie zwingen würde, davon abzuweichen. Getreu diesem Grundsatz könnte sich die Schweiz nicht als Bevollmächtigter einer einzigen Partei betrachten.

Sie beabsichtigt, im Schosse der Kommission als ihr unabhängiges und unparteiisches Mitglied zugunsten beider Parteien zu handeln.

Es scheint, dass der Abkommensentwurf einen Unterschied unter den zur Teilnahme an der vorerwähnten Kommission aufgerufenen Staaten in dem Sinne macht, dass der eine von ihnen, Indien, im Schosse der Kommission die Bolle nicht nur des Vorsitzenden und vollziehenden Organs, sondern auch des Schiedsrichters gemäss-den Bestimmungen des Artikels 182 der Genfer Konvention vom 12. August 1949 über die Behandlung Kriegsgefangener haben würde. Die schweizerische Kegierung stimmt vorbehaltlos zu, dass der Vertreter Indiens das Amt des Vorsitzenden und des vollziehenden Organs ausübe. Es scheint ihr normal, dass diese Funktionen dem Vertreter des einzigen asiatischen Landes in der Kommission, das zudem noch die benötigte Truppe zu stellen hat, übertragen werden.

Da die Kommission ihre Entscheide durch Mehrheitsbeschluss treffen wird, ist es der Schweizer Regierung bei erster Prüfung jedoch nicht klar, bei welchem Anlass der Vertreter Indiens seine Bolle als Schiedsrichter ausüben soll. Sie würde es begrüssen, über diesen Punkt wie auch über die Bedeutung des Hinweises auf Artikel 132 der Genfer Konvention Erläuterungen zu erhalten.

Die schweizerische Regierung nimmt an, dass die beiden kriegführenden Parteien anerkennen, dass das der Schweiz anvertraute Mandat in dem Sinne verstanden sein will,.dass es ini Interesse beider Parteien objektiv und unparteiisch ausgeübt werden muss.

Die Annahme des Bundesrates würde im weiteren voraussetzen, dass die Regie. rungen aller kriegführenden Länder, diejenige Südkoreas eingeschlossen, ausdrücklich ihre Zustimmung zum Abkommen betreffend die Bewachung der Kriegsgefangenen und zur Durchführung dieses Abkommens geben.»

Die nachstellende Mitteilung wurde am 9. Juni der Presse übergeben: «Im Zusammenhang mit den Verhandlungen in Panmunjom haben in den letzten Tagen die amerikanische und chinesische Regierung dem Bundesrat Vertragsentwürfe über die Frage der nicht heimkehrwilligen Kriegsgefangenen unterbreitet. Das Abkommen wurde gestern unterzeichnet. Der Bundesrat ist allerdings noch nicht im Besitz des endgültigen Wortlautes.

In einer Sitzung, die heute nachmittag stattfand, hat er jedoch beschlossen, den Regierungen, welche der Schweiz das Mandat anvertrauen würden, eine Note überreichen zu lassen, welche in Erinnerung ruft, dass die Schweiz dieses Mandat nicht annehmen könnte, wenn sie es nicht von allen am Konflikt beteiligten Parteien, Südkorea eingeschlossen, erhielte und wenn es die Schweiz nicht in aller Unabhängigkeit und im gemeinsamen Interesse der beiden Kriegsparteien ausüben könnte.»

Der Bundesrat erachtete es als notwendig, die Annahmeerklärung der Schweiz von der Bedingung abhängig zu machen, dass die Eegierungen aller am Konflikt beteiligten Länder, die Bepublik Korea eingeschlossen, ausdrücklich dem Abkommen über die Kriegsgefangenen zustimmten. Zwischen der

709 Eegierung Südkoreas einerseits und den Vereinten Nationen und ihrem Militärkommando in Korea anderseits waren nämlich Schwierigkeiten entstanden.

Der Bundesrat wollte sich nicht der Gefahr aussetzen, dass das von ihm angenommene Mandat durch eines der Länder, zu deren Gunsten er es ausüben sollte, in Frage gestellt würde. Die Bekanntgabe dieser Bedingung rief lebhafte Eeaktionen hervor.

Die schweizerische Gesandtschaft in den Vereinigten Staaten wurde am 10. Juni durch das Staatsdepartement mündlich unterrichtet, dass sich die Kriegsgefangenen in Südkorea in der Obhut und unter der Befehlsgewalt des Kommandos der Vereinten Nationen und nicht des koreanischen Militärkommandos befänden und dass im übrigen die Truppen Südkoreas dem Kommando der Vereinten Nationen unterstellt blieben, und zwar so, dass dieses allein für den Abschluss eines Waffenstillstandes und eines Abkommens über die Kriegsgefangenen zuständig sei.

Das Politische Departement hatte seinerseits, ebenfalls am 10. Juni, von der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Bern das nachstehende Memorandum erhalten (Übersetzung): «In Beantwortung der Präge von Minister Micheli wurde diese Gesandtschaft davon unterrichtet, dass alle Kriegsgefangenen in Korea in der Obhut des Kommandos der Vereinten Nationen und nicht des einen oder anderen Kriegführenden stehen.

Die Frage einer Sonderzustimmung zum Waffenstillstandsabkommen durch die Republik Korea stellte sich nicht, da diese ihre Truppen aus dem Bereich des Kommandos der Vereinten Nationen nicht zurückzog. Diese Frage wird sich sonst nicht stellen, ausser wenn die Republik Korea ihre Streitkräfte zurückziehen würde.

Alle Streitkräfte der Vereinten Nationen in Korea, eingeschlossen diejenigen der Republik Korea, unterstehen dem'Oberbefehlshaber der Vereinten Nationen. Dieser ist ermächtigt, mit dem Kommando der Gegenpartei über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Die Vereinigten Staaten anerkennen - was selbstverständlich ist -, dass die Schweiz eine unabhängige und unparteiische Rolle im koreanischen Waffenstillstand spielt. Man muss jedoch auf die Tatsache aufmerksam machen, dass die Kommission der fünf Nationen durch die Kommunisten vorgeschlagen und durch die Vereinten Nationen unter der Bedingung angenommen wurde, dass Indien die Funktionen des Vorsitzenden der Kommission
ausübe und das Personal sowie die verlangten Truppen stelle. Die Bezeichnung Indiens als Schiedsrichter im Sinne von Artikel 132 der Genfer Konvention war ebenfalls ein Vorschlag der Kommunisten.»

Der Vorsteher des Politischen Departementes war gleichentags während einer Sitzung der nationalrätlichen Kommission für auswärtige Angelegenheiten somit in der Lage zu eröffnen, dass der Bundesrat, um jegliche Verzögerung im Abschluss des Waffenstillstandes zu vermeiden, die Beteiligung der Schweiz in der Kommission der fünf neutralen Staaten, gestützt auf das alleinige Gesuch des Kommandos der Vereinten Nationen einerseits und des chinesischkoreanischen Kommandos andererseits, werde annehmen können. Dieser Standpunkt kam in der im Anschluss an diese Sitzung herausgegebenen Pressemitteilung zum Ausdruck: «Unter dem Vorsitz von Nationalrat Willy Bretscher (Zürich), der den an der Teilnahme verhinderten Kommissionspräsidenten Walther Bringolf (Schaffhausen)

710 vertrat, und in Anwesenheit des Vorstehers des Politischen Departements, Bundesrat Max Petitpierre, tagte am 10. Juni 1953 die nationalrätliche Kommission für auswärtige Angelegenheiten ...

Der Vorsteher des Politischen Departementes hat darauf der Kommission von der Note des Bundesrates an die amerikanische und chinesische Regierung betreffend die Beteiligung der Schweiz an der Kommission der fünf neutralen Staaten, die mit der Überwachung der nichtheimkehrwilligen Kriegsgefangenen beauftragt ist, Kenntnis gegeben. Im weitern hat er die Kommission über die letzte Entwicklung in dieser Angelegenheit orientiert, im besondern über einen der in der schweizerischen Note aufgeworfenen Punkte, der die Zustimmung der südkoreanischen Republik zum erfolgten Abkommen über die Kriegsgefangenen betrifft.

Nach Mitteilungen, die dem Politischen Departement im Anschluss an diese Note zugekommen sind, ist die Armee Südkoreas dem Kommando der Vereinten Nationen unterstellt und alle nordkoreanischen und chinesischen Kriegsgefangenen befinden sich unter seiner verantwortlichen Obhut. Es gäbe also keine Kriegsgefangenen, die unter der Kontrolle der südkoreanischen Republik stehen. Unter diesen Umständen ist der Vorsteher des Politischen Departements der Auffassung, dass der Bundesrat, um jegliche Verzögerung im Abschluss des Waffenstillstandes und in der Durchführung des Abkommens über die Kriegsgefangenen zu vermeiden, sich entschliessen könnte, der Beteiligung der Schweiz an der Kommission der fünf neutralen Staaten gestützt auf das alleinige Gesuch des Kommandos der .Vereinten Nationen einerseits und des Kommandos der nordkoreanischen Truppen und chinesischen Freiwilligen anderseits zuzustimmen.

Die Kommission hat diese Erklärung zur Kenntnis genommen.»

Gleichentags bestätigte das amerikanische Staatsdepartement die dem schweizerischen Gesandten, Minister Bruggmann, mündlich gemachten Erklärungen in einem Memorandum folgenden Inhaltes (Übersetzung) : «Das Staatsdepartement bezieht sich auf die ihm vom schweizerischen Gesandten am 9. Juni 1953 überreichte Mitteilung betreffend die Rolle, die die Schweiz im Schosse der Heimschaffungskommission der neutralen Staaten, die als Bestandteil des Waffenstillstandsabkommens in Korea zu bilden wäre, spielen könnte. Das Staatsdepartement anerkennt voll und ganz die Überlegungen, die die schweizerische Regierung zu der in ihrer Mitteilung aufgeführten vorläufigen Meinungsäusserung bewogen haben. Diese Mitteilung der schweizerischen Gesandtschaft scheint jedoch gewisse Befürchtungen widerzuspiegeln, die das Staatsdepartement zu zerstreuen wünscht.

1. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat volles Verständnis für den Wunsch der Schweizer Regierung, an ihrer Neutralitätspolitik und ihrer Unparteilichkeit festzuhalten. Sicher befindet sich die Schweiz gerade wegen dieser wohl bekannten Politik unter den fünf Ländern, denen im Rahmen des Waffenstillstandes in Korea eine Rolle zugedacht ist. Die Regierung der Vereinigten Staaten rechnet damit, dass die Schweiz bei Ausübung jeder Punktion, die die Schweizer Regierung gemäss dem Waffenstillstandsabkommen in Korea übernehmen könnte, frei nach ihrem eigenen Urteil handeln werde. Sie erwartet nicht, dass die Schweiz als Vertreter einer Partei oder irgendeines Standpunktes handle, sondern als unparteiischer, neutraler Beauftragter, der die übernommene Aufgabe treu erfüllt.

2. Das Abkommen über die Kriegsgefangenen vom 8. Juni betraut die Regierung Indiens tatsächlich mit grösseren Verantwortlichkeiten als die übrigen vier Kommissionsmitglieder. Es ist vorgesehen, dass Indien vollziehendes Organ der Kommission sein und die nötigen Truppen zur Durchführung des Kommissionsmandates stellen wird. Das Staatsdepartement nimmt Kenntnis davon, dass die Schweizer Regierung gegen diese Indien zusätzlich anvertraute Rolle keine Einwände erhebt. Mit Ausnahme dieser zusätzlichen Verantwortlichkeiten wird Indien, obwohl Präsident der Köm-

711 mission, nur deren fünftes Mitglied sein; und soweit es das Funktionieren der Kommission angeht, besteht unter den fünf Mitgliedern weder in bezug auf die zu erfüllenden Aufgaben noch auf die unparteiische Haltung, der sich alle befleissen sollten, ein Unterschied.

3. Die Mitteilung der schweizerischen Gesandtschaft befasst sich insbesondere mit der Vertragsbestimniung vom 8. Juni, die Indien gemäss Artikel 132 der Genfer Konvention vom 12.August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen als Schiedsrichter bezeichnet. Diese Bestimmung wurde von den kommunistischen Kommandanten angeregt und im Verlaufe der Verhandlungen nicht diskutiert. Obwohl diese Bestimmung durch eine präzisere Abfassung vielleicht gewonnen hätte, glaubte die Delegation des Kommandos der Vereinten Nationen im Interesse einer Beschleunigung der Verhandlungen, dem offensichtlichen Sinn dieser Bestimmung zustimmen zu können. Die Vereinigten Staaten sind nicht der Auffassung, dass diese Bestimmung in irgendeiner Form die grundsätzliche Auffassung der Kommission, als ein aus fünf gleichwertigen und unparteiischen Mitgliedern bestehendes und durch Mehrheitsbeschluss entscheidendes Organ, ändere. Die Vereinigten Staaten'sind nicht der Ansicht, dass Indien als Schiedsrichter zwischen den übrigen Mitgliedern der Heimschaffungskommission zu wirken hätte.

4. Die Schweizer Regierung erklärt ebenfalls, dass sie die Teilnahme in der Heimschaffungskommission annehmen werde, wenn alle am Konflikt beteiligten Länder, die Republik Korea eingeschlossen, das Abkommen über die Kriegsgefangenen genehmigen. Diese Erklärung spiegelt die Besorgnis über den Charakter des Kommandos der Vereinten Nationen und über das Kriegsgefangenenstatut wider. Die Streitkräfte der Republik Koreas, wie auch diejenigen der 15 in Korea vertretenen Mitglieder der Vereinten Nationen sind alle dem Kommando der. Vereinten Nationen unterstellt.

Die Verhandlungen über den Waffenstillstand werden daher durch den Oberbefehlshaber des Kommandos der Vereinten Nationen geführt, der eindeutig die Kompetenz besitzt, im Namen aller seinem Kommando unterstellten Truppen über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Was die Kriegsgefangenen im besonderen betrifft, so sind sie nicht im Gewahrsam der einzelnen Kriegführenden, sondern in der Obhut des Kommandos der Vereinten Nationen,
das allein für die Kontrolle und die Bewachung aller Gefangenen verantwortlich ist.

Seit langem betrachten die Regierung und das Volk der Vereinigten- Staaten, enau wie manche Regierungen und Völker in der Welt, die Schweiz als das Land, an äs man appellieren kann, wenn es gilt, die für die Beilegung von Kriegen und von internationalen Differenzen oft so ausschlaggebenden, unparteiischen Dienste zu leihen. Das Staatsdepartement hofft, dass die schweizerische Regierung in der Lage sein werde, ihre traditionelle Rolle zu spielen, und dass sie durch die Annahme der Mitgliedschaft in der Kommission der neutralen Staaten für die Heimschaffung Kriegsgefangener in Korea, gemäss dem Statut dieses Organs, zu einem raschen Waffenstillstand in Korea und zu einer Regelung auf humanitärer Grundlage des Kriegsgefangenenproblems beitragen wird. »

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Die Eegierung der Volksrepublik China antwortete ihrerseits nicht auf das Memorandum, das sie am 10. Juni erhielt, erhob jedoch keine Einwände gegen die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Auffassung. Im Gegenteil wurde am 17. Juni ein Mitarbeiter der schweizerischen Gesandtschaft in Peking ins Aussenministerium gerufen, wo ihm ein Beamter erklärte, «dass er beauftragt wurde, zu Händen des Bundesrates den Dank der Chinesischen Kegißrung dafür auszusprechen, dass die Schweiz die Beteiligung in den beiden neutralen Kommissionen in Korea angenommen habe».

712 In seiner Sitzung vom 13. Juni 1953 fasste der Bundesrat den formellen Beschluss, der Entsendung einer Schweizer Delegation in jede der beiden im Verlaufe der Waffenstillstandsverhandlungen vorgesehenen neutralen Kommissionen zuzustimmen. Im Anschluss. an diese Sitzung wurde der Presse folgende Mitteilung übergeben: «Der Bundesrat trat am Samstag vormittag zu einer Sitzung zusammen. Er hat einen Bericht des Vorstehers des Politischen Departementes über die gehabten Unterredungen sowie über die Informationen, die seit der Zustellung der Note vom 9. Juni 1953 an die Regierungen der Vereinigten Staaten und der Volksrepublik Chinas eintrafen, angehört. Auf Grund der erhaltenen Aufklärungen hat er beschlossen, die an die Schweiz gerichtete Einladung, sich in den beiden Kommissionen vertreten zu lassen, anzunehmen. Die eine Kommisaion ist mit der Überwachung der Durchführung der Waffenstillstandsbedingungen durch die beiden kriegführenden Parteien betraut, die andere hat die Bewachung der nichtheimkehrwilligen Kriegsgefangenen zu übernehmen.

Dieser Beschluss wurde gefasst im Hinblick auf die gegenwärtige Rechtslage und angesichts der Tatsache, dass die dem Bundesrat gegebenen Zusicherungen über die Natur und die Tragweite des der Schweiz anvertrauten Mandates und über die Bedingungen, unter denen es erfüllt werden kann, der besonderen Lage unseres Landes Rechnung tragen. Oberstdivisionär Rihner wird die Kommission, die mit der Überwachung der Durchführung der Waffenstillstandsbedingungen betraut ist, leiten. Der Chef der Kommission für die Überwachung der Kriegsgefangenen wird später bezeichnet.»

Die schwedische, polnische und tschechoslowakische Eegierung, mit denen das Politische Departement wegen dieser Mission in Verbindung stand, Hessen uns ihrerseits wissen, dass sie das ihnen vorgeschlagene Mandat angenommen hätten. Der Vorsteher des Politischen Departementes hatte am 16. Juni Gelegenheit, sich mit dem. damals in der Schweiz weilenden Premierminister Indiens, Jawaharlal Nehru, über das Mandat betreffend die Heimschaffung der Kriegsgefangenen zu unterhalten.

Beide kriegführenden Parteien wünschten, dass die Neutrale Überwachungskommission ihre Arbeit so bald als möglich nach Unterzeichnung des Waffenstillstandes beginne. Der Bundesrat setzte die Abreise des ersten Kontingentes der Schweizer Delegation auf den 25. Juni fest.

Die Schweizer Delegation in der Neutralen Kommission für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen wurde ebenfalls organisiert und der Leitung des schweizerischen Gesandten in Stockholm Minister Armin Daeniker unterstellt.

' · ' Anlässlich der Debatte über den Geschäftsbericht des Bundesrates hatte der Vorsteher des Politischen Departementes am 18. Juni 1953 vor dem Ständerat den Standpunkt des Bundesrates über die Beteiligung schweizerischer Delegationen in den beiden neutralen Kommissionen dargelegt, deren Bildung vorgesehen war.

Am 27. Juli 1953 wurde das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet und der Vertrag vom S.Juni, der die Kriegsgefangenenfrage regelt, trat damit in Kraft.

718

Kapitel III Natur und Modalitäten der von der Schweiz angenommenen Mandate und Definition der Aufgaben beider neutraler Kommissionen Das Waffenstillstandsabkommen vom 27. Juli 1953 sieht die Bildung einer Neutralen Überwachungskommission vor. Diese «wird sich aus vier höheren Offizieren zusammensetzen, von denen zwei durch die vom Oberbefehlshaber der UNO-Streitkräfte bezeichneten neutralen Nationen, nämlich Schweden und die Schweiz, und zwei durch die vom Oberbefehlshaber der koreanischen Volksarmee und vom Kommandanten der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichneten neutralen Staaten, nämlich Polen und die Tschechoslowakei, ernannt werden». Der Ausdruck «neutrale Nationen» bezeichnet diejenigen, deren Streitkräfte an den Feindseligkeiten in Korea nicht teilnahmen.

Das am 8. Juni 1953 über die Kriegsgefangenen zustandegekommene Abkommen bestimmt, dass die Parteien, «um allen Gefangenen nach Abschluss des Waffenstillstandes die Möglichkeit zu geben, ihr Eecht auf Heimschaffung auszuüben, Schweden, die Schweiz, Polen, die Tschechoslowakei und Indien ersuchen werden, je einen Delegierten bei der Neutralen Heimschaf fungskommission zu bezeichnen. Diese wird gebildet, um in Korea die sich in Obhut der Gewahrsamsmächte befindlichen Kriegsgefangenen, die ihr Ee.cht auf Heimschaffung nicht ausgeübt haben werden, in eigene Obhut zu nehmen...». Es ist ausschliesslich Sache Indiens, Truppen in genügender Zahl sowie das von der Neutralen Heimschaffungskommission für die Erledigung der ihr zufallenden Aufgaben und Funktionen benötigte Verwaltungspersonal zustellen.

Gegenstand des dem Bundesrat übertragenen Mandates bildete die Bezeichnung eines Delegierten und der Mitarbeiter, deren er in jeder der beiden Kommissionen bedurfte. Diese Delegierten hatten selbständig in eigener Verantwortung zu handeln und ohne den Bundesrat oder die Schweiz zu verpflichten. Der Burjdesrat erachtete es jedoch vor Annahme des Mandates als notwendig zu präzisieren, in welcher Art es nach seiner Auffassung durch die schweizerischen Delegationen ausgeübt werden sollte, d. h. gemäss den Grundsätzen unserer Neutralitätspolitik.

Weder zwischen den kriegführenden Parteien und der Schweiz, noch mit den andern interessierten neutralen Staaten, besteht ein formelles Abkommen.

Die Mandate sind jedoch durch das
Waffenstillstandsabkommen und durch das Abkommen über die Kriegsgefangenen sowie durch die Mitteilung vom 14. April und 9./10. Juni 1953 umschrieben, worin der Bundesrat zu Händen der kriegführenden Parteien die Auffassungen präzisiert, von denen sich die schweizerischen Delegierten in der Ausübung ihrer Mandate leiten lassen sollten.

Die Mission der Neutralen Überwachungskommission (Neutral Nations Supervisory Commission, N N S C ) wurde im Waffenstillstandsabkommen vom 27. Juli 1953 (s. Beilage) umschrieben.

Bundesblatt.

107. Jahrg. Bd. I.

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52

714 Die Neutrale Uberwachungskommission ist ein Organ, das den Auftrag hat, der militärischen Waffenstillstandskommission in der Durchführung des Waffenstillstandsabkommens · (Ziffer 36 ff.) beizustehen. Diese Militärkommission ist zusammengesetzt aus Vertretern der am Konflikt beteiligten Parteien (Ziffer 19 ff.). Die neutrale Kommission ist beauftragt, in den im Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen Fällen zu kontrollieren, zu beobachten, zu inspizieren und zu untersuchen und dann über die Eesultate ihrer Untersuchungen der militärischen Waffenstillstandskommission Bericht zu erstatten (Ziffer 41).

Sie verfügt über 20 Inspektionsgruppen, deren Personal durch die vier neutralen Staaten gestellt wird. Diese Zahl kann durch die militärische Waffenstillstandskommission herabgesetzt werden (Ziffer 40). Zehn dieser Gruppen sind in den im Waffenstillstandsabkommen bezeichneten Kontrollorten (ports of entry) stationiert, wovon je fünf in Süd- und Nordkorea gelegen sind. Es handelt sich um Häfen, Flugplätze und Bahnhöfe, in die das Ersatzkriegsmaterial und die Ablösungstruppen in Korea eingeführt werden (Ziffer 43)1). Die anderen in der neutralisierten Zone stationierten Gruppen sind beauftragt, Untersuchungen über Sonderfälle durchzuführen, sei es auf Gesuch der militärischen Waffenstillstandskommission oder des einen oder anderen Vertreters der Parteien in ihrem Schosse (Ziffer 42). Diese Kontrollen können überall in Korea stattfinden, mit Ausnahme der demilitarisierten Zone, die der Kontrolle der militärischen Kommission selbst unterstellt ist (Ziffer 26).

Was das Verfahren anbelangt, nach welchem die Neutrale Uberwachungskommission ihre Entscheidungen treffen muss, so beschränkt sich das Waffenstillstandsabkommen darauf, sie zu ermächtigen, ihre eigenen Verfahrensregeln aufzustellen. Dies hat sie getan, indem sie unter anderem festlegte, dass ihre Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluss zu treffen sind.

Die Neutrale Überwachungskommission geniesst die für das gute Funktionieren notwendigen Freiheiten und Erleichterungen, namentlich diplomatische Privilegien und Vorrechte; dies gilt nicht nur für die eigentlichen Mitglieder, sondern auch für das subalterne Personal (Ziffer 13(J)). S^e hat ihren Sitz in Panmunjom, in der demilitarisierten Zone in der Nähe der militärischen Waffenstillstandskommission.
Die Aufgabe der Neutralen H e i m s c h a f f u n g s k o m m i s s i o n (Neutral Nations Eepatriation Commission, NNRC) ist in dem am S.Juni 1953 abgeschlossenen und gleichzeitig mit dem Waffenstillstandsabkommen, dessen integralen Bestandteil es bildet, in Kraft getretenen Abkommen über die Heimschaffung der Kriegsgefangenen (Terms of Eeference, T o E) umschrieben (s. Beilage).

Dieses Abkommen sieht vor, dass jede der Parteien alle Kriegsgefangenen, die nicht direkt heimgeschafft wurden, von der militärischen Kontrolle befreien wird, um sie innerhalb von 60 Tagen nach Waffenstillstandsabschluss, d. h.

vor dem 24. September, einer mit ihrer Bewachung beauftragten neutralen !) s. Karte auf Seite 771.

715 Heimschaffungskommission za übergeben (Ziffer 51, Waffenstillstandsabkommen, Ziffer 4, ToE). Nachdem die neutrale Kommission die Kriegsgefangenen in ihre Obhut genommen hat, die nicht heimkehren wollen, muss sie das Nötige veranlassen, um den Staaten, aus denen die Gefangenen stammen, zu gestatten, diesen alle nützlichen Erklärungen über ihre Heimschaffung zu geben (Ziffer 8 T o B), mit andern Worten, sie zu überzeugen suchen, ihre Heimschaffung zu verlangen (Ziffer 8 T o K). Die für diesen Plan vorgesehene neunzigtägige Frist erlischt am 23. Dezember 1953. Während der Periode, in'welcher sie sich unter der Autorität und der Befehlsgewalt der neutralen Kommission befinden, müssen die Gefangenen die Möglichkeit haben, sich zugunsten ihrer Heimschaffung auszusprechen und heimgeschafft zu werden (Ziffer 10).

Eine politische Konferenz, deren Zusammentritt das Waffentstillsandsabkommen ins Auge fasst, muss nach Ablauf der neunzigtägigen Frist die Frage der Kriegsgefangenen zu regeln suchen, die nicht heimgeschafft werden wollen.

Sollte diese Konferenz fehlschlagen, so hat die neutrale Kommission innerhalb einer Frist von 30 Tagen, d. h. vor dem 22. Januar 1954, zu erklären, dass die Gefangenen vom Statut des Kriegsgefangenen in dasjenige des Zivilisten übergetreten sind (Ziffer 11 ToE).

Die neutrale Kommission und das indische Bote Kreuz müssen denjenigen unter ihnen, die es wünschen, die nötige Unterstützung gewähren, damit sie sich in einem neutralen Land niederlassen können (Ziffer 11 ToE). Nach Erfüllung dieser Aufgabe, für die ihr eine neue Frist von 30 Tagen, d. h, bis zum 21. Februar 1954, festgesetzt ist, muss die neutrale Kommission ihre Auflösung erklären (Ziffer 11 ToE).

Das indische Mitglied der neutralen Kommission hat die Funktionen des Vorsitzenden und des vollziehenden Organs auszuüben; Indien allein stellt die für die Bewachung der Kriegsgefangenen notwendigen Truppen und das Verwaltungspersonal (Ziffer 2 ToE). Jeder der vier Delegierten der andern neutralen Länder kann Mitarbeiter beiziehen, deren Anzahl auf 50 begrenzt ist (Ziffer 2 ToB). Die neutrale Kommission und ihre subalternen Organe treffen ihre Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluss (Ziffer 24 ToE).

Wie die Mitglieder der Neutralen Uberwachungskommission, so gemessen auch die Mitglieder der Neutralen Heimschaffungskommission
diplomatische Vorrechte (Ziffer 13(J), Waffenstillstandsabkommen). Die neutrale Kommission hat ihren Sitz ebenfalls in Panmunjom, in der demilitarisierten Zone, wohin die seiner Obhut unterstellten Kriegsgefangenen gebracht worden waren und wo die «Erklärungen» stattzufinden haben.

Das Waffenstillstandsabkommen und das Abkommen über die Kriegsgefangenen sind im Verlaufe langer und schwieriger Verhandlungen ausgearbeitet worden. Sie bilden Kompromisse, was erklärt, dass sie Mängel aufweisen, teilweise auch der Klarheit ermangeln und gewisse Widersprüche enthalten. Die in den neutralen Kommissionen vertretenen Staaten nahmen an ihrer Ausarbeitung nicht teil und können für deren Unzulänglichkeiten nicht verantwortlich gemacht werden.

716

Kapitel IV Die Durchführung der Mandate § l. Die Vorbereitungen in der Schweiz Alle grundsätzlichen Entscheidungen über die schweizerischen Missionen in Korea wurden vom Bundesrat auf Antrag des Politischen Departementes getroffen, das im besonderen die Bedingungen zu prüfen hatte, unter denen die Schweiz die ihren Delegierten anvertrauten Mandate annehmen und ausführen könnte. Das Militärdepartement wurde von Anfang an mit der technischen und materiellen Organisation der beiden Missionen, die ihm für alle internen Fragen unterstellt waren, beauftragt. Diese Aufgabe wurde dem Chef des Personellen der Armee und speziell seinem Stellvertreter übertragen. Das Militärdepartement prüfte die im Zusammenhang mit der Überwaehungskommission stehenden militärischen Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens. Die Delegationschefs senden ihre Berichte an den Vorsteher des Politischen Departementes, der sie bei den Mitgliedern des Bundesrates zirkulieren lässt.

Schon im Monat Dezember 1951, als zum erstenmal die Frage der Entsendung schweizerischer Beobachter nach Korea auftauchte, begann das Militärdepartement mit seinen Vorbereitungen, um bereit zu sein für den Fall, dass eine Delegation abreisen sollte. Diese Vorbereitungen wurden systematisch fortgesetzt. Die Massnahmen, welche die andern in der neutralen Kommission vertretenen Länder ins Auge fassten, lernten wir durch einen Meinungsaustausch mit ihren Eegierungen kennen. Schon im Laufe des Sommers 1952 gestattete der Stand der Verhandlungen zwischen den Kriegführenden, sich eine ziemlich genaue Vorstellung davon zu machen, wie die Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission ausgeübt werden sollte. Für die Neutrale Kommission für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen konnten die Angaben kaum vor der Unterzeichnung des sie betreffenden Abkommens, im Juni 1953, beschafft werden. Die Organisation der Schweizer Delegation in der Neutralen Heimschaffungskommission bot im übrigen keine besonderen Schwierigkeiten, nachdem Indien beauftragt war, alle benötigten Truppen für die Bewachung der Kriegsgefangenen zu stellen.

Der Bestand der Schweizer Delegation wurde für die Neutrale Überwachungskommission auf 96 und für die Neutrale Heimschaffungskommission auf 50 Mann festgesetzt.

0 Dank den vom Chef des Personellen der Armee rechtzeitig getroffenen Massnahmen
(Eekrutierung des Personals, Instruierung der Delegationsmitglieder, Ausrüstung, sanitarische Untersuchungen, Impfungen etc.) waren die Schweizer Delegationen bereit, ihre Aufgaben im gewünschten Moment zu übernehmen. Am 25. Juni 1953, also vor der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens, verliess das erste Kontingent der Schweizer Delegation in der Neutralen Überwachungskommission unser Land mit Bestimmungsort Tokio.

717 Das Hauptkontingent der Delegation folgte am 23. Juli. Der Chef der Delegation in der Neutralen Heimschaffungskommission und sein Berater reisten am 81. August ab. Der Best der Delegation verliess die Schweiz am 12. September.

Das Waffenstillstandsabkommen bestimmte, dass die Delegationen in der Neutralen Überwachungskommission durch einen höheren Offizier geleitet werden sollten. Die Leitung der Schweizer Delegation wurde Oberstdivisionär Friedrich Eihner (im Dienst vom 25. Juni bis 23. Dezember 1953), dann Oberstdivisionär Paul Wacker (im Dienst vom 26. November 1953 bis 27. Mai 1954) und nachher Oberstbrigadier Ernst Gross (im Dienst vom 25. April bis 27. Oktober 1954) übertragen. Schweden betraute einen Diplomaten mit der Leitung der Delegation, wobei es ihm allerdings den Grad eines Generals verlieh. Die schweizerische Gesetzgebung gestattete es dem Bundesrat nicht, in ähnlicher Weise vorzugehen. Um jedoch der Tatsache Eechnung zu tragen, dass die Tätigkeit des Delegationschefs hauptsächlich eine diplomatische werden würde, nachdem einmal die Arbeit der neutralen Kommission auf dem Platze organisiert war, ersuchte der Bundesrat im Sommer 1954 die beiden kriegführenden Parteien, an die Spitze der Schweizer Delegation nicht mehr einen höheren Offizier, sondern einen Diplomaten ohne militärischen Grad stellen zu können. Nach Eingang der zustimmenden Antworten wurde die Leitung der Delegation Minister Alfred Escher anvertraut, der am 27. Oktober Oberstbrigadier Gross nachfolgte. Sein Stellvertreter, Oberst Fridolin Kundert, erhielt das militärische Kommando der Delegation. Herr Escher, dessen Funktionen Ende März 1955 zu Ende gingen, wurde am 28. März durch den früheren schweizerischen Gesandten in Griechenland, Minister Carl Stucki, und Oberst Kundert durch Oberst Sameli ersetzt.

Leiter der Schweizer Delegation in der Neutralen Heimschaffungskommission war Minister Armin Daeniker mit Oberst Peter Straumann als Stellvertreter. Ihre Tätigkeit erstreckte sich vom 10. September bis zur Auflösung der Kommission am 21. Februar 1954.

Jeder Delegation wurde ein Diplomat als politischer Berater zugeteilt.

Sie bestand aus Offizieren (Delegationschef, Stellvertreter, Gruppenchef, Sekretären, Ärzten, Quartiermeistern, Eadiooffizieren) und aus Unteroffizieren und Soldaten (Büropersonal, Funker, .Köche
etc.). Seit einer gewissen Zeit sind der Schweizer Delegation im Schosse der Neutralen Überwachungskommission zwei Feldprediger - ein protestantischer und ein katholischer -, deren Gegenwart sich als unentbehrlich erwies, zugeteilt.

Für die Rekrutierung der Delegationen stellte das Militärdepartement zuerst eine Liste der Kandidaten auf, die sich aus eigener Initiative oder auf Empfehlung ihrer militärischen Vorgesetzten meldeten. Nachher erliess es einen öffentlichen Aufruf. Über 5000 Kandidaten meldeten sich. Auf Grund eines anfangs März 1954 an die Einheitskommandanten der Armee gerichteten Kreisschreibens fanden neue Einschreibungen von höheren Offizieren und Hauptleuten statt. Die nach den Grundsätzen der Freiwilligkeit organisierte

718 Rekrutierung war auf-diese Weise reichlich gesichert. Dagegen war es schwierig, Dolmetscher und Übersetzer zu finden. Um über ein Minimum von mit den Lebensbedingungen und Sprachen des Fernen Ostens vertrauten Mitarbeitern zu verfügen, setzte sich das Militärdeparternent mit Privatorganisationen, namentlich mit Missionsgesellschaften, in Verbindung. Mit jedem Mitglied der Delegation wurde durch den Chef des Personellen der Armee ein Dienstvertrag für die Dauer von sechs Monaten abgeschlossen. Die Möglichkeit, die Dauer der Verträge zu verlängern, wurde dem schweizerischen Delegationschef überlassen.

§ 2. Die Tätigkeit der Schiveizer Delegation in Korea Die Tätigkeit, die die beiden neutralen Kommissionen auszuüben hatten, kann mit derjenigen der durch das Protokoll vom 12. Juni 1935 im ChacoKonflikt eingesetzten neutralen Militärkommission verglichen werden. Doch war für die Neutrale Überwachungskommission die Lage in Korea anders.

Die Chaco-Kommission war in der Tat sicher, immer einen Entscheid treffen zu können, da der Präsident bei Stimmengleichheit den Ausschlag gab.

Im weitern war sie in ihrer Kontrolltätigkeit durch nichts begrenzt; ihre Kompetenzen waren viel grösser. Die Staaten, die sie bildeten, hatten von der Neutralität und von der Aufgabe der Neutralen die gleichen Auffassungen.

Im Vergleich mit dieser günstigeren Lage wurden unsere Delegationschefs und ihre ausländischen Kollegen in Korea vor ganz neue Probleme gestellt.

Die vom Bundesrat bestimmten Chefs haben ihm über ihre Tätigkeit und die der ihnen unterstellten Delegationen neben ihren wöchentlichen Berichten einen allgemeinen Bericht über die Periode, während der sie im Dienste standen, zugestellt. Die Auskünfte, die wir Ihnen im nachstehenden geben, sind Auszüge aus diesen Berichten.

I. Tätigkeit der Schweizer Delegation in der Neutralen Waffenstillstands-Überwachungs'kommission ·a. Organisation und Interna der Schweizer Delegation Bereits im Spätherbst 1952 erklärte sich Oberstdivisionär Friedrich Eihner auf Anfrage des Vorstehers des Militärdepartementes grundsätzlich bereit, während einer bestimmten Zeitdauer die Leitung der Schweizer Delegation im Schosse der Neutralen Überwachungskommission zu übernehmen. Da die Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens unmittelbar bevorstand, verliess Oberstdivisionär Eihner,
nachdem er die notwendigen Instruktionen von den Vorstehern des Politischen und des Militärdepartementes erhalten hatte, am 25. Juni 1958 an der Spitze einer ersten Staffel von 20 Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten die Schweiz. Diese Staffel, wie auch die nachfolgenden, wurden in amerikanischen Militärflugzeugen transportiert.

Das erste Kontingent hielt sich in Erwartung der Unterzeichnung des Waffenstülsfcandsabkommens in Tokio auf. Um die Gruppe auf die Aufgabe,

719 die sie erwartete, vorzubereiten und um zu vermeiden, dass sie sich der Untätigkeit hingebe, arbeitete der schweizerische Delegationschef sogleich ein detailliertes Arbeitsprogramm aus. Er nahm mit dem Chef der schwedischen Delegation, General Grafström, und seinem Stellvertreter, Brigadegeneral Mohn Kontakt auf.

Am I.Juli wurden die schweizerischen und schwedischen Delegationschefs und ihre Stellvertreter vom Oberbefehlshaber der UNO-Streitkräfte in Korea, General Clark, empfangen. Bei dieser Gelegenheit wurde die Frage der Installierung und der Unterkunft der Schweizer Delegation in Korea diskutiert.

Vom 23. bis 25. Juli begab sich eine aus vier Schweizer Offizieren, unter Führung von Oberst Asper, Stellvertreter von Oberstdivisionär Eihner sowie aus vier schwedischen Offizieren gebildete Patrouille im Flugzeug nach Korea, um sich an Ort und Stelle über verschiedene Organisations- und Verbindungsfragen zu erkundigen und sich besonders über die Lage des zukünftigen Lagers der Schweizer Delegation in der Nähe von Panmunjom Eechenschaft zu geben.

Am 28. Juli kam die aus 64 Mann bestehende zweite Staffel der Schweizer Delegation in Tokio an.

Panmunjom ist ein kleiner Weiler, wovon nach dem Kriege nur noch ein Häuschen übrigblieb. Man baute dann die sogenannte «Friedenspagoda» und erstellte einige Zelte und Baracken. Die Schweden und die Schweizer fanden vorerst in einem «advanced camp» Unterkunft. Es handelte sich hierbei um ein bereits existierendes und ausserhalb der neutralen Zone gelegenes Lager.

Später wurde beschlossen, ungefähr zwei Kilometer östlich von Panmunjom mitten auf der Demarkationslinie ein neues Lager zu errichten. Der südliche Teil sollte durch das Kommando der Vereinten Nationen, der nördliche Teil durch das chinesisch-koreanische Kommando besetzt werden. Bereits am 9. September wurde das «advanced camp» in das neue definitive Lager verlegt.

Dieses neue Lager wurde rasch zu einer förmlichen Stadt. Zehn Bürogebäude wurden errichtet (fünf durch die Amerikaner und fünf durch die Chinesen und Koreaner), wovon zwei für die militärische Waffenstillstandskommission, zwei für die Neutrale Überwachungskommission, zwei für die Neutrale Heimschaffungskommission, die andern für die Vorkonferenz zur Friedenskonferenz etc. Auf der Südseite erstellte man mehr als hundert Zelte für die
Inder, die Schweden und die Schweizer sowie für das amerikanische Wachtund Bedienungspersonal; auf der Nordseite wurden Baracken für die Inder sowie für das koreanisch-chinesische Wacht- und Bedienungspersonal errichtet.

Die polnischen und tschechoslowakischen Delegierten hätten sich nach den ursprünglichen Plänen ebenfalls hier einrichten sollen, doch wurde ihr definitives Lager ungefähr zwei Kilometer westlich der «Pagoda» (Gebäude, in dem die Sitzungen der neutralen Komission stattfanden) errichtet. Im schweizerischen Hauptquartier im Lager von Panmunjom waren die Leitung der Delegation mit dem Sekretariat und die für die Tätigkeit der Kommission sowie für diejenige der Delegation notwendigen Beamten und andere Dienste untergebracht.

720

Das «advanced camp» bestand aus amerikanischen Zelten, die aus einem Lattengerüst zusammengesetzt und von einer Blache überdeckt waren. Je ein Zelt war für zwei Generäle, für vier Obersten, für sechs Majore, für acht Hauptleute und Subaltern-Offiziere oder für zehn Unteroffiziere und Soldaten bestimmt. Auch die Offiziersräume, die Bäder, die sanitären Anlagen waren in solchen Zelten untergebracht. In allen Zelten waren elektrisches Licht, elektrische Küchen, Duschen mit Warm- und Kaltwasser vorhanden. Das Lager wurde täglich mit chloriertem Wasser zum Trinken und Waschen versorgt.

Was über das «advanced camp» gesagt wurde, gilt im wesentlichen auch für das definitive Lager.

Für die Erhaltung der Moral und der Disziplin der Schweizer Delegation hatte ihr Chef keine besonderen Anstrengungen aufzubringen, da der grösste Teil der Delegation in voller Tätigkeit war und eine beträchtliche Arbeit zu leisten hatte. Dagegen bereitete ihm die Untätigkeit des den mobilen Gruppen zugeteilten Personals einige Sorge. Die Disziplin im Schosse der Schweizer Delegation war gut und blieb es auch. Die korrekte Haltung und das militärische Betragen der Schweizer wurde .bis heute allgemein anerkannt.

Jeden Sonntag findet ein Gottesdienst statt, dessen Besuch freigestellt ist, für die Katholiken wird am Vormittag eine Messe gelesen.

Bereits in Japan, wo die Delegation vier Wochen warten musste, war die erste Sorge ihres Chefs, für jeden eine Beschäftigung zu finden. Nach der Ankunft in Korea war dies wieder der Fall. Oberstdivisionär Eihner hatte 95 Mann zu seiner Verfügung, von denen 15-20 in der Zentralorganisation (Führung - Zentralsekretariat) Verwendung fanden; 85-40 in den stabilen Gruppen auswärts eingesetzt waren; 30-35 für die 10 mobilen Teams auf Pikett standen; 5-10 bestimmte Funktionen im Lager hatten.

Die Offiziere mit Spezialaufgaben begaben sich täglich zum Bapport, in erster Linie zur gegenseitigen Orientierung. Alle im Lager anwesenden Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten nahmen ebenfalls ein- oder -zweimal wöchentlich daran teil. Bei diesem Anlass berichtete der Delegationschef über die Arbeit in der Neutralen Überwachungskommission und über andere, alle interessierende Vorkommnisse.

Die periodische Ablösung (alle sechs oder acht Wochen) der stabilen Gruppen war deshalb nötig, weil ihre
Abgeschlossenheit, besonders auf den Posten mit beschränkter Tätigkeit, auf die Dauer deprimierend wirkte. Der Gesundheitszustand der Mitglieder der Delegation war im allgemeinen sehr gut. Der Sanitätsdienst wurde in der Eegel durch zwei Schweizer Ärzte besorgt, von denen sich der eine im Hauptquartier befand, während der andere .die in Nord- und Südkorea stationierten Teams periodisch besuchte. Die Medikamente wurden

721 auf Bestellung von der Schweiz geliefert. Die Schweizer in Korea konnten ferner von den sanitarischen Installationen der UNO-Streitkräfte und vom Spital, das Schweden in Pusan errichtete, Nutzen ziehen.

Die Krankheitsfälle waren im Durchschnitt weder häufiger noch schwerer als während eines Militärdienstes in der Schweiz. Trotz den in Korea durch periodische Abgabe von Chinin getroffenen prophylaktischen Massnahmen gegen die Malaria traten unter den in die Schweiz zurückgekehrten Mitgliedern einige Fieberfälle auf, doch handelte es sich um eher harmlose Fälle.

HD-Soldat Walter Schlaepfer, der während fast eines Jahres als Dolmetscher wertvolle Dienste leistete, verlor leider im Juli 1954 durch Ertrinken sein Leben. Seine Asche wurde nach der Schweiz übergeführt. Die grosse Feuchtigkeit und die relativ hohen Temperaturen während des Sommers haben einer Anzahl unserer Leute zugesetzt. In den Zelten stieg das Thermometer bis 50°.

Diese klimatischen Verhältnisse sind besonders morgens unangenehm, wenn man die nassen Kleider anziehen muss. Im Sommer 1953 gab es massige Regenfälle, doch brach hin und wieder ein Gewitter von solcher Stärke los, dass es kaum möglich war, in den Zelten ein trockenes Plätzchen zu finden. Am 27. August änderten sich die Verhältnisse schlagartig. Von diesem Tage an war das Wetter prachtvoll, trocken, klar, warm, tagsüber sogar heiss und kalt in der Nacht.

Während des Winters sind die klimatischen Bedingungen mit denen in der Schweiz vergleichbar. In Panmunjom sinkt die Morgentemperatur bis --15°, während sie am Yalu bis --45° erreicht. Doch ist das Wetter im allgemeinen trocken, so dass die Kälte erträglich ist. Schnee fällt nur selten und in geringen Mengen.,Der Gesundheitszustand war deshalb ausgezeichnet.

Die Einrichtung des Lagers in Panmunjom erwies sich in jeder Beziehung als zufriedenstellend. Die Zelte waren gut isoliert und durch Ölöfen angenehm geheizt. Die gemeinschaftlichen Zelte für die Kanzleien, die Mahlzeiten, die Mussestunden etc. wie auch die Zelte für die Duschen und die übrigen sanitarischen Einrichtungen waren ebenfalls in Ordnung. In den Aussenposten, sowohl in Süd- als auch in Nordkorea, sind die Wohnungs- und Nahrungsbedingungen unter Berücksichtigung der lokalen Verhältnisse zufriedenstellend.

Heben wir schliesslich, um vollständig zu sein,
einen Punkt hervor, der in der Schweiz Anlass zu gewissen Kritiken gab. Es handelt sich um die Uniformen und die Grade. Oberstdivisionär Eihner äussert sich darüber wörtlich f olgendermassen : Uniform In Tokio überraschte uns die ausserordentliche Feuchtigkeit bei nicht übermässiger, aber doch beträchtlicher Temperatur. Unsere Ausrüstung erwies sich rasch als zu schwer. Wir verfügten über 4 Woll- und 2 Popelinehemden, die Hosen waren alle 8 Paar aus Wollstoff. Unsere Hemden waren fast immer in der Wäsche. Der Arzt erklärte mir, dass er die Verantwortung für die Gesundheit der ersten Staffel der Delegation ablehnen müsse, wenn nicht etwas getan werde, um die Bekleidung zweckent-

722 sprechender zu gestalten. Ich habe schon in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes in Tokio untersuchen lassen, ob die Möglichkeit bestehe, leichte Hemden und Hosen zu beschaffen, die einigermassen unserem Feldgrün entsprechen würden. Diese Recherchen ergaben ein negatives Resultat. Auch entsprechende Stoffe waren nicht aufzutreiben, abgesehen davon, dass die Herstellung von Hemden und Hosen viel zu viel Zeit beansprucht hätte. So blieb mir gar nichts anderes übrig, als leichte Hemden und Hosen in Khaki-Stoff kaufen zu lassen. Damit aber doch jedermann sofort feststellen könne, dass es sich um Schweizer handle, wurde auf dem linken Oberarm noch ein roter Tuchstreifen aufgenäht, auf dem in Weiss «Switzerland» gestickt war. So waren wir als Schweizer besser kenntlich, als mit unseren eigenen Uniformen, die im Fernen Osten beinahe niemandem bekannt waren. Nicht umsonst mussten wir später auch auf den echt schweizerischen Uniformen noch diese Aufschrift «Switzerland» anbringen lassen.

( Ernennungen Wie schon dargelegt, mussten wir bei Ankunft in Tokio konstatieren, dass die Schweden in ihrer Delegation, die auf den Mann gleich stark war wie die unsrige, über 3 Generäle verfügten. Das war an und für sich noch nicht alarmierend. In den weiteren Verhandlungen mit den UNO- und USA-Kommandostellen musste ich aber feststellen, dass wir benachteiligt waren, denn hier hatten wir sozusagen ausschliesslich mit Generälen zu tun. Verbindungsoffiziere zwischen uns und dem UNO respektive MAC waren Obersten und Oberstleutnants, aber sozusagen ohne Kompetenzen. Handelte es sich um Dringendes oder Wichtiges, musste die Sache zum mindesten an einen 1-Stern-, oft aber bis zu einem 3-Stern-General weitergeleitet werden. Um nun meinem Alternate die Arbeit zu erleichtern, respektive seine Stellung gegenüber den Schweden einerseits, den UNC-Kommandostellen anderseits zu verbessern, entschloss ich mich zu einer Vorübergehenden Ernennung. Mit beigetragen zu diesem Entschluss hat eine Zeitungsmeldung, wonach die polnischen und tschechoslowakischen Delegationen mit je 2--3 Korps- und Div.-Generälen in Peking eingetroffen seien. (Diese Meldung erwies sich dann später allerdings als falsch; lediglich die Delegationschefs waren 2- oder 3-Stern-Generale). Der Entschluss musste rasch gefasst werden, weil 1. die Entsendung einer
Spezialpatrouille nach Korea bevorstand, mit derenFührung ich meinen Alternate beauftragen wollte ; 2. die Ernennung zweckmässig erfolgte, bevor Asper schon mit allzu vielen Instanzen in Verbindung getreten oder gar mit Polen und Tschechoslowaken in Kontakt gekommen war.

' Die Ernennung Dr. Bossis zum Oberst sah ich vor, weil 1. er einziger Zivilist dieser Kommission war, abgesehen davon, dass er nicht mit zweckentsprechenden Kleidern ausgerüstet war; 2. er als Legationsrat sowieso schon die Äquivalenz eines Obersten hatte; 8. die übrigen politisch-diplomatischen Berater Generäle oder Obersten waren.

Meinen Entschluss übermittelte ich schriftlich und ausführlich begründet am 27. Juli an meine beiden vorgesetzten Instanzen, d. h. an die Herren Bundesräte Dr. Kobelt und Dr. Petitpierre, mit der ausdrücklichen Erklärung, dass diese Ernennung (nicht Beförderungen)' rein vorübergehender Natur seien, gültig nur bis zur Rückkehr der beiden Herren in die Schweiz, ohne irgendwelchen Einfluss auf ihre übrigen Dienste und Beförderungsverhältnisse sowie auf ihre Verträge.

Ich weiss, dass meine Entschlüsse überraschen mussten. Aber sohliesslich wenn man schon einen Heereseinheitskommandanten mit einer solchen Spezialmission betraut, so doch wohl, damit er eben im gegebenen Moment Entschlüsse fasst. Dem Hinweis, dass solche Ernennungen provisorischen Charakters in unserer Militärorganisation nicht vorgesehen seien, kann begegnet werden mit der Feststellung, dass unsere MO den Einsatz von Of., Uof. und Sdt. der Schweizerischen Armee im Fernen Osten ebenfalls nicht vorsieht.

728 Der Bundesrat ist überzeugt, dass Oberstdivisionär Rihner diese Massnahme im ausschliesslichen Interesse des Erfolges seiner Mission traf. Wie die im September 1958 der Presse übermittelte Mitteilung hervorhob, nahm der Chef der Schweizer Delegation in der Neutralen Überwachungskommission keine Beförderungen, sondern provisorische und zeitlich auf die Dauer der Tätigkeit in Korea beschränkte Ernennungen der beiden interessierten Offiziere vor. Dir Statut in der Schweizer Armee wurde nicht geändert.

Obwohl es verständlich ist, dass dieser Vorfall im ersten Moment ein gewisses Erstaunen auslösen konnte, kann man sich doch fragen, ob die Bedeutung, die ihm in einem Teil der Öffentlichkeit und der Presse gegeben wurde, nicht die wirkliche Tragweite der Massnahme überschritt, die Oberstdivisionär Eihner im Interesse des Erfolges seiner Mission in Korea traf 1).

fe. K o n s t i t u i e r u n g und Organisation der Neutralen Überwachungskommission Nachdem das Waffenstillstandsabkommen am 27. Juli 1953 unterzeichnet worden war, begab sich eine aus schweizerischen Offizieren bestehende Vorausabteilung, worunter Oberstdivisionär Rihner, am 29. Juli auf dem Luftwege nach Korea. Die Chefs der schweizerischen und der schwedischen Delegationen wünschten, so rasch als möglich mit den Chefs der polnischen und tschechoslowakischen Delegation Verbindung aufzunehmen, obwohl aus den Unterredungen mit den amerikanischen Militärbehörden hervorging, dass noch grosse Vorarbeit zu leisten wäre, bevor die eigentliche Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission beginnen könnte.

Da eine erste Sitzung der neutralen Kommission dennoch auf den 1. August festgelegt werden konnte, liess der Chef der Schweizer Delegation seinen Stellvertreter, Oberst Asper, und seinen politischen Berater, Legationsrat Bossi, schon am 81. Juli nach Panmunjom kommen. Das Gros der Delegation folgte am 1. August.

Die erste Sitzung der Neutralen Überwachungskommission spielte sich in einem feierlichen Rahmen ab. Von der einen Seite her betraten unter Führung des ersten Delegierten der UNO-Streitkräfte bei der militärischen Waffenstillstandskommission, General Bryan, die schweizerischen und schwedischen Delegationschefs, ihre Stellvertreter und einige weitere Mitarbeiter die Pagoda, während gleichzeitig von der anderen Seite unter Führung des
ersten Delegierten des chinesisch-koreanischen Kommandos bei der militärischen Waffenstillstandskommission, General Lee-Sang-Cho, die polnischen und tschechoslowakischen Delegationschefs, General Bures und General Wagrowski, ihre Stellvertreter und einige Mitarbeiter eintraten. General Bryan stellte die von Seiten der Vereinten Nationen vorgeschlagenen neutralen Delegationen vor, dann *) Was die Uniformen betrifft, so wurden die nötigen Anordnungen getroffen, um die Mitglieder der beiden Delegationen mit Sommerkleidungen zu versehen, die den klimatischen Bedingungen in Korea besser angepasst sind.

724 vollzog -sich dieselbe Vorstellung durch General Lee-Sang-Cho für die von chinesisch-koreanischer Seite bezeichneten neutralen Delegationen.

Hierauf zogen sich die Mitglieder der militärischen Waffenstillstandskommission zurück, und die Arbeit der Neutralen Überwachungskorn mission begann.

Das Waffenstillstandsabkommen sieht für die Verhandlungen und für die Protokollführung drei offizielle Sprachen vor: Englisch, Koreanisch und Chinesisch. Im Schosse der Neutralen Überwachungskommission wurde folgende Lösung angenommen: Die tschechoslowakischen und polnischen Delegierten werden sich ihrer Muttersprache bedienen und ihre Erklärungen werden ins Englische übersetzt. Der schwedische Delegierte wird englisch sprechen, Oberstdivisionär Eihner französisch ; ihre Erklärungen werden entweder ins Polnische oder Tschechische übersetzt.

"" Für die Protokolle werden die englische, koreanische und chinesische Sprache verwendet, während Deutsch, Französisch, Polnisch, Eussisch, Schwedisch und Tschechisch als Arbeitssprachen zugelassen sind.

Gegen Ende seines Dienstes in Korea, als ein neuer Mannschaftsersatz eintraf, worunter sich ein gut russisch sprechender HD-Soldat befand, bediente sich Oberstdivisionär Bihner nur noch der deutschen Sprache und liess ins Eussische übersetzen.

Unter den wenigen Dokumenten, die der Chef unserer Delegation vor seiner Abreise aus der Schweiz hatte studieren können, befand sich ein amerikanischer Entwurf für die Bildung eines Sekretariats der Neutralen Überwachungskommission. Das Projekt schien jedoch zu kompliziert und hätte einen zu grossen Bestand der Delegationen in Anspruch genommen. Von Schweizer Seite wurde ein Gegenentwurf für eine Organisation von 25 Personen ausgearbeitet. Er fand Anerkennung und bewährte sich.

Die Aufgaben, die diesem Sekretariat oblagen, waren folgende: - Vorbereitung der Sitzung der Neutralen Überwachungskommission; - Erstellen und Vervielfältigen der Sitzungsprotokolle; - Bearbeitung der Anfragen und Meldungen der Inspektionsgruppen; - Orientierung dieser Gruppen über die Beschlüsse der Neutralen Überwachungskommission .

Einer der ersten Beschlüsse, die die Kommission zu treffen hatte, bezog sich auf die Ausweiskarten und die Abzeichen. Man kann die demilitarisierte Zone nicht betreten, ohne Träger eines offiziellen Ausweises zu
sein. Besonders die Mitglieder der Inspektionsgruppen der Kommission müssen mit solchen Ausweisen und ihre Wagen mit deutlichen Abzeichen versehen sein.

Die Organisation und Verfahren der Neutralen Überwachungskommission berührenden Probleme wurden im allgemeinen ohne allzu grosse Schwierigkeiten geregelt. Um zu einem Mehrheitsbeschluss zu gelangen, musate jedes

725 Mitglied guten Willen und Verständigungsbereitschaft beweisen. Leider traf dies in der Folge nicht immer zu, nämlich dann nicht, wenn sich wichtige grundsätzliche Fragen stellten.

Bevor die Inspektionsgruppen, d. h. die ausführenden Organe der Neutralen Überwachungskommission, auf ihre Mission geschickt werden konnten, blieb noch eine wichtige Arbeit zu erledigen. Man musste die Instruktionen für die Gruppen, in erster Linie für die in den fünf Kontrollorten in Südkorea (Inchon, Taegu, Pusan, Kangnung und Kunsan) und in denjenigen Nordkoreas (Sinuiju, Chongjin, Hungnam, Manpojin und Sinanju) stationierten stabilen Gruppen abfassen. Die im Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen zehn mobilen Gruppen mussten dagegen zur Verfügung stehen, um auf Ersuchen der militärischen Waffenstillstandskommission oder des Delegationschefs der einen oder anderen in dieser Kommission vertretenen Parteien Untersuchungen ausserhalb der demilitarisierten Zone - durchzuführen.

Vor Aufnahme der Tätigkeit mussten die stabilen Gruppen die Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens gründlich studieren. Sie erhielten zusätzliche schriftliche Instruktionen und, was die Schweizer anbelangt, mündliche Weisungen des Delegationschefs über ihr Verhalten.

c. A u f g a b e n und Mittel der N e u t r a l e n Überwachungskommission Im Waffenstillstandsabkommen verpflichteten sich die Kriegführenden, in Korea keine Verstärkung von Militärpersonal und Kriegsmaterial, d. h.

Kampfflugzeuge, Panzerwagen, Waffen und Munition, einzuführen. Die Neutrale Überwachungskommission hatte über die Innehaltung dieser Verfügung zu wachen. Um ihre Aufgabe korrekt zu erfüllen, musste sie in erster Linie feststellen können, ob Möglichkeiten einer illegalen Einfuhr von Truppen oder Kriegsmaterial bestanden ; im Falle einer solchen illegalen Einfuhr hätte sie zu untersuchen, ob sie fahrlässig oder absichtlich erfolgt war. Um eine tatsächliche Innehaltung des Waffenstillstandsabkommens zu garantieren und allfällige Verletzungen feststellen zu können, hätte die Kommission den Parteien gegenüber unabhängig sein und das Eecht freier Zirkulation gemessen müssen.

Das Waifenstillstandsabkommen gibt jedoch der Neutralen Überwachungskommission diese Befugnis nicht. Schon vor Abschluss des Waffenstillstands hatte die Schweiz die beiden Parteien auf diese
Mängel des Abkommensentwurfes aufmerksam gemacht. Die Kriegführenden, die die gewünschten Änderungen nicht anbringen konnten, gaben sich also sicherlich beim Abschluss des Waffenstillstandes über die einer neutralen Kontrolle auferlegten Grenzen Rechenschaft.

Die Handlungsfähigkeit der Neutralen Überwachungskommission war durch ihre Zusammensetzung besonders erschwert. Neutral sein im Sinne des Waffenstillstandsabkommens will heissen, am Kriege in Korea nicht teil-

726

genommen zu haben. Die Kommission bestand aus einem schweizerischen, schwedischen, tschechoslowakischen und polnischen Mitglied. Bei Stimmengleichheit galt ein Antrag als abgelehnt. Die verschiedenen Auffassungen der Schweizer und der Schweden einerseits und der Tschechoslowaken und der Polen anderseits über die Aufgaben einer neutralen Kommission verhinderten oft einstimmige Beschlüsse und lahmten die Tätigkeit der Kommission.

Jeder der Kriegführenden verpflichtete sich, im Waffenstillstandsabkommen die Ein- und Ausfuhr von Personal und Kriegsmaterial ausschliesslich über die fünf festgelegten Orte (ports of entry) zu leiten. Die Kontrolle wurde durch die neutrale Kommission mittels der in jedem dieser zehn Kontrollorte stationierten stabilen Gruppen ausgeübt. Deren Aufgabe bestand darin, die Ablösung der Einheiten und des Personals, die Ersetzung der Kampfflugzeuge, der Panzerwagen, der Bewaffnung und der Munition zu überwachen und zu inspizieren. Die Neutrale Überwachungskommission hatte keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob die Kriegführenden sich an diese Bestimmung halten und ihren Verkehr nur über diese Kontrollorte leiten. Die Kommission war hiefür, wie für andere wichtige Fragen, z. B. die Feststellung des Verschleisses von Kriegsmaterial, die Eegistrierung der Ein- und Ausgänge des sogenannten temporären Militärpersonals (das nicht unbedingt die Kontrollorte passieren muss), auf die Aussagen jeder kriegführenden Partei angewiesen. Die Kommission war jedoch beauftragt, jede der beiden Parteien gegen allfällige Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens durch die andere Partei zu schützen.

Neben diesen zehn stabilen Kontroll-Gruppen muss die Neutrale Überwachungskommission gemäss dem Waffenstillstandsabkommen zu jeder Zeit mobile Gruppen bereithalten, die auf Anforderung der Waffenstillstandskommission oder einer der Parteien Verletzungen des Waffenstillstandes, die ihr gemeldet wurden, zu kontrollieren haben. Die Kommission kann jedoch die Initiative, diese Kontrollgruppen abzuordnen, nicht von sich aus ergreifen.

Wenn ihr ein Antrag unterbreitet wird, muss der Beschluss durch Stimmenmehrheit gefasst werden;' bei Stimmengleichheit gilt er als abgelehnt.

Die neutrale Kommission muss der militärischen Waffenstillstandskommission über ihre Tätigkeit Bericht erstatten.

d. Organisation
der stabilen Gruppen Nach einer intensiven, durch die Umstände schwierig gestalteten Arbeit, die tägliche Sitzungen der Delegationschefs und ihrer Stellvertreter nötig machte, war man endlich am 12. August 1953 so weit, die stabilen Gruppen an ihren Arbeitsort zu entsenden.

Vor ihrer Abreise hatten die Mitglieder jeder der Gruppen Gelegenheit, sich bei einer offiziellen Vorstellung kennenzulernen.

Die schweizerischen und schwedischen Gruppen setzten sich je aus drei oder vier Mitgliedern zusammen (Chef, Stellvertreter, Sekretär oder Dolmetscher, Funker). Die polnischen und tschechoslowakischen Gruppen aus acht

727 bis zehn Mann, z. T. sogar noch mehr. Am Nachmittag des 12. August wurden die Gruppen vor der Pagoda je vom ältesten Gruppenführer den vier Delegationschefs gemeldet. Im Anschluss daran hielt jeder Delegationschef eine Ansprache in seiner Muttersprache.

Helikopter transportierten die sich nach Südkorea begebenden Gruppen.

Die Verlegung der Gruppen, die sich nach Nordkorea begaben, erfolgte bis nach Kaesong in Autocars, wo sie in einem völlig zerstörten Bahnhof, auf dem einzig benutzbaren Geleise (das Ende-Feuer wurde erst vor sechzehn Tagen gegeben), ein Sonderzug erwartete. Spät abends setzte sich der Zug langsam in Bewegung.

Die Eeisen der fünf Gruppen im Norden dauerten verschieden lang, bis zu acht Tagen, zum Teil per Bahn, zum Teil per Jeep und wiederum per Bahn. Überall trafen sie unglaubliche Zerstörungen an, längs der Bahnlinien Bombentrichter an Bombentrichter. Brücken, die nicht nur einmal, sondern zehnmal zerstört worden waren, mussten mit äusserster Vorsicht befahren werden. Städte, die einst blühende Hafen- oder Industrieor.te gewesen waren, wiesen nichts mehr auf als Kuinenhaufen und eine armselige Bevölkerung, die in erbärmlichen Baracken, Kellern und Höhlen wohnte.

Die Eapporte der stabilen Gruppen waren anfangs selten und gelangten nur mit grossen Verspätungen an den Bestimmungsort. Andernteils widersprachen sich die wenigen eingetroffenen Berichte. Die Neutrale Überwachungskommission beschloss unter diesen Bedingungen, eine Inspektion der Gruppen durchzuführen, um - an Ort und Stelle die Fragen betreffend ihre Tätigkeit zu prüfen-; - festzustellen, ob sich die gegebenen Weisungen in der Praxis bewähren oder ob diese besser angepasst werden sollten; - sich ein genaues .Bild über ihre Lebensbedingungen zu machen.

Die Tätigkeit der Delegationschefs gestattete es ihnen für den Moment nicht, sich von Panmunjom fortzubegeben. Es wurde beschlossen, diese Aufgabe zwei Stellvertretern, nämlich Oberst Asper (Schweiz) und Oberst Bibrowski (Polen) anzuvertrauen.

Die Eeise nach dem Süden erfolgte in Begleitung des Chefs der amerikanischen Verbindungsoffiziere im Flugzeug. Sie war sehr gut organisiert und dauerte ungefähr acht Tage. Der Chef der Schweizer Delegation beantragte auch die Entsendung dieser beiden Offiziere nach Nordkorea, um möglichst viele Vergleichselemente zu
bekommen. Diesem Wunsche wurde entsprochen. Mangels Flugverbindungen musste diese zweite Inspektionsreise ausschliesslich per Bahn durchgeführt werden. Sie dauerte dreizehn Tage. Auch hier äusserte sich Oberst Asper im ganzen befriedigt über diese Inspektion.

In der Folge fanden ebenfalls weitere Inspektionen dieser Art statt. Minister Escher unternahm wie seine Vorgänger eine Eeise zur Inspizierung der schweizerischen Gruppen. Er begab sich im vergangenen November nach Chongjin und Hungnam (Nordkorea), wo er feststellte, dass die Moral und der Gesundheitszustand unserer Landsleute gut waren. Am 30. und 31. De-

728 zember 1954 inspizierte Minister Escher ebenfalls die Schweizer Gruppe in Taegu (Südkorea).

e. Organisation der mobilen Gruppen Kaum waren die Vorarbeiten für die Entsendung der stabilen Gruppen beendigt, hatte man sich mit den mobilen Gruppen zu befassen.

Sie mussten so organisiert werden, dass sie sofort, d.h. innert zwei Stunden, starten konnten. Die Wirklichkeit sah dann etwas anders aus. Detaillierte Weisungen konnten nicht vorbereitet werden, da die Natur der Spezialaufgaben dieser Gruppen noch nicht bekannt war. Die Organisationsarbeiten und die allgemeinen Orientierungen waren kaum beendet,' als der Chef der Delegation Nordkoreas in der militärischen Waffenstillstandskommission den Auftrag gab, in drei Kriegsgefangenenlagern des Kommandos der Vereinten Nationen, nämlich in Koje-do, Yongdong-po und Imjin-Eiver-Bridge, Untersuchungen durchzuführen. Am 20. August hatte nämlich der Delegationschef der Nordkoreaner und Chinesen in der militärischen Waffenstillstandskommission das Kommando der Vereinten Nationen beschuldigt, in Verletzung des Waffenstillstandsabkommens die Tätigkeit der Mitglieder des nordkoreanischen und chinesischen Boten Kreuzes in mehreren Fällen und auf verschiedene Art behindert zu haben. Diese Beschuldigungen hätten Vorfälle in den genannten Kriegsgefangenenlagern betroffen, in dem die Vertreter des nordkoreanischen Boten Kreuzes nicht nur nicht genügende Unterstützung bei der Durchführung ihrer Punktionen erhalten hätten, sondern teils sogar physisch daran verhindert worden wären.

Einige Tage später, als die bezeichnete mobile Gruppe bereits an der Arbeit war, erhielt die Neutrale Überwachungskommission ebenfalls eine Klage vom Kommando der Vereinten Nationen über Vorfälle, die sich in diesen gleichen Lagern abgespielt hatten. Eine Untersuchung musste in die Wege geleitet werden. Sie wurde derselben Gruppe übertragen.

Diese Aufgabe war allerdings ganz anderer Art, als man erwartete. Die Zusammensetzung der Gruppen musste abgeändert werden. Angesichts des komplizierten Charakters der durchzuführenden Einvernahmen wurden juristisch gebildete Offiziere ausgesucht. Diese Untersuchungen waren jedoch schwierig und unfruchtbar. Sie bereiteten den schweizerischen Delegierten ihre ersten Enttäuschungen.

Wie bereits erwähnt, setzten sich diese Gruppen aus Polen, Schweden,
Schweizern und Tschechoslowaken zusammen. Die Polen verstanden, mit wenig Ausnahmen, nur ihre Sprache. Wurde z.B. ein Chinese einvernommen, so mussten die Fragen, die ihm gestellt worden waren, zuerst in die Sprache der übrigen Gruppenmitglieder übersetzt werden, dann ins Englische für das Protokoll und schliesslich direkt oder vermittels einer anderen Sprache ins Chinesische. So brauchten diese mobilen Gruppen viel Zeit für die Durchführung dieser Untersuchungen.

729 Mitte Oktober 1958 wurde der Neutralen Überwachungskommission vom Vertreter der Vereinten Nationen in der militärischen Waffenstillstandskommission das Begehren gestellt, unverzüglich eine mobile Gruppe nach Uiju an der Nordwestgrenze Koreas zu entsenden, da dort seit Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages Flugzeuge in verpackter Form eingeführt worden seien. Die mobilen Gruppen waren innert zwei Stunden zur Abreise bereit.

Die polnischen und tschechoslowakischen Delegierten erleichterten jedoch die rasche Abreise nicht. Die wenig genaue Abfassung des Begehrens des Kommandos der Vereinten Nationen gestattete ihnen übrigens, diese Haltung einzunehmen. Unter anderen Ungenauigkeiten sprach die Mitteilung von «Kommunisten», statt die Bezeichnung «Armee des koreanischen Volkes und die Freiwilligen des chinesischen Volkes» zu verwenden, was den polnischen und tschechoslowakischen Delegierten Gelegenheit gab, eine andere Fassung zu verlangen. Nach verschiedenen Verhandlungen konnte die Gruppe endlich mit zweitägiger Verspätung die Eeise antreten. Turnusgemäss führte in dieser Gruppe ein Schweizer den Vorsitz. Die Gruppe kehrte am 28. Oktober zurück. Bei der Diskussion ihres Berichtes zeigte es sich, dass die Abfassung eines gemeinsamen Eapportes der Neutralen Überwachungskommission an die militärische Waffenstillstandskommission trotz.endlosem Meinungsaustausch und allen Bemühungen, zu einem einheitlichen Bericht zu kommen, unmöglich war.

» Von den zehn Gruppen, die der militärischen Waffenstillstandskommission ständig zur Verfügung standen, waren bis Ende November 1953 nur vier - für eine Dauer von ungefähr acht Tagen - eingesetzt worden. Der schweizerische Delegationschef schlug daher der Neutralen Überwachungskommission vor, die militärische Waffenstillstandskommission zu ersuchen, die Anzahl der mobilen Gruppen von zehn auf sechs zu reduzieren. Dieser, von der Kommission günstig aufgenommene Vorschlag wurde von der militärischen Waffenstillstandskommission angenommen. Die Massnahme bedeutete eine beträchtliche Entlastung für die vier Delegationen.

/. Kontrolltätigkeit bis E n d e 1954 Die schweizerische Delegation konnte anhand der ihr zur Verfügung gestellten Akten von den ersten Unterhandlungen über die Kontrollaufgabe der Neutralen Kommission Kenntnis nehmen. Aus diesen Dokumenten
geht klar hervor, wie verschieden die Absichten der beiden Parteien von vorneherein waren. Die Vereinten Nationen wünschten eine möglichst weite Ausdehnung der Kontrolle, während Nordkoreaner und Chinesen stets bestrebt waren, jede Überwachung auf ein Minimum zu beschränken. Man durfte sich so von Anfang an keinen Illusionen über den Erfolg der Überwachung hingeben.

In Südkorea wurde eine sehr aufmerksame Kontrolle über die Ein- und Ausfuhren des Kriegsmaterials ausgeübt. Die polnischen und tschechoslowakischen Gruppen versäumten nicht, den geringsten Irrtum auf den durch das Kommando der Vereinten Nationen übermittelten Listen hervorzuheben Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

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(Tmmatrikulationsnummern, Mengenangaben etc.). Es handelte sich dabei meistens nur um administrative Unterlassungsfehler, die auf die Nachlässigkeit untergeordneter Stellen der Hafen- und Flugplatzbehörden zurückzuführen ·waren. Es ergab sich daraus nichtsdestoweniger ein umfangreicher Telegrammund Berichtaustausch mit der Neutralen Überwachungskommission. Diese musste auch bei der militärischen Waffenstillstandskommission und beim Kommando der Vereinten Nationen vorstellig werden. Doch besserte sich die Lage im Laufe des Herbstes 1954.

Die erwähnten kleinen Unterlassungs- und Flüchtigkeitsfehler auf den südkoreanischen Durchgangsplätzen hatten ihre Ursache einerseits im gewaltigen Verkehr, anderseits aber auch in mangelhafter Koordination unter den einzelnen Stellen der UNO-Streitkräfte (verschiedene Kommandostellen der Armee, Luftwaffe und Marine). Es war klar, dass die Gefahr von Fehlern vermindert würde durch eine deutliche Trennung des Materials, das nicht unter den Begriff «Kriegsmaterial» fällt, und desjenigen, dessen Kontrolle in dem Waffenstillstandsabkommen vorgesehen ist. Die notwendigen Änderungen wurden durch das Kommando der Vereinten Nationen vorgenommen.

Von den fünf im Süden stationierten stabilen Gruppen hatten drei eine besonders grosse Tätigkeit zu entfalten. Mit Hilfe von zusätzlichen Gruppen, Untergruppen genannt, mussten sie zu gewissen Zeiten Tag und Nacht, Sonntag Inbegriffen, arbeiten. Es handelte sich um die Gruppe von Pusan (ein Hafen mit einem monatlichen Umschlag von über einer Million Tonnen, und zwei Flugplätze), von Inchon (Hafen und zwei Flugplätze) und diejenige von Taegu (Flugplatz mit sehr regem Verkehr). In Kusan dagegen war die Tätigkeit sehr beschränkt und in Kangnung praktisch gleich null. Der Turnus der Ablösungen des Militärpersonals ist durch das Waffenstillstandsabkommen geregelt.

In den fünf Kontrollpunkten zusammen können monatlich im Maximum 35 000 Mann abgelöst werden.

Ende 1953, als Oberstdivisionär Wacker die Nachfolge von Oberstdivisionär Bihner übernahm, hatte man, was Südkorea anbelangt, den bestimmten Eindruck, dass sich die gesainte Ablösung des Personals und des Kriegsmaterials, wie im Waffenstillstandsabkommen vorgesehen, in den bezeichneten Kontrollorten vollzog. Die Frachtbriefe, die alle, auch die nicht deklarierungspflichtigen und
nicht unter die Eubrik «Kriegsmaterial» fallenden Waren aufführen, wurden den Kontrollorganen vorgelegt. Die polnischen und tschechoslowakischen Delegierten drängten immer wieder auf Ausdehnung und Verschärfung der Kontrollen in Südkorea, zum Teil über das im Waffenstillstandsabkommen vorgesehene Mass hinaus. Im Interesse einer objektiven und genauen Kontrolle hatten Schweizer und Schweden anfänglich solchen erhöhten Anforderungen zugestimmt.

Im Norden dagegen war die Tätigkeit fast null. Man stellte recht wenig Ein- und Ausfuhren von Personal und Kriegsmaterial fest. Von den fünf bezeichneten Durchgangsorten für Mannschaften und Kriegsmaterial wiesen zwei nur einen geringen Verkehr auf, während er an den drei andern Orten gleich

781 null war. Die Kontrollen in den Bahnhöfen mussten zwei Stunden im voraus angemeldet werden. Wenn die Kontrollgruppe ankam, war der Bahnhof meistens leer. Wenn dagegen ein Zug da war und die schweizerischen und schwedischen Delegierten dessen Kontrolle verlangten, weigerten sich ihre tschechoslowakischen und polnischen Kollegen mit der Begründung, dass nach Aussage des Bahnhofvorstandes der Zug kein Kriegsmaterial enthalte. Man erklärte auch, dass es sich um internen Eisenbahnverkehr innerhalb Nordkoreas handle und die Neutrale Überwachungskommission nicht berechtigt sei, ihn zu kontrollieren. Kein Fahrplan konnte konsultiert werden; nach Aussagen der Eisenbahnbehörden existierten solche Dokumente nicht. Schliesslich sind die Organe der Neutralen Überwachungskommission nicht in der Lage, mehrere aus der Mandschurei oder Sibirien nach Nordkorea führende, die im Waffenstillstandsabkommen festgelegten Kontrollorte jedoch nicht passierende Eisenbahnlinien zu kontrollieren. Auch kein Flug- oder Schiffsverkehr konnte in Nordkorea überwacht werden.

Als zu Anfang des Jahres 1954 der Unterschied in den Kontrollmethoden in Nord- und Südkorea immer grösser wurde, suchte man für diesen wenig befriedigenden Zustand Abhilfe zu schaffen und die Verhältnisse im Norden den im Süden gebräuchlichen anzupassen. Jeder Versuch der Schweizer und Schweden stiess auf hartnäckigen Widerstand der tschechoslowakischen und polnischen Delegierten. Man versuchte indessen, in den Kontrollorten im Süden wenigstens in einem gewissen Ausmass die im Norden bestehenden Kontrollmethoden anzuwenden.

Das zweite Mittel, über das die Neutrale Überwachungskommission gemäss dem Waffenstillstandsabkommen verfügt, sind bekanntlich die mobilen Gruppen. Seit den ersten kurz nach Beginn der Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission gemachten Erfahrungen war es praktisch nicht mehr möglich, 'sie in Dienst zu stellen. Die tschechoslowakischen und polnischen Delegierten wandten sich gegen eine . Entsendung der mobilen Gruppen nach Nordkorea. Heben wir schliesslich hervor, dass der erste Delegierte des chinesisch-koreanischen Kommandos bei der militärischen Waffenstillstandskommission die Neutrale Überwachungskommission am 12. Februar 1954 wissen liess, dass die chinesisch-koreanische Seite in ihrer Zone keine Untersuchungen auf Grund
verleumderischer Anklagen von Seiten des Kommandos der Vereinten Nationen zulassen werde. Er masste sich so ein Vetorecht an, das in bezug auf die Verpflichtungen der mobilen Gruppen im Waffenstillstandsabkommen keineswegs vorgesehen war.

Von den beiden Weigerungen der schweizerischen und schwedischen Delegierten, ihre Zustimmung zur Entsendung einer mobilen Gruppe nach Südkorea zu geben, war die eine durch die Tatsache begründet, dass sich am betreffenden Ort eine stabile Gruppe befand, die selbst in der Lage war, den Fall zu behandeln, die andere dadurch, dass der gemeldete Vorfall sich in der demilitarisierten Zone abgespielt hatte, für die die Zuständigkeit der Neutralen Überwachungskommission ausdrücklich ausgeschlossen war.

782

Die Tätigkeit der Kontrollgruppen in den Kontrollorten Nordkoreas war bis Ende 1954 im allgemeinen sehr gering. Im Süden dagegen war sie äusserst rege.

g. Die Diskussionen im Schosse der Kommission; die Beziehungen der Neutralen Überwachungskommission mit der militärischen Waffenstillstandskommission und den Kriegführenden Die Neutrale Uberwachungskommission trat ein- bis zweimal wöchentlich, in Panmunjom zusammen. Den Vorsitz führte in einem wöchentlichen Turnus einer der vier Delegationschefs. Gegenstand der Beratungen waren im besonderen folgende Fragen: 1. Instruktionen an die Kontrollgruppen; Verfahrensregem.

2. Definierung dessen, was man unter Kriegsmaterial zu verstehen hat; welche Flugzeugtypen als Kampfflugzeuge zu betrachten seien ; allfällige Begistrierung gewisser Flugzeugtypen, die besondere Charakteristika besitzen; Ersatzstücke etc.

8. Schätzung der Bestände des ein- und ausgehenden Personals und des Kriegsmaterials.

Diese letzte Frage gab im Schosse der Kommission oft zu Kontroversen Anlass, da die schweizerischen und schwedischen Delegierten gewisse ungerechtfertigte Erklärungen und Feststellungen von Seiten ihrer tschechoslowakischen und polnischen Kollegen nicht annehmen konnten. Die Fragen der Entsendung mobiler Gruppen nach Nordkorea auf Antrag des Kommandos der Vereinten Nationen riefen übrigens scharfe Auseinandersetzungen hervor; ebenso die Bemühungen der schweizerischen und schwedischen Delegationen, die Kontrollmethoden im Süden und Norden zu vereinheitlichen.

Der polnische Delegierte in der Neutralen Überwachungskommission schlug vor, der militärischen Waffenstillstandskommission einen Bericht zuzustellen, worin alle seit Beginn des Waffenstillstandes durch das Kommando der Vereinten Nationen erfolgten und von der Nordseite erwähnten Verletzungen des Abkommens aufgezählt wurden. Dieser Bericht kam zum Schluss, dass die Überwachungs- und Kontrolltätigkeit der Organe der neutralen Kommission durch das Kommando der Vereinten Nationen eingeschränkt, verhindert und verletzt worden war. Dieser von der tschechoslowakischen Delegation unterstützte Vorschlag wurde von den schweizerischen und schwedischen Delegierten als eine Verdrehung der Tatsachen bezeichnet und abgelehnt.

Der erste Delegierte der UNO-Streitkräfte in der militärischen Waffenstillstandskommission, General
Lacey, richtete am 15. April einen Brief an die Neutrale Überwachungskommission, worin die schwersten Verletzungen der Waffenstillstandsbedingungen durch die nordkoreanische Partei und durch die tschechoslowakischen und polnischen Delegierten aufgezählt wurden. Namentlich wurden die wiederholten Verweigerungen einer Entsendung mobiler Grup-

783

pen nach Nordkorea zur Untersuchung gemeldeter Missbräuche aufgeführt.

Dieser von den schweizerischen und schwedischen Delegierten als einwandfrei betrachtete Brief wurde von den tschechoslowakischen und polnischen Delegierten zurückgewiesen.

Als Oberstbrigadier Gross als Nachfolger von Oberstdivisionär Wacker am 2. Mai 1954 in Panmunjom eintraf, waren die Diskussionen im Schosse der Neutralen Überwachungskommission immer schwieriger und unfruchtbarer geworden. Tiefgehende Meinungsverschiedenheiten trennten die schweizerischen und schwedischen Delegierten von ihren tschechoslowakischen und polnischen Kollegen. Heikle Fragen waren auf die Tagesordnung der Kommissionssitzung vom 4. Mai, an welcher der neue Chef unserer Delegation zum erstenmal teilnahm, gesetzt worden. Trotz einer langen Diskussion kam man zu keiner Verständigung. Die Ansicht der schweizerischen und schwedischen Mitglieder wie diejenige der polnischen und tschechoslowakischen Delegationen wurden der militärischen Waffenstillstandskommission nicht in gemeinsam im Namen der Neutralen Überwachungskommission abgefassten Berichten, sondern getrennt mitgeteilt.

Da die Kommission ebenfalls unfähig war, einen Entscheid über die Folge zu treffen, die dem Schreiben vom 15. April des ersten Delegierten des Kommandos der Vereinten Nationen in der militärischen Waffenstillstandskommission zu geben war, sandten die schweizerischen und schwedischen Delegierten am 4. Mai an General Lacey folgendes Schreiben (Übersetzung) : «In Zusammenhang mit Ihrem an die Neutrale Überwachungskommission gerichteten Schreiben vom 15. April haben die schwedischen und schweizerischen Mitglieder folgende Bemerkungen anzubringen: Das am 27. Juli 1953 vom Oberbefehlshaber der UNO-Streitkräfte einerseits und vom Oberbefehlshaber der koreanischen Volksarmee und vom Kommandanten der chinesischen Volksfreiwilligen anderseits unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen sieht die Schaffung einer Überwachungskommission neutraler Staaten vor und definiert deren Mission. Die neutralen Staaten, die gemäss dem Waffenstillstandsabkommen angerufen wurden, Mitglieder dieser Kommission zu bezeichnen, wurden in bezug auf die ihre Tätigkeit regelnden Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens nicht zu Bäte gezogen. Die fraglichen Bestimmungen mussten, so wie sie waren, angenommen
werden. Für ihre Auslegung ist die militärische Waffenstillstandskommission das alleinige zuständige Organ.

Schon von Anfang an zeigte es sich, dass manche Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens auf verschiedene Art ausgelegt werden könnten und dass sie zu viele Lücken enthielten, um eine vollständige Kontrolle der Ablösung des Militärpersonals und der Ersetzung des Kriegsmaterials zu gestatten.

Es wurde unter diesen Umständen offensichtlich, dass die Beachtung der Waffenstillstandsbestimmungen mehr vom guten Willen und der Aufrichtigkeit der Unterzeichner als vom guten Funktionieren der Kontrolle der Neutralen Überwachungskommission abhing. Ferner war die Tätigkeit dieser Kommission durch die Tatsache benachteiligt, dass sich zu verschiedenen Malen bei Abstimmungen durch die vier Mitglieder Stimmengleichheit ergab, so dass man in eine Sackgasse geriet.

Der Fall, auf welchen Sie sich beziehen, teilte das gleiche Schicksal. Keine Aktion konnte auf Grund Ihrer Anträge durchgeführt werden, die doch die Entsendung mobiler Gruppen nach gewissen, unter chinesisch-koreanischer Militärkontrolle stehenden Orten hätte zur Folge haben sollen, um angebliche Verletzungen des Waffenstill-

784 standsabkommens zu untersuchen. Die schwedischen und schweizerischen Mitglieder machten geltend, dass die Neutrale Überwachungskommission nach dem Buchstaben und besonders nach dem Geiste des Waffenstillstandsabkommens unbestreitbar gezwungen war, solche Untersuchungen durchzuführen. Sie lehnen daher jede Verantwortung für diesen Zustand der Dinge ab, der auf eine Weigerung zur Mitarbeit von Seiten ihrer Kollegen, die gegenteiliger Meinung waren, zurückzuführen ist.

Die schwedischen und schweizerischen Mitglieder hegen ebenfalls gewisse Besorgnis über die von chinesisch-koreanischer Seite in bezug auf gewisse von Ihnen eingereichte Gesuche angenommene ablehnende Haltung.

Um zu vermeiden, dass gewisse Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens wirkungslos werden, sind sie nach reiflicher Überlegung der Ansicht, das ganze Problem der Kontrolle - und speziell der Untersuchungen auf Grund angeblicher Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens - sollte durch die Waffenstillstandskommission im Hinblick auf eine klarere Regelung wiedererwogen werden.

Die Neutrale Überwachungskommission ist unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht in der Lage, gemäss der mutmasslichen Absicht der Unterzeichner des Waffen-, Stillstandsabkommens zu handeln.»

Die schweizerischen und schwedischen Delegierten stellten am 7. Mai der militärischen Waffenstillstandskommission folgenden Bericht zu (Übersetzung) : «Als die Neutrale Überwachungskommission ihre Kontroll-, Beobachtungs-, Inspektions- und Untersuchungsfunktionen übernahm, entschieden das Kommando der Vereinten Nationen und das chinesisch-nordkoreanische Kommando ihrerseits,.wie die Waffenstillstandsbedingungen betreffend die Ablösung von Militärpersonal und die Ersetzung von Kampfflugzeugen, Panzerwagen, Waffen und Munition, deren Kontrolle die allererste Aufgabe der Kommission bildet, angewandt würden. Die beiden Parteien einigten sich demgemäss über die Durchführung gewisser ihrer Pflichten, die die Erstellung eines Berichtes verlangten. Es handelt sich um Berichte über die vorerwähnte Tätigkeit, die gemäss §§13 (G) und 13 (D) desWaffenstillstandsabkommens für die militärische Waffenstillstandskommission und die Neutrale Überwachungskommission bestimmt waren. Bezüglich anderer Verfahren, im besonderen derer, die in den Kontroll. orten anzuwenden sind, erliessen die Parteien selbst die nötigen Verfügungen.

Das Kommando der Vereinten Nationen gab seinerseits von Anfang an eine weitgehende Interpretation seiner Verpflichtungen und erleichterte eine vollständige Kontrolle durch die neutralen Inspektionscruppen, die in den unter seiner militärischen Kontrolle stehenden Kontrollorten stationiert sind. Teils auf eigene Initiative und teils auf Ersuchen der Inspektionsgruppen stellte das Kommando der Vereinten Nationen alle Dokumente, wie z. B. Bordbücher über den Ein- und Ausgang von Kriegs- oder Nichtkriegsmaterial, zu ihrer Verfügung. Die Inspektionsgruppen waren so in der Lage, zu inspizieren und über jeglichen Verkehr, der sie interessieren könnte, Bericht zu erstatten. Sie hatten genügend Spielraum, um z. B. Trainingsflugzeuge, Ersatzteile, Zündmittel und viele andere Gegenstände, die das Kommando der Vereinten Nationen gleichwohl als nicht unter die Bestimmungen des Waffenstillstandes fallend betrachtete, zu kontrollieren. Der Kontrolltätigkeit der Inspektionsgruppen war keine Einschränkung gesetzt. Im Gegenteil hatten sie freien Zugang zu jedem Dokument, das sie zu konsultieren wünschten. Die Inspektionsgruppen machten von diesen Erleichterungen weitgehend Gebrauch.

Das chinesisch-koreanische
Kommando seinerseits hielt sich strikte an die Anwendungsbestimmungen, wonach es sich darauf beschränkte, nur den Durchgang von Kriegsmaterial in den Kontrollorten anzumelden. Den Inspektoren hat es nie andere Dokumente unterbreitet. Ausser der Inspektion des ordnungsgernäss gemeldeten Kriegsmaterials waren die Inspektionsgruppen nicht in der Lage, über den anderen Verkehr eine wirksame' Kontrolle auszuüben; was auf die Haltung der polnischen und tschecho-

735 slowakischen Mitglieder zurückzuführen ist. Nach deren Auffassung hat sich die Neutrale Überwachungskommission mit der Inspizierung des von den Parteien gemeldeten Kriegsmaterials grundsätzlich zufrieden zu geben. Immerhin liessen sie gelten, dass in der Praxis nicht zum voraus angemeldete Inspektionen stattfänden. Auf dem unter chinesisch-koreanischer militärischer Kontrolle stehenden Gebiet schränkten die tschechoslowakischen und polnischen Mitglieder der Inspektionsgruppen dank ihrem «Veto»-recht die nicht zum voraus gemeldeten Inspektionen auf das strikteste Minimum ein. Alle von den schwedischen und schweizerischen Mitgliedern der Inspektionsgruppen unternommenen Anstrengungen, diese nicht zum voraus gemeldeten Kontrollen wirksamer und häufiger zu gestalten, wurden ständig und systematisch zunichte gemacht. Durch die Art, wie diese Kontrollen ausgeführt wurden, verloren sie jeden Nutzen und hatten einfach den Charakter einer Scheinaktion. Infolgedessen konnten sich die Inspektionsgruppen in Nordkorea über den Materialverkehr nie ein gleiches Bild machen wie in Südkorea.

Es ist auch zu erwähnen, dass auf dem unter chinesisch-koreanischer militärischer Kontrolle stehenden Gebiet die Truppenablösungen und der Ersatz des Kriegsmaterials nur in den beiden Kontrollorten Sinuiju und Manpo gemeldet wurden. Die übrigen drei im Waffenstillstandsabkommen bezeichneten Kontrollorte, d. h. Chongjin, Hungnam und Sinanju wurden nicht benützt. Obwohl Eisenbahnlinien zwischen diesen drei Häfen und der nordkoreanischen Grenze bestehen, verweigerten die tschechoslowakischen und polnischen Mitglieder grundsätzlich die Zulassung von regelmässigen, nicht zum voraus angemeldeten Inspektionen in den Stationen mit der Behauptung, dass jeder Verkehr auf diesen Linien als intern betrachtet werden müsse.

Die schwedischen und schweizerischen Mitglieder der Neutralen Überwachungskommission nahmen von Anfang an den Standpunkt ein, dass die Inspektionsgruppen alle Erleichterungen haben sollten, um jeglichen, die Kontrollorte passierenden Materialverkehr zu kontrollieren. Da sie ihrer Auffassung nicht Geltung verschaffen konnten, schlugen sie zu guter Letzt eine Kontrolltätigkeit vor, die auf beiden Seiten der demilitarisierten Zone gleich wäre. Dies wurde möglich gemacht, als das Kommando der Vereinten Nationen kürzlich
Verfahrensregeln annahm, die mit denen, von Anfang an von chinesisch-koreanischer Seite angewandten, fast identisch sind.

Vom folgenden Standpunkt aus bleibt jedoch die Lage aus nachstehenden Gründen unbefriedigend. Auf dem durch das chinesisch-koreanische Kommando kontrollierten Gebiet können die nicht zum voraus gemeldeten - im übrigen vollständig illusorischen -- Inspektionen nur in den Bahnstationen von zwei Kontrollorten stattfinden, während die Stationen der übrigen drei Kontrollorte unkontrolliert bleiben.

Dieser Zustand ist mit der, der Neutralen Überwachungskommission anvertrauten Mission ' unvereinbar. Da man ferner behauptet, dass durch diese Kontroll orte kein Material nach Korea befördert werde, gibt es keinen gültigen Grund, um diese Kontrolle aufrechtzuerhalten. Die schwedischen und schweizerischen Mitglieder legen deshalb den Kommandanten beider Parteien nahe, die Ersetzung der Kontrolle in den Kontrollorten Chongjin, Hungnam und Sinuiju durch die Errichtung einer Kontrolle in drei anderen, am nordkoreanischen Grenzübergang der Eisenbahnlinien gelegenen Ortschaften in Betracht zu ziehen. Einzig eine solche Anpassung könnte in Nordkorea eine Lage schaffen, die sich betreffend die Anzahl der Ortschaften, wo nicht gemeldete Kontrollen ausgeübt werden können, mit derjenigen in Südkorea vergleichen lässt.»

Die Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission war vom Mai bis August 1954 weiterhin gekennzeichnet durch die tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten, welche die tschechoslowakischen und polnischen Delegierten ihren schwedischen und schweizerischen Kollegen entgegenstellten. Namentlich über die monatliche Schätzung der von den kriegführenden Parteien im Dezember 1953 und Januar bis März 1954 durchgeführten Truppen- und Material-

736

transporte *) konnte kein Einverständnis erzielt werden. Seither mussten in dieser Beziehung zuhanden der militärischen Waffenstillstandskommission besondere Berichte abgefasst werden. Während dieser Periode gaben andere Fragen, insbesondere solche in bezug auf die Kontrollbedingungen in Südkorea bei der Einfuhr von Ersatzstücken und gewisser Flugzeugtypen zu endlosen Diskussionen im Schosse der Kommission Anlass.

Am 81. Juli und I.August fanden in Südkorea Demonstrationen gegen die Anwesenheit der Neutralen Überwachungskommission statt. In einem von den vier Mitgliedern der Überwachungskommission unterzeichneten Schreiben an die Waffenstillstandskommission wurde über die Bedeutung der Vorfälle berichtet, welche die Sicherheit der stabilen Gruppen gefährden konnten. Die Kommission verlangte, dass das Kommando der Vereinten Nationen die nötigen Massnahmen treffe, um den Schutz ihres Personals zu gewährleisten. Das Kommando der Vereinten Nationen erklärte, dass es sich seiner Verantwortlichkeit gegenüber der Neutralen Überwachungskommission bewusst wäre und dass es seine Bemühungen fortsetzen würde, um sie in der Ausübung ihrer Funktionen zu schützen. Die vom Kommando der Vereinten Nationen getroffenen Sicher heitsmassnahmen für die Kommissionsmitglieder wurden ab September verstärkt. Sie hatten eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit der stabilen Gruppen in Südkorea zur Folge.

Die Eegierung Südkoreas forderte am 22. November 1954 die tschechoslowakischen und polnischen Delegierten in der neutralen Kommission auf, das Land innert einer Woche zu verlassen. Diese Aufforderung blieb ohne Folgen.

Die ständige Spannung im Schosse der Neutralen Überwachungskommission liess vom August 1954 an nach. Da die polnischen und tschechoslowakischen Delegierten aus politischen Gründen eine konziliantere Haltung einnahmen, machte sich seither eine ausgeprägte Entspannung bemerkbar.

Zahlreiche Probleme, die bis jetzt Gegenstand unfruchtbarer Diskussionen gewesen waren, konnten endlich geregelt werden. So hiess die Kommission während der Sitzungen, die sie in den letzten Monaten des Jahres abhielt die Schätzung der Truppen- und Materialtransporte für die Monate April bis September 1954 einstimmig gut. Seither wurden von allen Mitgliedern der neutralen Kommission unterzeichnete Kapporte der militärischen
Waffenstillstandskommission übermittelt, worin festgestellt wurde, dass die kriegführenden Parteien sich während dieser Monate an die Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens gehalten hätten.

*) Bis zum 31. März 1954 meldeten die kriegführenden Parteien der Kommission folgende Materialmengen zur Kontrolle: Partei

Kampfflugzeuge

Panzerwagen

Waffen

Munition

l Südkorea 631 631 82861 ) Nordkorea 0 7 641 56650 x ) Das Kommando der Vereinten Nationen meldete zur Kontrolle 226 000 000 Patronen einzig für Waffen kleinen Kalibers.

787

Ebenfalls fanden seither die sich auf die Einfuhr von Ersatzstücken, von gewissen Flugzeugtypen etc. beziehenden Fragen, worüber vorher keine Einigung erzielt werden konnte, eine zufriedenstellende Lösung.

Am 29. Dezember 1954 notierte man die 167. Sitzung der neutralen Kommission. Sie war der Erledigung laufender Geschäfte sowie der Lektüre eines Briefes vom 25. Dezember gewidmet, worin der erste Delegierte der UNO-Streitkräfte bei der militärischen Waffenstillstandskommission der Neutralen Überwachungskommission mitteilte, dass das Kommando der Vereinten Nationen vom I.Januar 1955 an die drei Flugplätze von Kunsan, Seoul und Kangnung (Südkorea) zur Ein- und Ausfuhr von Militärpersonal und -material nicht mehr benützen würde. Die neutrale Kommission nahm Kenntnis von diesem Schreiben und überliess es dem freien Willen ihrer Mitglieder, auf dessen Inhalt später zurückzukommen. Die tschechoslowakischen, polnischen, schwedischen und schweizerischen Mitglieder waren in der Tat übereingekommen, dass die letzte Sitzung des Jahres zu keiner Diskussion führen sollte *).

h. Schlussfolgerungen Wenn man die Entwicklung, die sich seit der Bildung der Neutralen Überwachungskommission bis Ende 1954 vollzog, zusammenfasst, so stellt man fest, dass sie sich in drei Perioden unterteilen lässt.

Die erste, die sich bis Dezember 1953 erstreckt, war die Organisations- und die Indienststellungsperiode des Kontrollplanes. Die Kommission begegnete während der ersten sechs Monate keinen besonderen Schwierigkeiten.

Die zweite Periode - von Anfang 1954 bis August 1954 - war durch die unversöhnliche Haltung der tschechoslowakischen und polnischen Delegierten gekennzeichnet. Diese Haltung erschwerte mehr und mehr die Arbeit der Kommission. Man musste an der Wendung, die die Diskussionen nahmen, feststellen, dass die neutrale Kommission nicht in der Lage war, die im Waffenstillstandsabkommen vorgesehene Kontrolle in einer völlig wirksamen Weise auszuüben.

1 ) Am S.Februar ereignete sich unweit der Westküste von Nordkorea ein Flugzwischenfall, wobei amerikanische Piloten zwei MIGS abgeschossen haben sollen. Das chinesisch-koreanische Kommando ersuchte die Neutrale Überwachungskommission, eine Untersuchung durchzuführen. Die Kommission leistete diesem Gesuch Folge und entsandte am 12. Februar eine mobile Gruppe an den vom
chinesisch-koreanischen Kommando angegebenen Ort.

Am 21. Februar ersuchte das Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen seinerseits die Kommission um Entsendung von drei mobilen Gruppen nach Nordkorea, um auf sechs Flugplätzen über das Vorhandensein von mit Waffen und Munition ausgerüsteten Flugzeugen des Typs MIG, die durch das chinesisch-koreanische Kommando in Verletzung des Waffenstillstandes nach Korea eingeführt worden wären, eine Untersuchung einzuleiten. Diesem Gesuch wurde am 26. Februar stattgegeben.

Am gleichen Tag nahm die Kommission ebenfalls den Vorschlag des chinesisch-koreanischen Kommandos an, nach fünf Flugplätzen und einem Hafen Südkoreas zwei mobile Gruppen zu entsenden, um nachzuprüfen, ob von den Streitkräften der Vereinten Nationen widerrechtlich Flugzeuge, Tanks, Kanonen und anderes Kriegsmaterial eingeführt worden wären.

738

Schliesslich ist die Periode - nach' Schluss der Genfer Konferenz, am 20. Juli 1954, bis Ende 1954 - durch eine ausgeprägte, auf die versöhnlichere Haltung der tschechoslowakischen und polnischen Delegierten zurückzuführende Entspannung gekennzeichnet. Die Aufgabe des schweizerischen Delegierten bleibt trotzdem heikel.

Die sich aufeinanderfolgenden Chefs der Schweizer Delegation machten bis heute die gleiche Erfahrung. Abgesehen von den wenigen, nicht zum voraus gemeldeten Kontrollen, deren Nützlichkeit übrigens gering ist, dürfen sich die Inspektionen nur darauf beschränken, das zu kontrollieren, was jede der in Frage stehenden Parteien gerne melden will. Die Kontrolle kann daher der Gegenpartei keinen Schutz gegen allfällige Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens gewähren. Niemand kann also behaupten, dass der Umfang des zur Kontrolle der neutralen Kommission gemeldeten Materials den wirklich eingeführten Mengen *) entspricht.

II. Tätigkeit der Schweizer Delegation in der Neutralen Heimschaffungskommission (NNE C) Minister Armin Daeniker, der Chef der Schweizer Delegation, überreichte am 2. Juni 1954 dem Bundesrat einen Bericht über seine Tätigkeit. In diesem Bericht heisst es wörtlich: «o. Organisatorische Fragen Für Unterkunft und Verpflegung der verschiedenen Gruppen der Neutralen Heirnschaffungskornrnission war nach § 13 der ,Terms of Beference' dasjenige Kommando verantwortlich, auf dessen militärisch kontrolliertem Gebiet sie einquartiert wurden. Für die Delegationen der Schweiz und Schwedens war unmittelbar südlich der Demarkationslinie im Gebiete von Panmunjom vom UNO-Kommando ein Zeltlager errichtet worden.

Was den inneren Dienst anbelangt, wurden verschiedene seiner Zweige aus praktischen Gründen für die beiden schweizerischen Missionen zusammengelegt, so der dienstliche Verkehr mit den amerikanischen Armeestellen, der Gottesdienst, der Sicherheitsdienst, der Sanitätsdienst, der Chiffre-, Kurier- und Postdienst, die Offiziersräume, der Kantinendienst und der Materialdienst.

!) Der von der Neutralen Überwachungskommission bis 31.Dezember 1954 in Süd- und Nordkorea kontrollierte Verkehr (Ein- und Ausgänge) an Militärpersonal und Kriegsmaterial (an Ort selbst oder gestützt auf von beiden Parteien gelieferten Unterlagen) kommt in folgenden Zahlen zum Ausdruck: Militärpersonal l
019 207 Panzerfahrzeuge l 741 Infanteriewaffen 326 943 Infanteriemunition 213 211 843 Minen 28970 Raketen und andere Zündmittel 248 536 Kampfflugzeuge 13438 Artilleriewaffen 10 193 Artilleriemunition 2974234.

Bomben 148 160 .

Explosiv- und Brandmaterial 128 731

789 Der allgemeine Gesundheitszustand der Delegationsmitglieder war gut.

Die vom Eidgenössischen Militärdepartement gelieferte persönliche Ausrüstung der Delegation hat sich bewährt.

Während der 17 Tage, an welchen Gefangenen-Hearings stattfanden, gestaltete sich der Einsatz der Delegationsmitglieder wie folgt: Kommandant, Stab, politischer Berater, Jurist, Verbindungsoffiziere 6 Kanzlei 2 Bröadcasting und Verbindung mit Presse 2 Kurier 2 Kommandierung in Explanationsgruppen 32 Kommandierung in Validationsgruppen 2 Kommandierung zu Übergabeort der Gefangenen l Lager-Kdt., Lagerarzt, Qm.

8 Total 50 Ausser diesem Einsatz wurden die Delegationsmitglieder zu mancherlei Aufgaben herangezogen: - Begleitung des Delegationschefs an die täglichen Sitzungen der NNRC, 2-8 Of., l Sekretär - Validation der Repatriierungsgesuche heimkehrwilliger Gefangener, 2-3 Offiziere - SpezialUntersuchungen in den Gefangenenlagern, 2-3 Offiziere - Besuche im chirurgischen Feldspital des Gefangenenlagers und in den verschiedenen Spitälern im Räume der 8. Armee (hauptsächlich Ärzte) - Ausarbeitung juristischer Gutachten, 1-2 Offiziere - Ständige Beschäftigung auf der Kanzlei, 4r-5 Mann -- Kurierdienst nach Japan, 2 Mann - Telegrammverkehr und Chiffrierdienst.

Wie im Voraus anzunehmen war und wie die Praxis erwies, erforderte das Verfahren der Gefangenenaufklärung den Einsatz von 35 Personen, so dass der Anfangsbestand der Delegation von 50 Mitgliedern, den Delegationschef nicht eingerechnet, als Minimum bezeichnet werden muss. Nach Ablauf der Frist für die Gefangenenaufklärung wurde der Bestand der Delegation durch Übertritte von Mitgliedern zur Delegation bei der Neutralen Überwachungskommission sowie durch Entlassungen verringert.

Der Delegationschef kehrte am 14. März in die Schweiz zurück.

b. Pressedienst Internationale Presse Die internationale Presse - besonders die westliche - schenkte der Tätigkeit der Neutralen Heimschaffungskommission grosses Interesse. Zusammen waren etwa 350 Journalisten, Radio-, Photo- und Filmreporter in Panmunjom akkreditiert. Sie bemühten sich sehr, den Kontakt mit der schweizerischen Delegation aufrecht zu erhalten, die mit der gebotenen Zurückhaltung im Rahmen des Möglichen dazu Hand bot. Dabei waren ihr allerdings ziemlich enge Grenzen gesetzt, nicht zuletzt deshalb, weil der Pressedienst
des indischen Sekretariats den Journalisten die Mitteilungen machte, welche die 5 Mitglieder der Neutralen Heimschaffungskommission jeweils am Schlüsse der Sitzungen gemeinsam redigierten.

Bei besonderen Anlässen machte der schweizerische Delegationschef die Pressevertreter mit dem schweizerischen Standpunkt vertraut.

Schweizerische Presse Die schweizerische Delegation legte von Anbeginn Wert darauf, die Öffentlichkeit in der Heimat über die Geschehnisse in der Neutralen Heimschaffungskommission zu

740 unterrichten. Allerdings erschien es müssig, der Schweizer Presse aktuelle Tatsachen melden zu wollen, die sie aus den Berichten der internationalen Agenturen viel früher erfuhr. So musste sich die Delegation darauf beschränken, in regelmässigen Abständen gewisse Probleme zusammenzufassen, oder einzelne Ereignisse, wie die Aufklärung und Entlassung der Gefangenen, zu kommentieren.

c. Die Tätigkeit der Neutralen Heimschaffungskommission Die Neutrale Heimschaffungskommission begann ihre Tätigkeit am 9. September 1953. Sie einigte sich vorerst auf ein Geschäftsreglement, das demjenigen der Organisation der Vereinten Nationen, angeglichen ist. Paragraph 2 des Artikels I besagt, dass die NNRC und ihre Unterausschüsse nur bei Anwesenheit aller fünf Mitglieder besohlussfähig sind. Darin lag eine gewisse Abschwächung des in Paragraph 22 der ,Terms of Référence' verankerten Grundsatzes, wonach die Kommission ihre Beschlüsse mit Mehrheit zu fassen habe; denn in der Tat wurde es durch das Erfordernis der Vollzähligkeit jedem Mitglied ermöglicht, eine Beschlussfassung durch Verlassen des Sitzungssaales zu verhindern. Ein solcher Fall ereignete sich in der Folge allerdings nur ein einziges Mal anlässlich der Behandlung einer für den Gesamtverlauf der Kommissionstätigkeit nicht sehr wesentlichen Frage.

Die Übernahme der Gefangenen In Übereinstimmung mit den Paragraphen l, 4 und 5 der ,Terms pf Référence' begann die Neutrale Heimschaffungskommission vom 10. September an, die nicht heimkehrwilligen Gefangenen beider kriegführenden Parteien zu übernehmen und in die von beiden Kommandos zu diesem Zwecke in der demilitarisierten Zone Koreas errichteten Lager einzuquartieren. Bis zum 23. September befanden sich 22 602 Gefangene des UNO-Kommandos im Südlager in ihrer Obhut, und am 24. September nahm sie im Nordlager 359 Gefangene des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos in Empfang. Die Einweisung der Gefangenen in die neuen Lager ging nicht ohne eine Anzahl kleinerer Zwischenfälle vor sich, da einzelne unter ihnen immer wieder versuchten, gegen die anwesenden Beobachter und Dolmetscher des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos tätlich vorzugehen und sie zu beschimpfen. Die ausschliesslich von Indien gestellten Bewachungstruppen zeigten sich auf der Höhe ihrer Aufgabe und wussten ernstere Unruhen durchwegs zu
verhindern. Die Art der Vorfälle hatte aber gezeigt, dass die Gefangenen von Anbeginn politisch straff organisiert waren: diese Tatsache hat der Neutralen Heimschaffungskommission einige Sorge bereitet und rief Erinnerungen an die Vorfälle wach, die sich in den Gefangenenlagern der UNO-Seite unter den ähnlich organisierten, kommunistisch eingestellten Gefangenen ereignet hatten.

Das polnische und 'das tschechoslowakische Mitglied der Neutralen Kommission beantragten gleich zu Beginn der Gefangenenübernahme, die Organisationen durch Aufspaltung der einrückenden Gefangenen zu zerschlagen und ihre Führer abzusondern.

Nun ist zwar unbestritten, dass die Existenz dieser politischen Organisationen die Probleme vermehrt hat, mit denen sich die NNRC auseinanderzusetzen hatte; insbesondere mochte es unter den obwaltenden Umständen einem Heimkehrwilligen nicht geraten erscheinen, seine Absichten gegenüber den Kameraden zu offenbaren. Es ist jedoch folgendes zu berücksichtigen: Bei den in Frage stehenden rund 23 000 Gefangenen des UNO-Kommandos handelte es sich um Leute, denen vor der Verbringung in die Obhut der Neutralen Heimschaffungskommission bereits einmal Gelegenheit geboten wurde, über ihr künftiges Schicksal zu entscheiden, und die sich anlässlich eines sogenannten ,screening' Mann für Mann einzeln dahin ausgesprochen hatten, die Heimkehr zu verweigern. Bei den Gefangenen, die sich unter der Obhut der NNRC als heimkehrwillig meldeten, hat es sich nach allgemeiner Ansicht der Mitgefangenen grossenteils um solche gehandelt, die sich nur deshalb zur Gruppe der Heimkehrverweigerer gesellt hatten, um im Auftrage des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos

741 Nachrichtendienste zu leisten. Deshalb mag es begreiflich erscheinen, dass sich gegen diese der ganze Fanatismus der antikommunistisch eingestellten Gefangenen richtete und dass in den Lagern die Bürgerkriegsstirnmung weiterdauerte. Eine Kommissionsmehrheit stellte die Wünschbarkeit friedlicher Zustände in den Lagern selbstverständlich nie in Abrede. Sie war aber der Meinung, dass jeder Versuch, die Organisationen der> Gefangenen gewaltsam aufzulösen, die Gefahr von ernsten Unruhen heraufbeschworen und ausserdem kaum zu dem gewünschten Ergebnis geführt hätte, da die indischen Bewachungstruppen keine Möglichkeit sahen, die Führer zu identifizieren.

Im übrigen verbietet die Genfer Konvention zum Schütze der Kriegsgefangenen das Bestehen politischer Organisationen unter "den Gefangenen keineswegs. Hingegen ist es Sache der Gewahrsamsmacht, durch die Anwendung von Disziplinar- und Strafmassnahmen Ausschreitungen gegenüber Mitgefangenen zu ahnden und nach Möglichkeit zu verhindern. So stellte sich für die NNËC das Problem des gegenüber den ihr anvertrauten Kriegsgefangenen anzuwendenden Rechtes .Die Kommission neigte deutlich zu der Auffassung, die Neutrale Heimschaffungskommission habe alle Attribute einer unabhängigen Gewahrsamsmacht. Sie beschloss einstimmig, gegenüber den Gefangenen das Recht der Bewachungstruppen, das heisst das Disziplinar- und Strafrecht der indischen Armee anzuwenden. Es ist erfreulich festzustellen, dass die Zahl der Disziplinarfälle sehr niedrig blieb, zum Teil wohl wegen der straffen Zucht, welche die Gefangenen unter sich selber aufrechterhielten, in hohem Masse aber sicher auch dank dem psychologisch geschickten Verhalten der indischen Bewachungstruppen. Auf dem Gebiete des Strafrechts sind 9 Fälle von Morden an Mitgefangenen zu verzeichnen, die wohl sämtliche einen politischen Hintergrund hatten. Nur in zwei Fällen genügten die Ergebnisse der Tatbestandsaufnahme zur Anklageerhebung gegen bestimmte Gefangene.

Die eingeleiteten Prozessverfahren konnten jedoch nicht durchgeführt werden, weil in einem Fall das chinesisch-nordkoreanische Kommando die Zeugen in der Person bereits heimgeschaffter Gefangener nicht zur Verfügung stellte schweizerische Kommissionsmitglied die strenge Ahndung von Verbrechen in den Lagern stets unterstützte, wenn es auch zusammen mit der Mehrheit ein gewaltsames Vorgehen gegen die Gefangenenorganisation ablehnte. Im übrigen darf füglich festgestellt werden, dass sich die Zahl der Verbrechen in sehr engem Rahmen hielt, wenn man die besonderen Umstände, unter denen der Gewahrsam stattfand, mitberücksichtigt.

Sohliesslich ist noch die Tatsache festzuhalten, dass die Organisationen der Gefangenen während der Obhut durch die NNRC mit der Aussenwelt in Verbindung standen und für ihr Verhalten von Südkorea aus durch Radiosendungen Weisungen empfingen, wie aus abgefangenen Briefen hervorging, deren Ursprung allerdings nicht einwandfrei nachgewiesen werden konnte. Zweifellos hat diese Beeinflussung der Gefangenen von aussen die Arbeit der NNRC beeinträchtigt, wenn sie auch nach Ansicht des schweizerischen und auch des schwedischen Kommissionsmitgliedes nicht der entscheidende Grund für die Schwierigkeiten bei der Durchführung der Gefangenenaufklärung gewesen ist, wie in folgendem Abschnitt näher dargelegt wird.

Die Gefangenenaufklärung Paragraph 10 der ,Terms of Référence' auferlegte der Neutralen Heimschaffungskommission die Pflicht, jedes Ansuchen eines Gefangenen nach Heimschaffung unverzüglich entgegenzunehmen und erheblich zu erklären -- zu validieren, sofern sie sich davon überzeugen konnte, dass es dem wirklichen Willen des Gefangenen entsprach.

Damit erschöpften sich die Funktionen der NNRC jedoch keineswegs. DieVereinbarung der beiden kriegführenden Parteien über die Tätigkeit einer Neutralen Heimschaffungskommission schloss den Gedanken ein, den Heimatländern der Gefangenen Gelegenheit zu geben, Vertreter zu den in der Obhut der Kommission befindlichen Gefangenen zu entsenden, um sie mit der Möglichkeit der Heimschaffung vertraut zu machen, nämlich

742 - wie es im Texte ausdrücklich heisst - mit .ihren Hechten und den für ihre Heimkehr massgeblichen Umständen, im besonderen ihrer Freiheit, nach der Küokkehr in die Heimat ein friedliches Leben zu führen'. Damit sollte die Wirkung einer allfälligen propagandistischen Beeinflussung in den Gefangenenlagern der UNO entkräftet werden, damit die Gefangenen zur Rückkehr in ihr Vaterland veranlasst würden. Paragraph 8 der ,Terms of Référence' sah deshalb vor, dass die NNRC den Vertretern der Heimatländer innerhalb 90 Tagen nach Übernahme des Gewahrsams der Gefangenen die Befugnis und alle Erleichterungen einzuräumen habe, um die Lager zu besuchen.

Schon während der Zeit, als die Gefangenen in die Lager der demilitarisierten Zone strömten, beschäftigte sich die Kommission denn auch bereits mit dem Erlass geeigneter Ausführungsbestimmungen zu dem genannten Paragraphen.

Die Richtlinien, die nach Auffassung des schweizerischen und auch des schwedischen Kommissionsmitgliedes bei der Aufstellung dieser Verfahrensregeln für die Gefangenenaufklärung wegleitend sein mussten, lassen sich wie folgt zusammenfassen : Wahrung der völligen Anonymität der Gefangenen, um jede Möglichkeit der Drohung mit Vergeltungsmassnahmen gegenüber Familienangehörigen auszuschliessen; Freiheit für die Gefangenen, eine Antwort auf Fragen der Aufklärer zu verweigern; Schutz der Gefangenen vor allen allfälligen Einschüchterungsversuchen; schliesslich Wahrung der Autorität der Kommission gegenüber den Vertretern der Heimatstaaten. Das polnische und das tschechoslowakische Mitglied der Kommission vertraten die Ansicht, den Aufklärern sei weitestgehende Freiheit einzuräumen, bei der Gefangenenaufklärung gemäss ihren eigenen Wünschen vorzugehen; Pflicht der Heimschaffungskommission sei es, die zu ihrer Erfüllung notwendigen Anordnungen zu treffen. Dank der Unterstützung durch den indischen Vorsitzenden gelang es, die von schweizerisch-schwedischer Seite erhobenen Forderungen nach Garantien für den Schutz der Gefangenen zum Beschluss zu erheben. Der Grundsatz der ungeschmälerten Autorität der Kommission gegenüber den Wünschen der Aufklärer dagegen drang leider nicht durch. Die Verfahrensregeln machten es den beiden Kommandos lediglich zur Pflicht, ihre Pläne für den folgenden Tag dem Sekretariat der NNRC zu unterbreiten, aber sahen das
Recht der Kommission, sie abzuändern oder zurückzuweisen, nicht ausdrücklich vor.

Der indische Vorsitzende, General Thimayya, begnügte sich mit einem Vorbehalt im Sitzungsprotokoll, wonach anfänglich die Aufklärung täglich einem ganzen Lagerabteil von 500 Mann oder einem Vielfachen davon zu erteilen sei, um die Schwierigkeiten bei der Absonderung der propagandistisch bereits bearbeiteten Gefangenen zu umgehen. So konnte sich das chinesisch-nordkoreanische Kommando auf den Standpunkt stellen, es allein habe die Art und Weise der Durchführung der .Hearings' im Südlager zu bestimmen. Es ergab sich deshalb in der Folge eine Diskrepanz zwischen den Forderungen dieses Kommandos und den Möglichkeiten, die Gefangenen zur Mitwirkung zu gewinnen, die für den späteren Ablauf der Gefangenenaufklärung verhängnisvoll wurde. Im übrigen war die Kritik, die an den Verfahrensregeln für die ,Hearings' da und dort geübt wurde, nicht stichhaltig. Insbesondere erwies sich die den beiden Parteien eingeräumte Möglichkeit, die Gefangenen einzeln aufzuklären, nicht als nachteilig, da diese derart die Wahl, ob sie sich heimschaffen lassen wollten oder nicht, ohne Furcht vor fanatischen Kameraden treffen konnten. Ausserdem ist zu bedenken, dass bei der Aggressivität der Gefangenen gegenüber den Aufklärern, die sie als ihre politischen Gegner betrachteten, ein Verfahren in Gruppen zu dauernden Unruhen geführt hätte. Als Erfolg war es zu buchen, dass - auf Betreiben des schweizerischen Kommissionsmitgliedes - eine Bestimmung Eingang in die Verfahrensregeln fand, wonach die für die Aufsicht über die ,Hearings' bestellten Unterausschüsse der NNRO das Recht hatten, während der Aufklärungssitzungen im Falle direkter oder indirekter Bedrohung der Gefangenen einzuschreiten.

Die Vorbereitung der technischen Einrichtungen für die Aufklärung der Gefangenen erwies sich als mühsam und zeitraubend. Das durch die UNO-Truppen im Einvernehmen mit den indischen Bewachungstruppen vorbereitete Zeltareal war nicht ganz befriedigend und wurde vom chinesisch-nordkoreanischen Kommando beanstandet.

748 Nach Ansicht des schweizerischen Kommissionsmitgliedes hätte es immerhin vorübergehend benutzt werden können. Indessen verlangte das chinesisch-nordkoreanische Kommando die Erstellung einer neuen Anlage und erhob wiederum Einwendungen, als die Konstruktionsarbeiten bereits im Gange waren. Auch die Einrichtungen zur Abhaltung der .Hearings' bei den rund 350 Gefangenen des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos erwiesen sich als unbefriedigend und mussten auf Wunsch des UNOKommandos verbessert werden.

Nach Paragraph 8 der ,Terms of Référence' hatten die Vertreter der HeimatStaaten innerhalb 90 Tagen, von der Übernahme der Obhut durch die Neutrale Heimschaffungskommission an gerechnet, das Recht auf Zutritt zu den Gefangenen. Die .Hearings' hätten somit am 25. September beginnen sollen. Infolge der geschilderten Verzögerungen beim Bau der technischen Einrichtungen setzte die Aufklärung der Gefangenen des UNO-Kommandos mit 20 Tagen Verspätung, nämlich erst am 15. Oktober, ein. Nachdem es an diesem Tage dank der Geschicklichkeit des indischen Vorsitzenden und des Lagerkommandanten gelungen war, ein Lagerabteil von 500 chinesischen Gefangenen zum Erscheinen vor den Aufklärern zu veranlassen, konnten diese innerhalb weniger Stunden in 32 Zelten einzeln bearbeitet werden. Das Ergebnis stellte sich für die Aufklärer als Misserfolg heraus : nur etwa 2 Prozent der Gefangenen entschlossen sich zur Rückkehr in ihre Heimat. Die Sitzungen selber hinterliessen einen deprimierenden Eindruck. Die Aufklärer bewahrten zwar vollkommene Ruhe und beschränkten sich notgedrungen auf Propagandareden allgemeiner Art. Die antikommunistisch eingestellten Gefangenen hingegen liessen es sich angelegen sein, die Vertreter der chinesischen Regierung heftig zu beschimpfen, und versuchten wiederholt, sie tätlich anzugreifen, weshalb die indischen Bewachungssoldaten gezwungen waren, die Gefangenen oft mit Gewalt niederzuhalten. Die ganze Veranstaltung erschien weitgehend sinnlos : kein einziger Gefangener wurde durch die Uberzeugungsversuche der Aufklärer in seiner Haltung beeinflusst. Die wenigen, die sich zur Repatriierung meldeten, äusserten diesen Entschluss schon beim Eintritt ins Aufklärungszelt. Die einzige positive Seite der Gefangenenaufklärung lag darin, dass alle vorgeführten Gefangenen, da sie einzeln erschienen,
völlig frei waren, ihren wahren Willen ohne Furcht zu äussern.

Schon am 16. Oktober sah sich die Neutrale Heimschaffungskommission vor die entscheidende Schwierigkeit gestellt : das chinesisch-nordkoreanische Kommando hatte für diesen Tag 1000 koreanische Gefangene des UNO-Kommandos zum Erscheinen vor den Aufklärern verlangt, die sich nun aber weigerten, ihre Lager zu verlassen, und jedem Zureden unzugänglich waren. Wie bereits am Vortag liess man ein Bataillon aufmarschieren; aber diese Demonstration blieb wirkungslos, und bereits auch hatten sich die Insassen der umliegenden Umzäunungen zu Tausenden zusammengerottet, um ihre Solidarität durch lebhafte Manifestationen zu bekunden. Es wurde somit klar, dass die Kommission ihre Anordnung nur mit effektiver Waffengewalt und mit der Inkaufnahme von Menschenopfern unter den Gefangenen würde einsetzen können. Im Schosse der Kommission gab diese Sachlage zu den schärfsten Meinungsdifferenzen Anlass. Die Vertreter der Schweiz und Schwedens erklärten, dass sie niemals ihre Zustimmung zur Anwendung von bewaffneter Gewalt gegenüber den der Kommission anvertrauten Gefangenen erteilen würden, da ein solches Vorgehen unmenschlich sei und im klaren Widerspruch zur Genfer Konvention und zu den Bestimmungen der ,Terms of Référence' stehen würde. Gewaltanwendung war nach ihrer Auffassung nur zur Aufrechterhaltung der Disziplin und zur Unterdrückung von Verbrechen zulässig, niemals jedoch, um die Gefangenen vor die Vertreter ihres Heimatlandes zu schleppen.

Der indische Vorsitzende schloss sich der Meinung des schweizerischen und des schwedischen Vertreters an, s'o dass die Auffassung des polnischen und des tschechoslowakischen Kommissionsmitgliedes, die Gefangenen seien ohne Rücksicht auf ihren Widerstand zu den Aufklärungszelten zu bringen und die Verantwortung für die Durchführung dieser Massnahme samt ihren Polgen sei der indischen Bewachungsmacht zu überlassen, in der Minderheit blieb. Damit war klar, dass hinfort .Hearings' nur noch

744 stattfinden konnten, wenn es möglich wurde, die Gefangenen zur freiwilligen Mitwirkung zu überreden. Dass dies in der Folge auch gelang, war das Verdienst des indischen Vorsitzenden, der mit äusserster Geduld und grossem Geschick das Vertrauen der Kriegsgefangenen zu gewinnen verstanden hat. Allerdings erzielte er das gewünschte Ergebnis nicht sofort bei allen Gefangenen. So weigerten sich vorerst, bis Ende Oktober, die Koreaner, vor den Aufklärern zu erscheinen, während in jenem Zeitpunkt die Chinesen hierzu durchaus bereit waren. Da jedoch auf Grund der Verfahrensregeln das chinesisch-nordkoreanische Kommando darauf bestand, Gefangene nach seiner Wahl für die ,Hearings' aufzufordern, ohne Rücksicht auf deren momentane Bereitschaft, sich diesem Ansuchen zu fügen, erlitt das Aufklärungsverfahren fortwährend neue Unterbrechungen.

Zusätzliche Schwierigkeiten schufen die ohinesisch-nordkoreanischen Aufklärer dadurch, dass sie die Abwicklung des Verfahrens über Gebühr in die Länge zogen und die einzelnen Sitzungen mit den Gefangenen bis zu zwei und mehr Stunden ausdehnten, so dass an einem Tage nicht mehr alle Insassen eines Lagerabteils an die Reihe kamen.

Damit erwuchs der Kommission die Schwierigkeit, die bereits aufgeklärten Gefangenen abzusondern. Die Verfahrensregeln für die .Hearings' sahen in der Tat vor, dass aufgeklärte Gefangene von solchen, welche die ,Hearings' noch nicht besucht hatten, getrennt zu halten seien. Dabei war, wie schon angedeutet, vorausgesetzt, dass wenigstens im Anfangsstadium jeden Tag ein ganzes Lagerabteil von 500 Gefangenen oder ein Vielfaches davon aufzuklären seien. Durch die Verlangsamung der .Hearings' machte das chinesisch-nordkoreanische Kommando diese Aufgabe unlösbar, da vorerst keine zusätzlichen Absonderungszelte zur Verfügung standen. Später, als die nötigen Einrichtungen geschaffen wurden, weigerten sich die Gefangenen, unter solchen Umständen zu den .Hearings' zu gehen, da sie eine dauernde Aufspaltung ihrer Lagergemeinschaft befürchteten. Das chinesisch-nordkoreanische Kommando nahm das Problem der Absonderung zum Anlass, um die ,Hearings' während Wochen einzustellen.

Weitere Komplikationen entstanden schliesslich durch die Forderung des chinesischnordkoreanischen Kommandos nach gleichzeitiger Lautsprecherpropaganda im ganzen Südlager, die «das
indische Truppenkommando wegen der Gefahr allgemeiner Unruhen unter den Gefangenen ablehnen musste.

Es erübrigt sich im Rahmen dieses allgemeinen Überblickes, auf die Chronologie der Unterbrechungen und Wiederaufnahmen der , Hearings' einzutreten. Alles in allem hat die Gefangenenaufklärung im Südlager nur während 10 Tagen wirklich stattgefunden, indes die 90tägige Frist seit Übernahme des Gewahrsams der Gefangenen 'durch die Neutrale Heimschaffurrgskomrnission am 23.Dezember ablief.

Im Nordlager, wo sich die rund 350 nicht heimkehrwilligen Gefangenen des chinesisch-nordkoreanisohen Kommandos befanden, wurde dem Wunsche des UNOKommandos entsprechend erst anfangs Dezember mit der Aufklärungstätigkeit begonnen. Auch dort waren die Gefangenen politisch straff organisiert. Während der Aufklärungssitzungen legten sie alle das gleiche wohl vorbereitete Verhalten an den Tag und weigerten sich schliesslich überhaupt, zu den .Hearings' zu erscheinen, wenn ihnen nicht die Möglichkeit eingeräumt werde, den Aufklärern ihrerseits Propagandareden zu halten. Mit diesem Tausch der Rollen konnte sich die NNRC natürlich nicht einverstanden erklären. Auf diese Weise wurden schliesslich auch die Vertreter der Vereinigten Staaten der Möglichkeit beraubt, mit den 22 prokommunistischen amerikanischen Gefangenen zu sprechen. Insgesamt haben im Nordlager an 7 Tagen ,Hearings' stattgefunden, ohne dass sich bei diesem Anlass ein Gefangener zur Heimschaffung gemeldet hätte.

Die umseitige Tabelle gibt das Gesamtergebnis des Aufklärungsverfahrens wieder.

Von den ursprünglich durch die Neutrale Heimschaffungskommission übernommenen Kriegsgefangenen sind somit innerhalb der in den Paragraphen 8 und 11 der .Terms of Référence' ausgesetzten Frist, während welcher den Vertretern der Heimatstaaten Zutritt zu den Lagern gewährt werden durfte, nur 3452 dem Auf-

745 Auf Grund der Erklärungen' iieimgeschaffte Gefangene Südlager Nordkoreaner

Kriegsgefangene Gefangene Nordlager

Chinesen

Südkoreaner

Amerikaner

Briten

aufgekl. repat. aufgekl. repat. aufgekl. repat. aufgekl. repat. aufgekl.l repat.

15. Oktober 1953 17. Oktober 1953 31. Oktober 1953 3. November 1953 4. Novemberl953 5. November 1953 16.Novemberl953 2. Dezember 1953 3. Dezember 1953 4. Dezember 1953 S.Dezember 1953 7. Dezember 1953 8. Dezember 1953 9. Dezember 1953 10. Dezember 1953 11. Dezember 1953 21. Dezember 1953 22. Dezember 1953 23. Dezember 1953

457 483 227

480 430

10 9

203 136

2 2

21 19 6

30 30 30 40 30 30 30 30 5 42

1209

249 240 1 250 47 1988

33 23 11 90

255

--

--

--

--

--

klärungsverfahren unterworfen worden, in dessen Verlauf sich 137 Gefangene oder rund 4 Prozent zur Heimschaffung meldeten.

So konnte die Neutrale Heimschaffungskommission ihr Mandat nicht vollständig erfüllen, da die Vertreter der Heima'tstaaten die Möglichkeit des Zutritts zu den Gefangenen nur in beschränktem Masse ausgenützt haben. Innerhalb der Kommission waren die Meinungen über die Gründe, die für diesen Misserfolg verantwortlich seien, geteilt. Dies kam anlässlich der Abfassung eines Zwischenberichtes zum Ausdruck, den die Kommission nach Abschluss der Frist für die Gefangenenaufklärung den beiden Kommandos vorzulegen beschlossen hatte. Der indische Vorsitzende, das polnische und das tschechoslowakische Mitglied, also eine Mehrheit der Kommission, gaben einer vom indischen Sekretariat ausgearbeiteten Passung ihre Zustimmung, die dem störenden Einfluss der unter den antikommunistischen Gefangenen bestehenden, von aussen beeinflussten Organisationen entscheidendes Gewicht für die nur teilweise Erfüllung des Mandates der Kommission beimass. Das schweizerische und das schwedische Mitglied der Kommission konnten die allgemeine Tendenz dieses Berichtes und dessen Schlussfolgerungen nicht billigen und sahen sich daher veranlasst, einen Minderheitsbericht zu verfassen, der auf der Feststellung beruhte, dass die Gefangenenaufklärung vom 15. Oktober an täglich hätte stattfinden können, wenn das chinesisch-nordkoreanische Kommando die Empfehlungen der Kommission, die sich nach den gegebenen Möglichkeiten richteten, befolgt hätte. Sogar schon vor diesem Datum wären .Hearings' in gewissem Umfange in den ursprünglich vorhandenen baulichen Einrichtungen möglich gewesen.

So wie die Dinge nun einmal standen, glaubte sich das chinesisch-nordkoreanische Kommando berechtigt, die Ausdehnung der Frist für die Gefangenenaufklärung über Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

54

746 das in den ,Terms of Beference' vorgesehene Datum hinaus zu verlangen, und zwar für so lange, bis während vollen 90 Tagen .Hearings' stattgefunden hätten. Die Neutrale Heimsohaffungskommission hatte zu diesem Ersuchen Stellung zu nehmen, da sie allein zur Auslegung der Mandatsbestimmungen kompetent gewesen ist. Die aus den Vertretern Indiens, Schwedens und der Schweiz zusammengesetzte Mehrheit vertrat den Standpunkt, dass die Begrenzung der Frist auf 90 Tage vom Zeitpunkt der Übernahme des Gewahrsams der Gefangenen an gerechnet, absolut zwingend sei und dass infolgedessen eine Verlängerung einer Änderung des Waffenstillstandsabkommens gleichkomme, die nur im Falle einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den kriegführenden Parteien vorgenommen werden könne. Die Kommissionsminderheit., bestehend aus dem polnischen und 'dem tschechoslowakischen Mitglied, teilten die Auffassung des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos und stimmten für die Fortsetzung des Aufklärungsverfahrens. Nachdem eine Einigung der beiden Kommandos nicht zustandekam, erklärte die NNRC das Aufklärungsverfahren mit dem 23. Dezember als abgeschlossen.

Die Verfügung über die Gefangenen An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass mit dem Ende der Aufklärung der Kriegsgefangenen für sie die Möglichkeit, die Heimschaffung zu verlangen, durchaus nicht aufhörte. Solange sie sich im Gewahrsam der NNRC befanden, hatte gemäss Paragraph 10 der ,Terms of Référence' jeder Gefangene das Recht, sich an einen Angehörigen der indischen Bewachungsmacht zu wenden und sein Ersuchen um Repatriierung kundzutun. Die betreffenden Gefangenen wurden jeweilen sofort abgesondert und einem sogenannten Validationsausschuss der NNRC vorgeführt, welcher sich vergewisserte, dass der Gefangene seinen Wunsch nach Heimschaffung aus freiem Willen gefasst hatte. Alsdann wurde er dem Kommando, dem er vor seiner Gefangennahme unterstellt gewesen war, übergeben. Es gehörte zu den wichtigsten Obliegenheiten der Neutralen Heimschaffungskommission, den Gefangenen die Gelegenheit zum Vorbringen des Repatriierungsgesuches zu bieten, ohne dass sie Repressalien ihrer politisch andersdenkenden Kameraden ausgesetzt wurden. Nach Abschluss der GefangenenHearings, anlässlich welcher den Gefangenen diese Chance ohne weiteres offen stand, die aber leider nur ein geringer
Prozentsatz vor ihnen durchlief, schienen deshalb besondere Vorkehrungen am Platz, um jeden Gefangenen mindestens einmal während kurzer Zeit der Reichweite seiner Kameraden und damit jedem allfälligen Druck zu entziehen, bevor die 120tägige Gewahrsamsfrist am 22. Januar 1954 abgelaufen war.

Als daher die indische Bewachungsmacht daran ging, die Gefangenen zu Kontrollzwecken einzeln vor einem Truppenkontingent vorbeimarschieren zu lassen, fand diese Massnahme den ungeteilten Beifall des schweizerischen und des schwedischen Kommissionsmitgliedes. Das chinesisch-nordkoreanische Kommando protestierte jedoch heftig dagegen, mit der Begründung, das Aufklärungsverfahren dürfe nicht durch eine einfache ,Siebung' der Gefangenen ersetzt werden; in der Kommission vertraten das polnische und das tschechoslowakische Mitglied die gleiche Ansicht. Der indische Vorsitzende gab diesen Vorstellungen nach, so dass dem Willen der Kommissionsmehrheit entsprechend die erwähnten Kontrollmassnahmen eingestellt wurden. Davon waren bereits etwa 4000 Lagerinsassen erfasst worden. Auch unter den Gefangenen machte sich ein wachsender Widerstand gegen die Massnahme geltend.

Vom Beginn des Monats Januar an stellte sich immer dringlicher die Frage, was mit den Kriegsgefangenen zu geschehen habe, wenn am 22. Januar die festgesetzte Frist für die Obhut von 120 Tagen seit ihrer Übernahme durch die Kommission ablaufen würde. Die rechtliche Ausgangslage war folgende: Paragraph 60 des Waffenstillstandsabkommens empfahl den Regierungen der am Krieg in Korea beteiligten Länder, drei Monate nach Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens zu einer politischen Konferenz zusammenzutreten, um eine friedliche Regelung der koreanischen Frage zu bewerkstelligen. Paragraph 11 der ,Terms of Référence' sah

747 seinerseits vor, dass nach Ablauf der 90tägigen Aufklärungsfrist der eben erwähnten politischen Konferenz die Frage zu unterbreiten sei, was mit den Kriegsgefangenen zu geschehen habe, die von ihrem Recht auf Heimschaffung nicht Gebrauch gemacht hatten. Die Neutrale Heimschaffungskommission habe, so fährt Paragraph 11 der ,Terms of Référence' fort, den Zivilstatus für diejenigen Gefangenen zu erklären, für welche die politische Konferenz innert 30 Tagen, das heisst 120 Tage nach Übernahme des Gewahrsams der Gefangenen durch die Kommission, keine anderweitige Verfügung getroffen habe. Demgegenüber stand die Tatsache, dass das chinesisch-nordkoreanische Kommando die Frist für die Gefangenenaufklärung mit dem 23. Dezember nicht als abgeschlossen betrachtete und dass sich die kriegführenden Parteien über die Modalitäten einer politischen Konferenz nicht hatten einigen können, so dass eine solche bis zum Ablauf der vorgesehenen Fristen überhaupt nicht zustande kam. Der indische Vorsitzende forderte die beiden Kommandos auf, zu der Sachlage Stellung zu beziehen.

Das chinesisch-nordkoreanische Kommando stellte sich auf den Standpunkt, es seien zwei Vorbedingungen notwendig, damit die Neutrale Heimschaffungskommission die nicht heimkehrwilligen Gefangenen zu Zivilpersonen erklären könne: einmal die Abhaltung von ,Hearings' mit den Gefangenen während vollen 90 Tagen, zweitens der Zusammentritt einer politischen Konferenz. Solange diese Erfordernisse nicht erfüllt seien, komme den in Paragraph 11 der ,Terms of Référence' genannten Fristen keine Bedeutung zu. Das UNO-Kommando dagegen erklärte, die Heimschaffungskommission habe die unabdingbare Pflicht, die Gefangenen am 22. Januar um Mitternacht freizulassen; diese Auslegung ergebe sich unzweideutig aus dem Wortlaut des Paragraph 11 der ,Terms of Référence'.

Angesichts dieses Gegensatzes zwischen den beiden Waffenstillstandsparteien gestaltete sich die Tätigkeit der Neutralen Heimschaffungskommission besonders heikel. Der indische Premierminister Pandit Nehru hatte in einer vor Jahresende im Parlament gehaltenen Rede ausgeführt, der Entscheid über das Los der Kriegsgefangenen in Korea sei infolge seiner wesentlich politischen Natur der Zuständigkeit der Neutralen Heimschaffungskommission entrückt und müsse deshalb durch die interessierten Regierungen
abgeklärt werden. Der indische Kommissionsvorsitzende, General Thimayya, war seinerseits, entsprechend den Weisungen seiner Regierung, bestrebt, die Verfügung über die nicht heimkehrwilligen Gefangenen den beiden Kommandos anheimzustellen, da hierüber im Schosse der Kommission unüberwindliche Meinungsverschiedenheiten bestanden. Hingegen hielt es das schwedische Kommissionsmitglied aus grundsätzlichen Erwägungen für geboten, einen Resolutionsantrag einzubringen, wonach die Voraussetzungen für die Überführung der Gefangenen in den Zivilstatus auf den 22. Januar 1954 als gegeben zu betrachten seien. In der Tat sei die Frist für die Gefangenenaufklärung am 23.Dezember abgelaufen; andererseits sei der Zusammentritt einer politischen Konferenz, welche Paragraph 60 des Waffenstillstandsabkommens den interessierten Regierungen empfehle, keine unerlässliche Voraussetzung für die Freilassung der Gefangenen; lediglich im Falle, dass eine solche zusammengetreten wäre, hätte ihr das Gefangenenproblem vorgelegt werden müssen. Paragraph 11 der Terms of Référence' verlange unmissverständlich, dass die Gefangenschaft an dem unverrückbaren Datum des 22. Januar ihr Ende finde und der Pflicht, dieser zwingenden Vorschrift nachzuleben, dürfe sich die Neutrale Heimschaffungskommission nicht entziehen. Das schweizerische Kommissionsmitglied unterstützte diesen Resolutionsantrag, in der Meinung, dass die Kommission an den klaren Wortlaut der ,Terms of Référence' gebunden sei, welche einen Beschluss über diese Frage erforderlich machten, weshalb es nicht anging, Rechtsgrundsätze mit politischen Überlegungen zu vermengen. Die Kommissionsmehrheit, bestehend aus den Vertretern Indiens, Polens und der Tschechoslowakei, lehnte aber den schwedischen Antrag ab.

Immerhin gab sich der indische Vorsitzende Rechenschaft, dass die Obhut der Kommission über die Gefangenen nicht über den 22. Januar hinaus verlängert werden könne, ohne die Gefahr eines allgemeinen Ausbruchs der Gefangenen heraufzubeschwören, die ja den Wortlaut der ,Terms of Référence' kannten und auf ihre Freilassung nach

748 Ablauf der 120tägigen Frist seit Übernahme des Gewahrsams durch die Kommission zählten. Die Verantwortung für die Folgen eines solchen Massenausbruches wollte Indien mit Recht nicht übernehmen. Rein juristisch liess sich zwar diese Haltung des indischen Vorsitzenden nach Ablehnung des schwedischen Resolutionsantrages nicht mehr begründen. Trotzdem gewährten das schweizerische und das schwedische Mitglied dem Präsidenten ihre Unterstützung in dem Bestreben, eine Lösung zu finden, um die Kriegsgefangenen aus dem Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission zu entlassen, sei es, indem am Stichtag des 22. Januar die indischen Bewachungstruppen zurückgezogen oder indem die Gefangenen den beiden Parteien des Waffenstillstandsabkommens zurückgegeben würden. Die erste Möglichkeit hätte zwar für die Gefangenen die Freiheit bedeutet, jedoch die Gefahr von Unruhen beim ungeordneten Abmarsch aus den Umzäunungen in sich geschlossen. Die zweite Alternative bot alle Gewähr für eine reibungslose Abwicklung und wurde denn auch vom indischen Vorsitzenden mit Zustimmung des schweizerischen und schwedischen Mitgliedes als Ausweg gewählt. So unbefriedigend diese Lösung in grundsätzlicher Hinsicht auch scheinen mochte - schloss sie doch das Eingeständnis der Neutralen Heimschaffungskommission in sich, das Mandat nicht vollständig ausgeführt zu haben --, wurde sie doch den Interessen der Gefangenen gerecht, deren Aufenthalt hinter Stacheldraht ein Ende gesetzt war.

Allerdings ergab sich zwischen dem indischen Vorsitzenden einerseits und dem schweizerischen und dem schwedischen Mitglied anderseits eine weitere Meinungsverschiedenheit : General Thimayya war entschlossen, die Rückgabe der Gefangenen an die beiden Kommandos an die Auflage zu knüpfen, dass ihr Status als Kriegsgefangene nicht geändert werde, mit anderen Worten, er verlangte vom UNO-Kommando und vom chinesisch-nordkoreanischen Kommando, dass sie von der Freilassung der zurückerhaltenen Gefangenen absehen sollten, bis vielleicht eine politische Konferenz doch noch zustande kommen und sich mit der Frage befassen werde. Die Vertreter der Schweiz und Schwedens konnten der Kommission kein Recht zuerkennen, den beiden Kommandos Bedingungen aufzuerlegen, deren Wirkung über die Dauer des Mandates der Kommission hinausgingen. Die Vertreter Polens und der
Tschechoslowakei stimmten überhaupt gegen die Beendigung der Obhut über die Gefangenen durch die NNRC. Der indische Vorsitzende erklärte jedoch, die Verantwortung für die an die Rückgabe der Gefangenen geknüpfte Bedingung zu übernehmen und die entsprechenden Schreiben an beide Kommandos in seinem eigenen Namen abzusenden. Das schweizerische und das schwedische Mitglied wollten den Ablauf der Ereignisse nicht aufhalten und begnügten sich mit einem juristischen Vorbehalt im Sitzungsprotokoll; denn es war im vornherein anzunehmen, dass die rechtlich nicht stichhaltige Auflage des Kommissionsvorsitzenden auf die spätere Freilassung der Gefangenen durch die Kommandos ohne Einfluss sein würde. Sie erklärten sich gleichfalls gegen einen später auf polnisch-tschechoslowakischen Antrag von der Kommission gefassten Beschluss, womit die sofortige Freilassung der Gefangenen durch das UNO-Kommando im voraus als rechtswidrig gebrandmarkt wurde.

Dies waren die Umstände, unter denen am Morgen des 20. Januar die indischen Truppen die Gefangenen des Südlagers aus ihren Umzäunungen herausführen und in Kolonnen aus der demilitarisierten Zone abmarschieren Hessen, um sie an deren Grenzen dem UNO-Kommando zu übergeben. Die Operation vollzog sich in mustergültiger Ordnung. Das Kommando der indischen Bewachungsmacht achtete darauf, an den Lagerausgängen Truppen aufzustellen und die Gefangenen einzeln und in Abständen herauskommen zu lassen, um derart denjenigen unter ihnen, die bis dahin von ihren Kameraden an der Äusserung ihres wahren Willens abgehalten worden sein sollten, eine letzte Gelegenheit zu bieten, sich an die indische Bewachungsmacht zu wenden und um Heimschaffung nachzusuchen. Das schweizerische Kommissionsmitglied legte Wert darauf, diese Operation mit einigen Mitarbeitern persönlich zu beobachten. Dabei konnte festgestellt werden, dass mit Ausnahme eines Lagerabteils, wo koreanische Gefangene anfänglich versuchten, solche Kameraden, welche die Repatriierimg wähl-

749 ten, zu überfallen, an allen beobachteten Stellen die Gefangenen die freie Wahl hatten, entweder sich dem chinesisch-nordkoreanischen Kommando zuzuwenden oder sich dem Zug ihrer Kamjeraden nach dem Süden anzuschliessen. Das schweizerische Kommissionsmitglied hat den bestimmten Eindruck, dass somit die Forderung des ParagraphlO der ,Terms of Référence', der den Gefangenen während der Zeit der Obhut das Recht einräumte, die Repatriierung zu verlangen, für deren überwiegende Mehrheit erfüllt worden ist.

Im Nordlager der demilitarisierten Zone, wo die rund 350 nicht heimkehrwilligen Gefangenen des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos untergebracht waren, entstand eine besondere Situation, als sich das chinesisoh-nordkoreanische Kommando weigerte, die Gefangenen zurückzunehmen. Die indischen Bewachungstruppen zogen sich dort am 22. Januar zurück, doch wollten die Gefangenen nicht abziehen, da sie die Stellungnahme des chinesisch-nordkoreanischen Kommandos zu der ihrigen machten.

Schliesslich fand das genannte Kommando den Weg, die Rotkreuzgesellschaften Chinas und Nordkoreas mit dem Abtransport dieser Gefangenen aus der demilitarisierten Zone und ihrer weiteren Betreuung zu beauftragen, womit auch sie praktisch freigelassen wurden. Auch im Nordlager hatte es den Gefangenen während der Zeit der Obhut nicht an Gelegenheit gefehlt, die Heimschaffung zu verlangen.

Das Folgende ist die Aufstellung der von der NNRC während des Gewahrsams heimgeschafften Gefangenen: 1. Ohne A u f k l ä r u n g Chinesen Nordkoreaner Südkoreaner Amerikaner

351 141 7 2 --

Total 2. Anlässlich der A u f k l ä r u n g Chinesen Nordkoreaner Total Zusammenstellung Zur Nordseite Zur Südseite

501

90 47 137 629 9

Total

638

Am 20. und 21. Januar 1954 wurden aus dem Gefangenenlager Süd dem Kommando der UNO-Truppen übergeben : Chinesen 14 227 Nordkoreaner 7 578 Total 21805 Im Lager Nord verblieben am 22. Januar 1954 bis zur Übernahme durch die Rotkreuzgesellschaften Chinas und Nordkoreas: Amerikaner 21 Brite l Südkoreaner 325 Total 347

750 Abschluss der Arbeiten und Auflösung der neutralen Kommission Nachdem am 22. Januar die Obhut über die Kriegsgefangenen zu Ende gegangen war, blieben der Neutralen Heimschaffungskommission drei Fragen zur Erledigung : 1. Die Kommission musste entscheiden, ob und unter welchen Umständen ein Gerichtsverfahren gegen 18 unter Mordanklage stehende Gefangene, das sich in der Schwebe befand, weitergeführt und abgeschlossen werden sollte. Es stellte sich bald heraus, dass es sich um eine rein akademische Präge handelte; denn das UNO-Kommando bestritt der neutralen Kommission das Recht, nach dem 22. Januar weiterhin eine Gerichtsbarkeit über Gefangene auszuüben, und weigerte sich, den Verteidiger der Angeklagten und die bereits mit den übrigen Gefangenen übernommenen Zeugen weiterhin an die Gerichtsverhandlungen zu entsenden. So blieb der Kommission nur übrig, diese 18 vorläufig zurückbehaltenen Angeklagten dem UNO-Kommando ebenfalls samt den Gerichtsakten zu übergeben mit der Empfehlung, für den Abschluss des Prozesses besorgt zu sein.

2. Da die Kommission die Gefangenen nicht zu Zivilpersonen erklärte, fiel auch die in den ,Terms of Référence' der Kommission überbundene Pflicht dahin, den Gefangenen dabei behilflich zu sein, sich nach neutralen Ländern zu begeben. Während der Obhut durch die Kommission hatten mehr als hundert Gefangene den Wunsch geäussert, nach neutralen Ländern entlassen zu werden. Schliesslich weigerten sich noch deren 88, einem der beiden Kommandos übergeben zu werden und so nahm der indische Kommissionsvorsitzende die Verantwortung auf sich, diese Gefangenen zusammen mit den Bewachungstruppen nach Indien zu verschiffen, wo sie bleiben werden, bis über ihr weiteres Schicksal im Einvernehmen mit der Organisation der Vereinten Nationen beschlossen sein wird.

3. Schliesslich blieb der Kommission übrig, den offiziellen Schlussbericht über ihre Tätigkeit zu verfassen. In bezug auf einige Aspekte und insbesondere die Schlussfolgerungen konnten sich das schweizerische und das schwedische Komrnissionsmitglied der Ansicht der Mehrheit nicht anschliessen. Sie hatten jedoch die Möglichkeit, ihren gemeinsamen, abweichenden Standpunkt in der Form von Minderheitserklärungen zur Geltung zu bringen. Die hauptsächlichste Meinungsverschiedenheit bestand in der Würdigung der Ergebnisse, welche
die Neutrale Heimschaffungskommission in ihrer fünfmonatigen Tätigkeit erzielt hatte. Die Vertreter Indiens, Polens und der Tschechoslowakei - das heisst die Kommissionsmehrheit - stellten die Lage in dem Sinne dar, es sei der NNRC nicht gelungen, über die ihr anvertrauten Gefangenen nach deren wirklichemWillen zu verfügen, weil der von den politischen Organisationen der Gefangenen im Südlager ausgeübte Terror die Heimkehrwilligen in grossem Masse daran gehindert habe, sich für die Repatriierung nach China oder Nordkorea zu melden. Das schweizerische und das schwedische Mitglied hingegen waren davon überzeugt, dass es sich bei den Heimkehrwilligen um eine kleine Minderheit gehandelt hat, wie die Erfahrungen während der Gefangenenaufklärung zeigten, und dass diese Minderheit verschiedentlich Gelegenheit fand, um Repatriierung nachzusuchen, trotz des unbestreitbaren Bestrebens ihrer Kameraden, dies zu verhindern. In der Tat, was mehr als fünfhundert Gefangenen möglich war, nämlich sich im Laufe der Zeit bei Gelegenheit unter den Schutz der indischen Bewachungstruppen zu stellen, hätten auch Tausende vollbringen können, ganz besonders bei ihrer Entlassung aus den Lagern, wenn es ihr Wille gewesen wäre.

Die Neutrale Heimschaffungskommission hiess den Schlussbericht in ihrer Sitzung vom 16. Februar gut und beschloss, ihn den beiden Kommandos zuzustellen.

Sie löste sich am 21. Februar gegen die Stimmen des polnischen und tschechoslowakischen Mitgliedes, welche das Mandat der Kommission als nicht erfüllt betrachteten und den Zusammentritt einer politischen Korea-Konferenz abwarten wollten, auf.

Beurteilung der Kommissionsarbeit Bei einer abschliessenden Würdigung der Tätigkeit der Kommission wird man im Auge behalten müssen, dass von vornherein mit grösseren Schwierigkeiten und dem

751 Auftreten scharfer Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Kommission gerechnet werden musste. Gleichwohl hat sie wichtige positive Ergebnisse gezeitigt : Sie hat die rund 23 000 Gefangenen während 4 Monaten unter ihrem Gewahrsam gehalten, ohne dass sich grössere Zwischenfälle ereignet hätten; sie hat den Gefangenen eine Chance geboten, ihre Heimschaff ung nachzusuchen, und hat Heimkehrwillige nach Abwicklung der nötigen Formalitäten dem Kommando übergeben, dem sie vorher unterstanden.

Die Zahl derer, die heimgeschafft worden sind oder ihre Verbringung nach neutralen Ländern anfordern konnten (726) zeigt, dass der Vorwurf unbegründet ist, die Gefangenen seien ganz allgemein nicht imstande gewesen, ihren Willen frei und unabhängig zum Ausdruck zu bringen.

So hat die NNRG ihre Aufgabe innerhalb der im Waffenstillstandsvertrag aufgestellten Fristen erfüllt und das koreanische Gefangenenproblem auf eine Weise gelöst, dass keine neuen internationalen Spannungen daraus entstehen können.

3 §. Interventionen des Bundesrates Eine nicht unwichtige Frage war, ob die Schweizer Delegierten im Namen und für Rechnung des Bundesrates handelten und diesen durch ihre Entscheidungen verpflichteten. Der Bundesrat hob schon von Anfang an hervor, dass er nur ersucht worden war, die schweizerischen Delegierten wie ihre Mitarbeiter in den neutralen Kommissionen zu bezeichnen. Diese Delegierten handeln im Prinzip selbständig, d. h. ohne Instruktionen zu verlangen, wenn eine Frage auftaucht und die Delegation Stellung dazu nehmen muss. Der Bundesrat war jedoch der Ansicht, dass die Delegierten, sollten prinzipielle Fragen auf dem Spiele stehen, ihn um seine Meinung oder um seine Zustimmung ersuchen können. Der Bundesrat behielt sich desgleichen die Möglichkeit vor, an die Delegation Empfehlungen zu richten oder ihr genaue Instruktionen zu geben, besonders wenn die Grundsätze selbst der Aussenpolitik der Eidgenossenschaft dadurch berührt werden könnten. Diese rechtlich einzig zulässige Auffassung war auch die einzige, die in der Praxis innegehalten werden konnte. Die Bewertungselemente, über die man an Ort und Stelle verfügt, würden oft dem Bundesrat fehlen. Im übrigen wäre es schwierig, in einer aus vier oder fünf, von verschiedenen Ländern bezeichneten Mitgliedern bestehenden Kommission zu Lösungen zu gelangen, die zum Teil Kompromisse langer Diskussionen sind, wenn die Delegationen nicht selbständig handeln könnten. Die Beziehungen zwischen den eidgenössischen Behörden und den Delegierten wurden so auf eine Art geregelt, die sich bis heute als zufriedenstellend erwies.

Zufolge der Angriffe, denen der schweizerische Delegierte wie auch sein indischer und schwedischer Kollege ausgesetzt waren wegen ihrer Weigerung, zur Gewalt Zuflucht zu nehmen, um die Kriegsgefangenen zu zwingen, die Aufklärungen der nordkoreanischen und chinesischen Agenten anzuhören, war der Bundesrat der Ansicht, dass eigentliche humanitäre Grundsätze auf dem Spiele standen und dass er den Regierungen der interessierten Staaten (kriegführende oder in der Kommission vertretene) den offiziellen Standpunkt der Schweiz und die vorbehaltlose Zustimmung, die er der Haltung des Schweizer Delegierten gab, zur Kenntnis bringen musste. Er tat dies nicht in der Form einer diplomatischen Note, die die Eröffnung einer Debatte über diese Frage

752 zur Folge gehabt hätte, sondern durch eine mündliche Mitteilung an die diplomatischen Vertreter der interessierten Regierungen in Bern. Der Bundesrat stellte klar, dass er gegen jegliche Gewaltanwendung in irgendeiner Form wäre, da diese dem Abkommen über die Kriegsgefangenen vom 8. Juni 1953, der Genfer Konvention über die Kriegsgefangenen und den allgemeinen Bestimmungen des Völkerrechts widerspräche.

Die chinesischen, polnischen und tschechoslowakischen Regierungen antworteten, indem sie hervorhoben, dass gemäss den durch die Neutrale Heimschaffungskommission aufgestellten Verfahrensregeln die Teilnahme der Kriegsgefangenen an den « Auf klärungs»-Sitzungen obligatorisch wäre, dass die Anwesenheit terroristischer Organisationen und «agents provocateurs» in den Lagern die Kriegsgefangenen verhindern würde, ihren Willen zur Heimkehr kundzutun, und dass die neutrale Kommission das Abkommen über die Kriegsgefangenen und die Genfer Konvention verletzen würde, wenn sie nicht alle Mittel anwendete, um dem Terror, den die Spezialagenten von Syngman Rhee und Tschiang Kai-Shek über die Gefangenen ausübten, ein Ende zu setzen.

§ 4. Kosten der schweizerischen Delegationen in Korea Im Waffenstillstandsabkommen war die Frage, wer die Kosten der Delegationen in den Neutralen Kommissionen in Korea zu tragen hätte, nicht klar geregelt. Wir konnten diese Frage im Zeitpunkt, als die Annahme des Mandates zur Diskussion stand, nicht gut stellen und die Rückerstattung der Kosten zur Bedingung machen.

Die Unterhaltspesen in Korea (Nahrung, Unterkunft, Pflege, Transport) werden von den Kriegführenden getragen. Die amerikanischen Behörden übernahmen im übrigen den Lufttransport des Personals der Delegationen und ihres Materials von der Schweiz nach Korea. Die Eidgenossenschaft dagegen zahlte die den Mitgliedern ihrer beiden Delegationen ausgerichteten Löhne und Zulagen sowie die Kosten der Ausrüstung und des Materials. Diese Auslagen sind bedeutend. Für die Neutrale Heimschaffungskommission beliefen sie sich im gesamten auf 507 000 Franken. Für die Neutrale Überwachungskommission erreichten sie bis zum 31. Dezember 1954 den Betrag von 4934000 Franken.

Nach einiger Zeit zeigte es sich, dass die kriegführenden Parteien es als normal betrachteten, dass diese Kosten durch die in den neutralen Kommissionen vertretenen
Länder als eine Art Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens getragen werden sollten. Die anderen Staaten mit Delegationen in den neutralen Kommissionen erklärten, dass sie die Unkosten ihrer Delegationen übernehmen würden. Wir müssen demnach heute annehmen, dass uns die Auslagen nicht zurückerstattet werden und dass die Schweiz keine Schritte im Hinblick auf eine Rückvergütung ins Auge fassen sollte.

753 Die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, die bereit waren, sich nach Korea zu begeben, erfüllten eine heikle und schwierige Mission. Mehrere unter ihnen setzen heute noch diese Aufgabe fort. Die materiellen und moralischen Bedingungen, unter denen sie arbeiten, sind hart und sehr verschieden von denen, die sie in der Schweiz gewohnt sind.

Dem Bundesrat liegt daran, den Chefs und den Mitgliedern der schweizerischen Delegationen, die durch ihre Tätigkeit und ihr Benehmen unser Land in Korea würdig vertraten oder es heute noch vertreten, seinen Dank auszusprechen.

Kapitel V Dauer des Mandates der Neutralen Überwachungskommission und allfällige Herabsetzung der Personalbestände Durch die Annahme des Mandates, Delegierte für die Zusammensetzung der Neutralen Überwachungskommission zu bezeichnen, erfüllten die Länder, an die sich die Kriegführenden gerichtet hatten, eine der hauptsächlichsten für den Abschluss des Waffenstillstandes notwendigen Bedingungen. Auf Grund der Erfahrungen während einer fast einjährigen Tätigkeit mussten sich diese Länder fragen, ob die Aufrechterhaltung ihrer Delegationen in Korea noch möglich und gerechtfertigt war.

Der Bundesrat war stets der Auffassung, dass das von ihm übernommene Mandat nur von einer beschränkten Dauer sein sollte. Das Waffenstillstandsabkommen selbst sah ja vor, dass drei Monate nach seiner Unterzeichnung und seines Inkrafttretens eine politische Konferenz zusammentreten würde mit dem Auftrag, auf dem Verhandlungswege den Eückzug aller fremden Truppen aus Korea zu beschliessen und das koreanische Problem auf friedliche Weise zu regeln. Die Neutrale Überwachungskommission hatte daher eine zeitlich beschränkte Aufgabe zu erfüllen und sollte normalerweise nach einer relativ kurzen Zeit aufgelöst werden.

Die Durchführung der durch das Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen Kontrolle stiess überdies wegen der Zusammensetzung der Kommission und der Lücken im Waffenstillstandsabkommen auf Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten wurden bereits im vorliegenden Bericht dargestellt. Die Kontrolle, mit der die Kommission beauftragt war, war deshalb wenig wirksam.

Schliesslich legt die Mitwirkung in der Überwachungskommission den Ländern, die Delegationen stellten, nennenswerte Lasten auf, die zu.den erzielbaren Kesultaten in keinem Verhältnis stehen.
An der Konferenz, die vom 25. Januar bis zum 18. Februar 1954 in Berlin die Aussenminister der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs, Grossbritanniens und der Sowjetunion vereinigt hatte, war entschieden worden, dass diese sich erneut am 26. April in Genf mit den Vertretern der Volksrepublik Chinas, Nordkoreas und Südkoreas und der sechzehn Staaten, die unter der Fahne der Vereinten Nationen an den Ereignissen in Korea teilgenommen haben, wie auch mit anderen Ländern (Volksdemokratische Eepublik des

754 Viet-Nam, Vietnam, Königreich Laos, Königreich Kambodscha) treffen würden.

Das Ziel dieser Konferenz war, über Korea und Indochina zu verhandeln und durch ein Abkommen die diese beiden Länder betreffenden Probleme zu lösen suchen.

Kurz vor dieser Konferenz fragte daher der Bundesrat die Eegierungen der Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China an, ob der Tätigkeit der Neutralen tjberwachungskommission nicht ein Ende gesetzt werden könnte. In Washington und Peking wurde am 14. und 15. April 1954 durch unsere Gesandtschaft ein Memorandum überreicht. Sein Inhalt lautet: « . . . Auf Ersuchen der am Konflikt in Korea beteiligten Parteien akzeptierte die Schweiz im Jahre 1953, in der Neutralen Überwachungskommission vertreten zu' sein, um so ihren Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens im Fernen Osten zu leisten. Das Waffenstillstandsabkommen sah vor, dass innerhalb einer Frist von 90 Tagen nach Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens eine politische Konferenz zur Regelung des koreanischen Problems zusammentreten würde. Der Abschluss eines Friedensvertrages sollte automatisch der Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission ein Ende setzen. Die vereinbarte Konferenz fand jedoch nicht statt. Am 26. April nächsthin soll in Genf eine Konferenz stattfinden. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben wird sein, eine Lösung des koreanischen Problems zu suchen. Je nach den Ergebnissen der Konferenz könnte das Mandat der neutralen Kommission für eine unbestimmte Zeit verlängert werden. Da die Schweiz dieses Mandat nur für eine begrenzte Dauer ins Auge fasste, würde sich der Bundesrat vor eine neue Lage gestellt sehen, die ihn verpflichten würde, die Aufrechterhaltung der Teilnahme eines Schweizer Delegierten in der neutralen Kommission erneut einer Prüfung zu unterziehen.

Man konnte sich von Anfang an fragen, ob die Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens über die Tätigkeit der neutralen Kommission ihr ein wirksames Handeln gestatten würden. Die Zweifel, die man damals hegte, erwiesen sich als begründet. Der Bundesrat könnte es nicht zulassen, dass man eines Tages der Schweizer Delegation vorwerfen könnte, eine ungenügende Kontrolle ausgeübt zu haben, obwohl sie sich strikte an den Inhalt des Mandates, das sie erhalten hatte, hielt.

Bis heute wurde dieser wenig zufriedenstellende Zustand in
Kauf genommen in der Erwartung, dass der Friede in Korea rasch wieder hergestellt sein würde. Auf die Dauer jedoch wäre dies kaum mehr tragbar.

Diese Umstände zwingen den Bundesrat zur Bitte an die beiden am Konflikt in Korea beteiligten Parteien, prüfen zu wollen, ob die Tätigkeit der neutralen Kommission nicht beendigt werden sollte. Der Bundesrat überlässt es ihnen, zu entscheiden, wie dieses Ziel erreicht werden könnte. Er fragt sich, ob die Genfer Konferenz nicht Gelegenheit böte, die Frage, die ihn mit Sorge erfüllt, zu prüfen und zu lösen.» Die schwedische Regierung unternahm ihrerseits einen ähnlichen Schritt in Washington und Peking.

Die in der Neutralen Überwachungskommission vertretene schwedische, tschechoslowakische und polnische Regierung, wie auch die Regierungen der zur Genfer Konferenz einladenden Mächte, Frankreich, Grossbritannien und die Sowjetunion, wurden über unsere Demarche unterrichtet, und der Wortlaut des Memorandums wurde ihnen mitgeteilt.

Die polnische und die tschechoslowakische Regierung nahmen in Memoranden, die sie unseren Gesandtschaften in Warschau und Prag am 28. und 80. April 1954 überreichten, Stellung. Sie machten in diesen Dokumenten geltend, dass die neutrale Kommission ein Kontrollinstrument des Waffen-

755 Stillstandsabkommens sei, sie in der Lage sei, einen dauerhaften Waffenstillstand in Korea sicherzustellen und folglich ihre Aktivität fortsetzen müsse.

Kurze Zeit nach unserer Demarche bei den chinesischen und amerikanischen Eegierungen erfuhren wir, dass der erste Delegierte der UNO-Streitkräfte bei der militärischen Waffenstillstandskommission, Generalmajor J. K. Lacey, am 15. April 1954 ein Schreiben an die Neutrale Überwachungskommission gerichtet hatte, worin unter anderem hervorgehoben wird, dass sie unfähig gewesen sei, eine Kontrolle in Nordkorea durchzuführen. 'Die schweizerischen und schwedischen Delegierten in der neutralen Kommission antworteten am 4. Mai General Lacey, dass das ganze Problem der Kontrolle durch die militärische Waffenstillstandskommission im Hinblick auf eine klarere Regelung neu geprüft werden sollte1). Dieser Briefwechsel wurde durch die Delegation der Vereinigten Staaten bei der Genfer Konferenz veröffentlicht.

Die Asienkonferenz tagte in Genf vom 26. April bis 21. Juli. Für Korea ersetzte sie die im Waffenstillstandsabkommen vorgesehene politische Konferenz.

Man versicherte von beiden Seiten, dass allgemeine und freie Wahlen den Ausgangspunkt für die Wiedervereinigung Koreas bilden sollten. Doch war es nicht möglich, einen Wahlmodus zu finden, der die Unparteilichkeit der Wahlvorgänge garantiert hätte.

Die Frage der Weiterführung der Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission war bis Ende Mai von der Konferenz nicht erörtert worden. Da wir überdies von den beiden interessierten Eegierungen keine Antwort erhalten hatten, brachten wir unsere Demarche in Erinnerung, indem wir unsere Gesandtschaften in Washington und Peking beauftragten, über ihre Absichten Informationen einzuholen.

Die amerikanischen Behörden sprachen sich nicht aus. Das chinesische Aussenministerium, dem unser Gesandter in Peking am 25.Mai ein neues, unsere Demarche vom 15. April in Erinnerung rufendes Memorandum überreicht hatte, antwortete am 14. Juni 1954, indem es was folgt geltend machte: Die Neutrale Überwachungskommission in Korea ist ein wichtiges, gemäss den Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens gebildetes Organ zur Kontrolle des Waffenstillstandes. Dieses Organ übernimmt die äusserst schwere Verantwortung, die Durchführung zu kontrollieren und so die Aufrechterhaltung
des Waffenstillstandes sicherzustellen. Seit ihrer Bildung spielte die neutrale Kommission eine positive Eolle, indem sie die Verwirklichung des Waffenstillstandes ermöglichte. Die Ergebnisse, die sie erzielt, und den Beitrag, den sie geleistet hat in Erfüllung der Aufgaben, die ihr durch das Waffenstillstandsabkommen übertragen- wurden, sind unbestreitbar. Schwierigkeiten ereigneten sich infolge der verschiedenen, durch das Kommando der Vereinten Nationen in Verletzung des Waffenstillstandsabkommens begangenen illegalen Aktionen und der Obstruktion, die es der Durchführung der Aufgaben durch die Kommission bereitete. Diese stiess daher auf gewisse Schwierigkeiten in Südkorea.

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) Siehe Seite 733 ff.

756

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Doch sind diese Schwierigkeiten nicht unüberwindbar, solange die Neutrale Überwachungskommission fortfährt, darauf zu beharren, ihre Aufgaben gemäss dem Waffenstillstandsabkommen zu erfüllen. Die Chinesen und Nordkoreaner hielten sich ihrerseits strikte an dieses Abkommen und erleichterten die Arbeit der Neutralen Überwachungskommission in Nordkorea. Sie werden unverändert an dieser Einstellung festhalten, indem sie die neutrale Kommission respektieren und unterstützen. Das chinesische Aussenministerium erklärt, es sei seiner Ansicht nach notwendig, dass sie ihre Tätigkeit weiterführe und immer mehr zur Aufrechterhaltung des Waffenstillstandes in Korea beitrage. Es kann den Vorschlag, die Tätigkeit der Kommission zu beendigen, nicht in Betracht ziehen.

Am 12. Juni 1954 stattete Ministerpräsident und Aussenminister TschuEn-lai, der China an der Genfer Konferenz vertrat, dem Bundesrat einen Höflichkeitsbesuch ab. Während der Unterredung mit ihm erörterte der Vorsteher des Politischen Departernentes die Erage des Rückzuges unserer Delegation aus der Neutralen Überwachungskommission. Er erinnerte an unser Memorandum vom 15. April, wobei er die Tatsache betonte, dass unsere Demarche ausschliesslich aus Gründen der schweizerischen Politik, und unabhängig von den Erwägungen unternommen worden sei, die die ablehnende Haltung der Vereinigten Staaten der neutralen Kommission gegenüber beeinflusst haben mögen.

Der Vorsteher des Politischen Departernentes präzisierte noch, dass weder von der amerikanischen Eegierung noch von irgendeiner anderen Kegierung bei den schweizerischen Behörden ein Schritt unternommen worden sei, damit diese dem Mandat, das sie 1953 übernommen hatten, ein Ende setzten. Tschu-En-lai gab dem Wunsche Ausdruck, dass die Schweiz ihre Mitwirkung in der Neutralen Überwachungskommission aufrechterhalte, indem er betonte, dass ihre Tätigkeit weiterhin nützlich sein würde. Er benützte diese Gelegenheit, um der Schweiz im Namen der Eegierung der Volksrepublik China für die in Korea durch unsere Delegationen geleistete, nützliche Arbeit zu danken.

Der Chef der Delegation der Vereinigten Staaten bei der Genfer Konferenz, General Bedell Smith, stattete dem Bundesrat am 18. Juni ebenfalls einen Höflichkeitsbesuch ab. In der Unterredung mit dem Vorsteher des Politischen Departernentes gab er der
Meinung Ausdruck, dass die Neutrale Überwachungskommission keinen praktischen Nutzen hätte und dass sie ohne Nachteil aufgelöst werden könnte, stellte jedoch keinerlei Begehren.

Am 15. Juni waren die Verhandlungen, die man in Genf über Korea weitergeführt hatte, unterbrochen worden, und die Konferenz wandte sich ausschliesslich den Angelegenheiten Indochinas zu.

Die Frage, die den Bundesrat beschäftigte, wurde nicht geprüft, und die Genfer Konferenz schloss, ohne dass das Problem Korea eine Lösung gefunden hätte. Die Gruppe der westlichen Staaten beschloss, die koreanische Frage der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu unterbreiten. Da in der Zwischenzeit kern Friedensvertrag unterzeichnet wurde, blieb das Waffenstillstandsabkommen in Kraft, und die Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission musste für eine unbestimmte Zeit fortgeführt werden.

757

Der Bundesrat prüfte hierauf, welch neuer Schritt im Hinblick auf den Eückzug der Schweizer Delegation unternommen werden könnte. Er erachtete es für zweckmässig zu warten, bis die Generalversammlung der Vereinten Nationen sich ausgesprochen hätte. Eine ausserordentliche Generalversammlung war für den Monat August 1954 vorgesehen worden. Man verzichtete aber auf ihre Einberufung, und die 9. ordentliche Generalversammlung wurde am 21. September in New York eröffnet. Korea war auf ihrer Tagesordnung erwähnt. Der Bundesrat stellte sich die Frage, ob es angezeigt wäre, vor Eröffnung der Versammlung in einer neuen Note die Memoranden vom 14. und 15. April und seinen Wunsch zu bestätigen, seine Delegation zurückzuziehen, und zwar ohne ein Datum festzulegen, aber indem er dem Verlangen Ausdruck geben würde, dass die Angelegenheit innerhalb einer vernünftigen Frist liquidiert werde. In seiner Sitzung vom 17. September 1954 beschloss der Bundesrat, auf eine neue Demarche bei der amerikanischen und chinesischen Eegierung, die unseren Standpunkt ja bereits kannten, zu verzichten. Er zog es vor zu warten, bis die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Frage Korea diskutiert hatte.

Die schwedische Regierung wünschte ebenfalls, aus den gleichen Gründen wie der Bundesrat, ihre Delegation zurückzuziehen. Ihr Delegierter in der Generalversammlung der Vereinten Nationen gab am 2. Dezember 1954 vor der ersten politischen Kommission eine allgemeine Erklärung ab über die Schwierigkeiten, denen die Neutrale Überwachungskommission in der Erfüllung ihrer Aufgabe begegnete. Er hob unter anderem den Nachteil hervor, der daraus entstand, dass die Kommission nicht aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern z.B. fünf, wie die Neutrale Heimschaffungskommission der Kriegsgefangenen, zusammengesetzt war. Er bemerkte unter anderem, dass das Waffenstillstandsabkommen die reguläre Tätigkeit der Kommission auf fünf Kontrollorte auf dem Gebiet jeder der kriegführenden Parteien beschränkt und dass diese Sachlage vom Standpunkt einer wirksamen Kontrolle aus nicht als zufriedenstellend betrachtet werden könne, «wenigstens in dem Sinn, als es scheine, dass vier Nordkorea mit China verbindende Eisenbahnlinien die Grenze an ausserhalb der Kontrollorte gelegenen Punkten kreuzen, d. h. an Punkten, wo keine Inspektion zugelassen ist».
Der Delegierte der Vereinigten Staaten seinerseits erklärte, dass die Neutrale Überwachungskommission, die beauftragt ist, Inspektionen vorzunehmen und eine Kontrolle auszuüben, nicht mangels einer genügenden Ausstattung mit Untersuchungsvollmachten unwirksam geworden sei, sondern wegen ihrer Verfahrensregeln, die in Wirklichkeit ein Vetorecht zulassen. Als Antwort auf die Ausführungen des amerikanischen Delegierten hob der Vertreter der Sowjetunion hervor, dass es im Schosse der Kommission kein Veto gäbe, dass diese aus vier Mitgliedern zusammengesetzte Kommission jedoch ihre-Entscheidungen einstimmig fasse. Die Delegation der sozialistischen Sowjetrepublik Ukraine bekämpfte den schwedischen Vorschlag, die Zahl der Kommissionsmitglieder auf fünf zu erhöhen.

758 Am 8. Dezember ging die Debatte im Schosse der politischen Kommission über die koreanische Frage zu Ende, ohne dass die Erklärung des schwedischen Delegierten über die Neutrale Überwachungskommission eine gründliche Aussprache ausgelöst hätte und Entscheidungen getroffen worden wären. Das Problem blieb daher gänzlich in der Schwebe.

Inzwischen hatte am 13. September 1954 der neuernannte schweizerische Gesandte in Peking, Minister Fernand Bernoulli, dem Präsidenten der Volksrepublik China, Mao-Tse-tung, in Gegenwart von Tschu-En-lai, sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Bei dieser Gelegenheit kam Mao-Tse-tung auf die Neutrale Überwachungskommission zu sprechen. Er erklärte Minister Bernoulli, dass er bei vollem Verständnis für unsere Haltung doch hoffe, dass sich die Schweiz nicht aus der neutralen Kommission zurückziehen würde, da diese seiner Ansicht nach dazu beitragen könnte, den gegenwärtigen Zustand bis zu einer friedlichen Lösung des koreanischen Problems aufrecht zu erhalten. Er präzisierte, dass die Bestände reduziert werden könnten, wenn das Vorhandensein einer Delegation mit zahlreichen Mitgliedern allzu grosse Auslagen zur Folge hätte.

Im Laufe des Herbstes hatte der Bundesrat zu verschiedenen Malen Gelegenheit, den allfälligen Bückzug der Schweizer Delegation oder die Herabsetzung ihrer Bestände zu diskutieren.

Der Bundesrat kam zum Schluss, dass es unter den gegenwärtigen Umständen schwerlich in Betracht fallen könne, die Schweizer Delegation einfach zurückzuziehen. Ohne Zweifel wäre es rechtlich zulässig, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Es ist kaum wahrscheinlich, dass dieser Bückzug den Waffenstillstand kompromittieren würde und eine Wiederaufnahme der Feindseligkeiten in Korea zur Folge hätte. Ein solcher Beschluss könnte jedoch eine heikle Situation schaffen. Man könnte unserem Land vorwerfen, es setze einem übernommenen Mandat aus Mangel an Geduld und aus reiner Spartendenz einseitig ein Ende. Es ist daher angezeigt, für den Augenblick keinen Bückzug unserer Delegationen vorzusehen.

Dagegen ist es gewiss, dass die durch die neutrale Kommission ausgeübte Kontrolle nicht zufriedenstellend ist. Die zu Lasten der Länder, die diese Delegationen abgeordnet haben, gehenden Auslagen sind bedeutend und stehen in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Ergebnissen. Zudem
wird die Bekrutierung von Delegierten, die bereit sind, eine Tätigkeit auszuüben, die ihnen unnütz und illusorisch erscheint, in einem gegebenen Moment auf Schwierigkeiten stossen.

In der Tat können wir wegen unseres Milizsystems nur Freiwillige nach Korea entsenden. In Anbetracht der eingeschränkten Tätigkeit der neiitralen Kommission könnten ihre Bestände ohne Nachteil in einem grossen Ausmasse herabgesetzt werden.'Der Bundesrat hat deshalb beschlossen, bei der amerikanischen und chinesischen Begierung neuerdings vorstellig zu werden, um sie zu ersuchen, falls die Kommission nicht sollte aufgelöst werden können, wenigstens eine wesentliche Herabsetzung der Personalbestände der vier neutralen Dele-

759 gationen ins Auge zu fassen. Diese Demarche wurde in Washington und Peking am 27. Januar 1955 durch Überreichung eines Memorandums mit folgendem Wortlaut unternommen: Memorandum (der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika überreicht) «Mit Memorandum vom 14. (15.) April wandte sich der Bundesrat an die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und an diejenige der Volksrepublik China mit der Bitte zu prüfen, ob der Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission des Waffenstillstandes in Korea (NNSC) nicht ein Ende gesetzt werden könne. Bis heute fand diese Frage keine Lösung. Der Bundesrat stellt somit fest, dass die Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission für eine unbestimmte Zeit fortdauert.

Diese Lage erfüllt die Schweizer Begierung, die das Mandat der Kommission nur für eine beschränkte Dauer ins Auge gefasst hatte, mit Sorge. Zu den im Memorandum vom 14. April 1954 bereits gemachten Angaben kommen heute für die Schweiz noch die Schwierigkeiten hinzu, die -künftige Rekrutierung eines durch das Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen zahlreichen technischen Personals sicherzustellen, sowie die wesentlichen Auslagen, die die Aufrechterhaltung ihrer Mission in Korea für die Eidgenossenschaft bedeutet und die in keinem Verhältnis zu den beschränkten Kontrollmöglichkeiten und zu den Ergebnissen, die davon erhofft werden können, zu stehen scheinen.

Bei dieser Sachlage ersucht der Bundesrat die Unterzeichner des Waffenstillstandsabkommens, falls es nicht möglich sein sollte, seinem Wunsche entsprechend der Tätigkeit der Überwachungskommission rasch ein Ende zu setzen, zu prüfen, ob sie sich einer Lösung anschliessen können, die eine wesentliche Herabsetzung der Bestände der vier Delegationen in der NNSC zulässt. Die Schweizer Begierung hofft gerne, dass dieser Vorschlag die Zustimmung der Begierung der Vereinigten Staaten von Amerika finden werde. Sie wäre bereit, den interessierten Regierungen konkrete Vorschläge über die Art, wie eine Herabsetzung der Bestände ins Auge gefasst werden könnte, zu unterbreiten.» Memorandum (der Eegierung der Volksrepublik China überreicht) Die beiden ersten Absätze stimmen mit denen des der Regierung der Vereinigten Staaten überreichten Memorandums überein. Der letzte Absatz lautet wie folgt: «Bei dieser Sachlage ersucht der Bundesrat die
Unterzeichner des Waffenstillstandsabkommens, falls es nicht möglich sein sollte, seinem Wunsche entsprechend der Tätigkeit der Überwachungskommission rasch ein Ende zu setzen, zu prüfen, ob sie sich einer Lösung anschliessen können, die eine wesentliche Herabsetzung der Bestände der vier Delegationen in der NNSC zulässt. Die Schweizer Regierung hofft erne, dass dieser Vorschlag die Zustimmung der Zentralregierung def Volksrepublik hinas finden werde. Er erinnert dabei an die Unterredungen, die Präsident Mao-Tsetung und der Premierminister der Volksrepublik China, Tschu-En-lai mit dem schweizerischen Gesandten in Peking am 13. September hatten, in deren Verlauf sie selbst eine Anspielung auf diese Möglichkeit machten. Die Schweizer Regierung wäre bereit, d en interessierten Regierungen konkrete Vorschläge über die Art, wie eine Herabsetzung der Bestände ins Auge gefasst werden könnte, zu unterbreiten.»

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Die Botschaften und Gesandtschaften in Bern, die über die Demarche vom 14./15. April 1954 unterrichtet worden waren, wurden vom Politischen Departement über die Überreichung und den Inhalt dieser Memoranden informiert.

760

Der Vize-Aussenminister der Volksrepublik China übermittelte am 17.Februar dem schweizerischen Gesandten in Peking die Antwort seiner Eegierung in Form eines Memorandums, das im wesentlichen folgendes erwähnt : Die Ereignisse dieser letzten Monate haben bewiesen, dass die Existenz der Neutralen Überwachungskommission weiterhin notwendig und im Interesse des Friedens in Korea ist. Die chinesische Kegierung ist der Meinung, dass der Tätigkeit der Kommission keine Ende gesetzt werden kann. Die Zusammenarbeit zwischen den Delegierten der vier Nationen, aus denen die Kommission zusammengesetzt ist, machte seit der Genfer Konferenz grosse Fortschritte. Die Kommission übte in der Kontrolle der Anwendung des Waffenstillstandsabkommens eine aktive Eolle aus und leistete im Interesse des Friedens in Korea einen positiven Beitrag. Dieser Beitrag sollte fortdauern. Die chinesische Eegierung hat jedoch die im schweizerischen Memorandum angeführten Schwierigkeiten betreffend die Eekrutierung des Personals und der der Schweiz durch die Anwesenheit ihrer Delegation in Korea erwachsenden Auslagen in Erwägung gezogen. Sie betrachtet eine Lösung, die die Herabsetzung des Personals der Kommission vorsieht, als annehmbar unter der Bedingung, dass die Kontrolle der Anwendung des Waffenstillstandsabkommens davon nicht berührt werde.

Die Möglichkeiten, um eine Herabsetzung der Personalbestände herbeizuführen, müssen durch Beratungen zwischen den Nationen gesucht werden, die in der Neutralen Überwachungskommission durch Delegierte vertreten sind.

Die Eegierung der Vereinigten Staaten antwortete am 2.März, indem sie geltend machte, dass sie sich der Schwierigkeiten bewusst sei, denen die Schweiz in der Erfüllung einer nur für eine begrenzte Dauer vorgesehenen Aufgabe begegnet. Sie ist mit dem Bundesrat einverstanden, dass die Neutrale Überwachungskommission des Waffenstillstandes aufgehoben werden sollte. Aus der Antwort der Volksrepublik Chinas auf das schweizerische Memorandum geht immerhin hervor, dass die chinesische Eegierung die Idee einer Liquidierung der neutralen Kommission zurückweist, um grundsätzlich die uns weniger erwünschte Formel der Herabsetzung der Personalbestände der Kommission anzunehmen. Trotz der Tätigkeit, die die Kommission auf Ersuchen des Kommandos der Vereinten Nationen und des chinesisch-koreanischen
Kommandos entfaltet, bezweifelt die Eegierung der Vereinigten Staaten die Nützlichkeit dieser Tätigkeit. Sie gibt dem Wunsche Ausdruck, dass die Schweizer Eegierung ihre Konsultationen über die Lösung dieses Problems beharrlich weiterverfolge, und erwartet mit Interesse die Mitteilungen über das Ergebnis.

Die Eegierung der tschechoslowakischen Eepublik nahm ihrerseits in einem, unserer Gesandtschaft in Prag am 28.Februar übermittelten Memorandum Stellung: Darin wird im wesentlichen hervorgehoben, dass die Bestimmungen über die Neutrale Überwachungskommission den wichtigsten Teil des Waffenstillstandsabkommens in Korea bilden. Jede Änderung dieser Bestimmungen erfordere gemäss dem Waffenstillstandsabkommen in Korea das Einverständnis beider Parteien. Die Eegierung der tschechoslowakischen Eepublik - der Bedeutung der Neutralen Überwachungskommission in Korea für die Aufrecht-

761 erhaltung des Waffenstillstandes in Korea und für den Schutz des Friedens im Fernen Osten voll bewusst - bleibt entschlossen, alle Verpflichtungen, die sie als Kommissionsmitglied eingegangen ist, zu erfüllen. Sie kann deshalb die Auffassung nicht teilen, wonach die Tätigkeit der Kommission ein Ende nehmen oder eingeschränkt werden sollte, bevor eine friedliche Lösung des koreanischen Problems auf der Grundlage einer Verständigung zwischen den interessierten Parteien erreicht worden ist. Die tschechoslowakische Eegierung ist im Gegenteil davon überzeugt - und die bisherige Tätigkeit der Kommission bestätigt es voll und ganz - dass es im Interesse des Friedens liege, dass die Kommission alle ihr durch das Waffenstillstandsabkommen übertragenen Aufgaben erfülle. Das Waffenstillstandsabkommen in Korea schreibt zwar die Anzahl der Inspektionsgruppen vor, doch enthält es keine Klausel, die die Personalbestände der Mitgliedstaaten festsetzte. Die tschechoslowakische Eegierung ist daher der Ansicht, dass die Frage der Bestände durch die Kommission selbst geregelt werden könne. Eine solche Anordnung müsste jedoch den Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens und speziell seinem Artikel 40 voll und ganz entsprechen, damit die Kommission unter allen Umständen in der Lage wäre, den Zweck ihrer Mission zu erfüllen.

Die Regierung der Volksrepublik Polen hat in einem Memorandum vom 16. März, das der polnische Gesandte in Bern dem Politischen Departement überreichte, in gleichem Sinne wie die tschechoslowakische und die chinesische Eegierung Stellung genommen.

Der Bundesrat stellte nach Kenntnisnahme der chinesischen und der amerikanischen Antwort auf sein Memorandum vom 27. Januar 1955 fest, dass beide kriegführenden Parteien der Einschränkung der Personalbestände der Neutralen Überwachungskommission grundsätzlich zugestimmt haben. Er beauftragte den neuen Chef der Schweizer Delegation, Minister Carl Stucki, der Ende März 1955 in Panmunjom eintraf, im Schosse der neutralen Kommission über die Herabsetzung der Personalbestände zu verhandeln.

Kapitel VI Orientierung der parlamentarischen Kommissionen Die Kommissionen für auswärtige Angelegenheiten des National- und des Ständerates wurden regelmässig über die Absichten des Bundesrates, über die getroffenen Entscheide, über die bei fremden Eegierungen
unternommenen Schritte sowie über die Tätigkeit der beiden neutralen Kommissionen in Korea und speziell der Schweizerdelegationen im Schosse dieser Kommission orientiert. Die nationalrätliche Kommission für auswärtige Angelegenheiten verhandelte über die von der Schweiz in Korea angenommenen Mandate, insbesondere in ihren Sitzungen vom 17. Juni, 22./2S. Oktober, 28. und 24.November 1953, 3./4.März und 15./16. September 1954; die ständerätliche Kommission in ihren Sitzungen vom 12. Juni, S.September, 25./2G. November 1953, 25./2G.Februar und 1./2. September 1954.

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

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762 Alle vom Bundesrat getroffenen Entscheide wurden von den beiden Kommissionen gutgeheissen. Die nationalrätliche Kommission für auswärtige Angelegenheiten gab zu verschiedenen Malen ihrer Zustimmung in Pressemitteilungen Ausdruck. So z. B.: Nach der Sitzung vom 17. Juni 1953 : « . . . Sie (die Kommission) nahm einen Bericht von Bundesrat Max Petitpierre, Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departementes, entgegen über die Aufgaben, die der Schweiz in Korea zufallen werden. .. . Der Vorsteher des Politischen Departementes orientierte die nationalrätliche Kommission ausserdem über die Verhandlungen, die zwischen dem Bundesrat einerseits und der amerikanischen und chi- ( nesischen Regierung anderseits geführt worden sind. Er gab bei dieser Gelegenheit auch Einzelheiten über die Zusammensetzung der zwei Waffenstillstandskommissionen bekannt. Die Kommission des Nationalrates nahm den Bericht zur Kenntnis. Sie knüpfte daran eine eingehende Aussprache und stellte einige ergänzende Fragen, die zufriedenstellend beantwortet wurden. Abschliessend übermittelte die Kommission dem Bundesrat einige Wünsche und Anregungen und hiess im übrigen seine Haltung gut.» Nach der Sitzung vom 22./2S. Oktober 1958: « . . . Der Vorsteher des Politischen Departementes orientierte die Kommission ferner über die Tätigkeit der beiden schweizerischen Missionen in Korea. Trotz den Schwierigkeiten, denen unsere Delegationen zu begegnen haben, bestätigte die Kommission einstimmig ihren früheren Standpunkt, der die Entsendung der beiden Delegationen durch den Bundesrat, immer im Rahmen der internationalen Verpflichtungen unseres Landes, billigt...» Nach der Sitzung vom 23./24. November 1958 : « . . . Der Vorsteher des Politischen Departementes gab einen einlässlichen Überblick über die internationale politische Lage. Ebenso trat er auf die Aufgaben ein, die sich der Schweiz in Korea stellen.

An die Ausführungen des Vorstehers des Politischen Departementes schloss sich eine lebhafte Aussprache an. Die Kommission nahm davon Kenntnis, dass die Ersetzung von Oberstdivisionär Rihner und seines Stellvertreters auf den Ablauf ihrer auf sechs Monate abgeschlossenen Verträge zurückzuführen ist. Erneut bestätigt die Kommission ihre früher zum Ausdruck gebrachte Auffassung, wonach die Beteiligung der Schweiz an der Durchführung des
Waffenstillstandes in Korea richtig ist und sich mit den Aufgaben im Einklang befindet, die sich einem Neutralen stellen...» Nach der Sitzung vom 3./4. März'1954: « . . . Der Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departementes erstattete der Kommission einen Bericht über die allgemeine politische Lage, dem sich eine einlässliche Aussprache anschloss. Die Kommission gab ihrer Befriedigung über die Weise Ausdruck, wie die Neutrale Heimschaffungskommission in Korea ihre Tätigkeit zum Abschluss gebracht hat. Sie nahm davon Kenntnis, dass der Bundesrat beabsichtigt, der Bundesversammlung einen Bericht über die Durchführung der den beiden schweizerischen Missionen in Korea erteilten Aufträge zu unterbreiten.» Während ihrer Sitzungen vom 1./2. September und 15./16. September 1954 nahmen die beiden Kommissionen Berichte der Chefs der beiden Schweizerdelegationen in Korea, von Minister A.Daeniker über die Tätigkeit der Neutralen Heimschaffungskommission der Kriegsgefangenen, vdn den Oberstdivisionären Eihner und Wacker über die Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission

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entgegen. In der diesen Ausführungen folgenden Diskussion erhielten die Komrnissionsmitglieder alle gewünschten Auskünfte. Der Presse wurde eine Mitteilung zugestellt, die folgenden Passus enthielt : « . . . Die Oberstdivisionäre Rihner und Wacker sowie Minister Daeniker berichteten über die Tätigkeit der von ihnen in Korea geleiteten Delegationen. Die Kommission nahm von diesen Darlegungen unter Verdankung der von den drei Delegationschefs geleisteten Arbeit mit Genugtuung Kenntnis. Der Bericht, den der Bundesrat über die Tätigkeit der schweizerischen Delegationen in Korea zu veröffentlichen beabsichtigt, wird den Räten Gelegenheit bieten, eine Debatte über diese Frage durchzuführen.» Die eidgenössischen Bäte hatten sich ebenfalls mit den schweizerischen Missionen in Korea zu befassen. Anlässlich der Debatte über den Geschäftsbericht hörte der Ständerat am 18. Juni 1953 ein Expose des Vorstehers des Politischen Departementes an. Im übrigen prüften die beiden Eäte die vom Bundesrat zur Deckung der Auslagen unserer Delegationen verlangten Kredite. Diese Kredite wurden bewilligt.

In den Geschäftsberichten des Bundesrates für die Jahre 1953 und 1954 war von den durch die Schweiz angenommenen Missionen die Bede. Die Berichterstatter über den Geschäftsbericht erwähnten ebenfalls - im Nationalrat am 14. Juni, im Ständerat am 9. Juni 1954, - die Tätigkeit unserer Missionen in Korea.

Schliesslich hatte der Vorsteher des Politischen Departementes Gelegenheit, am 30. September 1953 und am 22. Dezember 1954 auf schriftliche, von Mitgliedern des Nationalrates gestellte Fragen zu antworten.

Kapitel VII Die von der Schweiz angenommenen Mandate in Korea und die Neutralitätspolitik In den vorangehenden Kapiteln haben wir fast kommentarlos die Ereignisse in Erinnerung gebracht. Wir erachten es daher als notwendig, zum Schlüsse einesteils die Gründe, weshalb der Bundesrat die beiden der Schweiz vorgeschlagenen Mandate in Korea annahm, und andernteils die Polgerungen, die man heute aus den von unseren Delegierten gemachten Erfahrungen ziehen kann, darzulegen. Diese Polgerungen sind endgültig für die Neutrale Heimschaf fungskommission, deren Mandat beendet ist, und gelten als vorläufig für die Neutrale Überwachungskommission, deren Tätigkeit sich für eine unbestimmte Zeit fortsetzt.

Die Schweiz war immer der
Auffassung, dass ihre Neutralität sie nicht verpflichte, eine Politik der Enthaltung und der Gleichgültigkeit gegenüber den internationalen Geschehnissen zu führen, und dass sie sie auch nicht hindere, sich an Bemühungen zur Schlichtung von Streitfällen zwischen Staaten oder zur Errichtung einer dauerhaften Friedensherrschaft in der Welt zu beteiligen.

Von jeher, sei es während eines Krieges, sei es in Friedenszeiten, sei es schliesslich bei gestörter oder in schwieriger Lage, wurden die Schweiz oder Schweizer ersucht, internationale Aufgaben zu übernehmen, und von jeher wurden solche

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Aufgaben auch von ihnen übernommen. Unser Land betrachtete Missionen dieser Art, die ihm anvertraut wurden, als eine seiner Neutralität gezollte Anerkennung und hat sie in der Meinung übernommen, damit den Willen zu bekunden, im bescheidenen Ausmass seiner Kräfte und seiner Mittel zur friedlichen Eegelung der Probleme beizutragen, die, ohne uns direkt zu berühren, doch ein Element der Störung der Beziehungen oder die Ursache von Feindseligkeiten zwischen anderen Staaten bilden.

Zahlreich und verschiedenartig sind die Mandate, die im Laufe des letzten Jahrhunderts von der Schweiz oder von Schweizern angenommen wurden. Im allgemeinen waren sie mit keinen grösseren politischen Nachteilen verbunden. Ihr Nutzen wurde oft anerkannt, und die Dienste, die sie der internationalen Gemeinschaft zu leisten gestatteten, trugen sicher dazu bei, die Stellung der Schweiz zu stärken und das Verständnis für ihre immerwährende Neutralität zu mehren.

Durch diese Mandate wurden oft richterliche Aufgaben übertragen. Der Bundesrat, der Bundespräsident, das Bundesgericht oder seine Mitglieder, schweizerische Gesandte im Ausland wurden zu wiederholten Malen angerufen, bei Konflikten zwischen fremden Staaten als Schiedsrichter zu amten oder den Präsidenten und die Mitglieder eines Schiedsgerichts zu bezeichnen.

Schweizer übernahmen ebenfalls Funktionen juristisch-politischen Charakters ; so alt Bundesrat Calonder als Präsident der gemischten Kommission, die im Jahre 1922 durch das deutsch-polnische Abkommen für Oberschlesien vorgesehen war ; Oberst James de Eeynier von 1920-1924, Oberst Hugues de Lois von 1924-1930, dann Karl Benziger von 1931-1934 als Präsidenten des Ausschusses für den Hafen von Danzig; Carl J.Burckhardt als Hochkommissär des Völkerbundes in Danzig von 1937-1939. In gewissen Fällen weigerte sich die Schweizer Regierung aus bestimmten Gründen, die Mission, um die sie ersucht wurde, anzunehmen ; so im Jahre 1902 anlässlich eines Konfliktes zwischen Argentinien und Chile, weil das angebotene Mandat zu allgemein gehalten und zu ungenau war, und im Jahre 1935, als der Bundesrat glaubte, einem Gesuch nicht stattgeben zu können, das die Entsendung eines Truppenkontingentes in die Saar zur Aufrechterhaltung der Ordnung während und nach der Volksabstimmung vorsah.

Schliesslich übte die Schweiz im Laufe der
beiden Weltkriege in einem sehr grossen Ausmasse die Funktionen einer Schutzmacht aus. So vertrat sie in dieser Eigenschaft während des zweiten Weltkrieges gegen 40 Staaten. Vor kurzem, im Jahre 1952, übernahm sie, ohne dass Krieg geherrscht hätte, die britische Interessenvertretung in Iran und dieses Jahr die Interessenvertretung der Sowjetunion im Irak infolge Abbruchs der diplomatischen Beziehungen zwischen diesen Ländern. Der Bundesrat übernahm stets das Mandat als Schutzmacht, nachdem der Staat, bei dem er die fremden Interessen zu vertreten hatte, seul Agrément erteilt hatte. In der Erfüllung dieses Mandates wurde der diplomatische und konsularische Apparat der Schweiz oft in einem ungewöhnlich starken Masse eingesetzt:

765 Die Mandate, an deren Durchführung die Schweiz in Korea teilnahm, stellen in gewissen Beziehungen eine Analogie zu den von unserem Land in der Vergangenheit übernommenen Missionen dar. Man könnte auch zwischen der Tätigkeit der Schweiz als Schutzmacht im Verlaufe der zwei Weltkriege und den Funktionen, die sie in Korea auszuüben hatte, eine Parallele ziehen. In beiden Fällen handelt es sich um praktische Aufgaben, die die Kriegführenden nicht selbst direkt erfüllen konnten.

Die schweizerische Mitwirkung in Korea hatte jedoch unter ihren hauptsächlichen Gesichtspunkten einen ganz neuartigen Charakter. Abgesehen vom Chaco-Konflikt ist es das erste Mal, dass eine aus Delegierten neutraler Staaten zusammengesetzte Kommission beauftragt wurde, den Waffenstillstand zu kontrollieren und die Heimschaffung oder Freilassung von Kriegsgefangenen sicherzustellen. Es war klar, dass die Durchführung der diesen Kommissionen anvertrauten Aufgaben auf Schwierigkeiten stossen und Eisiken bieten würde.

Schon die Art, wie die neutralen Staaten darum ersucht wurden, war ungewöhnlich. Bevor die Mandate genau definiert waren und Gegenstand eines endgültigen Abkommens zwischen den Kriegführenden bildeten, wurden bei ihnen durch die Kriegführenden oder durch einen von ihnen bereits Schritte unternommen. Der Bundesrat war dadurch veranlasst, provisorische und grundsätzliche Antworten zu geben, in einem Zeitpunkt, wo er sich nicht in voller Kenntnis der Sachlage äussern konnte. Zwar verpflichteten ihn diese Antworten ohne Zweifel nicht endgültig, aber sie führten ihn auf einen Weg, auf dem für ihn später eine Umkehr schwer gewesen wäre, gerade in jenem Zeitpunkt, in dem zwischen den Kriegführenden eine Einigung über alle Modalitäten des Mandates zustande gekommen war.

Die grundlegende Frage, die sich der Bundesrat seit dem ersten Schritt zu stellen hatte, der bei ihm im Dezember 1951 unternommen wurde, bis zum Zeitpunkt, in dem er sich im Juni 1953 definitiv auszusprechen hatte, war, ob unsere traditionelle Neutralität es uns im Prinzip gestatte, die Einladung anzunehmen oder ob sie uns im Gegenteil verpflichte, sie abzulehnen. Es handelte sich nicht darum zu untersuchen, ob die uns vorgeschlagenen Aufgaben leicht und mühelos sein würden, ob sie unserem Land Ruhm und Gewinn einbrächten, sondern ob sie zur Wiederherstellung
des Friedens notwendig oder nützlich seien und auf der uns von unserer Neutralitätspolitik vorgezeichneten Linie liegen.

Zweifellos besteht heute eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Ländern, den Völkern und sogar den Kontinenten in einem viel grösseren Ausmasse als früher. Ein Ereignis wie der Krieg in Korea hatte nicht einen ausschliesslich lokalen Charakter. Die Verlängerung des Krieges wie seine Ausdehnung konnten den Frieden in der ganzen Welt bedrohen. Die Schweiz wie auch die andern an diesem Kriege nicht teilnehmenden Länder hatten ein Interesse daran, dass er ein Ende nähme. Der Waffenstillstand, der den Feindseligkeiten ein Ende setzte, war ein Schritt zum Frieden. Das Abkommen, das die Waffenstillstands-

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bedingungen regeln sollte, sah die Beiziehung der neutralen Staaten vor, deren Mitwirkung nötig war, um die Durchführung gewisser Bestimmungen des Waffenstillstandes sicherzustellen.

Konnte sich die Schweiz dem an sie ergangenen Ruf entziehen ?

Sobald der Bundesrat grundsätzlich Stellung zu nehmen hatte, ohne sich noch zu verpflichten, war er sogleich der Ansicht, dass die Schweiz nicht abseits stehen durfte. Die Aktion, an der er eingeladen wurde teilzunehmen, sollte sich im Zeichen der Neutralität erfüllen. Ihr Ziel war, zur Wiederherstellung des Friedens im Fernen Osten beizutragen. Wir haben immer festgestellt, dass die Neutralität der Eidgenossenschaft ein Element des Friedens sei, und dass sie, wenn sie uns auch zuerst gegen alle Eisiken schützen sollte, in einen Krieg hineingezogen zu werden, ebenfalls im allgemeinen Interesse des Friedens läge. In diesem Sinne wurde sie im Jahre 1815 durch den Wiener Kongress und im Jahre 1920 durch den Völkerbund anerkannt. Wir behaupten auch, dass die Neutralität kein rein passives Prinzip des absoluten Beiseitestehens ist, sondern dass sie auch positive Gesichtspunkte hat, in dem Masse, als sie die Erfüllung gewisser Aufgaben zugunsten des Friedens und der Humanität gestattet, die nur durch einen neutralen Staat übernommen werden können. Seit Ende des letzten Weltkrieges bestritt man im Ausland öfters, dass die Neutralität in der geteilten Welt von heute noch möglich sei, wo sie jegliche Bedeutung und Berechtigung verloren hätte. Wir wandten uns immer gegen diese Auffassung.. Ohne Zweifel gaben uns die Missionen, die uns in Korea vorgeschlagen wurden, Gelegenheit zu beweisen, dass die Neutralität auch heute noch in den Dienst des Friedens gestellt werden kann, indem wir uns einer Mitarbeit unseres Landes an internationalen, friedlichen, sogar undankbaren, schwierigen und nicht risikolosen Aufgaben nicht widersetzen.

Die positive Einstellung des Bundesrates durfte ihn aber nicht darin hindern, die Eisiken abzuschätzen, die Bedingungen festzulegen, unter denen er bereit war, sie zu übernehmen, und die Vorsichtsmassuahmen zu treffen, die er als notwendig erachtete, bevor er sich endgültig verpflichtete.

Die negativen oder zweifelhaften Gesichtspunkte, die die Aufmerksamkeit des Bundesrates erregten, während sich nach und nach die Tragweite der
vorgeschlagenen Mandate abklärte, sind im einzelnen die folgenden: 1. Als die Unterhändler in Panmunjom die Bildung einer neutralen Waffenstillstandskommission vorsahen, kamen sie überein, dass jeder der Kriegführenden zwei neutrale Staaten zu bezeichnen hätte, deren Delegierte Mitglieder der Kommission würden, wobei die durch einen Kriegführenden gewählten Staaten auch die Zustimmung des andern erhalten sollten. So wurden die Schweiz und Schweden vom Kommando der Vereinten Nationen, Polen und die Tschechoslowakei vom chinesisch-koreanischen Kommando bezeichnet. Es konnte sich demnach über die Eolle der schweizerischen Delegierten eine Zweideutigkeit ergeben, wenn man sie als die «Neutralen einer Partei» betrachtete und sie damit eher den Mandataren als den Schiedsrichtern gleichstellte. Es besteht eine ge-

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wisse Analogie zwischen dem durch die Schweiz in Korea übernommenen Mandat und einem solchen, das wir im Falle des Abbruches der diplomatischen Beziehungen zwischen zwei Ländern erfüllen, indem wir es auf uns nehmen, die Interessen des einen Landes beim andern zu vertreten. Man nahm niemals an, dass die Übernahme eines solchen Mandates ein Eisiko für unsere Neutralität bedeute, im Gegenteil. Die Lage ' ist jedoch in den beiden Fällen nicht die gleiche. Beauftragt, die Interessen eines Landes bei einem andern zu vertreten, handelt die Schweiz als Bevollmächtigte einer Partei mit Zustimmung der andern. Wir haben dann einseitige Interessen zu vertreten. In der Neutralen "Überwachungskommission dagegen waren unsere Delegierten nicht allein, sondern Mitglieder eines Kollegiums. Dieses Kollegium hatte nicht die Interessen eines der Kriegführenden, sondern die gemeinsamen Interessen beider wahrzunehmen in dem Sinne, dass der Waffenstillstand respektiert und seine Bestimmungen strikte eingehalten würden. Es bestand ein Eisiko, nämlich, dass die Delegierten der andern neutralen Staaten ihr Mandat nicht gleich auffassten wie wir und dass so das Gleichgewicht im Schosse der Kommission gestört werden könnte, indem die einen unter den Neutralen sich als Vertreter der einen Partei aufgeführt hätten, während die andern als gemeinsame Bevollmächtigte beider Parteien. Dieses Eisiko entging dem Bundesrat nicht und bevor er das der Schweiz angebotene Mandat übernahm, präzisierte er in seinem Memorandum vom 14. April 1953 *) an die Vereinigten Staaten, in welcher Weise allein er die Erfüllung der seinen Delegierten anvertrauten Aufgaben auffassen konnte.

Nicht ganz gleich verhielt es sich bei der Neutralen Kommission für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen, deren fünf Mitglieder gemeinsam durch die beiden Kriegführenden bezeichnet worden waren.

2. Unter «neutralen Staaten» verstand das Waffenstillstandsabkommen Staaten, die am Kriege in Korea nicht teilnahmen. Es sind jedoch Unterschiede im Neutralitätscharakter jedes der fünf Länder festzustellen, die berufen waren, in der einen oder anderen Kommission Delegierte zu bezeichnen. Zwei unter ihnen, Polen und die Tschechoslowakei, haben Militärallianzen mit einer Macht geschlossen, die selbst mit einem der Kriegführenden eng verbunden ist, und dessen Kriegsanstrengung
sie materiell unterstützte. Die Neutralität der beiden · andern Staaten, Schweden und Indien, hat auch einen andern Charakter als die unsrige. Diese beiden Länder sind im Gegensatz zur Schweiz Mitglieder der Vereinten Nationen und spielen, besonders Indien, oft eine sehr aktive Eolle in der internationalen Politik. Dagegen gehören sie keiner Militärallianz an und verfolgen eine allgemeine Neutralitätspolitik. Doch sind sie nicht durch ein Neutralitätsstatut gebunden, und ihre Neutralität hat nicht den absoluten und immerwährenden Charakter der schweizerischen Neutralität. Der Bundesrat hielt dafür, in seinem Memorandum vom 14. April daran zu erinnern, was die Neutralität unseres Landes charakterisiert, und zu präzisieren, dass die Annahme 1

) Der Wortlaut dieses Memorandums ist auf Seite 701 ff. wiedergegeben.

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eines Mandates in Korea keinesfalls eine Lockerung der Verbundenheit der Schweiz mit ihrem Neutralitätsstatut in sich schliessen könnte.

3 % Man konnte sich denken, dass die Zusammensetzung der Neutralen Überwachungskommission, die aus einer geraden Zahl von Mitgliedern gebildet wurde, von denen zwei mit einer der Partei enger verbunden sind, ein Hindernis für das normale Funktionieren der Kommission bilden konnte und dass in dieser, wie in der Neutralen Kommission für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen Meinungsverschiedenheiten über gewisse grundsätzliche Fragen oder über die für eine zweckmässige Durchführung des Waffenstillstandsabkommens anzuwendenden Methoden zu einer Quelle von Schwierigkeiten und Konflikten, sei es im Schosse der Kommission, sei es mit dem einen oder dem anderen der Kriegführenden werden und sogar die Tätigkeit der Kommissionen zu einem Fehlschlag führen könnten.

Der Bundesrat war nicht der Ansicht, dass diese möglichen, sogar wahrscheinlichen Schwierigkeiten einen Grund für die Ablehnung der Mandate bildeten. Diese Schwierigkeiten sind gewissermassen mit der ideologischen Teilung der Welt verbunden. Man muss sogar mindestens für eine gewisse Zeit damit rechnen, dass in jedem Streitfall, bei dem ein kommunistisches Land einem nichtkommunistischen gegenübersteht, wenn ein Schiedsgericht errichtet wird oder wenn zwischen zwei Parteien irgendwie ein Ausgleich erzielt werden soll, nicht anerkannt wird, dass ein Land die Bedingungen einer absoluten Neutralität erfüllt. In jeder neutralen Kommission werden kommunistische und nichtkommunistische Länder vertreten sein. Dies ist eine Tatsache, die jedoch die Schweiz, wenn sie ein internationales Mandat annimmt, nicht hindern soll, es in einer unparteiischen Weise und gemäss den Bestimmungen einer strengen Neutralitat zu erfüllen, wie unsere Delegierten sich bemühen, es in Korea zu tun.

Für den Bundesrat bestimmend waren die Natur des der Schweiz anvertrauten Mandates und nicht die Schwierigkeiten, die seine Durchführung bieten konnten, noch die Verdriesslichkeiten und die Unannehmlichkeiten, die es hätte zur Folge haben können.

Im Falle Koreas war der Bundesrat überzeugt - und ist es heute noch -, dass unsere Neutralitätspolitik uns die Annahme dieses Mandates nahelegte und dass eine Ablehnung ein Irrtum gewesen wäre. Bei
einer Weigerung hätten wir uns vielleicht' die Schwierigkeiten, die unsere Delegierten zu überwinden hatten, ersparen können, aber wir hätten Gefahr laufen können, unsere Stellung als neutraler Staat zu schwächen, indem wir durch unsere ablehnende Haltung scheinbar gewissen Kritiken eine Eechtfertigung gegeben hätten, die allgemein - jedoch zu Unrecht - gegen die Aufrechterhaltung des Grundsatzes der Neutralität in der heutigen Welt geäussert werden.

4. Das Waffenstillstandsabkommen war die Frucht langer und beschwerlicher Verhandlungen. Es enthielt Lücken und das Kontrollsystem, das es errichtete, schien zum vorneherein als zu ungenügend, um wirksam zu sein. Man konnte sich fragen, ob es nicht für einen zur Anwendung dieses Systems berufenen Staat angezeigt gewesen wäre zu verlangen, angehört zu werden und bei der

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Ausarbeitung dieses Systems mitwirken zu können, mit andern Worten an den Waffenstillstandsverhandlungen teilzunehmen. Der Bundesrat hat diese Frage verneint. Diese Verhandlungen waren schon kompliziert genug und voller Schwierigkeiten, so dass man die Zahl der Gesprächspartner und der vorgeschlagenen Lösungen nicht noch erhöhen wollte, um dabei vielleicht noch einen Fehlschlag zu riskieren. Das hätte geheissen, eine Verantwortung zu übernehmen, die nur den beiden Kriegführenden zufiel. Der Bundesrat beschränkte sich daher in seinem Memorandum vom 14. April 1953 an die Eegierung der Vereinigten Staaten darauf, einige Einwände zu erheben und einige Fragen über gewisse Punkte zu stellen, die unklar und ungenügend geregelt schienen.

Es ist nun angezeigt, im Lichte der durch die beiden schweizerischen Delegationen in Korea gemachten Erfahrungen zu prüfen, ob die Annahme der beiden der Schweiz vorgeschlagenen Mandate durch den Bundesrat gerechtfertigt war.

Die Neutrale Überwachungskommission hat ihre Tätigkeit noch nicht beendet.

Es ist jedoch möglich, heute schon ein Urteil abzugeben.

Die den beiden neutralen Kommissionen anvertrauten Mandate konnten nicht in einer völlig zufriedenstellenden Weise durchgeführt werden.

Die Heimschaffung der Kriegsgefangenen und ihre Freilassung fanden nicht gemäss den im Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen Verfahren und Modalitäten statt. Tatsächlich konnte die Konferenz, die sich über das Schicksal der nichtheimkehrwilligen Kriegsgefangenen aassprechen sollte, nicht zu den festgelegten Fristen abgehalten werden. FernerhabennichtalleKriegsgefangenen die «Aufklärungen» angehört, die ihnen über ihre Heimschaffung hätten gegeben werden sollen. Trotz allem war es dank der Existenz und der Tätigkeit dieser Kommission möglich, dieses heikle Problem gemäss den Grundsätzen der Humanität und der persönlichen Freiheit, die der Schweiz teuer sind, zu lösen. Trotz den Schwierigkeiten, die die Kommission zu überwinden hatte, besteht kein Zweifel, dass sie eine nützliche und friedliche Eolle spielte, und dass das Ziel, für das sie geschaffen worden war, erreicht wurde.

Die Haltung des schweizerischen Delegierten zu verschiedenen Fragen rief zweifellos lebhafte Kritik hervor, ja sogar heftige Angriffe von Seiten des chinesischen Eadios und der chinesischen Presse sowie anderer
kommunistischer Länder. Diese Angriffe wurden im besonderen begründet durch die Weigerung des indischen, des schwedischen. und des schweizerischen Delegierten, zur Gewalt Zuflucht zu nehmen, um die Kriegsgefangenen zu zwingen, die «Aufklärungen», die ihnen durch die Agenten Nordkoreas und Chinas gegeben werden sollten, anzuhören. Wir glauben nicht, dass man diesen Vorfällen, die sich durch die Verschiedenheiten der Ansichten erklären lassen, die kein Kompromiss hätte lösen können, eine allzu grosse Bedeutung beizumessen hat. Sie scheinen den Beziehungen nicht geschadet zuhaben, die wir mit den Eegierungen unterhalten, deren Ansicht von unserer verschieden ist, und hinderten Herrn Tschu-En-lai nicht daran, anlässlich seines Besuches in Bern im Juni 1954, dem Bundesrat den Dank seiner Eegierung 'für die Teilnahme der Schweiz in den neutralen Kommissionen in Korea auszusprechen.

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Was die Neutrale Uberwachungskommission betrifft, so war ihre Tätigkeit bisher weniger befriedigend. Da sie aus einer geraden Anzahl an Delegierter; gebildet ist, ist sie ausserstande, Entscheidungen zu treffen, wenn zwei Mitglieder anderer Meinung sind als ihre beiden Kollegen, was öfters vorkommt. Ferner ist sie in ihrer Tätigkeit durch die Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens selbst beschränkt. Diese begrenzte Wirksamkeit wurde durch die aufeinanderfolgenden Chefs der Schweizer Delegation geschildert. Sie ist die Folge der zwischen den Kriegführenden vereinbarten Abkommen, durch welche die Zusammensetzung der Kommission und die Grenzen der Kontrolltätigkeit fest, gelegt wurden. So entstand eine Lage, die den schweizerischen Delegierten bisweilen schwer erträglich schien, so dass sie den Eindruck bekamen, eine verhältnismässig überflüssige Arbeit zu leisten. Immerhin verdient hervorgehoben zu werden, dass die verschiedenen schweizerischen Delegationschefs, trotz der erlebten Enttäuschungen, auf Grund ihrer Erfahrungen alle zum Schlüsse gelangt sind, dass die Schweiz mit der Annahme des Mandates richtig gehandelt hatte.

Es besteht in der Tat kein Zweifel,, dass die Schaffung der Neutralen Überwachungskommission eines der entscheidenden Elemente für den Abschluss des Waffenstillstandes war. Der Umstand, dass die Kommission, dank dem Entgegenkommen der vier zur Stellung von Delegierten eingeladenen Länder, unverzüglich gebildet werden konnte, hat in der Tat zu einer raschen Einstellung der Feindseligkeiten beigetragen. Die Anwesenheit der Kommission dürfte einen nicht zu übersehenden Beitrag zur genaueren Einhaltung der im Waffenstillstandsvertrag übernommenen Verpflichtungen durch die ehemaligen Kriegführenden und damit zur Verhinderung einer Wiederaufnahme der Feindseligkeiten geleistet haben. Ihr Bestehen, vielleicht' mehr noch als ihre eigentliche Tätigkeit, hat den durch den Waffenstillstand getroffenen de facto-Friedenszustand sichergestellt. Darin ist ein positives Element zu erblicken, das nicht unterschätzt werden darf und das allein schon den vom Bundesrat getroffenen Entscheid, unser Land an einer zugunsten des Friedens unternommenen Aktion teilnehmen zu lassen, rechtfertigen würde.

*

*

*

Wir bitten Sie, von diesem Bericht Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 26. April 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates,

2046

,

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Zones de contrôle de la N NSC en Corée Kontrollzonen derNNSC in Korea

772 Übersetzung des englischen Originaltextes

Abkommen zwischen

dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen einerseits und dem Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und dem Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes anderseits über einen militärischen Waffenstillstand in Korea PRÄAMBEL Die Unterzeichneten, der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen einerseits und der Höohstkommandierende der koreanischen Volksarmee und der Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes anderseits, vom Wunsche geleitet, den koreanischen Konflikt mit dem auf beiden Parteien lastenden schweren Leiden und Blutvergiessen zu beendigen, und mit dem Ziel, einen Waffenstillstand abzuschliessen, der ein vollständiges Aufhören der Feindseligkeiten und aller Kriegshandlungen in Korea sichern wird, bis eine endgültige friedliche Beilegung des Konfliktes zustande kommt, kommen einzeln, gemeinsam und gegenseitig überein, die in den nachfolgenden Artikeln und Paragraphen festgelegten Bedingungen und Bestimmungen des Waffenstillstandes anzunehmen und durch diese gebunden und geleitet zu sein, wobei diese Bedingungen und Bestimmungen einen ausschliessh'ch militärischen Charakter haben und nur auf die Kriegführenden in Korea anwendbar sein sollen.

Artikel I Militärische Demarkationslinie und entmilitarisierte Zone 1. Es wird eine militärische Demarkationslinie festgesetzt und beide Parteien haben sich zwei (2) Kilometer hinter diese Linie zurückzuziehen, so dass zwischen den beiden gegnerischen Streitkräften eine entmilitarisierte Zone entsteht. Eine entmilitarisierte Zone wird als Pufferzone errichtet, um zu verhindern, dass sich Zwischenfälle ereignen, die zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten führen könnten.

2. Die militärische Demarkationslinie wird abgesteckt, wie auf beiliegender Karte angegeben (Karte 1)1).

3. Die entmilitarisierte Zone wird durch eine nördliche und eine südliche Grenze bestimmt, wie auf beiliegender Karte angegeben (Karte 1)1).

4. Die militärische Demarkationslinie ist deutlich zu kennzeichnen, entsprechend den Anordnungen der gemäss den nachfolgenden Bestimmungen geschaffenen militärischen Waffenstillstandskommission. Die Befehlshaber der gegnerischen Parteien werden der Grenze entlang zwischen der entmilitarisierten Zone und ihren bezüglichen Gebieten geeignete Kennzeichen anbringen lassen. Die
militärische Waffenstillstandskommission wird die Errichtung aller der militärischen Demarkationslinie und den Grenzen der entmilitarisierten Zone entlang aufzustellenden Kennzeichen überwachen.

5. Die Gewässer des Mündungsgebietes des Han-Flusses sollen dort, wo das eine Ufer von der einen Partei und das andere Ufer von der andern Partei kontrolliert wird, ') Die Originale dieser Karten, in Grossformat, sind zusammen mit dem unterzeichneten Originalabkornmen im Archiv des Staatsdepartements hinterlegt, wo sie eingesehen werden können.

773 für die zivile Schiffahrt beider Parteien offen stehen. Die militärische Waffenstillstandskommission wird für die Schiffahrt in dem auf beiliegender Karte (Karte 2) l ) angegebenen Teil des Mündungsgebietes des Han-Flusses Vorschriften erlassen. Die zivile Schiffahrt jeder Partei soll unbeschränkten Zugang haben zum Land unter der militärischen Kontrolle dieser Partei.

6. Keine Partei soll innerhalb der entmilitarisierten Zone, von dieser Zone aus oder gegen dieselbe irgendeine feindselige Handlung begehen.

7. Es wird keiner Militär- oder Zivilperson gestattet, die militärische Demarkationslinie zu überschreiten, ohne hiezu von der militärischen Waffenstillstandskommission besonders ermächtigt zu sein.

8. Es wird keiner Militär- oder Zivilperson in der entmilitarisierten Zone gestattet, das unter militärischer Kontrolle der einen oder der andern Partei stehende Gebiet zu betreten, ohne hiezu besonders vom Befehlshaber, dem das zu betretende Gebiet untersteht, ermächtigt zu sein.

9. Es wird keiner Militär- oder Zivilperson gestattet, die entmilitarisierte Zone zu betreten, ausgenommen Personen, die mit der Durchführung der zivilen Verwaltung und von Hilfswerken beschäftigt und solchen, die zum Betreten der entmilitarisierten Zone von der militärischen Waffenstillstandskommission besonders ermächtigt sind.

10. Für die zivile Verwaltung und die Durchführung von Hilfswerken im südlich der militärischen Demarkationslinie gelegenen Teil der entmilitarisierten Zone wird der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen die Verantwortung tragen; und für die zivile Verwaltung und die Durchführung von Hilfswerken im nördlich der militärischen Demarkationslinie gelegenen Teil der entmilitarisierten Zone werden der Höchstkommandierende der koreanischen Volksarmee und. der Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam die Verantwortung tragen. Die Zahl der Militär- oder Zivilpersonen jeder Partei, die zur Durchführung der zivilen Verwaltung und von Hilfswerken zum Betreten der entmilitarisierten Zone ermächtigt sind, wird von den betreffenden Befehlshabern festgesetzt, aber auf keinen Fall soll die Gesamtzahl der von der einen oder andern Partei ermächtigten Personen zu irgendeiner Zeit eintausend (1000) Personen überschreiten. Die Zahl ziviler Polizisten und ihre Bewaffnung
werden sich nach den Vorschriften der militärischen Waffenstillstandskommission richten. Anderes Personal soll keine Waffen tragen, ohne hiezu von der militärischen WaffenstiUstandskommission besonders ermächtigt zu sein.

11. Keine Bestimmung dieses Artikels ist so auszulegen, dass dadurch die militärische Waffenstillstandskommission, ihre Hilfskräfte, ihre gemischten Beobachtergruppen mit deren Hilfskräften, die nach den hiernach folgenden Bestimmungen geschaffene Neutrale Überwachungskommission, ihre Hilfskräfte, ihre Neutralen Inspektionsgruppen und deren Hilfskräfte sowie alle Personen, das Material und die Ausrüstung, die mit besonderer Bewilligung der militärischen Waffenstillstandskommission zur entmilitarisierten Zone zugelassen sind, in ihrer vollen Bewegungsfreiheit zu, von und innerhalb der entmilitarisierten Zone irgendwie behindert werden. Die Möglichkeit, sich ungehindert zu bewegen, ist für die Benützung von Verbindungsstrassen von zwei Punkten innerhalb der entmilitarisierten Zone zu gewähren, die nicht durch ausschliesslich innerhalb der entmilitarisierten Zone gelegene Strassen verbunden sind, wenn sie durch das Gebiet unter der militärischen Kontrolle der einen oder andern Partei führen.

Artikel II Konkrete Anordnungen für das Ende-Feuer und den Waffenstillstand A. Allgemeines 12. Die Befehlshaber der gegnerischen Parteien werden die vollständige Einstellung aller Feindseligkeiten in Korea durch alle unter ihrer Kontrolle stehenden Streitkräfte, *) Siehe Fussnote Seite 772.

774 einschliesslich aller Einheiten und des Personals der Land-, See- und Luftstreitkräfte, mit Wirkung zwölf (12) Stunden nach Unterzeichnung dieses Wäffenstillstandsabkommens, anordnen und durchsetzen (siehe Paragraph 63 hiernach wegen Datum und Zeitpunkt des Inkrafttretens der übrigen Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens).

13. Um die Stabilität des militärischen Waffenstillstandes zu sichern und so das Herbeiführen einer friedlichen Lösung durch das Abhalten einer politischen Konferenz der beiden Parteien auf einer höheren Ebene zu erleichtern, werden die Befehlshaber der gegnerischen Parteien: a. innerhalb von zweiundsiebzig (72) Stunden nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens alle ihre Truppen, Kriegsvorräte und Ausrüstung aus der entmilitarisierten Zone zurückziehen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist. Alle Zerstörungen, Minenfelder, Drahtverhaue und andere Gefährdungen für den sichern Verkehr des Personals der militärischen Waffenstillstandskommission oder ihrer gemischten Beobachtergruppen, soweit deren Vorhandensein in der entmilitarisierten Zone nach dem Bückzug der Truppen bekannt ist, sind der militärischen Waffenstillstandskommission von den Befehlshabern derjenigen Partei, deren Streitkräfte diese Gefährdungen angebracht hatten, zu melden, zusammen mit den von allen solchen Gefährdungen als frei bekannten Verbindungswegen. In der Folge sind weitere gefahrlose Verbindungswege freizulegen; und schliesslich sind binnen fünfundvierzig (45). Tagen nach Ablauf der zweiundsiebzig-(72)-stündigen Frist alle solchen Gefährdungen nach den Weisungen und unter der Aufsicht der militärischen Waffenstillstandskommission aus der entmilitarisierten Zone zu entfernen. Nach Ablauf der zweiundsiebzig-(72)-stündigen Frist ist kein Personal der beiden Parteien ermächtigt, die entmilitarisierte Zone zu betreten, mit Ausnahme von unbewaffneten Truppen, denen fünfundvierzig (45) Tage zur Vollendung der Räumungsarbeiten unter Aufsicht der militärischen Waffenstillstandskommission gewährt worden sind, von Polizeieinheiten, deren Einsatz von der militärischen Waffenstillstandskommission besonders verlangt und von den Befehlshabern der generisohen Parteien zugestanden worden war, und von Personen, die im Besitz einer Bewilligung im Sinne der Paragraphen 10 und 11 hievor sind;
b. innerhalb von zehn (10) Tagen nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens alle ihre Truppen, Kriegsvorräte und Ausrüstung aus den rückwärtigen Gebieten, Küsteninseln und Gewässern Koreas der andern Partei zurückziehen. Wenn solche Truppen nicht binnen der festgesetzten Frist zurückgezogen werden und für die Verzögerung kein miteinander vereinbarter gültiger Grund vorliegt, so soll die andere Partei das Recht haben, diejenigen Massnahinen zu treffen, die ihr zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung notwendig erscheinen. Der Ausdruck «Küsteninseln», wie er hievor verwendet wurde, bezieht sich auf diejenigen Inseln, die, trotz der Besetzung durch die eine Partei im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Waffen' Stillstandsabkommens am 24. Juni 1950 von der andern Partei kontrolliert worden waren. Vorbehalten bleibt indessen, dass alle nördlich und westlich von der Provinzgrenze zwischen HWANGHAE-DO und KYONGGI-DO Hegenden Inseln unter der militärischen Kontrolle des Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und des Befehlshabers der Freiwilligen des chinesischen Volkes stehen sollen, ausgenommen die Inselgruppen von PAENGYONG-DO (37° 58' N, 124« 40' 0),TAECHONGDO (37° 50' N, 1240 43- Q), SOCHONG-DO (37° 46' N, 124° 46' O), YONPYONG-DO (37° 38' N, 125° 40' O) und U-DO (37« 36' N, 125° 58' 0), welche unter der militärischen Kontrolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Vereinten Nationen verbleiben werden. Alle auf der Westküste von Korea, südlich 'der oben erwähnten Grenzlinie gelegenen Inseln sollen unter der militärischen Kontrolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Vereinten Nationen bleiben (siehe Karte 3) '); e. aufhören, Verstärkungen an militärischem Personal nach Korea zu bringen.

Es wird jedoch vorbehalten, dass die Ablösung von Einheiten und Personal, die Ein') Siehe Fussnote Seite 772.

775 reise von Personal nach Korea zur Erfüllung vorübergehender Dienstpflichten und die Bückkehr von Personal nach Korea nach kurzfristigem Urlaub oder nach vorübergehender dienstlicher Inanspruchnahme ausserhalb von Korea, im Rahmen nachfolgender Bestimmungen gestattet sein soll. Der Ausdruck «Ablösung» bedeutet den Ersatz von Einheiten oder Personal durch andere Einheiten oder Personal, die eine Dienstperiode in Korea beginnen. Das Ablösungspersonal darf nur über die in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen nach Korea gebracht oder von dort evakuiert werden. Die Ablösung soll Mann für Mann durchgeführt werden, vorausgesetzt indessen, dass im Rahmen der Ablösungspolitik nicht mehr als fünfunddreissigtausend (35 000) im Militärdienst stehende Personen von der einen oder andern Partei in einem Kalendermonat nach Korea zugelassen werden sollen. Auf keinen Fall kann die eine oder andere Partei Militärpersonal nach Korea verbringen, wenn damit der Bestand der seit Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens von dieser Partei nach Korea verbrachten Militärpersonen das Gesamttotal der von diesem Zeitpunkt an von Korea weggereisten Militärpersonals dieser Partei überschreiten würde. Berichte über die Ankunft in oder die Abreise von Korea von Militärpersonal sind der militärischen Waffenstillstandskommission und der Neutralen Uberwachungskommission täglich zu erstatten ; diese Berichte sollen die Ankunfts- und Abreiseorte und die Zahl der an diesen Orten ankommenden und von dort abreisenden Personen enthalten. Die Neutrale Überwachungskommission wird durch ihre Neutralen Inspektionsgruppen in den in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen die Ablösung der Einheiten und Personen beaufsichtigen und inspizieren, die gemäss den hievor erwähnten Bestimmungen zugelassen sind; d. aufhören, Verstärkungen an Kampfflugzeugen, gepanzerten Fahrzeugen, Warfen und Munition nach Korea zu bringen. Es wird jedoch vorbehalten, dass Kampfflugzeuge, gepanzerte Fahrzeuge, Waffen und Munition, die während der Dauer des Waffenstillstandes zerstört, beschädigt, abgenützt oder aufgebraucht werden, Stück für Stück, jedes von gleicher Wirksamkeit und gleichem Typ, ersetzt werden können. Solche Kampfflugzeuge, gepanzerte Fahrzeuge, Waffen und Munition sollen nur über die in Paragraph 43 hiernach aufgeführten
Eingangshäfen nach Korea eingeführt werden.

Zur Rechtfertigung der Begehren für die Einfuhr von Kampflugzeugen, gepanzerten Fahrzeugen, Waffen und Munition nach Korea zu Ersatzzwecken, ist über alle ankommenden Sendungen von solchem Material der militärischen Waffenstillstandskommission und der Neutralen Überwachungskommission Bericht zu erstatten; diese Berichte sollen Angaben darüber enthalten, was mit dem so ersetzten Material geschehen ist. Zu ersetzendes Material, das von Korea weggeschafft wird, soll nur über die in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen weggeschafft werden. Die NeutraleÜberwachungskommission wird durch ihre Neutralen Inspektionsgruppen in den in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen den nach den obenerwähnten Bestimmungen gestatteten Ersatz von Kampfflugzeugen, gepanzerten Fahrzeugen.Waffen und Munition beaufsichtigen und inspizieren; e. gewährleisten, dass das ihrem Kommando unterstehende Personal, das irgendeine Bestimmung des Waffenstillstandsabkommens verletzt, angemessen bestraft wird; /. wenn der Standort von Grabstätten bekannt ist und das Vorhandensein von Gräbern festgestellt wurde, dem Bestattungspersonal der andern Partei gestatten, das.

unter ihrer militärischen Kontrolle stehende Gebiet von Korea innerhalb einer bestimmten Frist nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens zu betreten, um sich zu diesen Gräbern zu begeben und die sterblichen Überreste von verstorbenem Militärpersonal dieser Partei, einschliesslich verstorbener Kriegsgefangener, auszugraben und zu evakuieren. Die besondern Verfahrensvorschriften und die Frist für die Durchführung der obenerwähnten Aufgabe werden von der militärischen Waffenstillstandskommission festgesetzt. Die Befehlshaber der gegnerischen Parteien werden sich gegenseitig alle verfügbaren Informationen über die Grabstätten des verstorbenen Kriegspersonals der andern Partei geben ;

776 g. der militärischen Waffenstillstandskommission, ihren gemischten Beobachter·gruppen, der Neutralen Überwachungskommission und ihren Neutralen Inspektionsgruppen bei der Erfüllung ihrer hiernach umschriebenen Punktionen und Aufgaben vollen Schutz und jegliche Unterstützung und Hilfe gewähren. Sie werden der Neutralen Überwachungskommission und ihren Neutralen Inspektionsgruppen bewilligen, .auf den von beiden Parteien vereinbarten Hauptverbindungslinien (siehe Karte 4)1) : zwischen dem Hauptquartier der Neutralen Überwachungskommission und den in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen und zwischen dem Hauptquartier -der Neutralen Überwachungskommission und den Orten, von wo Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens als erfolgt gemeldet worden sind, völlig ungehindert zu verkehren. Zur Vermeidung unnötiger Verzögerungen wird die Benützung von andern Bouten und Transportmitteln gestattet, wenn die Hauptverbindungslinien geschlossen oder unpassierbar sind; h. jede Hilfe für den Unterhalt, einschliesslich Verbindungs- und Transportmittel-erleichterungen, gewähren, welche die militärische Waffenstillstandskommission und ·die Neutrale Überwachungskommission benötigen könnten; i. jeder in seinem Teil der entmilitarisierten Zone einen geeigneten Flugplatz in der Nähe des Hauptquartiers der militärischen Waffenstillstandskommission zu ihrer freien Benützung errichten, betreiben und unterhalten; j. gewährleisten, dass alle Mitglieder und das übrige Personal der Neutralen Überwachungskommission und der gemäss den nachfolgenden Bestimmungen geschaffenen Neutralen Heimschaffungskommission die für die richtige Ausübung ihrer Funktionen .erforderliche Freiheit und Erleichterungen gemessen, einschliesslich der Privilegien, Behandlung und Immunitäten, die nach internationalem Gebrauch normalerweise dem .akkreditierten diplomatischen Personal zustehen.

14. Dieses Waffenstillstandsabkommen findet auf alle Landstreitkräfte unter der militärischen Kontrolle der einen oder der andern Partei Anwendung; diese Landstreitkräfte haben die entmilitarisierte Zone und das unter militärischer Kontrolle der Gegenpartei stehende Gebiet von Korea zu respektieren.

15. Dieses Waffenstillstandsabkommen findet auf alle Seestreitkräfte der gegnerischen Parteien Anwendung; diese Seestreitkräfte haben die Gewässer
zu respektieren, die an die entmilitarisierte Zone und an das unter der militärischen Kontrolle der Gegenpartei stehende Gebiet von Korea grenzen und von Blockaden irgendwelcher Art gegenüber Korea abzusehen.

16. Dieses Waffenstillstandsabkommen findet auf alle Luftstreitkräfte der gegnerischen Parteien Anwendung; diese Luftstreitkräfte haben den Luftraum über der entmilitarisierten Zone, über dem unter der militärischen Kontrolle der Gegenpartei stehenden Gebiet von Korea und über den an die beiden Gebiete angrenzenden Gewässern .zu respektieren.

17. Die Verantwortung für die Innehaltung und Durchsetzung der Bestimmungen und Vorschriften dieses Waffenstillstandsabkommens obliegt den Unterzeichnern dieses Abkommens und ihren Nachfolgern im Kommando. Die Befehlshaber der gegnerischen Parteien werden in ihrem Kommandobereich alle Massnahmen und Anordnungen treffen, die nötig sind, um die volle Befolgung aller Bestimmungen dieses Abkommens durch alle ihrem Kommando unterstehenden Elemente zu gewährleisten. Sie werden miteinander sowie mit der militärischen Waffenstillstandskommission und der Neutralen Uberwachungskommission aktiv zusammenarbeiten, damit der Wortlaut und Sinn aller Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens Nachachtung finden.

18. Die Kosten für die Tätigkeit der militärischen Waffenstillstandskommission, der Neutralen Überwachungskommission und ihrer Gruppen werden von den gegnerischen Parteien zu gleichen Teilen getragen.

') Siehe Fussnote Seite 772.

777 B. Militärische

Waffenstillstandskommission

1. Zusammensetzung 19. Es wird hiermit eine militärische Waffenstillstandskommission geschaffen.

20. Die'militärisohe Waffenstillstandskommission setzt sich aus zehn (10) hohen Offizieren zusammen, wovon fünf (5) vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen und fünf (5) vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und dem Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichnet werden. Von den zehn Mitgliedern sollen drei (3) von jeder Partei den Bang eines Generals oder Admirais haben. Die zwei (2) übrigen Mitglieder jeder Partei können den Grad eines Generalmajors, Brigadegenerals, Obersten oder einen gleichwertigen Grad bekleiden.

21. Den Mitgliedern der militärischen Waffenstillstandskommission wird gestattet, soweit nötig, Stabsoffiziere beizuziehen.

22. Die militärische Waffenstillstandskommission erhält das nötige Verwaltungspersonal zur Errichtung eines Sekretariats, das der Kommission für die Protokollführung, Sekretariatsarbeiten, Dolmetscherdienste und sonstige ihm von der Kommission zugewiesene Punktionen beisteht. Jede Partei wird für das Sekretariat einen Sekretär und einen stellvertretenden Sekretär sowie das vom Sekretariat benötigte Büro- und Fachpersonal bezeichnen. Die Protokolle werden in englischer, koreanischer und chinesischer Sprache geführt, wobei alle gleichermassen als authentisch gelten.

23. a. Die militärische Waffenstillstandskommission wird anfänglich durch zehn (10) gemischte Beobachtergruppen ergänzt und unterstützt, deren Zahl im Einvernehmen der Chefs der Delegationen beider Parteien in der militärischen Waffenstillstandskommission verringert werden kann.

6. Jede gemischte Beobachtergruppe setzt sich aus mindestens vier (4) und höchstens sechs (6) Offizieren im Stabsoffiziersrang zusammen, wovon die eine Hälfte vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen und die andere Hälfte vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und dem Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichnet werden. Zusätzliches Personal, wie Kraftwagenlenker, Büropersonal, Dolmetscher wird von jeder Partei, soweit für die Tätigkeit der gemischten Beobachtergruppen benötigt, zur Verfügung gestellt.

2. Funktionen und Befugnis 24. Die allgemeine Aufgabe der militärischen Waffenstillstandskommission
besteht darin, die Durchführung dieses Waffenstillstandsabkommens zu überwachen und allfällige Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens auf dem Verhandlungswege zu bereinigen.

25. Die militärische Waffenstillstandskommission wird: a. ihr Hauptquartier in der Nähe vonPANMUN JOM (37° 57' 29"N, 126° 40' 00" O) aufschlagen. Die militärische Waffenstillstandskommission kann ihr Hauptquartier im Einvernehmen der Chefs der Delegationen beider Parteien in der militärischen Waffenstillstandskommission an einen andern Ort innerhalb der entmilitarisierten Zone verlegen ; b. ihre Tätigkeit als ein gemischtes Organ ohne Vorsitzenden ausüben; c. Verfahrensvorschriften erlassen, die ihr, je nach den Umständen, als nötig erscheinen ; d. die Durchführung der Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens betreffend die entmilitarisierte Zone und das Mündungsgebiet des Han-Flusses überwachen; e. die Operationen der gemischten Beobachtergruppen leiten; Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

56

778 /. allfällige Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens auf dem Verhandlungswege bereinigen; g. alle Untersuohungsberichte über Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens und alle andern Berichte und Protokolle, die sie von der Neutralen Uberwachungskommission erhält, unverzüglich den Befehlshabern der gegnerischen Parteien übermitteln; h. die Tätigkeit des nach den hiernach folgenden Bestimmungen geschaffenen Komitees für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen und des Komitees für die Unterstützung heimkehrwilliger Zivilflüchtlinge überwachen und leiten; i. als Vermittler zwischen den Befehlshabern der gegnerischen Parteien für die Übermittlung von Mitteilungen tätig sein, wobei jedoch vorbehalten wird, dass vorstehende Bestimmung nicht so ausgelegt werden darf, als schliesse sie die Befehlshaber beider Parteien davon aus, miteinande'r auf irgendeinem andern Wege, den sie zu benützen wünschen, zu verkehren; j. ihren Stab und die gemischten Beobachtergruppen mit Ausweispapieren und besonderem Abzeichen und die bei der Verrichtung ihrer Aufgabe gebrauchten Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe mit besonderen Kennzeichen versehen.

26. Die Aufgabe der gemischten Beobachtergruppen besteht darin, der militärischen Waffenstillstandskommission bei der Überwachung der .Durchführung der Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens betreffend die entmilitarisierte Zone und das Mündungsgebiet des Han-Flusses behilflich zu sein.

27. Die militärische Waffenstillstandskommission oder der Delegationschef der einen oder andern Partei in dieser'Kommission sind berechtigt, gemischte Beobachtergruppen abzuordnen zur Untersuchung von Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens, die als in der entmilitarisierten Zone oder im Mündungsgebiet des HanFlusses erfolgt gemeldet werden. Es wird indessen vorbehalten, dass nicht mehr als die Hälfte der von der militärischen Waffenstillstandskommission nicht abgeordneten gemischten Beobachtergruppen zu irgendeinem Zeitpunkt vom Delegationschef der einen oder andern Partei in dieser Kommission abgeordnet werden soll.

28. Die militärische Waffenstillstandskommission oder der Delegationschef der einen oder andern Partei in dieser Kommission sind berechtigt, zu verlangen, dass die Neutrale Überwachungskommission spezielle Beobachtungen und Besichtigungen an Orten
ausserhalb der entmilitarisierten Zone durchführt, von wo Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens als erfolgt gemeldet werden.

29. Wenn die militärische WaffenstillstandskQmmission feststellt, dass eine Verletzung dieses Waffenstillstandsabkommens erfolgt ist, hat sie diese Verletzung unverzüglich den Befehlshabern der gegnerischen Parteien zu melden.

80. Wenn die militärische Waffenstillstandskommission feststellt, dass eine Verletzung dieses Waffenstillstandsabkommens zu ihrer Befriedigung in Ordnung gebracht worden ist, hat sie dies den Befehlshabern der gegnerischen Parteien zu melden.

3. Allgemeines 31. Die militärische Waffenstillstandskommission wird täglich zusammentreten.

Unterbrechungen von höchstens sieben (7) Tagen können von den Delegationschefs beider Parteien vereinbart werden; vorbehalten bleibt jedoch, dass solchen Unterbrechungen vom Delegationschef der einen oder andern Partei auf vierundzwanzig(24)-stündige Voranzeige hin ein Ende gemacht werden kann.

32. Kopien der Protokolle über alle Zusammenkünfte der militärischen Waffenstillstandskommission sind sobald als möglich nach jeder Zusammenkunft den Befehlshabern der gegnerischen Parteien zu übermitteln.

33. Die gemischten Beobachtergruppen ' erstatten der militärischen Waffenstillstandskommission gemäss deren Weisungen periodisch Bericht und erstellen im übrigen diejenigen Spezialberichte, die ihnen selbst notwendig scheinen oder die von der Kommission verlangt werden.

779 34. Die militärische Waffenstillstandskommission bewahrt die gemäss diesem Waffenstillstandsabkommen abzufassenden Berichte und Protokolle im Doppel auf.

Die Kommission ist ermächtigt, alle andern Berichte, Aufzeichnungen etc., die zur Führung ihrer Geschäfte nötig sein könnten, im Doppel aufzubewahren. Im Falle der Auflösung der Kommission wird jeder Partei eine Serie dieser Akten ausgehändigt.

35. Die militärische Waffenstillstandskommission kann den Befehlshabern der gegnerischen Parteien Empfehlungen hinsichtlich von Abänderungen oder Ergänzungen dieses Waffenstillstandsabkommens unterbreiten. So empfohlene Änderungen sollten im allgemeinen dazu dienen, den Waffenstillstand wirksamer zu gestalten.

C. Neutrale Überwachwngskommission 1. Zusammensetzung 36. Es wird hiermit eine Neutrale Überwachungskommission geschaffen.

37. Die Neutrale Überwachungskommission setzt sich aus vier (4) hohen Offizieren zusammen, wovon zwei (2) von den vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen bezeichneten neutralen Staaten, nämlich von SCHWEDEN und der SCHWEIZ, und zwei (2) von den vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und vom Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichneten neutralen Staaten, nämlich von POLEN und der TSCHECHOSLOWAKEI, ernannt werden. Der Ausdruck «neutraler Staat», wie er in vorliegendem Abkommen gebraucht wird, bedeutet ein Staat, dessen Streitkräfte sich an den Feindseligkeiten in Korea nicht beteiligt haben. In die Kommission ernannte Mitglieder können den Streitkräften der sie ernennenden Staaten angehören. Jedes Mitglied wird ein stellvertretendes Mitglied bezeichnen, das jenen Zusammenkünften beiwohnen wird, an denen das Mitglied selbst aus irgendeinem Grunde nicht teilnehmen kann. Die stellvertretenden Mitglieder sollen die gleiche Staatsangehörigkeit haben wie die Mitglieder selbst. Die Neutrale Überwachungskommission kann ihre Tätigkeit ausüben, wenn die Zahl der anwesenden Mitglieder der von einer Partei bezeichneten neutralen Staaten der Zahl der anwesenden Mitglieder der von der andern Partei bezeichneten neutralen Staaten entspricht.

38. Den Mitgliedern der Neutralen Überwachungskommission wird gestattet, soweit nötig, Stabsoffiziere beizuziehen, die von den neutralen Staaten zur Verfügung gestellt werden. Diese
Stabsoffiziere können als stellvertretende Mitglieder der Kommission bezeichnet werden.

39. Die neutralen Staaten sollen ersucht werden, der Neutralen Überwachungskommission das nötige Verwaltungspersonal zur Errichtung eines Sekretariates zur Verfügung zu stellen, das der Kommission bei der Protokollführung, Sekretaria,tsarbeiten, Dolmetscherdiensten und sonstigen ihm von der Kommission zugewiesenen Funktionen beisteht.

40. a. Die Neutrale Überwachungskommission wird anfänglich durch zwanzig (20) Neutrale" Inspektionsgruppen ergänzt und unterstützt, deren Zahl im Einvernehmen der Chefs der Delegationen beider Parteien in der militärischen Waffenstillstandskommission verringert werden kann. Die Neutralen Inspektionsgruppen sind nur gegenüber der Neutralen Überwachungskornmission verantwortlich, haben ihr Bericht zu erstatten und nehmen deren Weisungen entgegen.

6. Jede Neutrale Inspektionsgruppe setzt sich aus mindestens vier (4) Offizieren, vorzugsweise im Stabsoffiziersrang, zusammen, wovon die eine Hälfte den neutralen Staaten angehören soll, die vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen bezeichnet worden sind, und die andere Hälfte den neutralen Staaten, die vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und vom Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichnet worden sind. Die in die Neutralen Inspektionsgruppen ernannten Mitglieder können den Streitkräften der sie

780 ernennenden Staaten angehören. Um die Tätigkeit der Gruppen zu erleichtern, können, so weit es die Umstände erfordern, Untergruppen bestehend aus mindestens zwei (2) Mitgliedern gebildet werden, wovon das eine einem der vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen bezeichneten neutralen Staaten angehören soll und das andere einem der neutralen Staaten, die vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und vom Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichnet worden sind. Zusätzliches, von den Gruppen zur Durchführung ihrer Aufgabe benötigtes Personal, wie Kraftwagenführer, Büropersonal, Dolmetscher und Verbindungspersonal sowie Ausrüstungsgegenstände werden von den Befehlshabern beider Parteien sowohl in der entmilitarisierten Zone als auch im Gebiet unter ihrer militärischen Kontrolle, so weit nötig, zur Verfügung gestellt. Die Neutrale Überwachungskommission kann sich selbst und, so weit es ihr beliebt, die Neutralen Inspektionsgruppen mit eigenem Personal und Ausrüstung der obenerwähnten Art versehen; vorausgesetzt wird indessen, dass dieses Personal den gleichen neutralen Staaten angehört, aus denen die Neutrale Uberwachungskommission zusammengesetzt ist.

2. Punktionen und Befugnis 41. Die Aufgabe der Neutralen Uberwachungskommission besteht darin, Überwachungs-, Beobachtungs-, Inspektions- und Untersuchungsfunktionen auszuüben, wie sie im Paragraph 13, Abschnitte c und d, und im Paragraph 28 hiervor vorgesehen sind, und der militärischen Waffenstillstandskommission Bericht zu erstatten über das Ergebnis solcher Überwachungen, Beobachtungen, Inspektionen und Untersuchungen.

42. Die Neutrale Überwachungskommission wird : a. ihr Hauptquartier in der Nähe des Hauptquartiers der militärischen Waffenstillstandskommission aufschlagen; b. Verfahrensvorschriften erlassen, die ihr, je nach den Umständen, als nötig erscheinen; c. durch ihre Mitglieder und ihre Neutralen Inspektionsgruppen die im Paragraph 13, Abschnitte c und d, dieses Waffenstülstandsabkommens vorgesehene Überwachung und Inspektion in den im Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen und die im Paragraph 28 dieses Abkommens vorgesehenen speziellen Beobachtungen und Inspektionen an den Orten durchführen, von wo Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens als erfolgt gemeldet
worden sind. Die Inspektion von Kampfflugzeugen, gepanzerten Fahrzeugen, Waffen und Munition durch die Neutralen Inspektionsgruppen hat so zu erfolgen, dass sie die Möglichkeit haben, wirklich Gewähr dafür zu leisten, dass keine Verstärkungen an Kampfflugzeugen, gepanzerten Fahrzeugen, Waffen und Munition nach Korea eingeführt werden; dies ist jedoch nicht so auszulegen, als sei die Inspektion oder Prüfung von geheimen Konstruktionen oder Merkmalen an Kampfflugzeugen, gepanzerten Fahrzeugen, Waffen oder Munition gestattet ; d. die Operationen der Neutralen Inspektionsgruppen leiten und überwachen ; e. fünf (5) Neutrale Inspektionsgruppen in den in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen stationieren, die sich im Gebiet befinden, das unter der militärischen Kontrolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Vereinten Nationen steht, und fünf (5) Neutrale Inspektionsgruppen in den in Paragraph 43 hiernach aufgeführten Eingangshäfen, die sich im Gebiet befinden, das unter der militärischen Kontrolle des Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und des Befehlshabers der Freiwilligen des chinesischen Volkes steht. Sie wird anfänglich zehn (10) mobile Neutrale Inspektionsgruppen als Reserve einsetzen, die in unmittelbarer Nähe des Hauptquartiers der Neutralen Überwachungskommission stationiert sind ; ihre Zahl kann im Einvernehmen der Delegationschefs beider Parteien in der militärischen Waffenstillstandskommission verringert werden. Von den mobilen Neutralen Inspektionsgruppen sollen nicht mehr als die Hälfte zu irgendeinem Zeitpunkt gemäss Begehren des Delegationsohefs der einen oder andern Partei in der militärischen Waffenstillstandskommission abgeordnet werden;

781 /. vorbehaltlich der Bestimmungen des vorstehenden Abschnittes, ohne Verzug Untersuchungen über gemeldete Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens durchführen, einschliesslich solcher Untersuchungen über gemeldete Verletzungen dieses Waffenstillstandsabkommens, die von der militärischen Waffenstillstandskommission oder vom Delegationschef der einen oder andern Partei in dieser Kommission verlangt werden; g. ihren Stab und die Neutralen Inspektionsgruppen mit Ausweispapieren und besonderem Abzeichen und die bei der Verrichtung ihrer Aufgabe gebrauchten Fahrzeuge, Plugzeuge und Schiffe mit besondern Kennzeichen versehen.

43. Neutrale Inspektionsgruppen werden in folgenden Eingangshäfen stationiert : Gebiet unter der militärischen Kontrolle Gebiet unter der militärischen Kontrolle des Kommandos der Streitkräfte der Ver- der koreanischen Volksarmee und der einten Nationen Freiwilligen des chinesischen Volkes INCHON . . . (370 28'N, 126° 38'O) SINUIJU. . . (40° 06'N, 124° 24'0) TAEGU . . . (35°'52'N, 128° 36'O) CHONGJIN. . (41° 46' N, 129" 49' 0) PU SAN. . . . (35° 06'N, 129» 02'O) HUNGNAM. . (39° 50'N, 127° 37'O) KANGNUNG . (37° 45' N, 128" 54' O) MANPO . . . (41° 09' N, 126° 18' O) KUNSAN. . . (35° 59'N, 126° 43'0) SINANJU . . (39° 36'N, 125° 36'0) Diesen Neutralen Inspektionsgruppen wird der völlig ungehinderte Verkehr innerhalb der Gebiete und über die Verbindungslinien, die auf beiliegender Karte (Karte 5) *) eingezeichnet sind, bewilligt.

3. Allgemeines 44. Die Neutrale Überwachungskommission wird täglich zusammentreten. Unterbrechungen von höchstens sieben (7) Tagen können von den Mitgliedern der Neutralen "Überwachungskommission vereinbart werden; vorbehalten bleibt jedoch, dass solchen Unterbrechungen von jedem Mitglied auf vierundzwanzig-(24)-stündige Voranzeige hin ein Ende gemacht werden kann.

45. Kopien der Protokolle über alle Zusammenkünfte der Neutralen Überwachungskommission sind sobald als möglich nach jeder Zusammenkunft der militärischen Waffenstillstandskommission zu übermitteln. Die Protokolle sind auf englisch, koreanisch und chinesisch zu führen.

46. Die Neutralen Inspektionsgruppen erstatten der Neutralen Überwachungskommission geniäss deren Weisungen periodisch Bericht über das Ergebnis ihrer Überwachungen, Beobachtungen, Inspektionen und Untersuchungen und
erstellen im übrigen diejenigen Spezialberichte, die ihnen selbst notwendig scheinen oder die von der Kommission verlangt werden. Die Berichte werden von der Gruppe als solche erstattet, können aber auch von einem einzelnen Mitglied oder von mehreren Mitgliedern derselben erstattet werden, wobei man sich aber darüber einig ist, dass .die von einem oder mehreren Mitgliedern erstatteten Berichte nur informatorischen Charakter haben.

47. Kopien der von den Neutralen Inspektionsgruppen verfassten Berichte werden von der Neutralen Überwachungskommission der militärischen Waffenstillstandskommission ohne Verzug und in der Sprache, in der der Bericht eingegangen ist, übermittelt. Sie sollen nicht durch den Übersetzungs- oder Auswertungsprozess verzögert werden. Die Neutrale Überwachungskommission wird solche Berichte sobald als möglich auswerten und ihre Stellungnahme der militärischen Waffenstillstandskommission dringlichst übermitteln. Die militärische Waffenstillstandskommission wird im Zusammenhang mit solchen Berichten keine endgültigen Beschlüsse fassen, bevor sie von der Stellungnahme der Neutralen Überwachungskommission Kenntnis hat. Die Mitglieder der Neutralen Überwachungskommission und ihrer Gruppen haben auf Verlangen des Delegationschefs der einen oder andern Partei in der militärischen Waffenstillstandskommission zur Erläuterung eingereichter Berichte vor der militärischen Waffenstillstandskommission zu erscheinen.

') Siehe Fussnote Seite 772.

782 48. Die Neutrale Überwaohungskommission bewahrt die gemäss diesem Waffenstillstandsabkommen abzufassenden Berichte und Protokolle im Doppel auf. Die Kommission ist ermächtigt, alle andern Berichte, Aufzeichnungen etc., die zur Führung ihrer Geschäfte nötig sein könnten, im Doppel aufzubewahren. Im Falle der Auflösung der Kommission wird jeder Partei eine Serie dieser Akten ausgehändigt.

49. Die Neutrale Überwachungskommission kann der militärischen Waffenstillstandskommission Empfehlungen hinsichtlich von Abänderungen oder Ergänzungen dieses Waffenstillstandsabkommens unterbreiten. So empfohlene Änderungen sollten im allgemeinen dazu dienen, den Waffenstillstand wirksamer zu gestalten.

50. Die Neutrale Überwachungskommission oder irgendeines ihrer Mitglieder sind ermächtigt, mit irgendeinem Mitglied der militärischen Waffenstillstandskommission zu verkehren.

Artikel III Abmachungen betreffend die Kriegsgefangenen 51. Die Entlassung und Heimschaffung aller Kriegsgefangenen, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Waffenstillstandsabkommens im Gewahrsam der einen oder andern Partei'befinden, erfolgt gemäss den folgenden, von beiden Parteien vor der Unterzeichnung dieses Waffenstillstandsabkommens vereinbarten Bestimmungen: a. Innerhalb von sechzig (60) Tagen nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens wird jede Partei, alle in ihrer Obhut befindlichen Kriegsgefangenen, die auf der Heimschaffung zu der Partei, der sie zur Zeit ihrer Gefangennahme angehörten, beharren, direkt heimschaffen und gruppenweise^ übergeben, ohne ihnen Hindernisse in den Weg zu legen. Die Heimschaffung wird gemäss den bezüglichen Bestimmungen dieses Artikels vollzogen. Uni das Heimschaffungsverfahren von solchen Kriegsgefangenen zu beschleunigen, werden die Parteien vor der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens nach Staatsangehörigkeit geordnete Angaben über die Gesamtzahl der direkt heimzuschaffenden Personen austauschen. Mit jeder Gruppe von Kriegsgefangenen, die der andern Partei übergeben wird, sind nach Staatsangehörigkeit geordnete Listen, die Namen, (allfälligen) Dienstgrad und Internierungs- und militärische Matrikelnummer enthalten, auszuhändigen.

b. Jede Partei wird alle verbleibenden Kriegsgefangenen, die nicht direkt heimgeschafft werden, aus ihrer militärischen Kontrolle und ihrem
Gewahrsam entlassen und der Neutralen Heimschaffungskommission zu ihrer Verfügung übergeben, entsprechend den Bestimmungen der Anlage zu diesem Waffenstillstandsabkommen, betitelt «Statut für die Neutrale Heimschaffungskommission».

c. Zur Vermeidung von Missverständnissen, die sich aus dem Gebrauch dreier gleichermassen authentischer Sprachen ergeben könnten, wird der Akt der Übergabe eines Kriegsgefangenen von einer Partei an die andere bei der Anwendung dieses Waffenstillstandsabkommens auf englisch als «repatriation», auf koreanisch (SONG HWAN) und auf chinesisch (CH'IEN FAN) bezeichnet werden, ohne Eücksicht auf die Staatsangehörigkeit oder den Wohnort des betreffenden Kriegsgefangenen.

52. Jede Partei gibt die Zusicherung ab, dass sie einen infolge des Inkrafttretens dieses Waffenstillstandsabkommens freigelassenen und heimgeschafften Kriegsgefangenen nicht für kriegerische Handlungen im koreanischen Konflikt verwenden wird.

53. Alle kranken und verwundeten heimkehrwilligen Kriegsgefangenen werden in erster Linie heimgeschafft. Nach Möglichkeit soll gefangenes Sanitätspersonal gleichzeitig mit den kranken und verwundeten Kriegsgefangenen heimgeschafft werden, um diesen während ihres Transportes ärztliche Pflege zu geben und sie zu betreuen.

54. Die Heimschaffung aller in Paragraph 51, Abschnitt a hievor erwähnten Kriegsgefangenen soll innerhalb einer Frist von sechzig (60) Tagen nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens beendigt sein. Innerhalb dieser Frist bemüht sich jede

783 Partei, die Heimschaffung der obenerwähnten, in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen sobald als möglich zu beendigen.

55. PANMUNJOM wird als Ort bezeichnet, wo die Kriegsgefangenen von beiden Parteien übergeben und in Empfang genommen .werden. Weitere Orte für die Übergabe und Inempfangnahme von Kriegsgefangenen in der entmilitarisierten Zone können, sofern nötig, vom Komitee für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen bezeichnet werden.

56. a. Es wird hiermit ein Komitee für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen geschaffen. Es setzt sich aus sechs (6) Offizieren im Stabsoffiziersrang zusammen, wovon drei (3) vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen und drei (3) vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und dem Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichnet werden. Dieses Komitee ist unter der Oberaufsicht und Leitung der militärischen Waffenstillstandskommission für das Koordinieren der einzelnen Pläne beider Parteien für die Heimschaffung von Kriegsgefangenen und für die Überwachung der Ausführung aller Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens betreffend die Heimsohaffung der Kriegsgefangenen durch beide Parteien verantwortlich. Es ist Aufgabe dieses Komitees, die Zeit der Ankunft der Kriegsgefangenen am Orte, bzw. an den Orten der Übergabe und Inempfangnahme von Kriegsgefangenen aus den Kriegsgefangenenlagern beider Parteien zu koordinieren; wenn nötig, diejenigen Spezialanordnungen zu treffen, die erforderlich sind für den Transport und das Wohlergehen kranker und verwundeter Kriegsgefangener; die Arbeit der gemischten Botkreuzgruppen, die gemäss Paragraph 57 hiernach zur Mithilfe bei der Heimschaffung von Kriegsgefangenen geschaffen werden, zu koordinieren; die Ausführung der Anordnungen für die eigentliche Heimschaffung von Kriegsgefangenen, wie dies in den Paragraphen 53 und 54 hievor vorgesehen ist, zu überwachen ; wenn nötig, weitere Orte für die Übergabe und Inempfangnahme von Kriegsgefangenen auszuwählen ; Sicherheitsmassnahmen am Orte, bzw.

an den Orten der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen zu treffen; und jene andern Funktionen, die im Zusammenhang mit der Heimschaffung der Kriegsgefangenen erforderlich sind, auszuüben.

b. Wenn das Komitee für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen in
einer Angelegenheit betreffend die ihm obliegenden Pflichten keine Einigung erzielen kann, so hat es diese Angelegenheit unverzüglich der militärischen Waffenstillstandskommission zum Entscheid zu unterbreiten. Das Komitee für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen wird sein Hauptquartier in der Nähe des Hauptquartiers der militärischen Waffenstillstandskommission haben.

c. Das Komitee für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen wird nach Beendigung des Programms für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen durch die militärische Waffenstillstandskommission aufgelöst.

57. a. Unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens werden gemischte Botkreuz-Gruppen geschaffen, die sich zusammensetzen aus Vertretern der nationalen Botkreuz-Gesellschaften derjenigen Länder, die dem Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen Truppen zur Verfügung gestellt haben, einerseits, und aus Vertretern der Botkreuz-Gesellschaf t der demokratischen Volksrepublik Korea und Vertretern der Botkreuz-Gesellschaf t der chinesischen Volksrepublik, anderseits.

Die gemischten Botkreuz-Gruppen werden beiden Parteien bei der Ausführung der Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens betreffend die Heimschaffung aller in Paragraph 51, Abschnitt a, hievor erwähnten, auf der Heimschaffung beharrenden Kriegsgefangenen behilflich sein durch Leistung solcher humanitärer Dienste, die für das Wohlergehen der Kriegsgefangenen nötig und wünschenswert sind. Zur Erfüllung dieser Aufgabe werden die gemischten Botkreuz-Gruppen bei der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen durch beide Parteien am Orte, bzw. an den Orten der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen mitwirken und die Kriegsgefangenenlager beider Parteien besuchen, um den Kriegsgefangenen beizustehen und

784 ihnen solche Geschenke zu bringen und zu verteilen, die ihr Los erleichtern und ihrem Wohlbefinden dienen. Die gemischten Rotkreuz-Gruppen können den Kriegsgefangenen während ihres Transportes von den Kriegsgefangenenlagern zum Orte, bzw. den Orten der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen Hilfe leisten.

b. Die gemischten Rotkreuz-Gruppen werden wie folgt organisiert: (1) Eine Gruppe setzt sich aus zwanzig (20) Mitgliedern zusammen, nämlich aus je zehn (10) Vertretern der nationalen Rotkreuz-Gesellschaften jeder Partei, um bei der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen beider Parteien am Orte, bzw.

an den Orten der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen mitzuhelfen.

Der Vorsitz dieser Gruppe soll täglich zwischen den Vertretern der Rotkreuz-Gesellschaften beider Parteien abwechseln. Die Arbeit und die Dienstleistungen dieser Gruppe werden vom Komitee für die Heinischaffung der Kriegsgefangenen koordiniert.

(2) Eine Gruppe setzt sich aus sechzig (60) Mitgliedern zusammen, nämlich aus je dreissig (30) Vertretern der nationalen Rotkreuz-Gesellschaften jeder Partei, um die unter der Verwaltung der koreanischen Volksarmee und der Freiwilligen des chinesischen Volkes stehenden Kriegsgefangenenlager zu besuchen. Diese Gruppe kann den Kriegsgefangenen während ihres Transportes vom Kriegsgefangenenlager zum Orte, bzw. den Orten der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen Hilfe leisten. Ein Vertreter der Rotkreuz-Gesellschaf t der demokratischen Volksrepublik Korea oder der Rotkreuz-Gesellschaf t der chinesischen Volksrepublik amtet als Vorsitzender dieser Gruppe.

(3) Eine Gruppe setzt sich aus sechzig (60) Mitgliedern zusammen, nämlich aus je dreissig (30) Vertretern der nationalen Rotkreuz-Gesellschaften jeder Partei, um die unter der Verwaltung des Kommandos der Streitkräfte der Vereinten Nationen stehenden Kriegsgefangenenlager zu besuchen. Diese Gruppe kann den Kriegsgefangenen während des Transportes vom Kriegsgefangenenlager zum Orte, bzw. den Orten der Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen Hilfe leisten. Ein Vertreter der Rotkreuz-Gesellschaf t eines Staates, der dem Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen Truppen zur Verfügung gestellt hat, wird als Vorsitzender dieser Gruppe amten.

(4) Um die Tätigkeit der einzelnen gemischten
Rotkreuz-Gruppen zu erleichtern, können, soweit es die Umstände erfordern, Untergruppen, bestehend aus mindestens zwei (2) Mitgliedern der Gruppe mit einer gleichen Zahl von Vertretern jeder Partei gebildet werden.

(5) Zusätzliches Personal, wie Kraftwagenlenker, Büropersonal und Dolmetscher, sowie die von den gemischten Rotkreuz-Gruppen zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigten Ausrüstungsgegenstände, werden vom Befehlshaber jeder Partei derjenigen Gruppe zur Verfügung gestellt, die in dem unter seiner militärischen Kontrolle stehenden ' Gebiete tätig ist.

(6) Jedesmal, wenn sich in einer gemischten Rotkreuz-Gruppe die Vertreter beider Parteien verständigen, kann deren Bestand vergrössert oder vermindert werden, vorbehaltlich der Zustimmung des Komitees für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen.

c. Der Befehlshaber jeder Partei unterstützt die gemischten Rotkreuz-Gruppen bei der Ausübung ihrer Funktionen voll und verpflichtet sich, die Sicherheit des Personals der gemischten Rotkreuz-Gruppen im Gebiet unter seiner militärischen Kontrolle zu gewährleisten. Der Befehlshaber jeder Partei gewährt der im Gebiet unter seiner militärischen Kontrolle tätigen Gruppe die von ihr benötigten Erleichterungen für ihren Unterhalt, die Verwaltung und Verbindungen.

d. Die gemischten Rotkreuz-Gruppen werden nach Beendigung des Programms für die Heimschaffung aller in Paragraph 51, Abschnitt a, hievor erwähnten Kriegsgefangenen, die auf der Heimschaffung beharren, aufgelöst.

58. a. Der Befehlshaber jeder Partei erteilt dem Befehlshaber der Gegenpartei sobald wie möglich, aber nicht später als zehn (10) Tage nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens folgende Auskünfte über Kriegsgefangene:

785 (1) Vollständige Angaben über die Kriegsgefangenen, die seit dem Stichtag des letzten Austausches von Angaben entwichen sind ; (2) Soweit möglich, Angaben über Namen, Staatsangehörigkeit, Dienstgrad und andere Erkennungszeichen sowie Datum und Ursache des Hinschiedes und Bestattungsort derjenigen Kriegsgefangenen, die in der Gefangenschaft gestorben sind.

b. Wenn ein Kriegsgefangener nach dem Stichtag der obenerwähnten zusätzlichen Auskunftserteilung entweicht oder stirbt, wird die Gewahrsamsmacht der andern Partei über das Komitee für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen die bezüglichen Angaben gemäss den Bestimmungen von Paragraph 58, Abschnitt a, hievor übermitteln.

Solche Angaben sind alle zehn Tage zu übermitteln, bis das Programm für die Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen beendigt ist.

c. Jeder entwichene Kriegsgefangene, der nach der Beendigung des Programms für die Übergabe und Inempfangnahme der Kriegsgefangenen in den Gewahrsam der Partei, bei der er sich befunden hatte, zurückkehrt, soll der militärischen Waffenstillstandskommission ausgehändigt werden, die dann über sein Schicksal befinden wird.

59. a. Allen Zivilpersonen, die sich zur Zeit des Inkrafttretens dieses Waffenstillstandsabkommens im Gebiete unter der militärischen Kontrolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Vereinten Nationen aufhalten und die am 24. Juni 1950 nördlich der in diesem Waffenstillstandsabkommen festgelegten militärischen Demarkationslinie ihren Wohnsitz hatten, soll, sofern sie heimkehrwillig sind, vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen gestattet und geholfen werden, in das Gebiet nördlich der militärischen Demarkationslinie zurückzukehren; und allen Zivilpersonen, die sich zur Zeit des Inkrafttretens dieses Waffenstillstandsabkommens im Gebiet unter der militärischen Kontrolle des Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und des Befehlshabers der Freiwilligen des chinesischen Volkes aufhalten und die am 24. Juni 1950 südlich der in diesem Waffenstillstandsabkommen festgelegten militärischen Demarkationslinie Wohnsitz hatten, soll, sofern sie heimkehrwillig sind, vom Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und dem Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gestattet und geholfen werden, in das Gebiet südlich der militärischen
Demarkationslinie zurückzukehren. Der Befehlshaber jeder Partei ist verantwortlich dafür, dass der Inhalt der Bestimmungen dieses Abschnittes ini Gebiet unter seiner militärischen Kontrolle öffentlich bekanntgemacht wird und dass die zuständigen Zivilbehörden angewiesen werden, allen heimkehrwilligen Zivilpersonen die nötigen Batschläge und Unterstützung zu geben.

b. Allen Zivilpersonen ausländischer Staatsangehörigkeit, die sich zur Zeit des Inkrafttretens dieses Waffenstillstandsabkommens im Gebiet unter der militärischen Kontrolle des Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und des Befehlshabers der Freiwilligen des chinesischen Volkes aufhalten, soll, sofern sie in das Gebiet unter der militärischen Kontrolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Vereinten Nationen überzutreten wünschen, gestattet und geholfen werden, dies zu tun; allen Zivilpersonen ausländischer Staatsangehörigkeit, die sich zur Zeit des Inkrafttretens dieses Waffenstillstandsabkommens im Gebiet unter der militärischen Kontrolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Vereinten Nationen aufhalten, soll, sofern sie in das Gebiet unter der militärischen Kontrolle des Höchstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und des Befehlshabers der Freiwilligen des chinesischen Volkes überzutreten wünschen, gestattet und geholfen werden, dies zu tun. Der Befehlshaber jeder Partei ist verantwortlich dafür, dass der Inhalt der Bestimmungen dieses Abschnittes im Gebiet unter seiner militärischen Kontrolle öffentlich bekanntgemacht wird und dass die zuständigen Zivilbehörden angewiesen werden, allen Zivilpersonen ausländischer Staatsangehörigkeit, die in das Gebiet unter der militärischen Kontrolle der Gegenpartei überzutreten wünschen, die nötigen Ratschläge und Unterstützung zu geben.

c. Massnahmen zur Unterstützung der in Paragraph 59, Abschnitt a, hievor vorgesehenen Rückkehr von Zivilpersonen und der in Paragraph 59, Abschnitt b, hievor

786 vorgesehenen Übersiedlung von Zivilpersonen werden von beiden Parteien sobald als möglich nach Inkrafttreten dieses Waffenstillstandsabkommens getroffen.

d. (1) Es wird hiermit ein Komitee für die Unterstützung heimkehrwilliger Zivilflüchtlinge geschaffen. Es setzt sich aus vier (4) Offizieren im Stabsoffiziersrang zusammen, wovon zwei (2) vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen und zwei (2) vom Höehstkommandierenden der koreanischen Volksarmee und dem Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes gemeinsam bezeichnet werden.

Dieses Komitee ist unter der Oberaufsicht und Leitung der militärischen Waffenstillstandskommission für das Koordinieren der einzelnen Pläne beider Parteien für die Unterstützung der Rückkehr der vorgenannten Zivilpersonen und für die Überwachung der Ausführung aller Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens betreffend die Bückkehr der vorgenannten Zivilpersonen durch beide Parteien verantwortlich. Es ist Aufgabe dieses Komitees, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, einschliesslich jener für den Transport, für das Beschleunigen und Koordinieren der Übersiedlung der vorgenannten Zivilpersonen; den Punkt oder die Punkte zu wählen, wo die vorgenannten Zivilpersonen die militärische Demarkationslinie überschreiten sollen; Sicherheitsmassnahmen an diesem Punkte, bzw. diesen Punkten zu treffen und jene andern Punktionen, die für die Durchführung der Bückkehr der vorgenannten Zivilpersonen erforderlich sind, auszuüben.

(2) Wenn sich das Komitee für die Unterstützung heimkehrwilliger Zivilflüchtlinge über irgendeine Angelegenheit betreffend die ihm obliegenden Pflichten nicht einigen kann, so hat es diese Angelegenheit unverzüglich der militärischen Waffenstillstandskommission zum Entscheid zu unterbreiten. Das Komitee für die Unterstützung heimkehrwilliger Zivilflüchtlinge wird sein Hauptquartier in der Nähe des Hauptquartiers der militärischen Waffenstillstandskommission haben.

(3) Das Komitee für die Unterstützung heimkehrwilliger Zivilflüchtlinge wird nach Erfüllung seiner Mission durch die militärische Waffenstillstandskommission aufgelöst.

Artikel IV · Empfehlungen an die interessierten Regierungen beider Parteien 60. Um die friedliche Lösung der koreanischen Frage zu gewährleisten, empfehlen die militärischen Befehlshaber beider
Parteien hiermit den interessierten Begierungen beider Parteien, innerhalb von drei (3) Monaten nach Unterzeichnung und Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens eine politische Konferenz auf höherer Ebene durch von beiden Parteien zu ernennende Vertreter abzuhalten, um auf dem Verhandlungswege die Frage des Rückzuges aller fremden Streitkräfte aus Korea, der friedlichen Lösung der koreanischen Frage etc., zu regeln.

Artikel V Verschiedenes 61. Abänderungen und Ergänzungen dieses Waffenstillstandsabkommens müssen von den Befehlshabern der gegnerischen Parteien gemeinsam vereinbart werden.

62. Die Artikel und Paragraphen dieses Waffenstillstandsabkommens bleiben in Kraft, bis sie.entweder durch beiden Parteien genehme Abänderungen und Ergänzungen oder durch die Bestimmungen eines angemessenen, zwischen beiden Parteien auf politischer Ebene abgeschlossenen Abkommens über die friedliche Lösung ausdrücklich ersetzt werden.

63. Alle Bestimmungen dieses Waffenstillstandsabkommens, ausgenommen Paragraph 12, werden um 22.00 Uhr am 27. Juli 1953 in Kraft treten.

787 Geschehen in Panmunjom, Korea, um 10.00 Uhr, am 27.Tage des Juli 1953, auf englisch, koreanisch und chinesisch, wobei alle Texte gleichermassen als authentisch gelten.

sig. KIM IL SUNG Marschall der demokratischen Volksrepublik von Korea, Höchstkommandierender der koreanischen Volksarmee

sig. PENG TEH-HUAI Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes

sig. MARK W. CLARK General der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika, Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen

Waren anwesend: sig. WILLIAM K. HARRISON, JR.

sig. NAM IL Generalleutnant der Armee der VerGeneral der koreanischen Volksarmee, einigten Staaten von Amerika, Chef der Delegation der koreanischen Chef der Delegation des Kommandos Volksarmee und der Freiwilligen des der Streitkräfte der Vereinten Nationen chinesischen Volkes

788 ANLAGE Statut für die Neutrale Heimschaffungskommission (Siehe Paragraph 51, Abschnitt 6) I.

Allgemeines 1. Um sicherzustellen, dass alle Kriegsgefangenen die Gelegenheit haben, ihr Kecht auszuüben, nach erfolgtem Waffenstillstand heimgeschafft zu werden, sollen Schweden, die Schweiz, Polen, die Tschechoslowakei und Indien von beiden Parteien ersucht werden, je ein Mitglied in die Neutrale Heimschaffungskommission zu ernennen, die geschaffen wird, um in Korea diejenigen Kriegsgefangenen in ihren Gewahrsam zu nehmen, die sich in der Obhut der Gewahrsamsmacht befinden und ihr Recht, heimgeschafft zu werden, nicht ausgeübt haben. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll ihr Hauptquartier innerhalb der entmilitarisierten Zone, in der Nähe von Panmunjorn, aufschlagen und untergeordnete Organe in gleicher Zusammensetzung wie die Neutrale Heimschaffungskommission an jenen Orten stationieren, wo die Heimschaf fungskommission die Kriegsgefangenen in Gewahrsam nehmen wird. Den Vertretern beider Parteien soll gestattet sein, die Operationen der Heimschaffungskommission und ihrer untergeordneten Organe zu beobachten, einschliesslich der Aufklärungs- und Befragungstätigkeit.

2. Genügend bewaffnete Truppen und anderes für die Unterstützung der Neutralen Heinischaffungskommission zur Erfüllung ihrer Funktionen und Aufgaben benöt'igtes Personal sollen ausschliesslich von Indien zur Verfügung gestellt werden, dessen Vertreter gemäss den Bestimmungen von Artikel 132 des Genfer Abkommens Schiedsrichter und auch Vorsitzender und ausführendes Organ der Neutralen Heimschaffungskommission sein soll. Den Vertretern jeder der vier andern Mächte soll erlaubt sein, Stabsoffiziere in gleicher Zahl, indessen höchstens je fünfzig (50) Personen, beizuziehen.

Wenn irgendein Vertreter der neutralen Staaten aus irgendeinem Grunde abwesend ist, soll dieser zur Ausübung seiner Punktionen und Befugnisse einen Stellvertreter gleicher Staatsangehörigkeit bezeichnen. Die Bewaffnung des in diesem Paragraph vorgesehenen Personals soll sich auf Handfeuerwaffen, wie sie die Militärpolizei gebraucht, beschränken.

3. Gegen die in Paragraph l hievor erwähnten Kriegsgefangenen soll weder Gewalt noch Gewaltsandrohung gebraucht werden, um deren Heimschaffung zu verhindern oder zu bewerkstelligen und weder Gewalttätigkeit gegen ihre Person noch Beleidigung ihrer Würde oder ihrer Selbstachtung sollen in irgendeiner Art und zu irgendeinem
Zweck gestattet sein (siehe indessen Paragraph 7 hiernach). Diese Verpflichtung ist der Neutralen Heimschaffungskommission auferlegt und anvertraut. Diese Kommission soll sicherstellen, dass die Kriegsgefangenen jederzeit gemäss den besondern Bestimmungen des Genfer Abkommens und im allgemeinen Geiste dieses Abkommens menschlich behandelt werden.

IIDer Gewahrsam der Kriegsgefangenen 4. Alle Kriegsgefangenen, die ihr Recht auf Heimschaffung nach Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens nicht ausgeübt haben, sollen sobald wie möglich, auf alle Fälle innerhalb von sechzig (60) Tagen nach Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens, aus der militärischen Kontrolle und der Obhut der Gewahrsamsmacht entlassen und der Neutralen Heimschaffungskommission an von der Gewahrsamsmacht zu bezeichnenden Stellen in Korea übergeben werden.

789 5. Zur Zeit, wo die Neutrale Heimscharfungskommission die Kontrolle über die Kriegsgefangenenlager übernimmt, sollen die Streitkräfte der Gewahrsamsmacht davon zurückgezogen werden, so dass die im vorhergehenden Paragraphen spezifizierten Stellen vollständig durch die indischen Streitkräfte übernommen sein sollen.

6. Ungeachtet der Bestimmungen von Paragraph 5 hievor soll die Gewahrsamsmacht für die Aufrechterhaltung und Sicherstellung von Sicherheit und Ordnung in den Gebieten um die Stellen, wo die Kriegsgefangenen in Gewahrsam sind, verantwortlich sein, und dafür, dass im Gebiete unter ihrer Kontrolle irgendwelche Streitkräfte (einschliesslich irreguläre Truppen) an irgendwelchen Friedensstörungs- und Eindringungshandlungen an Stellen, wo die Kriegsgefangenen in Gewahrsam sind, verhindert und in Schranken gehalten werden.

7. Ungeachtet der Bestimmungen von Paragraph 3 hievor soll nichts in dieser Übereinkunft so ausgelegt werden, als werde dadurch die Befugnis der Neutralen Heimschaffungskommission eingeschränkt, ihre legitimen Funktionen und Aufgaben zur Kontrolle der vorübergehend unter ihrer Jurisdiktion befindlichen Kriegsgefangenen auszuüben.

III.

Aufklärung 8. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll, nachdem sie alle nicht heimkehrwilligen Kriegsgefangenen in Empfang und Gewahrsam genommen hat, unverzüglich Anordnungen treffen, damit innerhalb von neunzig (90) Tagen, nachdem die Neutrale Heimschaffungskommission die Kriegsgefangenen in Gewahrsam nimmt, die Staaten, denen die Kriegsgefangenen angehören, die Freiheit und Möglichkeit haben, Vertreter zu den Stellen, wo solche Kriegsgefangene in Gewahrsam sind, zu entsenden, um alle jene Kriegsgefangenen, die dem betreffenden Staate angehören, über ihre Rechte und über alle auf ihre Rückkehr ins Heimatland bezüglichen Angelegenheiten aufzuklären, insbesondere über ihre volle Freiheit, ins Heimatland zurückzukehren, um dort ein friedliches Leben zu führen, und zwar unter Beachtung der folgenden Bestimmungen : o. Die Zahl der solche Aufklärung erteilenden Vertreter soll sieben (7) per tausend im Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission befindlicher Kriegsgefangener nicht übersteigen und das bewilligte Minimum soll nicht weniger als fünf (5) betragen; b. die Stunden, während welcher die die Aufklärung erteilenden Vertreter zu den Gefangenen Zutritt haben, sollen von der Neutralen Heimschaffungskommission ganz allgemein in Übereinstimmung mit den Bestimmungen von Artikel 53 des Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen festgesetzt werden; c. alle Aufklärungen und Befragungen sollen in Anwesenheit eines Vertreters jedes Mitgliedstaates der Neutralen Heimschaffungskommission und eines Vertreters der Gewahrsamsmacht durchgeführt werden; d. weitere Bestimmungen über die Aufklärungsarbeit sollen von der Neutralen Heimschaffungskommission aufgestellt werden und dazu bestimmt sein, die in Paragraph 3 hievor und in diesem Paragraph aufgeführten Grundsätze anzuwenden; e. es soll den die Aufklärung erteilenden Vertretern zur Ausübung ihrer Arbeit erlaubt sein, die nötigen Hilfsmittel und das für Funkverbindungen erforderliche Personal mitzubringen. Die Zahl des Verbindungspersonals soll auf eine Mannschaft pro Ort, wo die die Aufklärung erteilenden Vertreter wohnhaft sind, beschränkt sein, ausgenommen für den Fall, dass alle Kriegsgefangenen an einer Stelle konzentriert sind, in welchem Falle zwei (2) Mannschaften zuzulassen sind. Jede Mannschaft soll höchstens sechs (6)
Verbindungsleute umfassen.

9. Die im Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission befindlichen Kriegsgefangenen sollen die Freiheit und Möglichkeit haben, bei dieser, bei deren Ver-

790 tretern und bei untergeordneten Organen vorstellig zu werden und mit ihr, mit ihren Vertretern und mit untergeordneten Organen in Verbindung zu treten und sie über ihre Wünsche in irgendeiner die Kriegsgefangenen selbst betreffenden Angelegenheit zu unterrichten, gemäss den zu diesem Zweck getroffenen Anordnungen der Neutralen Heimschaffungskommission.

IV.

Verfügung über die Kriegsgefangenen 10. Jeder Kriegsgefangene, der sich im Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission befindet und sich entschliesst, sein Recht auf Heimschaffung auszuüben, hat ein Gesuch, in dem er Heimschaffung verlangt, an ein aus einem Vertreter jedes Mitgliedstaates der Neutralen Heimschaffungskommission bestehendes Organ zu richten. Sobald ein solches Gesuch gestellt ist, soll es unverzüglich von der Neutralen Heimschaffungskommission oder einem ihrer untergeordneten Organe behandelt werden, um unverzüglich die Gültigkeit eines solchen Gesuchs mit Stimmenmehrheit festzustellen. Sobald ein solches Gesuch eingereicht und von der Kommission oder einem ihrer untergeordneten Organe als gültig befunden worden ist, soll der betreffende Kriegsgefangene unverzüglich in speziell für heimkehrwillige Personen aufgestellte Zelte transferiert und dort untergebracht werden. Hierauf soll der immer noch im Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission Befindliche ohne Verzug zum Kriegsgefangenenaustauschpunkt in Panmunjom zur Heimschaffung gemäss dem im Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen Verfahren geführt werden.

11. Nach Ablauf von neunzig (90) Tagen seit der Übergabe der Kriegsgefangenen in den Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission soll der in Paragraph 8.

hievor vorgesehene Zutritt von Vertretern zu gefangenem Personal aufhören und die Frage des weitern Schicksals der nicht heimkehrwilligen Kriegsgefangenen soll der politischen Konferenz, deren Zusammentreten in Paragraph 60 des Entwurfs zu einem Waffenstillstandsabkommen empfohlen wird! unterbreitet werden, die sich bemühen soll, diese Frage innerhalb von dreissig (80) Tagen, während welcher Zeit die Neutrale Heimschaffungskommission diese Kriegsgefangenen im Gewahrsam beibehalten soll, zu lösen. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll für alle nicht heimkehrwilligen Kriegsgefangenen, für welche die politische Konferenz innerhalb von hundertzwanzig
(120) Tagen seit Übergabe der Kriegsgefangenen in den Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission keine andere Verfügung getroffen hat, erklären, dass sie vom Statuts eines Kriegsgefangenen in denjenigen einer Zivilperson übertreten.

Hierauf soll, dem Gesuch jedes einzelnen entsprechend, denjenigen, die den Wunsch ausgesprochen haben, sich in neutrale Staaten zu begeben, von der Neutralen Heimschaffungskommission und der indischen Rotkreuz-Gesellschaft entsprechende Unterstützung gewährt werden. Dieses Verfahren soll innerhalb von dreissig (30) Tagen beendigt sein und nach dessen Beendigung soll die Neutrale Heimschaffungskommission ihre Tätigkeit unverzüglich einstellen und sich als aufgelöst erklären. Wann und wo auch immer nach der Auflösung der Neutralen Heimschaffungskommission eine der obenerwähnten vom Kriegsgefangenenstatus befreite Zivilperson in ihr Mutterland zurückzukehren wünscht, sollen die Behörden des Anwesenheitsortes dafür verantwortlich sein, dass ihr geholfen wird, in ihr Vaterland zurückzukehren.

V.

Besuche des Roten Kreuzes 12. Die wichtigsten Rotkreuzdienste für die im Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission befindlichen Kriegsgefangenen hat gemäss den von der Neutralen Heimschaffungskommission erlassenen Vorschriften Indien sicherzustellen.

791 VI.

Pressedienst 13. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll gemäss von ihr aufzustellenden Vorschriften zur Beobachtung des gesamten hiervor erwähnten Verfahrens Pressefreiheit gewähren und die Benützung anderer Einrichtungen der Nachrichtenübermittlung ermöglichen.

VII.

Unterhalt der Kriegsgefangenen 14. Jede Partei soll für den Unterhalt der im Gebiet unter ihrer militärischen Kontrolle befindlichen Kriegsgefangenen sorgen, indem sie der Neutralen Heimschaffungskommission das Nötige an einer vereinbarten Ablieferungsstelle in der Nähe jeder Kriegsgefangenenanlage abliefert.

15. Die Kosten für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen bis zum Austauschpunkt in Panmunjom sollen von der Gewahrsamsmacht und die Kosten von diesem Austauschpunkt an von der Partei, von der die genannten Kriegsgefangenen abhängen, getragen werden, gemäss Artikel 118 des Genfer Abkommens.

16. Die indische Botkreuz-Gesellschaf t soll verantwortlich sein für die Beschaffung des von der Neutralen Heimschaffungskommission in den Kriegsgefangenenanlagen benötigten, allgemeinen Dienstpersonals.

17. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll, soweit möglich, für die ärztliche Betreuung an Kriegsgefangene sorgen. Die Gewahrsamsmacht soll auf Verlangen der Neutralen Heimschaffungskommission die ärztliche Betreuung, soweit möglich, insbesondere für solche Fälle beschaffen, die längerer Behandlung oder Lazarettaufenthalts bedürfen. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll während der Zeit solcher Lazarettaufenthalte die Kriegsgefangenen in ihrem Gewahrsam behalten. Die Gewahrsamsmacht soll ihr diese Überwachung erleichtern. Nach Beendigung der Behandlung sollen die Kriegsgefangenen in die in Paragraph 4 hievor spezifizierten Kriegsgefangenenanlagen zurückgebracht werden.

18. Die Neutrale Heimschaffungskommission hat Anspruch, von beiden Parteien die rechtmässige Unterstützung zu erhalten, die sie zur Durchführung ihrer Pflichten und Aufgaben benötigen mag, aber beide Parteien sollen unter keinem Vorwand sich in ihre Angelegenheiten einmischen oder Druck auf sie ausüben.

VIII.

Unterhalt der Neutralen Heimschaffungskommission 19. Jede Partei ist verantwortlich für die Beschaffung des Unterhalts des im Gebiet unter ihrer militärischen Kontrolle stationierten Personals der Neutralen Heimschaffungskommission und beide Parteien sollen in gleicher Weise zu solchem Unterhalt innerhalb der entmilitarisierten Zone beitragen. Die genauen Anordnungen sollen in jedem Fall zwischen der Neutralen Heimschaffungskommission und der Gewahrsamsmacht vereinbart werden.

20. Jede Gewahrsamsmacht soll verantwortlich
sein für den Schutz ,der die Aufklärung erteilenden Vertreter der andern Partei, währenddem sie sich im Transit auf den in Paragraph 23 für die Neutrale Heimschaffungskommission erwähnten Verbindungslinien innerhalb ihres Gebietes zu ihrem Wohnort befinden oder während sie in der Nähe, aber nicht innerhalb der Stellen, wo die Kriegsgefangenen in Gewahrsam sind, wohnen. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll für die Sicherheit solcher Vertreter innerhalb der eigentlichen Grenzen der Stellen, wo die Kriegsgefangenen in Gewahrsam sind, verantwortlich sein.

792 21. Jede Gewahrsamsmacht soll für die die Aufklärung erteilenden Vertreter der andern Partei, solange sie sieh im Gebiet unter ihrer militärischen Kontrolle befinden, Transport, Unterkunft, Verbindungsmittel und andern vereinbarten Unterhalt beschaffen. Solche Dienste sollen auf einer Rückerstattungsbasis"geleistet werden.

IX.

Publikation 22. Nach Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens sollen die Bestimmungen dieses Abkommens allen Kriegsgefangenen bekanntgegeben werden, die sich in der Obhut der Gewahrsamsmacht befinden und ihr Recht auf Heimsohaffung nicht ausgeübt haben.

X.

Verkehr 23. Der Verkehr von Personal der Neutralen Heimschaffungskommission und von heimgeschafften Kriegsgefangenen soll über die vom Kommando, bzw. denKommandos der sich gegenüberstehenden Parteien und der Neutralen Heimschaffungskommission festgelegten Verbindungslinien erfolgen. Die Kommandos der sich gegenüberstehenden Parteien und die Neutrale Heimschaffungskommission werden mit einer Karte, auf welcher diese Verbindungslinien eingetragen sind, versehen. Ausgenommen innerhalb der in Paragraph 4 hievor erwähnten Stellen wird der Verkehr von solchem Personal unter der Kontrolle und in Begleitung von Personal der Partei, in deren Gebiet die Reise unternommen wird, erfolgen; solcher Verkehr soll indessen keinem Hindernis noch Druck unterworfen sein.

XI.

Verfahrensfragen 24. Die Auslegung dieses Abkommens soll Sache der Neutralen Heimschaffungskommission sein. Die Neutrale Heimschaffungskommission und/oder irgendein ihr untergeordnetes Organ, denen die Neutrale Heimschaffungskommission Punktionen delegiert oder zugewiesen hat, sollen auf Grund von Stimmebrheit handeln.

25. Die Neutrale Heimschaffungskommission soll wöchentlich den gegnerischen Befehlshabern über den Status der in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen Bericht erstatten unter Angabe der Zahl der heimgeschafften und am Ende jeder Woche noch verbleibenden Kriegsgefangenen.

26. Wenn beide Parteien und die fünf darin genannten Mächte diesem Abkommen zugestimmt haben, soll es mit dem Datum des Inkrafttretens des Waffenstillstands.abkommens wirksam werden.

· Geschehen in Panmunjom, Korea, um 14.00 Uhr, am S.Tage des Juni 1953, auf englisch, koreanisch und chinesisch, wobei alle Texte gleichermassen als authentisch gelten.

sig. NAH IL sig. WILLIAM K. HARRISON, JR, General der koreanischen Volksarmee, Generalleutnant der Armee der VerChef der Delegation der koreanischen einigten Staaten von Amerika, Volksarmee und der Freiwilligen des Chef der Delegation des Kommandos chinesischen Volkes der Streitkräfte der Vereinten Nationen

793

Provisorisches Zusatzabkommen zum Waffenstillstands abkommen Um die Erfordernisse der Verfügung über die nicht direkt heimzuschaffenden Kriegsgefangenen gemäss den Bestimmungen des Statuts für die Neutrale Heimschaffungskommission erfüllen zu können, vereinbaren der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen einerseits und der Höchstkommandierende der koreanischen Volksarmee und der Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes anderseits, gestützt auf die Bestimmungen von Paragraph 61, Artikel V des Abkommens über einen militärischen Waffenstillstand in Korea, folgendes provisorische Zusatzabkommen zum Waffenstillstandsabkommen abzuschliessen : 1. Nach den Bestimmungen der Paragraphen 4 und 5, Artikel II des Statuts für die Neutrale Heimschaffungskommission hat das Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen das Recht, das Gebiet zwischen der militärischen Demarkationslinie und den östlichen und südlichen Grenzen der entmilitarisierten Zone zwischen dem Imjin-Muss im Süden und der von Okum-ni nach Süden führenden Strasse ini Nordosten (nicht Inbegriffen die von Panmunjom südöstlich führende Hauptstrasse) als das Gebiet zu bezeichnen, innerhalb welchem das Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen diejenigen Kriegsgefangenen in den Gewahrsam der Neutralen Heimschaffungskommission und der indischen Streitkräfte übergibt, die nicht direkt heimgeschafft werden und für die das Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen verantwortlich ist, dass sie in seinem Gewahrsam bleiben. Das Kommando der Streitkräfte der Vereinten Nationen soll vor der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens der Partei der koreanischen Volksarmee und der Freiwilligen des chinesischen Volkes die ungefähren, nach Staatsangehörigkeit geordneten Zahlen solcher in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen bekanntgeben.

2. Wenn es in ihrem Gewahrsam Kriegsgefangene gibt, die nicht direkt heimgeschafft zu werden wünschen, haben die koreanische Volksarmee und die Freiwilligen des chinesischen Volkes das Recht, das Gebiet in der Nähe von Panmunjom, zwischen der militärischen Demarkationslinie und den westlichen und nördlichen Grenzen der entmilitarisierten Zone als das Gebiet zu bezeichnen, innerhalb welchem solche Kriegsgefangene in den Gewahrsam der Neutralen Heimsohaffungskommission
und der indischen Streitkräfte übergeben werden. Nachdem ihnen bekannt wird, dass sich in ihrem Gewahrsam nicht heimkehrwillige Kriegsgefangene befinden, sollen die koreanische Volksarmee und die Freiwilligen des chinesischen Volkes der Partei der Streitkräfte der Vereinten Nationen die ungefähre Zahl solcher Kriegsgefangener, nach Nationalitäten geordnet, bekanntgeben.

3. Gestützt auf die Paragraphen 8, 9 und 10, Artikel I des Waffenstillstandsabkommens wird hiermit folgendes bestimmt: a. Nach dem Inkrafttreten des Ende-Feuef-Befehls soll unbewaffnetes Personal beider Parteien von der militärischen Waffenstillstandskommission besonders ermächtigt werden, das obenerwähnte Gebiet, das von der eigenen Partei bezeichnet worden ist, zu betreten, um die nötigen Bauarbeiten vorzunehmen. Keine dieser Personen soll nach Beendigung der Bauarbeiten im obenerwähnten Gebiet verbleiben.

b. Eine bestimmte, von beiden Parteien vereinbarte Zahl von Kriegsgefangenen, die sich im Gewahrsam der einen, bzw. andern Partei befinden und die nicht direkt heimgeschafft werden, soll mit besonderer Ermächtigung der militärischen Waffenstillstandskommission je von einer bestimmten Zahl bewaffneter Truppen der Gewahrsamspartei zu den obenerwähnten, von der einen, bzw. andern Partei für ihre Inhafthaltung bezeichneten Gebiete begleitet werden, um in den Gewahrsam der Neutralen Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

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794 Heimschaffungskommission und der indischen Streitkräfte übergeben zu werden. Nach der Inempfangnahme der Kriegsgefangenen sollen sich die Streitkräfte der Gewahrsamsmächte unverzüglich aus dem für die Inhafthaltung bezeichneten Gebiete in das Gebiet unter der Kontrolle ihrer eigenen Partei zurückziehen.

c. Zur Ausübung der im Statut für die Neutrale Heimschaffungskommission vorgesehenen Punktionen sollen das Personal der Neutralen Heimschaffungskommission und ihre untergeordneten Organe, die indischen Streitkräfte, die indische RotkreuzGesellschaft, die mit der Aufklärung und Beobachtung betrauten Vertreter beider Parteien von der militärischen Waffenstillstandskommission besonders ermächtigt werden, sich mit dem benötigten Material und Ausrüstung zu, von und innerhalb den obenerwähnten, von der einen, bzw. andern Partei für die Inhafthaltung der Kriegsgefangenen bezeichneten Gebiete vollständig frei zu bewegen.

4. Die Bestimmungen von Paragraph 3, Abschnitt c, dieses Abkommens sind nicht so auszulegen, als würden sie die Privilegien, die von dein in Paragraph 11, Artikel I, des Waffenstillstahdsabkommens erwähnten Personal genossen werden, beeinträchtigen.

5. Dieses Abkommen soll nach Erfüllung der im Statut für die Neutrale Heimschaffungskommission vorgesehenen Mission aufgehoben werden.

Geschehen in Panmunjom, Korea, um 10.00 Uhr, am 27.Tage des Juli 1953, auf englisch, koreanisch und chinesisch, wobei alle Texte gleichermassen als authentisch gelten.

sig. KIM IL SUNG Marschall der demokratischen Volksrepublik von Korea, Höchstkommandierender der koreanischen Volksarmee

sig. PENG TEH-HUAI Befehlshaber der Freiwilligen des chinesischen Volkes

sig. MARK W. CLARK General der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika, Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinten Nationen

Waren anwesend: sig. NAM IL General der koreanischen Volksarmee, Chef der Delegation der koreanischen Volksarmee und der Freiwilligen des chinesischen Volkes

sig. WILLIAM K. HARRISON, JR.

Generalleutnant der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika, Chef der Delegation des Kommandos der Streitkräfte der Vereinten Nationen

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Mitwirkung schweizerischer Delegierter bei der Durchführung des am 27. Juli 1953 in Korea abgeschlossenen Waffenstillstandsabkommens (Vom 26. April 1955)

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1955

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18

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05.05.1955

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697-794

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