552 Ablauf der Referendumsfrist

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29. Juni 1955

Bundesgesetz über

den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Vom 16. März 1955) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 24quater und 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 9. Februar 1954 *), beschliesst :

Art. l Geltungsbereich Dem Schütze dieses Gesetzes unterstehen die ober- und unterirdischen natürlichen und künstlichen, öffentlichen und privaten Gewässer mit Einschluss der Quellen.

zweck

Art. 2 1 Gegen die Verunreinigung oder andere schädliche Beeinträchtigung der ober- und unterirdischen Gewässer sind diejenigen Massnahmen zu ergreifen, die notwendig sind zum Schütze der Gesundheit von Mensch und Tier, zur Verwendung von Grund- und Quellwasser als Trinkwasser, zur Aufbereitung von Wasser aus oberirdischen Gewässern zu Trinkund Brauchwasser, zur Benützung zu Badezwecken, zur Erhaltung von Fischgewässern, zum Schütze baulicher Anlagen vor Schädigung und zum Schütze des Landschaftsbildes gegen Beeinträchtigung.

2 Insbesondere kann der Reinheitsgrad der Abwässer vorgeschrieben werden mit dem Ziel, eine Verunreinigung zu verhindern oder so herabzusetzen, dass sie unschädlich bleibt.

3 Bei den Massnahmen im Eahmen dieses Gesetzes ist Eücksicht zu nehmen auf die technischen Möglichkeiten, das Selbstreinigungsvermögen der Gewässer, die Filtrierfähigkeit des Bodens und, soweit es sich nicht um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers handelt, auf die entstehende wirtschaftliche und finanzielle Belastung.

*) BEI 1955, I, 333.

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Sofern für ein bestimmtes Gewässer Massnahmen angeordnet werden, haben an deren Ausführung, soweit erforderlich, Gemeinwesen und Private zusammen zu wirken. Sie sind unter gleichen Umständen gleich zu behandeln.

Art. 3 Abwässer und andere flüssige oder gasförmige Abgänge jeder Art Abwässer und aus Kanalisationen von Ortschaften, aus Wohn-, Unterkunfts- und Ar- an ere 8 nge beitsstätten, Fabriken, gewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieben, Schiffen oder anderswoher dürfen nur mit Bewilligung des Kantons mittelbar oder unmittelbar in Gewässer eingebracht werden.

2 An die Erteilung der Bewilligung haben die Kantone, wo die ' Art der Abgänge dies erfordert, die notwendigen Bedingungen und Auflagen zu knüpfen, um einen hinreichenden Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung dauernd zu gewährleisten. Insbesondere ist die vorgängige Eeinigung oder Unschädlichmachung der Abgänge und die Beseitigung .

der dabei entstehenden Eückstände zu verlangen.

3 Bei bestehenden Ableitungen sind die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um Gewässerverunreinigungen zu beheben. Die Kantone sind ermächtigt, die Durchführung dieser Massnahmen schrittweise anzuordnen und angemessene Fristen anzusetzen.

1

Art. 4 Es ist untersagt, in Gewässer feste Stoffe aller Art einzuwerfen oder Festesstoffe, abzulagern, die geeignet sind, das Wasser zu verunreinigen, oder die in SniSSagen anderer Weise dem durch Artikel 2, Absatz l, gewährten Schutz 2,uwiderlaufen.

2 Untersagt ist auch das Ablagern von Stoffen ausserhalb der Gewässer sowie die Anlage von Kiesgruben in der Nähe von Grundwasserfassungen, sofern diese Vorkehren geeignet sind, eine Verunreinigung der Gewässer zu verursachen.

3 Bei bereits vorhandenen Ablagerungen und Kiesgruben sind die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um damit verbundene Gewässerverunreinigungen zu beheben.

4 Für die Lagerung flüssiger Stoffe, wie öl, Benzin und dergleichen in Tanks sind die zum Schütze von Gewässern nötigen baulichen und technischen Vorrichtungen zu erstellen.

5 Die Kantone können für die Durchführung der in den Absätzen 8 und 4 vorgesehenen Massnahmen angemessene Fristen ansetzen. Ausserdem können sie in besonderen Fällen unter Auferlegung zweckdienlicher Bedingungen Ausnahmen von den Absätzen 2, 8 und 4 bewilligen.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Wasserbaugesetzgebung.

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554 Art. 5 Landwirtschaft

Sofern nicht Trink- und Brauchwasser in gesundheitsschädlicher oder die Brauchbarkeit ausschliessender Weise verunreinigt oder ein Fischgewässer geschädigt und sofern die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt angewendet wird, werden die fachgerechte landwirtschaftliche und gärtnerische Bewirtschaftung des Bodens, die rationelle Düngung und die Anwendung von Mitteln zur Bekämpfung tierischer und pflanzlicher Schädlinge durch dieses Gesetz nicht berührt.

Art. 6 Zuständigkeit Die Verhinderung künftiger Verunreinigungen und die Beseitigung beundrdeaaBundes stehender Mißstände obliegt den Kantonen und steht unter der Aufsicht des Bundes.

interkantonale w

er

Art. 7 Durchfliesst ein ober- oder unterirdisches Gewässer das Gebiet mehrerer Kantone oder liegt es auf deren Grenze, so haben die Kantone diejenigen Massnahmen zu treffen, die im Sinne der Artikel 2, 3 und 4 gegenüber andern Kantonen notwendig sind. Der Bund fördert den Abschluss interkantonaler Vereinbarungen über gemeinsame Massnahmen und über die Koordination von Massnahmen.

2 Bei Streitigkeiten zwischen Kantonen über die Pflicht, Massnahmen gemäss Absatz l zu ergreifen, oder über die Auslegung und Anwendung von Vereinbarungen nach Absatz l entscheidet das Bundesgericht gemäss Artikel 113, Ziffer 2, der Bundesverfassung.

l

Art. 8 1

internationale Der Bund wird in Verbindung mit den beteiligten Kantonen zum Gewässer Schütze gegen Verunreinigung ober- oder unterirdischer Gewässer, die auf der Landesgrenze liegen oder das Gebiet verschiedener Staaten durchfliessen, durch Unterhandlungen und Vereinbarungen die Mitwirkung der Nachbarstaaten anstreben.

2 Für Eegelungen von beschränkter Tragweite bleibt das Eecht der Kantone zum Abschluss von Verträgen mit dem Auslande gemäss Artikel 9 und 10 der Bundesverfassung vorbehalten.

Art. 9 Bundesbeiträge

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Ausnahmsweise kann der Bund an die Erstellung von Anlagen, die dem Schütze der Gewässer gegen Verunreinigung dienen, Beiträge leisten, wenn besondere Verhältnisse es erfordern und Kanton und Gemeinden sich im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung beteiligen.

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Diese Beiträge sollen insbesondere die Erstellung von Anlagen fördern, deren Kosten von verschiedenen Kantonen oder von Gemeinden verschiedener Kantone zu tragen sind.

Art. 10 Der Bund fördert durch eigene Arbeiten und durch Unterstützung Forschung und der Tätigkeit Dritter die Forschung und Versuche zum Schütze der Gewässer gegen Verunreinigung sowie die systematische Untersuchung von Seen und Flussgebieten. , Art. 11 Die Vollzugsorgane der Kantone und die von ihnen zugezogenen Sachverständigen sind befugt, die zur Feststellung der Verunreinigung notwendigen Abwasserproben zu entnehmen und Mengenmessungen durchzuführen. Soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgabe nötig ist, ist ihnen, nachdem sie mit dem Betriebsinhaber Fühlung genommen haben, der Zutritt zu den in Artikel 3, Absatz l, genannten Anlagen und örtlichkeiten, aus denen Stoffe irgendwelcher Art in ein Gewässer gelangen, zu gestatten. Die Betriebsinhaber haben diejenigen Aufschlüsse zu erteilen, die erforderlich sind, um die Massnahmen und Bedingungen nach Artikel 2, Artikels, Absätze 2 und 3, und Artikel 4, Absätze 3, 4 und 5, festzulegen.

2 Sämtliche Organe und Sachverständige sind gegenüber Dritten zur Verschwiegenheit über ihre beim Vollzug des Gesetzes gemachten Wahrnehmungen verpflichtet. Die Geheimhaltungspflicht im Sinne des Artikels 320 des schweizerischen Strafgesetzbuches ist zeitlich unbeschränkt.

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Art. 12 Die Kantone können die zwangsweise Durchführung der von ihnen verlangten Massnahmen verfügen oder nötigenfalls auf Kosten der Pflichtigen selber besorgen.

Art. 13 Wenn Gründe des öffentlichen Wohles bestehen, kann die Kantonsregierung Gemeinden und privaten Unternehmungen das Enteignungsrecht gewähren, um für die Erstellung von Anlagen, die im Interesse "des Gewässerschutzes geboten sind, die erforderlichen dinglichen Eechte zu erwerben.

2 Die Kantone können in ihren Ausführungsbestimmungen für das Enteignungsrecht und das Enteignungsverfahren unter Vorbehalt der folgenden Ausnahmen das Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung als anwendbar erklären: 1

Kontrollmassuahmen

Zwangsmaßnahmen

Enteignung

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a. Der Entscheid über streitige Einsprachen und die Plangenehmigung (Art. 55 und 56) stehen der Kantonsregierung zu, ausser wenn an der Erstellung der Anlage mehrere Kantone oder Gemeinden oder Unternehmungen mehrerer Kantone beteiligt sind, oder wenn Gebiet mehrerer Kantone in Anspruch genommen werden soll.

b. Sofern die von der Enteignung Betroffenen genau bestimmt werden können, darf mit Bewilligung des Präsidenten der Schätzungskommission das abgekürzte Verfahren nach Artikel 83 auch dann durchgeführt werden, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 88, lit. a-d, nicht erfüllt sind.

3 Für Gemeinschaftswerke, die sich auf das Gebiet mehrerer Kantone erstrecken, kommt grundsätzlich, unter Vorbehalt von Absatz 2, lit. a und b, das eidgenössische Enteignungsrecht zur Anwendung.

Kechtsmittel

Strafbestlmmungeu

Aufhebung Vorschriften

schiusabestimmungen

Art. 14 Gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz, die in Anwendung dieses Gesetzes ergehen, kann innert 30 Tagen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht eingereicht werden. Dieses kann auch die Angemessenheit der angefochtenen Entscheide überprüfen.

Art. 15 Vorsätzliche Widerhandlungen gegen dieses Gesetz und die gestützt darauf erlassenen Ausführungsbestimmungen und Einzelverfügungen werden mit Busse bis zu 20 000 Franken, fahrlässige Widerhandlungen mit Busse bis zu 5 000 Franken bestraft.

2 Die Strafverfolgung verjährt in fünf Jahren.

3 Die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches finden insoweit Anwendung, als dieses Gesetz nicht selbst Bestimmungen aufstellt.

4 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

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Art. 16 Die mit diesem Gesetz im Widerspruch stehenden Bestimmungen, insbesondere Artikel 21 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1888 über die Fischerei und die bundesrätliche SpezialVerordnung vom 17. April 1925 über die Verunreinigung von Gewässern, werden -mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgehoben.

Art. 17 Der Bundesrat erlässt die für die Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Ausführungsvorschriften.

2 Die Vollziehungsbestinnnungen der Kantone bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat.

3 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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Also beschlossen vom Nationalrat, B er n, den 16. März 1955.

Der Präsident : Häberlin Der Protokollführer: Ch. Oser Also beschlossen vom Ständerat, B er n, den 16. März 1955.

Der Präsident : A. Locher Der Protokollführer: P. Weber

Der Schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Artikel 89, Absatz 2, der Bundesverfassung und Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 16. März 1955.

Im Auftrag des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1500

Datum der Veröffentlichung: 81. März 1955 Ablauf der Beferendumsfrist : 29. Juni 1955

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Vom 16. März 1955)

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1955

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31.03.1955

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