17.004 Jahresbericht 2016 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 26. Januar 2017

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2016 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen und der Delegation gegeben wurden.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Januar 2017

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Der Präsident der GPK-S: Hans Stöckli, Ständerat Der Präsident der GPK-N: Alfred Heer, Nationalrat

2017-0434

3741

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

3744

1

Einleitung

3748

2

Auftrag und Organisation 2.1 Auftrag und Kompetenzen der GPK 2.1.1 Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht 2.1.2 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.1.3 Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat 2.1.4 Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen, der Finanzdelegation und der Eidgenössischen Finanzkontrolle 2.2 Organisation und Zusammensetzung der GPK

3750 3750 3750 3751

Ausgewählte Themen der GPK 3.1 Veröffentlichungen der GPK im Jahr 2016 3.2 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.2.1 Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste 3.2.2 Überprüfung der medizinischen Abklärungsstellen der Invalidenversicherung MEDAS 3.3 Staat und Verwaltung 3.3.1 Nachkontolle zur Erfolgsbilanz des Bundespersonalgesetzes 3.3.2 Sicherstellung der Unabhängigkeit von Regulierungsund Aufsichtsorganen 3.3.3 IKT-Schlüsselprojekt UCC 3.3.4 Bestätigung der Wahl des Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragen 3.4 Justizwesen und Bundesanwaltschaft 3.4.1 Organisatorische Verbesserungen am Bundesverwaltungsgericht 3.4.2 Vier zusätzliche Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht für eine beschränkte Dauer 3.4.3 Strafanzeige von Dieter Behring gegen den Bundesanwalt: Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwaltes des Bundes 3.5 Sicherheit 3.5.1 Cyber-Sicherheit ­ Angriff auf RUAG 3.5.2 Bewachung von Militäranlagen durch private Sicherheitsfirmen 3.5.3 Verfügbarkeit der Kampfflugzeuge der Schweizer Armee

3758 3759 3759

3

3742

3753 3753 3754

3759 3761 3764 3764 3765 3766 3766 3767 3767 3768 3770 3770 3770 3771 3772

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3.6

3.7 3.8

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur 3.6.1 Abklärungen zur «Just Culture»-Problematik 3.6.2 Gefälschte Qualitätskontrollen bei Areva im Zusammenhang mit dem AKW Beznau 3.6.3 Forschungsprojekt im BAZL Dienststellenbesuche Aufsichtseingaben

3773 3773 3774 3775 3775 3776

4

Staatsschutz und Nachrichtendienste 4.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel 4.2 Jährlich wiederkehrende Geschäfte 4.2.1 Berichte der spezialisierten Aufsichtsorgane 4.2.2 Berichte der EFK 4.2.3 Genehmigungen und Berichte des Bundesrates 4.2.4 Berichte des Departementes 4.2.5 Strafverfolgung im Staatsschutzbereich 4.2.6 Nichtpublizierte Rechtstexte und Staatsverträge 4.3 Informationssysteme des NDB 4.3.1 Freitextsuche in ISIS 4.3.2 Qualitätssicherung in ISAS 4.4 Cyber-Spionageangriff auf die RUAG 4.5 Ablehnung eines Rechtshilfegesuchs des BStGer 4.6 Vorbereitung der Oberaufsicht auf die Informationsbeschaffung unter dem NDG

3776 3776 3777 3777 3779 3781 3783 3784 3785 3787 3787 3789 3792 3795

5

Geschäftsberichte und wiederkehrende Berichte 5.1 Geschäftsbericht 2015 des Bundesrates 5.2 Geschäftsbericht 2015 des Bundesgerichtes 5.3 Weitere von den GPK geprüfte Berichte

3797 3797 3799 3799

6

Legislative Tätigkeiten 6.1 Parlamentarische Initiative Joder: Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen 6.2 Parlamentarische Initiative: Behandlung des Geschäftsberichtes im Nationalrat

3800

Anhang: Jahresbericht 2016 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

3796

3800 3801

3803

3743

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Abkürzungsverzeichnis AB-BA API APV ArG armasuisse AS ASN ASTRA AuG BA BAG BAZL BBl BGE BGer BGG BinfV BJ BK BKP BPatGer BPG BStGer BSV BÜPF BV BVGer BWIS DSG DV EDA 3744

Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft Advance Passenger Information Auslandspreisvergleich Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel vom 13. März 1964 (Arbeitsgesetz; SR 822.11) Bundesamt für Rüstung Amtliche Sammlung des Bundesrechts Autorité de sureté nucléaire Bundesamt für Strassen Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz; SR 142.20) Bundesanwaltschaft Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für zivile Luftfahrt Bundesblatt Bundesgerichtsentscheid Bundesgericht Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110) Verordnung vom 9. Dezember 2011 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (Bundesinformatikverordnung; SR 172.010.58) Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundeskriminalpolizei Bundespatentgericht Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundesstrafgericht Bundesamt für Sozialversicherungen Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (SR 780.1) Bundesverfassung (SR 101) Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120) Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (Datenschutzgesetz; SR 235.1) Direktion für Völkerrecht des EDA Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

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EDI EDÖB EFD EFK EJPD ELD ENSI EPA ETH Fedpol FinDel FINMA FK FKG FMH FUB GK GO 2016 GOPD GovCERT GPDel GPK GPK-N GPK-S GRN GRS HTA i. V. m.

i. Z. m.

IAEA IASA NDB IGE IKT INSIEME ISAS ISB ISIS

Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Elektronische Lagedarstellung Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat Eidgenössisches Personalamt Eidgenössische Technische Hochschulen Bundesamt für Polizei Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz; SR 614.0) Foederatio Medicorum Helveticorum Führungsunterstützungsbasis der Armee Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung Gerichtsorganisation 2016 Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014 Government Computer Emergency Response Team Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (SR 171.14) Health Technology Assessment in Verbindung mit im Zusammenhang mit International Atomic Energy Agency Informations- und Analyse-System All Source des NDB Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Informations- und Kommunikationstechnik Projektbezeichnung für «Gemeinsame IT-Systeme ESTV» Informationssystem Äussere Sicherheit Informatiksteuerungsorgan des Bundes Informationssystem Innere Sicherheit

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ISV-NDB IV IVV KGSi KLV KVF KVG KVV MEDAS MELANI MG MKG MND Mo.

NAD NCS ND-Aufsicht NDB NDG Neat Pa.Iv.

ParlG ParlVV PublG PublV PUK 3746

Verordnung vom 8. Oktober 2014 über die Informationssysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (SR 121.2) Invalidenversicherung Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (SR 831.201) Kerngruppe Sicherheit des Bundes Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KrankenpflegeLeistungsverordnung; SR 832.112.31) Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (SR 832.102) Medizinische Abklärungsstellen Melde- und Analysestelle Informationssicherung Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; SR 510.10) Militärkassationsgericht Militärischer Nachrichtendienst Motion Neat-Aufsichtsdelegation der eidgenössischen Räte Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken Nachrichtendienstliche Aufsicht des VBS Nachrichtendienst des Bundes Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz; BBl 2015 7211, Inkraftsetzung voraussichtlich am 1. September 2017) Neue Eisenbahn-Alpentransversale Parlamentarische Initiative Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Verordnung vom 3. Oktober 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (SR 171.115) Bundesgesetz vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz; SR 170.512) Verordnung vom 7. Oktober 2015 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsverordnung; SR 170.512.1) Parlamentarische Untersuchungskommission

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PVK RK RVOG SBB SECO SEM SERV SGPP SiA SPK SR StBOG Swissmedic TQV UCC UKI ÜPF UV UVEK VBS VEKF VGG V-NDA V-NDB WBF WESIS WK ZAS ZEO ZNDG

Parlamentarische Verwaltungskontrolle Kommissionen für Rechtsfragen Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Schweizerische Bundesbahnen Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für Migration Schweizerische Exportrisikoversicherung Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie Sicherheitsausschuss des Bundesrates Staatspolitische Kommissionen der eidgenössischen Räte Systematische Rechtssammlung Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz; SR 173.71) Schweizerisches Heilmittelinstitut Therapeutischer Quervergleich Unified Communication & Collaboration Unabhängige Kontrollinstanz Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr Unfallversicherung Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 17. Oktober 2012 über die elektronische Kriegführung und Funkaufklärung (VEKF; SR 510.292) Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz; SR 173.32) Verordnung vom 4. Dezember 2009 über den Nachrichtendienst der Armee (SR 510.291) Verordnung vom 4. Dezember 2009 über den Nachrichtendienst des Bundes (SR 121.1) Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung Weiterentwicklung SIDRED und IASA-Systeme Wiederholungskurs Zentrale Ausgleichsstelle Zentrum für Elektronische Operationen Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (Ziviles Nachrichtendienstgesetz; SR 121) 3747

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Bericht 1

Einleitung

Der vorliegende Jahresbericht bietet einen Überblick über die Tätigkeit der parlamentarischen Oberaufsicht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) im Jahr 2016. Er enthält überdies Informationen zu den Arbeitsmethoden und -prozessen, zu den Problemen im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und zu den erzielten Ergebnissen. Der Jahresbericht legt neu den Schwerpunkt insbesondere auf Geschäfte, zu denen im Laufe des Jahres nicht bereits öffentlich kommuniziert wurde (vgl. Kap. 3.2 ff.).

Ein Schwerpunkt der GPK im vergangenen Jahr bildete die Inspektion zur Sistierung des Projekts «Bodengestützte Luft-Verteidigung (BODLUV) 2020». Nachdem der Sistierungsentscheid des Vorstehers des VBS vom 22. März 2016 verschiedene Fragen aufgeworfen hatte, haben die GPK beschlossen, die Entscheidgrundlagen des Vorstehers des VBS und die Zweckmässigkeit des Entscheids zu prüfen. Sie setzten dazu eine gemeinsame Arbeitsgruppe ein. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen Anfang 2017 veröffentlicht werden.

Daneben publizierten die GPK im vergangenen Jahr drei weitere Untersuchungsberichte: Die GPK-S veröffentlichte einen Bericht zum Personal im diplomatischen Dienst1 und die GPK-N zur Qualität der Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung2, dabei stützten sich beide auf Evaluationen der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) (vgl. Jahresbericht 2016 der PVK im Anhang). Mit der Publikation eines Berichtes3 abgeschlossen wurde ausserdem die vertiefte Nachkontrolle der GPK-S zu ihrer früheren Inspektion zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung4.

Neben den soeben erwähnten Untersuchungen beschäftigten sich die GPK im Jahr 2016 mit diversen weiteren Themen, zu denen bisher keine Informationen veröffentlicht wurden und die nun Gegenstand des vorliegenden Berichtes sind. Dazu gehören beispielsweise die Überprüfung organisatorischer Verbesserungen am Bundesverwaltungsgericht durch die beiden GPK (vgl. Kap. 3.4.1), die Befassung der GPKS mit dem Thema «Sicherstellung der Unabhängigkeit von Regulierungs- und Aufsichtsorganen» (vgl. Kap. 3.3.2), eine Nachkontrolle der GPK-N zur Erfolgsbilanz des Bundespersonalgesetzes5 (vgl. Kap. 3.3.1) sowie Abklärungen der GPDel und der GPK-N zu den Konsequenzen des Cyberangriffs auf die RUAG (vgl. Kap. 3.5.1 und 4.4).

1 2 3

4 5

Geeignetes Personal im diplomatischen Dienst, Bericht der GPK-S vom 26. Febr. 2016 (BBl 2016 4569) Qualität der Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung, Bericht der GPK-N vom 22. März 2016 (BBl 2016 6853) Zweite erweiterte Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung», Bericht der GPK-S vom 24. Aug. 2016 zur Stellungnahme des Bundesrates vom 17. Febr. 2016 (BBl 2016 8339) Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006 (BBl 2007 1661) Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1)

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Weiter nahmen die GPK die Verarbeitung der Evaluation der PVK zu den «Auswirkungen von Freihandelsabkommen» in Angriff. Sie werden ihren Untersuchungsbericht im Laufe des Jahres 2017 veröffentlichen, ebenso wie jenen zur PVK-Evaluation zur «elektronischen Auszählung von Stimmen (e-counting)» (vgl. Bericht der PVK im Anhang, Kap. 2.2.3 und 2.3.1).

Die GPK leiteten im vergangenen Jahr überdies zwei neue Inspektionen ein ­ einerseits zur Administrativhaft im Asylbereich und andererseits zur Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen ­ und beauftragten die PVK in diesem Zusammenhang mit jeweils einer Evaluation (vgl. Bericht der PVK im Anhang, Kap. 2.3.2 und 2.3.3). Auf der Basis der Berichte der PVK werden die zuständigen Kommissionen anschliessend ihre Beurteilungen aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht vornehmen. Die Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Inspektionen erfolgt voraussichtlich im Jahr 2017.

Während des Berichtsjahres traten die GPK zu 16 Plenarsitzungen und 60 Subkommissions- und Arbeitsgruppensitzungen zusammen. Davon waren 16 Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel führte 17 Sitzungen durch. Insgesamt fanden 92 Sitzungen statt.

Die GPK haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 27. Januar 2017 einstimmig gutgeheissen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen. Der Berichtsentwurf wurde den betroffenen Behörden gemäss Artikel 157 des Parlamentsgesetzes (ParlG)6 zur Stellungnahme unterbreitet. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden von den GPK und der GPDel geprüft und soweit als möglich berücksichtigt.

6

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10)

3749

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2

Auftrag und Organisation

2.1

Auftrag und Kompetenzen der GPK7

2.1.1

Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht

Die GPK nehmen als parlamentarische Kommissionen im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr (Art. 169 BV8, Art. 52 ParlG). Die Aufgaben und Zuständigkeiten der GPK werden in den Artikeln 2627, 5255 und 153158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-9 und Verordnungstexten10 definiert.

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPK hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt werden (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum angemessen nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPK erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

7 8 9

10

­

Inspektionen durchführen;

­

die PVK mit Evaluationen beauftragen;

­

die jährlichen Geschäftsberichte des Bundesrates und des Bundesgerichtes sowie die Jahresberichte anderer Organe des Bundes prüfen;

­

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

Weitere Ausführungen siehe Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 2.1 (BBl 2016 6241, hier 6252) Bundesverfassung (BV; SR 101) Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13. Dez. 1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 10. Juni 2004 über die Stellenund Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen (SR 172.220.111.5), Art. 20 des Bundesgesetzes vom 4. Okt. 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (AtraG; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

Handlungsgrundsätze der GPK vom 29. Aug. 2003 und 4. Sept. 2003, die im Jahresbericht 2002/2003 der GPK und GPDel vom 23. Jan. 2004 veröffentlicht wurden (BBl 2004 1673).

3750

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­

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente, an die eidgenössischen Gerichte und an die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) oder an die Bundesanwaltschaft (BA) richten;

­

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

Die GPK erstatten dem Parlament über die Hauptergebnisse ihrer Arbeit einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG). Dieser Jahresbericht wird in der Frühlingssession in beiden Räten behandelt.

Der Aufsichtsbereich der GPK umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrates und der Einheiten der Bundesverwaltung sowie der eidgenössischen Gerichte und der BA, wobei die Rechtsprechung der Gerichte und die Entscheide des Bundesanwalts von der Kontrolle ausgeschlossen sind (Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen der parlamentarischen Oberaufsicht, auch wenn diese in der Praxis weniger direkt ist als gegenüber den Dienststellen der Zentralverwaltung. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPK unterstellt, soweit sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

2.1.2

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPK über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG), die mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 verstärkt und präzisiert wurden.11 Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle amtierenden und ehemaligen Behördenvertreter, Mitarbeitenden von Dienststellen sowie Vertreter von übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und sie können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Sie haben zudem die Möglichkeit, auskunftspflichtige Personen vorzuladen und nötigenfalls vorführen zu lassen. Das Amtsgeheimnis findet bei Anhörungen von Bediensteten des Bundes durch die GPK keine Anwendung. Es kann deshalb durch die angehörten Personen nicht vorgebracht werden, um eine Aussage vor den GPK zu verweigern.

Bei den Informationsrechten der GPK gibt es nur zwei Einschränkungen: Erstens haben die GPK keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Protokolle der Bundesratssitzungen. Zweitens sind die GPK nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste oder aus anderen Gründen geheim zu halten sind (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Die Aufsichtskommissionen «entscheiden endgültig über die Ausübung ihrer Informationsrechte» (Art. 153 Abs. 6 erster Satz ParlG). Diese abschliessende Entscheidungskompetenz der Aufsichtskommissionen gewährleistet, dass nicht die Exekutive als kontrolliertes Organ, sondern die GPK als das kontrollierende Organ über die 11

ParlG: Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen, Änderung vom 17. Juni 2011 (AS 2011 4537); Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel vom 27. Jan. 2012, Ziff. 2.1.4. (BBl 2012 6783, hier 6797)

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Tragweite und Ausübung der Informationsrechte im Einzelfall bestimmen. Wird vom Bundesrat geltend gemacht, das verlangte Dokument falle in die Kategorie des Staatsschutzes, ziehen die GPK die GPDel bei, um über diese Frage zu befinden.

Die beiden erwähnten Vorbehalte bei den Informationsrechten der GPK gelten nicht für die GPDel: Diese verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterstellten Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern dazu auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPK und der GPDel erfordern im Gegenzug die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit vertraulichen Informationen. Die GPK sind deshalb gehalten, geeignete Vorkehren für den Geheimnisschutz zu treffen (Art. 150 Abs. 3 ParlG). 12 Mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 wurden sie zudem verpflichtet, für ihren Zuständigkeitsbereich Weisungen zum Geheimnisschutz zu erlassen und insbesondere den Zugang zu Mitberichten von Departementsvorstehenden zu Bundesratsgeschäften zu beschränken. Die GPK haben entsprechende Weisungen erlassen, die diesen Zugang restriktiv regeln.13 Die Mitglieder der GPK sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG).

Untersuchungsberichte werden in aller Regel veröffentlicht, sofern der Publikation keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Die betroffenen Behörden erhalten vorgängig zur Publikation die Möglichkeit zur Stellungnahme (Art. 157 ParlG).

Die Mittel, über welche die GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind v. a. politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen den obersten verantwortlichen Behörden in der Regel in der Form von öffentlichen Berichten oder Briefen mit. Diese enthalten Empfehlungen, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen. Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen demnach die Behörden, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten (oder Unterlassungen)
abzulegen. Daneben stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

12

13

Von der GPK-N in Auftrag gegebene Gutachten: Biaggini, Giovanni: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidg. Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, 5. Juni 2008; Oberholzer, Niklaus: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidg. Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht: Gutachten im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, 5. Juni 2008, www.parlament.ch/de > Organe > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 14. Dez. 2016) Weisungen der GPK der eidg. Räte über ihre Massnahmen zum Geheimnisschutz vom 27. Jan. 2012, www.parlament.ch/de > Organe > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 14. Dez. 2016)

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2.1.3

Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat

Die Federführung und die Verantwortung bei allen Arbeiten der GPK/GPDel liegen bei den Kommissionen oder der Delegation selbst. Die Kommissionen oder die Delegation bestimmen die Themen, die durch die GPK oder die GPDel vertieft werden. Auch die Festlegung der Vorgehensweise bei den Abklärungen obliegt ausschliesslich den GPK oder der GPDel.

Das Sekretariat der GPK/GPDel als Teil der Parlamentsdienste unterstützt und berät die Kommissionen bzw. die GPDel bei ihren Aufgaben.14 Es verfügt gemäss Artikel 67 ParlG über dieselben Informationsrechte wie die GPK/GPDel, in deren Auftrag es tätig ist. Nach Artikel 153 Absatz 1 Satz 2 ParlG können die GPK/GPDel einzelne Sachverhaltsabklärungen ihrem Sekretariat übertragen. Die GPK sowie die GPDel erteilen ihrem Sekretariat Aufträge und begleiten und kontrollieren deren Umsetzung.

Aufgrund des Milizsystems und der gebotenen Unabhängigkeit der GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen kommt dem Sekretariat der GPK/GPDel bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags der GPK/GPDel eine wichtige Rolle zu. Es unterstützt die Kommissionen und die GPDel bei der Auswahl, Konzeption und Durchführung von Untersuchungen und Evaluationen sowie bei allen weiteren Massnahmen der Oberaufsicht.15 Es nimmt die Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG entgegen und bereitet die Beschlüsse vor.

2.1.4

Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen, der Finanzdelegation und der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Im Rahmen ihrer Tätigkeiten stehen die GPK regelmässig in Verbindung mit den anderen Organen, die für die Aufsicht und Oberaufsicht über die Bundesfinanzen verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um die Finanzkommissionen (FK), die Finanzdelegation (FinDel) und die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).

Die beiden Bereiche der parlamentarischen Oberaufsicht ­ über den Finanzhaushalt und über die Geschäftsführung ­ lassen sich in der Praxis nicht immer klar trennen: Die Art und Weise der Geschäftsführung hat oft auch finanzielle Auswirkungen, während staatliches Handeln nahezu ausnahmslos einen Bezug zum Finanzhaushalt hat. Probleme im Bereich der Finanzaufsicht haben ihre Ursache oft in der Geschäftsführung und umgekehrt.

Deshalb bedarf es der Koordination und der Zusammenarbeit zwischen den FK, der FinDel und den GPK: Im Allgemeinen wird so verfahren, dass Angelegenheiten, bei denen finanzpolitische Fragen im Vordergrund stehen, prioritär von den FK und der FinDel, und Angelegenheiten, welche vorwiegend die Geschäftsführung betreffen, 14 15

Art. 64 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 2 Bst. b und d ParlG Art. 7 Bst. a der Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014 (GOPD) (www.parlament.ch/d/service-presse/parlamentsdienste/Documents/gopd-d.pdf)

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vorrangig von den GPK bearbeitet werden. Bestimmte Geschäfte ­ etwa die Geschäftsberichte der eidgenössischen Gerichte und ausgewählter öffentlicher Unternehmen sowie die Rechnung und der Voranschlag der eidgenössischen Gerichte, der BA und der AB-BA ­ beraten die FK und die GPK zusammen. Auch die Oberaufsicht über den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) wird gemeinsam wahrgenommen. Darüber hinaus koordinieren die Sekretariate der beiden Kommissionen ihre Befassungen, indem sie viermal jährlich ­ und die Sekretäre der Subkommissionen so oft wie dies ihre Geschäfte erfordern ­ zusammenkommen und sich austauschen.

Die GPK unterhalten auch Kontakte zur EFK, dem obersten Finanzaufsichtsorgan des Bundes, dessen Kompetenzen im Finanzkontrollgesetz (FKG)16 geregelt sind.

Gemäss Artikel 15 Absatz 1 FKG sind die FK und die FinDel die direkten Ansprechpartner der EFK im Parlament. Im Gesetz wird dazu präzisiert, dass die EFK mit ihren Prüfungsbefunden an die FinDel gelangt (Art. 14 Abs. 1 FKG). Dies galt bisher auch für Prüfungsbefunde, welche die Geschäftsführung betreffen. Im FKG ist ein direkter Verkehr zwischen der EFK und den GPK nicht vorgesehen.

Um den Verkehr der GPK mit der EFK in einer gesetzlichen Grundlage zu verankern, beauftragten die beiden Räte in der Frühlingssession 2015 mit der Annahme von zwei gleichlautenden Motionen17 den Bundesrat mit einer Revision des FKG.

Diese Motionen sehen u. a. vor, dass die Information der EFK über festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung an die GPK bzw. die GPDel gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel erfolgt.18 Zwischenzeitlich wurde die Informationskoordination zwischen den beiden Organen schon ab April 2015 verbessert, indem die GPK nunmehr das Prüfprogramm der EFK jeweils Ende Januar erhalten und diese Gelegenheit für einen Austausch mit der EFK über allfällige Grundsatzfragen nutzen. Auch nehmen die GPK jeweils im Frühling den Jahresbericht der EFK zur Kenntnis. Im Weiteren wurde vereinbart, dass die GPK von der EFK per Schreiben darüber informiert werden, wenn Letztere im Rahmen ihrer Prüftätigkeit substanzielle Mängel in der Geschäftsführung einer Verwaltungseinheit feststellt. Ihnen wird auch der entsprechende Prüfbericht vorgelegt.

2.2

Organisation und Zusammensetzung der GPK

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPK aus 25 Mitgliedern des Nationalrates und 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen. Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar. Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vizepräsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat 16 17 18

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0) Mo. GPK-N vom 21. Nov. 2014 (14.4009) und Mo. GPK-S vom 21. Nov. 2014 (14.4010) «Aufsicht durch die EFK. Änderung des FKG» Punkt 2 der Motionen: «Die EFK [muss] festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung den GPK bzw. der GPDel im direkten Verkehr zur Kenntnis bringen; die entsprechende Information an die GPK bzw. GPDel hat gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel zu erfolgen.»

3754

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(Art. 43 Abs. 3 ParlG). Soweit als möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 GRN19 und Art. 11 Abs. 1 GRS20), welche alle Departemente, die Bundeskanzlei, die eidgenössischen Gerichte, die BA und deren Aufsichtsbehörde abdecken.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommissionen EDA/VBS:

­ Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ­ Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Subkommissionen EJPD/BK:

­ Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)

Subkommissionen EFD/WBF:

­ Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)

Subkommissionen EDI/UVEK:

­ Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)

Subkommissionen Gerichte/BA:

­ Bundesgericht (BGer)

­ Bundeskanzlei (BK) ­ Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) ­ Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) ­ Militärkassationsgericht (MKG) ­ Bundesstrafgericht (BStGer) ­ Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ­ Bundespatentgericht (BPatGer) ­ Bundesanwaltschaft (BA) ­ Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z. B.

Durchführung von Anhörungen, Aufträge für Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Plenarkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht.

Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und zu publizieren sowie den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Die GPK können auch Arbeitsgruppen oder Ad-hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die beispielsweise besondere Fachkenntnisse erfordern.

19 20

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Okt. 2003 (GRN; SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (GRS; SR 171.14)

3755

BBl 2017

Im Jahr 2016 bestanden zudem zwei Arbeitsgruppen, die sowohl aus Mitgliedern der GPK-S wie auch der GPK-N zusammengesetzt sind: Die Arbeitsgruppe zum Risikomanagement in der Bundesverwaltung, der auch ein Vertreter der FinDel angehört, setzt sich mit dem Risikomanagement und dem Risikoreporting an den Bundesrat auseinander. Die im Frühling 2016 geschaffene Arbeitsgruppe Bodluv untersuchte im Auftrag der GPK die Sistierung des Projekts Bodluv durch den Vorsteher des VBS.

Daneben bestimmt jede Kommission drei Mitglieder aus ihrer Mitte, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte (vgl. Kap. 4).

Schliesslich bestimmt jede Kommission zwei Mitglieder für die Neat-Aufsichtsdelegation (NAD), welche die parlamentarische Oberaufsicht über die Realisierung der Neat ausübt. Die NAD umfasst neben den Mitgliedern der GPK vier Mitglieder aus den FK sowie vier Vertreter der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF).

Die beiden GPK beschlossen im Jahr 2015, ihre Subkommissionen ab der Legislatur 2015­2019 zu verkleinern (Subkommissionen der GPK-S: fünf statt sechs Mitglieder, Subkommissionen der GPK-N: neun statt zwölf Mitglieder). Zugleich legten die GPK fest, dass die Mitglieder der GPDel inskünftig neben ihrem GPDel-Mandat höchstens noch in einer GPK-Subkommission Einsitz nehmen. Diese Massnahme dient der Entlastung der GPDel-Mitglieder, die mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG) ihre Oberaufsicht über den Nachrichtendienst noch verstärkt ausüben werden.

Das Präsidium der GPK-N hatte 2016 Nationalrat Alfred Heer inne; Nationalrätin Doris Fiala übte das Vizepräsidium aus. Die GPK-S wurde von Ständerat Hans Stöckli präsidiert; Ständerätin Anne Seydoux-Christe amtete als Vizepräsidentin.

Das Präsidium der Geschäftsprüfungsdelegation nahm im Jahr 2016 Ständerat Alex Kuprecht wahr und das Vizepräsidium Nationalrätin Corina Eichenberger-Walther.

Eine namentliche Auflistung der Mitglieder der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppe sowie der GPDel im Jahr 2016 findet sich in der folgenden Tabelle.

3756

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Zusammensetzung der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Berichtsjahr 2016 GPK-N (Plenarkommission)

GPK-S (Plenarkommission)

Alfred Heer (Präsident), Prisca BirrerHeimo, Jakob Büchler, Duri Campell, Martin Candinas, Thomas de Courten, Corina Eichenberger-Walther, Yvette Estermann, Yvonne Feri, Doris Fiala (Vizepräsidentin), Chantal Galladé, Ida Glanzmann-Hunkeler, Maya Graf, Erich Hess, Hermann Hess, Ada Marra, Philippe Nantermod, Jacques Nicolet, Valérie Piller Carrard, Louis Schelbert, Luzi Stamm, Marianne Streiff-Feller, Alexander Tschäppät, Erich von Siebenthal, Hansjörg Walter

Hans Stöckli (Präsident), Andrea Caroni, Joachim Eder, Peter Föhn, Claude Hêche, Claude Janiak, Alex Kuprecht, Werner Luginbühl, Damian Müller, Beat Rieder, Géraldine Savary, Anne Seydoux-Christe (Vizepräsidentin), Beat Vonlanthen

Subkommissionen EDA/VBS Ida Glanzmann-Hunkeler (Präsidentin), Claude Janiak (Präsident), Claude Jakob Büchler, Thomas de Courten, Hêche, Alex Kuprecht, Werner LuginYvette Estermann, Doris Fiala, Chantal bühl, Damian Müller Galladé, Maya Graf, Ada Marra, Philippe Nantermod Subkommissionen EJPD/BK Luzi Stamm (Präsident), Prisca BirrerHeimo, Yvonne Feri, Doris Fiala, Ida Glanzmann-Hunkeler, Erich Hess, Jacques Nicolet, Valérie Piller Carrard, Marianne Streiff-Feller

Peter Föhn (Präsident), Damian Müller, Beat Rieder, Hans Stöckli, Beat Vonlanthen

Subkommissionen EFD/WBF Alexander Tschäppät (Präsident), Prisca Joachim Eder (Präsident), Andrea Birrer-Heimo, Martin Candinas, Caroni, Géraldine Savary, Hans Stöckli, Thomas de Courten, Chantal Galladé, Beat Vonlanthen Philippe Nantermod, Louis Schelbert, Erich von Siebenthal, Hansjörg Walter

3757

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Subkommissionen EDI/UVEK Hansjörg Walter (Präsident), Duri Campell, Hermann Hess, Jacques Nicolet, Valérie Piller Carrard, Louis Schelbert, Marianne Streiff-Feller, Alexander Tschäppät, Erich von Siebenthal

Claude Hêche (Präsident), Joachim Eder, Peter Föhn, Werner Luginbühl, Géraldine Savary

Subkommissionen Gerichte/BA Corina Eichenberger-Walther (Präsiden- Anne Seydoux-Christe (Präsidentin), tin), Jakob Büchler, Duri Campell, Andrea Caroni, Damian Müller, Beat Yvette Estermann, Yvonne Feri, Erich Rieder, Hans Stöckli Hess, Ada Marra, Philippe Nantermod, Luzi Stamm GPDel Alex Kuprecht (Präsident), Corina Eichenberger-Walther (Vizepräsidentin), Maya Graf, Alfred Heer, Claude Janiak, Anne Seydoux-Christe Arbeitsgruppe Risikoreporting Bundesrat (nur GPK-Mitglieder) Alfred Heer (Präsident), Joachim Eder, Doris Fiala, Anne Seydoux-Christe, Hans Stöckli, Alexander Tschäppät Arbeitsgruppe Bodluv Claude Janiak (Präsident), Thomas de Courten, Doris Fiala, Ida GlanzmannHunkeler, Alex Kuprecht, Damian Müller NAD (nur GPK-Mitglieder) Martin Candinas, Joachim Eder, Peter Föhn, Alexander Tschäppät

3

Ausgewählte Themen der GPK

Im vorliegenden Kapitel informiert die GPK über wichtige Themen und Geschäfte des Berichtsjahrs. Sie fokussiert dabei auf Themen, zu denen im Laufe des Jahres nicht bereits Informationen veröffentlicht wurden. Für Erläuterungen zu Geschäften, zu denen während des Jahres bereits Berichte, Medienmitteilungen oder andere Unterlagen publiziert wurden, wird auf die veröffentlichten Dokumente verwiesen.

3758

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3.1

Veröffentlichungen der GPK im Jahr 2016

Veröffentlichte Berichte und Medienmitteilungen der GPK Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Geeignetes Personal im diplomatischen Dienst

Bericht der GPK-S vom 26.2.2016 (BBl 2016 4569)

Qualität der Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung

Bericht der GPK-N vom 22.3.2016 (BBl 2016 6853)

Expertenbeizug in der Bundesverwaltung (zweite erweiterte Nachkontrolle)

Bericht der GPK-S vom 24.8.2016 (BBl 2016 8339)

Mutmassliches Geheimabkommen der Schweiz mit der PLO im Jahr 1970

Medienmitteilungen der GPK vom 2.2.2016 und vom 19.5.2016

Ausstands- und Offenlegungspflichten im Bundesrat

Medienmitteilung der GPK vom 19.5.2016

Sicherung landwirtschaftlichen Kulturlandes

Medienmitteilung der GPK-N vom 27.6.2016

3.2

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.2.1

Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste

Im März 2014 veröffentlichte die GPK-S ihren Bericht über die Zulassung und Überprüfung kassenpflichtiger Medikamente.21 Sie stellte darin gestützt auf eine Evaluation der PVK mehrere Schwachstellen im Aufnahmeverfahren und bei der Preisfestsetzung von in der Spezialitätenliste aufgeführten Medikamenten fest.

Deshalb richtete die Kommission acht Empfehlungen und drei Postulate an den Bundesrat, welche insbesondere die Klarheit der Verfahrensabläufe, die Preisfestsetzungsinstrumente und die Regulierung der Generikapreise betreffen.

In seiner Stellungnahme22 vom August 2014 zeigte sich der Bundesrat weitgehend bereit, die von der Kommission festgestellten Mängel zu beheben. Er wies insbesondere darauf hin, dass eine Anpassung des Preisfestsetzungssystems für Medikamente im Gange sei und auf Verordnungsstufe umgesetzt werde. Da sich die Anpassung des Preisfestsetzungssystems verzögert hatte, lieferte er im Dezember 2014 zusätzliche Informationen23.

21 22

23

Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste, Bericht der GPK-S vom 25. März 2014 (BBl 2014 7775) Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste, Stellungnahme des Bundesrates vom 27. Aug. 2014 zum Bericht der GPK-S vom 25. März 2014 (BBl 2014 7839) vgl. dazu Jahresbericht 2015 der GPK und der GPDel vom 29. Jan. 2016 (BBl 2016 6241, hier 6269)

3759

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Die Kommission schloss ihre Untersuchung im Februar 2015 ab und kündigte an, in zwei Jahren eine Nachkontrolle durchzuführen. Sie behielt sich allerdings vor, schon eher auf die Inspektion zurückzukommen, falls sich die Einführung des neuen Preisfestsetzungssystems weiter verzögern sollte oder die Anpassungen nicht den angekündigten Massnahmen entsprechen sollten.

Die vom Bundesrat angekündigten Revisionen der KVV24 und der KLV25 traten schliesslich am 1. Juni 2015 in Kraft.

Im Dezember 2015 veröffentlichte das Bundesgericht ein entscheidendes Urteil zur Überprüfung der Medikamente in der Spezialitätenliste.26 Das in einer Rechtsstreitigkeit zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und einem Pharmaunternehmen angerufene Bundesgericht entschied letztinstanzlich, dass das BAG sich bei der periodischen Überprüfung der Aufnahmebedingungen für Medikamente nicht einzig auf einen Auslandspreisvergleich (APV) beschränken könne, sondern auch systematisch einen therapeutischen Quervergleich (TQV) vornehmen müsse.

Gemäss Bundesgericht war die Verordnungsbestimmung über die Einzelheiten dieser Überprüfung, die vor dem 1. Juni 2015 in Kraft war, nicht KVG27-konform, da sie lediglich einen APV vorsah. Zu diesem Schluss war auch die GPK-S gekommen, die in ihrem Bericht kritisiert hatte, dass die periodische Überprüfung des BAG zu wenig umfassend sei.

Aufgrund dieses Entscheids beschloss die Kommission, auf ihre Inspektion zurückzukommen. Sie befasste sich im Februar 2016 mit dem Bundesgerichtsurteil und dessen Auswirkungen auf das geltende Recht. Sie stellte fest, dass verschiedene Verordnungsbestimmungen über die periodische Überprüfung der in der Spezialitätenliste aufgeführten Medikamente auf den 1. Juni 2015 hin, das heisst mit dem vom Bundesrat angekündigten neuen Preisfestsetzungssystem, geändert worden waren.

Allerdings sah auch dieses System bei der Überprüfung der Medikamente nur ausnahmsweise einen TQV, in den meisten Fällen aber einzig einen APV vor. In den Augen der Kommission vermögen somit auch die neuen, seit dem 1. Juni 2015 in Kraft stehenden Bestimmungen der vom Bundesgericht geforderten Gesetzeskonformität nicht zu genügen.

Die GPK-S ersuchte den Vorsteher des EDI, hierzu Stellung zu nehmen. In seiner Antwort vom 20. Mai 2016 bestätigte er, dass die geltenden Bestimmungen zur periodischen
Überprüfung der Medikamente der Rechtsprechung des Bundesgerichtes nicht standhalten können und deshalb erneut angepasst werden müssen. Dabei hielt er fest, dass die neuen Verordnungsänderungen im ersten Quartal 2017 in Kraft treten dürften. Auch wies er darauf hin, dass aufgrund der erforderlichen Verordnungsänderungen die im Jahre 2016 vorgesehenen Überprüfungen erst 2017 wieder aufgenommen werden können. Über diese Beschlüsse orientierte der Bundesrat die

24 25 26 27

Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) Verordnung des EDI vom 29. Sept.1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KLV; SR 832.112.31) BGE 142 V 26 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10)

3760

BBl 2017

Öffentlichkeit am 6. Juli 2016 anlässlich der Vernehmlassungseröffnung zu den geänderten Verordnungen28.

Die GPK-S liess sich am 28. Juni 2016 bei einem Dienststellenbesuch vom Direktor des BAG über gewisse Aspekte dieser Thematik näher informieren. Sie erfuhr dabei insbesondere, dass das BAG über die Mittel verfüge, um die zusätzlichen Aufgaben wahrzunehmen, welche die vom Gesetz verlangte umfassende Überprüfung der Medikamente mit sich bringt. Der zukünftige Ressourcenbedarf hänge indessen davon ab, wie die Verordnungsbestimmungen im Jahr 2017 angepasst würden.

Zudem wies das BAG darauf hin, dass der Bundesrat die Einführung des Health Technology Assessment (HTA) innerhalb des Amtes genehmigt hat; damit soll umfassend abgeklärt werden können, ob die Medikamente oder Medikamentengruppen die Kriterien der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit erfüllen.

Die GPK-S äusserte in ihrem Schreiben vom 18. Oktober 2016 an den Bundesrat ihre Bedenken darüber, dass zwei Jahre nach Verabschiedung ihrer Empfehlung die KVG-Vorgaben betreffend eine umfassende periodische Überprüfung noch immer nicht rechtskonform umgesetzt werden konnten. Die GPK-S bedauerte die Rechtsunsicherheit, die sich in den vielen offenen Beschwerdeverfahren zur Medikamentenüberprüfung manifestiert, sowie die negativen finanziellen Auswirkungen, welche die auf 2017 verschobene Überprüfung nach sich zieht. Die Kommission erwartet vom Bundesrat Massnahmen zur künftigen Vermeidung solcher Situationen. Sie empfiehlt diesbezüglich eine umfassende juristische Vorprüfung der Verordnungsbestimmungen auf ihre Gesetzeskonformität.

Die GPK-S ersuchte den Bundesrat, sie Anfang 2017 über die beschlossenen neuen Verordnungsbestimmungen zu informieren. Sie wird daraufhin über das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit entscheiden. Die ursprünglich auf 2017 geplante Nachkontrolle wird um mindestens ein Jahr verschoben.

3.2.2

Überprüfung der medizinischen Abklärungsstellen der Invalidenversicherung MEDAS

Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-N ersuchte das EDI mit Schreiben vom 28. September 2012, die GPK über die Auswirkungen der vom Bundesrat beschlossenen Revision der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV)29 zu informieren, insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung der Unabhängigkeit der Gutachterstellen.

Das EDI teilte der Subkommission mit Schreiben vom 21. Mai 2013 mit, dass aufgrund des Artikels 72bis IVV die polydisziplinären Gutachten in der Invalidenversicherung (IV) mittels Zufallsprinzip über die IT-Plattform «SuisseMED@P» verteilt würden. Ausserdem seien 2012 erste Qualitätsrichtlinien bezüglich der psychiatrischen Begutachtungen eingeführt worden.

28 29

Die Preise von Medikamenten sollen auf neue Art und Weise überprüft werden, Medienmitteilung des Bundesrates vom 6. Juli 2016.

Verordnung vom 17. Jan. 1961 über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201)

3761

BBl 2017

Ergänzend dazu orientierte das EDI die Subkommission am 21. Oktober 2013, dass ein gemischter Ausschuss bezüglich der Entwicklung von Kriterien für die Qualitätskontrolle vorgesehen sei, wobei dieser Ausschuss Anfang 2014 eingesetzt werden könnte. Weiter gab das EDI bekannt, dass ab Mitte 2014 ein jährliches Reporting über die zugelassenen Gutachterstellen sowie die Auftragsverteilung via SuisseMED@P vorgesehen sei.

Am 12. März 2014 ersuchte die Subkommission das EDI um weitere Angaben zum damals weiterhin noch nicht eingesetzten Fachausschuss zur Qualitätssicherung der medizinischen Abklärungsstellen.

Mit Brief vom 31. März 2014 lieferte das EDI der Subkommission ergänzende Angaben zu diesem Fachausschuss und wies diesbezüglich u. a. darauf hin, dass der Ausschuss gestützt auf Artikel 5 der Vereinbarung betreffend Durchführung von polydisziplinären Gutachten zur Beurteilung von Leistungsansprüchen in der Invalidenversicherung für die Erarbeitung der Qualitätskontrolle zuständig sei und zu diesem Zweck ein Reglement ausarbeite sowie weitere Kriterien für die Qualitätskontrolle entwickle.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2014 teilte die GPK-N dem EDI mit, dass sie der Auffassung sei, dass die Vertreter der Behindertenorganisationen nicht ausreichend im Ausschuss vertreten seien. Überdies stellte die GPK die aus ihrer Sicht übermässige Vertretung von MEDAS-Gutachterstellen im Ausschuss in Frage, da diese von den vom Ausschuss entwickelten Kriterien am stärksten betroffen seien. Zudem beanstandete die Kommission die schlechte Vertretung von Frauen und französischsprachigen Repräsentanten.

Am 26. September 2014 gab das EDI gegenüber der GPK bekannt, dass es sich bei besagtem Ausschuss nicht um eine unabhängige Kommission handle, welche zuständig für die Erarbeitung von Qualitätsrichtlinien sei; dies sei die Aufgabe der ärztlichen Fachverbände. Die Aufgabe des Ausschusses sei es vielmehr, sicherzustellen, dass die vorhandenen Qualitätsvorgaben in die Begutachtungen einfliessen würden. Entsprechend sei es dem Ausschuss nicht möglich, die gleichen Anforderungen bezüglich der Vertretung von Sprachen und Geschlechtern zu erfüllen wie die eidgenössischen ausserparlamentarischen Kommissionen.

Mit Brief vom 6. November 2014 bat die GPK-N das EDI, aufzuzeigen, welche Stelle für die Erarbeitung und verbindliche
Verabschiedung der Qualitätsanforderungen an die IV-Gutachten zuständig sei, und ersuchte das EDI überdies, ihr darzulegen, mit welchen Massnahmen der in der Schweiz bestehende Mangel an Qualitätsleitlinien angegangen werden solle.

Das EDI hielt in seinem Schreiben an die GPK-N vom 30. Januar 2015 fest, dass die im Schreiben vom 26. September 2014 dargestellte Zuständigkeit für Aspekte der formellen Qualitätsanforderungen an polydisziplinäre Gutachten nach wie vor sachgerecht und sinnvoll erscheine. Es liege an der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (Foederatio Medicorum Helveticorum; FMH) bzw. den medizinischen Fachgesellschaften, entsprechende, breit abgestützte und anerkannte Leitlinien zu erarbeiten. Medizinische Leitlinien seien nicht nur für die Begutachtung in Bezug auf die IV, sondern auch bezüglich anderer Sozialversicherungen, wie z. B. der Unfallversicherung (UV), bedeutend. Entsprechend sei das Bundesamt für 3762

BBl 2017

Sozialversicherungen (BSV) beauftragt worden, unter Einbezug des BAG mit der FMH Kontakt aufzunehmen, um über die Erarbeitung weiterer Leitlinien zu sprechen.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2015 gab die Subkommission dem EDI bekannt, sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder über den Stand der Arbeiten informieren zu lassen und bat das EDI zugleich, kurz über den Stand der Arbeiten bei der Erarbeitung von medizinischen Leitlinien für IV-Gutachten Stellung zu nehmen.

Am 18. September 2015 teilte das EDI mit, dass trotz den Bemühungen und Gesprächen des BSV mit der FMH in der Zwischenzeit keine weiteren spezifischen Leitlinien zur versicherungsmedizinischen Begutachtung publiziert worden seien. Das EDI verwies zudem auf einen Entscheid des Bundesgerichtes vom 3. Juni 2015, 30 gemäss welchem die medizinischen Fachgesellschaften dazu verpflichtet seien, konkrete Leitlinien für die erwähnte Begutachtung zu erlassen. Entsprechend sehe sich das BSV darin bestätigt, dass die IV mit den Gutachterstellen nicht Fragen der fachspezifischen Qualitätsanforderungen angehen könne.

Mit Schreiben vom 20. November 2015 stellte die Subkommission gegenüber dem EDI fest, dass zwischenzeitlich verschiedene Bemühungen unternommen worden seien, jedoch bisher noch keine konkreten Ergebnisse in Form von neuen Leitlinien vorliegen würden. Ebenfalls nahm sie Kenntnis des vom EDI erwähnten Bundesgerichtsurteils und merkte an, dass ihres Erachtens die IV-Stellen sowie das BSV die Erarbeitung der medizinischen Leitlinien durch die Fachgesellschaften aktiv fördern und unterstützen sollten. Die Subkommission teilte dem EDI mit, dass sie sich im Jahr 2016 erneut über den Stand der Dinge betreffend Erarbeitung von medizinischen Leitlinien für IV-Gutachten zu informieren gedenke.

Am 23. August 2016 teilte das EDI der GPK-N mit, dass aufgrund des oben erwähnten Urteils des Bundesgerichtes neu ein offenes, ressourcenorientiertes Abklärungsverfahren in der IV gelte. Deshalb müsse das Abklärungsverfahren durch das BSV neu ausgerichtet werden. Zwecks einheitlicher Durchsetzung der neuen Rechtsprechung habe das BSV nun seinen Fokus auf die Überarbeitung des Gutachtensauftrags der IV gelegt. Weiter wies das EDI die GPK-N darauf hin, dass die Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP) gestützt auf das betreffende
Bundesgerichtsurteil ihre Leitlinien überarbeitet habe. Diese seien der Öffentlichkeit bereits vorgestellt worden und würden in Kürze angewendet.

Die Kommission zeigte sich grundsätzlich zufrieden über die Angaben des EDI.

Bedeutend erschien der GPK-N insbesondere, dass in der Zwischenzeit eine Entwicklung eingesetzt hatte und nun in Bezug auf psychiatrische Gutachten neue Leitlinien bestehen, die künftig angewendet werden sollen. Die Kommission erkannte daher keinen weiteren Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht und teilte dies dem EDI mit Schreiben vom 9. September 2016 mit.

30

BGE 141 V 281

3763

BBl 2017

3.3

Staat und Verwaltung

3.3.1

Nachkontolle zur Erfolgsbilanz des Bundespersonalgesetzes

Im Berichtsjahr befasste sich die GPK-N mit der Antwort des EFD vom 20. August 2015 i.Z.m. dieser Nachkontrolle, welche auf einer entsprechenden Inspektion fusst, bei welcher die Kommission am 23. Oktober 2009 ihren Bericht31 verabschiedet hatte. Die GPK-N befasste sich damals mit verschiedenen Fragen des Bundespersonalgesetzes (BPG)32, u.a. zur Strategie der Umsetzung dieses Gesetzes.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 forderte die Subkommission EFD/WBF der GPK-N das EFD auf, die im Rahmen der Anhörung «Personalreporting» 2015 vertretene Auffassung des Eidgenössischen Personalamts (EPA), wonach Angestellte im Vertrauensarbeitszeitmodell aufgrund der Freistellung von der Arbeitszeiterfassung nicht ausweisen könnten, ob sie mehr als 45 Stunden gearbeitet hätten und daher auch keine Ausgleichsansprüche hätten, rechtlich zu begründen.

Das EFD nahm am 20. August 2015 gegenüber der GPK-N Stellung und machte dabei sinngemäss geltend, dass das Arbeitsgesetz (ArG) 33 für das Bundespersonal nur betreffend die Arbeitszeitbestimmungen über die Höchstarbeitszeit anwendbar sei. Nicht anwendbar seien insbesondere die Normen zur Auszahlung von Überzeit gemäss Artikel 13 ArG. Mangels Arbeitszeiterfassung könne ein allfälliges Überzeitguthaben nicht ausgewiesen werden.

Die Kommission zeigte sich nicht überzeugt von der sinngemäss vertretenen Haltung des EFD, wonach nur die konkrete Stundenanzahl der Höchstarbeitszeit (45 Stunden pro Woche gemäss Art. 9 ArG) für das Bundespersonal anwendbar sein solle, alle anderen Vorschriften aber, die eine direkte Folge der Höchstarbeitszeit seien, keine Anwendbarkeit finden würden. Der Hauptzweck von Artikel 9­13 des ArG sei der Schutz der Arbeitnehmer, und das Übersteigen der Höchstarbeitszeit stelle die «Überzeit» gemäss ArG dar. Dies veranschauliche den Zusammenhang der Überzeit gemäss ArG zur Höchstarbeitszeit. Die GPK-N lehnte auch das faktisch rein prozessuale Argument des EFD zur materiellen Ablehnung des Anspruches auf Ausgleich der Überzeit bei Mitarbeitenden mit Vertrauensarbeitszeit ab, wonach mangels Arbeitszeiterfassung ein Überzeitguthaben nicht ausgewiesen werden könne und deshalb kein Anspruch der Arbeitnehmenden bestehe. Denn das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem Urteil festgehalten, dass auch Arbeitszeitauflistungen des Arbeitnehmers beweistauglich sein
können, falls die Glaubwürdigkeit der Angaben nicht zweifelhaft sei.34 Die GPK-N bekräftigte daher ihre Meinung, dass Mitarbeitende der Bundesverwaltung entsprechende Ansprüche gegenüber dem Bund haben können, wenn die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden überschritten wird.

31 32 33 34

BPG: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung, Bericht der GPK-N vom 23. Okt.

2009 (BBl 2010 2875) Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG; SR 822.11) Bundesverwaltungsgerichtsurteil A-5705/2014 vom 29. April 2015 E. 6.2.1

3764

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Die GPK-N teilte dem Bundesrat mit Schreiben vom 19. Februar 2016 den Abschluss der Nachkontrolle mit, wies diesen aber auf die oben dargestellten Punkte hin.

3.3.2

Sicherstellung der Unabhängigkeit von Regulierungs- und Aufsichtsorganen

Im Januar 2013 wurde die PVK von den GPK beauftragt, eine Evaluation der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung vorzunehmen. Gestützt auf diese Evaluation richtete die GPK-S in ihrem Bericht vom Oktober 2015 vier Empfehlungen an den Bundesrat, welcher aufgefordert wurde, dazu Stellung zu nehmen. Die GPK-S war mit der Stellungnahme des Bundesrates vom Dezember 2015 nicht zufrieden, worauf eine zweite Stellungnahme verlangt wurde. Die zweite Stellungnahme ging am 17. Juni 2016 beim Sekretariat der GPK ein. Die beiden Stellungnahmen des Bundesrates wurden einer eingehenden Analyse durch die GPK-S unterzogen.35 In Bezug auf zwei Empfehlungen berief sich der Bundesrat auf eine bereits erfolgte Umsetzung und verwies dabei auf den Mustererlass für Anstalten mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht vom 1. Juli 2016, welcher vom Bundesamt für Justiz (BJ) zusammen mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) ausgearbeitet wurde. Die Bestimmungen im Mustererlass sind sehr allgemein gehalten und lassen viele Fragen ­ gerade zur Unabhängigkeit ­ offen. Mit Blick auf den Anwendungsbereich des Mustererlasses, welcher viele verschiedenartig gelagerte Fälle erfassen soll, lässt sich diese allgemeine Natur der Bestimmungen erklären und vorerst auch rechtfertigen. Ohne zusätzliche Ausführungen vermag der Mustererlass die Anforderungen an die Unabhängigkeit jedoch nicht zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund hat das BJ gegen Ende 2016 einen Kommentar zum Mustererlass ausgearbeitet. Die GPK-S kam zum Schluss, dass bis zum Vorliegen dieses Kommentars keine abschliessende Beurteilung in Bezug auf die Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung vorgenommen werden kann.

Die Untersuchung der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung wird nach Vorliegen der entsprechenden Kommentare im Jahr 2017 fortgesetzt. Die Schlussfolgerungen der GPK-S zum Umsetzungsstand der anderen Empfehlungen werden zeitgleich kommuniziert.

35

Der vorliegende Beitrag knüpft an jenen im Jahresbericht des Vorjahres an; vgl. dazu Jahresbericht 2015 der Geschäftsprüfungskommission und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 29. Januar 2016 (BBl 2016 6241, hier 6278 ff.)

3765

BBl 2017

3.3.3

IKT-Schlüsselprojekt UCC

Der Bundesrat legt seit April 2013 die IKT36-Schlüsselprojekte des Bundes fest. Bei IKT-Schlüsselprojekten handelt es sich gemäss Ziffer 4.1 Absatz 1 der Weisungen des Bundesrates zu den IKT-Projekten in der Bundesverwaltung und zum IKTPortfolio des Bundes vom 1. Juli 2015 um «IKT-Projekte oder Programme, die aufgrund ihres Ressourcenbedarfs, ihrer strategischen Bedeutung, ihrer Komplexität, ihrer Auswirkungen oder ihrer Risiken eine verstärkte übergeordnete Führung, Steuerung, Koordination und Kontrolle erfordern».

Auf der Basis der Erkenntnisse der Untersuchung INSIEME37 legten die GPK mit Beschluss vom 29. Januar 2015 fest, dass sie sich in Zukunft regelmässig mit den IKT-Schlüsselprojekten des Bundes und weiteren grossen IKT-Projekten befassen wollen. Die GPK beschäftigen sich demnach einerseits mit den IKT-Schlüsselprojekten in allgemeiner Form und andererseits mit mindestens einem IKT-Schlüsselprojekt pro Jahr im Speziellen.

Gemäss Ziffer 4.2 Absatz 1 der Weisungen hat die zuständige Verwaltungseinheit dem Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) jeweils per Ende Juni und Ende Dezember einen Statusbericht über die bei ihr geführten IKT-Schlüsselprojekte einzureichen. Das ISB erstellt gestützt auf die einzelnen Berichte der Verwaltungseinheiten einen konsolidierten Statusbericht (Ziff. 4.2 Abs. 4 der Weisungen). U. a.

gestützt auf diesen Statusbericht des ISB hat die GPK-N beschlossen, sich im Jahr 2016 mit dem IKT-Schlüsselprojekt «Unified Communication & Collaboration» (UCC) zu befassen. Zuständig für UCC ist verwaltungsintern das ISB.

Vor diesem Hintergrund hörte die Subkommission EFD/WBF der GPK-N am 9. November 2016 Vertreter des ISB zum IKT-Schlüsselprojekt UCC an.

Die Vertreter des ISB erläuterten der Subkommission das IKT-Schlüsselprojekt UCC im Allgemeinen und machten überdies u. a. Angaben zu den Herausforderungen bzw. Problemen und Risiken des Projekts, zum Zeitplan und zu den Kosten.

Näher gingen die Vertreter des ISB insbesondere auf die Einführung von UCC beim VBS ein, welche am 1. Januar 2017 erfolgen soll.

Die GPK-N zeigte sich zufrieden über die Erläuterungen der ISB-Vertreter und erkannte vorerst keinen weiteren Handlungsbedarf. Sie beschloss aber, sich vom ISB Mitte des Jahres 2017 über den aktuellen Stand der Umsetzung von UCC, insbesondere bezüglich der Einführung beim VBS, schriftlich informieren zu lassen.

3.3.4

Bestätigung der Wahl des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragen

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 bat die Gerichtskommission (GK) der eidgenössischen Räte die GPK und die GPDel, ihr mitzuteilen, ob der Bestätigung der Wahl von Adrian Lobsiger als Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB) durch die Bundesversammlung aus Sicht der Oberaufsicht nichts 36 37

IKT: Informations- und Kommunikationstechnik INSIEME: Projektbezeichnung für «Gemeinsame IT-Systeme ESTV»

3766

BBl 2017

im Wege stehe. Die Wahl des EDÖB erfolgt durch den Bundesrat mit Bestätigung durch die Bundesversammlung.

Die beiden GPK sowie die GPDel teilten der GK mit Schreiben vom 29. Januar 2016 mit, dass sie im Rahmen der von ihnen beaufsichtigen Aktivitäten von Herrn Lobsiger beim Bundesamt für Polizei (fedpol) keine Feststellungen gemacht haben, die seiner Wahl als EDÖB im Wege stehen würden.

3.4

Justizwesen und Bundesanwaltschaft

3.4.1

Organisatorische Verbesserungen am Bundesverwaltungsgericht

Im Rahmen einer Aussprache mit der Verwaltungskommission des BGer und den Präsidenten der erstinstanzlichen eidgenössischen Gerichte am 14. April 2015 stellten die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der beiden GPK fest, dass das BVGer seine Aufgaben mit hoher Qualität erfüllt. Jedoch orteten sie auch einen gewissen Handlungsbedarf im Bereich der Führung und Organisation des BVGer.

Den GPK war es ein Anliegen, dass das grösste eidgenössische Gericht seine umfangreichen Aufgaben effizient und möglichst reibungslos wahrnehmen kann, was angesichts der Grösse dieses Gerichtes entsprechende Aufmerksamkeit der Gerichtsleitung des BVGer, aber auch des BGer als Aufsichtsbehörde über das BVGer erfordert.

Die GPK ersuchten deshalb das BGer, sich im Rahmen seiner Aufsicht verstärkt den führungsmässigen und organisatorischen Herausforderungen des BVGer anzunehmen. Insbesondere legten die GPK Wert darauf, dass das organisatorische Verbesserungspotential des Gerichtes abgeklärt wird und entsprechende Massnahmen eingeleitet werden können. Die GPK ersuchten das BGer, ihnen bis Ende Oktober 2015 einen Standbericht über seine Beurteilung der Organisation und Führung des BVGer sowie allfällige Vorschläge für Massnahmen zukommen zu lassen.

In der Folge erarbeitete die Verwaltungskommission des BVGer im Rahmen seines bereits laufenden Reorganisationsprojektes «Gerichtsorganisation 2016» (GO 2016) einen Massnahmenkatalog zur Verbesserung seiner Organisation. In seinem Aufsichtsbericht an die GPK vom 26. Oktober 2015 beurteilte das BGer die vorgeschlagenen Massnahmen des BVGer positiv und schlug seinerseits ergänzende Massnahmen vor. Anlässlich eines Gerichtsbesuchs beim BVGer in St. Gallen besprachen die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA die Reorganisationsvorschläge in Anwesenheit des Bundesgerichtspräsidenten mit der Verwaltungskommission des BVGer.

Mit Schreiben vom 10. November 2015 teilten die GPK dem BVGer mit, dass sie mit Zufriedenheit festgestellt haben, dass die Verwaltungskommission des BVGer zusammen mit der Verwaltungskommission des BGer grosse Anstrengungen unternommen hat, das organisatorische Verbesserungspotential des BVGer zu analysieren und Massnahmen zu erarbeiten.

Im Weiteren nahmen die GPK Stellung zu den einzelnen Punkten des Standberichtes des BGer. Sie erachteten insbesondere die Feststellung des BGer als zutreffend, 3767

BBl 2017

wonach der Gesetzgeber zur Führung eines so grossen Gerichtes wie dem BVGer eine klare und schlanke Führungsstruktur der Gerichtsverwaltung geschaffen hat und demnach die Kompetenzen des Gesamtgerichtes abschliessend im Gesetz geregelt sind, während die Verwaltungskommission für alle Verwaltungsgeschäfte zuständig ist, die nicht in die Zuständigkeit des Gesamtgerichtes oder der Präsidentenkonferenz fallen. Die Verwaltungskommission solle das Gericht effizient leiten und das Gesamtgericht von administrativen Aufgaben entlasten können.

Im Weiteren hielten die GPK fest, dass das BVGer mit der zusätzlichen Regelung vom 15. Dezember 2008 unter der Bezeichnung «Zuständigkeiten der Leitungsorgane am Bundesverwaltungsgericht, Umsetzung von Artikel 16 Absatz 1 und 18 Absatz 4 VGG38» und der Schaffung der Kommission des Gesamtgerichtes die Möglichkeit einer Kompetenzattraktion durch das Gesamtgericht geschaffen hat, die im Wiederspruch zur gesetzlichen Kompetenzordnung steht und einer effizienten Verwaltungsführung entgegensteht.

Zudem begrüssten die GPK die von der Verwaltungskommission des BVGer gemachten Vorschläge zur Aufteilung der Abteilung III in zwei Abteilungen und zur Kodifizierung der Kompetenzen der Abteilungspräsidien in einem neuen Artikel 14a des Geschäftsreglements. Die GPK drückten ihre Erwartung aus, dass das Gesamtgericht diesen Vorschlägen zustimmen und sie bis Ende Juni 2016 umsetzen werde.

Die weiteren Verbesserungsvorschläge des BGer für die Wiedererlangung einer schlanken und effizienten Gerichtsleitung erachteten die GPK zudem als äusserst wichtig. Insbesondere unterstützten sie den Vorschlag, die Kommission des Gesamtgerichtes abzuschaffen und die Regelung des BVGer vom 15. Dezember 2008 aufzuheben.

Anlässlich eines Gerichtsbesuchs beim BVGer im Herbst 2016 überprüften die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der GPK vor Ort den Stand der Umsetzung der Reorganisation. Aufgrund dieser Kontrolle stellten die GPK fest, dass die organisatorischen Verbesserungen im Rahmen der Reorganisation GO 2016 in die gewünschte Richtung gehen und zu effizienteren Strukturen des Gerichtes führen.

Insbesondere nahmen sie mit Befriedigung zur Kenntnis, dass das Plenum des BVGer im Dezember 2015 auch den Verbesserungsvorschlägen des BGer für die Wiedererlangung einer schlanken und effizienten Gerichtsleitung folgte, indem es die Kommission des Gesamtgerichtes abschaffte.

3.4.2

Vier zusätzliche Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht für eine beschränkte Dauer

Das BVGer ersuchte die eidgenössischen Räte mit Schreiben vom 14. September 2016, für 2017/2018 vier zusätzliche Richterstellen zur Verstärkung der beiden Asylabteilungen zu schaffen. Das BGer als Aufsichtsbehörde über die Geschäftsführung des BVGer unterstützte das Anliegen ebenfalls. Die für die Schaffung der 38

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32)

3768

BBl 2017

gesetzlichen Grundlage39 zuständige Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) ersuchte die GPK, aus Sicht der Oberaufsicht zum Begehren des BVGer Stellung zu nehmen.

Das BVGer begründete sein Gesuch damit, dass die in der Volksabstimmung vom 5. Juni 2016 beschlossene Neustrukturierung des Asylbereichs, die voraussichtlich auf den 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt wird, insbesondere die Beschleunigung der Verfahren zum Ziel hat, was auch für das BVGer kürzere Behandlungsfristen bedeuten werde. Damit diese Behandlungsfristen bei Inkrafttreten der Neustrukturierung zumindest annähernd eingehalten werden könne, müsse das BVGer die Pendenzen in den Asylabteilungen IV und V bis Ende 2018 reduzieren können. Dazu seien in den Jahren 2017 und 2018 vier zusätzliche Richterstellen nötig. Die entsprechenden zwölf Gerichtsschreiberstellen werde das BVGer über das Personalbudget sicherstellen.

Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der beiden GPK haben am 15. November 2016 im Rahmen eines Gerichtsbesuchs in St. Gallen die Ressourcensituation im Asylbereich mit dem BVGer und dem Bundesgerichtspräsidenten erörtert.

Aufgrund der Feststellungen der Subkommissionen Gerichte/BA gelangte die GPK-S zu folgenden Schlussfolgerungen:

39

1.

Die organisatorischen Verbesserungen im Rahmen der Reorganisation GO 2016 gehen in die gewünschte Richtung und haben zu effizienteren Strukturen des Gerichtes geführt (vgl. Kap. 3.4.1).

2.

Die Asylabteilungen konnten in den letzten zwei Jahren die Erledigungszahlen dank zusätzlichen Gerichtsschreiberstellen steigern. Trotzdem sind die Pendenzen seit 2014 von rund 2000 auf 2750 im November 2016 angestiegen, wobei insbesondere die komplexeren Fälle liegen bleiben.

3.

Die Überlegungen des BVGer, dass diese Pendenzen in den Jahren 2017 und 2018 vor Inkrafttreten des revidierten Asylrechts per 1. Januar 2019 stark abgebaut werden sollten, sind zutreffend. Nur so kann ab 2019 das prioritäre Ziel der Asylgesetzrevision, die Verfahren zu beschleunigen, umgesetzt werden.

4.

Der vom BVGer berechnete zusätzliche Ressourcenbedarf für diesen Pendenzenabbau ist nachvollziehbar. Im Weiteren ist die GPK-S wie das BVGer und das BGer der Meinung, dass die zusätzlichen Ressourcen nicht nur Gerichtsschreiber, sondern auch Richter umfassen sollten, damit das Verhältnis zwischen Richtern bzw. Richterinnen und Gerichtsschreibern bzw. Gerichtsschreiberinnen effizient bleibt.

5.

Was die Kosten betrifft, entnahm die GPK-S den Berechnungen des BVGer, dass ein zusätzliches Richterteam (ein Richter mit drei Gerichtsschreibern) pro Jahr ca. 190 Fälle erledigt, welche ca. 285 Personen betreffen. Die vom Bund zu bezahlenden Unterhaltskosten an die Kantone für diese Anzahl Per-

Die Zahl der Richter und Richterinnen am BVGer ist in der Verordnung der Bundesversammlung vom 17. März 2017 über die Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht (SR 173.321) geregelt.

3769

BBl 2017

sonen belaufen sich pro Jahr auf 5 130 000 Franken. Die liegen bleibenden Fälle würden somit im Ergebnis den Bund weit mehr kosten als zusätzliche Ressourcen am BVGer.

Aufgrund dieser Ausgangslage empfahl die GPK-S der RK-S mit Schreiben vom 18. November 2016, die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für vier zusätzliche Richterstellen zu schaffen, wobei der höhere Richterbestand nur vorübergehend bestehen und anschliessend durch natürliche Abgänge wieder ausgeglichen werden solle. In Übereinstimmung mit dem BGer äusserte die GPK-S im Weiteren die Meinung, dass die Richterstellen nicht befristet sein sollten, um eine breite Rekrutierungsbasis zu ermöglichen.

3.4.3

Strafanzeige von Dieter Behring gegen den Bundesanwalt: Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwaltes des Bundes

Im Rahmen des Strafverfahrens gegen Dieter Behring reichte dieser am 21. Juni 2016 Strafanzeige gegen den Bundesanwalt, einen stv. Bundesanwalt und gegen einen weiteren Staatsanwalt des Bundes ein. In der Folge gab es rechtliche Unklarheiten in Bezug auf die Zuständigkeit zur Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwaltes des Bundes.

In diesem konkreten Fall setzte die AB-BA Thomas Hansjakob als ausserordentlichen Staatsanwalt des Bundes ein. Eine Beschwerde des Anwalts von Dieter Behring gegen die Einsetzung wies die AB-BA ab. Der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes hat inzwischen entschieden, die Strafanzeige nicht an die Hand zu nehmen (sog. Nichtanhandnahmeentscheid).

Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der GPK haben beschlossen, der Frage nachzugehen, wie die Einsetzung von ausserordentlichen Staatsanwälten bisher gehandhabt wurde und ob es in der heutigen Gesetzgebung allenfalls Lücken zu schliessen gilt. Ihr Anliegen ist es, allfällige Unklarheiten bei der Einsetzung von ausserordentlichen Staatsanwälten raschmöglichst zu beseitigen, da Rechtsunsicherheiten zu Strafanzeigen gegen den Bundesanwalt und die stellvertretenden Bundesanwälte führen können, um Strafverfahren zu verzögern.

3.5

Sicherheit

3.5.1

Cyber-Sicherheit ­ Angriff auf RUAG

Die GPK-N befasst sich seit 2015 mit der Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken (NCS) und deren Umsetzung. Da die NCS vor allem den zivilen Bereich der Cyber-Sicherheit abdeckt, hat sich die zuständige Subkommission der GPK-N zugleich über die Massnahmen zur Cyber-Sicherheit im militärischen Bereich informieren lassen. Im Nachgang zum Cyber-Spionageangriff auf die RUAG vom Dezember 2015 befasst sich die GPK-N seit diesem Jahr zudem auch mit der Umsetzung von Massnahmen, welche der Bundesrat als Konsequenz auf den 3770

BBl 2017

erwähnten Angriff beschloss. Die zuständige Subkommission behandelte diese Thematik erstmals an ihrer Sitzung vom 29. Juni 2016. Über die vorangegangenen Tätigkeiten im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht verweist die GPK-N auf die Berichterstattung der GPDel (vgl. Kap. 4.4).

Die zuständige Subkommission hat beschlossen, bei der Behandlung der Thematik die folgenden drei Schwerpunkte zu setzen: 1) Entflechtung der Netze und Umsetzung weiterer Massnahmen nach dem Cyber-Angriff auf die RUAG, 2) Konsequenzen des Angriffs für die RUAG und 3) Kontrolle der Umsetzung der NCS mit Fokus auf die geplante Verwundbarkeitsanalyse.

Die Entflechtungs-Thematik und die Umsetzung der weiteren Massnahmen, welche der Bundesrat nach dem Angriff auf die RUAG eingeleitet hat, wurden vertieft im Herbst 2016 behandelt. Dazu wurden die Verantwortlichen des VBS und des ISB angehört. Da die Anhörungen ergaben, dass die Massnahmen bisher erst teilweise umgesetzt wurden, beschloss die Subkommission, sich Anfang 2017 erneut darüber informieren zu lassen. Sie wird sich dann auch mit dem Bericht über das Schadenspotenzial des Spionageangriffs befassen.

Die drei genannten Schwerpunkt-Themen werden im Jahr 2017 bei der Behandlung des Geschäftsberichtes der RUAG und des Jahresberichtes zur NCS aufgenommen.

3.5.2

Bewachung von Militäranlagen durch private Sicherheitsfirmen

Die Subkommission EDA/VBS der GPK-N beschloss 2015, sich über den Schutz militärischer Anlagen durch private Sicherheitsunternehmen informieren zu lassen.

Mit Brief vom 15. Dezember 2015 forderte sie daher vom VBS Informationen zu den Gründen für den Beizug privater Dienstleister sowie zu Umfang, Kosten, Problemen und Risiken dieser Dienstleistungen.

Die Antwort des VBS vom 28. Januar 2016 wurde an der Sitzung vom 21. März 2016 behandelt. Dabei kam die Subkommission zum Schluss, dass eine genügende rechtliche Grundlage für den Einsatz privater Sicherheitsunternehmen zum Schutz militärischer Anlagen besteht.40 Der Einsatz der privaten Unternehmen rechtfertigte das VBS v. a. mit Ressourcengründen. Es hielt auch fest, dass die beauftragten Firmen sowie deren Personal sicherheitsüberprüft und nicht für die Innenüberwachung von sensiblen militärischen Anlagen eingesetzt werden. Da die Antwort des VBS gewisse Fragen offen liess, forderte die Subkommission mit Brief vom 29. Juni 2016 vom Vorsteher des VBS zusätzliche Informationen, u. a. zu einem möglichen Einsatz von WK-Soldaten für die Bewachung der Militäranlagen.

In seinem Schreiben vom 30. August 2016 erläuterte das VBS, dass es nicht zweckmässig wäre, WK-Dienstleistende für die Bewachung militärischer Anlagen einzusetzen, da diese Aufgabe zu viele Ressourcen der Milizverbände binden würde.

Zudem seien für einen effektiven Schutz der Anlagen oft spezifische Kenntnisse 40

Verordnung vom 24. Juni 2015 über den Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen für Schutzaufgaben durch Bundesbehörden (VES; SR 124) und Verordnung vom 2. Mai 1990 über den Schutz militärischer Anlagen (SR 510.518.1)

3771

BBl 2017

nötig und es wäre schwierig, diese im Rahmen der zweiwöchigen WKs aufzubauen und zu erhalten. Das VBS führte auch aus, dass es aus Ressourcengründen nicht möglich war, die Ankündigung des früheren Vorstehers des VBS, Bundesrat Ueli Maurer, von 2011, wonach militärische Anlagen ab Ende 2012 nicht mehr von privaten Sicherheitsfirmen, sondern von der Armee selber bewacht werden sollen, umzusetzen. Es wies aber darauf hin, dass die Zahl der militärischen Anlagen, welche durch die Militärpolizei überwacht werden, in den vergangenen Jahren gesteigert werden konnte, und dass die Militärpolizei insbesondere die Objekte und Areale mit erhöhten Sicherheitsanforderungen bewacht. Durch diese Änderungen konnten die Kosten für die Dienstleistungen der privaten Firmen signifikant gesenkt werden. Das VBS erläuterte auch, dass die Aufträge an private Sicherheitsfirmen gemäss den Vorgaben des öffentlichen Beschaffungsrechtes vergeben werden.

Die Subkommission beurteilte die Ausführungen des VBS als nachvollziehbar und identifizierte keinen weiteren Handlungsbedarf für die GPK.

3.5.3

Verfügbarkeit der Kampfflugzeuge der Schweizer Armee

Im Sommer 2015 berichteten verschiedene Medien, dass die F/A-18-Flotte der Schweizer Armee in den Monaten März bis Mai 2015 nur eingeschränkt einsatzbereit gewesen sei, und dass zeitweise nur zwischen zwei und sieben F/A-18 zur Verfügung gestanden hätten. Das VBS ordnete daraufhin eine Administrativuntersuchung an. Die zuständige Subkommission der GPK-N beschloss in der Folge, sich die Ergebnisse dieser Untersuchung und die daraufhin getroffenen Massnahmen vorstellen zu lassen. Zugleich wollte sie sich auch über den Schutz des Schweizer Luftraums durch die Armee und insbesondere über den Luftpolizeidienst bzw. über den Aufbau der permanenten Interventionsfähigkeit (24-Stunden-Luftpolizeidienst) informieren lassen.

Mit dieser Zielsetzung behandelte sie an ihrer Sitzung vom 21. März 2016 den Schlussbericht der Administrativuntersuchung und hörte den Kommandanten der Luftwaffe, Korpskommandant Aldo C. Schellenberg, an. Sie nahm dabei als zentrales Ergebnis aus der Administrativuntersuchung zur Kenntnis, dass sich die Berichte der Medien, wonach zeitweise nur zwei Kampfjets zur Verfügung gestanden waren, als falsch erwiesen hatten. Ebenso wurde deutlich, dass in den SAP-Systemen der Luftwaffe jederzeit ersichtlich war und ist, wo sich die Flugzeuge befinden und ob sie einsatzbereit sind. Der Kommandant der Luftwaffe informierte die Kommission in diesem Zusammenhang auch über die Verfügbarkeitsplanung der Luftwaffe, die Zusammenarbeit der Luftwaffe mit der RUAG bei der Wartung der Flugzeuge und die Flottenentwicklung der F/A-18.

Er erläuterte anschliessend den stufenweisen Aufbau der permanenten Interventionsfähigkeit. Dass der 24-Stunden-Luftpolizeidienst erst ab Ende 2020 realisiert werden kann, begründete der Kommandant der Luftwaffe damit, dass dabei viele Stellen involviert seien und es nicht nur Flugzeuge und Piloten brauche, sondern auch viel Personal am Boden. Ein wichtiger Engpass liege dabei u. a. bei Skyguide, welche für den militärischen Fluglotsendienst verantwortlich ist. Diese müsse nun zusätz3772

BBl 2017

liche Lotsen rekrutieren und ausbilden, wobei die Ausbildung fünf bis sechs Jahre dauere.

Die GPK-N zeigte sich mit den erhaltenen Informationen zufrieden und beschloss, das Thema nicht weiterzuverfolgen.

3.6

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.6.1

Abklärungen zur «Just Culture»-Problematik

Beim Dienststellenbesuch beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) vom 18. August 2015 wurde die GPK-N auf die Empfehlung der Internationalen Atomenergie-Organisation (International Atomic Energy Agency; IAEA) aufmerksam, welche eine Entwicklung zu einer sogenannten «Just Culture» zum Gegenstand hat. Dabei handelt es sich um das Streben nach einer nachhaltigen Fehlerkultur in sicherheitsrelevanten Unternehmen und Institutionen von grosser Bedeutung. Es soll die richtige Balance zwischen einer (strafrechtlichen) Sanktionierung von Fehlern einerseits und der Schaffung von Anreizen zur Fehlermeldung andererseits erreicht werden.

Die GPK-N wandte sich darauf per Brief vom 22. März 2016 an den Bundesrat und ersuchte diesen um eine umfassende und bereichsübergreifende Überprüfung der «Just Culture»-Problematik, bei welcher insbesondere juristische Fragen und der allfällige Handlungsbedarf bezüglich einer «Just Culture»-förderlichen Anpassung der strafrechtlichen Sanktionen zu erwägen seien. In seiner brieflichen Antwort vom 3. Juni 2016 nahm der Bundesrat detailliert Stellung, identifizierte jedoch grundsätzlich keinen Handlungsbedarf bezüglich der strafrechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf eine Stärkung der «Just Culture». Der Bundesrat sieht im Rahmen der «Just Culture» zurzeit vor allem in drei Angelegenheiten allfällige Aktionen auf Stufe Bund als angebracht: Erstens, die strafrechtlich relevanten Sicherheitsverstösse im Zusammenhang mit kritischen Infrastrukturen von nationaler Bedeutung; zweitens, eine allfällige Anpassung des Öffentlichkeitsgesetzes in Bezug auf die «Just Culture»; und drittens ortet der Bundesrat gegenwärtig vor allem wirtschaftliche und weniger regulatorische Herausforderungen im Energiebereich, die Anlass zur Sorge im Zusammenhang mit der Sicherheitkultur geben. Im Brief vom 3. Juni 2016 wies der Bundesrat ausserdem darauf hin, dass das zuständige Fachdepartement (UVEK) nicht überzeugt ist, dass die eingangs erwähnte Empfehlung der IAEA bezüglich einer Anpassung der strafrechtlichen Normen zu einer tatsächlichen Verbesserung der nuklearen Sicherheit führen würde.

Die GPK-N forderte den Bundesrat mit Brief vom 12. Juli 2016 auf, den Handlungsbedarf im Hinblick auf gesetzliche Anpassungen der Kernenergiegesetzgebung bzw. der diesbezüglichen strafrechtlichen
Bestimmungen regelmässig zu prüfen und dabei seine Einschätzung der Dringlichkeit den sich allenfalls ändernden Umständen anzupassen. Mit Brief vom 13. September 2016 bestätigte die Departementsvorsteherin des UVEK, dass diese Forderung umgesetzt werde. Die GPK-N nahm an ihrer Sitzung vom 10. November 2016 den Brief zur Kenntnis und identifizierte keinen weiteren Handlungsbedarf.

3773

BBl 2017

3.6.2

Gefälschte Qualitätskontrollen bei Areva im Zusammenhang mit dem AKW Beznau

Ende Mai 2016 wurde bekannt, dass bei etwa 400 Bauteilen von Kernkraftwerken Unregelmässigkeiten bei der Dokumentation entdeckt worden waren. Die betroffenen Bauteile wurden seit 1965 im Schmiedewerk Creusot Forge produziert, welches zum Areva-Konzern gehört.

Die französische Atomaufsichtsbehörde (Autorité de sureté nucléaire; ASN)) informierte in der Folge das ENSI, dass bei gewissen Bauteilen für Reaktordruckbehälter Unregelmässigkeiten aufgetaucht waren. Es handelte sich um Unstimmigkeiten, Veränderungen oder Weglassungen in den Dokumenten der verschiedenen Bauteile.

Der Reaktordruckbehälter, der in Beznau I im Einsatz ist, stammt aus dem fraglichen Schmiedewerk. In diesem Behälter wurden bereits im März 2015 im Rahmen von Kontrollen 925 Materialfehler entdeckt, woraufhin dieser Reaktor heruntergefahren und der Betrieb vorläufig eingestellt worden ist.

Die GPK-S forderte die Departementsvorsteherin des UVEK zu einer Stellungnahme unter Einbezug des ENSI auf und wollte insbesondere wissen, ob der Reaktordruckbehälter tatsächlich von den entdeckten Unregelmässigkeiten betroffen sei, ob ein Zusammenhang zu den Materialfehlern bestehe und ob dies einen Einfluss auf die nukleare Sicherheitslage in der Schweiz habe.

Das ENSI kam ­ nach einer Konsultation sämtlicher Kernkraftwerke in der Schweiz ­ zum Schluss, dass zwar sowohl in Beznau als auch in Leibstadt Schmiedeteile aus dem fraglichen Schmiedewerk verarbeitet und eingebaut waren, diese jedoch nachweislich nicht von den Unregelmässigkeiten betroffen seien, da jeweils eine komplette Dokumentation vorliege. Dies wurde auch durch Areva bestätigt. Zudem haben das ENSI und weitere Fachexperten die Herstellungsunterlagen des Reaktordruckbehälters von Beznau I umfassend geprüft.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass die gefundenen Materialfehler ­ welche zur Abschaltung des Reaktors geführt hatten ­ nicht durch den Betrieb der Anlage, sondern durch den Herstellungsprozess verursacht worden sind und nicht im Zusammenhang mit den vorgebrachten Unregelmässigkeiten im Schmiedewerk Creusot Forge stehen.

Die Fragen der GPK-S wurden zufriedenstellend beantwortet. Die Ausführungen des UVEK sind nachvollziehbar und verständlich. Aufgrund der erhaltenen Informationen hat die GPK-S entschieden, keine weiteren Massnahmen im Zusammenhang mit Areva zu treffen
und das Thema abzuschliessen.

Die Frage, unter welchen Umständen und Voraussetzungen die Betreiberin (Axpo) von Beznau I den Reaktor wieder hochfahren und ans Stromnetz anschliessen kann, bildete nicht Bestandteil der vorliegenden Untersuchung.

3774

BBl 2017

3.6.3

Forschungsprojekt im BAZL

Aufgrund eines Artikels im Tagesanzeiger vom 14. Mai 2016, der die Einstellung von Fördergeldern zugunsten eines Forschungsprojektes für Flugzeugantriebe thematisierte, beschloss die GPK-S, sich beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) per Brief vom 1. Juli 2016 informieren zu lassen. Sie verlangte eine Stellungnahme bezüglich des im Artikel dargelegten Sachverhaltes und der ergriffenen Massnahmen sowie weitere Informationen im Zusammenhang mit den unterstützten Forschungsprojekten (Art, Umfang und Evaluationsverfahren).

Das BAZL antwortete brieflich am 7. September 2016 und nahm detailliert Stellung.

Die rechtliche Grundlage für die Unterstützung von Forschungsprojekten durch das BAZL ergebe sich aus Artikel 86 BV. Der Bund könne Erträge aus der Besteuerung von Flugtreibstoffen zugunsten des Luftverkehrs einsetzen. Das BAZL sei für die Verteilung des Ertrages zuständig. Unterstützt werden Massnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen des Luftverkehrs auf die Umwelt, zur Abwehr widerrechtlicher Handlungen gegen den Luftverkehr (Security) und zur Förderung eines hohen technischen Sicherheitsniveaus (Safety).

Die Kontrollmechanismen des BAZL erlaubten es, Probleme zu erkennen und führten zur Einstellung der Auszahlung von Fördergeldern zugunsten der betroffenen Firma. Das BAZL kündigte in der Folge gegenüber der GPK-S an, die Anforderungen an Projektnehmer von Forschungsprojekten anzuheben und fortan nur noch Forschungsprojekte zu unterstützen, bei welchen die Projektnehmer zumindest von einer renommierten Fachhochschule oder einer Universität begleitet werden. Von den für die Forschung zur Verfügung gestellten Geldern könnten Hochschulen, aber auch private Firmen profitieren. Die GPK-S begrüsst diese Massnahme.

An der Sitzung vom 17. Oktober 2016 nahm die GPK-S vom Brief des BAZL Kenntnis und erkannte keinen weiteren Handlungsbedarf.

3.7

Dienststellenbesuche

Ein wichtiges Instrument der GPK sind die Dienststellenbesuche. Dabei besuchen die Subkommissionen ein Amt, ein Gericht oder einen anderen Träger von Bundesaufgaben, um sich im Gespräch mit den Dienstverantwortlichen über die Aufträge, Aufgaben und Kompetenzen der betreffenden Verwaltungsstelle sowie über die laufenden Geschäfte orientieren zu lassen. Im Jahr 2016 führten die GPK folgende Besuche durch: Dienststellenbesuche EDA/VBS

­ Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) ­ Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ­ Staatssekretariat EDA (STS)

EDI/UVEK

­ Bundesamt für Energie (BFE) ­ Bundesamt für Gesundheit (BAG) ­ Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)

3775

BBl 2017

­ Bundesamt für Verkehr (BAV) ­ Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) EFD/WBF

­ ­ ­ ­

EJPD/BK

­ Staatssekretariat für Migration (SEM; zwei Besuche) ­ Bundesamt für Polizei (fedpol) ­ Eidgenössisches Institut für Metrologie (METAS)

3.8

Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) Eidgenössische Zollverwaltung (EZV)

Aufsichtseingaben

Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG sind Hinweise von Privatpersonen oder Organisationen zur Geschäftsführung und zum Finanzgebaren des Bundesrates, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Aufgaben des Bundes, die der Oberaufsicht der eidgenössischen Räte unterstellt sind. Sofern diese auf allfällige Missstände oder Mängel im Rechtsvollzug oder in der Geschäftsführung einer Bundesbehörde hinweisen, werden sie den GPK zugewiesen.

Im vergangenen Jahr erhielten die GPK 22 Aufsichtseingaben, wovon 19 abschliessend behandelt konnten. Im gleichen Zeitraum bearbeiteten die Kommissionen vier weitere Eingaben, die während des Vorjahres eingereicht worden waren.

4

Staatsschutz und Nachrichtendienste

4.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel

Die GPDel überwacht im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht die Aktivitäten des Bundes im Bereich des zivilen und militärischen Nachrichtendienstes. Konkret beaufsichtigt die GPDel den zivilen Nachrichtendienst des Bundes (NDB), welcher für den Inlandnachrichtendienst (Staatsschutz) und den Auslandnachrichtendienst zuständig ist. Die GPDel kontrolliert auch die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten der Armee, insbesondere diejenigen des Militärischen Nachrichtendiensts (MND), sowie des Zentrums für Elektronische Operationen (ZEO), welches auch Funkaufklärungsaufträge für den NDB und den MND ausführt. Die gerichtspolizeilichen Verfahren der BA im Bereich des Staatsschutzes sind ebenfalls Gegenstand der Oberaufsicht durch die GPDel.

Die GPDel ist ein ständiger Ausschuss der beiden GPK, in dem auch eine Nichtregierungspartei vertreten ist. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der GPK-N und der GPK-S zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihr Präsidium in der Regel für zwei Jahre.

Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG): Sie hat das Recht auf Herausgabe von Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrich3776

BBl 2017

tendienste als geheim klassifiziert werden. Weiter erhält die GPDel laufend die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. Sie kann ausserdem die Protokolle der Bundesratssitzungen herausverlangen.

Ebenso wie die GPK legt auch die GPDel den Schwerpunkt ihrer Kontrolltätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit. Ihre Oberaufsicht versteht die GPDel in erster Linie als Kontrolle darüber, wie die Exekutive ihre Aufsicht wahrnimmt. Der Bundesrat ­ und nicht das Parlament ­ trägt letztlich die Verantwortung für die Tätigkeit der Nachrichtendienste. So prüft die Delegation insbesondere, ob der Bundesrat und das zuständige Departement ihre gesetzlich vorgeschriebene Führungs- und Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen.

4.2

Jährlich wiederkehrende Geschäfte

4.2.1

Berichte der spezialisierten Aufsichtsorgane

Das VBS ist verpflichtet, eine Verwaltungskontrolle über den zivilen und den militärischen Nachrichtendienst einzurichten und dafür jährlich einen Kontrollplan zu erlassen. Dies entspricht Artikel 8 des Bundesgesetzes über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG) 41 in Verbindung mit Artikel 26 Absatz 1 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS)42 und Artikel 99 Absatz 5 des Militärgesetzes (MG)43.

Diese Nachrichtendienstliche Aufsicht (ND-Aufsicht) arbeitet im Auftrag des Vorstehers des VBS. Ihr jährlicher Kontrollplan wird vorgängig mit den Arbeiten der GPDel abgestimmt. Die ND-Aufsicht konnte im Jahr 2016 sechs Inspektionen abschliessen. Die GPDel liess sich alle Berichte dazu präsentieren.

Eine der Inspektionen überprüfte die Umsetzung der 141 Empfehlungen, welche die ND-Aufsicht seit 2009 an den Vorsteher des VBS gerichtet hatte. Davon betrafen 135 Empfehlungen den NDB und sechs den MND, respektive die Armee. Alle waren vom Departementsvorsteher akzeptiert und zur Umsetzung an den betroffenen Dienst weitergeleitet worden. Im Allgemeinen beurteilte die ND-Aufsicht die Umsetzung der Empfehlungen als zufriedenstellend.

Weitere Inspektionen der ND-Aufsicht betrafen die Zusammenarbeit des NDB mit den Kantonen, die Kundenorientierung des NDB sowie die Informatikunterstützung für den MND und die nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Armee.

Das NDG sieht gemäss den Artikeln 76­78 neu eine unabhängige Aufsichtsbehörde über den Nachrichtendienst vor. Diese Bestimmungen ersetzen die bisherigen Vorgaben für eine Verwaltungskontrolle. Um den rechtzeitigen Aufbau der neuen Behörde sicherzustellen, hatte die GPDel am 5. November 2015 den Bundesrat so rasch wie möglich um einen Zeitplan für die Wahl ihres Leiters und die Verabschie41 42 43

Bundesgesetz vom 3. Okt. 2008 über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG; SR 121) Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) Bundesgesetz vom 3. Febr. 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10)

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dung ihrer Geschäftsordnung gebeten. Gleichzeitig sollte der GPDel auch erläutert werden, wie das VBS seine weiterhin bestehenden Aufsichtspflichten nach Inkrafttreten des NDG wahrnehmen will.

Am 16. März 2016 erhielt die GPDel vom Vorsteher des VBS einen detaillierten Zeitplan. An der Aussprache vom 24. November 2016 informierte der Vorsteher des VBS über den Aufbau der neuen Behörde.44 In einer Verordnung über die nachrichtendienstliche Aufsicht sollte der Bundesrat die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Aufsichtsorganen regeln.

Der NDB verfügt über eine eigene Qualitätssicherungsstelle, die ursprünglich für die Kontrolle der Personendaten von ISIS45 geschaffen worden war. Mit der Totalrevision der Verordnung über die Informationssysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (ISV-NDB)46 von 2014 erhielt diese Stelle zusätzlich den Auftrag, mit regelmässigen Kontrollen dafür zu sorgen, dass die periodische Überprüfung der Personendaten im Informationssystem Äussere Sicherheit (ISAS) vorschriftsgemäss erfolgt (vgl. Ziff. 4.3.2). Überdies hat sie strichprobenweise die Datenbearbeitung in den übrigen Informationssystemen des NDB zu kontrollieren, namentlich in der elektronischen Lagedarstellung (ELD), im Informatikmodul P4, im Geschäftsverwaltungssystem (Gever NDB) sowie im Zwischenspeicher OSINT. Am 22. Februar 2016 liess sich die GPDel vom interimistischen Leiter der Qualitätssicherungsstelle die Berichte präsentieren, die er aufgrund seiner Stichproben zuhanden des Direktors des NDB verfasst hatte. In mehreren Fällen ergaben sich aus den Überprüfungen Empfehlungen, die nachher vom Dienst auch umgesetzt wurden.

Eine unabhängige Kontrollinstanz (UKI) überprüft nach Artikel 4b ZNDG die Rechtmässigkeit der Funkaufklärung. Nach Artikel 9 der Verordnung über die elektronische Kriegführung und die Funkaufklärung (VEKF)47 erstattet die UKI dem Vorsteher des VBS jährlich zuhanden des Bundesrates Bericht. Nach der Behandlung durch den Bundesrat bringt das VBS den Bericht der GPDel zur Kenntnis. Die GPDel bespricht den Bericht jeweils mit der UKI, was dieses Jahr am 26. Mai 2016 erfolgte.

Laut der VEKF hat die UKI drei Mitglieder. Sie sind Angehörige der Bundesverwaltung (BJ, BAKOM und GS-VBS)48 und ihre Tätigkeit für die UKI erfolgt nach dem Milizprinzip. In den beiden letzten Jahren führte die UKI
jedes Jahr fünf Besuche vor Ort durch, was rund dreieinhalb Arbeitstage in Anspruch nahm. Daneben traf sich die UKI auch mehrmals zu internen Besprechungen und Vorbereitungsarbeiten.

Gemäss Artikel 79 Absatz 1 NDG wird die UKI zukünftig nicht nur die Funkaufklärung überprüfen, sondern auch den Vollzug der genehmigten und freigegebenen 44 45 46 47 48

Parlamentarische Oberaufsicht über die Umsetzung des NDG, Medienmitteilung der GPDel vom 25. Nov. 2016 Vor dem Jahr 2010 stand ISIS für «informatisiertes Staatschutzinformationssystem», danach bedeutete die Abkürzung «Informationssystem Innere Sicherheit» Verordnung vom 8. Okt. 2014 über die Informationssysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (ISV-NDB; SR 121.2) Verordnung vom 17. Okt. 2012 über die elektronische Kriegführung und Funkaufklärung (VEKF; SR 510.292) Neuwahl der Unabhängigen Kontrollinstanz für die Funkaufklärung, Medienmitteilung des VBS vom 18. Nov. 2015

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Aufträge zur Kabelaufklärung beaufsichtigen. Als die GPDel am 5. November 2015 den Bundesrat gebeten hatte, sie zu den Entwürfen der Verordnungen zum NDG zu konsultieren, verlangte sie bis Mitte 2016 auch Auskunft darüber, welche zusätzlichen personellen Ressourcen die UKI für diese Aufgabe benötigen werde.

Am 10. Juni 2016 antwortete der Vorsteher des VBS, dass eine genaue Angabe zum zusätzlichen Aufwand der UKI zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sei. Im Sinne einer groben Schätzung gehe die UKI von fünf zusätzlichen Arbeitstagen pro Jahr und Person aus. Laut dem Schreiben des Vorstehers des VBS stehe für die UKI eine Aufstockung der Mitglieder nicht im Vordergrund, da aufgrund der derzeitigen Arbeitsweise die bestehenden Mitglieder dadurch nicht wesentlich entlastet würden.

4.2.2

Berichte der EFK

Ziffer 7 der Vereinbarung der FinDel und der GPDel betreffend die Oberaufsicht über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste vom 6. Dezember 2006 sieht vor, dass im Rahmen der Zusammenarbeit der beiden Delegationen die EFK mit Überprüfungen beauftragt werden kann.

So hatte die FinDel im Nachgang zur gemeinsamen Sitzung mit der GPDel vom 17. Dezember 2014 die EFK um eine Überprüfung des Projekts IASA NDB (Informations- und Analyse-System All Source des NDB) gebeten. Anlass dazu waren die Kosten des Projekts, die gegenüber der Schätzung der EFK in einem Bericht 49 zu IASA NDB aus dem Jahr 2012 merklich angestiegen waren. Dieser Bericht hatte den Aufwand für die Realisierung des Teils der Systemanforderungen, die erst im Rahmen des Nachfolgeprojekts WESIS (Weiterentwicklung SIDRED und IASASysteme) programmiert werden konnten, noch nicht berücksichtigt. Den zweiten Bericht50 zu IASA NDB präsentierte die EFK der GPDel und der FinDel am 27. Juni 2016, als die beiden Delegationen ihr jährliches Treffen abhielten.

An diesem Tag präsentierte die EFK auch ihre Schlussfolgerungen bezüglich der Anwendung der Richtlinien vom 8. Dezember 2009, mit denen der Vorsteher des VBS die Berichterstattung bei klassifizierten Projekten an die beiden Delegationen geregelt hatte. Im Jahr 2014 hatte das VBS die Gültigkeit der Richtlinien um weitere fünf Jahre verlängert. Da die beiden Delegationen jedoch Zweifel an ihrer Praxistauglichkeit hatten, baten sie die EFK um eine Überprüfung.51 In ihrem Bericht vom 24. Mai 2016 kam die EFK zum Schluss, dass die Berichterstattung des VBS keine genügende Beurteilung über die Projektstände und Steuermassnahmen erlaubte. Die Oberaufsicht benötigt jedoch Angaben über die Risiken, Erfolgsaussichten und allenfalls eingeleiteten Korrekturmassnahmen sowie Hinweise darauf, ob mit den für das konkrete Projekt gesprochenen Mitteln auch die 49 50 51

Projekte ISDACO und IASA NDB, Prüfbericht der EFK zuhanden von FinDel und GPDel vom 10. Aug. 2012 Projekte IASA NDB und WESIS, Nachrichtendienst des Bundes, Prüfbericht der EFK vom 12. Okt. 2015 Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 4.2.3 (BBl 2016 6241, hier 6311)

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ursprünglichen, mit dem Kreditbegehren eingereichten Projektziele termingerecht erreicht werden können.

Die EFK empfahl deshalb dem VBS, die Richtlinien umgehend und ersatzlos aufzuheben und der GPDel konkrete Vorschläge zur künftigen Berichterstattung zu unterbreiten. Weiter empfahl die EFK, die Übernahme von nicht erfüllten Anforderungen in ein Folgeprojekt zwingend im Projektabschlussbericht auszuweisen und bei der Definition des Folgeprojekts die Notwendigkeit dieser nicht erfüllten Anforderungen nochmals zu überprüfen.

Das VBS akzeptierte die Empfehlungen der EFK, wollte aber die Konzeption der neuen Berichterstattung erst Mitte 2017 an die Hand nehmen. Die GPDel bat jedoch mit Schreiben vom 1. September 2016 den Vorsteher des VBS, umgehend neue Vorschläge zu entwickeln, wie die Berichterstattung bereits für das Jahr 2017 neu konzipiert werden könne. Im Gegenzug war die GPDel bereit, im Jahr 2016 auf die bisherige Form der Berichterstattung zu verzichten.

Am 27. September 2016 antwortete der Vorsteher des VBS, das Departement werde der GPDel einen Vorschlag für eine aussagekräftigere Berichterstattung über die klassifizierten Projekte unterbreiten. Die erste Aussprache darüber führte die GPDel am 23. November 2016 mit dem zuständigen Vertreter des VBS.

In den ersten Jahren des NDB hatte die EFK regelmässig die Jahresrechnung des Dienstes überprüft. Nebst der FinDel erhielt auch die GPDel jeweils eine Kopie der Prüfberichte, die sich als nützlich erwiesen. Am 17. Februar 2016 eröffnete die EFK dem VBS, dass auf eine Weiterführung der jährlichen Rechnungsprüfung verzichtet werde.

Am 29. Februar 2016 brachte die GPDel ihre Bedenken über eine solche Entwicklung in einem Brief an die FinDel zum Ausdruck. An der gemeinsamen Aussprache mit der GPDel und der FinDel vom 27. Juni 2016 erklärte der Direktor der EFK daraufhin, dass er nicht eine Beschränkung, sondern eine Ausweitung des Prüfungsansatzes gegenüber dem NDB verfolge.

Das neue Konzept hatte die EFK bereits auf den Bericht für 2016 angewandt. Im Bericht vom 16. Juni 2016 konzentrierte sich die Finanzaufsicht auf die Rechnungsführung in der Informationsbeschaffung, deren Transparenz durch die notwendige Geheimhaltung erschwert wird. Eine Kontrolle der übrigen Rechnung des NDB erfolgte jedoch nicht mehr.

Im Bericht informierte die EFK
auch über ihre Nachkontrolle zur Inspektion von IASA NDB. Das Nachfolgeprojekt WESIS war am 1. November 2015 gestartet worden. Die weiteren Arbeiten an IASA NDB waren gemäss EFK auf Kurs. Die Arbeiten am Teilprojekt zur Realisierung des Informatikanschlusses der kantonalen Nachrichtendienste könnten laut EFK jedoch nicht vor der Referendumsabstimmung zum NDG beginnen. Somit könnte die Zeit nicht ausreichen, um die Informatiklösung für die Kantone auf den voraussichtlichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des NDG zu realisieren.

Die EFK begrüsste dieses Vorgehen, weil damit das Risiko vermieden werden konnte, im Falle eines negativen Ausgangs des Referendums bereits getätigte Investitionen abschreiben zu müssen. In der Beurteilung der EFK fand die Tatsache, dass 3780

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es Artikel 46 Absatz 1 NDG den kantonalen Vollzugsbehörden verbietet, eigene Datensammlungen in Anwendung des Gesetzes zu führen, hingegen keine Erwähnung. Deshalb stellte sich für die GPDel die Frage, welche Informationssysteme den kantonalen Nachrichtendiensten zur Verfügung stehen würden, falls bei der Inkraftsetzung des NDG die Informatiklösung des NDB für die Kantone noch nicht verfügbar wäre. Als Oberaufsicht hielt es die GPDel für ihre Aufgabe, die verantwortlichen Stellen auf diese Problematik hinzuweisen.

Mit Schreiben vom 31. August 2016 bat die GPDel den Vorsteher des VBS, abzuklären, wie der NDB sicherstellen könne, dass den kantonalen Nachrichtendiensten ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des NDG alle vorgeschriebenen und notwendigen Informatikinstrumente zur Verfügung stehen würden. In seinem Antwortschreiben vom 28. September 2016 versicherte der Vorsteher des VBS der GPDel, dass der Anschluss der Arbeitsplätze für die Kantone auf den 1. September 2017, den geplanten Termin für die Inkraftsetzung des NDG, erfolgen werde. Laut Projektplanung von WESIS würde das betreffende Teilprojekt auf dieses Datum abgeschlossen. An der Aussprache vom 24. November 2016 beantwortete der Vorsteher des VBS der GPDel noch weitere Fragen zu den Projektarbeiten.

4.2.3

Genehmigungen und Berichte des Bundesrates

Das VBS unterbreitet dem Bundesrat jährlich die Beobachtungsliste zur Genehmigung und bringt sie danach der GPDel zur Kenntnis (Art. 11 Abs. 7 BWIS). Die GPDel kontrolliert, ob die Organisationen und Gruppierungen, die auf der Liste geführt werden, den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Zusammen mit der Beobachtungsliste beschliesst der Bundesrat auch jedes Jahr, welche Vorgänge von bestimmten Stellen des Bundes dem NDB zu melden sind (Art. 11 Abs. 2 BWIS). Mit dieser Liste der regelmässigen Meldungen bestimmt der Bundesrat beispielsweise, welche Nationalitäten von den Grenzkontrollbehörden für das Fahndungsprogramm «Fotopass» des NDB erfasst werden. 52 Als der Bundesrat am 6. Juli 2016 die Liste revidierte, verdoppelte er die Anzahl Staaten, deren Angehörige dem NDB beim Grenzübertritt gemeldet wurden. Begründet wurde dies vor allem mit der erhöhten Terrorismusbedrohung.

Die Liste der regelmässigen Meldungen regelt weiter, welche Vorab-Passagierinformationen, auch API-Daten (Advance Passenger Information) genannt, das Staatssekretariat für Migration (SEM) an den NDB weiterleiten muss. 53 Gestützt auf Artikel 104 des Ausländergesetzes (AuG)54 legt das SEM mittels Verfügung fest, für welche Abgangsflughäfen die Luftverkehrsgesellschaften ihm die API-Daten zustel-

52 53 54

vgl. Ziff. 4.2.4.

Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 4.2.2 (BBl 2016 6241, hier 6308) Bundesgesetz vom 16. Dez. 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20)

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len müssen. Im Jahr 2015 hatte das SEM fünf zusätzliche Abgangsflughäfen der Meldepflicht unterstellt.55 Der NDB interessierte sich ebenfalls für einen Teil der Daten, die das SEM neu aufgrund der Ausweitung der Meldepflichten erhielt. Am 13. Mai 2016 informierte der NDB das SEM über seine Absicht, weitere Abgangsflughäfen auf die Liste der regelmässigen Meldung zu setzen. Das SEM sah keine Hinderungsgründe dagegen und der Bundesrat beschloss am 6. Juli 2016 eine entsprechende Aktualisierung der Liste.

Im erwähnten Schreiben vom 13. Mai 2016 hatte der Direktor des NDB überdies den Staatssekretär des SEM um Bescheid gebeten, ob das SEM noch drei zusätzliche Abgangsflughäfen der Meldepflicht unterstellen könne. Mit Schreiben vom 19. Mai 2016 antwortete das SEM jedoch, dass nach der Zweckdefinition von Artikel 104 AuG die Meldepflicht für die Fluggesellschaften lediglich zur Verbesserung der Grenzkontrolle und zur wirksamen Bekämpfung der rechtswidrigen Einreise in den Schengen-Raum eingesetzt werden könne. Das SEM sei zurzeit nicht befugt, die Meldepflicht einzig auf Grund nachrichtendienstlicher Bedürfnisse auf neue Flugstrecken auszudehnen.

Anlässlich der jährlichen Aussprache vom 28. Juni 2016 besprach die GPDel das Vorgehen des NDB und die Antwort des SEM mit der Vorsteherin des EJPD. Diese erläuterte und begründete das Vorgehen des SEM. Die Erhebung der API-Daten sei letztlich ein Instrument zur Bekämpfung der illegalen Migration. Deshalb beziehe das SEM auch die Grenzkontrollbehörden in die Auswahl der Abgangsflughäfen ein.

Das AuG selber sehe eine Nutzung dieser Daten durch den Nachrichtendienst ebenso wenig vor wie ein Antragsrecht des Nachrichtendienstes. Diese Möglichkeit sei im Rahmen einer weiteren Revision des AuG erst noch zu schaffen.56 Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung über den NDB (V-NDB)57 und Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung über den Nachrichtendienst der Armee (V-NDA)58 sehen vor, dass der Bundesrat den Auslandkontakten von NDB und MND zustimmt. Nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat nimmt auch die GPDel die Liste der Kontakte zur Kenntnis. Als die GPDel im Oktober 2016 die Liste zur Kenntnis nahm, durfte sie feststellen, dass der jahrelange Verbesserungsprozess für die Qualität der Berichterstattung die gewünschten Früchte getragen hatte.

Nach Artikel 8 ZNDG in Verbindung
mit Artikel 26 Absatz 2 BWIS und nach Artikel 99 Absatz 3 Buchstabe c MG hat der Bundesrat zwischenstaatliche Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem NDB bzw. dem MND und ausländischen Partnern zu genehmigen. Im Jahr 2014 hatte die ND-Aufsicht den Auftrag erhalten, alle Vereinbarungen, die zwischen dem NDB und ausländischen Stellen in Kraft sind,

55 56 57 58

Verfügung betreffend die Meldepflicht der Luftverkehrsunternehmen gemäss Art. 104 AuG (BBl 2015 5961) Anpassungen des Ausländergesetzes: Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, Medienmitteilung des Bundesrates vom 22. Juni 2016 Verordnung vom 4. Dez. 2009 über den Nachrichtendienst des Bundes (V-NDB; SR 121.1) Verordnung vom 4. Dez. 2009 über den Nachrichtendienst der Armee (V-NDA; SR 510.291)

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mit Unterstützung des BJ zu überprüfen.59 In ihrem Bericht vom 24. Juli 2015 hatte die ND-Aufsicht zu jeder Vereinbarung eine Beurteilung abgegeben, ob sie einer nachträglichen Genehmigung durch den Bundesrat bedurfte. Auf Empfehlung seines internen Aufsichtsorgans wies der Vorsteher des VBS im September 2015 den NDB an, diese Verträge nachträglich dem Bundesrat vorzulegen. Am 20. April 2016 stimmte dann der Bundesrat allen vorgelegten bilateralen und multilateralen Vereinbarungen des NDB zu.

Seit Inkraftsetzung der letzten Revision des BWIS im Jahr 2012 können Mitarbeitende des NDB und der kantonalen Staatsschutzorgane sowie Informanten mit Tarnidentitäten ausgestattet werden. Nach Artikel 27 Absatz 1 BWIS hat der Bundesrat die GPDel jährlich darüber zu informieren. Diese Berichterstattung erfolgte erstmals im Jahr 2014.

Artikel 9 BWIS erlaubt es dem Bundesrat nach Anhörung des NDB, einer natürlichen Person, Organisation oder Gruppierung eine Tätigkeit zu verbieten, wenn diese die Sicherheit der Schweiz konkret gefährdet. Der Bundesrat hat die GPDel jährlich über solche Verbote zu informieren (Art. 27 Abs. 1ter BWIS). Mit seinem Bericht vom 29. Juni 2016 meldete der Bundesrat, dass weiterhin ein Tätigkeitsverbot gegen eine Person in Kraft ist.

Der Bundesrat informiert die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit jährlich über seine Beurteilung der Bedrohungslage und über die Tätigkeiten der Sicherheitsorgane des Bundes im Bereich der inneren Sicherheit (Art. 27 Abs. 1 BWIS).

Die Publikation erfolgt seit dem Jahr 2010 als Anhang des Geschäftsberichtes des Bundesrates, den die GPDel jedes Jahr zur Kenntnis nimmt.

4.2.4

Berichte des Departementes

Laut Artikel 16 V-NDB gehören Tarnpapiere und Legenden zu den Methoden der verdeckten Informationsbeschaffung im Ausland.60 Die Mittel und Methoden sowie die besonderen Schutzmassnahmen für die Führungsoffiziere des NDB sind im nicht publizierten Anhang 2 der V-NDB geregelt. Dieser Anhang verlangt, dass der Vorsteher des VBS dem Sicherheitsausschuss des Bundesrates (SiA) jährlich Bericht über die Zahl der neu ausgestellten und der sich bereits im Umlauf befindlichen Ausweispapiere erstattet. Am 22. Februar 2016 liess sich die GPDel diesen Bericht zusammen mit der Berichterstattung des Bundesrates über die Verwendung von Tarnidentitäten präsentieren.

Laut Artikel 24 Absatz 5 V-NDB hat der NDB jährlich die einzelnen Operationen, die er mit menschlichen Quellen führt, zuhanden des Vorstehers des VBS und der Aufsichtsorgane zu beurteilen. Als parlamentarische Oberaufsicht hat die GPDel primär zu kontrollieren, ob und wie die vorgeschriebene Beurteilung NDB-intern durchgeführt und dem Vorsteher des VBS zur Kenntnis gebracht worden ist.

59 60

Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 4.2.3 (BBl 2016 6241, hier 6310) Jahresbericht 2002/2003 der GPK und GPDel vom 23. Jan. 2004, Ziff. 10.1.3.3 (BBl 2004 1673, hier 1743)

3783

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Im Jahr 2015 hatte der Vorsteher den NDB und die ND-Aufsicht beauftragt, mit einheitlichen Kriterien die jährliche Beurteilung der Operationen zu verbessern.

Damit entsprach der Vorsteher des VBS einem Vorschlag der ND-Aufsicht, den die GPDel unterstützt hatte. Am 27. Juni 2016 präsentierte der NDB der GPDel erstmals die laufenden nachrichtendienstlichen Operationen nach dem neuen Konzept.

Die Berichterstattung lieferte eine gute Grundlage, damit die GPDel gezielt ausgewählte Aspekte der Quellenführung mit dem NDB besprechen konnte, beispielsweise die Kosten oder die Sicherheitsrisiken für die involvierten Personen. Aus Sicht der GPDel kann das entwickelte Beurteilungsraster die Arbeit der Oberaufsicht erleichtern. Noch wichtiger ist jedoch, dass der NDB die systematische Informationsbasis dazu nutzt, um seine eigene Kontrolle und Führung in diesem sensiblen Bereich zu verbessern.

Die V-NDB sieht auch eine jährliche Information der GPDel über die präventiven Fahndungsprogramme und Prüfverfahren vor. Zurzeit betreibt der NDB die Fahndungsprogramme «Fotopass» und «Prophylax». Mit «Fotopass» werden die Grenzübertritte ausländischer Staatsangehöriger von ausgewählter Nationalität erfasst und im System P4 erfasst.

Als die GPDel im Februar 2016 den NDB besuchte, liess sie sich auch die Funktionsweise von «Fotopass» erläutern und die neue Version der Datenbank P4 präsentieren. Letztere ermöglichte seit Ende 2015 die automatische Übernahme der Daten, die an der Grenze erfasst werden. Zuvor mussten die Daten manuell erfasst werden.

Dank des neuen Systems konnten im ersten Halbjahr 2016 zehnmal so viele Grenzübertritte erfasst werden wie der NDB vor der Einführung des Systems jährlich zu registrieren vermochte.

Die GPDel führte im Mai 2016 beim ZEO einen Dienststellenbesuch durch und besprach bei dieser Gelegenheit mit Vertretern von ZEO und NDB den Leistungsausweis zur Funkaufklärung, den diese Stellen zusammen mit dem MND jedes Jahr zuhanden ihres Departementsvorstehers erstellen. Technische Spezialisten von ZEO erläuterten der GPDel auch, wie die Kabelaufklärung nach Artikel 3943 NDG praktisch zu realisieren wäre.

4.2.5

Strafverfolgung im Staatsschutzbereich

Die GPDel lässt sich mindestens einmal pro Jahr von der BA einen Überblick über ihre aktuellen Verfahren im Staatsschutzbereich präsentieren. Über Verfahren, die den Aufgabenbereich der GPDel besonders tangieren, informiert die BA die GPDel auch nach Bedarf; beispielsweise im Fall des Cyber-Spionageangriffs auf die RUAG (vgl. Ziff. 4.4).

Die BA untersteht der direkten Aufsicht der AB-BA, weshalb die GPDel letztere jeweils vorgängig darüber informiert, dass sie die BA zu einer Anhörung einlädt.

Mit ihrer jährlichen Aussprache mit der AB-BA verfolgt die GPDel grundsätzlich zwei Ziele. Erstens beruht ihre Oberaufsicht über die BA auch auf der Beurteilung der AB-BA als spezialisiertes Aufsichtsorgan. Darüber hinaus muss sich die GPDel aber auch vergewissern, dass die AB-BA als Aufsichtsorgan in der Lage ist, ihre 3784

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Aufgabe zu erfüllen, und ihre Mitglieder diesbezüglich ihre Verantwortung wahrnehmen.

Seit dem Jahr 2011 informiert die Vorsteherin des EJPD die GPDel jährlich über die Behandlung der Gesuche der BA um Ermächtigung zur Verfolgung politischer Straftaten nach Artikel 66 des Strafbehördenorganisationsgesetzes (StBOG) 61. Die GPDel interessiert sich vor allem dafür, ob der politische Entscheid durch das EJPD oder allenfalls den Bundesrat jeweils innert angemessener Frist erfolgt.

4.2.6

Nichtpublizierte Rechtstexte und Staatsverträge

Nach Artikel 9 der Publikationsverordnung (PublV)62 erstattet die BK der GPDel jährlich Bericht über die Erlasse und völkerrechtlichen Verträge, die gestützt auf Art. 6 des Publikationsgesetzes (PublG)63 aus Gründen der inneren und äusseren Sicherheit in der Amtlichen Sammlung (AS) nicht publiziert werden. Die Berichterstattung an die GPDel begann im Jahr 2006. In den letzten Jahren galt die Aufmerksamkeit der GPDel primär der Qualität der nicht publizierten Erlasse. Im Jahr 2015 verschob sich der Fokus der Oberaufsicht auf die Vollständigkeit der Berichterstattung, insbesondere bezüglich der Staatsverträge. 64 Im Jahr 2016 informierte die BK die GPDel, dass armasuisse nicht in der Lage war, gegenüber der BK die relevanten Verträge im Bereich Rüstungskooperation zu nennen. Bereits im Oktober 2015 hatte die GPK-S darauf hingewiesen, dass armasuisse die Durchführungsvereinbarungen im Rüstungsbereich nicht publiziere und auch intern keinen Überblick über diese Abkommen habe.65 Vom NDB wiederum erhielt die BK keine Angaben, weil der Dienst es ablehnte, an der Berichterstattung der BK zuhanden der GPDel mitzuwirken.

Nach Artikel 48a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG) 66 erhält die Bundesversammlung jährlich einen Bericht über alle völkerrechtlichen Verträge, die vom Bundesrat, den Departementen, den Gruppen oder den Bundesämtern abgeschlossen wurden. Der Bericht enthält keine klassifizierten Abkommen und wird jeweils vom EDA zu Handen des Bundesrats vorbereitet.67 Seit Anfang 2016 sieht nun Artikel 48a Absatz 2 RVOG vor, dass die Abkommen, die aufgrund von Artikel 6 PublG nicht veröffentlicht werden, ausschliesslich der GPDel zur Kenntnis gebracht werden.

61 62 63 64 65 66 67

Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (StBOG; SR 173.71) Verordnung vom 7. Okt. 2015 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (PublV; SR 170.512.1) Bundesgesetz vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (PublG; SR 170.512) Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 4.2.5 (BBl 2016 6241, hier 6313) Internationale Kooperationen bei der militärischen Ausbildung und Rüstung, Bericht der GPK-S vom 6. Okt. 2015 (BBl 2016 1391, hier 1395) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010) vgl. z. B. Bericht des Bundesrates vom 25. Mai 2016 über die im Jahr 2015 abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge (BBl 2016 5371)

3785

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Materiell deckt sich diese Bestimmung mit Artikel 9 PublV, der auf gleiche Art und Weise auch die Berichterstattung zu den nichtpublizierten Erlassen regelt. Artikel 6 PublG (Ausnahmen von der Publikationspflicht) ist allerdings nicht auf Verträge anwendbar, die gar nicht publikationspflichtig sind. Darunter fallen grundsätzlich alle Verträge von begrenzter Tragweite nach Artikel 7a Absatz 3 RVOG, die nach Artikel 3 Absatz 3 PublG i. V. m. Artikel 2 PublV nicht in der AS publiziert werden müssen. Dies betrifft insbesondere die vertraulichen und geheimen Abkommen, die von Departementen, Gruppen oder Ämtern abgeschlossen werden. Somit werden gerade solche Verträge von der Berichterstattungspflicht an die GPDel nicht erfasst.

Am 13. April 2016 nutzte die GPDel die Behandlung des jährlichen Berichtes nach Artikel 9 PublV, um mit dem Leiter des Rechtsdienstes der BK und dem Chef der Sektion Staatsverträge der Direktion für Völkerrecht (DV) die Zweckmässigkeit der Bestimmung für die Berichterstattung nach Artikel 48a Absatz 2 RVOG zu besprechen. Die DV registriert in einer Datenbank alle Abkommen, welche die Eidgenossenschaft abgeschlossen hat. Voraussetzung ist jedoch eine Meldung der Texte durch die Departemente. Geheime Abkommen werden der DV grundsätzlich nicht gemeldet und sind in der Datenbank nicht enthalten.

Aufgrund ihrer Abklärungen empfahl die GPDel mit Schreiben vom 25. Mai 2016 dem Bundesrat, Artikel 48a Absatz 2 RVOG bei der nächsten Revision des Gesetzes so zu korrigieren, dass der GPDel alle Abkommen gemeldet werden müssen, die geheim oder vertraulich sind, unabhängig davon, ob sie überhaupt publikationspflichtig gewesen wären. Gleichzeitig regte die GPDel an, die jährliche Berichterstattung an sie über Erlasse einerseits und völkerrechtliche Verträge andererseits in separaten Bestimmungen zu regeln. Dementsprechend könnte sich Artikel 9 PublV auf die Berichterstattung über die nichtpublizierten Erlasse beschränken.

Weiter hielt es die GPDel für notwendig, dass der Bundesrat jederzeit über die vertraulichen und geheimen internationalen Verpflichtungen, welche die Eidgenossenschaft eingegangen ist, Bescheid weiss. Die Delegation schlug deshalb dem Bundesrat vor, dass eine solche Übersicht zentralisiert geführt wird.

Diese Forderung hatte die GPDel bereits in ihrem Inspektionsbericht
zu den geheimen Abkommen der Schweiz vom 26. April 1999 gestellt.68 Der Bundesrat verpflichtete sich mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 dazu, dass das VBS die DV zukünftig in geeigneter Form über die klassifizierten Abkommen informieren werde.

Eine solche Praxis, die auch für die Vereinbarungen mit ausländischen Nachrichtendiensten hätten gelten sollen, hatte sich jedoch nie herausgebildet.

In ihrem Schreiben bat die GPDel den Bundesrat bis Ende 2016 zu den Empfehlungen der GPDel Stellung zu nehmen und ihr auf Anfang 2017 eine vollständige Liste aller vertraulichen und geheimen Abkommen der Schweiz, die aktuell in Kraft sind, zukommen zu lassen.

In seiner Antwort vom 9. Dezember 2016 zeigte sich der Bundesrat bereit, bei der nächsten Revision des RVOG den Artikel 48a so anzupassen, dass der GPDel alle 68

Geheime Abkommen der Schweiz mit ausländischen Staaten oder mit in- oder ausländischen Organisationen seit 1933, Bericht der GPDel vom 26. April 1999 (BBl 1999 8834, hier 8841)

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klassifizierten Verträge zu melden sind. Auf Verordnungsstufe soll das Meldeverfahren bereits im kommenden Jahr entsprechend geregelt werden.

Ausserdem wurde die BK mit der Führung einer Liste beauftragt, welche die klassifizierten Verträge von beschränkter Tragweite nach Artikel 7a Absatz 3 RVOG sowie die klassifizierten Verträge, die nach Artikel 6 PublG nicht veröffentlicht werden, beinhaltet. Die BK wird diese Liste jedes Jahr dem Bundesrat vorlegen und anschliessend der GPDel übermitteln. In dieser neuen Form soll die Berichterstattung der Oberaufsicht im Februar 2017 erstmals erfolgen.

4.3

Informationssysteme des NDB

4.3.1

Freitextsuche in ISIS

Ursprünglich hatte ISIS auf den dort abgelegten Meldungen keine Freitextsuche erlaubt, weil die Meldungen nicht in Textform sondern als Bilddaten abgespeichert wurden. Bis Ende 2013 war dies auch explizit auf Verordnungsstufe vorgeschrieben gewesen.

Mit dem neuen System IASA NDB schuf der NDB im Frühjahr 2014 die technischen Voraussetzungen dafür, um Freitextsuchen über den gesamten Datenbestand in den Teilsystemen ISIS, ISAS und in der Dokumentenablage, in welcher alle eingegangenen Meldungen in Originalform gespeichert bleiben, durchführen zu können. Für Meldungen, die zu ISIS gehörten, wurde die Suchfunktion jedoch nicht aktiviert.

Im Juni 2015 schrieb der Direktor des NDB der GPDel, dass er die Freitextsuche auch für ISIS freigeben wolle. Er beurteilte diesen Schritt als rechtlich vertretbar und sachlich gefordert, bat aber trotzdem um eine Stellungnahme der Delegation. Die GPDel nahm deshalb im August 2015 verschiedene Abklärungen beim NDB vor Ort vor und liess danach vom BJ ein Rechtsgutachten erstellen69.

In ihrer Antwort schrieb die GPDel am 4. November 2015 dem Direktor des NDB, es sei primär die Aufgabe des NDB, garantieren zu können, dass die Ausgestaltung der Abfragemöglichkeiten in ISIS den gesetzlichen Rahmen respektieren würde. Zu diesem Zweck rief die Delegation dem Direktor des NDB auch die relevanten Artikel des BWIS in Erinnerung und verwies auf zwei Gutachten, die das BJ dazu verfasst hatte.

In seinem Gutachten vom 21. September 2015 hatte sich das BJ zu verschiedenen Fragen geäussert, welche sich aus der Einführung einer Freitextsuche ergeben würden, insbesondere für die Qualitätssicherung nach Artikel 15 BWIS. Laut dem BJ betrifft die Löschung einer in ISIS registrierten Person nicht nur ihr Datenbankobjekt, sondern es müssen auch alle Informationen, die mittels Freitextsuche über diese Person gefunden werden können, aus dem System entfernt werden. Für das BJ ist ebenfalls unbestritten, dass Personen, die mittels Freitextsuche in ISIS gefunden werden können, auch dem Auskunftsrecht von Artikel 18 BWIS unterstehen.

69

Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 4.3.4 (BBl 2016 6241, hier 6315 f)

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Ausserdem existierte ein Gutachten zur Auslegung von Artikel 3 BWIS, welches das BJ am 2. Juni 2009 für die ISIS-Inspektion der GPDel erstellt hatte. Artikel 3 BWIS setzt der Bearbeitung von Informationen über die politische Betätigung und die Ausübung politischer Rechte in ISIS besondere Schranken. Solche Informationen dürfen erst personenbezogen abgespeichert werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese Rechte zu staatsgefährdenden Zwecken missbraucht werden (Abs. 1). Kann der Nachweis dafür bei der Erfassung noch nicht erbracht werden, so dürfen solche Informationen zwecks weiterer Abklärung während maximal eines Jahres personenbezogen abgelegt werden (Abs. 2). Eine personenbezogene Ablage ist gegeben, wenn die relevanten Informationen mit dem Datenbankobjekt einer Person verknüpft oder mittels einer Freitextsuche zu dieser Person auffindbar sind.

Am 31. März 2016 informierte der Direktor des NDB die GPDel schriftlich, dass der NDB ab dem 1. Mai 2016 die Freitextsuche in ISIS ermöglichen werde. Zukünftig würden bei der Löschung einer Person aus ISIS auch alle Textpassagen zu ihr aus den durchsuchbaren Meldungen anonymisiert und das Auskunftsrecht würde auch für Personen gelten, die allein mittels Freitextsuche in ISIS gefunden werden können.

Mit der Einführung der Freitextsuche gelten allerdings neu nicht mehr für alle Personeninformationen, die mittels einer Abfrage in ISIS gefunden werden können, dieselben Auflagen zur Qualitätssicherung. Die regelmässige Pflicht, die Daten zu einer Person zu überprüfen, gilt nur für die Personen, die über eine Datenbankabfrage gefunden werden können, jedoch nicht für Personen, deren Informationen lediglich über eine Freitextsuche zugänglich sind.

Laut dem Schreiben des Direktors des NDB hatte der NDB entschieden, nur jene ISIS-Meldungen einer Freitextsuche zugänglich zu machen, die nach dem 1. Mai 2016 erfasst werden. Wie der Direktor des NDB der Delegation am 13. April 2016 mündlich erläuterte, wäre der Aufwand zu gross gewesen, den bestehenden ISISDatenbestand auf alle Meldungen zu durchsuchen, die wegen der Schranke von Artikel 3 BWIS nicht personenbezogen erschlossen werden dürfen.

Nach den Ausführungen des Direktors des NDB sollten ab dem 1. Mai 2016 alle Meldungen beim Eingang auf Informationen kontrolliert werden, die nach Artikel 3
BWIS nicht personenbezogen erschlossen sein dürfen. Diese Informationen sollten anonymisiert werden, bevor auf den dazugehörenden Meldungen eine Freitextsuche ermöglicht wird.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 bat die GPDel den NDB um zusätzliche Unterlagen und Auskünfte darüber, wie der Dienst nach der Einführung der Freitextsuche in ISIS die Bestimmung der beiden Absätze von Artikel 3 BWIS praktisch anwendet.

Aus den Antworten des NDB vom 15. November 2016 ging hervor, dass Informationen, die den Schranken von Art. 3 BWIS unterliegen, nur dann erfasst werden, wenn der Verdacht effektiv besteht, dass die politische Betätigung und die Ausübung der Grundrechte missbraucht werden. In diesem Fall wird die eingegangene Meldung mit einer in ISIS registrierten Organisation oder Person verknüpft und ihr Inhalt für die Freitextsuche freigegeben. In allen anderen Fällen werden solche Informationen bei der Erfassung anonymisiert.

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Somit nutzt der NDB die Möglichkeit nach Artikel 3 Absatz 2 BWIS nicht, während eines Jahres Informationen über die politische Betätigung und die Ausübung der Grundrechte personenbezogen aufzubewahren, um innert dieser Zeit einen allfälligen Missbrauch durch die betreffende Person oder Organisation zu belegen. Der NDB verzichtet somit auch darauf, eine Möglichkeit zur Datenbearbeitung zu nutzen, die mit der BWIS-II-Revision im Jahr 2012 geschaffen worden war.

Unter diesen Umständen ist jedoch besonders wichtig, dass der NDB wirklich keine Informationen über die politische Betätigung und die Ausübung der Grundrechte in suchbarer Form erfasst, bei denen ein Zweifel besteht, dass die betreffende Person oder Organisation diese Rechte zur Vorbereitung oder Durchführung von terroristischen, gewalttätig-extremistischen oder nachrichtendienstlichen Tätigkeiten missbraucht. Laut einer Anleitung des NDB vom 28. April 2016 soll die interne Qualitätssicherungsstelle die Handhabung der Anonymisierungsregeln überprüfen.

4.3.2

Qualitätssicherung in ISAS

Vor der Schaffung des NDB betrieb der Auslandnachrichtendienst bereits zwei Datensammlungen zu den Bereichen Terrorismus und Proliferation. Aufgrund der damit gemachten Erfahrungen wurde ab 2007 ein Nachfolgesystem entwickelt, das im zweiten Semester 2009 erstmals als lauffähige Version vorlag. Der NDB nahm dieses System im Juni 2010 unter der Bezeichnung ISAS in Betrieb. Darin wurden die bisherigen Datensammlungen zur Proliferation und zum Terrorismus übernommen. Im Rahmen des Projektes IASA NDB entwickelte der NDB ein Nachfolgesystem für die Systeme ISAS und ISIS auf einer gemeinsamen technischen Basis weiter. Ende März 2014 konnte der NDB die neue Version von ISAS in Betrieb nehmen.

Weil ISAS im Jahr 2010 nach dem Willen des NDB als befristeter Pilotversuch nach Artikel 17a des Datenschutzgesetzes (DSG)70 eingeführt worden war, musste innert fünf Jahren eine gesetzliche Regelung für das Informationssystem vom Parlament beschlossen und vom Bundesrat in Kraft gesetzt werden. Dies erfolgte mit der ersten Revisionsvorlage71 für das ZNDG, welche die Eidg. Räte im März 2014 verabschiedet hatten.

Im revidierten ZNDG erliess der Gesetzgeber wie bereits oben erwähnt erstmals Vorschriften für die Qualitätskontrolle der Personendaten in ISAS. Die Ausführungsbestimmungen traten mit der Totalrevision der ISV-NDB am 1. November 2014 in Kraft.

Artikel 18 Absatz 2 und 3 ISV-NDB verlangt, dass die Datensätze in ISAS, die Objekte zu Personen oder Organisationen enthalten, periodisch auf ihre Relevanz überprüft werden. Daten, die nicht mehr als relevant beurteilt werden, sind zu löschen. Die Periodizität der Überprüfungen richtet sich nach dem Themenbereich, den sie betreffen. Daten zum Terrorismus müssen nach maximal zehn Jahren über-

70 71

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) Botschaft des Bundesrates vom 14. Aug. 2013 zur Änderung des ZNDG (BBl 2013 6663)

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prüft werden. Für andere Bereiche gelten 15 oder 20 Jahre. Die Durchführung und das Ergebnis der Überprüfung sind schriftlich festzuhalten.

Die ältesten Informationen in ISAS wurden bereits Ende der Neunzigerjahre erfasst.

Als im November 2014 die periodischen Qualitätssicherungen eingeführt wurden, hatte die Aufbewahrungsdauer verschiedener Daten den Zeitraum, innerhalb dessen die erste periodische Überprüfung fällig wurde, erreicht oder sogar überschritten.

Als sich die GPDel Ende August 2015 ISAS präsentieren liess, wies das System die Überprüfungen von mehr als 5000 Personen oder Organisationen als pendent aus.

Wie die GPDel später erfuhr, war die Systemfunktion, um die periodischen Qualitätskontrollen durchzuführen, erst auf den 15. Juni 2015 in ISAS implementiert worden. Im Februar 2016 ergab die Anhörung des interimistischen Chefs der Qualitätssicherungsstelle des NDB, dass bereits 8000 Überprüfungen ausstanden.

Eine Durchführung der vorgeschriebenen Überprüfung hielt der NDB jedoch nur dann für notwendig, falls die betroffenen Daten ausgewertet und in einem Bericht des NDB Verwendung finden würden. In der Befragung durch die GPDel wurde auch die Meinung vertreten, dass die Daten, die vor dem 1. November 2014 in ISAS erfasst wurden, den neuen Qualitätsvorschriften der ISV-NDB nicht unterliegen könnten, da dies einer unzulässigen Rückwirkung gleichkäme. Eine solche rechtliche Einschätzung vermochte die GPDel jedoch nicht zu teilen.

Die GPDel war sich aber dessen bewusst, dass die neuen Vorgaben für die Qualitätskontrolle in ISAS kaum ohne eine übergangsrechtliche Lösung eingeführt werden konnten. Insbesondere wäre es wohl nicht möglich gewesen, gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen der ISV-NDB sozusagen über Nacht alle Kontrollen nachzuholen, die nach dem neuem Recht bereits fällig geworden waren.

Als Lösung hätte sich jedoch eine Übergangsfrist angeboten, um die ausstehenden Kontrollen nachzuholen. Da im Gesetz eine solche Übergangsregelung fehlt, hätte die ISV-NDB eine solche vorsehen müssen. Dies geschah jedoch nicht.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2016 empfahl die GPDel dem Vorsteher des VBS, dem NDB eine Übergangsfrist zu setzen, innert welcher die Pendenzen bei den periodischen Qualitätskontrollen in ISAS abgebaut werden müssen. Weiter verlangte die GPDel,
quartalsmässig über die Zahl der in ISAS abgebauten und noch ausstehenden Pendenzen bei den periodischen Qualitätskontrollen informiert zu werden. Eine solche Berichterstattung hatte die GPDel bereits für ISIS im Jahr 2008 im Verlauf ihrer damaligen Inspektion, welche schwere Mängel in der Qualitätssicherung an den Tag gebracht hatte, eingeführt.72 In seiner Antwort vom 27. Juni 2016 informierte der Vorsteher des VBS die GPDel, dass der NDB bis Ende des zweiten Quartals 2017 alle ISAS-Daten, deren Überprüfungsdatum bis dann abgelaufen sein würde, einer periodischen Beurteilung unterziehen werde. Dieser Entscheid des Direktors des NDB gehe auf eine Empfehlung zurück, die der interimistische Leiter der Qualitätssicherungsstelle in einem Stichprobenbericht zwei Monate zuvor abgegeben habe. Was die Kennzahlen zum Abbau

72

Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665 hier 7683 und 7688)

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dieser Pendenzen betraf, so regte der Vorsteher des VBS bei der GPDel an, bis zu den Resultaten des ersten Quartals 2017 zu warten.

Am 30. August 2016 bedankte sich die GPDel beim Vorsteher des VBS für seine Antwort und begrüsste die gesetzte Übergangsfrist für den Pendenzenabbau. Die GPDel wollte jedoch gleichzeitig Gewähr erhalten, dass der NDB die pendenten und laufend neu anfallenden Kontrollen in ISAS auf den gesetzten Termin zu erledigen vermag. Deshalb blieb die GPDel bei ihrer Forderung, mit der Berichterstattung umgehend, d. h. mit den Zahlen zum dritten Quartal 2016, zu beginnen. Am 20. September 2016 versicherte der Vorsteher des VBS der GPDel, der NDB werden den ersten Quartalsbericht noch im Verlauf des Oktobers 2016 der GPDel zukommen lassen.

Wie die GPDel nachträglich erfuhr, hatte sich in ISAS die Ermittlung von verlässlichen Kennzahlen als äusserst schwierig erwiesen. Der NDB hatte deshalb im Frühjahr 2016 beschlossen, die entsprechenden Statistikfunktionen im Rahmen des Projektes WESIS bis zum Ende des zweiten Quartals 2017 programmieren zu lassen.73 Am 19. Oktober 2016 lieferte der NDB einen ersten Bericht mit Kennzahlen zu den Qualitätskontrollen, welche die Nutzer von ISAS im dritten Quartal 2016 durchgeführt hatten. Aus den Zahlen ging hervor, dass der NDB die Anzahl der pendenten Kontrollen, die im August 2016 noch rund 9000 betrug, bis Ende September auf rund 5700 abbauen konnte. Nach den Berechnungen des NDB sollten in den nächsten Monaten bis Juni 2017 noch rund 3000 weitere Gesamtüberprüfungen zu erledigen sein.

Laut den Kennzahlen nahm der NDB im dritten Quartal 2016 rund 62 000 Gesamtüberprüfungen von registrierten Personen und Institutionen in ISAS vor. Gelöscht wurden aufgrund der Kontrollen 63 Einträge. Dies ergibt eine Löschquote von einem Promille.

Im Vergleich dazu ergaben die Gesamtüberprüfungen in ISIS im ersten Halbjahr 2016 eine Löschquote von knapp 30 Prozent. Dazu ist zu vermerken, dass die ISASDaten zum ersten Mal einer Prüfung unterzogen wurden, während in ISIS die Daten, die älter als fünf Jahre sind, bereits vor drei Jahren eine Überprüfung durchlaufen hatten. Die Überprüfungen in ISIS werden zudem von der internen Qualitätssicherungsstelle und nicht von den Benutzern des Systems durchgeführt.

Im vierten Quartal 2016 führte der NDB rund 84 500
Gesamtüberprüfungen in ISAS durch und konnte alle noch pendenten Kontrollen erledigen. Der Anteil an den kontrollierten Einträgen von Personen und Institutionen, die gelöscht wurden, entsprach demjenigen des vorhergehenden Quartals.

Für die Oberaufsicht der GPDel wird die Aussagekraft der für ISAS definierten Kennzahlen von grosser Bedeutung sein, um die praktische Wirksamkeit der Datenschutzkontrollen unter dem NDG zu beurteilen. Das NDG hat nämlich das Konzept für die periodischen Gesamtbeurteilungen von ISAS für IASA NDB, die zukünftig wichtigste Datenbank des Dienstes, übernommen.

73

Bericht der Qualitätssicherungsstelle des NDB vom 29. April 2016

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4.4

Cyber-Spionageangriff auf die RUAG

Die RUAG Holding AG ist ein schweizerisches Rüstungsunternehmen, das per Gesetz als verselbständigte Einheit des Bundes geschaffen wurde und dessen Aktienkapital vollständig dem Bund gehört.

Anfang Dezember 2015 erhielt der NDB einen Hinweis, dass die Informatik der RUAG Ziel eines Cyber-Angriffs sein könnte und kontaktierte umgehend die Firma.

Eineinhalb Monate später konnten die Spezialisten der Melde- und Analysestelle Informationssicherung (MELANI/GovCERT) des EFD aufgrund der Angaben des NDB und der RUAG ein Schadprogramm bei der Firma nachweisen. Es gehört zu einer Familie von Schadprogrammen, die seit mindestens zehn Jahren aktiv ist. 74 Aufgrund eines Amtsberichtes des NDB eröffnete die BA am 25. Januar 2016 ein Strafverfahren.

Am 28. Januar 2016 brachte der Vorsteher des VBS den Vorfall der GPDel zur Kenntnis. An der Aussprache vom 22. Februar 2016 sprach die Delegation mit ihm darüber, welche Risiken der Angriff für die RUAG, aber auch für die Informatiksysteme des VBS beinhaltete und erörterte mit ihm, welche Massnahmen zur Bewältigung des Vorfalls notwendig waren. Am gleichen Tag hörte die GPDel auch den Bundesanwalt an, der die Delegation über das Vorgehen seitens der Strafverfolgung informierte. Mit Schreiben vom 23. Februar 2016 empfahl die Delegation dem Bundesrat, rasch alles Notwendige vorzukehren, um zum gegebenen Zeitpunkt die Öffentlichkeit informieren zu können.

Am 3. März 2016 traf sich die GPDel zu einer Standortbestimmung und analysierte einen Bericht der Kerngruppe Sicherheit (KGSi), welchen letztere zu Handen des SiA ausgearbeitet hatte. Grosse Bedeutung mass die GPDel der Frage bei, wieweit die Funktionsfähigkeit der Armee aufgrund der Informatikschnittstellen zwischen der RUAG und dem Bund gefährdet sein könnte.

Die GPDel entschied deshalb, mit dem SiA am 14. März 2016 eine Aussprache zu führen. Der Vorsteher des VBS informierte über den Stand der Abklärungen im VBS und die Vorkehrungen des Bundesrates bezüglich einer Information der Öffentlichkeit. Thematisiert wurde auch die Frage nach den Zuständigkeiten für die Bewältigung des Vorfalls, insbesondere die Aufgabenteilung zwischen dem SiA und dem EFD, welches diesem Ausschuss nicht angehört. Die GPDel regte auch an, zu überprüfen, welche Aspekte des Falles weiterhin geheim klassifiziert bleiben müssten.

Am 23. März
2016 entschied der Bundesrat in einem geheimen Beschluss über eine Reihe von Massnahmen, welche die KGSi vorgeschlagen hatte, um die Konsequenzen des Sicherheitsvorfalls zu bewältigen. Die GPDel befasste sich mit diesem Beschluss am 13. April 2016 und führte weitere Anhörungen mit der Führungsunterstützungsbasis der Armee (FUB) und dem ISB durch. Laut Bundesinformatikver-

74

APT Case RUAG ­ Technical Report, Bericht von MELANI/GovCERT vom 23. Mai 2016 (www.melani.admin.ch/dam/melani/en/dokumente/2016/ technical% 20report%20ruag.pdf.download.pdf/Report_Ruag-Espionage-Case.pdf)

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ordnung (BinfV)75 ist es das ISB, welches bei einer Gefährdung der Bundesverwaltung über spezifische IKT-Sicherheitsmassnahmen entscheidet und vermutete oder erfolgte Sicherheitsvorfälle abklärt.

Am 14. April 2016 kündigte die GPDel dem Bundesrat an, dass sie eine Aussprache mit der Spitze der RUAG durchführen wolle. Diese sollte im Anschluss zur Behandlung des Geschäftsberichtes der Firma durch eine Abordnung der GPK, FK und SiK erfolgen. Die Delegation äusserte zudem erneut ihre Vorbehalte bezüglich der Aufrechterhaltung der Geheimhaltung, welche aus ihrer Sicht einer systematischen Bewältigung der erkannten Probleme im Wege stand.

Am 20. April 2016 beschloss der Bundesrat, die Klassifizierung der am 23. März.

2016 beschlossenen Massnahmen im Zusammenhang mit dem Fall RUAG von der Stufe geheim auf vertraulich herabzustufen.

Am 22. April 2016 führte die GPDel eine Aussprache mit der Leitung der RUAG in Anwesenheit des Vorstehers des VBS, der gegenüber der Firma die Eignerinteressen der Eidgenossenschaft vertritt. Für die GPDel standen die Fragen im Vordergrund, wie die Firma den Schaden, der aus dem Vorfall resultieren könnte, beurteilte und mit welchen Massnahmen und gestützt auf welche Strategie sie den Vorfall zu bewältigen beabsichtigte.

Nachdem die Medien am 4. Mai 2016 erstmals und sehr detailliert über den CyberSpionageangriff auf die RUAG berichteten, veröffentlichten der Bundesrat und die GPDel ihre vorgängig erarbeiteten Medienmitteilungen.76 An der Plenarsitzung der beiden GPK vom 9. Mai 2016 informierte der Präsident der GPDel darüber, wie die Delegation ihre Oberaufsicht über den Vorfall ausgeübt hatte und was ihre wichtigsten Erkenntnisse waren.

Am 23. Mai 2016 publizierte das ISB/MELANI/GovCERT gestützt auf einen Auftrag des Bundesrates vom 11. Mai 2016 einen technischen Bericht, der Fachpersonen und Sicherheitsverantwortlichen die notwendigen Informationen lieferte, damit diese Vorkehrungen zur Abwehr solcher Angriffe treffen können.77 Am 26. Mai 2016 führte die GPDel mit dem Vorsteher des EFD eine Aussprache über den Schaden, den der Angriff für die RUAG verursacht haben könnte, und die finanziellen Risiken, die dem Bund daraus erwachsen würden. Besprochen wurde auch die Rolle des EFD in den Führungsstrukturen des Bundes bei der Bewältigung von Cyber-Angriffen.

Am 6. Juni
2016 kam es zu einer weiteren Aussprache zwischen der GPDel und dem SiA. Das Treffen erfolgte auf Wunsch des SiA. Themen waren die Koordination der Information der Öffentlichkeit, die Geheimhaltungspraxis sowie die Tatsache, dass aus der Bundesverwaltung eine Vielzahl von sensiblen Informationen an die Medien gelangt waren.

75 76

77

Verordnung vom 9. Dez. 2011 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (BinfV; SR 172.010.58) Cyber-Spionage-Angriff auf RUAG, Medienmitteilung des Bundesrates vom 4. Mai 2016; Cyber-Angriff auf die RUAG: begleitende Oberaufsicht durch die GPDel, Medienmitteilung der GPDel vom 4. Mai 2016 Erkenntnisse im Zusammenhang mit Cyber-Spionage-Angriff auf RUAG, Medienmitteilung des Bundesrates vom 23. Mai 2016

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An der gemeinsamen Sitzung von GPDel und FinDel vom 27. Juni 2016 informierte die GPDel über ihre Erkenntnisse zum Fall RUAG, und beide Delegationen nahmen eine Standortbestimmung vor. Die EFK informierte darüber, wie sie die Umsetzung der 14 Massnahmen des Bundesrates überprüfen werde.

Am 27. Juni 2016 schrieb die GPDel dem Bundesrat, um zu verschiedenen Punkten der Aussprache zwischen ihr und dem SiA Stellung zu nehmen. Die Delegation beurteilte gegenüber dem Bundesrat auch die Führungsstrukturen, die bisher für die Bewältigung des Vorfalls zum Tragen gekommen waren. Die Delegation begrüsste es, dass sich ein Ausschuss des Bundesrates bereits frühzeitig mit dem Fall befasst hatte.

Die Delegation wies aber auch darauf hin, dass das EFD als für die Querschnittaufgabe der Informatiksicherheit zuständiges Departement nicht dem SiA angehörte.

Die spätere Teilnahme des Vorstehers des EFD an den SiA-Sitzungen erschien der GPDel jedoch aus institutioneller Sicht als problematisch, denn mit vier anwesenden Bundesräten wurde das Quorum für ein beschlussfähiges Bundesratskollegium nach Artikel 19 RVOG bereits erreicht. Die GPDel regte deshalb an, dass bei zukünftigen Informatikzwischenfällen das direkt betroffene Departement und das EFD zwingend einem, allenfalls ad-hoc zu schaffenden, bundesrätlichen Ausschuss angehören sollten, welcher den Fall bearbeiten würde.

Die GPDel stellte auch fest, dass die Mitglieder der KGSi und ihre Ämter selber nicht über die nötigen Fachkenntnisse verfügten, um die Bedrohungslage innerhalb der Netze des Bundes und der Armee adäquat beurteilen zu können. Es wäre deshalb zweckmässiger gewesen, sich für die Bewältigung des Vorfalls direkt auf die regulären Strukturen zu verlassen, welche der Bundesrat selber in der BinfV geschaffen hatte.

Am 27. Juni 2016 beschloss die GPDel, dass sie sich inskünftig auf die nachrichtendienstlichen und strafrechtlichen Aspekte des Falles konzentrieren werde. Seitdem der Vorfall öffentlich bekannt geworden war, gab es keinen Grund mehr dafür, dass die GPK nicht selber die Oberaufsicht über den Vorfall bei der RUAG und die beschlossenen Massnahmen ausübten. Geeignet erschien der GPDel insbesondere die Subkommission EDA/VBS der GPK-N, welche seit 2015 bereits die Umsetzung der NCS begleitet.78 Als sich die Subkommission EDA/VBS der GPK-N am
29. Juni 2016 mit dem Angriff auf die RUAG befasste, liess ihr die GPDel vorgängig eine Liste mit den Massnahmen, welche der Bundesrat in der Angelegenheit beschlossen hatte, zukommen.

An der Sitzung der GPDel vom 6. September 2016 informierte der Vorsteher des VBS auf eigenen Wunsch über die Arbeiten im Fall RUAG. In der Zwischenzeit waren weitere Abklärungen dazu erfolgt, welchen Schaden der Firma, aber auch dem Bund, aus dem Angriff erwachsen sein könnte. Am 9. September 2016 informierte die Vizepräsidentin der GPDel die GPK-N über die Erkenntnisse und das weitere Vorgehen des VBS.

78

Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 3.6.3 (BBl 2016 6241, hier 6300 f)

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4.5

Ablehnung eines Rechtshilfegesuchs des BStGer

Am 17. Dezember 2015 erliess der Präsident des BStGer eine verfahrensleitende Verfügung zur Beweiserhebung im Verfahren der BA gegen den Mitarbeiter des NDB, der beschuldigt wurde, im Jahr 2012 geheime Daten beim NDB entwendet zu haben. In der Verfügung, welche an die BA und den Anwalt des Beschuldigten adressiert war, wurde ausserdem die GPDel explizit ersucht, dem BStGer den vollständigen Inspektionsbericht «Informatiksicherheit im Nachrichtendienst des Bundes» vom 3. Juli 2013 in Kopie zuzustellen. Dieses Ersuchen begründete das BStGer in seinen Erwägungen damit, dass der Bericht der GPDel im Falle der Tatbestandsmässigkeit des angeklagten Verhaltens auf die Beurteilung des Verschuldens des Beschuldigten einen Einfluss haben könnte.

Der Präsident des BStGer liess dem Sekretariat der GPDel am 22. Dezember 2015 nach vorgängiger telefonischer Kontaktaufnahme eine Kopie der Verfügung zukommen.

Die GPDel behandelte dieses Ersuchen des Präsidenten des BStGer als Akteneinsichtsgesuch gemäss Artikel 7 der Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV)79.

Aus Artikel 7 Absatz 4 ParlVV in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 4 ParlVV geht hervor, dass der Präsident der zuständigen Kommission über Einsichtsgesuche in ihre Protokolle und in Berichte, welche die Oberaufsicht betreffen, entscheidet. Der Präsident kann Einsicht gewähren, sofern keine wichtigen Gründe entgegenstehen.

Im Jahr 2008 liessen die GPK in einem Gutachten klären, ob sie berechtigt oder gar verpflichtet sind, den eidgenössischen oder kantonalen Gerichten Akten aus ihren Untersuchungen im Rahmen der Rechts- oder Amtshilfe zu edieren. In seinem Gutachten80 vom 5. Juni 2008 kam Dr. Niklaus Oberholzer, damals Präsident des Kantonsgerichtes St. Gallen, zum Schluss, dass die GPK nicht dazu verpflichtet werden können, Rechtshilfe zu leisten, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Oberaufsicht das Interesse der Justiz an der Wahrheitsfindung überwiegt. Da es keine übergeordnete Behörde gibt, die für sie entscheiden kann, entscheiden die Präsidenten der GPK nach freiem Ermessen und abschliessend. Die Regelung für Akteneinsichtsgesuche an die GPK gilt analog ebenfalls für die GPDel.

Ende Januar 2016 kam die GPDel zum Schluss, dass die Geheimhaltungsinteressen, welche die GPDel im Jahr 2013 dazu bewogen, ihren vollständigen Inspektionsbericht ausschliesslich
dem Bundesrat zur Verfügung zu stellen, weiterhin bestanden.

Es war auch nicht möglich, dem Schutz dieser Interessen vollständig Rechnung zu tragen, indem Teile des Berichtes entfernt oder eingeschwärzt würden.

Die GPDel bezweifelte überdies, dass aus dem vollständigen Bericht und seiner publizierten Zusammenfassung unterschiedliche Schlussfolgerungen zur Frage des Verschuldens des Angeklagten gezogen werden könnten. Die Delegation hatte das Handeln des Beschuldigten nur so weit untersucht, wie es für die Beurteilung der 79 80

Verordnung der Bundesversammlung vom 3. Okt. 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (ParlVV; SR 171.115) Oberholzer, Niklaus: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidg.

Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht: Gutachten im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, 5. Juni 2008.

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Funktionsfähigkeit des Dienstes Relevanz hatte, und seine Beweggründe waren nicht Gegenstand der Inspektion gewesen.

Für die GPDel war zudem von Belang, dass das Gericht die Möglichkeit hatte, alle Informationen aus dem Inspektionsbericht der Delegation, welche diese in der Zusammenfassung nicht publiziert hatte, durch eine Befragung von Angehörigen des NDB oder aus Akten des NDB zu erlangen. Mit derselben Argumentation hatte überdies auch das BStGer in seinem Urteil vom 4. Mai 2006 (BB.2006.18) den Entscheid der beiden GPK, der Genfer Justiz keine Einsicht in ihre Protokolle zu geben, gestützt.

Ausserdem sprach ein grundsätzliches Interesse an der Wahrung der Funktionsfähigkeit der Oberaufsicht dagegen, dem Einsichtsgesuch des Präsidenten des BStGer stattzugeben. Wenn Auskunftspersonen davon ausgehen müssen, dass ihre Aussagen nicht allein für die Untersuchungen der Oberaufsicht, sondern auch noch für andere Verfahren verwendet werden können (Administrativ-, Disziplinar- oder Strafuntersuchungen), werden sie ihre Auskünfte im Hinblick auf diese Eventualität hin einschränken. Die GPDel würde somit zukünftig Gefahr laufen, nicht mehr alle zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendigen Auskünfte zu erhalten.

Auf Beschluss der GPDel lehnte der Präsident das Einsichtsgesuch des Präsidenten des BStGer ab. Er wurde mit Schreiben vom 28. Januar 2016 darüber informiert.

4.6

Vorbereitung der Oberaufsicht auf die Informationsbeschaffung unter dem NDG

Das NDG wird dem NDB grundlegend neue Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung bieten, die auch die parlamentarische Oberaufsicht vor neue Herausforderungen stellen werden. Einerseits wird die GPDel darauf achten müssen, dass die verschiedenen Verfahren zur Genehmigung und Anordnung korrekt eingehalten werden. Andererseits wird die GPDel auch generell beurteilen müssen, ob die neuen Mittel zweckmässig und wirksam eingesetzt werden. Dazu benötigt sie ein gewisses Verständnis für die technischen Möglichkeiten und Grenzen der neuen Beschaffungsmethoden.

Im Hinblick auf die Umsetzung des NDG plante die GPDel deshalb in ihrem Jahresprogramm 2016 verschiedene Informationsanlässe, um sich speziell mit den zukünftigen Informationsbeschaffungsmitteln des NDB vertraut zu machen.

Da ein Teil dieser technischen Mittel bereits in der Strafverfolgung eingesetzt werden, lag es auf der Hand, sich vorgängig von dieser Seite über diese Möglichkeiten informieren zu lassen. Die Delegation liess sich deshalb von der Bundeskriminalpolizei (BKP) über Grundlagen und Praxis zum Einsatz von Government Software (GovWare, auch als «Trojaner» bezeichnet) und Geräten zur Identifikation mobiler Kommunikationsgeräte und ihrer Benutzer (sogenannte «IMSI-Catcher») informieren. Der Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (ÜPF)

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erläuterte wiederum der GPDel die Möglichkeiten und Verfahren der Telefonüberwachung nach dem BÜPF81.

Mit dem Eindringen in fremde Computersysteme befasste sich die GPDel anlässlich einer Präsentation des VBS zusammen mit einem externen Experten. Zusätzlich bot der Cyber-Spionageangriff auf die RUAG der GPDel einen wertvollen Anschauungsunterricht zu diversen Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit dem Einsatz solcher Mittel stellen werden.

Anlässlich eines Besuchs beim ZEO liess sich die GPDel auch über die Vorbereitungsarbeiten für die technische Realisierung der Kabelaufklärung informieren.

Neu führt das NDG auch Bestimmungen zur Genehmigung von nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffungsmassnahmen ein. Das BVGer bestimmt eine Abteilung, deren Präsident oder Präsidentin auf Antrag des NDB eine Fernmeldeüberwachung, den Einsatz von IMSI-Catchern oder GovWare und die OnlineDurchsuchung oder Sabotage von Computern im Inland zu genehmigen hat. Genehmigungspflichtig sind zudem die Überwachung des Postverkehrs, der Einsatz von Ortungsgeräten zur Feststellung des Standorts und der Bewegungen von Personen oder Sachen sowie das Durchsuchen von Räumlichkeiten, Fahrzeugen oder Behältnissen. Weiter genehmigt das BVGer auch die Aufträge des NDB zur Kabelaufklärung an das ZEO, insbesondere die Kategorien der verwendeten Suchbegriffe.

Am 23. November 2016 führte die GPDel mit Vertretern des BVGer eine erste Aussprache über organisatorische und praktische Fragen, die sich bei der Vorbereitung des Gerichtes auf die Wahrnehmung dieser neuen Aufgabe stellen. Mit Befriedigung konnte die GPDel die laufenden und geplanten Vorbereitungsarbeiten des BVGer zur Kenntnis nehmen.82

5

Geschäftsberichte und wiederkehrende Berichte

5.1

Geschäftsbericht 2015 des Bundesrates

Die Überprüfung der Umsetzung der vom Bundesrat festgelegten Jahresziele sowie seiner Geschäftsführung ist eine der Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht.

Sie wird u. a. anhand des vom Bundesrat gemäss Artikel 144 ParlG jährlich der Bundesversammlung unterbreiteten Berichtes über seine Geschäftsführung vorgenommen. Die GPK berichten in den Räten jeweils über die Geschäftsführung und stellen anschliessend einen Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichtes.

An ihren gemeinsamen Sitzungen im Mai führten die GPK jeweils Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates sowie dem Bundeskanzler. Neben der generellen Berichterstattung über die im Berichtsjahr realisierten Ziele und Massnahmen informieren die Bundesratsmitglieder die GPK dabei jeweils auch über bestimmte, 81 82

Bundesgesetz vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) Parlamentarische Oberaufsicht über die Umsetzung des NDG, Medienmitteilung der GPDel vom 25. Nov. 2016

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selber gewählte Schwerpunktthemen. Die GPK ihrerseits legen in der Regel ein bis zwei Querschnittsthemen fest, zu denen sie von den Departementen und der BK Auskunft erhalten wollen. Im Rahmen der Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler haben die Kommissionsmitglieder auch die Möglichkeit, selber weitere Themen einzubringen und zu vertiefen.

Für die Aussprachen im Mai 2016 verzichteten die GPK auf die Festlegung von Querschnitthemen. Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher informierten die Kommissionen über die folgenden, selbst gewählten Schwerpunktthemen: EDA

­ Nachbarstaaten ­ Europäische Union ­ Stabilität (Friedensförderung, Internationale Zusammenarbeit, Völkerrecht)

EDI

­ Förderung der Gesundheit und Prävention ­ Konsolidierung und Sicherung der Sozialwerke ­ Neue Förderungskonzepte im Kulturbereich

EFD

­ Unternehmenssteuerreform III ­ Automatischer Informationsaustausch in Steuersachen

EJPD

­ Flüchtlings- und Migrationskrise 2015: internationale und europäische Zusammenarbeit, Massnahmen Schweiz / Stand beschleunigte Asylverfahren ­ Terrorismusbekämpfung als kriminalstrategische Priorität des Bundes

UVEK

­ Klimapolitik ­ Digitale Schweiz ­ Stromnetze

VBS

­ Weiterentwicklung der Armee ­ Sicherheitsverbund Schweiz ­ Nachrichtendienstgesetz

WBF

­ Umfassende Wachstumspolitik des Bundes; Binnen- und Aussenstrategie ­ Weiterentwicklung des Agrarsektors ­ Stärkung des Bildungs-, Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz

BK

­ Geschäftsverwaltung (GEVER) Bund ­ Vote éléctronique

Beide GPK waren der Meinung, der Bundesrat und die Bundesverwaltung hätten ihre Aufgaben insgesamt angemessen wahrgenommen. Sie beantragten ihren Räten deshalb einstimmig und ohne Enthaltung, den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 2015 zu genehmigen.83 Das Parlament folgte diesen Anträgen in der Sommersession 2016.

83

vgl. AB 2016 N 863 f. und AB 2016 S 507 f.

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5.2

Geschäftsbericht 2015 des Bundesgerichtes

Zu den Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht gehört gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG)84 auch die Prüfung der Geschäftstätigkeit des BGer und damit verbunden auch die Genehmigung von dessen Geschäftsbericht. Die GPK behandeln dazu jährlich den Geschäftsbericht des BGer und hören Vertreter des BGer und der erstinstanzlichen Gerichte an.85 Auf dieser Basis berichten sie in den Räten und stellen Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichtes.

Im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichtes 2015 im Frühling 2016 wurden dabei unter anderem die Geschäftslast der Gerichte, das elektronische Gerichtsdossier sowie die Gerichtsgebühren thematisiert.

Die GPK kamen zum Schluss, dass sowohl das BGer als auch die übrigen eidgenössischen Gerichte professionell und gut arbeiten. Daher beantragten sie ihren jeweiligen Räten, den Geschäftsbericht des BGer für das Jahr 2015 zu genehmigen. 86 Diese Anträge wurden vom Parlament in der Sommersession 2016 gutgeheissen.

5.3

Weitere von den GPK geprüfte Berichte

Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung periodisch Bericht über die Erreichung der für die verselbständigten Einheiten des Bundes festgelegten strategischen Ziele (Art. 148 Abs. 3bis ParlG). Die Modalitäten der Berichterstattung an die Oberaufsichtskommissionen wurden im Rahmen eines Briefwechsels definiert: Für die Einheiten mit besonderer wirtschafts- und finanzpolitischer Bedeutung (Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, Eidg. Finanzmarktaufsicht [FINMA], ETH-Bereich und Schweizerische Exportrisikoversicherung [SERV]) stellt der Bundesrat den GPK jährlich ausführliche Berichte über die Erreichung der strategischen Ziele zu.

Über die kleineren verselbständigten Einheiten87 erstattet er den GPK alle vier Jahre ausführlich Bericht.

Zudem behandeln die GPK jedes Jahr verschiedene Berichte des Bundesrates und der Bundesverwaltung zu spezifischen Themenbereichen (z. B. Jahresbericht des Bundesrates über die Sozialversicherungen, Bericht des Bundesrates zum Reporting Personalmanagement).

Insgesamt befassen sich die GPK jedes Jahr mit 20 bis 40 solchen wiederkehrenden Berichten.

84 85 86 87

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) Die erstinstanzlichen Gerichte des Bundes sind das BVGer, das BStGer und das BPatGer.

Vgl. AB 2016 N 861 f. und AB 2016 S 506 f.

U. a. Swissmedic, ENSI, Eidg. Institut für Geistiges Eigentum (IGE), Pro Helvetia

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6

Legislative Tätigkeiten

6.1

Parlamentarische Initiative Joder: Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen

Im Juni 2015 reichte Nationalrat Rudolf Joder eine parlamentarische Initiative88 ein, die verlangte, es seien die Rechtsgrundlagen so anzupassen, dass die GPK die Oberaufsicht über die Geschäftsführung nach Artikel 26 ParlG wirkungsvoller, schneller, effizienter und in bestmöglicher Koordination mit den übrigen Aufsichtsorganen des Bundes wahrnehmen können.

Nationalrat Joder, damals Präsident der GPK-N, begründete die Initiative damit, verschiedene Vorkommnisse in der Bundesverwaltung der letzten Zeit ­ z. B. die Korruptionsaffäre im Seco, das fehlgeschlagene lT-Projekt «Mistra», die Vorwürfe der Begünstigung im Bundesamt für Strassen (ASTRA), Probleme bei der zentralen Ausgleichsstelle der AHV (ZAS) in Genf oder das gescheiterte Informatik-Projekt «Insieme» ­ hätten die Wichtigkeit der parlamentarischen Oberaufsicht aufgezeigt, und es sei dringend sowie umfassend notwendig und geboten, dass die immer grösser werdende Bundesverwaltung mit ihrer ausgedehnten Verwaltungstätigkeit systematisch nach den Grundsätzen der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit überprüft werde. Aus diesem Grund müssten die GPK im beantragten Sinn gestärkt werden.

Die GPK-N gab der Initiative am 19. November 2015 Folge; die GPK-S gab am 26. Februar 2016 ihre Zustimmung zum Initiativtext.

Die GPK-N ist nun beauftragt, eine Vorlage zur Umsetzung der Initiative auszuarbeiten. Zu diesem Zweck hat sie zunächst geprüft, in welchen Bereichen der Oberaufsicht Handlungsbedarf besteht. Am 22. März 2016 beschloss sie, die Ausarbeitung der Initiative unter Beizug der betroffenen Kommissionen selbst vorzunehmen und nicht der Staatspolitischen Kommission (SPK) zu delegieren. Im Weiteren beschloss die GPK-N, auch die PUK89-Bestimmungen in die Revision miteinzubeziehen und die parlamentarische Initiative in diesem Sinne auszuweiten. Die GPK-S stimmte dieser Ausweitung am 8. April 2016 zu.

Am 24. Juni 2016 beauftragte die GPK-N Bundesrichter Niklaus Oberholzer im Rahmen eines Expertenmandats, Revisionsvorschläge zu den heutigen PUK-Bestimmungen in Artikel 163­171 und Artikel 155 ParlG zu erarbeiten. Dabei sollen Möglichkeiten geprüft werden, die von einer kleinen Revision der heutigen Bestimmungen (Verschlankung der Verfahrensbestimmungen sowie deren Harmonisierung mit den Normen der Aufsichtskommissionen und -delegationen)
bis hin zu einer weitgehenden Integration in die Aufsichtskommissionen reichen. Es sei insbesondere zu prüfen, ob ein einfacheres Mittel als die parlamentarische Initiative zur Einsetzung einer PUK durch die Bundesversammlung führen könnte.

Die GPK-N wird sich unter Beizug ihrer Schwesterkommission anfangs 2017 mit den Vorschlägen befassen.

88 89

Pa.Iv. Joder «Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen» vom 18. Juni 2015 (15.451) PUK: Parlamentarische Untersuchungskommission

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6.2

Parlamentarische Initiative: Behandlung des Geschäftsberichtes im Nationalrat

Artikel 33cbis des Geschäftsreglements des Nationalrates (GRN) 90 sieht vor, dass bei der Beratung des Geschäftsberichtes des Bundesrates im Nationalrat in der Regel sämtliche Mitglieder des Bundesrates und der Bundeskanzler bzw. die Bundeskanzlerin anwesend sein müssen. Dabei sollen sie jene Teile des Geschäftsberichtes vertreten, welche in den Geschäftsbereich des jeweiligen Departementes bzw. der Bundeskanzlei fallen. Diese Bestimmung wurde mittels einer parlamentarischen Initiative91 ins GRN aufgenommen und ist seit dem 1. März 2009 in Kraft. Der Grund für diese Änderung war, dass der Stellenwert der Kontrolle des Geschäftsberichtes des Bundesrates durch das Parlament aufgewertet werden sollte.

Die Behandlung des Geschäftsberichtes stiess im Nationalrat seither aber auf ein mässiges Interesse, und die Anzahl der Wortmeldungen beschränkte sich auf einige wenige. Deshalb drängt sich im Sinne der Verfahrensökonomie eine Änderung dieses Prozesses dahingehend auf, dass auf die Anwesenheit sämtlicher Departementsvorsteherinnen und -vorsteher verzichtet werden soll.

Die GPK-N reichte am 14. November 2016 eine parlamentarische Initiative92 ein, welche die ersatzlose Streichung von Artikel 33cbis GRN verlangt. Somit wird ­ bei Annahme der Initiative durch den Nationalrat ­ künftig lediglich die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident bei der Beratung des Geschäftsberichtes des Bundesrates im Nationalrat anwesend sein. Dies entspricht im Übrigen auch der Regelung im Ständerat, welcher sich explizit zu deren Beibehaltung ausgesprochen hatte.

Die Beratung des Geschäftsberichtes 2016 des Bundesrates in der Junisession 2017 wird gemäss einem Beschluss des Büros des Nationalrates bereits nach diesem neuen Prozedere durchgeführt. Der Wortlaut von Artikel 33cbis GRN erlaubt ein derartiges Vorgehen («in der Regel»).

Schliesslich gilt es anzufügen, dass der Geschäftsbericht des Bundesrates künftig im Rahmen einer Kurzdebatte (Kategorie IV, Art. 46 und 48 GRN) beraten wird, bei der zwei Kommissionvertreter dem Plenum Bericht erstatten werden. Diese vereinfachte Beratungsform wurde vom Büro des Nationalrates gutgeheissen.

90 91

92

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Okt. 2003 (GRN; SR 171.13).

Parlamentarische Initiative. Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat, Bericht der GPK-N vom 19. Okt. 2007 (BBl 2008 1095).

Pa. Iv. GPK.-N «Behandlung des Geschäftsberichtes des Bundesrates im Nationalrat» vom 11. Nov. 2016 (16.480).

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