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Samstag, den 6. Januar 1855.

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Bericht der

ständeräthlichen Kommission, betreffend die Tarifirung der Goldmünzen.

(Vom 6. Dezember 1854.)

Tit.

Kaum ist das eidgenösfische Münzwesen durch An# nähme einer fichern Basis aus einen geregelten Fuß ge# bracht, so sammeln sich neue Wolken, welche die erst ins Leben getretene Ordnung, die bereits heimisch zu werden anfing, wieder umzustürzen drohen ; die in den lezten Iahren in Kalifornien und Australien entdekten Goldlager verbreiten über die ganze Erde einen Reich* thnm an Gold, der ans gabelhafte grenzt, und der be* rufen zu sein scheint, alle bisherigen Geldverhältnisse umzugestalten. Der vor uns liegende Bericht des Bun* Bundesblati. Jahrg. VII. Bd. I.

1

desrathes, betreffend die ..tarifirung des Goldes*), ist begleitet von Gutachten von den hervorragendsten Handelsinstituten der Schweiz; und daß es eine fchwierige,Materie ist, die wir heute zu behandeln haben, geht fattsam daraus hervor, daß in diesen Gutachten die entgegengeseztesten Anfichten vertreten find. Die Zeit, die Sie Ihrer Kommisfion zur nähern Untersuchung der Frage gelassen haben, wurde von den einzelnen Mitgliedern benuzt, um so viel als möglich die Anfichten der Männer vom Fache zu erforfchen. Die Resultate dieser Forschungen sollen nun in gegenwärtigem Berichte so kurz voit möglich zusammengestellt werden, und wir w ü n s c h e n mehr, als daß wir es h o f f e n dürfen, daß derfelbe etwas zur Aufklärung der Sache beitragen möge.

Wir wollen nach einander folgende drei Fragen be' rühren : die Verminderung des Geldwerthes im Attge-.meinen, der relative Werth des Goldes und des Sil# bers, und endlich die Zwekmäßigkeit der Sarifirung des

Goldes für die Schweiz.

...Rerandernng des Wetthes det edeln .Metatte im Allgemeinen.

Nach den Angaben von Michel Chevalier war die jährliche Produktion im Anfang diefes Iahrhunderts an' Silber Kil. eirca 900 tausend , Werth c. 200 Mill.

,, Gold

,,

,,

24

,,

,,

,,

82

,,

Zusammen in Francs : c. 282 Mill.

Bis zum Jahr 1848 hatte die Produktion des Silfcers nur wenig zugenommen, diejenige des Goldes aber [ehr beträchtlich, namentlich durch die Goldminen in Rußland. Michel Chevalier gibt an:

·} S. Bundesblatt v. 3. 1854, Band III, Seite 3ti.

Silber Kil. 965 tausend, Gold ,, 72 ,,

grancs 217 Millionen ,, 247

Zusammen grancs : 454 Millionen.

Diese Zunahme der Goldproduktion scheint noch keinen wesentlichen Einfluß auf den Werth der edeln Me.« ialle ausgeübt zu haben; -einerseits mag die MehrProduktion des Goldes in Rußland zum großen Theil zum eignen Bedarf jenes Landes verwendet worden sein, und dann " mußte der Auffchwung der Industrie im Allgemeinen nothwendig eine größere Nachfrage nach edeln Metallen zur golge haben.

Durch die Entdekung der Goldlager in Kalifornien und Australien ist nun die Produktion des Goldes noch in einem viel höheren Grade gesteigert worden. Nach durchschnittlichen -Angaben scheint die Produktion des Goldes in beiden Ländern zusammen für das Iahr 1853

die Summe von L. St. 30 Millionen oder eirea Fr. 750 Millionen erreicht zu haben; es würde sich also für die Produktion dieses Iahres in runden Summen ergeben: · Gold im Werthe von circa 1O00 Millionen granes.

Silber,,

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220

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In Kalifornien scheint die Produktion bereits ihren Kulminationspunkt erreicht zu haben, in Australien hin* gegen noch immer im Zunehmen begriffen zu sein. Dem sei nun aber wie ihm wolle, so darf wohl üorausgefezt »erden, daß für eine ziemlich lange Reihe von Iahren auf eine eher noch größere Produktion gerechnet werden darf; denn follten sich die neuentdekten Minen auch nach und nach erschöpfen, so ist mehr als wahrscheinlich, daß noch andere unbekannte fie ersezen werden.

Was für einen Einfluß wird nun diese so sehr ver«tfhrte Produktion auf den Werth des Goldes haben ?

4

Es scheint im ersten Augenbliï, diese gruge sollte nicht schwer zu beantworten sein, und eine stätige und bedeutende -Abnahme dieses Werthes könne kaum einem Sweiseï unterliegen; allein eine andere gleichzeitige Erscheinung ist vielleicht berufen, dieser Verminderung des Werthes der edeln Metalle m e h r oder m i n d e r entgegen*

zuwirken, wo nicht fie gänzlich aufzuheben. Es istdieß der ungeheure Aufschwung der Industrie in den lezten Jahren, sowohl in der alten als der neuen Welt, nament* lich die Ausdehnung, die der Bau der Eisenbahnen genommen hat. Ueberall treten Unternehmungen ins Leben, welche die kolossalsten Geldmittel erfordern, und das Bedürfniß nach edeln Metallen ist dadurch so gesteigert Worden, daß troz der ungeheuren Produktion der lezten Jahre in den bedeutendsten HandelsCaaten noch immer ein fühlbarer Mangel herrscht, so daß wohl angenommen werden darf, daß ohne die Entdekung der Goldminen die ganze Handelswelt einer noch nie erreichten Krifis ïaum hätte entgehen können.

Die großen Handelskrisen, die seit dem Jahre 1818 in nicht sehr langen Zeiträumen auf einander folgten, scheinen darauf hinzudeuten, daß der Metallvorrath an Gold und Silber unzulänglich war, und daß die Eir» kulationsmittel, die allein aus dem Credile beruhen, in zu großem Verhältnisse angesprochen wurden.

Das Mißverhältniß wäre noch ein weit größeres in gegenwärtiger Zeit, wenn die Goldlager Kaliforniens und Australiens nicht dem sprudelnden Unternehmungs* geifle zu Hülfe kommen würden. Als Cirkulationsmittel bei großen Handelsgeschäften bietet das Gold dem Silber gegenüber große Vortheile dar; es ist aber möglich, daß das Erfiere nicht nur nach und nach das Silber großen* theils ersezen wird, sondern daß es auch an die Stelle

anderer Cirkulationsmittel, die aus bloßem Crédite be* ruhen, treten kann. Das Gold ist so leicht beweglich, und die Transportmittel vervollkommnen sich auf solche Ulrt, daß sehr leicht in gar vielen Fällen Goldsendungen statt Wechseln mit gleichem Vortheil benuzt werden könn.» ten. Auf der andern Seite läßt fich auch das Gold in einem kleinen Raum sehr leicht und ficher aufbewahren; es kann also leicht geschehen, daß man fich daran ge* wo'hnt, auch in ruhigen Momenten größere Vorräth...

Don Gold für die Zeiten der Geldnoth aufzuspeichern, als es bisher der Fall war. Allerdings würde der Handel dadurch einen bedeutenden Verlust an Zinsen erleiden; wenn es aber möglich würde, dadurch die immer wiederkehrenden Handelskrisen auch nur theilweise zu vermeiden, so würde der Gewinn für die handelnde Welt ohne Verhältniß größer sein.

In welchem Verhältniß nun die vermehrte Consu* înation der vermehrten Produktion der edeln Metalle das Gleichgewicht halten wird: wer würde wagen, dieß p entscheiden? Derjenige allein etwa, der vor 20Iahren den Aufschwung der industriellen Unternehmungen der gegenwärtigen Zeit vorausgesehen hätte. Eine allmählige Abnahme des Werthes der edeln Metalle ist indessen nicht unwahrscheinlich; aber gegen eine solche vermag keine Ge# sezgebung etwas auszurichten ; es bleibt da Nichts übrig, als fich einfach zu unterwerfen. Der Gefezgeber hat blos darauf zu achten, daß der Gehalt der Münzen nicht verfchlechtert wird, und daß dieß in frühern Zeiten nicht jjefchah, hat in den meisten .Ländern einen viel größern Einfluß auf den Geldwerth ausgeübt, als die Verminderung des Metallwerthes. Ein franzöfifcher Livre war ursprünglich 12 Unzen Silber ; er ist nach und nach auf Vso dieses Gewichts gesunken, während der Metallwertl) mir ungefähr auf y6 gefallen ist.

...Relativer 98erth des -lBoldes gegenüber dem @ilber.

Nach den obigen Angaben war mit Anfang des Iahr-s hunderts die Goldproduktion dem Werthe nach nur 2/5 derjenigen des Silbers ; im Iahre 1853 hingegen finden wir fie schon beinahe auf das Fünffache der Silber.» -Produktion angestiegen. Niemand wird fich daher wundern, wenn der relative Werth des Goldes dem Silber gegenüber nicht unbedeutend sinken sollte ; und wirklich ist dieser Einfluß schon jezt fühlbar und wird fowohl an den ausgeprägten Münzen, als an dem Golde in Barren bemerkt. Wie weit diefer Abfchlag noch gehen wird, darüber find die Meinungen der Sachverständigen sehr getheilt, und was uns anbelangt, so halten wir eine voraussichtliche Entscheidung beinahe für unmöglich, weil durch die außer allem Verhältnisse vermehrte Pro* duktion des Goldes einerseits, und den riesenhaften Auffchwung der Industrie andrerseits die Geldverhältnisse fich fo anders gestalten werden, daß die alten Erfahrungen kaum mehr als Maßstab dienen können. Nach unferm Dafürhalten wird es bei der Festseznng des relativen Werthes der beiden Metalle hauptfächlich darauf ankommen, wie viele Staaten die reine Silberwährung werden beibehalten können. In England besteht von jeher die Goldwährung; in den vereinigten Staaten ifi diese erst in den lezten Iahren eingeführt worden; in Frankreich eristirt die Silberwährung nur noch dem Namen nach ; Holland und Belgien haben erft in der lezten Zeit die Goldwährung ausgeschlossen. Wird der Damm, den diese beiden Handelsstaaten dem alles über* flutenden Golde entgegensezen, dem Andrang widerstehen können ? Wird diefe Goldstut fich nicht auch nach Deutsch* land Bahn brechen, und wird nicht namentlich Oefireich,

wenn es seine Valuta wieder zu Ehren ziehen will, zum Golde feine Zuflucht nehmen müssen ? Diejenigen, die für Einführung der Goldwährung fich aussprechen, zweifeln keineswegs, daß nicht nach und nach alle diese Staaten dem Andrang des Goldes weichen müssen.

Sollten fie Recht behalten, so scheint uns feine Ursache vorhanden, daß Silber zum Nennwerthe gegen Gold mit Agio bezahlt würde ; die Hauptconsnmation des Silbers zur Prägung der Münzen würde wegfallen und die gegenwärtige Silberproduktion mehr als hinreichen, um dem übrigen Bedarf zu genügen. Anders würde fich hingegen die Sache gestalten, wenn ein großer Theil von Europa die reine Silberwährung beibehalten konnte.

Sollten in einem solchen Falle fortwährend noch bedeu* tende Silbersendungen nach China und Ostindien erforderlich fein, so könnte allerdings das Silber dem Golde gegenüber ein mehr oder weniger starkes Agio gelten, je nachdem mehr oder weniger Länder das Golfa als gefezliches Zahlungsmittel ausschließen würden.

..tarifftung des (Soldes in der Schweiz.

Zur Beurtheilung der Frage, ob auch in der Schwei,| dem Golde ein gefezlicher Werth gegeben werden foll, ist es nothwendig, vorerst die hauptfächlichen Vortheile und Nachtheile einer solchen Maßregel näher ins Auge zu fassen, um so mehr, da es uns scheint, daß in mehreren der eingelangten Gutachten einige durchaus irrige Prinzipien wollten geltend gemacht werden.

Als der erste und gröste Nachtheil erscheint uns,

daß durch die gefezliche Werthung des Goldes die Basis unsers so eben neu durchgeführten Münzfystems gänz* lich untergraben würde. Durch Annahme des franzöfischen grane von 5 Gramm Silber (worunter 9/io fein-

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und «/io Legirung) zur Münzeinheit, hatte unfer Münzsystem die erste fichere Grundlage erhalten; denn diefe ist so in -engem Zusammenhange mit dem ganzen metrischeu Maß- und Gewichtsfystem, so wie in golge mit dem schweizerischen Gewichtssyfiem, da hundert Franken genau ein Schweizerpfund wägen, daß sich sur die Unveränderlichkeit des Münzgehaltes eine Sicherheit ergab, die jedes frühere Münzsystem entbehrte. Wir haben schon oben berührt, in welchem Verhältniß in früheren Zeiten der Gehalt der Münze nach und nach verringert wurde; aber auch die neueste Zeit hat gezeigt, daß bei Abgang einer solchen festen Bafis der Gehalt der Münzen keineswegs gefichert ist. Die Annahme des 24v2 Guldenfnßes in Deutschland hat den Gehalt der Gulden um 2% schlechter gemacht, und war die Ursache der Guldenüberschwemmung in der Schweiz. Aber auch in der Schweiz stieg der günffranlenthaler, der ursprünglich nur 33/s Schweizerfranken werth war, nach und nach auf 35./2 Bazen und fogar darüber. Daß bei EinfühTung des Goldes ähnliche Gefahren drohen, ist unverîennbar, und schon jezt erheben fich einzelne Stimmen, die eine Herabsezung des Silbergehaltes in unseren Schweizermünzen als eine gebotene nothwendige golge

der Goldwährung in Ausficht stellen.

Als ein zweiter Nachtheil wird angeführt, baß durch die Einführung der Goldwährung bei einer späteren Entwerîhung des Goldes das fchweizerische Nationalvermögen bedeutend abnehmen würde. Diefe Anschauung beruht offenï)ar auf einem Irrthume, denn das Nationalvermögen .besteht nur zum kleinsten Theile aus baarem Geld ; es beruht vielmehr auf dem Grundeigenthum und der ·Produktion eines Landes. Sollte durch Eniwerthung .ses Goldes das Geld im Werthe abnehmen, so würden

das Grundeigenthum, die Produkte und die Arbeitslöhne in demselben Verhältnisse scheinbar im Werthe steigen; denn nach den Durchschnittspreisen der Produkte und Arbeitslohne wird gerade der Geldwerth gemessen. Allerdings wird bei einer solchen Entwerthung alles Ver* mögen, das auf Pfandbriefe ausgelegt ist, ebenfalls ab-» nehmen; aber was der Gläubiger einbüßt, das gewinnt der Schuldner. Diefe Entwerthung aller Hypothekar« anlagen ist ohne Zweifel als ein großer Nachtheil anzusehen, weil nicht nur der Créditer einbüßt, sondern selbfl die Schuldner durch Entziehung des Credits darunter leiden würden ; aber das Nationalvermögen kömmt dabei in keine Berührung. Man könnte eben sowohl behaupten, daß bei einem bedeutenden Steigen- des Geldwerthes das Nationalvermögen sich vermehren würde, und doch

wäre dieser gall ein größeres Unglük für das Land im

Allgemeinen, weil dann die Schuldenlast umgekehrt, wie vorhin, zu Gunsten des Capitalvermögens sich steigern würde.

Als dritter Nachtheil wird hervorgehoben, daß namentlich die ostliche Schweiz durch ihre Verbindungen mit Deutschland schwere Verluste erleiden würde durch den Agio, den sie bei Entrnerthung des Goldes auf ihren Silberfendungen nach dorten bezahlen müßte.

Auch dieß fcheint uns nicht gegründet. Allerdings muß Agio bezahlt werden, wenn das Gold relativ gegen das Silber im Werthe sinken würde; die Valuta, die man aber gegen das Silber austaufcht, hat dann einen im Verhältniß geringern Werth und ist zu diesem $eringern Werthe vom Inhaber angenommen worden ; die Produkte, die aus Deutschland bezogen und in der Schweiz gegen Gold verkauft würden, werden zu einem verhält* ..nißmäßig höhern Nominalwerthe verkauft, als es ge-

io gen Silberl'gefchehen würde, und dieser Unterschied wird das Agio deken. Wir verkennen nicht, daß das größere Publikum schwerlich zu dieser Einficht gelangen wird ; es wird wenigstens glauben, im Nachtheil zu sein, und auch ein solches Vorurtheil, das selten zu überwinden ist, muß als ein wirkliches Uebel anerkannt werden.

Wenn wir nun zur Prüfung der Vortheile einer ge* sezlichen Goldwerthung übergehen, so ist eine sofortige Erleichterung der Goldeiteulation, namentlich bei größern Finanzoperationen in die Augen fallend. Die meisten übrigen Vortheile find aber eher negativer Art; es follen nach der Anficht der Vertheidiger einer solchen Maßregel eher 'große Uebel verhindert, als wesentliche Vortheile erzwekt werden. Nach dieser Anficht würden sich ohne die gesezliche Werthnng der französischen Goldmünzen zu ihrem Nennwerthe die vorhandenen Circulations.-' mittel in der Schweiz sehr bald als unzulänglich herausstellen, und bei den großen Bedürfnissen, namentlich der Eisenbahnunternehmungen, wäre dann eine furchtbare ginanjkrifis unvermeidlich. Es ist nicht Deutschland mit seinem Silber, das uns dann beispringen würde; die einzigen Duellen, die uns offen flehen, find F r a n k r e i c h und E n g l a n d , und aus beiden Ländern haben wir wenig anderes als Gold zu erwarten. -- Die Frage der Gold- ' tarifirung stellt fich, immer nach derfelben Anficht, nicht so: was das Wünfchbarere oder Zwekmäßigcre wäre, sondern was man eben notgedrungen thun müßte. Sie haben die Ueberzengnng, daß früher oder später, und zwar in nicht sehr langer Zeit, diese Tarifirung gegen jeden Widerstand fich Bahn brechen und die besten Argumente dagegen über den Haufen werfen werde, und dann sei das Uebel um so kleiner, je geschwinder man eine solche Maßregel ergreife; namentlich sollte dieß ge*

11 schehen, bevor sich noch ein wesentlicher Verlust auf dem Nennwerthe des Goldes gebildet habe. In jedem Iahre zu gewissen Zeiten nimmt dieser Andrang des Goldes zu; im verflossenen Monat, um Martini herum, war er schon so bedeutend, daß die Banquiers in Basel keine Verpflichtungen in Silber mehr annahmen; die Wechsel wurden in francs effectifs de France ausgestellt, und so ist das Thor geöffnet, durch welches eine neue franzijfifche Valuta eindringen und die fchweizerische zu verdrängen droht, ein Mißbrauch, dem, wie die Erfahrung lehrt, durch keine gefezlichen Maßregeln zu steuern ist.

Die Gefahr der Unzulänglichkeit der Cirkulations*

miitel wird auch in mehreren Gutachten von der entgegenfezten Meinung nicht verkannt ; und um dieser Gefahr zu begegnen, wird angerathen, das franzöfifche Gold unter dem Nennwerthe zu tarifiren und je nach dem jedesmaligen Handelswerth des Goldes den Tarif zu verändern.. Ein solches Auskunstsmittel wäre, in den Augen Ihrer Kommission, wohl das Unglüklichste von allen, und die Verwirrung in dem Münzwesen würde dadurch den höchsten Grad erreichen. Bei dem bestän* digen Wechsel des Goldkurses würde wohl selten der Tarif mit dem Kurse im Handel übereinstimmen. Ist der

Tarif zu niedrig, so wird man sich des Goldes als

Zahlungsmittel nicht bedienen und im Augenblik, wo der Kurs unter den Tarif herabzugeheu drohte, müßte Iedermann trachten, sich feines Goldes zu entledigen, und es würde die Monstruofität eintreten, daß man gezwungen wäre, Gold zum alten Tarife anzunehmen, obschon mit völliger Gewißheit eine baldige Herabfezung voraus zu fehen wäre. Etwas Aehnliches ist in Bafel bei Anlaß der Einführung des neuen Münzfystems vorgefallen.

Die Schweizerlouisd'or waren in Bafel zu ihrem Nenn*

12 ·werthe von 16 Schweizerfranken Wechselgeld gewerthet, die Einlösung geschah in einer Kurrentwährung, die einige Prozente niedriger war. Nun wurden alle Sparhäfen .gelert, um wo möglich noch vor Abfluß des terminus fatalis vom alten Kurse zu profitiren, und die lange ruhenden Goldstüke giengen mit unglaublicher Schnei.ligkeit von einer Hand in die andere. Zum Glük war die Menge nicht sehr groß und defwegen die Verwirrung nicht zu vergleichen mit derjenigen, die in gleichem Falle die sranzöfischen Goldmünzen anrichten würden. -- Nach unserm Dafürhalten und aus den so eben angeführten Gründen verträgt fich ein Zwangskurs aus keine Weife, ohne große Ungerechtigkeiten zu erzeugen, mit einem veränderlichen Tarif; eine gesezliche Werthung muß ihrer Natur nach unveränderlich sein; und einen verändert-lichen Kurs kann das Gold nur dann haben, wenn es als Waare betrachtet wird und Iedem das Nehmen eben so frei steht, als das Geben. Es bleiben also nach unserer Anficht nur zwei Wege offen: entweder dem Antrage des Bundesrathes beizustimmen und die reine Silberwährung festzuhalten, oder aber die sranzöfifchen Goldjnünzen nach ihrem Nennwerthe zu tarifiren.

Prinzipiell erkennen wir die gesthaltung der reinen

Silberwährung, gefiüzt auf die Basis des neuen eidgenössischen Münzfystemes als das allein Richtige an; und wenn wir auch keineswegs verkennen, daß unter ge# wissen Umständen die Schweiz gezwungen werden könnte, auf die Tarifirung des Goldes überzugehen, so find wir theils der Anficht, daß im gegenwätigen Zeitpunkt die Dringlichkeit eines solchen Beschlusses noch nicht vorhanden sei, theils aber sehen wir einen solchen als ein nothWendiges Uebel an, gegen welches man so lange ankämpfen soll, als noch ein Schimmer von Hoffnung bleibt, ihm

13 ausweichen zu können. Die gegenwärtige Lage scheint allerdings einer bleibenden gesthaltung der Silberwährnng ungünstig zu sein; aber die Verhältnisse können sich gegen Erwarten anders gestalten, und so lange noch Staaten wie Belgien, Holland und Deutschland unserem bisherigen Systeme getreu bleiben, ist die Hoffnung, dasselbe erhalten zu können, nicht aufzugeben. Wir tragen daher einstimmig darauf an, dem ersten Theil des Schlußantrages des Bundesrathes beizustimmen.

Mit dem zweiten Theile diefes Schlußantrages, der

Maßregeln hervorrufen möchte, um wo möglich das Eindringen franzöfifcher Goldmünzen abzuwehren, können wir uns nicht einverstanden erklären. Solche Maßnahmen könnten nur in zwei Sachen bestehen: in Strafen für Ausgeber oder Abnehmer dieser Münzen, oder in einer gesezlichen Untertarifirnng derselben. Die Gründe, warum wir gezteres für verwerflich halten, haben wir schon angeführt, und was die Strafen anbelangt, so zeigt die Erfahrung, daß sie nie zu keinem Resultate

führen, weil die Nothwendigkeit immer das Gesez be# herrscht; wir halten ebenso dafür, daß, wenn das Gold auch keine gesezliche Werthung erhält, es doch als Waare fiberall frei und ungehindert cirkuliren soll, und daß es als solche berufen {st, uns theilweise aus Finanzkrisen zu retten, wenn das vorräthige Silber sich als unzulänglich erweist. Aus diesen Ursachen empfehlen wir der Verfammlung unfern zweiten Antrag.

Endlich stellen wir noch einen dritten Antrag, der den Bundesrath ermächtigen soll, wie jeder andere Par* tikular das Gold zu einem von ihm festgesezten Kurse anzunehmen oder nicht. Schon die vielen Fremden, die sich in der Schweiz aufhalten, machen es unumgänglich nothwendig, daß Gold in den eidgenossischen Kassen

14 angenommen werde; und dieß ist so wahr, daß wenigsiens die Post schon seit längerer Zeit gezwungen ist, gegen den Wortlaut des Gesezes Gold anzunehmen. -- Unser Hauptzwek bei der Stellung unsers Antrages geht aber dahin, bei der vorauszusehenden größern Verbreitung des Goldes und bei den Flueiuationen seines Werthes, dem größern Publikum das in Geschäften uner.-.

fahren ist, einen sichern Anhaltspunkt zu geben, wie das Gold angenommen werden kann, ohne daß es Gefahr läuft, aus Unwissenheit sich größerm Verluste auszusezen. Es ist hauptsächlich zu diesem Zweke, daß wir wünschen,-es möchte der Kurs, zu welchem das Gold in den Bundeskassen angenommen werden will, bei jeder Veränderung durch das Bundesblatt bekannt gemacht werden.

Wir schließen, indem wir Ihnen die drei Anträge, die Ihnen lithographirt zugestellt wurden *), zur nähern Beraihung vorlegen.

B e r n , den 6. Deeember 1854.

Die Mitglieder der C o m m i s s i o n , betreffend die Tarifirung des Goldes : SBìertan, ...Berichterstatter.

Amrnann.

Snoth.

HumBert.

SOÎadcus.

*) Die obgcdachten Kommissionalanträge sind folgende: 1) Es ist in Festhattuna des jezigen Münzfvstems, welches das Gold als gesejliches Zahlungsmittel nicht zuläßt, in die Frage über die Tarisirung des Goldes nicht einzutreten.

2) Das Gold ist als Waare anzusehen, und als solche steht es Jedermann frei, dasselbe anzunehmen oder nicht; es sollen deßiBeflen alle Strafen gegen die Abnehmer de« Geldes, fowle jede obliga« toxische Untertaiisirung der fremden Goldmünzen aus der eidgenojsl» fchen Gefezgebung ausgefchloffen sein.

3) Der Bundesrath wird ermächtigt, gntsindenden Falls die fxanjosi« fchen Goldmünzen in den eidgenossischen Kassen entroeder zum Nennwetitje oder zu einem Kurse anzunehmen, der von ihm iernellen bestimmt und durch das Bundesblatt bekannt gemacht werden soll.

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Bericht der ständeräthlichen Kommission, betreffend die Tarifirung der Goldmünzen.

(Vom 6. Dezember 1854.)

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1855

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06.01.1855

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