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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Abkommens über die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz (Vom 24. August 1955)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Am 23. Juli 1955 haben die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Italienische Eepublik in Eom ein Abkommen unterzeichnet betreffend die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz.

Wir beehren uns, Ihnen dieses Abkommen hiermit zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Allgemeines Zu Beginn dieses Jahres ist Italien mit dem Vorschlag an die Schweiz gelangt, den Italienischen Staatsbahnen (FS) zur Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Eisenbahn-Zufahrtslinien zur Schweiz ein Darlehen zu gewähren. In einem allgemeinen Bericht der Italienischen Staatsbahnen vom S.Februar 1955 wurde darauf hingewiesen, dass die vor kurzem eingeleitete landwirtschaftliche und industrielle Erschliessung Süditaliens den Güteraustausch in starkem Masse intensivieren werde und schon in naher Zukunft im Süd-Nord- wie im Nord-Süd-Verkehr mit einem mehrfachen Transportvolumen gegenüber der Vorkriegszeit gerechnet werden könne. Um dieser Verkehrszunahme gewachsen zu sein, gelte es, die Leistungsfähigkeit der zu den beiden grossen Alpentunneln des Gotthard und des Simplon führenden1 Eisenbahnlinien auszubauen.

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Wir haben schon in der Botschaft vom 4. Juni 1954 betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Abkommens über die Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der französischen Bahnen nach der Schweiz (BB11954, I, 990) auf die wachsende Bedeutung des von Süden nach Norden Europas und umgekehrt verlaufenden Eisenbahnverkehrs für unser Land hingewiesen. Nachdem die im Westen und Osten des schweizerischen Gebietes verlaufenden Alpenübergänge und ihre ausländischen Zufahrtslinien schrittweise ausgebaut und elektrifiziert worden sind, wäre eine zunehmende Abwanderung von der schweizerischen E oute zu befürchten gewesen, hätte nicht durch die Gewährung von Darlehen an die Deutsche Bundesbahn und die Société Nationale des Chemins de fer Français die nunmehrige Elektrifikation der wichtigsten Zufahrtslinien im Norden und Westen gesichert werden können.

Tm Süden sind die Verhältnisse heute insofern etwas günstiger, als die Italienischen Staatsbahnen schon im Jahre 1939 die Strecke Mailand-Chiasso dem elektrischen Betrieb übergeben haben und unmittelbar nach dem letzten Kriege, in einem Zeitpunkt, wo ihr übriges Netz noch an zahlreichen Kriegsschäden darniederlag, tatkräftig aii die Elektrifikation der Strecke MailandDomodossola herangetreten sind. Die gleiche Bereitschaft zum Einsatz grosser Mittel für den gesicherten Betrieb der Simplonlinie zeigten die Italienischen Staatsbahnen auch im Jahre 1951 anlässlich der Verschütturigen im Diveriatal.

Auch darf in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass Italien seinerzeit durch Subventionen in der Höhe der schweizerischen und deutschen Leistungen zusammengenommen den frühzeitigen Bau der Gotthardbabn ermöglicht und massgebend gefördert hat. Mit der Elektrifikation der beiden Hauptzufahrtslinien zum Gotthard und Simplon haben diese Strecken indessen noch nicht jene Leistungsfähigkeit erreicht, die besonders für die Bewältigung eines noch weiter zunehmenden Personen- und Güterverkehrs unerlässlich wäre. Noch weist die Simplonzufahrt zwischen Gallarate und Arona ein grosses einspuriges Teilstück auf, keiner der drei Greiizbahnhöfe Chiasso, Domodossola und Luino konnte bisher nach modernen Gesichtspunkten ausgebaut werden, und der gesamte Verkehr (mit Einschluss desjenigen von und nach Genua) konzentriert sich heute auf die
beiden Linien, die im bereits überlasteten Verkehrs Zentrum Mailand zusammenlaufen. Es kann daher eine Verbesserung der südlichen Zufahrtslinien für die schweizerische Stellung im internationalen Verkehr nur von Interesse sein. Obwohl der bereits erwähnte allgemeine Bericht der Italienischen Staatsbahnen vom S.Februar 1955 gewisse die Schweiz weniger interessierende Bauvorhaben in der zeitlichen Eeihenfolge der Realisierung in den Vordergrund stellte, fand sich Italien doch bereit, ein Darlehen ausschliesslich für die eigentlichen Zufahrtslinien zur Schweiz zu verwenden (vgl. beiliegende Kartenskizze) und die von uns gewünschte Reihenfolge des1 Ausbaues in Aussicht zu nehmen. So wird nach der Schliessung der Einspurlücke zwischen Gallarate und Arona und dem Ausbau von Domodossola die Simplonzufahrt die gleiche Leistungsfähigkeit aufweisen wie jene zum Gotthard. Auch wird darüber hinaus die Elektrifikation je einer weiteren leistungsfähigen! Güterzufahrt zum

472 Simplem (Genua-Alessandria-Novara-Arona-Domodossola) und zum Gotthard (Genua-Alessandria-Novara-Sesto Calende-Luino-Bellinzona) von grossem Nutzen sein und die erwünschte Entlastung der über Mailand : verlaufenden Hauptzufahrtslinien bringen. Von besonderem Interesse sind der erwähnte Doppelspurausbau und die Elektrifikation der in Eichtung Novara-Genua (beziehungsweise Turin) verlaufenden Linien für die Lötschbergbahn, liegen doch diese Strecken mehrheitlich in ihrem eigentlichen südlichen Einzugsgebiet, für welches die Simplon- und Lötschbergroute in zahlreichen Eelationen die tariflich günstigsten Bedingungen aufweist. Der zeitlich und angesichts der zu erwartenden Verkehrszunahme auch sachlich besonders dringliche Ausbau des Bahnhofes Chiasso fällt nicht in den Rahmen dieser Darlehensgewährung an Italien und wird von den SBB mit eigenen, im ordentlichen Voranschlag budgetierten Mitteln vorgenommen.

So gilt im grossen ganzen für die südlichen Zufahrtslinien zur Schweiz, was schon -zum Ausbau der nördlichen und westlichen Zufahrten gesagt worden ist : Nur wenn sie ausgebaut und den neuzeitlichen Bedürfnissen angepasst werden können, wird es auf eine weitere Zukunft hinaus gelingen, die schweizerische Stellung im int ernationalen Bahnverkehr zu halten und auszubauen. Der Verkehr mit Italien ist intensiv, und das Land ist im Zuge seines wirtschaftlichen Aufschwunges, der Intensivierung seiner Landwirtschaft und der Förderung seiner traditionellen Exportgüter durchaus in der Lage, seine Produktion, seinen Export und die damit zusammenhängenden Transporte noch wesentlich zu steigern.

Wenn heute festgestellt werden kann, dass die Italienischen Staatsbahnen bereit sind, ihre Anlagen mit grossen Mitteln und unter Zuhilfenahme eines schweizerischen Darlehens auszubauen, so darf dabei nicht übersehen werden, dass auch die Schweizerischen Bundesbahnen vor grossen Investitionen stehen.

An diese neuen Aufgaben wird mit um so weniger Bedenken herangetreten werden können, je mehr die wirtschaftliche Ausnützung neuer Anlagen dank des guten Ausbaues der Zufahrtslinien auch von selten des Transitverkehrs gewährleistet sein wird. .Für die neuen Investitionen der Schweizerischen Bundesbahnen dürfte indessen die Finanzierung keine Schwierigkeiten bereiten; vielmehr wird die Frage zu entscheiden sein, inwieweit
den Schweizerischen Bundesbahnen im Sinne von Artikel 18, Absatz 3, des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 23. Juni 1944 eine Erhöhung der fest verzinslichen Schulden zugestanden werden kann.

Nebst den angeführten verkehrspolitischen Überlegungen hat die Schweiz auch ein politisches Interesse, am Aufbau Italiens im Eahmen des Möglichen mitzuwirken. Das Ausbau- und Elektrifikationsprogramm der Italienischen Staatsbahnen wird italienischerseits in den Eahmen des sogenanntenVanoniPlanes gestellt, der die Entwicklung des Nationaleinkommens und die Beseitigung des Arbeitslosenproblems zum Ziele hat. Dieser Plan sieht in erster Linie Investitionen auf dem Gebiete der Landwirtschaft, der öffentlichen Dienste und Unternehmungen mit Einschluss der Eisenbahnen und öffentlichen Werke vor.

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Da die Verwirklichung des Planes eine weitgehende Mitwirkung des Auslandes voraussetzt, wurden alle Mitgliedstaaten der OECE aufgefordert, Italien vor allem hinsichtlich der Kapitalbeschaffung behilflich zu sein. Das zur Diskussion stehende Darlehen an die Italienischen Staatsbahnen leistet dazu einen Beitrag.

Es wurde in Aussicht genommen, die Zahlung des Darlehensbetrages von 200 Millionen Pranken über die Europäische Zahlungsunion zu leiten. Die eidgenössischen Kate sind durch die in der vergangenen Sommeression behandelte Botschaft vom :6.Mai 1955 betreffend die Europäische Zahlungsunion, den Europäischen Fonds und ein Abkommen zwischen der Schweiz und Island über die teilweise Bückzahlung und Konsolidierung schweizerischer Forderungen gegenüber der Europäischen Zahlungsunion dahingehend unterrichtet worden, dass bei der Verlängerung der Zahlungsunion u.a. der Goldanteil für den Ausgleich der Überschüsse und Defizite der einzelnen Länder von bisher 50 Prozent auf 75 Prozent erhöht und der Kreditanteil von bisher 50 Prozent auf 25 Prozent herabgesetzt werde. Dies bedeutet, dass bei einer Überweisung des Darlehensbetrages von 200 Millionen Franken zur alten Gold/Kredit-Relation von 50/50 Prozent das dadurch entstehende schweizerische Defizit in der Zahlungsunion durch eine an diese zu leistende Goldzahlung von 100 Millionen Franken und eine Herabsetzung des Bundesyorschusses in gleicher Höhe ausgeglichen wird.

Findet die Überweisung unter Zugrundelegung der neuen Gold/Kredit-Belation von 75/25 Prozent - die am I.August 1955 in Kraft getreten ist - statt, so erfolgt der Ausgleich des daraus resultierenden schweizerischen Passivsaldos in der Zahlungsunion durch eine Goldzahlung von 150 Millionen Franken und eine Beduktion des Bundesvorschusses von nur 50 Millionen Franken. Im Interesse einer möglichst hohen Entlastung des Bundesvorschusses -- dies nicht zuletzt im Hinblick auf eine allfällige Liquidation der Zahlungsunion in naher Zukunft bzw. der italienischen Schuldnerstellung innerhalb der Zahlungsunion sind die Vertragsparteien übereingekommen, den Transfer des Darlehensbetrages in Form einer Vorfinanzierung noch!zur alten Gold/Kredit-Belation abzuwickeln, d.h. vor dem I.August 1955. Der .überwiesene Betrag bleibt bis zum Abschhiss des Batifikationsverfahrens in beiden Ländern beim Ufficio
italiano dei Cambi gegen entsprechende Sicherstellung in der Schweiz - deponiert. Sollte die Ratifikation nicht zustande kommen, so wäre die Transferoperation rückgängig zu machen.

Die Verhandlungen über das vorliegende Darlehensgeschäft wurden dazu benützt, um verschiedene offene Fragen zwischen den beiden Ländern zu bereinigen oder einer Lösung entgegenzuführen.

Es handelt sich im einzelnen um folgende Tatbestände : a. Während des Krieges wurden schweizerische Waren durch die italienischen Truppen requiriert. Anderes schweizerisches Eigentum ging infolge von Massnahmen, die von den italienischen Behörden angeordnet wurden, verloren. Eine von italienischer Seite nunmehr vorgeschlagene Globalentschädigung ist von schweizerischer Seite als annehmbar ^bezeichnet worden.

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

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6. Ein grosses landwirtschaftliches Gut schweizerischen Eigentums wurde in Italien auf Grund des Agrarreformgesetzes vom 21. Oktober 1950 enteignet.

Ohne den italienischen Behörden das Eecht der Anwendung der Agrarreform abzusprechen, haben die Bundesbehörden schon seit 1952 interveniert,, um für die enteigneten Güter eine den Prinzipien des Völkerrechts entsprechende Entschädigung zu verlangen. Eine Vereinbarung wurde abgeschlossen, welche die Bezahlung einer als gerecht zu betrachtenden Entschädigung vorsieht.

c. Obschon ein Entscheid des italienischen «Consiglio di Stato» die Patentierbarkeit von Fabrikationsverfahren pharmazeutischer Produkte anerkennt, weigerte sich das italienische Patentamt, schweizerischen Firmen entsprechende Patente auszustellen. Die italienischen Behörden haben jetzt die Zusicherung gegeben, diese Angelegenheit zu regeln.

d. Für das Grenzkraftwerk Val di Lei-Innerferrera bedarf es je einer schweizerischen und einer italienischen Wasserrechtsverleihung. Bei der Aufstellung und Bereinigung der inhaltlich in Übereinstimmung zu bringenden Entwürfe konnten jedoch in den vergangenen Jahren mit Italien nur mit grossen Verzögerungen Fortschritte erzielt werden. Obwohl im vergangenen Frühjahr die schweizerisch-italienischen Abkommen von 1949 und 1952.

über die Verleihung der Wasserkräfte des Eeno di Lei und über eine Grenzbereinigung im Val di Lei in Kraft getreten sind, haben sich wieder neue Schwierigkeiten ergeben.

.Anlässlich dieser Verhandlungen konnte eine Zusicherung erlangt werden,, welche die schweizerischerseits, insbesondere vom Kanton Graubünden,, schon lang ersehnte Konzessionserteilung in greifbare Nähe rücken lässt..

Italien hat sich verpflichtet, die Konzession bis Ende 1955 zu, erteilen.

e. Nachdem ursprünglich lediglich ein Darlehen von 200 Millionen Franken an die Italienischen Staatsbahnen zur Diskussion stand, zeigte sich im Verlaufe der. Vorberatungen die Notwendigkeit, den Bahmen etwas weiter zu spannen und auch gewisse italienische Privatbahnen in die finanzielle Hilfsaktion einzubeziehen. Es handelt sich dabei um die Centovalli-Bahn einerseits und die Ferrovia Alta Valtellina andererseits; vgl. beiliegende Kartenskizze.

Das italienische Teilstück der ersteren der beiden genannten, italienischen Privatbahnen, welche Domodossola an der Simplonroute
über die Grenzstation Camedo mit Locamo verbindet, befindet sich seit Jahren in schlechtem Zustand, was den touristischen Interessen der Gegend von Locamo abträglich ist. Für das ganze Einzugsgebiet Westschweiz, Wallis und Teile des Kantons Bern stellt der Weg über das Centovalli die kürzeste Eisenbahnverbindung nach der Gegend von Locamo und Gebieten des Tessins dar: Als Anschlussbahnen sind die SBB und die BLS am Verkehr über das Centovalli interessiert. Die für die schweizerische Strecke Locarno-Camedokonzessionierte Società Ferrovie Eegionali Ticinesi (FBT) hat von Bund

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und Kanton für die Instandstellung des schweizerischen Teils der Centovalli-Bahn im Kahmen einer Sanierung der Ferrovie ; Eegionali Ticinesi bereits beträchtliche Mittel erhalten.

: Eine im Jahre 1947 gemeinsam mit italienischen Fachleuten vorgenommene technische Untersuchung ergab, dass das italienische Teilstück, welches der Società Subalpina di imprese ferroviarie, Born, gehört,; mit rund 500 Millionen Lire, bzw. rund 3,6 Millionen Schweizerfranken, wieder in befriedigenden Zustand gebracht werden könnte. Anlässlich von Verhandlungen im Juni dieses Jahres erklärte sich Italien bereit, die Centovalli-Bahn technisch zu sanieren und die Finanzierung der Hälfte des Sanierungsbedarfes für das italienische Teilstück, somit rund 250 Millionen Lire oder rund 1,8 Millionen Schweizerfranken, zu übernehmen.: Die andere Hälfte wäre von der Società Subalpina aufzubringen, doch ist diese dazu nicht in der Lage.

Angesichts des grossen Interesses der Schweiz an der Beibehaltung dieser touristisch wichtigen Verbindungsbahn wurde nunmehr mit Italien vereinbart, dass die Schweiz aus den ihr aus dem Darlehen von 200 Millionen Franken-an die Italienischen Staatsbahnen zustehenden Zinsen der Società Subalpina rund 2 Millionen Franken als Darlehen zur Verfügung stellen wird.

Die zweite der erwähnten italienischen Privatbahnen, die normalspurige Ferrovia Alta Valtellina (F A V), stellt das 26 km lange Verbindungsstück zwischen der Endstation Tirano der Bernina-Strecke der Bhätischen Bahn und Sondrio dar, von wo eine Linie der italienischen Staatsbahnen über Colico-Lecco nach Mailand führt. Diese Staatsbahn-Strecke wurde während der letzten Jahre modernisiert und dabei auf Gleichstrom umgestellt, während die Ferrovia Alta Valtellina Drehstrom verwendet. Der Durchlauf elektrischer Triebfahrzeuge ist daher nicht mehr m öglich.

Wie viele italienische Privatbahnen hat auch die Ferrovia Alta Valtellina während des zweiten Weltkrieges beträchtlich gelitten,, nicht zuletzt deshalb, weil Unterbau, Oberbau und Eollmaterial nicht oder nur sehr ungenügend erneuert wurden. Unter Anrufung des italienischen Privatbahnhilfegesetzes hat sie ein Sanierungs-und Unterstützungsgesuch .eingereicht, das zurzeit vom Ministero dei Trasporti in Born geprüft wird. Dabei ist bisher auch über die grundsätzliche Frage, nämlich darüber, ob die
Ferrovia Alta Valtellina mit Staatshilfe erhalten und modernisiert oder durch einen anderen, eventuell schienenfreien öffentlichen Transportdienst ersetzt . werden soll, noch keine Entscheidung gefallen.

, Eine Umstellung auf schienenfreien Betrieb hätte für die Bhätische Bahn einen jährlichen Einnahmenausfall von rund 300000-350000 Franken zur Folge. Die ohnehin bereits mit Verlusten arbeitende Bernina-Strecke würde noch wesentlich stärker defizitär, wenn ihr die Transittransporte der Ferrovia Alta Valtellina, übernommen in Sondrio, von den italienischen Staatsbahnen und in Tirano auf das Bollmaterial der Bhätischen Bahn

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umgeladen, weitgehend verlorengehen müssten, Transporte, die vor allem nach dem Engadin, teils aber auch über dieses hinaus führen.

Der gesamte Finanzbedarf für die technische Sanierung der Ferrovia Alta Valtellina beläuft sich auf Grund einer ersten summarischen Expertise auf rund 1300 Millionen Lire bzw. rund 9,1 Millionen Schweizerfranken. Italien ist nunmehr die Verpflichtung eingegangen, dem italienischen Parlament eine besondere Gesetzesvorlage zu unterbreiten mit dem Antrag, diese Privatbahn beizubehalten und die Hälfte der erforderlichen Mittel, d.h.

rund 650 Millionen Lire oder rund 4,55 Millionen Schweizerfranken, zur Sanierung bereitzustellen. Dieses parlamentarische Verfahren ist mit Bücksicht auf die Höhe des zur Diskussion stehenden Betrages notwendig. Wird die Gesetzesvorlage angenommen, so ist die Schweiz wegen des Interesses der Ehätischen Bahnen an der Aufrechterhaltung und Modernisierung der fraglichen Bahn bereit, die andere Hälfte der Kosten in analoger Weise wie bei der Centovallibahn zu decken, da auch die Ferrovia Alta Valtellina dazu nicht in der Lage wäre.

Über die Einzelheiten haben sich die beiden Eegierungen später zu verständigen. Die schweizerischen Darlehen sollen eine Laufzeit von rund 25 Jahren haben und ihre Verzinsung und Eückzahlung durch den italienischen Staat garantiert werden.

/. In die Diskussion um das Darlehen von 200 Millionen Franken ist auch der schweizerisch-italienische Interessenkonflikt um die Schiffahrt auf dem Luganer- und dem Langensee einbezogen worden. Dieser stelltsich wie folgt dar: Vor dem zweiten Weltkrieg war die Schiffahrt auf den beiden schweizerischitalienischen Grenzseen so organisiert, dass die Schiffahrt auf dem Luganersee auschliesslich schweizerisch und jene auf dem Langensee rein italienisch war. Dabei ist die für die Schiffahrt auf den schweizerischen Gewässern des Luganersees konzessionierte Società Navigazione del Lago di Lugano (SNL), Lugano, trotzdem sie seit bald 100 Jahren auch die italienischen Uferstationen bedient, immer noch nicht im Besitze einer italienischen Schifffahrtskonzession.

Während des zweiten Weltkrieges und der ersten Nachkriegsjahre musste von der Schweiz, weil die italienische Schiffahrt auf dem Langensee während des Krieges zumeist eingestellt war und nach dem Kriege nur sehr langsam wieder einsetzte,
im Schweizer Becken ein schweizerischer Schiffahrtsbetrieb eingerichtet werden. Zu diesem Zwecke erhielten die Tessiner Regionalbahnen (FET), Locamo, eine schweizerische Schiffahrtskonzession.

Seit 1953 verlangt Italien die Wiederherstellung des früheren Zustandes.

Insbesondere bewirbt sich bei den italienischen Behörden eine italienische Unternehmung um eine Konzession für die Schiffahrt auf den italienischen Gewässern des Luganersees. Dieses Gesuch kann nach Auffassung der italienischen Behörden nur abgelehnt werden, wenn sich die Schweiz dazu

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entschliesst, die Schiffahrt auf dem Schweizer Becken des Langensees wieder ausschliesslich einer italienischen Unternehmung zu überlassen. Die Konkurrenz einer italienischen 'Schiffahrtsgesellschaft auf dem Luganersee könnte nun aber für die schweizerische Schiffahrtsgesellschaft zur Quelle schwerer finanzieller Einbussen werden. Anderseits ist die schweizerische Schiffahrt auf dem Langensee defizitär.

Anlässlich der Darlehensverhandlungen konnten die Fragen der Schiffahrt auf den schweizerisch-italienischen Grenzseen in der Weise bereinigt werden, dass Italien der Società Navigazione del Lago di Lugano die ausschliessliche Konzession für die regehnässige Schiffahrt auf den italienischen Gewässern dieses Sees, erteilt, sobald anderseits die Schweiz eine italienische Unternehmung für die Schiffahrt auf dem Schweizer Becken des Langensees konzessioniert.

g. Schliesslich haben sich die italienischen Behörden bereit erklärt, die Verhandlungen zum Abschluss eines Luftverkehrs- und Doppelbesteuerungsabkommens wieder aufzunehmen.

Nebst dem oben erwähnten Abkommen vom 23. Juli 1955 zwischen den beiden Eegierungen über die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien nach der Schweiz (nachstehend «Abkommen» genannt) wurde in dieser Sache am gleichen Tage eine Vereinbarung zwischen den SBB und den italienischen Staatsbahnen (nachstehend «Vereinbarung» genannt) unterzeichnet, die insbesondere die Modalitäten des Darlehens enthält. Gegenstand des Eatifikationsverfahrens bildet indessen allein das Abkommen.

u. Das zwischenstaatliche Abkommen :

Art. l '.

: · .

Durch diesen Artikel - vgl. dazu auch die Vereinbarung Artikel l - verpflichtet sich die italienische Eegierung, die Italienischen Staatsbahnen in die Lage zu versetzen, die unter Ziffer l bis 6 genannten Ausbauarbeiten - vgl.

beiliegende Kartenskizze,-, für deren Verwirklichung das Darlehen gewährt worden ist, innerhalb einer Frist von 4 bis 6 Jahren zu vollenden. Die Italienischen Staatsbahnen sind an die vereinbarte Eeihenfolge gehalten, wobei es ihnen natürlich auch im schweizerischen Interesse - freigestellt wurde, verschiedene Bauvorhaben miteinander in Angriff zu nehmen.

Die Wahl der Eeihenfolge lässt erkennen, dass in erster Linie die bereits elektrifizierte Hauptzufahrtslinie zum Simplon und Lötschberg zu einer voll leistungsfähigen Strecke ausgebaut werden soll. Dazu gehören im wesentlichen die Schliessung der noch bestehenden Doppelspurlücke und ; die Beendigung der Ausbauarbeiten im Bahnhof Domodossola.

Die an dritter Stelle folgende Elektrifikation der Strecke (Bellinzona-Cadenazzo-) Pino-Luino mit dem schweizerischen Stromsystem wird den SBB ge; "

478 statten, auf dieser längsten noch verbleibenden Dampfstrecke der Schweiz zu einer wirtschaftlicheren Betriebsweise überzugehen. Obwohl die festen Anlagen auf italienischem Boden im Eigentum der Italienischen Staatsbahnen stehen, versehen die SBB den Zugförderungs- und Zugbegleitungsdienst von Bellinzona bis Luino. Der noch mit Dampf betriebene schweizerische Streckenabschnitt Cadenazzo-Landesgrenze/Pino soll von den SBB selbst elektrifiziert werden.

Erst an vierter Stelle setzen damit die Elektrifikationen eigentlicher Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen ein, wobei wiederum die direkte Zubringerlinie zum Simplon und Lötschberg (Alessandria-Novara-Arona) an die Spitze gestellt wird.

Mit dem nachfolgenden Ausbau der linksufrigen Langenseelinie nach Luino wird auch der Gotthard über eine weitere leistungsfähige Zufahrt aus dem Süden verfügen. Mit der Elektrifikation der Verbindungsstrecken GallarateLaveno wird sohliesslich auch der aus Richtung Mailand und Rho (dem Standort verschiedener Erdölraffinerien) kommende Verkehr ohne Umwege oder Traktionswechsel nach Luino geleitet werden, können.

Der nach Finanzierung dieser Bauten bis zur vollen Inanspruchnahme des Darlehens von 200 Millionen Franken voraussichtlich noch verbleibende Restbetrag von rund 60 Millionen Franken soll schliesslich gemäss Ziffer 6 für den Ausbau der Kraftwerke, die für die Stromversorgung der neu elektrifizierten Linien notwendig sind, sowie für die Beschaffung elektrischer Lokomotiven Verwendung finden.

Für die Finanzierung der weiteren Bauvorhaben ihres Ausbauprogrammes, d.h. für die Umstellung des ligurischen Drehstromnetzes auf Gleichstrom sowie die Elektrifikation der Strecken Ancona-Sulmona und (Mailand-) Rho-SanthiàTurin, werden die Italienischen Staatsbahnen somit selber aufzukommen haben.

Unter Berücksichtigung der in einem Postulat AgostinettJ vom 22. Juni 1955 sowie seitens der BLS formulierten Anregung hat die schweizerische Delegation in den Verhandlungen mit Italien versucht, auch die Elektrifikation der Strecke Arona-Santhià in die Liste der mit dem Darlehen von 200 Millionen Franken auszuführenden Bauten aufzunehmen. Die Vertreter der Italienischen Staatsbahnen wiesen jedoch darauf hin, dass die Elektrifikation dieser ohnehin nur wenig befahrenen Strecke kostspielige Sromversorgungsanlagen
erfordern würde und weder Italien noch der Schweiz einen Nutzen brächte, solange nicht auch die anschliessende Hauptlinie von Santhià nach Turin im elektrischen Betriebe stehe. Ist dies einmal der Fall, so wird die Speisung der Strecke mit elektrischem Strom von den beiden Endpunkten aus mit bedeutend einfacheren Mitteln möglich sein, und die Italienischen Staatsbahnen wären nicht abgeneigt, die Elektrifikation auf jenen Zeitpunkt hin in Erwägung zu ziehen. Um die schweizerischen Bedenken gänzlich zu zerstreuen, gaben die Vertreter der Italienischen Staatsbahnen die verbindliche protokollarische Erklärung ab, dass ohne Rücksicht auf den künftigen Entscheid über die Elektrifikation dieser Strecke die Tarife für Sendungen von oder nach Turin oder darüber hinaus weiterhin über die Strecke Arona-Santhià berechnet werden sollen, auch wenn die Sendungen

479 in Wirklichkeit aus Gründen eines wirtschaftlicheren Betriebes über den elektrifizierten längeren Weg, d.h. über Novara, rollen werden.

Art, 2 Der Artikel verpflichtet die schweizerische Regierung, die Finanzierung des in Artikel l erwähnten Vorhabens zu bewilligen. Dies geschieht durch ein Darlehen von 200 Millionen Schweizerfranken der SBB an die Italienischen Staatsbahnen. Der Betrag wird vom Bund den SBB zur Verfügung gestellt und macht diese - ähnlich wie im Falle der Französischen Nationalbahnen - zum Schuldner des Bundes und zum Gläubiger der Italienischen Staatsbahnen. Auf diese Weise ist es gelungen, neben den erwähnten schweizerischen Postulaten allgemeiner Natur, im Abkommen und in der Vereinbarung der beiden Bahnverwaltungen auch den besonderen Anliegen der SBB Rechnung zu tragen. Die im internationalen Eisenbahnverkehr unerlässliche vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen benachbarten Bahnverwaltungen wird damit gefördert und die Stellung der SBB gefestigt. In ihrer Vermittlerrolle treten die SBB dem Bund die Beträge ab, die sie von den Italienischen Staatsbahnen als Zins und jährliche Amortisationsleistungen erhalten. Den SBB erwachsen aus der Transaktion,keine finanziellen Verpflichtungen. Die Beziehungen zwischen ihnen und dem Bund werden in einer besonderen Vereinbarung mit dem eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement geregelt.

In der Vereinbarung (Artikel 2) gehen die Italienischen Staatsbahnen die Verpflichtung ein, den Darlehensbetrag ausschliesslich für die in Aussicht genommenen Arbeiten zu verwenden.

Art. 3

:

Für die Modalitäten des Darlehens ist die Vereinbarung massgeblich.

Gemäss Vereinbarung Artikel 3 gelangen die Italienischen Staatsbahnen nach Inkrafttreten des Abkommens auf einmal in den Besitz des Darlehensbetrages.

Der Zins beträgt während der Bauzeit von sechs Jahren 33/4 Prozent. Er erhöht sich in der Folge für weitere sechs Jahre auf '4% Prozent und für die restlichen 14 Jahre auf 4% Prozent. Der Durchschnittszins für die ganze Darlehensdauer kommt auf 4,22 Prozent zu stehen. Die Zinsen sind jährlich zu bezahlen, erstmals am I.Februar 1957.

Die Laufzeit des Darlehens - vgl. Vereinbarung Artikel 4 - beträgt 26 Jahre und beginnt mit dem Inkrafttreten des Abkommens. Die geliehene Summe ist 16 Jahre fest und wird in den letzten zehn Jahren in gleichmässigen Baten getilgt.

, , .

Die Italienischen Staatsbahnen haben die Möglichkeit, das Darlehen vorzeitig zürückzubezahlen. Gegebenenfalls haben sich die Vertragsparteien über die Modalitäten zu verständigen.

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Art. 4 Der gesamte Darlehensbetrag wurde unter den weiter oben angeführten Vorbehalten bereits über das schweizerisch-italienische Zahlungsabkommen nach Italien transferiert, d.h. über die Europäische Zahlungsunion. Andererseits hat sich der Zinsen- und Amortisationsdienst in freien Schweizerfranken ausserhalb jedes gebundenen Zahlungsverkehrs abzuwickeln.

Diese Lösung ist für die Schweiz, wie schon erwähnt, besonders vorteilhaft, weil sie bei der Kapitalhingabe den Bundeskredit gegenüber der Zahlungsunion entlastet, ohne dass später für den Darlehensdienst Mittel des gebundenen Zahlungsverkehrs in Anspruch genommen werden müssen.

Art. 5 Der italienische Staat garantiert den Zinsendienst und die Kückzahlung des Kapitals.

Die SBB sind im Bahn-Abrechnungsverkehr mit Italien regelmässig Gläubiger. Deshalb konnte auf diesem Wege eine analoge Eegelung wie im Falle der Französischen Nationalbahnen - denen gegenüber die SBB ordentlicherweise Schuldner sind - nicht zur Diskussion gestellt werden, wonach nötigenfalls die Verpflichtungen für Verzinsung und Amortisationen des Darlehens mit Gegenforderungen der SBB verrechnet werden könnten.

Art. 6 Es ist für die künftige Entwicklung des Eisenbahntransitverkehrs über die italienisch-schweizerischen Übergänge ,von Chiasso, Domodossola und Luino von Bedeutung, dass sich nicht nur die italienische Eisenbahnverwaltung, sondern vielmehr auch die italienische Eegierung bereit erklärt, geeignete Massnahmen zur Förderung des Eisenbahnverkehrs zwischen den beiden Ländern und des Transitverkehrs über die genannten Grenzpunkte zu treffen. Damit soll nicht nur eine befriedigende Abwicklung des internationalen Verkehrs, sondern auch eine rasche und zuvorkommende Behandlung in bezug auf die Kontrollformalitäten im gegenseitigen Verkehr durch beide Staaten gewährleistet sein. Es ist für die SBB auch von Wichtigkeit, besonders hinsichtlich des Ausbaues von Chiasso, damit rechnen zu können, dass die Italienischen Staatsbahnen zu einem raschen Ausbau der Anlagen Hand bieten werden.

Es wird in diesem Artikel ferner festgehalten, dass beide Länder die genannten drei Grenzübergänge auf keinen Fall schlechter behandeln dürfen als andere Grenzstationen; beide Eegierungen werden sich diskriminierender Massnahmen enthalten, besonders was die grenzpolizeilichen, administrativen und Zollformalitäten betrifft.

Artikel 6, 7 und 8 der Vereinbarung ergänzen diese Bestimmung.

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: Art. 7 Dieser Artikel sieht das Inkrafttreten des Abkommens nach erfolgreicher Durchführung des Ratifikationsverfahrens in beiden Ländern vor.

Die entsprechende Frage wird in der Vereinbarung (Artikel 9) behandelt.

Wir beehren uns, Ihnen vorzuschlagen, dem vorliegenden Abkommen durch Annahme des beihegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschluss zuzustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. August 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre 2231

Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Abkommens über die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 24. August 1955, beschliesst:

Art. l Das am 23. Juli 1955 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik abgeschlossene Abkommen über die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, dieses Abkommen zu ratifizieren.

Art, 2 Dieser Beschluss untersteht den Bestimmungen von Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung betreffend die Unterstellung der Staatsverträge unter das Referendum.

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Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Abkommen zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik betreffend die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz

Die Schweizerische Eidgenossenschaft einerseits

und die Italienische Republik andererseits haben auf Grund von Besprechungen und im Hinblick auf die Bedeutung, welche dem Ausbau und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz für die Entwicklung der schweizerischitalienischen Eisenbahnverbindungen und des Transitverkehrs zukommt, im Geiste gegenseitiger Zusammenarbeit und Freundschaft, der seit jeher die Beziehungen zwischen den beiden Ländern ausgezeichnet hat, folgendes vereinbart : : Art. l Die italienische Eegierung verpflichtet sich, den Italienischen Staatsbahnen zu ermöglichen, die in der Vereinbarung vom 23. Juli 1955 zwischen den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und den «Ferrovie italiane dello Stato» (FS) über die Finanzierung dés Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz bezeichneten Ausbauarbeiten innert einer Frist von 4-6 Jahren nach Inkrafttreten dieses Abkommens in der nachfolgenden Reihenfolge oder gleichzeitig durchzuführen. : Es handelt sich um folgende Projekte: 1. Bau der Doppelspur zwischen Gallarate und Arona, einschliesslich der Elektrifikation des zweiten Geleises.

2. Beendigung der Ausbauarbeiten im Bahnhof Domodossola im Rahmen der hierüber bestehenden Vereinbarung.

3. Elektrifikation der Linie Pino (Grenze)-Luino (Einphasen-Wechselstrom von 15 kV und 162/3 Perioden) auf Grund einer von den beiden Verwaltungen noch abzuschliessenden besonderen Vereinbarung.

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4. Elektrifikation der Linie Alessandria-Novara-Oleggio-Arona.

5. Elektrifikation der Linien Oleggio-Sesto Calende-Luino und LavenoGallarate, einschliesslich der Erweiterung des Bahnhofes Luino.

6. Erweiterung der Kraftwerke, die zur Speisung der erwähnten zu elektrifizierenden Linien vorgesehen sind, und Anschaffung von Lokomotiven für den Betrieb dieser Linien.

Des weiteren verpflichtet sich die italienische Eegierung, den Italienischen Staatsbahnen zu ermöglichen, die Anlagen der in Ziffer 4 und 5 genannten Linien mit Bezug auf die Elektrifikation den Anforderungen gut ausgerüsteter Güterzugslinien anzupassen.

Art. 2 Die schweizerische Eegierung verpflichtet sich, die Finanzierung der in Artikel l umschriebenen Ausbau- und Elektrifikationsarbeiten durch ein Darlehen der SBB an die Italienischen Staatsbahnen im Betrage von 200 Millionen Schweizerfranken zu bewilligen.

Art. 3 Die Bedingungen der im vorangehenden Artikel vorgesehenen Finanzierung bilden Gegenstand einer besonderen Vereinbarung zwischen den SBB und den Italienischen Staatsbahnen.

Art. 4 Die Überweisung der Darlehenssumme erfolgt im gebundenen Zahlungsverkehr, d.h. über das bestehende schweizerisch-italienische Zahlungsabkommen.

Der Amortisations- und Zinsendienst erfolgt ausserhalb jedes gebundenen Zahlungsverkehrs in freien Schweizerfranken.

Art. 5 Der italienische Staat garantiert die Kückzahlung und Verzinsung des obgenannten Darlehens.

Art. 6 Die beiden Eegierungen verpflichten sich, alle geeigneten Massnahmen zur Förderung des Eisenbahnverkehrs zwischen den beiden Ländern sowie des Transitverkehrs über die Bahnhöfe Chiasso, Domodossola und Luino zu ergreifen. Diese Grenzübergänge dürfen von beiden Ländern in keinem Falle ungünstiger behandelt werden als ihre übrigen Grenzübergänge. Beide Eegierungen unterlassen alle diskriminierenden Massnahmen, insbesondere was die Kontrollformalitäten betrifft. Sie verpflichten sich des weiteren, für ihren gegenseitigen Verkehr alle geeigneten Vorkehren zu treffen, um die zolldienstliche, grenzpolizeiliche und administrative Behandlung innert kürzester Zeit und unter günstigsten Bedingungen zu ermöglichen.

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Art. 7 ' Das vorstehende Abkommen tritt nach Austausch der Eatifikationsurkunden in Kraft.

Erstellt in doppelter Ausfertigung in ROm, am 23. Juli 1955.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft : (gez.) Dr. M. Iklé

·

Für die Italienische Eepublik : (gez.) A. Cattani

:

. Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Vereinbarung zwischen

den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und den «Ferrovie italiane dello Stato (FS)» betreffend die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der «Ferrovie italiane dello Stato» nach der Schweiz

Gestützt auf das Abkommen vom 28. Juli 1955 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Eepublik betreffend die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsbahnen nach der Schweiz vereinbaren die SBB und die Italienischen Staatsbahnen was folgt : Art. l Die Italienischen Staatsbahnen verpflichten sich, innert einer Frist von 4-6 Jahren nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung folgende Arbeiten in der nachstehenden Reihenfolge oder gleichzeitig auszuführen : 1. Bau der Doppelspur zwischen Gallarate und Arona, einschliesslich der Elektrifikation des zweiten Geleises.

2. Beendigung der Ausbauarbeiten im Bahnhof Domodossola im Rahmen der hierüber bestehenden Vereinbarung.

: i· .

3. Elektrifikation der Linie Pino (Gr.)-Luino (Einphasen-Wechselstrom von 15 kV und 162/3 Perioden) auf Grund einer von den beiden Verwaltungen!

noch abzuschliessenden besonderen Vereinbarung.



486

'

.

4. Elektrifikation der Linie Alessandria-Novara-Oleggio-Arona.

5. Blektrifikation der Linien Oleggio-Sesto Calende-Luino und LavenoGallarate, einschliesslioh der Erweiterung des Bahnhofes Luino.

6. Erweiterung der Kraftwerke, die für die Speisung der erwähnten zu elektrifizierenden Linien vorgesehen sind, und Anschaffung von Lokomotiven für den Betrieb dieser Linien.

Die Italienischen Staatsbahnen verpflichten sich, anlässlich der Elektrifikation der in Ziffer 4 und 5 genannten Linien die Anlagen den Ansprüchen gut ausgerüsteter Güterzugslinien anzupassen.

Art. 2 Die SBB gewähren den Italienischen Staatsbahnen als Beitrag an die Finanzierung der in Artikel l genannten Arbeiten ein Darlehen von 200 Millionen Schweizerfranken. · Die Italienischen Staatsbahnen verpflichten sich, den ihnen von den SBB auf Grund dieser Vereinbarung zur Verfügung gestellten Betrag ausschliesslich zur Durchführung der in Artikel l genannten Ausbauarbeiten zu verwenden.

Art. 3 Die Darlehenssumme wird den Italienischen Staatsbahnen von den SBB nach Inkrafttreten des oben erwähnten Abkommens zwischen der schweizerischen und italienischen Regierung auf einmal überwiesen.

Die geliehene Summe ist1 vom Tage der Überweisung an die Italienischen Staatsbahnen an zu verzinsen. Der jährliche Zinsfuss ist wie folgt festgesetzt für die ersten 6 Jahre 33/4 Prozent vom siebenten bis und mit dem zwölften Jahr . . .

41/4 Prozent für die letzten 14 Jahre .

4J/2 Prozent Die Zinsen sind am I.Februar jeden Jahres zu bezahlen, erstmals am I.Februar 1957.

Art. 4 Das Darlehen wird für eine Zeitdauer von 26 Jahren gewährt; die Laufzeit beginnt mit dem Inkrafttreten des oben erwähnten Abkommens zwischen der schweizerischen und der italienischen Regierung.

Die Darlehenssumrae ist innerhalb der letzten 10 Jahre durch gleichbleibende Jahresraten zu tilgen.

Die Italienischen Staatsbahnen können jederzeit verlangen, ihre Schuld gegenüber den SBB vorzeitig ganz oder teilweise zurückzuzahlen. Gegebenenfalls werden sie mit den SBB Fühlung nehmen, um die Modalitäten einer solchen Rückzahlung festzulegen.

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Art. 5 Für die Zahlungsabwicklung zwischen den SBB und den Italienischen Staatsbahnen gilt Artikel 4 des Abkommens zwischen den beiden. Begierungen..

Art. 6

:

Die beiden Verwaltungen verpflichten sich, alle geeigneten betrieblichen und tarif arischen Massnahmen zu ergreifen, um den Eisenbahnverkehr zwischen den.

beiden Ländern sowie den Transitverkehr über die Grenzpunkte Chiasso, Domodossola und Luino zu fördern. Diese Grenzübergänge dürfen von beiden Ländern in keinem Falle ungünstiger behandelt werden als ihre übrigen Grenzübergänge.

1

Art. 7

Die SBB und die Italienischen Staatsbahnen erklären sich insbesondere bereit, - einen baldigen Ausbau der Bahnhöfe von Chiasso, Doinodossola und Luino und ihre Anpassung an die Bedürfnisse des Verkehrs, entsprechend den bestehenden Verträgen über die Gemeinschaftsbahnhöfe, gemeinsam an die Hand zu.

nehmen; - ihre Anstrengungen zur Erhöhung der kommerziellen Geschwindigkeit der Züge im Verkehr zwischen den beiden Ländern weiterzuverfqlgen und zu verstärken und die Betriebsbedingungen in diesen Grenzbahnhöfen zu verbessern.

· · - Art. 8 Eine Kommission, bestehend aus den Vertretern der interessierten Verwaltungen (FS, SBB, BLS), tritt jährlich mindestens einmal zusammen, um auf der Ebene der leitenden Persönlichkeiten die Eisenbahnverkehrsfragen zu behandeln, welche zwischen den beiden Ländern entstehen können oder die sich aus der Anwendung dieser Vereinbarung ergeben.

;

' '· Art. 9 Die vorliegende Vereinbarung ist von den schweizerischen und italienischen.

Eisenbahnbehörden zu genehmigen und tritt mit dem oben erwähnten Abkommen zwischen den beiden Eegierungen in Kraft.

Erstellt in doppelter Ausfertigung in Rom am 23. Juli 1955.

: Im Namen der Schweizerischen Bundesbahnen : (gez.) Gschwind

Im Namen der «Ferrovie italiane dello Stato»: (gez.) Giov.dj Raimondo

488 Ausbau und Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien italienischer Eisenbahnen nach der Schweiz

Bereits elektrifizierte einspurige Haupt- und Nebenlinien Bereits elektrifizierte doppelspurige Haupt- und Nebenlinien Noch mit Dampf betriebene einspurige Linien Noch mit Dampf betriebene doppelspurige Linien Zur Zeit im Umbau für elektrischen Betrieb Gemäss Abkommen, Art. 1, zu elektrifizierende Linien Zu sanierende Privatbahnen Von SBB zu elektrifizieren (Pino-Cadenazzo)

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Abkommens über die Finanzierung des Ausbaues und der Elektrifikation gewisser Zufahrtslinien der Italienischen Staatsba...

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1955

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2

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35

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6942

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.09.1955

Date Data Seite

470-488

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