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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Beginn der Winter- und Sommersession (Vom 4. Oktober 1955)

Herr Präsident !

Sehr geehrte Herren!

Im Verlaufe der Wintersession 1954 hat Herr Nationalratspräsident Haber lin folgende Motion eingereicht : «Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Bäten eine Vorlage zur Bevision von Artikel l des Bundesgesetzes über den Geschäftsverkehr zwischen Nationalrat, Ständerat und Bundesrat zu unterbreiten, wobei die bindende Vorschrift, dass die Sommersession am ersten Montag des Monats Juni und die Wintersession am ersten Montag des Monats Dezember zu beginnen habe, entweder gemildert oder ganz beseitigt werden soll.» .Die Motion wurde am 25.März 1955 vom Nationalrat und am 17. Juni 1955 vom Ständerat oppositionslos erheblich erklärt.

Bei der Begründung seiner Motion führte Herr Nationalratspräsident Häberlin aus, dass die Vorschrift, die den ersten Montag des Monats Dezember und den ersten Montag des Monats Juni als Eröffnungstage für die Winter- beziehungsweise Sommersession festsetze, das Merkmal längst vergangener Tage trage, als die eidgenössischen Bäte ihre Arbeit noch in kürzerer Zeit als heute erledigen konnten. Es gehe demgemäss darum, den eidgenössischen Bäten etwas mehr Freiheit einzuräumen, vor allem was das Datum der Eröffnung der Winter .session anbelange, das manchmal so nahe anWeihnachten zu liegen komme, dass den eidgenössischen Bäten die drei Wochen, die zur Abwicklung des Programmes nötig sein könnten, nicht zur Verfügung stünden.

Wie der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes ausführte, besteht vom Standpunkte des Bundes aus kein Hindernis, die eidgenössischen Bäte auf Grund einer Gesetzesänderung zu ermächtigen, die Wintersession an einem der

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letzten Tage des Monats November zu eröffnen. Der Voranschlag des folgenden Jahres wird üblicherweise Ende Oktober unterbreitet, so dass'den Kommissionen genügend Zeit zur Verfügung stände, um ihn noch vor dem vorverlegten Sessionsbeginn zu behandeln. Es ist immerhin zu betonen, dass es bereits jetzt nur unter grossen Schwierigkeiten möglich ist, die Vorarbeiten'für die Aufstellung des Voranschlages so zu fördern, dass die Vorlage Ende Oktober erfolgen kann.

Die Weisungen an die Departemente und Abteilungen mftssen jeweilen bereits anfangs Juni erlassen werden, damit alle Arbeiten termingemäss fertigerstellt werden können. Auch bei einer Vorverlegung der ersten Abteilung der ordentlichen Session (Dezember) wäre es deshalb nicht möglich, .den Kommissionen den Voranschlag früher als jetzt zur Verfügung zu stellen. : ', ' Vom Standpunkt der Kantone aus brächte die Festlegung eines früheren Datums für die Eröffnung der Wintersession dagegen etwelche Schwierigkeiten, weil sich in gewissen Kantonen Kollisionen mit den Sessionen der kantonalen Parlamente ergeben würden. Dies wäre namentlich der,Fall in den Kantonen Bern, Appenzell Ausser-Bhoden und Inner-Bhoden, Graubünden und vor allem im Kanton Waadt. Die waadtländische Kantonsverfassung' sieht nämlich vor, dass die Winteression des Grossen Bates am zweiten Montag im November beginnt. Weil diese Session fünf oder sechs Wochen dauert, würde sich die Zeit, während welcher sich die waadtländischen Abgeordneten in den eidgenössischen Eäten zwischen Bern und Lausanne zu teilen hätten, gegenüber heute noch verlängern.

Im Hinblick auf die nicht zu leugnenden Vorteile, die je nach dem Kalender des betreffenden Jahres eine Ende November beginnende Wintersession bieten könnte, halten wir dafür, dass es sich empfehle, im Gesetz die Möglichkeit vorzusehen, auch ein früheres Datum als den ersten Montag im Dezember zu bestimmen. .

Für die Sommersession stellt sich das Problem etwas anders. Vom Standpunkte des Bundes aus hätte das Festhalten am ersten Montag im Juni einen gewissen Vorteil in dem Sinne, dass man sicherer wäre, über eine genügende Zeitspanne zwischen der Herausgabe des Geschäftsberichtes und dem Beginn der Session verfügen zu können. Auf kantonalem Gebiete brächte die Festsetzung eines früheren als des geltenden Eröffnungsdatums -. immer im Hinblick
auf die Sessionen der Grossen Eäte - namentlich für die Kantone Schwyz und Graubünden Schwierigkeiten.

Die Motion Häberlin verlangt nun nicht, dass durch Gesetzesvorschrift ein anderer Tag als der erste Montag im Dezember oder Juni für die Eröffnung der Winter- oder Sommersession bestimmt werde. Sie zielt lediglich darauf ab, dass das Gesetz den eidgenössischen Eäten eine gewisse Bewegungsfreiheit einräumen soll. Der Motionär hat die Ansicht vertreten, dass es genügen würde, wenn man in die Gesetzesbestimmung die Worte «in der Begel» einfügen würde. Nachdem aber die Meinung geäussert wurde, dass Artikel l des Gesetzes durch eine Be-

780 Stimmung zu ergänzen wäre, wonach das Datum der Eröffnung der Sommeroder Wintersession im Falle einer Abweichung von der geltenden Ordnung schon in der vorhergehenden Session beschlossen werden sollte, glauben wir dieser Auffassung Eechnung zu tragen, wenn wir den Beginn des Artikels l wie folgt formulieren: «Sofern nichts anderes beschlossen wurde, versammeln sich der Nationalrat und der Ständerat zur ersten Abteilung der ordentlichen Session . . . » Damit erübrigt sich die Einfügung der Worte «in der Begel».

Dabei hat es die Meinung, dass der Beschluss in der vorhergehenden Session gefasst würde. Wir haben jedoch darauf verzichtet, dies im Text des Entwurfes ausdrücklich zu sagen, weil Artikel l auf der Eiktion beruht, dass jährlich eine einzige ordentliche Session stattfinde, die sich in zwei Abteilungen gliedert (Dezember und Juni) und es deshalb nicht angeht, den Begriff «vorhergehende Session» zur Bezeichnung der Frühjahrs- oder Herbstsession zu verwenden.

In der ständerätlichen Kommission wurde die Ansicht vertreten, dass gegebenenfalls das Datum der Eröffnung der Sommersession sollte verschoben werden können, um zu verhindern, dass Fronleichnam auf den Donnerstag der ersten Sessionswoche falle. Die vorgeschlagene elastische Formulierung würde dies gestatten.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beantragen wir Ihnen, dem beiliegenden Gesetzesentwurf zuzustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. Oktober 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Beginn der Winter- und Sommersession (Vom 4. Oktober 1955)

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1955

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6951

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20.10.1955

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778-780

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