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Bundesblatt 107. Jahrgang

Bern, den 18. Oktober 1955

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 16 franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Happen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Sern

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Volksinitiative zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund (Vom 4. Oktober 1955) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend unseren Bericht über die Volksinitiative zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund vorzulegen.

Diese Initiative ist mit 59 333 gültigen Unterschriften am 23. Februar 1953 vom «Überparteilichen Komitee zum Schutze der Stromlandschaft EheinfallRheinau>> der Bundeskanzlei eingereicht worden. Sie hat folgenden Wortlaut: Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizerburger verlangen auf dem Wege der Volksinitiative, dass der Artikel 89 der Bundesverfassung wie folgt ergänzt werden soll: Die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen (Art. 24bis, Abs. 4) bedürfen der Zustimmung beider Bäte und sollen dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wenn es von 30 000 stimmberechtigtenSchweizerbürgernn oder acht Kantonen verlangt wird.

Übergangsbestimmung: Artikel 89, neuer Absatz, findet Anwendung auf alle vom Bund zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen, welche am 1. September 1952 noch nicht erteilt sind.

Les citoyens suisses soussignés, qui possèdent le droit de vote, demandent par voie d'initiative populaire que l'article 89 de la constitution fédérale soit complété comme suit: Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

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Les concessions pour l'utilisation des forces hydrauliques qu'il appartient à la Confédération d'octroyer (art. 24bls, 4e alinéa) doivent être approuvées par les deux Conseils et soumises à l'adoption ou au rejet du peuple lorsque la demande en est faite par 30 000 citoyens suisses ayant droit de vote ou par huit cantons.

Disposition transitoire: L'article 89, nouvel alinéa, est applicable à toutes les concessions pour l'utilisation des forces hydrauliques, non encore octroyées le 1er septembre 1952.

I sottoscritti cittadini svizzeri, aventi diritto di voto, chiedono - in base al diritto d'iniziativa popolare - che l'articolo 89 della Costituzione federale venga completato nel modo seguente: ·Le concessioni per l'utilizzazione di forze idrauliche accordate dalla Confederazione (art. 24bis, capoverso 4) devono-essere approvate da ambo i Consigli legislativi, e sottoposte al popolo per l'accettazione o il rifiuto quando ciò sia domandato da 80 000 cittadini svizzeri, aventi diritto di voto, oppure da otto cantoni.

Disposizione transitoria: L'articolo 89, nuovo capoverso, sarà applicato a tutte le concessioni per il conferimento dei diritti d'utilizzazione di forze idrauliche non ancora accordate il 1° settembre 1952.

Die Initianten haben einigen persönlich genannten Unterzeichnern die Befugnis eingeräumt, die Initiative «zugunsten eines Gegenvorschlages der Bundesversammlung oder vorbehaltlos zurückzuziehen».

Am 5. bzw. am 19. Juni 1953 haben der Ständerat und der Nationalrat von unserem Bericht vom 20. März 1953 (BEI 1953, I, S. 673) über das Zustandekommen des Volksbegehrens Kenntnis genommen und uns eingeladen, in der Sache selbst Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen.

Erster Teil

Form und Inhalt des Volksbegehrens 1. Die Verfassungsinitiative ist in den drei Amtssprachen des Bundes eingereicht worden. Es ist daher vorerst die inhaltliche Übereinstimmung dieser drei Texte zu überprüfen.

Bezüglich der Hauptbestimmung kann festgestellt werden, dass alle drei Texte übereinstimmen, wenn man davon absehen will, dass im italienischen Text die Worte «zu erteilenden Konzessionen» übersetzt sind durch die Worte «concessioni accordate». Sinngemäss entspricht jedoch namentlich der französische Text nicht genau dem deutschen, welch letzterer aber seinerseits nicht

689 ganz:eindeutig formuliert ist. Wir -werden weiter unten auf diese Unklarheit der Formulierung zurückkommen (vgl. S . 648).

. ' " . . · · Bei der Übergangsbestimmung wird der deutsche Text durch die beiden Übersetzungen nicht wörtlich wiedergegeben. Im Gegensatz zum deutschen Text, in welchem nur von den vom Bunde zu erteilenden Wasserrechts^konzessionen die Eede ist, sprechen der französische und der italienische Text: schlechtweg von Konzessionen, welche am 1. September 1952 noch nicht erteilt sind. Indem aber die Übergangsbestimmung in allen drei Texten ausdrücklich auf den vorgeschlagenen neuen Absatz von Artikel 89 der Bundesverfassung Bezug nimmt, in welchem lediglich von den vom Bunde gemäss Artikel 24bls, Absatz 4, B V zu erteilenden Konzessionen die Eede ist, darf festgestellt werden, dass weder die französische noch die italienische Übersetzung einen anderen Sinn und eine andere Auslegung der Eechtsnorm zulässt als der deutsche Text, dass also die drei Texte inhaltlich übereinstimmen. Eine Angleichung der Texte dürfte sich unter diesen Umständen erübrigen.

2., Es stellt sich weiter die Frage, wo der neue Absatz in Artikel 89 der Bundesverfassung eingefügt werden soll, falls diese Ergänzung, von Volk und Ständen angenommen, Verfassungsrecht würde. Die Initiative enthält darüber keinen Hinweis. · ; Artikel 89 BV umfasst heute, nachdem Volk und Stände am 11. September 1949 Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung aufgehoben und durch einen Artikel 891318 ersetzt haben, drei Absätze. Der damalige Absatz 4 - die Eegelung des Staatsvertragsreferendums - ist nach dem erwähnten Volksentscheid gemäss bisheriger Praxis zu Absatz 3 geworden (vgl. in diesem Zusammenhang Verhandlungen der Bundesversammlung betreffend Grenzregulierung im Val di Lei.

StenBull 1953, Ständerat S. 18; Nationalrat S. 207).

Systematisch wäre der vorgeschlagene neue Verfassungssatz wohl als Absatz 3 in Artikel 89 einzufügen, wodurch der heutige Artikel 89, Absatz 3, wiederum zu Absatz 4 würde. Das postulierte neue Verfassungsrecht würde nämlich, wie dies Artikel 89, Absatz l und 2, ebenfalls tun, landesinterne Verhältnisse regeln. ; Dagegen befasst sich der heutige Artikel 89, Absatz 3, - das Institut des Staatsvertragsreferendums - mit den Beziehungen der Schweiz 'zum Auslande.

: · ' Zweifellos ist die Bundesversammlung,
da die Initiative keine bindende Anordnung gibt, kompetent, zu entscheiden, an welcher Stelle der neue Absatz in Artikel 89 der Bundesverfassung eingefügt werden soll. Wir beantragen Ihnen, festzustellen, der vorgeschlagene Verfassungssatz wäre für den Fall, dass er zum Verfassungsrecht erhoben werden sollte, als Artikel 89, Absatz 3, in die Bundesverfassung aufzunehmen. Damit würde der heutige Absatz 3 - die Eegelung des Staatsvertragsreferendums - neuerdings zu Artikel 89, Absatz 4, der Bundesverfassung.

i Grundsätzlich erachten wir es zwar nicht für zweckmässig, die vorgeschlagene Bestimmung überhaupt bei Artikel 89 der Bundesverfassung unter-

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zubringen.^Denn bei dieser Bestimmung, welche ganz generell Zuständigkeitsfragen regelt, wirkt die speziell auf Wasserwerke bezogene Vorschrift als Fremdkörper. Es wäre richtiger, sie bei Artikel 24l)is der Bundesverfassung als Absatz 4a einzufügen. Es ist in diesem Zusammenhang interessant, zu erwähnen, dass das Überparteiliche Komitee zum Schutze der Stromlandschaft BheinfallBheinau vor der Lancierung der Eheinauinitiative und der vorliegenden Initiative beabsichtigte, eine «Volksinitiative betreffend Landschaftsschutz und Erteilung von Wasserrechtskonzessionen» vorzulegen, die die Begehren beider Initiativen enthalten hätte. Nach diesem Vorschlag wäre das Begehren der vorliegenden Initiative systematisch richtig als Ergänzung von Artikel 24Ws, Absatz 4, der Bundesverfassung vorgesehen gewesen.

Die heute vorliegende Volksinitiative verlangt indessen unzweideutig eine Ergänzung von Artikel 89 der Bundesverfassung. Diese Anordnung der Initianten ist verbindlich; sie könnte nur auf dem Wege eines Gegenvorschlages zur Diskussion gestellt werden.

8. Die Volksinitiative zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund hat die gleiche äussere Veranlassung wie die am 5. Dezember 1954 von Volk und Ständen verworfene Eheinauinitiative und sie ist auch gleichzeitig lanciert und eingereicht worden.

.Sie wird daher da und dort als «Eheinauinitiative II» bezeichnet. Indessen bezieht sie sich in keiner Weise auf das in Bau befindliche Grenzkraftwerk Eheinau und wäre auch auf dasselbe nicht anwendbar.

Durch die vorgeschlagene Ergänzung von Artikel 89 der Bundesverfassung verfolgen die Initianten das Ziel, bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund eine Beachtung der Forderungen des Natur- und Heimatschutzes dadurch sicherzustellen, dass diese Verleihungen künftig nicht mehr nach der im Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WEG) getroffenen Kompetenzordnung vom Bundesrat abschliessend erteilt werden können, sondern an die Zustimmung der beiden Eäte geknüpft und dem fakultativen Eeferendum unterstellt werden.

Die Initiative will somit primär eine grundlegende Änderung der geltenden Kompetenzordnung im Bereiche des eidgenössischen Wasserrechtes bewirken; wir bezeichnen sie deshalb in der Folge als
«Wasserrechtsinitiative».

Zw.eiter Teil Materielle Beurteilung des Volksbegehrens 1. Abschnitt Die Hauptbestimmimg In der Absicht, die durch die Wasserrechtsinitiative vorgeschlagene neue Kompetenzordnung zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund klar zur Darstellung zu bringen und die Beurteilung ihrer Zweckmässigkeit

641 und praktischen Opportunität zu erleichtern, halten wir es für sachdienlich, vorerst in einer kurzen Übersicht die Kompetenzen des Bundes zur Begründung von Wasserrechten nach geltendem Verfassungs- und Gesetzesrecht darzustellen und auszuführen, wie diese Kompetenzen durch den Bundesrat bisher gehandhabt worden ,sind. : A. Die Kompetenzen des Bandes zar Begründung von Wasserrechten nach geltendem Verfassungs- und Gesetzesrecht Die Bundesverfassung legt in Artikel 24Ws, Absatz 8, den Grundsatz fest, dass die Eegelung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte unter Vorbehalt der gestützt auf Absatz 2 aufgestellten allgemeinen Bundesgesetzesvorschriften den Kantonen zusteht. In Absatz 4 bestimmt die Verfassung aber: «Wenn jedoch eine Gewässerstrecke, die für die Gewinnung einer Wasserkraft in Anspruch genommen wird, unter der Hoheit mehrerer Kantone steht und sich diese nicht über eine gemeinsame Konzession verständigen können, so ist die Erteilung der Konzession Sache des Bundes. Ebenso steht dem Bunde unter Beiziehung der beteiligten Kantone die Konzessionserteilung an Gewässerstrecken zu, die die Landesgrenze bilden.» Das eidgenössische Wasserrechtsgesetz führt diesen .Verfassungsgrundsatz näher aus; es bestimmt, welche Bundesbehörde zuständig ist, die in Artikel 24Ws, Absatz 4, vorgesehenen Wasserrechtskonzessionen zu erteilen. Da Wasserkräfte auch auf anderer Grundlage als derjenigen der Konzession nutzbar gemacht werden können, regelt das Gesetz auch diesen in der Verfassung nicht ausdrücklich genannten Fall. Letzterer ist nämlich dann gegeben, wenn das nach kantonalem Eecht verfügungsberechtigte Gemeinwesen (Kanton,! Bezirk, Gemeinde oder Körperschaft) die Wasserkraft selber, also kraft seines eigenen Hoheitsrechtes ausnützen will; er kann ferner vorliegen, wenn ein verfügungsberechtigtes Gemeinwesen das Nutzungsrecht einem anderen Gemeinwesen einräumen will, in welchem Falle hiefür die Formen des Gesetzes, Beschlusses, Konkordates oder Vertrages denkbar sind. Derartige Fälle hat Artikel 3 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes_ im Auge.

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J. Der Bundesrat als Konzessionsbehörde bei Gewässerstrecken auf dem Gebiete ·' mehrerer Kantone (Art. 6 und 38, Abs. 2, WBG) 1. Können eich bei der Nutzbarmachung der Wasserkraft einer Gewässerstrecke, die im Gebiete mehrerer Kantone liegt, oder bei
der Nutzbarmachung mehrerer Gewässerstrecken, die in verschiedenen Kantonen liegen, in ein und demselben Werk, die beteiligten Kantone nicht einigen, so entscheidet der Bundesrat. Dieser hat bei seinem Entscheid ausdrücklich «die Gesetzgebung der Kantone und die Vor- und Nachteile des Werkes für sie in billiger Weise zu berücksichtigen» (Art. 6, Abs. l und 2, WEG).

Für den Fall, dass Wasserrechte an Gewässerstrecken, die in verschiedenen Kantonen liegen, verliehen werden sollen, stellt das Gesetz die besondere Eegel

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auf, dass die beteiligten Kantone dies im gemeinsamen Einverständnis tun sollen.

Der Bundesrat ist nur dann zur Erteilung der Konzession zuständig, wenn sich die beteiligten Kantone nicht innert angemessener Frist einigen können (Art. 38, Abs. 2, WEG).

Den Bedenken einiger kleiner Kantone, die befürchteten, es könnten durch die Erstellung von Stauseen ein beträchtlicher Teil ihres urbaren Landes oder ganze Gemeinden unter Wasser gesetzt werden, wurde bei der Beratung des Gesetzes in der Bundesversammlung durch Einführung des Artikels 6, Absatz 3, Eechnung getragen. Danach darf die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ansiedlung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons ohne dessen Zustimmung nicht erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen. Ob eine Beeinträchtigung erheblich und unverhältnismässig ist, entscheidet der Bundesrat.

2. Der Bundesrat wurde bisher viermal um einen Entscheid auf Grund der Artikel 6 und 38, Absatz 2, des Wasserrechtsgesetzes angerufen. Der erste Fall betraf die Nutzbarmachung der Sitter yon der Mettlenbrücke in Appenzell I.-Eh.

bis zum List in Appenzell A.-Eh. (sogenanntes Lankwerkprojekt). Der Bundesrat beschloss im Jahre 1923, die von den St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerken nachgesuchte Konzession grundsätzlich zu erteilen. Als aber der endgültige Text der Verleihung im Jahre 1925 dem Bewerber zur. Annahme zugestellt wurde, verzichtete dieser auf die Konzession (vgl. hierzu Salis-Burckhardt, Schweizerisches Bundesrecht Nr. 1555, II). Beim zweiten Streitfall, im Jahre 1947, handelte es sich um das Kraftwerksprojekt Greina-Blenio, an welchem die Kantone Graubünden und Tessin beteiligt waren. Es kam hier aber nicht zum Entscheid, indem die Konzessionsbewerber ihr Begehren zurückzogen. Der dritte und der vierte Streitfall betreffen einerseits die Nutzbarmachung des Hongrin und anderer Zuflüsse der ' Saane in einem Kraftwerk Veytaux am Genfersee, anderseits die Sihlstrecke zwischen. Schindellegi im Kanton Schwyz und Hütten im Kanton Zürich. In diesen beiden Fällen wurde die Kompetenz des Bundesrates zum Entscheid bestritten, vom Bundesgericht aber bejaht (vgl. Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichtes Bd. 78, I. Teil, S. 14 ff. und S. 335 ff.). Der materielle Entscheid steht heute noch aus, da die beteiligten Kantone im Verhandlungswege
eine Einigung suchen.

II. Der Bundesrat als Konzessionsbehörde bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren (Art. 7 und 38, Abs. 3, WSG) 1. «Bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, steht es dem Bundesrat zu, nach Anhörung der beteiligten Kantone die Nutzungsrechte zu begründen oder die Nutzbarmachung der Wasserkräfte durch den Verfügungsberechtigten selbst zu bewilligen» (Art. 7 WEG). Er führt die Verhandlungen, die für die Ausnützung der Wasserkräfte an Grenzgewässern mit den Nachbar staaten notwendig sind.

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Soll das Nutzungsrecht in Form einer Konzession erteilt werden, so wird dieses duich den Bundesrat verliehen (Art. 38, Ahs. 8, WEG).

2. Der Bundesrat hat bisher in folgenden Fällen von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht: Bheingebiet : Kraftwerke Kembs (1925), Belangen, Albbruck-Dogern, Byburg-Schwörstadt (1926), Bheinau (1944) und Birsfelden (1950); Bhonegebiet: Kraftwerk Châtelot (1947).

Daneben wurden für schon bestehende Grenzkraftwerke eine Beihe von Zusatzverleihungen erteilt, sei es, dass eine Stauerhöhung oder die Nutzung einer grösseren "Wassermenge gutgeheissen wurde.

Vor dem Erlass von Artikel 24Ws der Bundesverfassung,d.h. vordem 25.Oktober 1908, hat der Bundesrat gemäss Artikel 10 der Bundesverfassung, wonach der amtliche Verkehr zwischen Kantonen und auswärtigen Staatsregierungen durch Vermittlung des Bundesrates stattfindet, beim Abschluss von Vereinbarungen mit dem damaligen Grossherzogtum Baden über folgende Bheinkraftwerke mitgewirkt: Eheinfelden (Protokolle von 1889 und 1890/1893); Bheinau {Protokolle von 1896 und 1904); Laufenburg (Protokolle von 1897,1903/04 und 1905) und Äugst-Wyhlen (Protokolle von 1897 und 1906).

Mit dem Erlass des Artikels 24Ms der Bundesverfassung stand dem Bundesrat inskünftig nicht mehr bloss die Befugnis zu, die beteiligten Kantone beim Abschluss von Vereinbarungen mit dem Nachbarstaat zu vertreten und mit ihrer Zustimmung solche Vereinbarungen zu genehmigen. Er war nun kompetent, Verleihungen an Grenzgewassern selbst zu erteilen. Dadurch sollte die Stellung der Schweiz bei zwischenstaatlichen Verhandlungen über die Nutzbarmachung von Grenzgewässern verstärkt werden (vgl. Delessert : Les compétences des autorités fédérales en matière d'utilisation des forces hydrauliques, Zeitschrift für schweizerisches Becht, neue Folge, Bd. 45, S. 328« f.; in gleichem Sinne: Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 19. April 1912, BEI 1912, Bd. 2, S. 676; Geiser, Abbühl und Bühlmann: Kommentar zum Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte, S. 100/101 ; Isler: Die Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung, Zürcher Dissertation 1935, S. 35 ff.).

Demgemäss hat der Bundesrat erstmals beim Kraftwerk Eglisau nicht nur die in
einem Protokoll vom Jahre 1911 getroffene Vereinbarung des Inhaltes der beidseitigen Konzessionen genehmigt, sondern darüber hinaus die schweizerische Verleihung erteilt. In gleicher Weise erteilte er gestützt auf Artikel 24bls der Bundesverfassung im Jahre 1917 Konzessionen für die Kraftwerke Barberine und Chancy-Pougny.

Im Verhältnis zu Frankreich und Italien hat es sich als wünschenswert und zweckmässig erwiesen, zur Nutzbarmachung gewisser Grenzgewässerstrecken grundlegende Staatsverträge abzuschliessen. Es sind dies

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- die Übereinkunft mit Frankreich betreffend die Gewinnung der Wasserkräfte der Rhone zwischen dem projektierten Kraftwerk von La Plaine und einem noch zu bestimmenden Punkt oberhalb der Brücke von Pougny-Chancy vom 4.Oktober 1918 (BS 12, S. 543 ff.), - das Übereinkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Eegelung , gewisser Rechtsverhältnisse betreffend die künftige Ableitung des Rheines bei Kembs vom 27.August 1926 (BS 12, S. 550 ff.), - das Übereinkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Verleihung der Wasserkräfte des Doubs bei Chatelot vom 19.November 1930 (BS 12, S. 546 ff.)

- und schliesslich die Vereinbarung zwischen der Schweiz und Italien über die Verleihung der Wasserkräfte des Reno di Lei vom 18. Juni 1949 (AS 1935, S. 593 ff.).

Die erstgenannte Übereinkunft mit Frankreich vom 4. Oktober 1913 wurde von der Bundesversammlung genehmigt. Damals stand die Kompetenz des Bundesrates, Konzessionen für die Wasserkraftnutzung an Grenzgewässerstrecken zu erteilen, noch nicht ausdrücklich fest ; denn das Bundesgesetz betreffend die Nutzbarmachung der Wasserkräfte lag erst im Entwurf vor, und der die tatsächlichen Rechtsverhältnisse klärende Kompetenzkonflikt zwischen dem Bunde und dem Kanton Wallis bezüglich des Kraftwerkes Barberine war auch noch nicht entschieden.

Der Bundesrat hat in seiner Botschaft vom 30. Dezember 1913 die Einholung der Genehmigung der schweizerisch-französischen Übereinkunft wie folgt begründet : «Der Bundesrat hat zwar in einigen Fällen am Rhein, mit dem Grossherzogtum Baden, Verständigungen über die Anlage eines Wasserwerkes und zur Benützung getroffen, ohne die Genehmigung der Bundesversammlung einzuholen.

Allein die Rechtslage in jenen Fällen war eine andere. Über die Errichtung von Triebwerken am Rhein, von Neuhausen bis unterhalb Basel, bestehen bereits gewisse vertragliche Abmachungen; die Übereinkunft zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden vom 10. Mai 1879 (AS 4, 394) sieht in Artikel 5 .vor, dass, wenn künstliche Anlagen, u. a. Triebwerke, errichtet oder wesentlich geändert werden sollen, welche auf den Wasserabfluss eine erhebliche Einwirkung ausüben könnten, die Pläne der Anlage zuvor der zuständigen Behörde des andern Staates mitgeteilt werden ,,zur Geltendmachung der in Betracht kommenden Interessen und zur tunlichsten
Herbeiführung eines Einverständnisses". In Anwendung dieser Bestimmung wurde jeweilen in konferenziellen Verhandlungen, an denen schweizerischerseits sowohl der Bund, wie der beteiligte Kanton teilnahm, der Inhalt der von beiden Staaten zu erteilenden Konzessionen vereinbart, und die Konzessionen demgemäss abgefasst und erteilt.» '«Der Bundesrat hätte wohl im vorliegenden Falle in gleicher Weise vorgehen können; allein einerseits besteht im Verhältnis zu Frankreich kein all-

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gemeiner Vertrag, welcher dieses Vorgehen vorgesehen hatte, und namentlich wünschte Frankreich vorerst einen Vertrag über die Grundlinien des projektierten Werkes abzuschliessen ; es liegt demgemäss ein eigentlicher Staatsvertrag vor, der für die Zukunft gewissennassen die rechtliche Grundlage des völkerrechtlichen Verhältnisses der beiden Uferstaaten in bezug auf das internationale Wasserwerk bildet. Und da nun einmal die Form des Staatsvertrages gewählt wurde, hielten wir es für korrekter, die Genehmigung der Bundesversammlung einzuholen, wie auch die französische Eégierung sich der Zustimmung des Parlamentes versichert.» , i Am Schlüsse der Botschaft behielt sich der Bundesrat vor, die Bundesversammlung «bei späterer Gelegenheit um die Ermächtigung zu ersuchen, derartige Verträge, sofern sie nicht grundsätzliche Bedeutung haben, ohne besondere Genehmigung eingehen und abändern zu dürfen», i Demgemäss veranlasste Herr Bundesrat Calonder schon im Jahre 1918, dass der Berichterstatter der ständerätlichen Kommission für die Gesetzesvorlage über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte diese Frage im Bat zur Sprache bringe. Herr Bundesrat Calonder hatte bemerkt, «seines Erachtens sei in Fällen von Grenzgewässern, wo der Bundesrat entscheide und die Begründung der Benutzungsrechte vornehme - von Anfang bis Ende natürlich unter Anhörung des Kantons - nicht nötig, dass sich die Bundesversammlung mit der betreffenden Vereinbarung mit dem Nachbarstaat befasse». Hierzu äusserte sich der: Berichterstatter der ständerätlichen Kommission wie folgt: «Ich bin derselben Meinung und ich glaube, auch die Kommission. Immerhin ist dem Bundesrat vorbehalten, an die Bundesversammlung zu gelangen, und es sind Fälle doch denkbar, wo ein höheres Interesse dies gebietet. Es soll also nicht schlechthin, aber gewöhnlich die Eegel gelten, dass der Bundesrat mit fremden Staaten die betreffende Übereinkunft suo jure trifft, ohne dass er an die Bundesversammlung zu gelangen hat.» Anschliessend hob Herr Bundesrat Calonder hervor, «dass an solchen Gewässern die Staaten absolut gezwungen sind, sich miteinander zu verständigen, einander Eechnung zu tragen und gemeinsam vorzugehen. Sonst kommt eben nichts zustande. Die Wasserwerke, die heute gebaut werden, sind so gross und bewirken derart tiefgehende Veränderungen im Flusslauf, dass
ein selbständiges Vorgehen der einzelnen Staaten absolut ausgeschlossen ist».

; Zur Frage, ob in solchen Fällen der Bundesrat, gestützt auf Artikel 24bls der Bundesverfassung befugt sei, «nicht nur die Verleihung zu erteilen an den betreffenden Grenzgewässern, sondern auch die dieser Verleihung vorgängige internationale Übereinkunft abzuschliessen», fügte der Sprecher des Bundesrates noch bei: «Es hat mich interessiert, zu vernehmen,, dass der Eeferent der Kommission in dieser Hinsicht meine Ansicht teilt, und ich befinde mich auch darin in Übereinstimmung mit ihm, dass ich für den Bundesrat unter allen Umständen die Befugnis vorbehalte, in wichtigeren Fällen den betreff enden Vertrag doch der Bundesversammlung zur Genehmigung zu unterbreiten. Im übrigen wird diese interessante staatsrechtliche Frage noch weiter zu verfolgen sein.»

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Diese Ausfüllrungen sind sowohl im Ständerat als auch im Nationalrat unbestritten geblieben (vgl. StenBull Ständerat vom September 1918, S.259ff.; Nationalrat vom September 1915, S.215). Seinerseits hatte Prof. Burckhardt in der nationalrätlichen Kommission am 10. Februar 1914 folgendes bemerkt: «Man muss unterscheiden zwischen der vorhergehenden Verständigung unter den Staaten über die Ausnutzung und der späteren Verleihung durch jeden dieser Staaten. Die Frage, ob die vorhergehende Verständigung immer durch die Bundesversammlung erfolgen muss oder ob letztere den Bundesrat dazu ermächtigen kann, ist im letzteren Sinne zu beantworten. Es kommt also nur darauf an, ob die Bundesversammlung den Bundesrat dazu ermächtigen will.

Weiter ist zu Bemerken, dass man die Ausnutzung internationaler Gewässer auch betrachten kann als die blosse Ausübung eines bereits bestehenden Eechtes und die Verständigung unter den Staaten nur als eine Verständigung über die .Art und Weise, wie bereits bestehende Eechte ausgeübt werden sollen. In ganz unbedeutenden Fällen wird darüber nicht einmal eine schriftliche; Vereinbarung getroffen werden.» : Auf den in seiner oben erwähnten Botschaft vom 30. Dezember 1913 gemachten Vorbehalt kam der Bundesrat in seinem Bericht an die Bundesversammlung vom 11. August 1922 über sein bisheriges Vorgehen in der Eheinfrage nochmals zurück. Anknüpfend an diesen Vorbehalt führte er hier aus: «In der Folge ist das Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22.Dezember 1916 in Kraft getreten. Artikel 7 dieses Gesetzes ermächtigt den Bundesrat allgemein, bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, «nach Anhörung der beteiligten Kantone, die Nutzungsrechte zu begründen oder.die Nutzbarmachung der Wasserkräfte durch den Verfügungsberechtigten selbst zu bewilligen». Das Eecht, über Gewässerstre.cken, welche die Landesgrenze berühren, zu verfügen, ist somit ausdrücklich dem Bundesrat vorbehalten worden. Dem Bundesrat liegt es ob, im Benehmen mit der Eegierung des beteiligten Nachbarstaates zu entscheiden, in welcher Form die Bewilligung erteilt werden soll. Nach wie vor ist natürlich der Abschluss eines förmlichen Vertrages mit dem Nachbarstaat denkbar. Dieser Vertrag könnte aber auf Grund der erwähnten Gesetzesbestimmung vom Bundesrate endgültig abgeschlossen werden.»
(BB11922, II, 1011.) Diesem Bericht des Bundesrätes lag ein im gleichen Sinne abgefasstes Gutachten des Justiz- und Polizeidepartementes vom 8. Juni 1922 zugrunde.

Diese Eechtsauffassung ist auch diesmal in der Bundesversammlung unbestritten geblieben. Sie wurde im Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 1926 (Abschnitt Politisches Departement, S.66) ausdrücklich bestätigt.

Demgemäss hat der Bundesrat die oben unter Ziffer 2 genannte Konvention betreffend das Bheinkraffrwerk Kerubs vom 27. August 1926 von sich aus, also ohne die Genehmigung der Bundesversammlung eingeholt zu haben, ratifiziert.

(Geschäftsbericht 1926, S.66; 1927, S.52; BS 12, S.550). Dasselbe geschah bezüglich der schweizerisch-französischen Vereinbarung betreffend das Kraftwerk Châtelot. (Geschäftsbericht 1930, S.63 und 705; 1932, S.61; BS 12,

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S. 546) und der Vereinbarung zwischen der Schweiz und Italien über die Verleihung der Wasserkräfte des Eeno di Lei (Geschäftsbericht 1949, S. 98 und 364).

III. Verfügung über unbenutzte Gewässer (Art. 11 WEG) Nach Artikel 11, Absatz 2, des Wasserrechtsgesetzes entscheidet der Bundesrat als Beschwerdeinstanz, ob eine kantonale Eegierung im Namen von verfügungsberechtigten Bezirken, Gemeinden oder Körperschaften ein Nutzungsrecht zu begründen habe, wenn diese ein Gewässer trotz angemessener Angebote während langer Zeit ohne wichtigen Grund weder selbst nutzbar machen noch : durch andere benutzen lassen.

Ob dem Bundesrat das Eecht zusteht, im Falle eines Eekurses das Nutzungsrecht an Stelle des Kantons selbst zu erteilen, ist eine Streitfrage. Der Bundesrat hat diese Frage in seinem Bericht an die Bundesversammlung vom 24. September 1945 zum Postulat über die Ausnützung der Wasserkräfte und der dazugehörigen Botschaf t zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte gestreift und verneint (BB1 1945, II, S.91 f.). Hier haben wir uns mit diesem Problem jedoch deshalb nicht zu befassen, weil nach dem Wortlaut des Volksbegehrens bloss die vom Bunde nach Artikel 24bls, Absatz 4, der Bundesverfassung zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen, d. h. die interkantonalen und die internationalen Konzessionen von der neuen Eegelung betroffen werden sollen. Demgegenüber führt Artikel 11 des Wasserrechtsgesetzes den Artikel 24blä, Absatz 2, der Bundesverfassung aus, wonach die Bundesgesetzgebung die «zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften» aufstellt.

IV. Hat sich die geltende Bechtsordnung bewährt?

Es darf auf Grund der vorstehenden Ausführungen wohl ohne weiteres festgestellt werden, dass sich die durch das Wasserrechtsgesetz in Ausführung von Artikel 24bis, Absatz 4, der Bundesverfassung dem Bundesrat übertragene Kompetenz zur Verleihung von Nutzungsrechten an interkantonalen und internationalen. Gewässerstrecken bestens bewährt hat. Während der Bundesrat im interkantonalen Verhältnis bis dahin noch nicht in die Lage gekommen ist, gestützt auf die ihm zustehende Kompetenz einen materiellen Entscheid zu treffen, der sodann rechtswirksam geworden wäre, hat er bei Grenzkraftwerken insgesamt 33mal von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, ohne dass i diese Verwaltungsakte je zu Kritiken.Anlass gegeben hätten. Lediglich im Falle Eheinau ist die Verleihung des Bundesrates, beanstandet worden; jedoch erst 6 Jahre nach ihrer Erteilung und 3 Jahre nach ihrer Veröffentlichung im Bundesblatt und zudem vollständig zu Unrecht. Die Eheinauinitiative, die die Aufhebung der rechtmässig erteilten Verleihung für das Kraftwerk Eheinau verlangte, ist denn auch im Dezember 1954 von Volk und Ständen klar verworfen worden.

648 Ist es unter diesen Umständen gerechtfertigt, die im eidgenössischen Wasserrechtsgesetz getroffene bewährte Ordnung abzuändern?

B. Die durch das Volksbegehren vorgeschlagene Kompetenzordnung zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund I. Allgemeine Gesichtspunkte Die geltende Bechtsordmmg, nach welcher alle vom Bunde gemäss Artikel 24Ms, Abs. 4, der Bundesverfassung zu erteilenden Wasserrechtskönzessionen durch den Bundesrat als Verleihungsbehörde in abschliéssender Kompetenz erteilt werden, soll nun nach der vorliegenden Verfassungsinitiative dahin abgeändert werden, dass solche Konzessionen der Zustimmung beider Eäte bedürfen und dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen sind, wenn es von 80 000 stimmberechtigten Schweizerbürgern oder acht Kantonen verlangt wird.

1. Es ist nicht fraglich, dass mit der Aufnahme der vorliegenden Hauptbestimmung in die Bundesverfassung diejenigen Bestimmungen der eidgenössischen Gesetzgebung, welche zu dem neuen Verfassungssatz im Widerspruch stünden, ausser Kraft treten würden (Art. 2 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung). Ausserdem müssten die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes betreffend die Kompetenzen des Bundesrates zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen auf dem Wege der Bundesgesetzgebung notwendigerweise abgeändert und ergänzt werden, weil die Verfassung mit der Aufnahme der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung grundsätzlich eine neue Kompetenzordnung festlegen würde, die im Gesetz noch näher auszuführen wäre.

Allein diese letztere Aufgabe wäre deshalb nicht einfach, weil der Wortlaut der Initiative keineswegs klar ist und in mehreren Beziehungen verschiedene Auslegungen zulässt.

So ist die Hauptbestimmung der Initiative schon grammatikalisch unklar gefasst. Diese Unklarheit kommt am deutlichsten in der französischen Übersetzung des Textes zum Ausdruck, die durchaus die Auslegung zulässt, die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen bedürften nur dann der Zustimmung der beiden Eäte (und des Volkes), wenn dies von 80 000 Stimmberechtigten oder acht Kantonen verlangt werde. Mit andern Worten: Würde dies nicht verlangt, so bliebe die Konzessionserteilung in der abschliessenden Kompetenz des Bundesrates. - Diese Auslegung wird indessen dem Willen der Initianten kaum entsprechen. Es darf wohl angenommen
werden, dass die Initianten ihren Vorschlag rechtssystematisch an die Begehmg angleichen wollten, wie sie in Artikel 89, Absätze l und 2, der Bundesverfassung für die Bundesgesetze und allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüsse getroffen worden ist.

In diesem Falle hätten die Initianten ihren Gedanken statt in einem, in zwei selbständigen Sätzen zum Ausdruck bringen sollen, wobei in allen drei Sprachen nach den Worten « . . . beider Eäte», « . . . deux Conseils», « . . . i Consigli legislativi», ein Punkt zu setzen gewesen wäre.

649 Aber auch der sachliche Anwendungsbereich der neuen Kompetenzordnung ist aus dem Text des Eevisionsbegehrens nicht mit der wünschbaren Klarheit ersichtlich. - Nach dem Wortlaut der Initiative bedürfen diejenigen Wasserrechtskonzessionen der Zustimmung der Bundesversammlung und eventuell des Volkes, die gemäss Artikel 24bl8, Absatz 4, der Bundesverfassung vom Bunde zu erteilen sind.

Das sind also jedenfalls Verleihungen von Wasserrechten an Gewässerstrecken, die unter der Hoheit mehrerer Kantone stehen, sofern sich die Kantone nicht über eine gemeinsame Konzession verständigen können. Ferner betrifft es Verleihungen von. Wasserrechten an Gewässerstrecken, die die Landesgrenze berühren..

, ' Wie wir eingangs kurz erwähnt haben, können Wasserkräfte aber auch auf anderer Grundlage als derjenigen der Konzession nutzbar gemacht w.erden. So bestimmt Artikel 3 des Wasserrechtsgesetzes, dass verfügungsberechtigte Gemeinwesen ihre Wasserkräfte selbst nutzen können, und dass einem gemeinsamen das Nutzungsrecht auch in anderer Form als der der Verleihung eingeräumt werden kann. In Artikel 7 des Wasserrechtsgesetzes ist dieser Gedanke offensichtlich aufgenommen worden, wenn gesagt wird, bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, stehe es «dem Bundesrat zu, nach Anhörung der beteiligten Kantone... die Nutzbarmachung der Wasserkräfte durch den Verfügungsberechtigten selbst zu bewilligen» (vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 19. April 1912, BEI 1912, Bd. 2, S. 684). Derselbe Gedanke ist auch in Artikel 6, Absatz l, des Gesetzes enthalten.

Soll der vorgeschlagene neue Verfassungsartikel auch auf diese Art der Ausübung und Begründung von Wasserrechten anwendbar sein ?

Die grammatikalische Interpretation des Initiativtextes lässt eine derartige Annahme nicht zu, denn der Initiativtext verwendet ausdrücklich den Begriff der «zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen».

Aber auch seinem Sinne nach dürfte der Initiativtext kaum den Tatbestand erfassen, wo die Wasserkraft auf anderer Grundlage als der der Konzession nutzbar gemacht werden soll. Wenn z. B. ein Grenzkanton den seiher Hoheit unterstehenden Anteil an der Wasserkraft einer das Ausland berührenden Gewässerstrecke selbst nutzbar machen will,
bedarf er in diesem Falle grundsätzlich keiner schweizerischen Konzession. Es ist aber hiefür eine Verständigung des betreffenden Kantons mit dem Nachbarstaat erforderlich, die gemäss den Artikeln 8, 9 und 10 der Bundesverfassung nur durch Vermittlung des Bundesrates Zustandekommen kann. Wird eine solche Verständigung vom Bundesrat gutgeheissen, so ist damit die Nutzbarmachung gemäss Artikel 7 des Wasserrechtsgesetzes bewilligt. Eine so gutgeheissene Verständigung gelangt nach Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung nicht an die Bundesversammlung, es sei denn, dass von einem andern Kanton Einsprache erhoben wird. Aber selbst in diesem Falle wäre das Mitspracherecht des Volkes nicht gegeben, da das in

650 Artikel 89, letzter Absatz, vorgesehene Staatsvertragsreferendum für Verträge der Kantone mit dem Aasland nicht gilt.

Ist somit anzunehmen, dass die postulierte Ergänzung von Artikel 89 der Bundesverfassung nur'auf Wasserrechtsverleihungen anwendbar wäre, würde darin jedenfalls eine Inkonsequenz liegen. Es wäre nämlich nicht einzusehen, weshalb bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen das Verleihungsverfahren im vorgeschlagenen Sinne zu erschweren wäre, nicht aber da, wo die Wasserkraft auf anderer Grundlage als der einer Verleihung nutzbar gemacht werden soll; hier ebensogut wie dort können Fragen des Natur- und Heimatschutzes eine Eolle spielen.

2. Der Wortlaut der Initiative birgt aber noch eine Reihe weiterer Unklarheiten in sich.

Dadurch, dass die Hauptbestimmung der Initiative recht einseitig nur in die vom Wasserrechtsgesetz festgelegte Kompetenzordnung zur Begründung von Wasserrechten eingreift, muss dies innerhalb des Systems des Wasserrechtsgesetzes zwangsläufig zu Unklarheiten und Widersprüchen führen. Wir werden diese Tatsache mit drei besonders klaren Beispielen aus ganz verschiedenen Gebieten des. Wasserrechtes belegen.

Durch die Hauptbestimmung der Initiative wird die Erteilung von Bundes·konzessionen von der Zustimmung der Bundesversammlung und eventuell des Volkes abhängig gemacht. Damit bleibt wohl die Bestimmung von Artikel 48, A b s a t z 3, des Wasserrechtsgesetzes unangetastet, die feststellt, dass über die Berechtigung der Zurückziehung von Nutzungsrechten der Bundesrat entscheiden soll. Das so abgeänderte Wasserrechtsgesetz würde, demnach die eigenartige Ordnung festlegen, dass Wasserrechtskonzessionen unter Mitwirkung der Bundesversammlung, und eventuell des Volkes wohl erteilt würden, der Bundesrat in Anwendung von Artikel 43, Absatz 2 und 3, des Wasserrechtsgesetzes aber nach wie vor allein befugt wäre, diese von Bundesversammlungund Volk bestätigten Verleihungen zurückzuziehen. Diese postulierte neue Kompetenzordnung würde nicht nur den Grundsatz der Trennung der Gewalten diesbezüglich in'Frage stellen, sie verletzte auch den Grundsatz, dass ein Erlass mit .formeller Gesetzeskraft -- als ein solcher müsste eine mit Zustimmung der Bundesversammlung und des Volkes erfolgte Konzessionserteilung des Formerfordernisses wegen wohl betrachtet werden - nur durch
einen gleichartigen Erlass, durch, contrarius actus, aufgehoben .werden kann (Burckhardt, Kommentar der Schweizerischen Bundesverfassung, III. Auflage, i S. 677 f. und 711 f.).

Artikel 42 des Wassserrechtsgesetzes bestimmt, dass die Verleihung nur mit Zustimmung der Verleihungsbehörde auf einen andern Bewerber übertragen werden kann; denn rechtlich entspricht die Übertragung der Verleihung einer Neuerteilung derselben (vgl. BGE 53 I 88). Unter diesen Umständen stellt sich auch hier sofort die Frage, ob unter dem Begriff der Verleihungsbehörde im Falle von interkantonalen und internationalen Verleihungen.

651 nach dem neuen Eecht der Bundesrat allein oder auch die Bundesversammlung und eventuell gar das Volk zu verstehen wäre.

Um bezüglich der erwähnten Eechtsverhältnisse Klarheit zu schaffen, milsste man entweder das eidgenössische Wasserrechtsgesetz revidieren oder künftig in, jedem Einzelfall daran denken, im Genehmigungsbeschluss der Bundesversammlung den Bundesrat ausdrücklich zu ermächtigen, erforderlichenfalls die Verleihungen selbständig zurückzuziehen oder auf einen andern Bewerber zu übertragen. Die gleichen Überlegungen gelten auch für das Ende der Verleihung durch Verwirkung gemäss Artikel 65 des Wasserrechtsgesetzes, für die Erneuerung und Abänderung einer Konzession, sowie beim Heimfall, wenn sich die beteiligten Kantone über die fernere Benutzung einer gemeinsamen Gewässerstrecke nicht einigen können (Art. 68,1 Abs. 2, WEG).

Die Artikel, 70 und 71 des geltenden Wasserrechtsgesetzes übertragen die Entscheidungsbefugnis bei Streitigkeiten zwischen Nutzungsberechtigten bzw. zwischen Verleihungsbehörde und Beliehenen den Gerichten. Wären - nach dem Volksbegehren - die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen dem fakultativen Beferendum unterstellt, könnte die Auffassung vertreten werden, dass sie formell auf der Eechtsstufe eines Bundesgesetzes, oder eines allgemein-verbindlichen Bundesbeschlusses stehen. Es würde sich fragen, ob diese in Anwendung dès eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes erteilten Konzessionen nicht selbst Gesetzescharakter hätten und daher ] für die Gerichte bindend wären, bestimmt doch Artikel 113, Absatz 8, der Bundesverfassung, dass die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüsse für das Bundesgericht massgebend sind. Sollte diese Auffassung zutreffen, wären die Gerichte nicht in der Lage, die Eechtmässigkeit derartiger Erlasse und des Inhaltes der Verleihungen zu überprüfen. Die richterliche Entscheidungsbefugnis nach Artikel 70 und 71 des Wasserrechtsgesetzes würde bei Verleihungen durch den Bund beschränkt. Der Konzessionär könnte sich gegenüber dem aus der Verleihung berechtigten Gemeinwesen, i wie auch gegenüber Dritten auf sein besseres, gesetzliches Eecht berufen. Solche Konsequenzen Hessen sich wohl nur dann vermeiden, wenn die Konzessionen des.

Bundes zwar in Form des referendumspflichtigen Bundesbesehlusses
gewährt, diese Beschlüsse :jedooh ausdrücklich als nicht allgemeinverbindlich erklärt würden. Damit würde aber eine neue Kategorie einfacher Bundesbeschlüsse geschaffen, nämlich solche, die dem Beferendum unterliegen. Auf diesen Punkt kommen wir noch unten zurück.

3. Aber selbst das von der Hauptbestimmung der Volksinitiative vorgeschlagene Verfahren zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund ist nicht klar umschrieben. Der Wortlaut der Initiative besagt lediglich, dass die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen der Zustimmung beider Eäte bedürfen und ausserdem dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden sollen, wenn dies von 30 000 stimmberechtigten Schweizerbürgern oder acht Kantonen verlangt wird. Diese Formulierung der Hauptbestimmung lässt verschiedene Auslegungen zu.

652 Soll der Bundesrat wie bis anhin Wasserrechtskonzessionen erteilen, wobei diese von den jeweiligen Konzessionären angenommenen Verleihungen erst mit der Zustimmung der Bundesversammlung und der Annahme durch das Volk, bzw. mit unbenutztem Ablauf der Keferendumsfrist rechtsgültig würden?

Oder sollen die von den Konzessionären im Entwurf akzeptierten Wasserrechtskonzessionen auf Antrag des Bundesrates durch die Bundesversammlung selbst erteilt werden? In diesem Falle würde sich aber die von der Initiative ebenfalls nicht beantwortete Frage stellen, ob die Bäte - wie bei Staatsverträgen - lediglich die Möglichkeit hätten, die vom Bundesrat vorgelegten, im Wege von Verhandlungen mit dem Nachbarstaat bereinigten Konzessionen als Ganzes unverändert anzunehmen oder abzulehnen, oder ob sie - die Zustimmung der Konzessionäre und neue Verhandlungen mit dem Auslande vorausgesetzt -- auch Abänderungen im Konzessionstext beschliessen könnten. - Diese letztere Form der Konzessionserteilung würde derjenigen der Erteilung von Eisenbahnkonzessionen nahekommen, mit dem Unterschied allerdings, dass jene dem Referendum nicht untersteht.

Wenn die Initiative verlangt, dass die vom Bunde zu erteilendenWasserrechtskonzessionen nach Zustimmung beider Eäte dem fakultativen Eeferendum unterstellt werden sollen, so bedeutet dies, wie "bereits erwähnt, dass Wasserrechtskonzessionen fortan in Form eines Gesetzes oder eines allgemeinverbindlichen, nicht dringlichen Bundesbeschlusses zu erteilen wären, obgleich ein derartiger Verwaltungsakt nach übereinstimmender Auffassung der Bechtslehre höchstens in die Form eines einfachen, dem Eeferendum nicht unterliegenden Bundesbeschlusses zu kleiden wäre (Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 401, 404/5; Burckhardt, Kommentar, S. 709 ff.; Fleiner-Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 739 ff.). Damit würde das postulierte neue Verfassungsrecht Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse für einen bestimmten Fall modifizieren, jenen Artikel nämlich, der bestimmt, dass der Entscheid, ob ein Bundesbeschluss entweder nicht als allgemeinverbindlich oder als dringlich zu behandeln sei, der Bundesversammlung zustehe.

Um zu vermeiden, dass die Bundesverleihungen künftig gesetzliche Kraft erlangen, müsste die Zustimmung der
eidgenössischen Eäte in der Form des einfachen Bundesbeschlusses erfolgen. Da aber das Eeferendum, wie es in der Bundesverfassung und im Ausführungsgesetz vom 17. Juni 1874 geregelt ist, für Bundesgesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse und nicht für Verwaltungsakte und einfache Bundesbeschlüsse geschaffen wurde, müsste für den konkreten Fall von Wasserrechtsverleihungen das im neuen Verfassungsartikel vorgesehene Eeferendum im Sinne eines Verwaltungsreferendums, abweichend vom geltenden Gesetzesreferendum, auf dem Wege der Bundesgesetzgebung näher geregelt werden. Dies könnte schliesslich zur Einführung eines allgemeinen Verwaltungsreferendums in eidgenössischen Angelegenheiten führen.

Auf alle Fälle würde eine neue Form, von eidgenössischen Erlassen geschaffen, nämlich 'der referendumspflichtige einfache Bundesbeschluss, und damit die

653 bereits bestehende verwirrende Anzahl von solchen Kechtsformen noch vermehrt. Schon der heutige Zustand hat zu Unklarheiten über die Bedeutung dieser Formen geführt. Im Sinne einer klaren Verfassungspraxis erscheint es kaum wünschbar, eine neue Kategorie von Bundeserlassen einzuführen.

4. Die Darlegungen dieses Abschnittes, die lediglich einige der sich im Zusammenhang mit der Wasserrechtsinitiative stellenden Probleme berührt haben, zeigen wohl deutlich, wie wenig die Initianten ihr Begehren durchdacht haben.

Die Initiative wird in rechtssystematischer Hinsicht den Anforderungen, wie sie an eine Verfassungsrevision zu stellen sind, nicht gerecht.

Freilich ist diese Tatsache an sich noch kein genügendes Argument gegen die Initiative. MUSS aber die Wasserrechtsinitiative aus andern, grundsätzlicheren Erwägungen abgelehnt werden, verdienen auch diese, mehr formellen Unzulänglichkeiten angemessene Beachtung.

II. Die rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen der vorgesehenen neuen Befugnis zur Konzessionserteilung 1. Der Einbruch in das Prinzip der Gewaltentrennung Die Erteilung einer WTasserrechtskonzession ist ein Verfassungs- und Gesetzesrecht anwendender und zugleich rechtsbegründender Hoheitsakt. Sie ist nach allgemein anerkannter Auffassung -- ein Verwaltungsakt und gehört als solcher grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich einer Verwaltungsbehörde; denn mit der Verleihung schafft die Verwaltungsbehörde mit Zustimmung des Konzessionärs ein einzelnes, konkretes, vom Verwaltungsrecht beherrschtes Eechtsverhältnis, das im Gegensatz zum gesetzgeberischen Akt steht.

Diese Grundsätze finden im eidgenössischen Wasserrechtsgesetz ihren Niederschlag. In den Artikeln 6, 7 und 38 des Gesetzes ist für die Erteilung von Bundesverleihungen als Konzessionsbehörde die Verwaltungsbehörde, der Bundesrat, eingesetzt worden.

' Wenn nun die Initiative entgegen der herkömmlichen, systemgerechteri Ordnung vorschlägt, die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen sollten künftig der Zustimmung beider Eäte und eventuell des Volkes bedürfen, so stellt sich die Frage, ob dies nicht dem Grundsatz der Trennung der Gewalten widerspricht.

.

Die Bundesverfassung hat das1 Prinzip der Gewaltentrennung nirgends ausdrücklich festgelegt; sie ist aber nach diesem Grundsatz aufgebaut. Freilich führt die
Bundesverfassung die organisatorische Trennung der Gewalten nicht rein durch. Liessen es überwiegende Gründe der politischen Zweckmässigkeit als gerechtfertigt erscheinen, wurde von diesem Prinzip abgewichen. So erfüllen der Bundesrat u.a. Aufgaben aus dem Gesetzgebungsgebiet und die Bundesversammlung u.a. solche aus dem Verwaltungsgebiet. Sie tun dies aber immer nur auf Grund ausdrücklicher Bestimmungen der Bundesverfassung oder der Bundesgesetzgebung (vgl. Burckhardt, Kommentar, S. 639 und 640/41).

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

48

654

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die postulierte neue Kompetenzordnung verfassungsrechtlich durchaus möglich wäre, wenngleich sie unzweifelhaft einen Einbruch in das in der Wasserrechtsgesetzgebung durchgeführte Prinzip der Gewaltentrennung schaffen würde. Ob sich dieser erneute Eingriff in das Prinzip der Gewaltentrennung rechtfertigen liesse, ist in erster Linie eine gesetzgebungspolitische Frage. Diese Frage ist in der Folge zu prüfen.

2. Die Auswirkungen auf die Stellung des Bundes zu den Inhabern der Gewässerhoheit a. Im Zusammenhang mit der Prüfung der rechtlichen und staatspolitischen Auswirkungen der Ausdehnung der Kompetenz zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen vom Bundesrat auf die Bundesversammlung und die Stimmberechtigten ist es aufschlussreich, kurz die K o m p e t e n z o r d n u n g e n zu betrachten, wie sie gesetzlich für die Erteilung wichtiger anderer Bundeskonzessionen festgelegt sind.

Gestützt auf Artikel 36 der Bundesverfassung und Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 2. Oktober 1924 betreffend den Postverkehr, bzw. Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 14. Oktober 1922 betreffend den Telegraphen- und Telephonverkehr, werden durch das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement Konzessionen für Schiffahrtsunternehmungen, Automobiltransportunternehmungen usw. und Konzessionen zur Erstellung und zum Betrieb von Einrichtungen für elektrische und radioelektrische Zeichen-, Bild- und Lautübertragungen erteilt.

Gestützt auf Artikel 37ter der Bundesverfassung und Artikel 27 ff. des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt erteilt das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement Konzessionen für Luftfahrtunternehmungen.

Diese Verfügungen des Eidgenössischen Post- undEisenbahndepartementes, die Konzessionserteilungen, können durch Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat weitergezogen werden.

Demgegenüber werden Eisenbahnkonzessionen, nachdem unter Anhörung der beteiligten Kantonsregierungen hinsichtlich der Konzessionsbestimmungen eine Übereinkunft mit den jeweiligen Konzessionären stattgefunden hat, auf Antrag des Bundesrates von der Bundesversammlung mittels eines einfachen, dem Eeferendum entzogenen Bundesbeschlusses erteilt (Art. 39 des B G vom 23. Christmonat 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der Eidgenossenschaft). Diese Befugnis
der Bundesversammlung erklärt sich historisch aus der damaligen ganz ausserordentlichen Bedeutung, die der von den Kantonen auf den Bund übertragenen Eisenbahnhoheit beigemessen wurde.

Die Stellung des Bundes gegenüber den Kantonen sowohl in seiner Eigenschaft als Verleihungsbehörde beispielsweise im Bereich des Post- und Telegraphenwesens, wie auch als Verleihungsbehörde bei Eisenbahnkonzessionen ist

655 nun aber rechtlich wesentlich verschieden von seiner Stellung den ;Kantonen gegenüber als Verleiher von Wasserrechten.

: Während der Bund mit den Verfassungsartikeln 24ter, 26, 36 und 87ter ein unbeschränktes Gesetzgebungsrecht auf den Gebieten der Schiffahrt, des Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesens sowie der Luftfahrt erhalten hat, besitzt er gemäss Artikel 24Ms der Bundesverfassung nur ein beschränktes Eechtsetzungsrecht ; er soll hier nur allgemeine Vorschriften aufstellen, und zwar soweit sie zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlich sind. Unter ,dieseni Vorbehalt steht die Eegelung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte den Kantonen zu (Art. 24Ms, Abs. 3, BV). «Aus der Entstehungsgeschichte wie aus dem Wortlaut der Verfassungsbestiminung ergibt sich klar, dass der Bund zuständig sein soll, die Nutzbarmachung der'Wasserkräfte zu normieren, aber nicht selbst die Wasserkräfte nutzbar zu machen; das nutzbare Eecht, über die Triebkraft der Gewässer zu verfügen, soll bei den Kantonen bleiben, sofern es nicht .ein Privatrecht ist. Die Kantone sollen also in der Eegel darüber entscheiden, ob und wie ein Gewässer nutzbar zu machen.ist; sie begründen das Benutzungsrecht und beziehen den Nutzen daraus.» (Burckhardt, Kommentar, S-177; vgl. ferner Fleiner, SchweizerischesBundesstaatsrecht, S.. 571 f.) - Ein Eecht der freien Verfügung über die Wasserkräfte der Kantone steht dem Bunde somit nicht zu. Es gibt keine Bundesgewässer. Dies gilt auch bei interkantonalen und internationalen Kraftwerken.

b. Bei interkantonalen K r a f t w e r k e n ist die Konzessionserteilung Sache des Bundes, wenn die in Anspruch zu nehmenden Gewässerstrecken unter der Hoheit mehrerer Kantone stehen und diese sich nicht über eine gemeinsame Konzession verständigen können (Art. 24Ws, Abs. 4, BV). Dabei bleibt aber der1 Grundsatz, «dass das Wasserregal als nutzbares Eecht den Kantonen zusteht, gewahrt ; der Bund erteilt zwar das Eecht, aber er erteilt es für Bechnung der beteiligten Kantone ; berechtigt und verpflichtet daraus sind diese» (Burckhardt, Kommentar, S. 179). Diesem Eechtsgrundsatz tragen die Bestimmungen der Artikel 24Ws, Absätze 5 und 6 der Bundesverfassung sowie der Artikel 6 und 38, Absatz 2, in Verbindung mit Artikel 39 und 52 des Wasserrechtsgesetzes
angemessen Eechnung: Es ist Sache des Bundesrates, bei mangelnder Verständigung der Kantone unter sich, Benutzungsrechte an interkantonalen Gewässerstrecken zu erteilen. iDer Bundesrat hat dabei die Gesetzgebung der Kantone und die Vor- und Nachteile i des Werkes für diese in billiger Weise zu berücksichtigen und er soll im Falle von Artikel 6, Absatz 3, des Wasserrechtsgesetzes die Verleihung nur mit Zustimmung der durch die geplante Wasserwerksanlage erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigten Kantone erteilen. Er bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kantone und in billiger Eücksichtnahme auf ihre Gesetzgebung die ihnen zu entrichtenden Leistungen.

Nach diesen Gesetzesbestimmungen kommt dem Bundesrat die Stellung eines Schiedsrichters zwischen zwei oder mehreren Kantonen zu. Dabei hat er nicht nach politischer Zweckmässigkeit über eidgenössische Interessen zu ent-

656 scheiden, sondern nach der Art eines Schiedsrichters über die kollidierenden meist technischen und. wirtschaftlichen - Interessen der betreffenden Kantone selbst. Nach Burckhardt, Kommentar, S. 778, handelt es sich um staatsrechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen, die nicht durch das Bundesgericht, sondern durch den Bundesrat entschieden werden.

Anlässlich der Beratungen des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes war denn auch davon, dass die Kompetenz zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen für interkantonale Kraftwerke der Bundesversammlung übertragen werden könnte, nie die Bede. Dagegen wurde bei der Gesetzesberatung im Ständerat das Begehren gestellt, es möchte an Stelle des vorgeschlagenen Bundesrates dem Bundesgericht die letzte Entscheidung über die Erteilung von interkantonalen Wasserrechtskonzessionen vorbehalten sein (StenBull Ständerat 1913, S. 240). Dieser Antrag wurde jedoch von Kommissionspräsident Isler mit der Begründung abgelehnt : «Auf der andern Seite ist es klar, dass da, wo der Bundesrat Richter ist, also in Konzessionssachen zwischen Kantonen, zu entscheiden hat, weil die Kantone sich nicht einigen können, unmöglich das Bundesgericht als Instanz bezeichnet werden kann; denn das sind technische und wirtschaftliche Fragen, keine juristischen, und für sie ist das Bundesgericht nicht eingerichtet. Wenn man die Entscheidung ihm übertrüge, könnte es nicht anders tun, als entweder sie nach Bern an den Bundesrat zu schicken, damit er ihm durch seine Organe einen Vorschlag mache, oder im Ausland nach Experten sich umzusehen. So gut wie in den Kantonen nicht die Obergerichte solche Konzessionen bewilligen, sondern die Regierungen, so gut rnuss, wenn die Kantonsregierungen nicht einig werden, in den Fällen des Artikel 6 eben der Bundesrat als Bundesregierung entscheiden.» (StenBull Ständerat, 1913, S. 257.)

c. Bei der Erteilung von Konzessionen für G - r e n z k r a f t w e r k e kommen einerseits die internationalen Beziehungen, anderseits das interne Verhältnis des Bundes zu den Inhabern der Gewässerhoheit in Betracht.

o«. Die internationalen Beziehungen: Die Zuständigkeit des Bundes, Wasserrechtskonzessionen an Gewässerstrecken, die die Landesgrenze berühren, zu erteilen, hat ihren Grund darin, dass internationale Beziehungen zu regeln sind (vgl. Art. 8 und 10 BV; Botschaft
des Bundesrates zum Entwurf des WRG, BB1 1912, Bd. 2, S. 676; Geiser, Kommentar, S. 100 f. und 170; Isler, a.a.O.

S. 35 ff. und dort angegebene Literatur; Delessert, a.a.O. S. 328« f.).

Die Erteilung einer Konzession für die Nutzbarmachung einer Grenzgewässerstrecke setzt jeweils eine Verständigung mit dem bezüglichen Nachbarstaat voraus ; denn ein Uferstaat kann bei der Nutzbarmachung einer Gewässerstrecke, welche das Gebiet zweier Staaten umfasst, das Recht, seinen Kraftanteil zu nutzen, nicht verleihen, ohne zugleich die Interessen des andern zu berühren. Auf die Notwendigkeit und Zweckmässigkeit solcher Verständigungen haben die Professoren Max Huber und Walther Burckhardt schon in ihren Referaten an der I. Internationalen WasserwirtschaftlichenKonferenz,aml3./14. Juli 1912 hingewiesen.

657 Bis zum Erlass von Artikel 24W8 der Bundesverfassung konnten die Grenzkantone solche Verständigungen nach Massgabe der heute noch unverändert geltenden Artikel 9 und 10 durch Vermittlung des Bundesrates und, im Falle des Einspruches des Bundesrates oder eines anderen Kantons, mit Zustimmung der Bundesversammlung endgültig treffen (Art. 85, Ziff. 5, BV). Seit Inkrafttreten des Artikels 24bls der Bundesverfassung hat sich die Situation nach aussen nur insofern geändert, als der Bundesrat bei Verständigungen, welche im Hinblick auf die Erteilung von Wasserrechtskonzessionen an Grenzgewässern mit dem Nachbarstaat notwendig sind, formell nicht mehr als Vermittler der beteiligten Kantone auftritt und letztere die Konzession erteilen, sondern dass er im eigenen Namen handelt und die betreffende Konzession selbst erteilt. Dies versetzt ihn in die Lage, seine verfassungsmässige Aufgabe, die Interessen der Eidgenossenschaft nach aussen, wie namentlich ihre völkerrechtlichen Beziehungen zu wahren, wirksam zu erfüllen. .

Diese Eegelung ist insofern logisch, als gemäss Artikel 102, Ziffer 8, der Bundesverfassung ohnehin der «Bundesrat, und er allein, nicht etwa die Bundesversammlung, im völkerrechtlichen Verkehr die Unterschrift für die Schweiz führt; er schliesst den Vertrag namens der Schweiz, indem er ihn ratifiziert» (Burckhardt, Kommentar, S. 673).

' Beim Entwurf und der Beratung des Wasserrechtsgesetzes ist es nie fraglich gewesen, dass die Kompetenz zur Eegelung der internationalen Beziehungen bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen für Grenzkraftwerke dem Bundesrat zustehen soll. So führte der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19.April 1912 an die Bundesversammlung zum Entwurf des Wasserrechtsgesetzes bei Artikel 7 aus : «Artikel 7 spricht in Übereinstimmung mit der Bundesverfassung dem Bundesrat das Eecht zu, Benutzungsrechte an internationalen Gewässern unter Beiziehung der beteiligten Kantone zu begründen, ... Wird über die Nutzbarmachung einer internationalen Gewässerstrecke ein Staatsvertrag; unter den Uferstaaten abgeschlossen, so soll der Bundesrat selbstverständlich die Verhandlungen führen.» (BEI 1912, Bd. 2, S. 684.)

In der Gesetzesberatung im Nationalrat bemerkte Bundesrat Calonder zu dieser Sache : «Auch sind wir alle darin einig, dass mit dem Artikel 7 dem Bundesrate die
Aufgabe und die Verantwortlichkeit übertragen werden sollen, die nationalen Interessen an den Grenzgewässern zu wahren. Der Bundesrat hat die bezüglichen Unterhandlungen zu, pflegen, Einsprachen zu erheben, Verträge abzuschliessen usw. Darüber besteht keine Meinungsverschiedenheit, und die Stellung, die mit dem Artikel 7 dem Bundesrate zugewiesen wird, entspricht dem Staatsrecht, speziell dem Artikel 8 der Verfassung.» (StenBull Nationalrat 1915 :

s. 215.)

·

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Schon vor dem Erlass des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes, im Jahre 1914, hat das Bundesgericht in einem konkreten Fall die Zuständigkeit des Bundesrates zur Erteilung interkantonaler Wasserrechtskonzessionen ausdrück-

658 lieh anerkannt und folgendermassenbegründet : « Quant à la ratio legis (Art. 24bls Abs. 4, BV), elle n'est pas douteuse. Si la Confédération a été reconnue compétente pour accorder les concessions sur les cours d'eau formant la frontière du pays, c'est à raison des problèmes d'ordre international auxquels de telles concessions peuvent donner naissance. De même qu'en matière de cours d'eau intercantonaux, il peut y avoir divergence de vues entre cantons - ce qui justifie l'intervention du pouvoir fédéral - de même les concessions sur les- cours d'eau internationaux peuvent donner lieu à des rapports avec l'Etat étranger, et le Conseil fédéral étant, d'après la Constitution, l'autorité chargée de traiter avec l'étranger, il est naturel que ce soit lui aussi qui soit compétent pour statuer à leur sujet.» (BGE 40 I 542, Barberine-Eau Noire.)

bb. Das Verhältnis zu den K a n t o n e n : Wie erwähnt, geht die Zuständigkeit des Bundesrates, Verleihungen an Grenzgewässerstrecken zu erteilen, allein auf die Notwendigkeit zurück, die internationalen Beziehungen EU regeln. Sie ist nicht etwa aus dem Bestreben heraus begründet worden, ein Stück kantonaler Gewässerhoheit im Sinne einer Nationalisierung von Wasserkräften auf den Bund zu übertragen. Der Gedanke eines Bundesmonopols, wie es im Jahre 1891 durch das Postulat der Gesellschaft «Frei-Land» verlangt worden war, wurde ja ausdrücklich abgelehnt mit der Begründung, die Kantone vermöchten die öffentlichen Interessen genügend zu wahren und es sei ein Vorteil für das Land durch den Übergang des Hoheitsrechtes an den Bund nicht zu erwarten (Isler, a.a.O. S. 9 und dort angegebene Dokumentation).

Der Bund, d.h. der Bundesrat handelt bei der Erteilung der Konzessionen nach aussen hin wohl in eigenem Namen und nicht mehr bloss als Vermittler der Kantone, wie dies bis zum Erlass des Artikels 24 Ws der Bundesverfassung kraft deren Artikel 10 der Fall war. Im internen Verhältnis handelt er hingegen nach wie vor auf Bechnung und im Interesse des nach kantonalem Becht verfügungsberechtigten Gemeinwesens, weshalb ihm Artikel 24Ws der Bundesverfassung und Artikel 7 des Wasserrechtsgesetzes zur Pflicht machen, die beteiligten Kantone beizuziehen, bzw. anzuhören und die ihnen vom Konzessionär zu entrichtenden Leistungen «in billiger Bücksichtnahme auf ihre Gesetzgebung»
zu bestimmen (Art. 52 WEG). Aus dem gleichen Grunde wird bei Streitigkeiten über die aus dem Verleihungsverhältnis entspringenden Bechte und Pflichten (Art. 71 WEG) nicht der Bundesrat, sondern das nach kantonalem Becht verfügungsberechtigte Gemeinwesen als aktiv und passiv legitimiert angesehen (vgl. im gleichen Sinne insbesondere Professor P.Mutzner, Die Bundesgesetzgebung über die Ausnützung der Wasserkräfte, Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1916, S. 288 ff. Ferner Trüeb : Die StreitigkeitenüberWasserrechtskonzessionen, Abhandlungen zum schweizerischen Eecht, n. F. 288.Heft, S. 18).

Der Bundesrat verfügt bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen in der Tat über ein Gut, das heute immer noch verfassungsmässig den Kantonen oder den nach kantonalem Eecht verfügungsberechtigten Gemeinwesen zu-

659 steht. Er verfügt über dieses Gut gewissennassen als « Geschäftsführer» der Kantone, wie Professor Burckhardt in einem Rechtsgutachten vom 14. September 1938 ausführte, oder als deren «Vertreter», wie sich das Bundesgericht in seinem Urteil vom 3. Dezember 1914 im Kompetenzkonflikt zwischen dem Bund und dem Kanton Wallis ausdrückte. Ja, das Bundesgericht stellte ausdrücklich fest, der Bundesrat sei gehalten, die Interessen der beteiligten Kantone oder Gemeinden zu wahren, und es behaftete ihn bei seiner 'zu Protokoll gegebenen Erklärung, wonach: «l'attribution des forces de la Barberine, qui pourra être faite par l'autorité fédérale ne devra pas léser les intérêts des communes valaisannes» (BGE40I549).

. · ' · ' ' .

d. Wie diese Ausführungen über die Stellung des Bundes zu den Inhabern der Gewässerhoheit anschaulich zeigen, charakterisiert sich die verfassungsmässige Kompetenz/des Bundes zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen für interkantonale Kraftwerke als «Vermittlungs- oder Entscheidungsk o m p e t e n z » und die Bundeskompetenz zur Erteilung von Verleihungen für Grenzkraftwerke als « G e s c h ä f t s f ü h r u n g s - oder Vertretungskompetenz».

' .

In beiden Fällen kann es nicht zweifelhaft sein, dass eine'Exekutivbehörde, und zwar der Bundesrat, das geeignete staatliche Organ ist, diese Kompetenzen auszuüben, d.h. in Anwendung des Wasserrechtsgesetzes, nach Anhörung der Kantone und nach Prüfung aller notwendigen Unterlagen einen wohlbegründeten, den Interessen der beteiligten Kantone in objektiver und billiger Weise Bechnung tragenden Sachentscheid zu fällen.

Zugunsten des Erfordernisses einer Zustimmung der eidgenössischen Bäte mag das demokratische Prinzip sprechen, dass der Volksvertretung bei wichtigen Verwaltungshandlungen von grösserer politischer Bedeutung Gelegenheit gegeben werden soll, mitzusprechen. Wohl könnte die Mitwirkung der beiden Bäte das Vertrauen in die Bichtigkeit der Entscheidung erhöhen. Auch erhielte die Konzession dadurch eine grössere ; Publizität ; die interessierten Kreise wären in der Lage, ihre Einwände noch in den Beratungen der Bundesversammlung anzubringen. Anderseits wären mit; der vorgeschlagenen Rechtsordnung aber die folgenden direkten Nachteile verbunden : das Verleihungsverfahrenwürde schwerfälliger, zeitraubender und kostspieliger. Zweifellos
wäre dieser Aufwand in vielen Fällen in.keiner Weise gerechtfertigt, so namentlich bei unbestrittenen oder kleineren Konzessionen, wie auch bei kurzfristigen Verleihungen (z. B. Verleihung für das Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt zum Höherstau des Rheins für die Dauer von 5 Jahren). Allein diese Nachteile könnten zur Not noch in Kauf genommen und die postulierte Mitwirkung der eidgenössischen Räte bei der Erteilung von Bundeskonzessionen befürwortet werden, stünden einer derartigen Begelung nicht grundsätzliche Bedenken entgegen. Wie wir oben einlässlich ausgeführt haben, kommt dem Bunde auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung nicht die nämliche monopolartige Rechtsstellung zu, wie beispielsweise im Post-, Telegraphen- und Eisenbahnwesen. Der Bund verwaltet hier nicht ein eigenes Regal; unter Vorbehalt der Wasserhoheit der beteiligten Kantone stehen

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ihm lediglich eng begrenzte Verfügungsrechte zu. Wird die Ausübung der eng begrenzten Bundeskompetenz zur Konzessionserteilung vom Bundesrat auf die Bundesversammlung ausgedehnt, so bekommt diese gegenüber den beteiligten Kantonen ein anderes Gewicht und einen andern Sinn, mag auch die durch die Bundesverfassung auf diesem Gebiet getroffene Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen an sich keine Veränderung erfahren. An dieser grundsätzlichen Auffassung ändert Artikel 12 des Wasserrechtsgesetzes nichts, wonach der Bund berechtigt ist, «für die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Benutzung eines Gewässers in Anspruch zu nehmen», ebenso wenig Artikel 15 des Wasserrechtsgesetzes, wonach «der Bund, nach Anhörung der beteiligten Kantone, im Interesse einer bessern Ausnutzung der Wasserkräfte und der Schifffahrt Arbeiten zur Begulierung des Wasserstandes und des Abflusses der Seen, sowie der Schaffung künstlicher Sammelbecken anordnen kann». Über die Ausführung solcher Werke und die Verteilung der Kosten auf Bund und Kantone entscheidet in diesem letzten Falle die Bundesversammlung (Art. 15, Abs. 2). In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die näheren Ausführungen in unserem Bericht zum Postulat über die Ausnützung der Wasserkräfte und unserer Botschaft betreffend Teilrevision des Wasserrechtsgesetzes vom 24. September 1945 (BEI 1945, II, 92 ff.).

Die Initiative begnügt sich aber nicht damit, Konzessionen, welche bisher der Bundesrat endgültig erteilen konnte, an die Zustimmung der Bundesversammlung zu knüpfen; sie enthält überdies den Vorbehalt desEeferendums, d.h., es hätte das Volk zu entscheiden, wenn 30 000 stimmberechtigte Bürger oder acht Kantone dies verlangten.

Damit schlägt die Initiative eine Lösung vor, die erheblich über den Bahmen des heute bestehenden fakultativen Beferendums hinausgeht. Ursprünglich war das Beferendum auf Bundesgesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse beschränkt, wobei für letztere im Jahre 1939 noch eine Ausnahme gemacht wurde, falls sie dringlichen Charakter hatten. Eine Ausdehnung des Beferendums erfolgte im Jahre 1921 für langfristige Staatsverträge und im Jahre 1949 für allgemeinverbindliche dringliche Bundesbeschlüsse (Art. 89, Abs. 3 und Art.89Ws Abs. 2,BV).

In der Tat müsste es einer Überspannung des demokratischen Prinzips gleichkommen,
würde die typische Verwaltungsaufgabe, die im Wasserrechtsgesetz umschriebene Kompetenz des Bundesrates, Wasserrechtsverleihungen zu erteilen, ad referendum auf das Volk übertragen. Diese Ausdehnung der Volksrechte müsste zu einer vollständigen Verwischung der Verantwortlichkeiten, zu einer ungerechtfertigten Preisgabe des Grundsatzes der Trennung der Gewalten und zu einer tatsächlichen Schwächung der Stellung der Kantone als Träger der Wasserhoheit führen.

Bereits die Tatsache, dass 30 000 Stimmberechtigte oder acht Kantone, die vielleicht an dem nutzbar zu machenden Grenzgewässer unbeteiligt wären, gegen die von der Bundesversammlung genehmigte Konzessionserteilung das Eeferendum ergreifen könnten und sodann namentlich der Umstand, dasa -

661 bei zustandegekommenem Referendum - der Gesamtheit der stimmberechtigten Schweizerbürger bei der Verfügung über, der kantonalen Hoheit unterstehende Wasserkräfte ein entscheidendes Mitspracherecht zustehen würde, müsste das in Artikel 24bis der Bundesverfassung und im Wasserrechtsgesetz den jeweils beteiligten Kantonen gewährleistete Mitspracherecht beeinträchtigen. Gemäss Artikel 52 des Wasserrechtsgesetzes beispielsweise bestimmt der Bundesiat in den Fällen, wo er die Verleihungen erteilt «nach Anhörung der beteiligten Kantone und in billiger Rücksichtnahme auf ihre Gesetzgebung die ihnen zu entrichtenden Leistungen». Nach Annahme der Wasserrechtsinitiative würden die Bundesversammlung und eventuell das Volk, d. h. die Stimmberechtigten, mehrheitlich unbeteiligter Kantone hierüber entscheiden. Es liegt ohne weiteres auf der Hand, dass es auf diesem Wege der Mehrheit des Schweizervolkes möglich würde, die direkt beteiligten Kantone zu majorisieren, in einer Angelegenheit, bei welcher heute höchstens das Volk dieser Kantone mitzusprechen befugt ist.

So kann gerade im Falle der am 6. Dezember 1954 von Volk und Ständen verworfenen Rheinauinitiative festgestellt werden, dass die schweizerischen Stimmbürger anders als die Bürger des an der Sache unmittelbar interessierten Standes Schaffhausen gestimmt haben.

Auf dem Wege des Referendums könnten somit entgegen dem Willen verfügungsberechtigter Kantone und gegen den Entscheid der eidgenössischen Räte Konzessionen für interkantonale oder für Grenzkraftwerke aus irgendwelchen, keinen rechtlichen Schranken verpflichteten Gesichtspunkten abgelehnt und damit Verständigungswerke, die unter Umständen durch jahrzehntelange Verhandlungen mühsam erzielt werden konnten, vereitelt werden. Das Vertrauen der Kantone in das ihnen von Verfassung und Gesetz gewährleistete Recht, bei der Erteilung solcher Konzessionen beigezogen und angehört zu werden, müsste schwinden, und es würden die internationalen Beziehungen der Schweiz - wie noch näher auszuführen sein wird - auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung in unerwünschter Weise erschwert, i Durch das Referendum würde aber vor allem ein weiterer Aufwand an Zeit und Geld unvermeidlich. Da nämlich das Referendum innerhalb 90 Tagen nach Veröffentlichung des betreffenden Erlasses verlangt werden kann (Art. 7 des
Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse), müsste in jedem Falle mit einer Verzögerung von mehr als drei Monaten gerechnet werden, also selbst dann, wenn das Referendum nicht ergriffen würde. Käme das Referendum zustande, wäre ein Zeitverlust von mehreren Monaten die Folge; und die Kosten, die dem Bunde allein durch dieses Verfahren entstünden, beliefen sich für jeden einzelnen Fall auf 8000 bis 20 000 Franken. Es könnte nun freilich die Meinung aufkommen, angesichts der regelmässig sehr lange dauernden Verleihungsverfahren wäre der zusätzliche Zeitaufwand zur Durchführung des Referendums ohne weiteres tragbar. Dem ist aber nicht unbedingt so. Insbesondere nach langwierigen Verleihungsverfahren, wie sie bei Grenzkraftwerken die Regel bilden, können weitere Verzögerungen in der Konzessionserteilung neue Schwierigkeiten recht-

662 lieber und tatsächlicher Art mit sich bringen, die ihrerseits wieder den volkswirtschaftlich unter Umständen dringend wünschbaren Ausbau eines Grenzkraftwerkes hemmen, oder gar verunmöglichen würden.

3. Die Auswirkungen auf die zwischenstaatlichen Beziehungen Wie wir eben ausgeführt haben, ist das Verleihungsverfahren für Grenzkraftwerke'infolge zeitraubender zwischenstaatlicher Verhandlungen fast ausnahmslos heute schon äusserst langwierig. Das durch die Wasserrechtsinitiative vorgeschlagene schweizerisch-interne Konzessionserteilungsverfahren würde die Dauer des Verfahrens noch verlängern, insbesondere deshalb, weil es zwangsläufig auch die zwischenstaatlichen Verhandlungen erschwerte.

In unsern Nachbarstaaten, Frankreich ausgenommen, sind die Verwaltungsbehörden abschliessend zuständig, Wasserrechtskonzessionen an Grenzgewässern zu erteilen. So werden diese Verleihungen in Italien auf Antrag des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten durch Dekret des Präsidenten der Italienischen Eepublik erteilt, in Österreich durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und in B a d e n - W ü r t t e m b e r g durch die Landratsämter, mit Zustimmung des Ministeriums der Finanzen. In Frankreich bedarf es nach einem Gesetz aus dem Jahre 1919 zur Konzessionserteilung eines Gesetzes, wenn zur Nutzbarmachung von Wasserkräften eine Wasserüberleitüng von einem Flussgebiet in ein anderes oder eine Wasserableitung aus dem natürlichen Flussbett über eine Strecke von 20 km notwendig ist, sowie zur Konzessionierung von Werken mit einer Leistung von mehr als 50 000 kW. Ein derartiges Gesetz kann aber nicht mit den nach schweizerischem Eecht erlassenen, dem fakultativen Referendum unterliegenden Gesetzen verglichen werden; zudem ist die französische Wasser- und Elektrizitätswirtschaft verstaatlicht.

In den übrigen Fällen werden die Konzessionen nach deren Vorlage an den «Conseil d'Etat» durch Begierungsdekret erteilt.

Während also in unseren Nachbarstaaten vorwiegend die Verwaltungsbehörden abschliessend zuständig sind, Wasserrechtskonzessionen an Grenzgewässern zu erteilen, hätte der Bundesrat in den diesbezüglichen Unterhandlungen mit Nachbarstaaten seine Erklärungen immer unter dem Vorbehalt des Eeferendums abzugeben. Dies würde die Verhandlungen in unerwünschter Weise belasten, und die Schweiz würde
sich damit in Gegensatz zu den Forderungen stellen, wie sie sich auf internationalem Boden immer mehr abzeichnen. Sowohl beider «Europäischen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit» (OEEC), deren vertragschliessendes Mitglied die Schweiz geworden ist, wie insbesondere auch im Schosse der « E u r o p ä i s c h e n W i r t s c h a f t s k o m mission der UNO» in Genf und des «Comité 1 de l'énergie électrique», an deren Tätigkeit die Schweiz teilnimmt, hat man allgemein die Notwendigkeit erkannt, dass die zwischenstaatliche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erleichtert werden sollte. So sollte insbesondere die Erstellung von internationalen Wasserkraftanlagen nicht unnötig durch Hindernisse administrativer Art erschwert werden. In diesem Sinne hat das «Comité de l'énergie électrique» der

663

«Europäischen Wirtschaftskommission der UNO» eine umfassende, im Januar 1952 erschienene Studie über «Aspects juridiques de l'aménagement hydroélectrique des fleuves et des lacs d'intérêt commun» durchgeführt und im Anschluss daran an die Eegierungen der beteiligten Staaten bisher drei Empfehlungen gerichtet: .

, -- Eine Empfehlung über die Fortleitung und den Austausch elektrischer Energie, im Sinne einer möglichst vollständigen Ausnützung der vorhandenen ausgebauten Wasserkräfte.

-- Eine Empfehlung über die Erleichterung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte von längsgeteilten Flüssen und Seen. · ; .

-- Und endlich eine Empfehlung über die Erleichterung der Nutzbarmachung von Wasserkräften an Flüssen, die mehrere Staaten durchfliessen.

Diese Empfehlungen, die auf internationalem Boden angenommen und den Landesregierungen zugestellt worden sind, verdienen in diesem Zusammenhang angemessene Beachtung.

Aber auch abgesehen davon ist daran zu erinnern, dass1 in unserem Lande im Einvernehmen mit dem damaligen Lande Baden das erste Grenzkraftwerk Europas, das Kraftwerk Kheinfelden, gebaut worden ist, und die Schweiz wegen ihrer geographischen Lage bis heute am meisten Grenzkraftwerke erstellt hat. Die Schweiz verfügt demzufolge im Ausbau von Grenzgewässerstrecken über eine grosse1 Erfahrung, weshalb sie vielfach sogar von aussereuropäischen Staaten um Auskünfte über den Ausbau von Grenzgewässern angegangen wird.

Anderseits ist das Vorgehen der Schweiz bei der Nutzbarmachung von Grenzgewässern im Auslande und in internationalen Organisationen wiederholt als mustergültig bezeichnet worden. Es wäre bedauerlich, wenn unser Land durch das vorgeschlagene Konzessionserteilungsverfahren ihre zwischenstaatliche Zusammenarbeit hinsichtlich der Nutzbarmachung von Grenzgewässern erschweren und damit den Euf einer fortschrittlichen Wasserrechtsgesetzgebung und Wasserwirtschaftspolitik in Frage stellen würde.

C. Die praktische Opportunität der postulierten Kompetenzordnung Neben der Frage der staatspolitischen Tragbarkeit und der rechtlichen Zweckmässigkeit der postulierten Verfassungsrevision ist auch die Frage ihrer praktischen Opportunität zu prüfen.

J. Im allgemeinen Die Initianten haben sich mit der Lancierung der Wasserrechtsinitiative das Ziel gesetzt, die Einschaltung der eidgenössischen Bäte und
eventuell des Volkes bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen zu. erwirken, in der Meinung, auf diesem Wege einen verstärkten Schutz von Naturschönheiten sicherzustellen. Gerade dieser allgemeine Endzweck kann aber durch die vorgeschlagene Verfassungsrevision bestenfalls nur in sehr beschränktem Umfange

664 erreicht werden, weil der sachliche Anwendungsbereich der postulierten Verfassungsbestimmung zu eng begrenzt ist.

So würden vor allem kantonale Kraftwerkkonzessionen, welche die weit überwiegende Mehrzahl bilden und bei welchen Natur- und Heimatschutzbelange mindestens eine ebenso wichtige Eolle spielen können, wie bis anhin, abschliessend durch die Kantone erteilt werden.

Können sich bei interkantonalen Kraftwerkprojekten die beteiligten Kantone verständigen, hat der Bund auch hier bei der i Konzessionserteilung nicht mitzuwirken und die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung bliebe unwirksam.

Besonders eigentümlich wäre die Situation dann, wenn der Bundesrat vorerst, mangels Einigung der beteiligten Kantone, gestützt auf Artikel 6 des Wasserrechtsgesetzes, lediglich grundsätzlich entscheiden würde, dass eine bestimmte interkantonale Strecke nutzbar gemacht werden soll, ohne auf Grund von Artikel 38, Absatz 2, des Wasserrechtsgesetzes die Konzession bereits zu erteilen. Könnten sich nach diesem Entscheid die Kantone innert angemessener Frist über eine gemeinsame Konzession verständigen, bliebe die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung ebenfalls wirkungslos. Noch grotesker wäre die Situation, wenn, nach Gutheissung einer vom Bundesrat erteilten Konzession durch die eidgenössischen Eäte und eventuell die Stimmbürgerschaft, der Konzessionär auf diese verzichten und die Kantone an Stelle derselben eine anderslautende Konzession erteilen würden, oder wenn sich die Kantone auf Grund anderer Projekte dahin einigten, statt eines interkantonalen Werkes seien getrennte kantonale Werke auszuführen.

Wie bereits erwähnt, würden von der neuen Verfassungsbestimmung auch die Fälle nicht erfasst, in welchen verfügungsberechtigte Gemeinwesen gemäss Artikel 3, Absatz l, des Wasserrechtsgesetzes Wasserkräfte ohne Konzessionserteilung selbst nutzbar machen, und nach Artikel 11 des Wasserrechtsgesetzes die Fälle, in welchen der Bundesrat einen Eekursentscheid zu treffen hat, wenn verfügungsberechtigte Bezirke, Gemeinden oder Körperschaften .ein Gewässer trotz angemessenem Angebot während langer Zeit ohne wichtigen Grund weder selbst nutzbar machen, noch durch andere benutzen lassen.

Schliesslich würde die neue Verfassungsbestimmung auch keine Anwendung bei den Tatbeständen der Artikel 12, 15 und 16 des
Wasserrechtsgesetzes finden (Inanspruchnahme eines Gewässers durch den Bund für die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben1; Anordnung im Interesse einer besseren Ausnutzung der Wasserkräfte und der Schiffahrt von Arbeiten zur Eegulierung des Wasserstandes und des Abflusses der Seen sowie Schaffung künstlicher Sammelbecken; Eegulierung des Abflusses der Seen und der unter seiner Mitwirkung geschaffenen Sammelbecken).

Bei all diesen Fällen dürfte der Natur- und Heimatschutz häufiger daran interessiert sein, seinen Einfluss in verstärktem Masse geltend zu machen, als bei den von der Initiative erfassten Tatbeständen der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund.

665 Die Frage ist daher berechtigt, ob die Einführung des durch die Wasserrechtsinitiative vorgeschlagenen Mitspracherechtes des Parlamentes und der Stimmbürgerschaft bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen nicht den Kantonen überlassen werden sollte. Ein Mitspracherecht1 des Parlamentes könnte im engeren, für den einzelnen besser überblickbaren kantonalen Eahmen unter Umständen zweckmässig sein.

Tatsächlich sind in einzelnen Kantonen heute schon dem Grossen Eat (Kantonsrat) bezüglich der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen gewisse Kompetenzen vorbehalten. So erteilt im Kanton Appenzell-Innerrhoden zwar auch die Eegierung (Standeskommission) die Konzessionen; ihr Entscheid kann aber durch Eekurs an den Grossen Eat weitergezogen werden. Im Kanton Schwyz, wo die öffentlichen Gewässer den Bezirksgemeinden gehören, erteilen diese im allgemeinen die Konzessionen unter Vorbehalt der Genehmigung des Kantonsrates. Eine Zweiteilung der Kompetenz ist in den Kantonen AppenzellAusserrhoden und Tessin durchgeführt: Die kleinen Konzessionen werden abschliessend von der Eegierung, die grossen vom Grossen Éat erteilt. In den Kantonen Uri und Basel-Stadt ist die Erteilung einer Wasserrechtskonzession ausschliesslich Sache des Grossen Eates. Im Kanton Graubünden endlich ist durch eine Verfassungsrevision im Jahre 1949 bestimmt worden, dass Wasserrechtsverleihungen und interkantonale Verträge der Volksabstimmung unterworfen werden, wenn zum Zwecke der Energiegewinnung Wasser in andere Kantone abgeleitet oder Stauraum für ausserkantonale Werke zur Verfügung gestellt werden soll.

Eine Änderung der Zuständigkeitsordnung zur Erteilung; von Wasserrechtskonzessionen gemäss den Postulaten der Wasserrechtsinitiative ist in jüngster Zeit in den Kantonen Zürich und Schaff hausen vorgeschlagen worden. Im Zürcher Kantonsrat wurde im Jahre i 1953 eine Motion zur Eevision des Zürcher Wasserbaugesetzes in dem Sinne ; eingereicht, dass Wasserrechtskonzessionen und die Stellungnahme der Eegierung zu den vom Bunde zu erteilenden Konzessionen an Grenzgewässern künftig der Genehmigung des Kantonsrates unterhegen sollen, und im Kanton Schaffhausen ist eine Volksinitiative lanciert worden, welche die Kompetenz zur Erteilung von Wasserrechtskonzessionen und die Stellungnahme zu den vom Bunde zu erteilenden Konzessionen, die
bisher der Eegierung zukam, dem Grossen Eat übertragen will. Die diesbezüglichen Beschlüsse sollen zudem der Volksabstimmung unterliegen, wenn dies von 500 Aktivbürger'n innert bestimmter Frist verlangt wird.

Eine derartige oder ähnliche Neuregelung der Konzessionserteilungskompetenz in den Kantonen würde das durch die Bundesverfassung und das eidgenössische Wasserrechtsgesetz gewollte föderalistische Prinzip der kantonalen Wasserhoheit, insbesondere den Grundsatz, wonach es Sache'der Kantone ist, zu bestimmen, wem die Verfügung über die Wasserkraft der öffentlichen Gewässer zusteht (vgl.; Art. 2 WEG), in keiner Weise stören.

666

Es stellt sich aber ganz allgemein die Frage, ob dem Natur- und Heimatschutja durch einen Ausbau der Naturschutzgesetzgebung in den Kantonen nicht besser gedient und ob der Einbau eines Natur- und Heimatschutzartikels in die Bundesverfassung nicht vorzuziehen "wäre. Auf diesen letzten Punkt kommen wir am Schlüsse dieses Berichtes noch zurück.

II. In einzelnen Fällen Da sich die vorgeschlagene Neuregelung der Konzessionserteilungskornpetenz nach dem Text der Initiative nur auf die nach Artikel 24Ws, Absatz 4, der Bundesverfassung zu erteilenden Bundeskonzessionen erstrecken soll, ist es aufschlussreich, sich ein Bild darüber zu machen, in welchen Fällen sie überhaupt noch praktische Bedeutung haben könnte.

1. I n t e r k a n t o n a l e S t r e i t f ä l l e , mit denen sich der Bundesrat als entscheidende und konzessionserteilende Behörde zu befassen hätte, dürften nach Erledigung der beiden beim Bundesrat auf Grund zweier bundesgerichtlicher Entscheide hängigen Verfahren betreffend die Kraftwerkprojekte Hongrin-- Genfersee (Waadt/Freiburg) und Schindellegi-Hütten (Schwyz/Zürich) kaum häufiger vorkommen als bisher. Aber selbst in diesen beiden Verfahren ist eine Einigung der beteiligten Kantone noch möglich, und damit würden die erteilten kantonalen Konzessionen weder der Genehmigung der Bundesversammlung bedürfen, noch dem fakultativen Referendum unterstehen,- obschon besonders im Falle Schindellegi-Hütten Naturschutzbelange zur Diskussion stehen.

2. Zur Nutzbarmachung von Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, kommen noch folgende neue Werke in Betracht: Eheingebiet: Die Werke Säckingen und Koblenz-Kadelburg, und der Neubau der veralteten Werke Kheinfelden und Schaffhausen; ferner das Speicherwerk Val di Lei-Innerferrera. Ehonegebiet: Kraftwerk FEtournel; Speicherwerk Emosson-Le Chatelard. Inngebiet: Spölkraftwerk Livigno-Punt dal Gali und Innkraftwerk Martina-Prutz.

Neben den Verleihungen für diese neuen Werke sind noch einige Konzessionen für kleine Erweiterungen der Kraftnutzung bei bestehenden Kraftwerken möglich. So- am Ehein für Eekingen, Albbruck-Dogern, Laufenburg und Augst-Wyhlen; am Doubs für Eefrain und La Goule, eventuell Umbau des Werkes Theusseret und an der Ehone für Chancy-Pougny.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass irn Zuge der weiteren Entwicklung auf dem Gebiete
der Wasserkraftnutzung noch vereinzelte andere Projekte hinzukommen, bei denen die Erteilung einer Konzession Bundessache wäre. Bei dem schon weit fortgeschrittenen Stand des Ausbaues der Grenzgewässer wird es sich aber kaum um bedeutende Fälle handeln können.

a. Es darf nicht übersehen werden, dass in der Mehrzahl der genannten Fälle schon staatsvertragliche Abmachungen bestehen:

667

So hat die Schweiz bereits im S t a a t s v e r t r a g mit Deutschland vom 28. März 1929 über die Eegulierung des Eheins zwischen Strassb u r g / K e h l und Istein im Hinblick auf das in Artikel 6 festgelegte vertragliche Ziel, dass im Zusammenhang mit dieser Eegulierung «die Ausführung des Großschiffahrtsweges von Basel bis zum Bodensee zu erstreben ist» gewisse Verpflichtungen übernommen. Wohl enthält der Vertrag keine konkrete Verpflichtung, für die noch projektierten K r a f t w e r k e Säckingeu und Koblenz-Kadelburg je eine bestimmte Konzession zu erteilen.

Indessen wird man insbesondere die Tatsache nicht übersehen dürfen, dass Projekte und Konzessionsgesuche für je ein Kraftwerk bei Säckingen und Koblenz-Kadelburg schon vor dem Staatsvertrag von 1929 sowohl in der Schweiz als in Baden eingereicht .worden sind, dass die zwischenstaatlichen Verhandlungen hierüber schon vor diesem Zeitpunkt begonnen haben, Konzessionsentwürfe aufgestellt worden sind, und dass im Zeitpunkt des Abschlusses jenes Vertrages bereits ein in Zusammenarbeit .zwischen der Schweiz und Baden aufgestellter genereller Ausbauplan vorlag, in welchem der Ausbau der Stufen Säckingen und Koblenz-Kadelburg für Kraftnutzung und Schiffahrt vorgesehen war.

: , Bezüglich des Kraftwerkes Säckingen kommt die weitere Tatsache hinzu, dass die von der Schweiz und Baden im Jahre 1926 bzw. 1927 im gemeinsamen Einverständnis erteilten Konzessionen für die Errichtung : des Kraftwerkes Eyburg-Schwörstadt das Kraftwerk Säckingen in sichere Aussicht nehmen.

Nach Artikel 2, Ziffer 5, dieser Konzessionen ist das Kraftwerk Eyburg-Schwörstadt auf Verlangen der beidseitigen zuständigen Behörden verpflichtet, dem späteren Kraftwerk Säckingen den Energieausfall, der diesem, Werke durch den Höherstau bei Nieder-Schwörstadt entsteht, von der Inbetriebsetzung des Kraftwerkes Säckingen an durch Lieferung von Strom zu den Gestehungskosten des Kraftwerkes Nieder-Schwörstadt oder auf andere Weise zu ersetzen.

Eine ähnliche Eegelung treffen die in gleicher Weise im Jahre: 1926 bzw.

1929 erteilten Konzessionen für das Kraftwerk Eekingen bezüglich des Verhältnisses zu einem künftigen, unterhalb liegenden Kraftwerk Waldshut-Kadelburg, das heute Koblenz-Kadelburg genannt wird (Art. 2a, Ziff. 2, der Konzessionen). In Artikel 15, Absatz 3, derselben Konzessionen
wird weiter bestimmt, «sofern im Interesse der späteren Schiffbarmachung des Stroms zur Erzielung einer ausreichenden Pahrwassertiefe» eine solche Einstauung zweckmässig erscheint, : das Kraftwerk Eekingen diese Einstauung gegen, Entschädigung zu dulden hat ; dabei solle ein unterhalb errichtetes Kraftwerk die Entschädigung leisten, soweit dieses durch die Einstauung Nutzen zieht.

Hinsichtlich des Kraftwerkes Neu-Bheinfelden enthalten die Konzessionen für das Kraftwerk Eyburg-Schwörstadt in Artikel 2a, Ziffer l, die Bestimmung, wonach der Unternehmer des letzteren Werkes «vorbehaltlich der Einhaltung und Durchführung des gesetzlichen Verfahrens berechtigt ist, das Kraftwerk Neu-Eheinfelden zur Ausnutzung des Gefälles zwischen dem Kraftwerk Nieder-Schwörstadt und der Eheinfelder Brücke im Eahmen des vor-

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,

gelegten allgemeinen Entwurfs auszubauen. Er ist auf Verlangen der beidseitigen Eegierungen verpflichtet, diesen Ausbau durchzuführen, wenn die Eücksicht auf die Schiffahrt es erfordert und wenn die Erbauung dieses Kraftwerkes unter Berücksichtigung des Geld- und Energiemarktes wirtschaftlich möglich und eine genügende Verzinsung des zu investierenden Anlagekapitals zu erwarten ist». Wird das Vorliegen der Voraussetzungen bestritten, unter denen die Eegierungen den Bau des Kraftwerkes Neu-Eheinfelden verlangen können, so entscheidet darüber ein Schiedsgericht (Ziff. 2). «Nach Feststellung der Bauverpflichtung des Unternehmers ist innerhalb einer Frist von zwei Jahren ein Gesuch um Verleihung des Wassernutzungsrechtes zur Erbauung des Kraftwerkes Neu-Eheinfelden bei den zuständigen Behörden einzureichen und alles zur Durchführung des Verleihungsverfahrens Erforderliche zu tun. Die Bedingungen für diese Verleihung sollen sich im allgemeinen an die Bedingungen der Verleihung für das Werk Nieder-Schwörstadt anlehnen und nicht ungünstiger sein als diese» (Art. 2 a, Ziff. 3, der Konzessionen).

Dass bei den Grenzkraftwerken am Ehein überhaupt besondere Verhältnisse vorliegen, auf die völkerrechtlich Eücksicht genommen werden muss, ist zuletzt in der Präambel zu der schweizerisch-deutschen Vereinbarung vom 11. Juli 1958 über den Schuldendienst dieser Werke und in der diesbezüglichen Botschaft des Bundesrates vom 21. August 1958 erneut zum Ausdruck gekommen (vgl. AS 1953, S.916 und BEI 1953, II, S. 893).

Hinsichtlich des Speicherwerkes Val di L e i -- I n n e r f errera sind die Vereinbarungen mit Italien über die Verleihung der Wasserk r ä f t e des Eeno di Lei vom 18. Juni 1949 und über eine Grenzbereinigung im Val di Lei vom 25. November 1952 am 23. April 1955 in Kraft getreten (vgl. AS 195-5. S. 611 ff.). Die in Ausführung der erstgenannten Vereinbarung von der Schweiz und Italien zu erteilenden Konzessionen sind fertig bereinigt und Italien hat sich im Znsa.imTifmTia.Tig mit der schweizerisch-italienischen Vereinbarung vom 23. Juli 1955 über die Gewährung eines Darlehens an die italienischen Staatsbahnen einem Wunsche der Schweiz entsprechend, verpflichtet, die Konzession spätestens bis Ende 1955 s zu erteilen (vgl. diesbezüglich unsere Botschaft vom 24. August 1955 (BEI 1955, II, S. 470, lit. d). Bei
dieser Situation würde die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung zur Folge haben, die um so bedenklicher wäre, als es bisher immer die Schweiz war, welche auf eine baldige Konzessionserteilung drängte. Die schweizerische Konzession müsste noch den eidgenössischen Eäten zur Genehmigung unterbreitet und dem fakultativen Eeferendum unterstellt werden, obschon sie von keiner Seite bestritten ist. Anlässlich der Veröffentlichung des Konzessionsgesuches wurde überhaupt keine einzige Einsprache erhoben, was in der Geschichte der Grenzkraftwerke als einmalig bezeichnet werden kann.

Beim Kraftwerk l'Etournel handelt es sich um eine Nutzung im Eahmen des schweizerisch-französischen S t a a t s v e r t r a g e s vom 4. Oktober 1913. Der Ausbau ist in einem Zusatz der schweizerischen Kon-

669 Zession vom 28. Dezember 1917 für das bestehende Kraftwerk Chancy-Pougny vorgesehrieben. Die Frist für die Betriebseröffnung wurde vom Bundesrat letztmals im Jahre 1948 bis zum Jahre 1963 verlängert.

Wie diese Ausführungen zeigen, ist die rationelle Nutzbarmachung der Wasserkräfte interkantonaler und namentlich internationaler Gewässerstrecken heute schon so weit fortgeschritten, dass relativ nur noch wenige ausbauwürdige Strecken verfügbar bleiben. Hinsichtlich der Erteilung neuer Konzessionen für Grenzkraftwerke ist .zudem festzustellen, dass diese in den meisten Fällen schon .weitgehend präjudiziert sind.

' , : fe. Wenn man von weniger wichtigen oder überholten Projekten absieht, bleiben voraussichtlich lediglich die Verleihungen für folgende Kraftwerke, bei welchen die postulierte neue Verfassungsbestimmung noch eine praktische Bolle spielen könnte: Spölkraf twerk Livigno-Punt dal Gali (Schweiz/Italien); I n n k r a f t w e r k M a r t i n a - P r u t z (Schweiz/Österreich) und Speicherwerk Emosson-Le Chatelard (Schweiz/Frankreich). Bezüglich Spöl'und Inn sind'Verhandlungen mit den betreffenden Nachbarstaaten schon .seit 1948, bzw.

1952 im Gange. Beim Projekt Emosson-LeChâtelard müssen internschweizerisch noch eine ganze Keine schwieriger Probleme abgeklärt werden, bevor daran gedacht werden kann, Verhandlungen mit Frankreich aufzunehmen.

In allen drei Fällen lässt sich immerhin bereits feststellen, dass es nicht möglich sein wird, diese Werke zu verwirklichen, ohne zuvor feste rechtliche Grundlagen durch Abschluss besonderer Staatsverträge zu schaffen. Weder bestehen mit Frankreich, Italien und Österreich allgemeine Verträge wie mit unserem nördlichen Nachbarn am Ehein, noch haben sich feste Grundsätze herausgebildet, wie dies im Verhältnis zu Deutschland auf Grund einer bereits 65jährigen Praxis der Fall ist. Die Unterschiede zwischen der Wasserrechtsgesetzgebung der Schweiz einerseits und derjenigen Frankreichs, Italiens und Österreichs anderseits sind auch zu gross, als dass es möglich erscheint, auf beiden Seiten allein auf Grund der Landesgesetzgebung Verleihungen mit übereinstimmendem Inhalt zu erteilen, wie dies die Einheitlichkeit der · geplanten Werke erfordert. Im Bestreben, Kollisionen zu vermeiden und den Bau und Betrieb dieser Werke auf eine sichere Eechtsbasis zu stellen,
wird man nicht darum herum kommen, in den erwähnten Staatsverträgen Begelungen zu treffen, die in verschiedener Hinsicht über den eigentlichen Bereich der Wasserrechtsgesetzgebung hinausgehen und auch zu Lasten der Schweiz neue Verpflichtungen begründen werden. Es wird insbesondere nicht genügen, sich über die technische Anlage der betreffenden Werke zu verständigen, die beidseitigen Hoheitsrechte an den nutzbar zu machenden Wasserkräften festzustellen, das Verfahren für die Erteilung von aufeinander abgestimmten Konzessionen festzulegen und sich über weitere Materien, zu deren innerstaatlichen Begelung der Bundesrat auf Grund des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes allein kompetent ist, zu einigen. Man wird also mit Verwaltungsabkommen nicht auskommen, wie sie der Bundesrat bei Kembs, Châtelot und zuletzt noch im Jahre 1949 beim Projekt Val di Lei-Innerferrera nach richtiger, heute noch gültiger Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

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Bechtsauffassung, ohne Genehmigung der Bundesversammlung abschliessen durfte. Die Entwicklung in den letzten Jahren hat vielmehr immer deutlicher gezeigt, dass derartige Projekte schwierige Fragen auf werf en, die nur gelöst werden können, wenn zusätzliche, über den Kompetenzbereich des Bundesrates hinausgehende Abmachungen getroffen werden, und dass es deshalb unumgänglich sein wird, Staatsverträge betreffend Spöl, lim und Emossön-Le Châtelard von Anfang an auf eine breitere Basis zu stellen.

Gemäss Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung unterliegen derartige Staatsverträge der Genehmigung durch die Bundesversammlung, und da sie naturgemäss unbefristet sind und mindestens während einer Konzessiorisdäuer von normalerweise 80 Jahren Bestand haben sollen, bringt die Unterstellung unter die Genehmigung der Bundesversammlung ohne weiteres auch diejenige unter das Fakultativreferendum mit sich.

Für .eine Bevision der Wasserrechtsgesetzgebung im Sinne der Wasserrechtsinitiative besteht demnach auch unter diesem Gesichtspunkt kein Bedürfnis. Sie würde zu Doppelspurigkeiten fähren: Sowohl die Staatsverträge mit dem Nachbarstaat selbst, wie auch ihre spätere Erfüllung - die Erteilung der staatsvertraglich vorgesehenen Konzession - wären von der Bundesversammlung zu genehmigen und müssten, falls das Eeferendum ergriffen würde, der "Volksabstimmung unterbreitet werden. Grundsätzlich wäre es nicht ausgeschlossen, dass der Staatsvertrag mit Zustimmung von Parlament und Volk zustande gekommen wäre, seine spätere Erfüllung aber verunmöglicht und damit völkerrechtswidriges Landesrecht geschaffen würde. Dem könnte allerdings dadurch vorgebeugt werden, dass der Bundesrat jeweils im referendumspflichtigen Bundesbeschluss über die Genehmigung des Staatsvertrages ermächtigt würde, die Konzession auf Grund desselben selbständig, also ohne Genehmigung der Bundesversammlung und ohne Eeferendumsvorbehalt, zu erteilen. In diesem Falle erwiese sich die von den Initianten vorgeschlagene Ergänzung der Bundesverfassung wiederum als überflüssig. Ein solches Vorgehen könnte aber leicht als Umgehung des Volkswillens aufgefasst und von den eidgenössischen Bäten abgelehnt werden.

i Die Initianten haben nie ein Hehl daraus.gemacht, und auch in den Pressekommentaren zu der Verwerfung der Eheinauinitiative, im Dezember 1954,
ist eindeutig zum Ausdruck gekommen, dass die hier in Frage stehende Volksinitiative speziell die vom Kanton Graubünden und von seinen Engadinergemeinden befürwortete internationale Spölkonzession treffen will, wird doch seit Jahren aus der Kontroverse darüber, ob der Bundesbeschluss vom 3. April 1914 über die Errichtung eines schweizerischen Nationalparkes im Unterengadin eine Nutzbarmachung der Wasserkräfte ausschliesse, die Erteilung einer solchen Konzession heftig bekämpft.

Wie oben ausgeführt, wird, sofern eine Verständigung mit Italien über eine gemeinsame Ausnützung des Spöl überhaupt zustandekommt, der betreffende Staatsvertrag der Genehmigung der Bundesversammlung bedürfen und dem

671 Referendum unterstellt sein, so dass hier das Mitspracherecht des Volkes auch ohne die Wasserrechtsinitiative gewährleistet ist.

Zusammenfassend bestätigt sich, dass die postulierte Verfassungsrevision nicht die Voraussetzungen dazu schafft, dem von den Initianten angestrebten, Ziele näher zu kommen. Angesichts der Tatsache, dass die Verfas-: sungsinitiative nur noch in sehr wenigen Fällen zur Anwendung kommen könnte und zudem in Fällen, in welchen ein Mitspiacherecht der eidgenössischen Bäte und - gestützt auf das Staatsvertragsreferendum - des Volkes ohnehin gegeben ist, entspricht die vorgesehene Verfassungsrevision keinem praktischen Bedürfnis.

2. Abschnitt Die Übergangsbestimmung 1. Es entspricht den Grundsätzen des Eechtsstaates, dass sich ein neuer Verfassungs- oder Gesetzesrechtssatz nur die während seiner Geltungsdauer entstehenden Tatbestände und Rechtsverhältnisse unterwerfen soll. Kann es fraglich sein, wie gewisse, unter dem alten Recht erzeugte Rechtsverhältnisse zum neuen Recht stehen sollen, so ist diese Unklarheit durch eine Bestimmung des intertemporalen Rechtes abzuklären. Zweck einer Übergangsbestimmung ist demnach, das Verhältnis , eines neuen Rechtssatzes zu den unter dem aufgehobenen Reohtssatz erzeugten Rechtsverhältnissen zu regeln.

Legt nun eine Übergangsbestimmung fest, dass das neue Recht vor seinem rechtlich möglichen Inkrafttreten von einem bestimmten Zeitpunkt an bereits alle seine Rechtswirkungen entfalten soll, regelt sie damit das Verhältnis des neuen Rechtssatzes zu den unter dem aufgehobenen Rechtssatz erzeugten Rechtsverhältnissen im Sinne der Rückwirkung. Wenn die Übergangsbestimmung der Wasserrechtsinitiative verlangt, dass die neue Vorschrift auf alle vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen Anwendung finden solle, welche am 1. September 1952 noch nicht erteilt sind, so ist diese Übergangsbestimmung eine reine Rückwirkungsklausel und als solche steht sie im Widerspruch zu dem Grundsatz der Nichtrückwirkung neuen Rechtes. Als Verfahrensrecht bedürfte die Hauptbestimmung des Volksbegehrens einer Übergangsbestimmung überhaupt nur in dem Sinne, dass festzustellen wäre, welches Recht auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Bestimmung hängigen Verleihungsbegehren anzuwenden wäre; denn ein Verfahrensrecht zur Begründung von Rechtsverhältnissen
kann sinngemäss keinerlei Wirkungen auf schon begründete Rechtsverhältnisse haben.

2. Es ist offensichtlich, dass die Initianten mit der Übergangsbestimmung der Initiative den Zweck verfolgten, den Bundesrat tatsächlich daran zu hindern, vor dem Volksentscheid über die Wasserrechtsinitiative weitere Bundeskonzessionen zu erteilen.

!

672 Durch eine Konzessionserteilung in der Schwebezeit bis zur Abstimmung von Volk und Ständen über die Initiative entstünde nämlich die folgende ·widerspruchsvolle Lage: Zweifellos erhält der Inhalt eines Volksbegehrens auf Verfassungsrevision gemäss Artikel 123, Absatz l, der Bundesverfassung erst dann rechtliche Geltung, wenn er von der Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Bürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist. In der Zeit vor der Annahme der Initiative gilt somit das bisherige Verfassungs- und Gesetzesrecht, d. h. im vorliegenden Falle bleibt der Bundesrat selbstverständlich zuständig, bis zur Annahme der Initiative durch Volk und Stände die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen nach geltendem Eecht suo jure rechtsgültig zu erteilen. Sollte die Initiative aber von Volk und Ständen angenommen werden, würde damit deren Hauptbestimmung rückwirkend in Kraft gesetzt, d. h. es würde feststehen, dass alle Wasserrechtskonzessionen, die vom Bundesrat nach dem 1. September 1952 erteilt worden wären, der Zustimmung der Bundesversammlung und eventuell des Volkes bedürften. Würde die Bundesversammlung oder das Volk in einem konkreten Falle seine Zustimmung verweigern, verlöre die betreffende, seinerzeit rechtsgültig erteilte Wasserrechtskonzession ihre Gültigkeit. Der Beliehene, der nach Massgabe des Verleihungsaktes durch die Verleihung ein wohlerworbenes Recht auf die Nutzung des Gewässers erhalten hätte, wäre zufolge der veränderten gesetzlichen Grundlage seiner Hechte beraubt (vgl. Burckhardt, Organisation der Rechtsgemeinschaft, S. 104/105).-Dieser Entzug des wohlerworbenen Rechtes käme einer Enteignung gleich, so dass sich die Frage der Schadenersatzpflicht des Staates stellen würde.

Die Übergangsbestimmung schafft somit für die Schwebezeit bis zur Volksabstimmung über die Initiative einen bedenklichen Zustand der Rechtsunsicherhe'it. Nun trifft es allerdings zu, dass sich die unerfreuliche rechtliche Situation unter den heute gegebenen Umständen praktisch nicht auszuwirken vermag. Seit dem 1. September 1952 sind durch den Bundesrat keine Wasserrechtskonzessionen für neue Kraftwerke erteilt worden und es werden in nächster Zeit, ab. gesehen von der staatsvertraglich festgelegten Erteilung einer Konzession für das Grenzkraftwerk Val di Lei, auch keine erteilt werden
können; denn in keinem der hängigen Verleihungsverfahren sind die Verhandlungen so weit gediehen, dass eine Konzessionierung in absehbarer Zeit erfolgen könnte. Trotzdem bleibt aber die Tatsache bestehen, dass bei Annahme der Initiative mit ihrer Übergangsbestimmung eine Vorschrift in die Verfassung aufgenommen würde, die als Prinzip nicht zu billigen ist. Es widerspricht der klaren verfassungsmässigen Regelung des Initiativrechtes, einem Initiativvorschlag schon vor der Annahme der Initiative rechtliche Wirkung beizulegen. Mit der Annahme der Initiative würde zudem der allgemeine Grundsatz der Nichtrückwirkung neuer Rechtssätze durchbrochen und damit ein unerfreulicher Präzedenzf all geschaffen.

673

Dritter Teil Schlussbetrachtungen Das vorliegende Volksbegehren ist dem durchaus achtenswerten Beweggrund entsprungen: Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten. Dieser Gedanke kommt indessen in der postulierten Ergänzung der Bundesverfassung nicht zum Ausdruck.

; Das Mittel, das vorgeschlagen wird, nämlich die Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund an die Zustimmung der Bundesversammlung zu knüpfen und dem fakultativen Eeferendum zu unterstellen, ist untauglich.

Vom rechtlichen, staatspolitischen und praktischen Standpunkt aus betrachtet ist die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung nicht zu empfehlen. Sie bedeutet einen weiteren Einbruch in das Prinzip der Gewaltentrennung, bringt eine Verwischung der Verantwortlichkeiten, vermengt bisher klare Begriffe und stellt eine Überspannung des demokratischen Prinzips dar. Das fakultative Referendum, wie es in Verfassung und Gesetz geregelt ist, wurde für Bundesgesetze und allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse geschaffen und kann nicht ohne Widersprüche auf Verwaltungsakte wie die Erteilung von Wasserrechtskonzessionen angewendet werden. ] .

; Der Wasserrechtsartikel Artikel 24Ms der Bundesverfassung und das Ausführungsgesetz vom 22. Dezember 1916 sind hinsichtlich der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen stark föderalistisch orientiert. Sowohl beim Erlass des Verfassungsartikels wie auch des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes ist es offensichtlich geworden, welche Bedeutung die Kantone der ihnen zustehenden Wasserhoheit beigemessen haben und bei den Bestrebungen zur Revision des Wasserrechtsgesetzes hat es sich immer wieder klar gezeigt, dass Revisionsvorschlägen kein Erfolg beschieden ist, wenn sie nicht dem Prinzip der kantonalen Gewässerhoheit in genügendem Umfange Rechnung tragen. Im Verhältnis zu den beteiligten Kantonen würde die vorliegende Verfassungsrevision - falls angenommen - das besondere Mitspracherecht alterieren, welches diesen bei der Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen hinsichtlich der Nutzbarmachung interkantonaler oder internationaler Gewässerstrecken gewährleistet worden ist. Mit Rücksicht auf das Prinzip der kantonalen Wasserhoheit erscheint es gegeben, es diesen Kantonen zu überlassen;ob sie ein Mitspracherecht des Volkes
einführen wollen.

Im Verhältnis zu den Nachbarstaaten würde die neue Verfassungsbestimmung die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzuhg erschweren und damit den Empfehlungen internationaler Organisationen |(OEEC und UNO) zuwiderlaufen.

·'· , Die vorgeschlagene Verfassungsrevision ist aber auch praktisch in keiner Weise zweckmässig. Sie würde das Verleihungsverfahren unnötig verlängern und kostspieliger gestalten. Sodann ist der sachliche Anwendungsbereich der postulierten Verfassungsbestimmung zu eng begrenzt, indem in den weit über-1

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wiegenden Fällen die Kantone nach wie vor abschliessend zur Konzessionserteilung zuständig wären; hinsichtlich Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, sind verschiedene Fälle bereits durch Staatsverträge weitgehend präjudiziert. In den wenigen verbleibenden Hauptanwendungsfällen, so im Falle des S.pöl, wird eine Verständigung mit dem Ausland nur in Form neuer Staatsverträge möglich sein, die aus verschiedenen in diesem Bericht dargelegten Gründen der Genehmigung der Bundesversammlung bedürfen und dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstehen. Die Stimmbürger werden daher Gelegenheit erhalten, sich grundsätzlich zu jenen Kraftwerkprojekten zu äussern, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Bedürfnis für die Initiative nicht besteht.

, Sollen heute Naturschönheiten eines stärkeren Schutzes teilhaftig werden, so nicht allein auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung. Anlässlich der Prüfung der Wasserrechtsinitiative hat sich daher die Frage gestellt, ob nicht der Bundesversammlung die Aufstellung eines Gegenvorschlages im Sinne eines allgemeinen Naturschutzartikels zu empfehlen wäre? - Es hat sich dabei aber ergeben, dass ein derartiges Vorgehen unzulässig wäre, weil es gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufen würde. Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen verlangt, dass der Grundsatz der Einheit der Materie auch bei einem Gegenentwurf zu einer Verfassungsinitiative gewahrt sei, mit andern Worten, der Gegenentwurf müsste die nämliche Verfassungsmaterie beschlagen wie das Initiativbegehren selbst. Dies würde aber im vorliegenden Falle nicht zutreffen; denn die Wasserrechtsinitiative verlangt offensichtlich eine Eevision des Verfahrens zur Erteilung von Wasserrechtsverleihungen durch den Bund. Dass die Initiative Natur- und Heimatschutzbelange betreffen würde, kann dem Wortlaut nicht entnommen werden.

Anlässlich der Behandlung der Bheinauinitiative in der Herbstsession 1954 ist von der zur Begutachtung der Initiative bestellten nationalrätliohen Kommission am 28. September 1954 eine Motion eingereicht worden, die den Bundesrat beauftragt, «mit den kantonalen Behörden und den Vertretern der Organisationen des schweizerischen Natur- und Heimatschutzes die Frage der Einfügung eines die Erfordernisse der Erhaltung und
Sicherung der landschaftlichen Schönheiten unseres Landes erfüllenden Artikels in die Bundesverfassung zu prüfen und den eidgenössischen Eäten darüber Bericht und Antrag vorzulegen.» Diese Motion ist in der Junisession 1955 im Nationalrat begründet und vom Bundesrat entgegengenommen worden (StenBull 1955 Nationalrat, S. 122 ff.).

Um in dieser Sache keine Zeit zu verlieren und in der Meinung, dass auch der Ständerat der Motion zustimmen werde (was inzwischen in der diesjährigen Herbstsession geschehen ist), sind die Vorarbeiten zur Aufstellung eines Verfassungsartikels über Natur- und Heimatschutz unverzüglich an die Hand genommen worden. Der Bundesrat wird hierüber seinerzeit in einer eigenen Botschaft Bericht erstatten und Antrag stellen.

675 Während sich die Kantone noch in den dreissiger Jahren anlässlich, einer Umfrage mehrheitlich gegen eine eidgenössische Gesetzgebung auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes aussprachen (vgl. Bericht des Bundesrates über die Eheinauinitiative BB1 1954, I, S. 753 ff.), dürfte die Stimmung heute voraussichtlich besser sein; der Gedanke des Natur- und Heimatschutzes hat inzwischen wesentlich an Boden gewonnen.

Sollte der Einbau eines Natur- und Heimatschutzartikels in die Bundesverfassung letzlich von Volk und Ständen gutgeheissen werden, könnte damit das von den Initianten der Wasserrechtsinitiative für ein Teilanwendungsgebiet ins Auge gefasste Ziel, eine vermehrte Beachtung der Postulate des Natur- und Heimatschutzes zu erwirken, auf viel breiterer und wirksamerer Grundlage erreicht werden.

Unter diesen Gesichtspunkten dürfte sich in den verantworlichen Initiativkreisen die Frage des Eückzuges der Wasserrechtsinitiative stellen.

Gestützt auf die vorstehenden Darlegungen empfehlen wir Ihnen, das Volksbegehren zur Erweiterung der Volksrechte bei der; Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund abzulehnen und es gemäss dem nachstehenden Beschlussesentwurf dem Volke und den Ständen mit dem Antrag auf Verwerfung und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

, ; Bern, den 4.Oktober 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre _:r, ,

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

676 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

das Volksbegehren zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in das Volksbegehren yom 23.Februar 1958 zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund und in einen Bericht des Bundesrates vom 4. Oktober 1955, gestützt auf Artikel 121 ff. der Bundesverfassung und Artikel 8 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892/5. Oktober 1950 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Eevision der Bundesverfassung, beschliesst:

Art. l Das Volksbegehren zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet. Dieses Volksbegehren lautet wie folgt: «Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizerbürger verlangen auf dem Wege der Volksinitiative, dass Artikel 89 der Bundesverfassung wie folgt ergänzt werden soll : Die vom Bunde zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen (Art. 24Ms, Abs. 4) bedürfen der Zustimmung beider Bäte und sollen dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wenn es von 30 000 stimmberechtigten Sohweizerbürgern oder acht Kantonen verlangt wird.

Übergangsbestimmung : Artikel 89, neuer Absatz, findet Anwendung auf alle vom Bund zu erteilenden Wasserrechtskonzessionen, welche am 1. September 1952 noch nicht erteilt sind.»

677

Art. 2 Wird das Volksbegehren von Volk und Ständen angenommen, ist die neue Verfassungsbestimmung als Artikel 89, Absatz 3, in die Bundesverfassung aufzunehmen. Dabei soll die Hauptbestimmung im französischen und italienischen , Text wie folgt lauten: «Les concessions pour l'utilisation des forces hydrauliques qu'il appartient à la Confédération d'octroyer (art. 24bla, 4e alinéa) doivent être approuvées par les deux conseils. Elles sont soumises à l'adoption ou au rejet du peuple, si la demande en est faite par 80 000 citoyens actifs ou par huit cantons.» «Le concessioni per l'utilizzazione di forze idrauliche il cui rilascio spetta alla Confederazione (art. 24bls, capoverso 4) devono essere approvate da ambo i Consigli legislativi. Devono inoltre essere sottoposte al popolo per la accettazione o il rifiuto, quando ciò sia domandato da 30 000 cittadini svizzeri aventi diritto di voto, oppure da 8 cantoni.» Der heutige Artikel 89, Absatz 3 (Staatsvertragsreferendum) würde demzufolge zu Artikel 89, Absatz 4, der Bundesverfassung.

Art. 8 Dem Volk und den Ständen wird die Verwerfung des Volksbegehrens beantragt.

Art. 4 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Volksinitiative zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund (Vom 4. Oktober 1955)

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