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Bùndesblatt 107. Jahrgang

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Bern, den 28. Juli 1955

Band II

Erscheint wöchentlich Preis SO Franken im -Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Happen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cit. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährung einer Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG.

(Vom 15. Juli 1955) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft einen Entwurf zu einem Beschluss über die Gewährung einer Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG., Domat/Ems] zu unterbreiten.

A. Die Entstehungsgeschichte der Holzverzuckerungs-AG.

I. Die ersten Pläne Wie in unseren Nachbarländern wurde auch in der Schweiz schon vor dem letzten Kriege dem Studium der Produktion inländischer Treibstoffe von verschiedener Seite Aufmerksamkeit geschenkt. Unter anderem hatte sich ein Komitee für die Errichtung eines Holzverzuckerungswerkes in der Schweiz gebildet; geplant wurde die Herstellung eines Ersatztreibstoffes durch die chemische Gewinnung von Holzzucker und dessen Umwandlung in Sprit. Obwohl die Initianten im Besitze von Verfahren und Projekten waren, verzichteten sie im Jahre 1935 angesichts der scharfen Kämpfe, welche damals der Versuch einer Beimischung von Alkohol zum Benzin auslöste, auf die Errichtung eines eigentlichen Treibstoffwerkes. Das Komitee wandte sich aber im Winter 1935/36 an den Kleinen Rat des Kantons Graubünden mit dem Begehren um Förderung des Projektes für die Erstellung einer kleineren Anlage zum Zwecke der Erzeugung von jährlich 20 000 hl Feinsprit für die Alkoholverwaltung.

Die Regierung des Kantons Graubünden erkannte die grosse Bedeutung eines solchen Werkes für die bündnerische Wirtschaft und unterzog das Projekt einer eingehenden Prüfung. Am 8. September 1937 wandte sich der Kleine Bat Bùndesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

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238 an das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement mit dem Ersuchen, die Alkoholverwaltung zur Erteilung der Konzession zu ermächtigen und gleichzeitig die Abnahme des anfallenden Sprites bis zu 20 000 hl jährlich zu den Gestehungskosten zuzusichern. Er ging bei der Begründung seines Gesuches vor allem von folgenden Überlegungen aus : Die Volkswirtschaft Graubündens beruhe auf den drei Pfeilern: Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fremdenindustrie. Alle drei Wirtschaftszweige seien krisenempfindlich. Durch die Errichtung des Werkes werde ein Teil des Holzabsatzes der Krisenempfindlichkeit entrückt. Das bedeute erhöhten Ertrag der Gemeindewaldungen, zusätzlichen Verdienst für die Bergbevölkerung und damit eine wirksame Berghilfe. Die Sicherung des Absatzes von Brennholz sei für die Wirtschaft des Kantons Graubünden deshalb von ausschlaggebender Bedeutung, weil der Wald die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz des grössten Teils aller bündnerischen Gemeinden bilde. Zudem sei er für die Bevölkerung die wichtigste Quelle der Arbeitsbeschaffung und eines zusätzlichen, bescheidenen Erwerbes. Die bündnerische Holzproduktion bestehe zu 53 Prozent aus Brennholz (im Jahre 1952 waren es noch 36 %). Da Nadelbrennholz keine allzu starke Frachtbelastung ertrage, müsse es zum grössten Teil im Kanton selbst abgesetzt werden. Sein Absatz werde insbesondere in den grösseren Ortschaften und Fremdenzentren stark eingeengt, weil Kohle, Öl, Elektrizität und teilweise auch Gas für Heizund'Kochzwecke mehr und mehr überhand nähmen. Daher komme es, dass die Durchforstung, durch welche einzig und allein die Erzeugung hochwertigen Qualitätsholzes erreicht werden könne, aus Mangel an Absatz unterbleiben müsse. Damit sei eine nicht zu unterschätzende Minderung der finanziellen Walderträgnisse und eine schwer ins Gewicht fallende Einbusse an Arbeitsbeschaffung verbunden.

II. Die Verträge mit der Holzverzuckerungs-AG. und ihre Abiüicklung 1. Die Verträge Das Studium des Projektes durch die Bundesbehörden hatte zu einer befürwortenden Stellungnahme des Finanz- und Zolldepartements geführt. Durch den Ausbruch des Krieges wurde eine erneute Überprüfung des Problems nötig.

Infolge der Mobilisation der Armee und der Schliessung-der Grenzen ging die Arbeitslosigkeit zurück und der Holzbedarf steigerte sich, da die Zufuhr anderer
Brennstoffe teilweise ausblieb. Trotzdem folgte der Bundesrat der Empfehlung des Finanz- und Zolldepartements, zum Projekt ohne Eücksicht auf die veränderte Lage Stellung zu beziehen. Man wollte damit den Initianten ermöglichen, ihre Entwicklungsarbeiten soweit zu fördern, dass der Betrieb auf den Zeitpunkt einsatzbereit sei, in dem die Holzabsatzschwierigkeiten erneut eintreten, was bei Beendigung der Feindseligkeiten mit der Wiederkehr der freien Einfuhr von Kohle zu erwarten war. Der Bundesrat beschloss am 23. August 1940, dem Gesuche des Kleinen Eates des Kantons Graubünden grundsätzlich zu entsprechen und der Holzverzuckerungs-AG. die Erteilung einer Konzession

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für die Erzeugung von 20 000 hl Sprit und dessen Übernahme zu den Gestehungskosten, höchstens jedoch zu 60 Franken je hl 100% Feinsprit zuzusichern.

Da damals die Bechnung der Alkoholverwaltung keinerlei Belastungen ertrug, sollte der auf jährlich 100000 Franken veranschlagte Unterschied zwischen Einstandspreis des von der Alkoholverwaltung eingeführten Sprits (inklusive Zoll) und dem Übernahmepreis durch die Bundeskasse getragen werden. Der Bundesrat beauftragte das Finanz- und Zolldepartement, die Unterhandlungen mit der Holzverzuckerungs-AG. zu führen.

Im Verlaufe der Besprechungen über die Konzessionsbedingungen wurden von dritter Seite Forderungen nach vermehrter Inlanderzeugung an flüssigen Treibstoffen laut, um auf diesem Wege die eingetretene Knappheit im Interesse der Armee und der Volkswirtschaft zu lindern. Insbesondere setzte sich die Vorgängerin des Schweizerischen Strassenverkehrsverbandes, die Via Vita, Schweizerische Zentralstelle für Erhebungen und Studien zur Förderung und Eationalisierung des Strassenverkehrs, mit grossem Nachdruck für die Aufnahme der Inlandtreibstoffproduktion ein. Sie forderte in einer Eingabe an den Bundesrat vom. 11.Februar 1941 neben der unverzüglichen Herstellung von 30 000 Tonnen Paraldehyd den endgültigen Entscheid über den Bau einer Holzverzuckerungsfabrik, die imstande sein sollte, während der Treibstoffknappheit jährlich eine Menge von 10 000 Tonnen Alkohol- und Ketongemisch zu motorischen Zwecken abzugeben. Diese Fabrik sollte bei Wiederkehr normaler Verhältnisse weitgehend abgebaut werden können. Die Organe der Via Vita waren sich allerdings bewusst, dass in Unternehmungen, die flüssige Ersatztreibstoffe herstellen, hohe Kapitalien investiert werden müssen, welche eine lange Amortisationszeit verlangen, und dass ferner Gründe der Arbeitsbeschaffung in der Friedenszeit eine Liquidation erschweren könnten. Sie vertraten deshalb die Ansicht, dass die Anlagen während der Benzinknappheit soweit als möglich amortisiert werden sollten, damit bei Wiederkehr normaler Verhältnisse die Verkaufspreise weitgehend gesenkt werden könnten. Sie stellten ferner das Begehren, die Überpreise nicht den Benzinkonsumenten allein zu belasten, sondern in einem gewissen Umfange auch allgemeine Bundesmittel zur Preisüberbrückung herbeizuziehen. Falls bei der Wiederkehr
normaler Verhältnisse die Ersatztreibstoffproduktion nicht sofort aufgehoben werden könnte, bestehe die Möglichkeit, den Beimischungszwang zu verfügen. Ferner ersuchten sie die Bundesbehörden, die Möglichkeit der spätem Überführung der in der Ersatztreibstoffwirtschaft beschäftigten Personen in andere Erwerbszweige und der Umstellung der Produktionsanlagen auf andere Produkte zu prüfen.

Die Initianten, unterstützt vom Kanton Graubünden, nahmen die Gelegenheit wahr, um eine neue, erweiterte Vorlage zu unterbreiten. Diese sah eine Jahreserzeugung von 10 000 Tonnen Treibstoff und von 1600 Tonnen Feinsprit vor. Die Vergrösserung sollte nach Ansicht der Initianten auch die Überführung des Betriebes in die Friedenswirtschaft erleichtern.

Nach eingehender Prüfung hiess der Bundesrat am 24. März 1941 das neue Projekt gut. Das Militärdepartement wurde ermächtigt, an die Ausführung

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des Werkes einen Arbeitsbeschaffungsbeitrag in der Höhe von 2,4 Millionen Pranken zu gewähren. Der Kanton Graubünden hatte seinerseits schon am 25.Februar' 1941 einen Arbeitsbeschaffungsbeitrag an dieses Werk in der Höhe von 1,2 Millionen Franken zugesichert. Je ein Viertel der Beiträge des Bundes und des Kantons Graubünden waren zu verzinsen und zurückzuzahlen.

Mit diesem Bundesratsbeschluss wurde jener vom 23.August 1940 aufgehoben und das Finanz- und Zolldepartement beauftragt, mit der Holzverzuckerungs-AG. einen Vertrag betreffend Erzeugung und Lieferung einheimischer Treibstoffe abzuschliessen.

Der erwähnte Vertrag kam am 18. Juni 1941 zustande. Sein Hauptinhalt bestand in der Lieferpflicht der Holzverzuckerungs-AG. und der Abnahmegarantie des Bundes für eine Menge von 98 200 Tonnen Treibstoff bis zum 31. Dezember 1955. Diese war in drei Lieferperioden abzunehmen, und zwar in einer Einlauf période vom 1. Mai bis Ende 1942 5200 Tonnen, in einer Volllief erperiode vom I.Januar 1943 bis zum 31.Dezember 1954 33000 Tonnen und einer Nachlieferperiode vom I.Januar 1946 bis zum 31.Dezember 1955 60000 Tonnen. Für den Treibstoff wurde der Holzverzuckerungs-AG. die Bezahlung der Gestehungskosten zugesichert. In diesem Preis war eine Bückstellung für laufende und ausserordentliche Erneuerungen und Investierungen im Umfang von 6 Prozent der Anlagekosten des Werkes enthalten. Während der Vollieferperiode sollte ein Amortisationszuschlag zur Tilgung der Bankdarlehen und der teilweisen Bückzahlung der Arbeitsbeschaffungsbeiträge von Bund und Kanton Graubünden zusätzlich zu den Gestehungskosten erhoben werden.

Die Holzverzuckerungs-AG. verpflichtete sich ferner, die ihr gewährte Abnahmegarantie dadurch möglichst überflüssig zu machen, dass sie in folgender Bichtung Forschungsarbeit leistete: - Weiterentwicklung der flüssigen Treibstofferzeugung mit dem Ziel, möglichst hochwertige Produkte zur Verfügung zu stellen, unter optimaler Ausnützung der Energien im Holz und im Koks, solange dessen Verwendung überhaupt notwendig ist, sowie in der Elektrizität.

- Erzeugung hochklopffester Treibstoffe und Treibstoffzusätze.

- Versuche, die- Produktionskapazität der Gesellschaft bei normalisierten Importverhältnissen auf andere, wirtschaftlich interessante Produkte umzustellen.

In einer Schlussbestimmung wurde noch
folgender Passus in den Vertrag aufgenommen, der später Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen zwischen den Bundesbehörden einerseits und dem Kanton Graubünden und der Holzverzuckerungs-AG. anderseits werden sollte: «Wie das damals geplante Werk wird aber auch das auf Grund dieser vertraglichen Abmachungen entstehende Werk geschaffen in der Absicht, dem Kanton Graubünden den Wirtschaftsausgleich in sich selbst und mit der übrigen Schweiz zu erleichtern und die Waldwirtschaft auch in Friedenszeiten zu stützen. Die Parteien werden deshalb rechtzeitig vor Ablauf des

241 Vertrages prüfen, ob andere als kriegswirtschaftliche Überlegungen, wie sie dem ursprünglichen Projekt zugrunde gelegen haben, in dieser oder einer anderen Form Veranlassung geben, dass die den Kanton Graubünden beschäftigenden Probleme durch das Werk gelöst werden können.» Am 25. Juni 1942 schloss die Eidgenossenschaft mit der HolzverzuckerungsAG. einen weiteren Vertrag über die Lieferung von jährlich 2000 Tonnen Futterhefe bis zum 31. Dezember 1945 ab. Dieser Vertrag wurde als integrierender Bestandteil des Vertrages vom 18. Juni 1941 erklärt und enthielt ähnliche Bestimmungen über Lieferpflicht und Abnahmegarantie sowie über die Festsetzung des Übernahmepreises. Weil die Produktion von Futterhefe infolge von Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung nicht rechtzeitig aufgenommen werden konnte, wurde die Lieferpflicht bzw. die Abnahmegarantie in einem Zusatzprotokoll vom 27.April 1943 bis zum 31. Dezember 1946 verlängert.

Infolge von^ Lieferungsschwierigkeiten der Maschinenindustrie während der Kriegszeit wurde die Fertigstellung des Werkes in Domat/Ems leider verzögert und verteuert. Nachdem die Anlagekosten im Vertrag vom 18. Juni 1941 auf 15,6 Millionen Franken veranschlagt waren, mussten sie im Mai 1943 mit 19 Millionen Franken in Rechnung gestellt werden. Dadurch veränderten sich auch die Gestehungskosten der Produkte. Zudem musste wegen der weiter verschlechterten Versorgungslage die Herstellung von Spezialtreibstoff für die Flugwaffe verlangt werden.

· Alle diese Umstände erheischten eine Neuordnung des Vertragsverhältnisses. Unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Verträge; vom 18. Juni 1941 und 25. Juni 1942 wurden daher am 4. März 1943 in einem weiteren Vertrag jene Bestimmungen zusamméngefasst, die für die Produktion, Lieferung und Abnahme von Feinsprit, Treibstoffen und Futterhefe gemeinsam Geltung haben sollten. Dabei wurde auch die Berechnung des Amortisationszuschlages geändert. Während gemäss dem Grundvertrag 1941 lediglich die Bankdarlehen und % der Arbeitsbeschaffungsbeiträge des Bundes und des Kantons im Betrag von zusammen rund 10 Millionen Franken innerhalb der Vollieferungsperiode amortisiert werden sollten, ermöglichte der Hauptvertrag 1943 der Holzverzuckerungs-AG. die Amortisation der gesamten Anlagen bis Ende 1946.

Diese Neuordnung ging überdies vom Bestreben
aus, auch liach Überwindung der kriegsbedingten Mangellage eine jederzeitige Bereitschaft zur Erzeugung der vertraglichen Produktionsmengen sicherzustellen und damit dem Kanton Graubünden einen Beitrag zur Festigung seiner Wirtschaftslage zu leisten. Am T.Juni 1943 genehmigte der Bundesrat diesen Vertrag und beauftragte die beteiligten Departemente, eine besondere Kontrollinstanz zur Überwachung seiner Durchführung zu schaffen. : In Ausführung dieses Beschlusses ist unter dem. Vorsitz von Nationalrat B. Grimm eine Uberwachungskommission gebildet worden, welcher neben Dr. Imfeid,! Präsident des Kriegswirtschaftlichen Syndikates «Petrola» und Prof.Dr. Schläpfer von der Eidgenössischen Materialprüf ungsanstalt der Oberkriegskommissär und ein Vertreter der Eidgenössischen Finanz Verwaltung angehörten.

242 Zu den Aufgaben der Überwachungskommission gehörten insbesondere die Überprüfung der Betriebsbereitschaft während der Dauer der Abnahmeverpflichtung und die Kontrolle über die Einhaltung der Vorschriften hinsichtlich Qualität und Umfang der Lieferungen sowie der Höhe der Gestehungskosten und Amortisationszuschläge. Ferner fiel es ihr zu, die Durchführung der dem Werk auferlegten Pflicht zur Unistellung auf ein selbständiges Unternehmen zu überwachen. Insbesondere stand ihr auch das Becht zu, gegen Beschlüsse und Massnahmen, die den vertraglichen Interessen des Bundes zuwidergelaufen wären, Verwahrung einzulegen.

Im Bestreben, die Versorgung des Landes mit Treibstoffen sicherzustellen, hatte die Eidgenossenschaft bereits am 1./14. Februar 1941 einen Vertrag über die Lieferung und Abnahme von insgesamt 65 000-68 500 Tonnen Paraldehyd .mit der Lonza, Elektrizitätswerke und chemische Fabriken Aktiengesellschaft, abgeschlossen. Aufbau und Gliederung des Vertrages waren grundsätzlich gleich wie im Vertrag mit der Holzverzuckerungs-AG. Die Lieferpflicht erstreckte sich bei der Lonza bis Ende 1956. Am 18. November 1943 schloss die Eidgenossenschaft mit der Lonza einen Vertrag über die Lieferungen maximal 7800 Tonnen Spezialtreibstoff ab.

Alle diese Verträge stützten sich auf die ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates gemäss dem Bundesbeschluss vom 80. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität.

2. Die Abwicklung Das Holzverzuckerungswerk in Domat/Ems hat einen bedeutenden Beitrag zur Sicherstellung des Landes mit Treibstoff, Hefe und Sprit während der Kriegszeit geleistet.

Bei einer Benzineinfuhr von 200 000 Tonnen im Jahre 1938 sank der Import im Jahre 1944 auf 36 000 Tonnen und 1945 sogar auf 11 360 Tonnen. Demgegenüber lieferte die Holzverzuckerungs-AG. im Jahre 1944 rund 8600 Tonnen und 1945 rund 10 000 Tonnen, in den Kriegsjahren 1943-1945 insgesamt 19 390 Tonnen Misch- und Spezialtreibstoff ab. Die Lonza produzierte von 1941-1945 insgesamt 32 576 Tonnen oder in den Jahren 1943-1945 17 058 Tonnen Paraldehyd. Der bis Ende 1946 abgelieferte Treibstoff der Lonza und der Holzverzuckerungs-AG. wurde zu 14 Prozent durch die Armee verbraucht, der Best der Produktion kam der Wirtschaft zugut.

Die Holzverzuckerungs-AG. war während des Krieges
auch eine der Hauptversorgungsquellen der Alkoholverwaltung für Sprit. Bei Kriegsausbruch betrug der Jahresabsatz der Alkoholverwaltung rund 105000 hl Sprit 100%. Davon wurden rund 70 000 hl eingeführt. Die Importmengen sanken bereits in den Jahren 1940/41 auf 35 000 hl und verringerten sich in den Jahren 1943/44 bis auf rund 2000 hl. Anfangs 1944 kam die Einfuhr zum Stillstand, nachdem infolge der Blockademassnahmen der Alliierten schon im Jahre 1943 aus Übersee keine Ware mehr beschafft werden konnte. Der Jahresverbrauch wurde wäh-

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rend der Kriegsjahre auf 65-70 000 hl gedrosselt. Die Holzverzuekerungs-AG.

lieferte seit 1942 jährlich durchschnittlich 25 000 hl Sprit 100 % an die Alkoholverwaltung ab. Wenn man die grosse Bedeutung des Alkohols in der Kriegswirtschaft als Grundstoff für die Herstellung von Schiesspulver und von Explosivstoffen, als Lösungsmittel zur Fabrikation pharmazeutischer Erzeugnisse und insbesondere als Desinfektionsmittel in Betracht zieht, wird man die Leistung der Holzverzuckerungs-AG. auch auf.diesem Sektor richtig zu würdigen wissen.

Schliesslich muss auch die allerdings kleiner als ursprünglich vorgesehene Produktion von 2639 Tonnen Hefe erwähnt werden.

Als in der Nachkriegszeit Benzin wieder in beliebigen Mengen eingeführt werden konnte und überdies zu Preisen, die wesentlich unter den Gestehungskosten der Ersatztreibstoffe der Holzverzuckerungs-AG. und der Lonza lagen, stellten sich erhebliche Schwierigkeiten bei der Abwicklung der Verpflichtungen des Bundes ein. Für den von ihm abzunehmenden Treibstoff hatte er in der Nachkriegszeit keine Verwendung. Insbesondere erwies es sich als ausgeschlossen, dass Armee und Post die Inlandtreibstoffproduktion allein hätten verbrauchen können. Dies hätte sich weder mengemnässig noch technisch durchführen lassen.

Seit Ende des : Aktivdienstes wurde deshalb die «Carbura», Schweizerische Zentralstelle für! die Einfuhr flüssiger Treib- und Brennstoffe, verpflichtet, die jährlich anfallenden Mengen abzunehmen und dem eingeführten Benzin beizumischen. Das hatte notwendigerweise eine Erhöhung des Benzinpreises zur Folge. Dazu kam, dass das Treibstoffgemisch von den wenigsten Konsumenten sehr gesehätzt wurde. Ständige Angriffe gegen dieses System blieben denn auch nicht aus. Die vom Bundesrat zur Überwachung der Treibstoffverträge eingesetzte Kommission hatte die grössten Schwierigkeiten zu überwinden, bis es ihr gelang, im Jahrel949 mit der,Holzverzuckerungs-AG. eine Vereinbarung über die Abwicklung des Treibstoffvertrages für den Best seiner Dauer abzuschliessen und eine Inlandtreibstoffordnung zu finden, mit der sich letzten Endes auch die Organisationen des Strassenverkehrs und der Treibstoff Importeure'abfinden konnten.

Die wesentlichen Ziele der Neuordnung waren eine Abkürzung der Dauer der Treibstofflieferungen unter Beibehaltung der ursprünglich
vereinbarten Liefermengen und eine Stabilisierung der Preise.

Am 1. Januar 1949 waren noch 50154 Tonnen Treibstoff abzunehmen. Diese Mengen wurden auf die Jahre 1949 bis 1955 so verteilt, dass der jährliche Anfall immer geringer wurde. Der Bund behielt sich aber das Eecht: vor, die jährlichen Liefermengen bis auf maximal 10 000 Tonnen zu erhöhen. Damit entsprach er dem Wunsch der Konsumenten nach rascher Erfüllung der Abnahmepflicht und dem Bedürfnis der Holzverzuckerungs-AG. nach besserer Ausnützung der Produktionskapazität der Anlagen. An Stelle der von den wechselnden Gestehungskosten abhängigen Ubernahmepreise wurden in der Vereinbarung vom 3. Juni 1949 'Fixpreise mit degressiver Wirkung festgesetzt. Sie verminderten sich von 1385 Franken je Tonne bis auf 1000 Franken je Tonne für die letzten 5000 Tonnen. Abweichungen in den Elementen dieser festen Preise gingen zugunsten und zulasten der Gesellschaft. Gemäss Artikel 7 der genannten Verein-

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barung war mit der diesen Bestimmungen entsprechenden Lieferung und Abnahme der restlichen 50 154 Tonnen Mischtreibstoff die Verpflichtung der Gesellschaft zur Lieferung und des Bundes zur Abnahme von Treibstoff erfüllt.

Der Vertrag mit der Lonza wurde der Vereinbarung mit der Holzverzuckerungs-AG. angepasst. Die Lonza hatte am I.Januar 1949 noch 29 092 Tonnen Paraldehyd zu liefern. Auch hier trat eine degressive Staffelung der Mengen und Preise ein.

Die in den Vereinbarungen von 1949 dem Bund eingeräumte Möglichkeit, Vorlieferungen zu verlangen, führte dazu, dass die vertraglich vereinbarten Liefermengen der Holzverzuckerungs-AG. und der Lonza bereits Ende 1953 ausgeliefert waren, der Vertrag mit der Holzverzuckerungs-AG. jedoch bis Ende 1955 in Kraft blieb. Das führte zur Übergangsordnung 1954/55.

B. Die Übergangsordnung 1954 55 I. Die Lage Ende 1953 und die Regelung für die Jahre 1954/55 Bei Abschluss der Verträge bestand seitens des Bundes die Auffassung, die vorgesehenen Leistungen ermöglichten der Holzverzuckerungs-AG. den Aufbau einer wirtschaftlich selbsttragenden Produktion. In diesem Sinne ist Artikel 12 des Vertrages vom 4. März 1943 zu verstehen, welcher der Holzverzuckerungs-AG. vorschrieb, die Anpassung des Treibstoffpreises an den Benzinpreis anzustreben und Versuche zu unternehmen, um das Werk bei normalisierten Importverhältnissen auf andere, wirtschaftlich interessante Erzeugnisse umstellen zu können. Damals konnten allerdings die Wege, welche zur Erfüllung dieser Forderung eingeschlagen werden sollten, noch nicht überblickt werden. Das ist in Anbetracht der aussergewöhnlichen Schwierigkeiten der Lösung dieses Problems auch nicht verwunderlich. Einerseits war die Holzverzuckerungs-AG. verpflichtet, die Treibstoffproduktion aufrechtzuerhalten und die vertraglichen Mengen zu liefern. Anderseits sollte sie sich bestreben, die Preise des Treibstoffes zu senken und die Treibstoffproduktion auf selbsttragende Produkte umzustellen. Das war eine nicht leicht zu erfüllende Doppelaufgabe. Obwohl es der Gesellschaft gelang, durch Weiterentwicklung und Eationalisierung des Betriebes die Gestehungskosten für Treibstoff zu senken, stellte es sich bald heraus, dass es nie möglich sein werde, einzig auf dem Wege der Eationalisierung des Betriebes die .Inlandtreibstoffpreise an die Marktpreise
für Benzin anzugleichen. Diese Herabsetzung musste vielmehr dadurch zu erreichen versucht werden, dass im chemischen Zusammenhang der Treibstoffproduktion andere gewinnbringende Produkte erzeugt wurden, welche den Treibstoff verbilligten. Das führte zur Aufnahme der Produktion von Formaldehyd und Beinmethanol, von Ammoniak, Harnstoff und Caprolactam. Caprolactam ist das Ausgangsprodukt für die Herstellung von Grilon, das in der Tochtergesellschaft der Holzverzuckerungs-AG., der Fibron S.A., verwertet wird. Der nächstliegende Weg zur Verbilligung des Treibstoffes wäre nach Ansicht der Holzverzuckerungs-AG. die Aufnahme der Produktion von Salpeter-

245 Säuredünger gewesen. Weil die Umstellung des Werkes auf Salpetersäuredünger einen empfindlichen Einfluss auf die Kunstdüngerproduktion der Lonza mit nachteiligen Folgen auf die Arbeitsbeschäftigung im Kanton Wallis voraussehen liess, konnte der Bund hiezu seine Einwilligung nicht erteilen.

Angesichts der Bedeutung der neu aufgenommenen Produktionen für die Weiterentwicklung des Werkes erteilte die Eidgenössische i Finanz ver waltung im Jahre 1951 Herrn Professor A. Walther den Auftrag, ein eingehendes betriebswirtschaftliches Gutachten über die Ergebnisse der Jahre 1948-1951 als Grundlage für die Beurteilung allfälliger künftiger Massnahmen des Bundes zu erstellen. Das Gutachten wurde im Jahre 1953 erstattet.

Nach Ansicht von Professor Walther schien damals der technische Erfolg der Produktion einiger neuer Erzeugnisse gesichert zu sein und ihre Verwirklichung dem Unternehmen auch wirtschaftlich grosse Chancen zu geben. Anderseits stellte aber der Gutachter fest, dass ein Verzicht auf die Herstellung von Treibstoff und Sprit ab. 1954 zu, einem Zusammenbruch des WTerkes führen müsste. Nachdem die Holzverzuckerungs-AG. auf gutem Weg zur Verselbständigung des Unternehmens zu sein schien, glaubte der Bundesrat, einen solchen Zusammenbruch nicht verantworten zu können. Dazu kam der Umstand, dass aus kriegswirtschaftlichen Erwägungen Ende 1953 noch nicht auf .das Treibstoffwerk verzichtet werden konnte. Der vorhandene Tankraum für Armee und Wirtschaft genügte angesichts des stark gestiegenen Verbrauchs noch nicht, obwohl die Lager schon damals ein Mehrfaches der Vorräte bei Ausbruch des letzten Krieges ausmachten. Schliesslich müsste noch berücksichtigt werden, dass zwar die vertraglich vereinbarte Treibstoffmenge abgenommen war, der Vertrag mit der Holzverzuckerungs-AG. aber bis Ende 1955 weiterdauerte.

Professor Walther gelangte zum Schluss, dass vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet die bisherige Produktion der Holzverzuckerungs-AG.

von 10 000 Tonnen Treibstoff und11600 Tonnen Sürit als Minimum bezeichnet werden müsse. Anderseits zeigte sich aber seitens der Konsumenteuorganisationen eine starke Abneigung gegen eine weitere Beimischung von Emser Treibstoff zum Benzin. Hingegen boten sowohl der Schweizerische; Strassenverkehrsverband als auch die «Carbura» ihre Dienste an,
um den Treibstoff, welcher nicht durch denf Bund verbraucht werden konnte, anderweitig zu verwerten.

Der Schweizerische Strassenverkehrsverband erklärte sich auf die Dauer von drei Jahren bereit, zur Erhaltung der Inlandtreibstoffproduktion eine Belastung von 10 Franken pro eingeführte Tonne Autobenzin und Dieseltreibstoff, jedoch von höchstens 12 Millionen Franken, in Kauf zu nehmen. Dabei ging er von der Voraussetzung aus, dass nach Ablauf dieser Zeit wieder überprüft werden solle, ob eine Leistung der Treibstoffkonsumenten, unter Berücksichtigung der inzwischen weiter zu verfolgenden Entwicklung der kriegswirtschaftlichen Lagerhaltung, immer noch notwendig sei.

i '· Der Bundesrat beschloss auf Grund dieser Situation am 12. Januar 1954, der Holzverzuckerungs-AG. in den Jahren 1954 und 1955 den Absatz von jährlich

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10 000 Tonnen Treibstoff und 1600 Tonnen Sprit ohne Anordnung einer Beimischung zum. Benzin nach Massgabe der folgenden Bestimmungen zu ermöglichen: 1. Die Alkoholverwaltung nimmt der Holzverzuckerungs-AG. jährlich 20 000 hl.

(1600 t) Sprit ab.

2. Der Bund übernimmt jährlich 2000 Tonnen Treibstoffe für den Verbrauch durch die Armee und die ihrem Verteilungsnetz angeschlossenen Betriebe.

Sie setzen sich zusammen aus ca. 1500 Tonnen Äthanol und 500 Tonnen Methanol.

3. Für die verbleibenden 8000 Tonnen (ca. 2500 t Aethanol und 5500 t Methanol) suchen die Bundesbehörden gemeinsam mit den hauptsächlich interessierten Kreisen der Wirtschaft nach Verwertungsmöglichkeiten. Vor allem sollen die Verwendung von Äthanol für den Betrieb landwirtschaftlicher Traktoren, der Verkauf von Methanol im In- und Ausland sowie der Absatz eines besonderen Treibstoffes mit inländischen Komponenten geprüft werden.

4. Als Preis für die Lieferungen an den Bund (Ziffer l und 2) werden die von der Kontrollkommission ermittelten Gestehungskosten vergütet.

Pur die verbleibenden Mengen (Ziffer 3) soll die Holzverzuckerungs-AG.

mit Hilfe des Beitrages der Treibstoffverbraucher ebenfalls die von einer einzusetzenden Kontrollkommission ermittelten Gestehungskosten vergütet erhalten. Der Bund steht dafür ein, dass auf jeden Fall die um die kalkulatorischen Zins- und Abschreibungskosten verminderten Gestehungskosten bezahlt werden.

Die Auszahlung der den kalkulatorischen Zins- und Abschreibungskosten entsprechenden Betreffnisse erfolgt bei allen Lieferungen nur mit Zustimmung der Kontrollkommission.

5. An die Bereitschaft des Bundesrates zur Erhaltung des Werkes auf der skiz. zierten Grundlage wurden folgende Bedingungen geknüpft: a. Die Holzverzuckerungs-AG. muss sich bereit erklären, solange sie vom Bund eine Hilfe erhält und ihm gegenüber Verpflichtungen einzuhalten hat, sich einer umfassenden Kontrolle durch den Bund zu unterziehen.

Diese Kontrolle beschränkt sich nicht auf die Nachprüfung der Gestehungskosten für Sprit und Methanol, sondern sie muss namentlich den Bund auch in die Lage versetzen, die rechtlichen und finanziellen Beziehungen der Holzverzuckerungs-AG. zu den ihr nahestehenden Unternehmungen zu überwachen sowie gegen eine allfällige' unzulässige Konkurrenzierung anderer Unternehmungen .einzuschreiten. Ferner
behält sich der Bund ein Einspracherecht gegen die Ausweitung bestehender und die Aufnahme neuer Produktionen vor.

fe. Die Holzverzuckerungs-AG. muss sich damit einverstanden erklären, dass im Auftrage des Bundes durch unabhängige Fachleute eine chemischtechnische Prüfung der Voraussetzungen und möglichen Auswirkungen

247 einer Einschränkung der Grundproduktion sowie der Umstellung der Anlagen auf neue Produktionen vorgenommen wird.

c. Die Holzverzuckerungs-AG. und die Fibron S.A. müssen sich damit einverstanden erklären, dass die bei der Holzverzuckerungs-AG. durchgeführte betriebswirtschaftliche Expertise nachgeführt und auf die Fibron S.A. ausgedehnt werde.

Diese Übergangsordnung sollte erlauben, die Treibstoffanlagen vorläufig zu erhalten und Zeit zu gewinnen, um die Verwertung des Inlandtreibstoffes auf freiwilliger Grundlage, ohne zwangsweise Beimischung zum Importbenzin, und die Möglichkeiten der Verwendung oder Umstellung der Anlagen zur Erzeugung von wirtschaftlich interessanten Produkten zu prüfen.

· II. Die Tätigkeit der Kontrollkommission Zur Durchführung der in der Übergangsordnung vorgesehenen Kontrollaufgaben ernannte das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement eine Kontrollkommission, bestehend aus den Herren Professor Dr.A. Walther, Bern, Professor Dr. Hch.Hopff, Zürich, Professor Dr. H. Merz, Bern, und Direktor F.Luterbacher, Zollikon. Es stellte der Kommission einen ständigen Sekretär mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung zur Verfügung und ermächtigte sie, von Fall zu Fall Experten beizuziehen, wenn sich dies bei der Bearbeitung einzelner Aufträge notwendig erweisen sollte. In dieser Funktion war Herr Ing.

ehem. P. Dutoit, Monthey, an der Ausarbeitung verschiedener Berichte der Kontrollkommission beteiligt.

Die Kontrollkommission erfüllt folgende Aufgaben: .

1. Sie ermittelt und überprüft laufend die Gestehungskosten der abzunehmenden Erzeugnisse.

, ; 2. Die Kommission begutachtet Projekte für die Ausweitung bestehender und die Aufnahme neuer Produktionen, die dem Finanzdepartement von der Holzverzuckerungs-AG. unterbreitet werden.

8. Die Kommission bearbeitet Einzelaufträge des Finanzdepartements in Fällen/wo unzulässige Konkurrenzierung anderer Unternehmungen durch die Holzverzuckerungs-AG. behauptet wird.

4. Die Kommission überwacht laufend die rechtlichen und finanziellen Beziehungen der Holzverzuckerungs-AG. zu den ihr nahestehenden Unternehmungen.

Die Berichte der Kontrollkommission können auf verständliches Verlangen der Holzverzuckerungs-AG. im Hinblick auf ihr Geschäftsgeheimnis der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden. Der Bundesrat hat sich aber vorbehalten,
einzelne Ergebnisse bekanntzugeben, soweit das öffentliche Interesse es erfordert.

Auf Grund der Tätigkeit der Kontrollkommission hat sich für die Jahre 1954 und 1955 folgendes Bild ergeben:

248 a. Es steht fest, .dass keine Kostenverschiebungen zugunsten der Fibron S.A.

oder anderer Tochtergesellschaften vorgenommen werden, so dass auch die Hilfe des Bundes nicht zu einer unzulässigen Verbilligung anderer auf dem freieni Markt abgesetzten Produkte missbraucht wurde. Im Gegenteil erzielte die Holzverzuckerungs-AG. auf ihren Lieferungen an die Tochtergesellschaften einen angemessenen Ertrag.

b. Das Konkurrenzverhältnis zwischen der Lonza und der Holzverzuckerungs-AG. wurde für die Zeit der Ubergangsordnung durch den Bund geregelt.

Diese Ordnung wird beidseitig eingehalten.

c. In den Verhandlungen über die Ubergangsordnung 1954/55 hatte sich die Holzverzuckerungs-AG. verpflichtet, bis Ende 1955 die Methanolproduktion um die Hälfte, d. h. auf 3000 Jahrestonnen, herabzusetzen. Im Sommer 1954 gelangte ihre Geschäftsleitung an die Bundesbehörden mit dem Plan einer Ablösung der gesamten Methanolproduktion durch Ausbau der bestehenden Laktam- und Harnstoff anlagen. Der Kontrollkommission fiel die Aufgabe zu, dieses neue Programm zu begutachten.

Auf das Ziel dieser Umstellung und ihre Auswirkung auf die Lebensfähigkeit des Unternehmens werden wir in anderem Zusammenhang noch zu sprechen kommen.

III. Der Bechnungsverkehr mit der Holzverzuckerungs-AG.

Den Abrechnungsverkehr mit der Holzverzuckerungs-AG. besorgt während der Übergangsordnung die «Carbura» im Auftrage und als Treuhänder des Bundes, soweit die Produkte nicht direkt vom Eidgenössischen Militärdepartement oder von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung abgenommen werden.

Diese Lösung war deshalb naheliegend, weil die gleiche Organisation den Einzug der Beiträge der Treibstoffverbraucher besorgt. Es muss in diesem Zusammenhang anerkennend festgestellt werden, dass sowohl die Vertreter des Schweizerischen Strassenverkehrsverbandes als auch jene der «Carbura» sich zu jeder Zeit den Bundesbehörden helfend zur Verfügung gestellt haben, um den Absatz der Treibstoffproduktion der Holzverzuckerungs-AG. während der Übergangsordnung 1954/55 zu ermöglichen.

C. Die Lage nach Ablauf der Ubergangsordnung 1954/55 I. Die Eechtslage Wie bereits ausgeführt, beruhten die in der Kriegszeit mit der Holzverzuckerungs-AG. abgeschlossenen Verträge auf den ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates. Diese sind dahingefallen. Sofern dem Unternehmen
eine weitere Hilfe gewährt werden soll, setzt sie daher die Schaffung einer neuen Eechtsgrundlage voraus, es sei denn, der Bund sei aus den bestehenden Verträgen auch nach deren Ablauf zu weiteren Massnahmen zugunsten der Holzverzuckerungs-AG. verpflichtet.

249 Zwischen der Eidgenossenschaft einerseits, der Holzverzuckerungs-AG.

und dem Kanton Graubünden anderseits bestehen schon seit Jahren Meinungsverschiedenheiteil über die rechtliche Tragweite der Grund vertrage. Währenddem die Bundesbehörden sich von jeher auf den Standpunkt gestellt haben, nach dem 31. Dezember 1955 und nach Erfüllung der Abnahmegarantie sei die Eidgenossenschaft aus diesen Verträgen nicht mehr verpflichtet, leiten das Unternehmen und der Kanton Graubünden aus den Verträgen der Holzverzuckerungs-AG. mit dem Bund einen Anspruch auf Erhaltung des Unternehmens mit Bundeshilfe nach 1955 ab. Sie stützen ihre Ansicht vor allem auf ein am 7. September 1953 durch die Herren Professor Dr.W.Kägi, Zürich, Professor Dr.H. Zwahlen, Lausanne, und Eechtsanwalt Dr.A.Züblin, Zürich, erstattetes. Eechtsgutachten.

Der Bundesrat teilt diese Auffassung nicht und verneint,jede weitere recht; liche Verpflichtung des Bundes aus den Verträgen mit der HolzverzuckerungsAG. Das Finanz- und Zolldepartement hat aber Wert darauf gelegt, diese Frage noch durch unabhängige Juristen überprüfen zu lassen. Es beauftragte deshalb im Februar 1955 die Herren Professoren Dr. H. Huber, Bern, Dr. M. Imboden, Basel, und Dr. H. Merz, Bern, die Frage zu untersuchen, ob die Schweizerische Eidgenossenschaft auch nach dem 31. Dezember 1955 unter irgendeinem Titel rechtlich verpflichtet sei, die Aufrechterhaltung der Emser Unternehmung zu unterstützen. Dieses Gutachten wurde am I.Juni 1955 erstattet.

Die Experten haben die Richtigkeit der Auffassung des Bundesrates bestätigt und sind zu folgenden Schlussfolgerungen gelangt: «1. Die Verpflichtungen des Bundes aus den zwischen ihm und der Ho vag abgeschlossenen Verträgen, insbesondere aus dem Grundvertrag vom 18. Juni 1941 und aus dem Hauptvertrag vom 4. März 1943, sind wegen der vorgesehenen, rechtsverbindlichen festen Vertragsdauer bis, 31. Dezember 1955 befristet.

< 2. Die rechtlichen Verpflichtungen, welche der Bund durch die Verträge gegenüber der Hovag eingegangen ist, haben nicht in allgemeiner und unbestimmter Weise die Förderung und Unterstützung dieser Unternehmung in irgendeiner geeigneten Gestalt zum Gegenstand, sondern sie besitzen einen wesentlich begrenzteren, bestimmteren und konkreteren Gegenstand : Sie konzentrieren sich auf eine Abnahmepflicht als Korrelat
.der Lieferungspflicht der Hovag für die in den Verträgen genannten Produkte und auf die Garantie eines bestimmten oder bestimmbaren Abnahmepreises und umfassen daneben nur noch eine Beitragsleistung für die Erstellung der Fabrikanlagen und eine beschränkte Garantie von Bankdarlehen. Zwischen dem ; Bund und der Hovag, eventuell unter Einbezug des Kantons Graubünden, besteht kein Gesellschafts- oder gesellschaftsähnliches ,Verhältnis.

3. Der Kanton Graubünden ist an den Verträgen nicht als Kontrahent beteiligt. Der Bund ist ihm gegenüber in den Verträgen keine Verpflichtungen eingegangen, und der Kanton kann auch keine Eechte daraus ableiten. Der

250 Bund hat auch nicht neben seinen Verträgen mit der Hovag noch einen sogenannten stillschweigenden Vertrag mit dem Kanton über eine Bundeshilfe in Gestalt einer Unterstützung der Hovag abgeschlossen.

4. Dass die Verträge in erheblichem Umfang verschiedenartigen öffentlichen Interessen dienten und dienen und wieweit sie einen öffentlich-rechtlichen Einschlag haben, berührt weder die Begrenztheit der vertraglichen Verpflichtungen des Bundes (und der Hovag), noch die feste Vertragsdauer; selbst der Fortbestand jener öffentlichen Interessen nach dem 31. Dezember 1955 vermöchte keineswegs eine Verlängerung der Vertragsdauer herbeizuführen.

5. Die Verpflichtung des Bundes nach Artikel 13, Absatz 2, des Grundvertrages ist formeller Natur und beschränkt sich darauf, dass die dort umschriebene Prüfung rechtzeitig vor Ablauf des Vertrages vorgenommen werden kann. Dagegen ergibt sich für den Bund aus Artikel 13, Absatz 2, des Grund Vertrages keine materielle Verpflichtung, je nach dem Ergebnis der Prüfung. Der Entscheid über die auf Grund des Prüfungsergebnisses zu treffenden Massnahmen hat seitens des Bundes in aller Freiheit und unter Beachtung der durch die verfassungsrechtliche Ordnung verwirklichten Schranken zu erfolgen. Insbesondere werden sich die zu treffenden Anordnungen an die bundesstaatlichen Zuständigkeiten der Verfassung, an die finanzrechtlichen Kompetenznormen und an die verfassungsrechtlichen Formvorschriften zu halten haben.

6. Eine Erstreckung der Vertragsdauer, allenfalls verbunden mit einer Änderung der vertraglichen Verpflichtungen des Bundes, wird auch durch den Grundsatz von Treu und Glauben nicht bewirkt oder gefordert.» Daraus ergibt sich die folgende Hauptschlussfolgerung: «Nach dem 31. Dezember 1955 trifft den Bund infolge Ablaufes der festen Vertragsdauer keinerlei rechtliche Verpflichtung mehr, die Emser Unternehmung zu unterstützen, selbst wenn sie ohne solche Hilfe in ihrer Existenz gefährdet sein sollte.

Ob aus politischen Gründen eine Fortsetzung der Unterstützung in irgendeiner Gestalt durch den Bund nach dem 31. Dezember 1955 ratsam und geboten sein wird, ist ein Fragenkomplex, mit dem die Verfasser dieses Gutachtens sich nicht zu beschäftigen hatten.» II. Die Bedeutung der Holzverzuckerungs-AG. für den Kanton Grcmbünden Der Kanton Graubünden gehört unbestreitbar
zu den finanzschwächsten Kantonen der Schweiz. Die Ursachen seiner Schwierigkeiten dürfen als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, so dass wir uns auf eine stichwortartige Aufzählung beschränken können.

Graubünden ist der grösste, gleichzeitig aber der am wenigsten dicht besiedelte Kanton. Er umfasst 17,2 Prozent der Gesamtoberfläche der Schweiz, wird aber von nur 2,9 Prozent der Gesamtbevölkerung bewohnt.

251 Graubiinden ist ein Bergkanton. Von seiner Gesamtfläche liegen 69 Prozent über der Wald- und Wohngrenze (1800 m ü.M.), 30,2 Prozent des Bodens sind unproduktiv; die mittlere Höhe Graubündens beträgt 2100 m ü.M.

Die Volkswirtschaft Graubündens beruht auf Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fremdenverkehr. Die Landwirtschaft Graubündens ist eine ausgesprochene Bergbauernlandwirtschaft. Deren Nöte sind ebenfalls bekannt.

Der natürliche Eeichtum des Kantons ist neben den Wasserkräften der Wald. Sein Waldareal ist nach dem des Kantons Bern das grösgte der Schweizerkantone. Dieser Wald steht zum grössten Teil im Eigentum der Gemeinden.

Seinem Ertrag kommt für ihren Finanzhaushalt eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Entsprechend der Höhenlage herrschen Nadelwälder vor. Eund Vs der Produktion besteht aus Brennholz.

Bei der Projektierung der Holzverzuckerungsanlagen wurde der Brennholzüberschuss des Kantons auf 24 000 Ster geschätzt. Das ursprünglich vorgesehene Werk hätte rund ,30 000 Ster verarbeiten können. Der heutige Jahresbedarf der Holzverzuckerungs-AG. beträgt gegen 170 000 Ster jährlich, wovon etwa 2/3 in Form von Sägemehl bezogen werden. Der Kanton Graubünden liefert insgesamt rund 30 000 Ster ; aus dem Ausland wurden im Durchschnitt der letzten Jahre zur Senkung der Gestehungskosten 30-40 000 Ster überwiegend in Form von Sägemehl zu Preisen, die ungefähr um einen Drittel unter den schweizerischen liegen, gekauft.

Die Bündner Hôtellerie ist infolge der peripheren Lage weitgehend auf die ausländischen Gäste angewiesen. Sie ist deshalb besonders krisenempfindlich und allen internationalen Störungen ausgeliefert.

Die Industrie konnte sich bisher im Kanton Graubünden kaum entwickeln.

Von 137100 Einwohnern (Stand 1950) waren im Jahre 1952 nur 5368 in Fabrikbetrieben beschäftigt. Die Einser Werke allein beschäftigten im Jahre 1952 1077 Angestellte und Arbeiter. Dabei entfielen 856 auf die HolzverzuckerungsAG. und 221 auf die Fibron S.A. Ende 1954 waren in den beiden Werken 1371 Personen beschäftigt, 1015 bei der Holzverzuckerungs-AG. und 356 bei der Fibron S.A. Von dieser Belegschaft waren Ende 1954 860 Bürger aus Graubünden, 418 Bürger anderer Kantone und 93 Ausländer. Bei den letztern handelt es sich hauptsächlich ,um qualifizierte Arbeitskräfte. Neben dem Kanton Appenzell InnerEhoden steht
Graubünden in bezug auf die industrielle Entwicklung am Schlüsse sämtlicher Kantone.

Die Steuereinnahmen des Kantons sind entsprechend seiner wirtschaftlichen Struktur gering. Im Jahre 1954 betrugen die Vermögens-, Erwerbs- und Kopfsteuern des Kantons 12,2 Millionen Franken. Davon entfielen rund 500 000 Franken auf die Erwerbs- und Vermögenssteuern der Emser Unternehmen und ihrer Belegschaft.

Die Holzverzuckerungs-AG. ist zudem der grösste Konsument elektrischer Energie des Kantons. Bei einem Gesamtverbrauch im Kanton Graubünden von jährlich rund 350 Millionen kWh entfällt rund die Hälfte auf die Emser Unter-

252 nehmen, wobei sie rund 100 Millionen kWh aus den Werken der ihnen nahestehenden Patvag AG. beziehen. Um die Grössenordnung dieses Energieverbrauches besser zu illustrieren, sei erwähnt, dass die Ehätische Bahn jährlich rund 27 Millionen kWh benötigt.

Aus diesen Zahlen geht deutlich hervor, welche Bedeutung die Holzverzuckerungs-AG. für die bündnerische Wirtschaft erlangt hat. Eine Einstellung des Betriebes müsste zweifellos schwerwiegende Folgen für die .gesamte Wirtschaft des Kantons Graubünden haben. Anderseits zeigen diese Zahlen aber auch, dass das Unternehmen, abgesehen von seinen Leistungen während des Krieges, im vergangenen Jahrzehnt einer ansehnlichen Zahl von Bündnern die erhoffte bargeldentlöhnte ganzjährige Arbeit verschafft und damit einen bedeutenden Beitrag zur Förderung der bündnerischen Wirtschaft geleistet hat. Die Ziele, welche mit der Errichtung des ursprünglich vorgesehenen Holzverzuckerungswerkes mit einem jährlichen Verbrauch von 30 000 Ster Brennholz und einer jährlichen Produktion von 1600 Tonnen Sprit verfolgt wurden, sind mit der Errichtung der bestehenden Werke weit überschritten worden.

III. Die kriegswirtschaftliche Bedeutung der Holzverzuckerungs-AG.

Der heutige Umfang der Anlagen zur Erzeugung von Ersatztreibstoffen ist wie bereits ausgeführt durch die Bedürfnisse des letzten Krieges diktiert worden. Es stellt sich die Frage, ob ihre Beibehaltung aus kriegswirtschaftlichen Gründen immer noch notwendig ist.

Der Bundesrat hat Ende 1953 diese Frage für die Zeit der Übergangsordnung 1954/55 bejaht. Inzwischen ist indessen in bedeutendem Umfange neuer Tankraum geschaffen worden. Die Lage muss somit neu geprüft werden. Während bei Abschluss des ersten Vertrages im Jahr 1941 nur 148 000 Tonnen Tankraum vorhanden waren, beläuft sich heute das Total der Bundes- und Privatanlagen einschliesslich des Handels und der Grossverbraucher auf 916 614 Tonnen, wovon gegenwärtig 173 690 Tonnen mit Benzin belegt sind Im Neutralitäts- und Kriegsfall müsste ein wesentlicher Teil für die Bedürfnisse der Armee reserviert werden. Der Jahresverbrauch belief sich 1954 auf l 686 000 Tonnen flüssige Treib- und Brennstoffe, wovon 485 000 Tonnen Benzin. Im Jahre 1955 dürfte insbesondere der Benzinverbrauch nochmals beträchtlich ansteigen. Ein weiterer Ausbau des Tankraumes um nochmals 330
000 Tonnen steht gegenwärtig in Prüfung, seine Vollendung wird indessen noch mehrere Jahre dauern. Bis dahin ist die Versorgung unseres Landes mit flüssigen Treib- und Brennstoffen für den Fall kriegerischer Verwicklungen noch ungenügend.

Während des letzten Weltkrieges konnte bei strenger Bewirtschaftung der nötigste Bedarf an flüssigen Treib- und Brennstoffen vor allem deshalb gedeckt werden, weil bis im Frühjahr 1944 erhebliche Mengen Treibstoff aus Eumänien eingeführt werden konnten. Für den Fall eines neuen Konfliktes, in den auch Europa einbezogen würde, können wir mit Treib- und Brennstoff zufuhren aus dem Auslande kaum mehr rechnen. Der Bedarf müsste dann vollständig aus

253 den Vorräten gedeckt werden. Diese reichen jedoch heute nur für eine relativ kurze Zeit aus.

Die. Lage hat sich seit dem letzten Weltkrieg auch insoweit geändert, als die Motorisierung in der Landwirtschaft grosse Fortschritte gemacht hat. Bei einer Mobilmachung müssen rund 25 000 landwirtschaftliche Traktoren und Ackerbaumaschinen Zuteilung an Treibstoff erhalten, da im gleichen Zeitpunkt, in dem der Mehranbau in Kraft gesetzt werden muss, zahlreiche landwirtschaftliche Arbeitskräfte in den Militärdienst einzurücken oder das Land zu verlassen haben werden. Dabei ist besonders zu erwähnen, dass, wie die Versuche der schweizerischen Gesellschaft für das Studium der Motorbrennstoffe ergeben haben, reiner Sprit ohne bedeutende technische Umstellungen als Traktorentreibstoff verwendet werden kann, wenn dies auch in normalen Zeiten äusserst unwirtschaftlich ist.

· > Es ist verschiedentlich eingewendet worden, dass die Produktionsfähigkeit der Holzverzuckerungs-AG. infolge der Abhängigkeit von ausländischen Boh. Stoffen nur auf kurze Zeit hinaus sichergestellt sei. Die ^bestehenden Bohstofflager gewährleisten indessen die Treibstoffproduktion der HolzverzuckerungsAG. im Umfang von 18 000 Jahrestonnen auf die gleiche Dauer, wie die Landesversorgung mit Importlebensmitteln und sonstigen wichtigen Eoh- und Betriebsstoffen sichergestellt ist.

Aus diesen Gründen kommt der Bundesrat zum Schluss,1 dass die Aufrechterhaltung der Treibstoff anlagen der Holzverzuckerungs-AG. bis zur Vollendung des in Angriff genommenen weiteren Ausbaues der Tankanlagen noch eine gewisse kriegswirtschaftliche Bedeutung hat. Dabei muss man sich allerdings Eechenschaft geben, dass schon heute angesichts der bestehenden Lager und des gegenüber der Vorkriegszeit mehr als doppelt so grossen .Treibstoffverbrauches die'jährliche Produktionskapazität der Holzverzuckerungs-AG. von 18 000 Tonnen nicht mehr so schwer ins Gewicht fällt wie zur Zeit des letzten Krieges.

IV. Die Bedeutung der Holzverzuckerungs-AG. für die schweizerische Waldwirtschaft Das Werk wurde in einer Zeit des Holzmangels zur Befriedigung von Bedürfnissen, die durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges entstanden waren, geschaffen.

.

Die Wirtschaftsentwicklung nach Beendigung des Krieges führte entgegen den Erwartungen zu einer erfreulichen Wirtschaftskonjunktur,
die seit bald zehn Jahren anhält.,Die rege Bautätigkeit sowie der stets steigende Bedarf an Holz für die Zellulose- und Papiergewinnung hielten die Nachfrage nach Holz auch nach dem Krieg auf hohem Niveau. Dazu hat auch der Umstand beigetragen, dass die osteuropäischen Staaten, die vor dem zweiten Weltkrieg zu den wichtigsten Holzlieferanten Westeuropas gehörten, die Ausfuhr fast vollständig sperrten:oder doch sehr stark einschränkten. Erst in allerletzter Zeit tritt Bussland wiederum : mit erheblichen Angeboten auf dem Schweizer : Markt auf.

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

18

254 Trotz der gegenwärtig guten Nachfrage nach Nutzholz, vor allem Nadelnutzholz, ist der Absatz von Brenn- und Abfallholz in keiner Weise gesichert.

Es hat sich nämlich erwiesen, dass der Verbrauch an Brennholz von Jahr zu Jahr empfindlich zurückgeht. In den ersten Nachkriegsjahren hielt er sich zwar auf einer unerwarteten Höhe, offenbar, weil viele Haushaltungen, die während des Krieges Holzöfen anschafften, diese auch noch verwendeten, als wieder genügend andere Heizmittel zur Verfügung standen. In den letzten Jahren verschwanden aber diese Einrichtungen nach und nach, um bequemeren Wärmespendern .Platz zu machen. Namentlich die Elektrizität und- das Heizöl verdrängten das Brennholz in starkem Masse und werden dies in Zukunft noch in erhöhtem Umfange tun.

Diese Entwicklung beschränkt sich nicht nur etwa auf städtische Gebiete, sondern greift auch auf ländliche Gegenden über. Sie dürfte auch in den Berggebieten in den nächsten Jahrzehnten infolge des fortschreitenden Kraftwerkbaues und der dadurch den Gemeinden zur Verfügung stehenden Gratis- undVorzugsenergie noch gefördert werden. Auch wenn man über das Ausmass dieser Entwicklung verschiedener Ansicht sein kann, muss die Verdrängung des Holzes zu Heiz- und Kochzwecken doch als Tatsache hingenommen werden. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über den Holzverbrauch in der Schweiz · eit 1945.

Angesichts der bestehenden Verhältnisse auf dem Brennholzmarkt wäre die chemische Verwertung der geringsten Holzsorten zu begrüssen, wenn sie wirtschaftlich lohnend gestaltet werden könnte. Die Verarbeitung zu Sprit hat sich indessen bisher als höchst unwirtschaftlich erwiesen. Die chemische Verwendung des Holzes ist aber theoretisch nach verschiedenen Kichtungen noch entwicklungsfähig. Die Chemiker der Holzverzuckerungs-AG arbeiten deswegen schon seit Jahren an diesem Problem, und die Geschäftsleitung des Unternehmens hofft, innerhalb von fünf Jahren einen Teil der heutigen Spritproduktion auf wirtschaftlich selbsttragende Produkte umstellen zu können. Demgegenüber ist die Kontrollkommission in dieser Frage eher skeptisch. Wir verweisen dazu auf die Ausführungen auf Seite 260.

V. Die Beziehungen der Holzverzuckerungs-AG. zu den ihr nahestehenden Unternehmungen Die enge Verknüpfung verschiedener Unternehmungen mit der Holzverzuckerungs-AG. veranlasste
das Finanz- und Zolldepartement im Hinblick auf die Fortführung der Bundeshilfe, die Verhältnisse durch die Kontrollkommission abklären zu lassen. Sie erstattete ihren ersten Bericht am 22. November 1954 und einen Ergänzungsbericht am 17.Mai 1955.

Die folgenden Unternehmungen stehen mit der Holzverzuckerungs-AGin engeren rechtlichen und finanziellen,Beziehungen: die Patvag AG. für Chemie und Elektrizität mit Sitz in Zürich, die Fibron S.A. mit Sitz in Domat/Ems; die Grilon S.A. mit Sitz in Dpmat/Ems; die Inventa AG- für Forschung und Patentverwertung mit Sitz in Luzern und die Calanda S.A. mit Sitz in Haldenstein (Graubünden).

Holzverbrauch in der Schweiz 1945 bis 1954 Gesamtnutzung

Jahr

Mehreinfuhr

Gesamtverbrauch Pro Kopf der Bevölkerung

Brennholz

Nutzholz

Zusammen

Brennholz

Nutzholz

Zusammen

Brennholz

Nutzholz

Zusammen

1000 m3

1000 m3

1000 m 3

1000 m'

1000 m '

1000 m '

1000 m'

1000 m ·

1000 m13

m3

1945

3275

2068

5343

5

-- 22

-- 17

3280

2046

5326

1,18

1946

8162

2552

5714

67

379

446

3229

2931

6160

1,39

1947

1887

2158

4045

35

607

642

1922

2765

4687

1,04

1948

1830

2144

3974

106

897

1003

1936

3041

4977

1,08

1949

1630

1856

3486

182

415

597

1812

2271

4083

0,88

1950

1601

1742

3343

190

331

521

3791

2073

3864

0,82

1798

2777

4575

0,96

1951

1568

2081

3649

230

696

926

1952

1575

2275

3850

210

745

955

1785

3020

4805

1,00

1953

1523

2119

3642

138

460

598

1661

2579

4240

0,87

1954»)

1530

2120

3650

140

470

610

1670

2590

4260

0,87

1) Sohätzung zung.

tu

256 'Lu einzelnen kann über die verschiedenen Unternehmungen und ihre Beziehungen zur Holzverzuckerungs-AG. folgendes gesagt werden: Die Patvag AG. bezweckt die Projektierung, den Bau, die Finanzierung und den Betrieb von Unternehmungen der Produktions- und Konsumgüterindustrie, vorzugsweise auf dem Gebiet der Elektrizität, Chemie und Biochemie, sowie die Beteiligung an derartigen Unternehmungen, die Besorgung von Verwaltungs-, Inkasso-, Handels- und Treuhandaufgaben.

Sie hat die Kraftwerke Pintrun, Tavanasa und Eussein im Bündner Oberland erstellt und beliefert die Holzverzuckerungs-AG. und die Fibron S.A. mit elektrischer Energie zu günstigen Bedingungen. Sie wird ferner, soweit tunlich, für die Bauaufträge der Holzverzuckerungs-AG. und der Fibron S.A. herangezogen und grundsätzlich mit Entschädigungen abgefunden, welche unter den SIA-Tarifen liegen. Die Handelsgeschäfte der Patvag AG. betreffen nur ausnahmsweise und nur zu einem unbedeutenden Teil die Holzverzuckerungs-AG.

Die Inventa AG. hat folgenden statutarischen Zweck: Wissenschaftliche und industrielle Forschung auf allen Gebieten der Naturwissenschaften und der Technik; Erwerb, Weiterentwicklung, Verwertung, Verwaltung und Vermittlung von Patenten, Erfindungen und Verfahren; Beteiligung an verwandten Unternehmungen, einschliesslich Fabrikations- und Vertriebsgeschäften; Bau chemischer Anlagen in ihrem Fachgebiet.

Ihr ganzes Aktienkapital gehört der Holzverzuckerungs-AG. Die Inventa übernimmt die Verwertung der Patente und Verfahren der HolzverzuckerungsAG. und der ihr nahestehenden Gesellschaften und wird dafür von der Holzverzuckerungs-AG. in einem Ausmass entschädigt, das zur vollständigen Kostendeckung ausreicht.

Die Fibron S.A. gehört zu einem überwiegenden Teil der Holzverzuckerungs-AG. Schweizerische Textilfinnen haben jedoch beträchtliche Minderheitsbeteiligungen an dieser Gesellschaft. Sie wurde zur Erstellung einer Fabrikanlage für die Produktion von vollsynthetischen Fasern gegründet. Daneben bezweckt sie die Erforschung und Anwendung chemischer Verfahren, den Handel mit Erzeugnissen auf dem Gebiete der eigenen Produktion, die Verwaltung von Vermögenswerten unter Ausschluss des Bankgeschäftes und die Beteiligung an andern Unternehmungen.

Die Fibron S.A. bezieht von der Holzverzuckerungs-AG. Laktam, Dampf, Eoh- und Weichwasser,
Stickstoff, Ammon- und Grilonfabrikate. Die Holzverzuckerungs-AG. hat während der Übergangsordnung an den Laktarulieferungen an die Fibron S.A. ein bedeutendes Betriebsergebnis erzielt. Die übrigen Produkte sind der Tochtergesellschaft zu Preisen fakturiert worden, die ohne Ausnahme höher waren als die von der Kontrollkommission ermittelten Herstellungskosten dieser Erzeugnisse.

Die Grilon S.A. bezweckt den Verkauf von Grilonprodukten.und die Beteiligung an verwandten Unternehmungen der Textilbranche. Ihr gesamtes Aktienkapital steht im Eigentum der Fibron S.A.

:

'

i

'

257

Die Galanda S.A. wird von einem anderen Unternehmen beherrscht.

Die Holzverzuckerungs-AG. und ihr nahestehende Personen haben lediglich eine Minderheitsbeteiligung. Das Unternehmen betreibt in erster Linie For-, schungsarbeit auf dem Waffengebiet. Soweit es von der Forschungsarbeit zur Produktion übergehen kann, bestehen gegenüber der !Holzverzuckerungs-AG.

Bezugs-, Zusammenarbeits- und Standortsverpflichtungen.

· Die Aktienmehrheit der Patvag AG. sowie des Stammaktienkapitals der Holzverzuckerungs-AG. von 542 500 Franken liegt im Eigentum der Herren Dr. W. L. und R.Oswald, Zürich. Am Vorzugsaktienkapital ; der Holzverzuckerungs-AG. von 2 500 000 Franken sind sie und die Patvàg massgebend beteiligt.

Diese Gruppe verfügt nicht über die Mehrheit des Aktienkapitals der Holzverzuckerungs-AG., wohl aber infolge.der Privilegierung der Stammaktien über die Mehrheit der Aktienstimmen. Mit diesen Aktienstimmen steht ihr unmittelbar die Möglichkeit der Kontrolle der Patvag AG. und ;der HolzverzuckerungsAG. und mittelbar der Fibron S.A., Grilon S.A. und Inventa AG. zu, weil deren Aktienkapital mehrheitlich oder zu 100 Prozent der Holzverzuckerungs-AG.

(Fibron S.A., Inventa AG.) oder der Fibron S.A. (Grilon, AG.) gehört. In den Verwaltungsräten aller dieser Gesellschaften ist die Stimmrechtsgruppe OswaldPatvag nur mit einer Minderheit vertreten.

; Es ist selbstverständlich, dass der Bundesrat bei der Neuordnung der Beziehungen des Bundes zur Holzverzuckerungs-AG. de'r geschilderten starken Verflechtung der verschiedenen Gesellschaften in personeller und finanzieller Hinsicht Rechnung tragen muss ; er wird sich vorbehalten, seine Leistungen an die Holzverzuckerungs-AG. an entsprechende Bedingungen zu knüpfen.

VI.-Die Entwicklung der Emser-W èrke In Verfolgung des Zieles, das Unternehmen wirtschaftlich selbsttragend zu gestalten, hat die Holzverzuckerungs-AG. seit dem Jahre 1947 ihre Anlagen technisch verbessert und die Fabrikation neuer Produkte aufgenommen. Dabei gingen die Bestrebungen bis zum Jahre 1948 vor allem dahin, die Treibstoffpreise durch bessere Ausnutzung der vorhandenen Produktionskapazität zu verbilligen. Als dann die Beimischung des Inlandtreibstoffes zum Benzin auf immer grössere Schwierigkeiten stiess, begann das Unternehmen, Teile der Methanolkapazität für die Herstellung anderer
Erzeugnisse als Treibstoff zu verwenden. .

' Die Anlagen in Domat/Ems wurden ursprünglich1 als Treibstoffwerk für die Produktion von Sprit (Feinsprit und Alcohol absolutus) und Methanol gebaut.

! . , Für die Spritherstellung sind die wichtigsten Ausgangsprodukte Abfallholz und Sagemehl, elektrische Energie und Kohle. Aus dem Prozess der Holzverzuckerung gehen als Hauptprodukt Sprit, als Nebenprodukt Futterhefe und als Abfallprodukte Lignin und Kohlendioxyd hervor. Der Sprit wird zum Teil als Feinsprit an ; die Eidgenössische Alkoholverwaltung abgeliefert und dient im übrigen in Form.von Alcohol absolutus als, Treibstoffkomponente.

258

.

· '

Das Methanol ist ein aus Wasserstoff und Kohlenmonoxyd synthetisch hergestellter Methylalkohol. Die Grundstoffe zur Herstellung dieser Produkte sind neben dem Wasser elektrische Energie und Koks. Methanol diente im Gemisch mit Äthanol (60% Methanol, 40% Äthanol) als Treibstoffzusatz (Methanolentwässert), wird aber als Eeinmethanol auch in der chemischen Industrie zu mannigfachen Zwecken verwendet. Die Herstellung von Eeinmethanol begann im Jahre 1947.

Die Eohstoffe und Apparate für die Methanolproduktion legten es nahe, die Fabrikation von Ammoniak aufzunehmen, da hiefür die Erfahrung der Methanolsynthese in grossem Masse ausgewertet werden konnte. Die Ammoniakproduktion wurde im Jahre 1948 aufgenommen.

Aus der Gärung des Holzzuckers entsteht neben dem Alkohol Kohlendioxyd. Das führte fast zwangsläufig dazu, dieses in Verbindung mit Ammoniak zur Harnstofferzeugung auszunützen. Die Harnstoffanlagen wurden im Jahre 1949 in Betrieb genommen.

Im Bestreben nach- der Herstellung wirtschaftlich interessanter Produkte hat die Holzverzuckerungs-AG. im Jahre 1951 die Produktion von Caprolaktam als Vorprodukt für die Herstellung von Polyamidfasern aufgenommen. Dafür standen dem Werk als Eohstoffe bereits Ammoniak und Wasserstoff in genügender Menge zur Verfügung. Der Bedarf an Schwefelsäure für die Herstellung des Caprolaktams verlangte die Errichtung einer Schwefelsäureanlage, deren Produktion gleichzeitig der Holzverzuckerung zugute kam.

Aus der beiliegenden Tabelle geht die gegenseitige Verknüpfung der verschiedenen Produktionsprozesse in Domat/Ems am besten hervor.

Zur Herstellung des Caprolaktams wird neben den erwähnten Grundstoffen auch Phenol benötigt. Dieses Produkt muss aus dem Ausland eingeführt werden.

Die Holzverzuckerungs-AG. hat lange gehofft, Phenol aus dem Lignin, dem Abfallprodukt aus der Holzverzuckerung, herstellen zu können. Damit wäre die logische Verbindung zwischen der Holzverzuckerungsanläge und der Laktamfabrikation hergestellt worden. Leider konnte dieses Ziel bis heute nicht verwirklicht werden, und es bestehen nach der Ansicht der Kontrollkommission geringe Aussichten, auf diesem Gebiete nennenswerte Erfolge zu erzielen.

Den grössten Teil der Laktamproduktion verkauft die HolzverzuckerungsAG. ihrer Tochtergesellschaft, der Fibron S.A., zur Textilverarbeitung. Diese Fabrik
nahm ihre Produktion im Jahre 1952 auf. Den Eest des Caprolaktams, etwa 10 Prozent der Produktion, verarbeitet die Holzverzuckerungs-AG. selbst zu Grilon-Plastic.

Als Nebenprodukt wird aus der Laktamfabrikation Ammonsulfat gewonnen. Dieses wird als Kunstdünger verwendet.

VII. Die Methanolumstellung Als es sich herausgestellt hatte, dass der Emser Treibstoff während der Übergangsperiode 1954/55 nicht dem Benzin, beigemischt werden konnte, wurde

Produktionsschema der Holzverzuckerungs AG. Domat/Ems

Wesentliche Haupt- Zwischenund Nebenprodukte.

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Methanol entwässert

---,

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260

in Aussicht genommen, die Methanolproduktion bis Ende 1955 von 6000 auf 3000 Jahrestonnen herabzusetzen. Tm Sommer 1954 hat die Holzverzuckerungs-AG. der Eidgenössischen Finanzverwaltung einen Plan für' die Umstellung der gesamten Methanolproduktion vorgelegt. In ihrem Bericht vom 25. November 1954 kam die um ihr Gutachten ersuchte Kontrollkommission zum Schluss, dass in Anbetracht der bereits gemachten Investitionen und unter der Voraussetzung der Fortführung der Spritproduktion ungefähr im bisherigen Umfange die Harnstoffabrikation sich rechtfertige. Das Finanz- und Zolldepartement teilte hierauf am 3. Dezember 1954 der Holzverzuckerungs-AG.

mit, dass es gegen die Durchführung ihres Vorhabens keinen Einspruch erhebe.

Es gestattete ihr zu diesem Zwecke die Verwendung des den kalkulatorischen Zins- und Abschreibungskosten entsprechenden Teiles des Warenerlöses.

Wir haben bereits ausgeführt, dass die Bohstoffe und Apparate der Methanolproduktion im Jahre 1948 es nahelegten, die Ammoniakproduktion aufzunehmen. Nach dem neuen Projekt der Holzverzuckerungs-AG. wird nun auf die Methanolproduktion ganz verzichtet unter entsprechender Steigerung der Ammoniakproduktion. Das Ammoniak soll in 2500 Jahrestonnen Caprolaktam (bisher rund 1000) und 12 000 Jahrestonnen Harnstoff (bisher rund 6000) verarbeitet werden.

Die Umstellungsarbeiten sind gegenwärtig im Gange und werden im Laufe des Jahres 1956 beendet sein. Die seitens des Bundes für die Jahre 1954/55 zugesicherte Methanolproduktion wird dabei aber nicht erhöht, sondern lediglich in das Jahr 1956 hinein erstreckt.

Es muss anerkannt werden, dass die Holzverzuckerungs-AG. mit der Verwirklichung der Methanolumstellung einen bedeutenden Beitrag zur Lösung des Problems geleistet haben wird. Die neuen Produkte Gaprolaktam, Harnstoff und Ammonsulfat können nach Ansicht der Kontrollkommission bei Ausnützung der vollen Produktionskapazität und bei Andauern der bestehenden Preisbasis diesen Teil des Werkes selbsttragend gestalten. Dabei ist es möglich, bei Bedarf die Anlagen wieder für die Methanolproduktion einzusetzen. Diese Lösung bringt für die Treibstoffkonsumenten einen grossen Vorteil: Das Werk kann bei Bedarf seine kriegswirtschaftliche Aufgabe wieder erfüllen, ohne dass in Friedenszeiten Inlandtreibstoff übernommen werden muss.

VIII. Die S-pritumstellung
Die Holzverzuckerungs-AG. beabsichtigt, auch die Spritfabrikation sukzessive auf wirtschaftlich selbsttragende Produkte überzuführen. Zu diesem Zwecke hat sie ein Zehnjahresprogramm aufgestellt. In einer ersten fünfjährigen Etappe soll die bisherige Jahresproduktion von 5600 Tonnen Sprit auf 3600 Tonnen herabgesetzt und aus dem entsprechenden Holzzucker Glyzerin hergestellt werden. In einer zweiten Umstellungsetappe möchte die Holzverzuckerungs-AG.

weitere 2000 Tonnen Sprit zu anderen Produkten verarbeiten, so dass Ende 1965 nur noch 1600 Tonnen Sprit als Abfallprodukt anfallen würden. Diese wären nach

261

ihrer Ansicht dannzumal von der Alkoholverwaltung nach Massgabe des Alkoholgesetzes zu übernehmen.

Während die Vertreter der Holzverzuckerungs-AG. in der Verwirklichung dieses Projektes die Lösung des Problems der chemischen Verarbeitung des Holzes auf wirtschaftlicher Basis sehen, steht die Kontrollkommission diesem Vorhaben eher skeptisch gegenüber.

D. Möglichkeiten einer Verselbständigung der Holzverzuckerungs-AG.

Die Kontrollkommission hat festgestellt, dass ;das Unternehmen Ende 1955 ohne Hilfe, sei es in Form einer Fortsetzung der Spritfabrikation oder auf andere Weise, noch nicht lebensfähig sein wird. Es bestehen die folgenden Möglichkeiten, um das Unternehmen selbsttragend zu gestalten : a. Der Ausbau der Laktam- und Harnstoffproduktion durch Verbesserung der bestehenden Verfahren und gleichzeitig Aufgabe der Holzverzuckerung. Die Kontrollkommission ist der Ansicht, dass das Unternehmen auf diesem Wege während der nächsten fünf Jahre eigenwirtschaftlich werden kann.

Diese Lösung hätte allerdings zur Folge, dass etwa 240 Arbeiter und Angestellte anderweitig beschäftigt werden müssten. Zudem wäre das Werk nicht mehr in der Lage, das Brenn- und Abfallholz der schweizerischen Waldwirtschaft zu verwerten.

b. Das Unternehmen kann die geplante Umstellung des Holzverzuckerungsbetriebes auf Glyzerin einleiten und muss gleichzeitig mit eigenen Mitteln versuchen, die Erträgnisse aus der Laktam- und Harnstoffproduktion zu steigern. Dieser Weg würde im Interesse der schweizerischen Waldwirtschaft liegen, weil er die Möglichkeit der chemischen Verwertung des Holzes offen hält. In diesem Vorgehen liegt nach Ansicht der, Kontrollkommission allerdings ein erhebliches wirtschaftliches Eisiko. Wenn es sich herausstellen sollte, dass die Umstellung von Sprit auf Glyzerin technisch möglich und wirtschaftlich tragbar ist, so ist doch vorauszusehen, dass in den Jahren 1961--1965 immer noch ein gewisses Quantum Sprit anfallen wird. Eine völlige Umstellung wäre damit Ende 1960 also noch nicht erreicht.

Es ist aber nicht gesagt, dass nur die beiden unter lit. a und b angegebenen Wege zum Ziele führen. Es ist durchaus denkbar, dass noch andere Möglichkeiten bestehen, um das Brenn- und Abfallholz der bündnerischen Waldwirtschaft auf chemischem Wege wirtschaftlich lohnend zu verarbeiten. In der letzten Zeit hat es sich zudem erwiesen, dass das Unternehmen in der Lage ist, schweres Wasser zu produzieren, und es ist gelungen, mit der Beaktor-AG. einen Lieferungsvertrag abzuschliessen. Wenn daraus auch nicht Erträge resultieren, die es dem Unternehmen ermöglichen würden, sofort ohne Bundeshilfe zu existieren, so ist das schwere Wasser doch ein interessantes selbstragendes Produkt, welches dazu beiträgt, die Kosten der Elektrolyse etwas zu verbilligen.

262 E. Die Ordnung nach 1955 I. Der Bundesbeschluss 1. Allgemeines Die vorstehenden Ausführungen erhärten, dass die Holzverzuckerungs-AG.

ohne die Gewährung einer Bundeshilfe nach 1955 nicht mehr weiter existieren könnte. Ein Zusammenbruch des Unternehmens müsste einem ohnehin wirtschaftlich bedrohten Landesteil schwersten Schaden zufügen. Auch kriegswirtschaftliche Gründe sprechen vorläufig noch für, eine Aufrechterhaltung des Betriebes. Unter .diesen Umständen drängt sich die Gewährung einer weitern Hilfe auf, umsomehr als begründete Aussicht besteht, dass die HolzverzuckerungsAG. in verhältnismässig kurzer Zeit zu einem selbsttragenden Unternehmen entwickelt werden kann. Sollte es sich dabei zeigen, dass dies auch weiterhin auf der Grundlage der chemischen Holzverwertung möglich ist, läge dies auch im Interesse der schweizerischen Waldwirtschaft.

Das Unternehmen muss sich aber schon heute bewusst sein, dass der Bund seine Hilfe auf 5 Jahre befristet und keine "Verpflichtungen für die Zeit nach 1960 übernimmt. Eine Spritabnahme kann in diesem Zeitpunkt nur nach Massgabe des Alkoholgesetzes erfolgen. Das Werk wird deshalb in der Zwischenzeit die grössten Anstrengungen unternehmen müssen, um den Spritpreis auf ein tragbares Mass zu reduzieren, sofern es auf einen Spritabsatz -noch angewiesen sein sollte. Auf alle Fälle müssen sich die Behörden des Bundes für den Zeitpunkt nach Ablauf des vorliegenden Bundesbeschlusses volle Freiheit vorbehalten.

Die Hilfe soll darin bestehen, dass weiterhin Feinsprit und Alcohol absolutus durch den Bund zu den Gestehungskosten abgenommen werden. Die Gesamtmenge muss indessen gegenüber der bisherigen Produktion reduziert und den Absatzmöglichkeiten angepasst werden; denn die Erfahrungen der Übergangsordnung haben gezeigt, dass ein Absatz des Äthylalkohols auf dem freien Markt ohne zwangsweise Beimischung kaum möglich ist.

Schon heute setzt die Holzverzuckerungs-AG. einen beträchtlichen Teil ihrer Erzeugnisse auf dem freien Markt ab. Sie wird dazu in steigendem Masse gezwungen sein, je weiter ihre Verselbständigung fortschreitet. Von verschiedener Seite ist daher die Befürchtung geäussert worden, die der Holzverzuckerungs-AG. gewährte Hilfe erleichtere ihr den Konkurrenzkampf mit andern Unternehmungen. Es wird daher Aufgabe der Bundesbehörden sein, die nötigen
Vorkehren zu treffen, um eine sachlich ungerechtfertigte Konkurrenzierung zu verhindern.

Als Voraussetzung der Bundeshilfe muss verlangt werden, dass auch der direkt interessierte Kanton Graubünden und das Unternehmen diejenigen Selbsthilfemassnahmen treffen, welche ihnen billigerweise zugemutet werden können.

Die Durchführung der vorgesehenen Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG.

erfordert die Begehihg zahlreicher Einzelfragen, welche nicht in einen Bundesbeschluss gehören. Deshalb sollen in diesem Erlass nur die wesentlichen Voraus-

268 Setzungen der Bundeshilfe festgehalten, ihre Verwirklichung hingegen dem Bundesrat überlassen werden. In den Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln soll jedoch der nähere Inhalt der vorgesehenen Massnahmen kurz umrissen werden. .

, ; " · ' .

· 2. Die einzelnen Bestimmungen ' , ' Art. l Die Bundeshilfe ist auf 5 Jahre beschränkt. Es ist vorgesehen, der Holzverzuckerungs-AG. im Jahre 1956 5400 und in den folgenden 4 Jahren je 5200 Tonnen Äthylalkohol abzunehmen. Die Bundesbehörden haben sich bemüht, in Vorverhandlungen mit Vertretern der Holzverzuckerungs-AG., diese Mengen möglichst tief zu halten und den Absatzmöglichkeiten anzupassen. Die angegebenen Zahlen sind das Ergebnis dieser Besprechungen. Sie liegen an der untern Grenze der Produktionskapazität der bestehenden Anlagen. Die Reduktion der bisherigen Jahresproduktion von 5600 Tonnen auf 5400 bzw.

5200 Tonnen Äthylalkohol hat allerdings notgedrungen eine Erhöhung der Gestehungskosten zur Folge.

, ' · ' .

.

. . .

Art. 2 : Die Gestehungskosten des Treibstoffes werden während der Übergangsordnung 1954/55 periodisch nachgerechnet. Obwohl dieses System es am besten ermöglicht, Schwankungen im Kostengefüge auch im Übernahmepreis zu berücksichtigen, hat es sich als zu seh werfällig erwiesen. Die Bundesbehörden beabsichtigen, für die folgenden fünf Jahre einen Fixpreis für die abzunehmenden Produkte festzusetzen. Dieser darf die zum voraus errechneten Gestehungskosten nicht übersteigen. Er soll jedoch bei wesentlicher Änderung der Preise der Grundprodukte den tatsächlichen Kosten angepasst werden können. Es scheint zudem angezeigt, den Übernahmepreis einer neuen Würdigung zu unterziehen, wenn sich die finanzielle Lage des Unternehmens während der Dauer der Bundeshilfe derart ändern sollte, dass seine Unterstützung nicht mehr oder wenigstens nicht mehr im gleichen Masse notwendig erscheint. . · i : Art, 3 Wir verweisen auf die Ausführungen zu Artikel 10.

'

.' . · Art. 4

In den Ausführungen unter lit.D sind die Möglichkeiten aufgezeigt worden, welche zur Erreichung der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Unternehmens in Frage kommen. Es soll jedoch seiner Geschäftsleitung freistehen, welchen Weg sie einschlagen will. In jedem Fall wird es dazu äusserster Anstrengungen bedürfen. Die Geschäftsleitung der Holzverzuckerungs-AG. muss sich aber im klaren sein, dass nach 1960 eine Spritabnahme nur nach Massgabe der Bestimmungen des Alkoholgesetzes möglich sein wird.

264

Art. 5 Schön zu Beginn der Umstellungsarbeiten stellten die Bundesbehörden den Grundsatz auf, dass die der Holzverzuckerungs-AG. gewährte Hilfe nicht zu einer Schädigung anderer Landesteile oder zur Bedrohung der Existenz anderer Industrieunternehmen führen dürfe.

Dabei muss man sich allerdings Eechenschaft geben, dass das Unternehmen die Treibstoffproduktion nicht verlassen kann, ohne irgend ein anderes schweizerisches Unternehmen überhaupt zu konkurrenzieren. Die Bundesbehörden werden aber von Fall zu Fall zu entscheiden haben, ob eine Konkurrenzierung sachlich ungerechtfertigt erscheint. Dies würde vor allem dann zutreffen, wenn die Einnahmen aus der Spritfabrikation zur Verbilligung anderer Produkte verwendet würden, doch sind auch andere Fälle denkbar. Die Bundesbehörden werden beim Vollzug des Bundesbeschlusses die berechtigten Interessen anderer schweizerischer Landesteile und Unternehmen schützen.

Art. 6 Die Produktionsbereitschaft für Inlandtreibstoff ist das notwendige Korrelat der Bundeshilfe. Der weitaus grösste Teil der bestehenden Treibstoffanlagen kann auch nach der Umstellung für die Produktion eingesetzt werden.

Einige Anlagen müssen jedoch stillgelegt und zur Aufrechterhaltung der Produktionsbereitschaft für Treibstoff unterhalten werden.

Der Übergang von der friedensmässigen zur kriegswirtschaftlichen Produktion erfordert sowohl aus technischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen eine gewisse Übergangszeit. Die sich daraus ergebenden Fragen müssen im einzelnen noch geregelt werden.

Art. 7 Wie erwähnt ist die Gewährung der Bundeshilfe an die Voraussetzung geknüpft, dass das Unternehmen die ihm zumutbaren Selbsthilfemassnahmen trifft. Dazu gehört in erster Linie die Erweiterung der eigenen Kapitalbasis zur Finanzierung der erforderlichen Betriebsumstellung. Die dem Unternehmen gewährte Abnahmegarantie wird ihm die Durchführung dieser Auflage erleichtern. Die Geschäftsleitung der Holzverzuckerungs-AG. hat sich denn auch in den Vorverhandlungen bereit erklärt, das gegenwärtige Aktienkapital von rund 3 Millionen Franken bei Weiterführung der Hilfe zunächst auf 4 und spätestens nach Ablauf von 2 Jahren auf 5 Millionen Franken zu erhöhen.

Zur Zeit besitzt eine kleine Gruppe von Aktionären infolge der Privilegierung der Stimmkraft der Stammaktien die Möglichkeit, das Unternehmen zu beherrschen, trotzdem sie nicht über die Mehrheit des Aktienkapitals verfügt.

Die Bestimmungen von Artikel 7 sollen dies für die Dauer der Bundeshilfe ausschliessen; denn eine solche Ordnung lässt sich mit der Bundeshilfe nicht vereinbaren.

265 Art. 8 Die .Bundesbehörden müssen selbstverständlich eine ständige Kontrolle über die Einhaltung der Verpflichtungen seitens der Holzverzuckerungs-AG.

ausüben können. Während der Übergangsordnung 1954/55 hat eine zu diesem Zwecke ernannte Kommission diese Aufgabe erfüllt. Neben der laufenden Kontrolltätigkeit hat sie im Auftrage des Bundes verschiedene Aufgäben gelöst, welche für die Beurteilung der Fortführung der Hilfe äusserst wertvoll waren.

Vor allem war sie aber auch durch die laufende Ermittlung der Gestehungskosten für Treibstoff stark in Anspruch genommen. Die Bundesbehörden werden prüfen, ob die Kontrollaufgabe in Zukunft nicht durch,einen einzelnen Beauftragten des Bundes erfüllt werden kann. Dieser müsste berechtigt sein, in alle Einzelheiten des Geschäftsbetriebes Einsicht zu nehmen und die Möglichkeit haben, für die Abklärung besonderer fachtechnischer Fragen Gehilfen beizuziehen. Er müsste auch an den Sitzungen des Ausschusses und des Verwaltungsrates mit beratender Stimme teilnehmen können.

Der zweite Absatz von Artikel 8 gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, bei Nichterfüllung der Verpflichtungen durch die Hovag wirksame Massnahmen zu treffen.

Art. 9 Weil die Holzverzuckerungs-AG. in erster Linie aufrechterhalten werden soll, um dem Kanton Graubünden zu helfen, rnuss als Voraussetzung der Bundeshilfe verlangt werden, dass der Kanton eine massgebliche eigene Leistung erbringt. Das ist gegenwärtig am besten durch Beteiligung an der Kapitalerhöhung möglich. Im übrigen darf aber erwartet werden, dass der, Kanton Graubünden auch andere sich bietende Gelegenheiten benützt, um dem Unternehmen das wirtschaftliche Fortkommen zu erleichtern. Damit findet ein'bei Ausrichtung von Bundesbeiträgen allgemein anerkannter Grundsatz analoge Anwendung.

;

Alt. 10

:

Die Bundesbehörden waren in den Verhandlungen mit der Holzverzuckerungs-AG. bestrebt, die Begehren des Unternehmens mit den Absatzmöglichkeiten in Einklang zu bringen. Wir haben bereits in den Ausführungen zu Artikel l dargelegt, warum es nicht möglich war, dieses Ziel zu erreichen. Infolge dieses weitgehenden Entgegenkommens ist es nicht mehr möglich, die gesamte zugesicherte Produktion laufend durch den Bund zu verwerten.

Die Armee wird wie bis anhin 2000 Tonnen verbrauchen können. Nach der bestehenden Praxis soll sie ihren Warenbedarf nicht unter allen Umständen ausschliesslich dort eindecken, wo gleiche Qualität am billigsten erhältlich ist.

Ausnahmen werden zugelassen, wenn der Bezug teurer Ware der Erhaltung von Bezugsmöglichkeiten zur Sicherung der Erfüllung der dem Bund auf dem Gebiete des Wehrwesens obliegenden Aufgaben dient. Zu diesem Zwecke werden verschiedenen schweizerischen Industrien sowie Gewerbetreibenden für

266 ihre Produkte Preise bezahlt, die über den Importpreisen entsprechender Waren liegen. Aus diesem Grunde rechtfertigt es sich, dass die Armee auch der Holzverzuckerungs-AG. einen höheren als den Importpreis für Benzin bezahlt.

Für die Bemessung der Übernahmeinengen der Alkoholverwaltung sind neben ihrem Spritbedarf die Gesamtheit ihrer Übernahmeverpfliohtungen, ihre Verpflichtung .gegenüber den Spritabnehmern sowie die Notwendigkeit der Beibehaltung eines gewissen Spritimportes massgebend. In Berücksichtigung aller dieser Kriterien kann die Übernahme eines Jahreskontingentes von 20 000 hl Feinsprit (1600 t) durch die Alkoholverwaltung zugesichert werden. Über die Abnahme einer zusätzlichen Menge von höchstens 10 000 hl (800 t) im Jahr muss angesichts der nicht voraussehbaren Entwicklung der Verhältnisse jedes Jahr neu entschieden werden.

Soweit der abzunehmende Äthylalkohol durch diese Bundesstellen nicht laufend verwendet werden kann, muss er entweder anderweitig abgesetzt oder aber gelagert werden. Der Bundesrat wird dannzumal je nach den Umständen entscheiden, müssen, wie die Lager liquidiert werden sollen, wobei gemäss Artikel 3 des Bundesbeschlusses eine zwangsweise Beimischung zum Treibstoff ausgeschlossen ist.

Die Alkoholverwaltung soll den Sprit nach den Grundsätzen des Alkoholgesetzes übernehmen. Massgebend ist für die Berechnung des Preises der Artikel 11, Absatz 6 (BS 6, 862). Danach soll der den Industriebrennereien und Alkoholfabriken zu bezahlende Übernahmepreis in der Eegel den mittleren Einstandskosten des von der Alkoholverwaltung eingeführten Auslandsprites gleicher Qualität entsprechen. Dabei können die nachgewiesenen Herstellungskosten einschliesslich Verzinsung und Abschreibung des Anlagekapitals angemessen berücksichtigt werden.

Nach der bisherigen Praxis des Bundesrates zahlte die Alkoholverwaltung der Holzverzuckerungs-AG. die vollen Gestehungskosten. Dagegen haben insbesondere die Kantone sowie die Alkoholkommissionen beider Eäte wiederholt Kritik geübt. Der Bundesrat wird diesen Einwendungen Eechnung tragen. Der der Holzverzuckerungs-AG. zu bezahlende Preis soll künftig in einem angemessenen Verhältnis zum Übernahmepreis der Zellulosefabrik Attisholz stehen.

Angesichts der vorläufigen kriegswirtschaftlichen Bedeutung der Treibstoff anlagen in Domat/Ems haben die
Treibstoff Verbraucher bisher einen namhaften Beitrag an die Überpreise des Inlandtreibstoffes geleistet. Die Bundesbehörden haben mit den zuständigen Verbraucherorganisationen Verhandlungen über die Fortführung dieser Beitragsleistung aufgenommen. Diese sind noch nicht abgeschlossen, doch darf nach dem heutigen Stand der Verhandlungen angenommen werden, dass sie zu einem für beide Teile annehmbaren Eesultat führen. Angesichts der Tatsache, dass in Zukunft kein Methanol, sondern nur noch Äthylalkohol zu verwerten sein wird, dürfte es möglich sein, den bestehenden Satz a,uf etwa die Hälfte zu reduzieren.

:

267

Die finanzielle Leistung des Bundes ist von der Beitragsleistung der Benzinkonsumenten und von den Übernahmepreisen abhängig. Wir verweisen dazu auf das folgende Kapitel.

Art. 11 Der Artikel 11 gibt zu keinen Bemerkungen Anlass.

II. Auswirkungen der Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. für den Bund 1. Verwendung des abzunehmenden

Äthylalkohols

Die Holzverzuckerungs-AG. kann bei den ihr zugesicherten Produktionsmengen höchstens 2400 Tonnen Feinsprit für die Verwendung durch die Alkoholverwaltung herstellen. Aus den auf Seite 266 angeführten Gründen kann aber nur die Abnahme eines Jahreskontingentes von 1600 Tonnen Feinsprit durch die Alkobolverwaltung zugesichert werden. Es besteht jedoch je nach den Verhältnissen die Möglichkeit, Jährlichibis zu 800 Tonnen Feinsprit zusätzlich durch die Alkoholverwaltung abzusetzen^ Im ungünstigsten Fall muss also damit ge-rechnet .werden;, dass Ende 1960 ;ein Lager von 4000 Tonnen Feinsprit aufgelaufen sein wird. Wenn die Alkoholverwaltung nach 1960 noch 1600 Tonnen Feinsprit jährlich abnimmt, so wird sie unter den besten Verhältnissen das aufgelaufene Lager innerhalb von 5 i Jahren verwerten können. Immerhin kann damit gerechnet werden, dass sie diese zusätzlichen 4000 Tonnen : Feinsprit, verteilt auf die Jahre 1956-1965, absetzen kann.

Sofern es nicht gelingt^ während des Jahres 1955 weitere Mengen Alcohol absolutus zu verkaufen, werden bis Ende 1955 aus der Übergangsordnung 1954/55 noch 4150 Tonnen Alcobol absolutus verbleiben. Zusammen mit den 4200 Tonnen, welche die Armee aus der Produktion von 1956-1960 nicht verwerten kann, ergibt das per 81. Dezember 1960 ein Lager an Alcohol absolutus von 8350 Tonnen.

: 2. Finanzielle Auswirkungen Die Höhe der Bundesleistung an die Holzverzuckerungs-AG. ist abhängig von den Übernahmepreisen und dem Beitrag des Schweizerischen Strassenverkehrsverbandes. Die an die Holzverzuckerungs-AG. zu zahlenden Preise konnten noch nicht endgültig festgelegt werden. Um jedoch eine Übersicht der sich aus der Fortführung der Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. ergebenden Verpflichtungen zu erhalten, müssen bestimmte Annahmen getroffen werden. Diese dürften nicht weit von der Wirklichkeit entfernt sein. : Wie wir auf Seite 266 ausgeführt haben, darf nach dem heutigen Stand der Verhandlungen mit dem Schweizerischen Strassenverkehrsverband angenommen werden, dass diese zu einem für beide Teile annehmbaren Eesultat führen. Die Bundesbehörden rechnen mit einem jährlichen Beitrag der Treibstoffkonsumenten von 3 Millionen Franken.

Tabelle 1 Verbrauch

Abnahme

Auf Lager

Lagerbestand

Alcohol absolutus

Feinsprit

Armee alcohol absolutes

AlkoholVerwaltung Feinsprit

Alcohol absolutus

Feinsprit

t

t

t

t

t

t

Aus Übergangsordnung 1954/55 Abnahme im Jahre 1956

3000

2400

2000

1600- 2 400

1000

0- 800

Ende

Alcohol absolutus

Feinsprit

t

t

1955

4150

1956

5150

0- 800

1957

2800

2000

1600- 2 400

800

0- 800

1957

5950

0-1600

1958

2800

2400

2000

1600- 2 400

800

0- 800

1958

6750

0-2400

1959

2800

2400

2000

1600- 2 400

800

0- 800

1959

7550

0-3200

1960

2800

2400

2000

1600- 2 400

800

0- 800

1960

8350

0-4000

14 200

12 000

10000

8000-12 000

4200

0^,000

26200

18 000-22 000

4200-8200

bo

O5 CO

:

269

In der folgenden Tabelle werden die Übernahmekosten den Abnahmepreisen der Armee und der Eidgenössischen Alkoholverwaltung gegenübergestellt. Letztere liegen unter den Übernahmekosten. Die Differenz ist, sofern sie nicht aus dem Beitrag der Treibstoffkonsumenten gedeckt wird, aus allgemeinen Bundesmitteln zu bezahlen.

Es entspricht der Übung, dass die Alkoholverwaltung die Spritmengen in Hektolitern ausdrückt, währenddein das Eidgenössische Militärdepartement den Benzinpreis in Tonnen rechnet. Wir haben uns für die folgende Darstellung dieser Praxis angeschlossen. Zur Erleichterung des Vergleichs der Leistungen der verschiedenen Abnehmer sind jeweilen die entsprechenden Werte in Tonnen bzw. Hektolitern in Klammer beigefügt worden.

; .

Die Alkoholyerwaltung zahlt den Spritfabriken für den Sprit nach Mengen gestaffelte Preise. Insbesondere werden für die über das Grundkontingent hinaus abgenommenen Mengen nur reduzierte Preise bezahlt. Die gleiche Berechnungsart soll in Zukunft auch gegenüber der Holzverzuckerungs-AG. angewendet werden. Wir sind in unserer Bechnung von einem Preis von 80 Franken pro hl für das Grundkontingent von 20 000 hl und einem solchen von 55 Franken pro hl für das Zusatzkontingent von 8650 hl ausgegangen.

Der der Armee belastete Preis entspricht dem Importpreis für Benzin unverzollt (Fr. 230 pro t) zusätzlich die Hälfte der Differenz zum Übernahmepreis der Holzverzuckerungs-AG. Deshalb steigt der Abnahmepreis der Armee in den Jahren 1957 und folgende mit den infolge der geringeren Produktion höheren Übernahmekosten.

Weil die beiden Bundesstellen nicht die gesamte Produktion der Holzverzuckerungs-AG. laufend abnehmen können, steht der zusätzlichen Leistung des Bundes noch ein Lagerwert gegenüber. Dieser muss von den Zahlungen aus der allgemeinen Bundeskasse in Abzug gebracht werden, um die effektive zusätzliche Leistung des Bundes bis Ende 1960 zu ermitteln.

Gestützt auf diese Angaben ergibt sich die auf Tabelle 2 (S. 270/271) aufgestellte Eechnung.

Es resultiert daraus, dass die Hilfeleistung an die Holzverzuckerungs-AG.

dem Bund eine zusätzliche Belastung von rund 870 000 Franken im Jahre 1956 und von je rund 665000 Franken in den folgenden 4 Jahren, verursacht.

In den 5 Jahren der Hilfe ergibt das zusammen den Betrag von rund 3,5 Millionen Franken. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass das Lager mit dem heutigen Importpreis für Benzin bewertet worden ist. Bei einer günstigeren Verwertungsmöglichkeit, verringert sich die zusätzliche Bundesleistung entsprechend.

Zur Errechnung der Gesamtleistung an die Aufrechterhaltung der Holzverzuckerungs-AG. muss vom tatsächlichen Wert der abzunehmenden Produkte ausgegangen werden.1 Dieser ist deshalb schwer zu ermitteln; weil die meisten Nachbarländer die Alkoholproduktion ihres Landes ebenfalls zu Überpreisen abnehmen. Von einem freien Markt kann daher nicht gesprochen werden. SoBundesblatt. 107. Jahrg. Bd. II.

, · 19

270 Verteilung der Kosten und Abnahme der Alkoholverwaltung

Übernahme von Hovag Jahre Mengen 1

Sorte

2

Alcohol 3000 t (37 700 hl) absolutus

Preis pro Einheit Fr.

Total

Mengen

Total

hl

Preis proni Tr.

Fr.

3

4

5

6

7

Fr.

1525.-- 4 575 000 (121.35)

1956

28 650 hl (2 400 t)

Feinsprit

m.-- (1397.--)

3 352 050 20000 8650 7 927 050

2800t (35 190 hl)

Alcohol absolutus

1540.-- 4 312 000 (122.53)

28 650 hl (2 400 t)

Feinsprit

118.-- 3 380 700 20000 (1409.--) 8650 7 692 700

80. ~ 55.--

1 600 000 475 750 2 075 750

1957 u. f.

80.-- 55.--

1 600 000 475 750 2075750'

271 Tabelle 2

zusätzliche Leistung des Bundes Auf Lager

Abnahme durch Armee

Total

t

Preis pro t Fr.

11

12

13

Total

Mengen

t

Preis pro t Tr.

Fr.

8

9

10

2000

877.50 (64.50)

Mengen

885.-- (65.05)

FUS 1

Fr.

14

Zusàtzlic ie Leistung des ]Bundes Kol. 4 nlinus Kol.

(7+10- HS+14) Pro Jahr Total Fr.

Fr.

15

16

1 755 000 1000 230.-- 230 000

1 755 000

2000

Beitrag

230 000 3 000 000 866 300

866 300

1 770 000 800 230.-- 184 000

1 770 000

184 000 3 000 000 662 950 Pur ' : Jahre

2 651 800

Total zusätzl: che Leistung des Bundes

3 518 100

272 weit Alkohol angeboten wird, handelt es sich dabei fast ausnahmslos um die Verwertung von Überschüssen der Alkoholproduktion. Die Preise sind deshalb starken Schwankungen ausgesetzt. Die Alkoholverwaltung hat schon vor dem letzten Weltkrieg, aber auch nach dessen Beendigung, Peinsprit aus dem Ausland eingeführt. Sie bezahlte dafür unmittelbar nach dem Krieg 175 Franken je hl. Der Importpreis sank bis zum Jahre 1948 auf rund 100 Franken je hl.

In den Jahren 1949-1952 erfolgte keine'Einfuhr. Der durchschnittliche Importpreis.für die Kechnungsperioden 1952/53 und 1953/54 bewegte sich um 50 Franken je hl. Er verminderte sich in der Bechnungsperiode 1954/55 auf 36,50 Franken je hl. Gegenwärtig ist es möglich, Alkohol zu noch billigeren Preisen einzuführen. Es ist jedoch nicht möglich, eine sichere Prognose für die Preisentwicklung zu stellen. Angesichts der grossen Preisunterschiede in den Nachkriegsjahren haben wir nicht mit den heutigen Preisen, sondern mit einem Warenwert des Feinsprites von 50 Franken je hl gerechnet.

Der Alcohol absolutus konnte bisher praktisch nur als Treibstoffkomponente verwertet werden. Weil eine zwangsweise Beimischung nicht in Frage kommt, muss er durch die Armee verbraucht werden und ersetzt daher teilweise deren Benzinbedarf. Deshalb wurde der Alcohol absolutus mit dem Importpreis der Armee für Benzin bewertet. Dieser ist ziemlich konstant und betrug im letzten Jahre rund 230 Franken je Tonne.

Die gesamten Übernahmekosten in den Jahren 1956-1960 betragen: 1956 3000 Tonnen Alcohol absolutus à 1525.-- je Tonne (37 700 hl) .

4 575 000 Franken 28650 hl (2400 t) Feinsprit à 117.-- je hl 3352050 » 1957-1960 11 200 Tonnen Alcohol absolutus à 1540.-- je Tonne (140 760 hl) 114600 hl (9600 t) Feinsprit à 118.-- je J hl

17248000

»

13522800

»

38 697 850 Franken

Demgegenüber steht ein Warenwert gemessen am Weltmarktpreis von 14 200 Tonnen Alcohol absolutus à 230.-- je Tonne (178 460 hl) 3 266 000 Franken (12 000 t) 143 250 hl Feinsprit à 50.--je 7162500 » .,,, , nn ^ J hl 10 428 500 Franken Daraus resultiert eine Gesamthilfe von

28 269 350 Franken

Tabelle 3 Gegenüber dem Weltmarktpreis für Feinsprit und Alcohol absolutus werden folgende Leistungen erbracht: Übernahmepreis

Ware

Weltmarktpreis

Jahr Menge

Von der AlkoholVerwaltung

Von der Armee

1 2 4 1956 20 000 hl Peinsprit u. f. 8 650 hl Feinsprit

1956"

1957 u. f.

Zusätzliche Leistung des Bundes gemäss Tabelle 2 Von den Treibstofikonsiimenten

Gesamtbetrag der Hilfe

Qualität

Alcohol abs.

2 0 0 0 t Alcohol abs.

2000t

Einheitspreis

Total

Einheitspreis

Total

4

5

6

7

80.--/hl 1 600 000 50.--/hl, 1000000 55.--/hl 475750 50..--/hl 432 500 Für 5 Jahre

Zusätzliche Leistung (Differenz zwischen Kolonne 5 und 7) Im Jahr .

9

8 .

600000 43 250

in 5 Jahren

643 250 3 216 250

877.50/t 1 755 000 230.--/t

460 000 1295000 1295000

885.--/t 1 770 000 230.--/t

460 000 1 310 000 Für 5 240 000 4 Jahre

6 535 000

3518100 13 269 350 3 000 000

15 000 000 28 269 350 fcO

-q w

274 III. Bechtsgrundlagen und Form des Erlasses Der Nationalrat hat am 14. Juni 1955 das folgende Postulat seiner Kommission zur Behandlung des Entwurfes eines Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge angenommen: «Zum Zwecke einer bestmöglichen Erhaltung der kriegswichtigen Treibstoffproduktion und ganzjähriger Beschäftigungsmöglichkeiten im industriearmen Kanton Graubünden wird der Bundesrat ersucht, die erforderlichen Massnahmen zu treffen oder vorzuschlagen, um der Holzverzuckerungs-AG.

die raschmöglichste Umstellung der Treibstoffproduktion auf andere Industrieprodukte zu ermöglichen und ihr den Übergang zur selbsttragenden Industrieunternehmung zu erleichtern.» Mit der Annahme dieses Postulates hat der Nationalrat die Frage des einzuschlagenden Verfahrens offengelassen. Es fragt sich, auf welche Keohtsgrundlage die Hilfe gestützt werden kann und welche Instanz des Bundes zum Erlass der Massnahmen zuständig ist.

Auf Grund von Artikel 5 des Bundesgesetzes vom I.April 1938 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern (BS 10, 799 ff.) kann der Bundesrat Studien und Versuche sowie andere Vorbereitungsmassnahmen zur Nutzbarmachung inländischer Urprodukte oder zur Förderung' der einheimischen Erzeugung lebenswichtiger Güter durch Beiträge oder andere geeignete Mittel unterstützen. Der Artikel 6 des gleichen Gesetzes erlaubt ihm ferner, die notwendigen Vorbereitungen für die Sicherstellung der Transporte im Falle der wirtschaftlichen Absperrung oder des Krieges zu treffen. Die notwendigen Kredite zur Durchführung dieser Massnahmen hat er bei der Bundesversammlung einzuholen. ' Es kann offengelassen bleiben, ob die Artikel 5 und 6 des Sicherstellungsgesetzes den Bundesrat ,zu Massnahmen von derart grosser Tragweite, wie sie im vorliegenden Fall vorgesehen sind, ermächtigen. Auch wenn dies zutreffen sollte, fiele diese Eechtsgrundlage für die Begründung der vorgesehenen Hilfe an die Holzvemickerungs-AG. ausser Betracht; denn diese,verfolgt in erster Linie einen anderen Zweck, nämlich die Hilfe für einen wirtschaftlich bedrohten Landesteil. Dafür bietet aber das Sicherstellungsgesetz keine Eechtsgrundlage.

Die gleichen Überlegungen müssen hinsichtlich des Artikels l, Absatz 8, des Sicherstellungsgesetzes, welcher die Bundesversammlung zu weiteren Massnahmen
als die in den erwähnten Artikeln angeführten, ermächtigt, angestellt werden.

Der Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1938 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland (BS 10, 539) kann ebenfalls nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, weil die Hilfe des Bundes an die Holzverzuckerungs-AG. nicht gegen das Ausland gerichtet ist und nicht der Abwehr ausländischer Massnahmen dient.

Die beantragte Hilfe kann einzig auf die Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung, und zwar auf Artikel 31Ws, Absatz 3, gestützt werden; denn es stehen

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nicht bloss mit der Handels- und Gewerbefreiheit im Einklang stehende Förderungsmagsnahmen in Frage, wie sie Absatz 2 des genannten Artikels erlaubt, sondern der Holzverzuckerungs-AG. sollen auch Pflichten auferlegt werden, die in die Handels- und Gewerbefreiheit eingreifen, so z.B. in den Artikeln 5, 6 und 7 des Entwurfes. Der Bund darf auch bei Gewährung von Bundesbeiträgen nur unter den in Artikel 31Ms, Absatz 3, genannten Voraussetzungen in die Handels-, und Gewerbefreiheit eingreifen, selbst dann, wenn der Subventionsempfänger in eine Freiheitsbeschränkung einwilligen würde. Über den Umfang eines Freiheitsrechts kann der Einzelne mit dem Staat nicht paktieren (vgl.

Marti, Die Handels- und Gewerbefreiheit nach den neuen Wirtschaftsartikeln, 8.151 ff.; Schindler, Die Bundessubventionen als Bechtsproblem in «Zürcher Beiträge zur Bechtswissenschaft», NF, 178,'S.179).

Wenn das Gesamtinteresse es rechtfertigt, ist der Bund gemäss Artikel 31bls, Absatz 3, lit. c und e, der Bundesverfassung befugt, nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit Vorschriften zum Schutze wirtschaftlich bedrohter Landesteile sowie über vorsorgliche Massnahmen für Kriegszeiten zu erlassen.

Der Kanton Graubünden ist ein wirtschaftlich bedrohter Landesteil im Sinne, dieses Artikels. Seine prekäre Wirtschaftslage beruht nicht auf einer Wirtschaftskrise, sondern ist vielmehr die Folge von verschiedenen Umständen, welche mit der geographischen Lage des Kantons in Zusammenhang stehen (vgl. zum Begriff des wirtschaftlich bedrohten Landesteils Marti, a.a.O. S.174).

Die Erhaltung der Holzverzuckerungs-AG. bildet eine wirksame Hilfe an den -Kanton.

Soweit die Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. der kriegswirtschaftlichen Vorsorge dient, kann auch Artikel 31Ws, Absatz 3, lit. e, als Bechtsgrundlage herangezogen werden.

Der Bund darf gemäss Artikel 31bls, Absatz 3, vom Grundsatz der Handelsund Gewerbefreiheit nur dann abweichen, wenn das Gesamtinteresse es rechtfertigt. Im Gesamtinteresse liegt, was vom Standpunkt des Wohles des Landes aus gesehen, wertvoll ist. Dieser Begriff ist nicht identisch mit dem wirtschaftlichen Gesamtinteresse, wie es im Absatz 2 desselben Artikels gefordert wird; er reicht weiter und umfasst ausser dem gesamtwirtschaftlichen auch das gesamtpolitische Interesse. (Vgl. Marti, a.a.O. S. 166;
Giacometti, Bundesstaatsrecht, S.290). Es liegt zweifellos im Gesamtinteresse, den Schaden abzuwenden, welcher dem wirtschaftlich bedrohten Kanton Graubünden durch den Zusammenbrach seines bedeutendsten Industrieunternehmens erwachsen würde. Aber auch die Aufrechterhaltung der Anlagen zur Produktion von Ersatztreibstoff liegt zurzeit noch im Gesamtinteresse.

· ; Weil die vorgesehenen Massnahmen zur Gewährung einer Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. sich auf Artikel 31Ws der Bundesverfassung stützen, sind sie gemäss der zwingenden Vorschrift von Artikel 32 der Bundesverfassung in die Form eines referendumspflichtigen Erlasses zu kleiden. Da es sich um eine

276 sachlich und zeitlich begrenzte Begelung handelt, ist die Form eines allgemein verbindlichen Bundesbeschlusses und nicht die eines Gesetzes zu wählen.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den Entwurf zum Bundesbeschluss über die Gewährung einer Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. zur Annahme zu empfehlen.

Wir benützen den Anlass, um Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 15. Juli 1955.

2193

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Gewährung einer Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG.

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 31bis, Absatz 3, ht. o und e, und Artikel 32 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Juli 1955, !

heschliesst:

Art. l Der Bundesrat wird ermächtigt, der Holzverzuckerungs-AG. zur Erhaltung ihrer Existenzgrundlage in den Jahren 1956 bis 1960 bis zu 26 200 Tonnen Äthylalkohol nach Massgabe der folgenden Bestimmungen abzunehmen.

Art. 2 Der Übernahmepreis darf die nachgewiesenen Gestehungskosten nicht übersteigen.

Art. 3 Die Verwertung hat ohne zwangsweise Beimischung des übernommenen Äthylalkohols zum Treibstoff zu erfolgen.

· Art. 4 ; Die Holzverzuckerungs-AG. ist zu verpflichten, alle Vorkehren zu treffen, um das Unternehmen bis Ende 1960 wirtschaftlich selbsttragend zu gestalten.;

Art. 5 Der Bundesrat trifft die notwendigen Massnahmen, um während der Dauer der Bundeshilfe eine sachlich ungerechtfertigte Konkurrenzierung schweizerischer Unternehmungen durch die Holzverzuckerungs-AG. zu verhindern.

Art. 6 : Die Holzverzuckerungs-AG. ist zu verpflichten, die Treibstoffanlagen für eine vom Bundesrat zu bestimmende Zeitdauer und Produktionsmenge derart

278 zu unterhalten, dass bei Bedarf die Produktion von Mischtreibstoff innert angemessener Frist wieder aufgenommen werden kanm

Art. 7 Die Holzverzuckerungs-AG. ist zu verpflichten, ihr Aktienkapital innert der Frist von 2 Jahren seit Inkrafttreten dieses Beschlusses auf mindestens 5 Millionen Franken zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass das Unternehmen während der Dauer der Bundeshilfe nicht durch einzelne Aktionäre direkt oder indirekt ohne entsprechende Kapitalbeteiligung wirtschaftlich beherrscht werden kann.

Art. 8 Der Bundesrat lässt die Erfüllung der der Holzverzuckerungs-AG. seitens des Bundes auferlegten Pflichten in geeigneter Weise kontrollieren.

Er kann" bei Nichterfüllung der Verpflichtungen durch die Holzverzuckerungs-AG. die Bundeshilfe einstellen.

Art. 9 Die Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. ist nur unter der Voraussetzung zu gewähren, dass sich der Kanton Graubünden an der Erhöhung ihres Aktienkapitals in angemessener Weise beteiligt.

Art. 10 Die der Holzverzuckerungs-AG. zugesicherte Äthylalkoholproduktion ist wie folgt zu übernehmen : a. durch die Eidgenössische Alkoholverwaltung nach Massgabe des Alkoholgesetzes ; b. durch das Eidgenössische Militärdepartement zur Verwendung durch die Armee und die ihrem Verteilungsnetz angeschlossenen Betriebe ; Soweit der abzunehmende Äthylalkohol durch diese Bundesstellen nicht laufend verwendet oder nicht auf dem freien Markt abgesetzt werden kann, ist er vorläufig zu lagern. Über seine Verwendung entscheidet der Bundesrat.

Der Bundesrat ordnet die Verteilung der Mengen und der Kosten.

Art. 11 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug des Beschlusses beauftragt.

Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntgabe dieses Beschlusses zu veranlassen.

2193

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährung einer Hilfe an die Holzverzuckerungs-AG. (Vom 15. Juli 1955)

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1955

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