16.078 Botschaft zur Genehmigung der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne, ALBAG) vom 23. November 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung: ­

den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte

­

den Entwurf für ein Bundesgesetz über den internationalen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. November 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-2184

33

Übersicht Die Bekämpfung der Steueroptimierung multinationaler Unternehmen ist zu einem zentralen Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden.

2013 lancierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammen mit den G-20-Staaten das Projekt Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung (Base Erosion and Profit Shifting; BEPS).

Der BEPS-Aktionsplan, der 15 Massnahmen enthält und sich gegen die Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage und die Gewinnverschiebung in Länder mit einer tiefen oder vollständig fehlenden Besteuerung richtet, wurde 2013 verabschiedet, und die daraus resultierenden technischen Arbeiten wurden 2015 mit der Veröffentlichung mehrerer Berichte abgeschlossen. Der automatische Austausch länderbezogener Berichte ist eines der Ergebnisse des BEPS-Projekts.

Ausgangslage Die Verbesserung der Transparenz bei der Besteuerung multinationaler Unternehmen war eines der Hauptziele des BEPS-Projekts, und mehrere Massnahmen des Aktionsplans sind diesem Ziel gewidmet. Massnahme 13 betrifft die Überprüfung der Verrechnungspreisdokumentation. Im Rahmen dieser Massnahme wurde erkannt, dass die Verbesserung der Transparenz für die Steuerverwaltungen durch die Bereitstellung von Informationen zur Bewertung der Hauptrisiken im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen sowie der Gewinnverkürzung und -verlagerung wesentlich ist. Aus diesem Grund sieht der am 5. Oktober 2015 veröffentlichte OECD-Bericht zur Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogenen Berichterstattung (Bericht zu Massnahme 13) die Umsetzung des Austauschs länderbezogener Berichte vor. Es handelt sich um einen Mindeststandard, zu dessen Umsetzung sich alle OECD- und G-20-Staaten verpflichtet haben. Die Schweiz hat aktiv am BEPS-Projekt und an der Erarbeitung dieses neuen Instruments mitgewirkt.

Der länderbezogene Bericht enthält Informationen über die weltweite Verteilung der Umsätze und der entrichteten Steuern, weitere Kennzahlen der multinationalen Konzerne in den einzelnen Staaten und Hoheitsgebieten sowie Angaben über die wichtigsten wirtschaftlichen Tätigkeiten sämtlicher konstitutiver Rechtsträger des multinationalen Konzerns. Dieser Bericht wird grundsätzlich von der Konzernobergesellschaft des multinationalen Konzerns erstellt und auf automatischer Basis den nationalen
Steuerbehörden der Staaten und Hoheitsgebiete übermittelt, in denen der multinationale Konzern über einen konstitutiven Rechtsträger verfügt. Der länderbezogene Bericht soll die Bewertung der hauptsächlichen Risiken im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen sowie weiterer Risiken im Zusammenhang mit der Gewinnverkürzung und -verlagerung ermöglichen. Gemäss dem OECD-Standard sind die Angaben im länderbezogenen Bericht ausschliesslich für die Steuerbehörden bestimmt und werden nicht veröffentlicht.

34

Inhalt der Vorlage Der Austausch länderbezogener Berichte basiert auf der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte (Multilateral Competent Authority Agreement on the Exchange of Country-byCountry Reports, ALBA-Vereinbarung). Diese beruht ihrerseits auf Artikel 6 des Übereinkommens des Europarats und der OECD vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der durch das Änderungsprotokoll von 2010 revidierten Fassung (Amtshilfeübereinkommen). Das Amtshilfeübereinkommen wurde von der Bundesversammlung am 18. Dezember 2015 verabschiedet und tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Damit die Schweiz den Austausch länderbezogener Berichte umsetzen kann, sind ausserdem erforderlich: ­

die Ratifizierung der ALBA-Vereinbarung. Diese wurde von der Schweiz am 27. Januar 2016 unterzeichnet. Sie setzt den Austausch länderbezogener Berichte um.

­

der Erlass des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne (ALBAG). Die ALBA-Vereinbarung und das Amtshilfeübereinkommen enthalten die materiellen Grundlagen für den automatischen Austausch länderbezogener Berichte zwischen der Schweiz und ihren Partnerstaaten. Sie enthalten aber keine Bestimmungen über die Erstellung des Berichts und die Durchführung des Austauschs. Diese Punkte müssen in einem Bundesgesetz geregelt werden, weshalb der Erlass des ALBAG notwendig ist. Das ALBAG lehnt sich an das Mustergesetz der OECD sowie das Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) an.

Die Ratifizierung der ALBA-Vereinbarung und der Erlass des ALBAG sind Gegenstand dieser Vorlage. Die Frage, mit welchen Ländern die Schweiz die länderbezogenen Berichte austauschen soll, wird durch die ALBA-Vereinbarung nicht präjudiziert. Diese Länder soll der Bundesrat später einzeln bestimmen.

35

BBl 2017

Inhaltsverzeichnis Übersicht

34

1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung der OECD 1.3 Grundzüge des internationalen Standards der länderbezogenen Berichterstattung 1.3.1 Erfasste Steuerpflichtige 1.3.2 Inhalt 1.3.3 Zeitplan für die Umsetzung 1.3.4 Informationsbeschaffung durch die Steuerbehörden 1.3.5 Kontrolle und Nachverfolgung der Umsetzung 1.4 Position der Schweiz 1.5 Umsetzung des Standards durch die Schweiz 1.5.1 Erforderliche Rechtsgrundlagen 1.5.2 Bilaterale Aktivierung des Austauschs länderbezogener Berichte mit Partnerstaaten 1.5.3 Zeitplan der Umsetzung in der Schweiz 1.6 Verhältnis zu anderen Abkommen 1.6.1 Doppelbesteuerungsabkommen und Steuerinformationsabkommen 1.6.2 Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA-Vereinbarung) 1.6.3 Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU 1.7 Umsetzung durch die anderen Länder 1.7.1 Allgemeines 1.7.2 Europäische Union

38 38

2

Vernehmlassung 2.1 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.2 Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

52 52 54

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte

56

4

Erläuterungen zu den Bestimmungen des Umsetzungserlasses (ALBAG)

65

Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden 5.2 Auswirkungen auf die Volkwirtschaft 5.3 Auswirkungen auf die Steuern

83 83 85 85

5

36

38 40 41 41 42 42 46 47 47 47 48 49 50 50 50 50 51 51 51

BBl 2017

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

86

7

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Erlassform 7.3 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

86 86 87 87

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne (ALBAG) (Entwurf)

89

Bundesbeschluss über die Genehmigung der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte (Entwurf)

101

Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte

103

37

BBl 2017

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Das Projekt zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und -verlagerung (Projekt Base Erosion and Profit Shifting; BEPS), d. h. gegen die Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage und die Gewinnverschiebung in Länder mit einer tiefen oder vollständig fehlenden Besteuerung, wurde am 12. Februar 2013 mit der Veröffentlichung eines ersten Berichts zur Gewinnverkürzung und -verlagerung eingeleitet1.

Gestützt darauf publizierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am 19. Juli 2013 ihren Aktionsplan mit 15 Massnahmen, um die Problematik global anzugehen. Die G-20 unterstützte den Aktionsplan und das Projekt, und so wurde dieses ein gemeinsames Projekt der OECD und der G-20, an dem alle G-20-Staaten mit den OECD-Mitgliedstaaten gleichberechtigt an den technischen Arbeiten mitgewirkt haben.

Die Verbesserung der Transparenz bei der Besteuerung multinationaler Unternehmen war eines der Hauptziele des BEPS-Projekts. Eine seiner Massnahmen betrifft die Überprüfung der Verrechnungspreisdokumentation (Massnahme 13). Im Rahmen dieser Massnahme wurde erkannt, dass die Verbesserung der Transparenz für die Steuerverwaltungen durch die Bereitstellung von Informationen zur Bewertung der Hauptrisiken im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen sowie der Risiken im Zusammenhang mit Gewinnverkürzung und -verlagerung wesentlich ist.

1.2

Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung der OECD

Mit den technischen Arbeiten zur Verbesserung der Transparenz bei der Verrechnungspreisdokumentation wurde im September 2013 begonnen. Ein erster Bericht «Leitlinien zur Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogenen Berichterstattung» wurde am 16. September 2014 veröffentlicht und den Finanzministerinnen und -ministern und den Notenbankgouverneurinnen und -gouverneuren der G-20Staaten am 20./21. September 2014 sowie den Staatschefs und Staatschefinnen der G-20 am 15./16. November 2014 unterbreitet.

Gestützt auf den Bericht vom September 2014 gab die OECD im Februar 2015 2 die ersten Empfehlungen zur Umsetzung der Verrechnungspreisdokumentation und der länderbezogenen Berichterstattung heraus. Diese Empfehlungen wurden im Juni

1 2

38

OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung ­ Situationsbeschreibung und Lösungsansätze, veröffentlicht am 12. Februar 2013.

OECD, Massnahme 13 ­ Leitlinien zur Umsetzung der Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogenen Berichterstattung, veröffentlicht am 6. Februar 2015.

BBl 2017

2015 durch ein Paket zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung3 ergänzt. Schliesslich wurden diese Dokumente im OECD-Bericht zur Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogenen Berichterstattung (Bericht zu Massnahme 13)4 konsolidiert, der nach der Genehmigung durch den OECD-Rat vom 1. Oktober 2015 am 5. Oktober 2015 veröffentlicht wurde. Er wurde den Finanzministerinnen und -ministern und den Notenbankgouverneurinnen und -gouverneuren der G-20-Staaten am 8. Oktober 2015 sowie den Staatschefs und Staatschefinnen an ihrem Treffen vom 15./16. November 2015 vorgelegt. Unter den verschiedenen Ergebnissen des BEPS-Projekts stellt die Umsetzung des länderbezogenen Berichts einen Mindeststandard dar.

Am 29. Juni 2016 hat die OECD neue Empfehlungen zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung publiziert.5 Sie befassen sich insbesondere mit der Frage der Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten in Bezug auf den Zeitpunkt des Erlasses der für die Erstellung und den Austausch der länderbezogenen Berichte erforderlichen Rechtsgrundlagen. Die Leitlinien konnten für den am 13. April 2016 in die Vernehmlassung geschickten Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt werden.

Sie sind jedoch, soweit sie für die Umsetzung des Standards in der Schweiz nützliche Empfehlungen und Klärungen enthalten, in den mit dieser Botschaft vorgelegten Gesetzesentwurf eingeflossen.

Der Bericht zu Massnahme 13 ersetzt das aktuelle Kapitel V der OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 6, das bereits heute die Verrechnungspreisdokumentation behandelt. Diese neue Version des Kapitels V wird in die aktualisierte Ausgabe der OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen integriert, die 2017 erscheinen soll. Der OECD-Rat hat der Aufnahme des neuen Kapitels V in die OECD-Verrechnungspreisleitlinien am 23. Mai 2016 zugestimmt. Es wird alle im Rahmen des BEPS-Projekts und der ordentlichen Arbeiten der OECD-Arbeitsgruppe zur Besteuerung multinationaler Gesellschaften beschlossenen Änderungen enthalten.

Der Bericht zu Massnahme 13 sieht vor, dass multinationale Konzerne drei Dokumentationen vorlegen: einen länderbezogenen Bericht (Country-by-Country Report), eine Stammdokumentation (Master-File) und eine landesspezifische Dokumentation
(Local-File).

Die politische Verpflichtung, die die Staaten im Rahmen des BEPS-Projekts bei der Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogenen Berichterstattung eingegangen sind, führte zur Annahme eines Mindeststandards (Minimum Standard). Alle OECD- und G-20-Mitgliedstaaten sind somit politisch zur Umsetzung des länderbezogenen Berichts verpflichtet. Der Mindeststandard betrifft ausschliesslich die 3 4 5 6

OECD, Massnahme 13 ­ Umsetzungspaket der länderbezogenen Berichterstattung, veröffentlicht am 8. Juni 2015.

OECD, Massnahme 13 ­ Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung, veröffentlicht am 5. Oktober 2015.

OECD, Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung: BEPS-Aktionspunkt 13, veröffentlicht am 29. Juni 2016, überarbeitet am 12. Oktober 2016.

OECD, OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, 2010.

39

BBl 2017

Erstellung und den Austausch des länderbezogenen Berichts; nicht eingeschlossen sind die Erstellung der Stammdokumentation oder der landesspezifischen Dokumentation.

Der länderbezogene Bericht enthält Informationen über die weltweite Verteilung der Umsätze, die entrichteten Steuern und weitere Kennzahlen der multinationalen Konzerne in den einzelnen Staaten und Hoheitsgebieten sowie Angaben über die wichtigsten wirtschaftlichen Tätigkeiten sämtlicher konstitutiver Rechtsträger des multinationalen Konzerns.

Die Stammdokumentation ergänzt den länderbezogenen Bericht mit genaueren Informationen. Sie bietet einen Überblick über die Geschäftstätigkeit des multinationalen Konzerns, mit dem dessen Verrechnungspreispraxis in den wirtschaftlichen, rechtlichen, finanziellen und steuerlichen Gesamtkontext gestellt werden kann. Die landesspezifische Dokumentation schliesslich enthält ausschliesslich Informationen zu den spezifischen konzerninternen Geschäftsvorfällen (z. B. Transaktionen unter einzelnen Rechtsträgern des Konzerns).

Die landesspezifische Dokumentation wird nur bei der lokalen Steuerbehörde eingereicht. Sie ergänzt die Informationen der Stammdokumentation. Der länderbezogene Bericht, die Stammdokumentation und die landesspezifische Dokumentation sind ausschliesslich für die Steuerbehörden bestimmt und werden weder veröffentlicht noch der Öffentlichkeit in irgendeiner Weise zur Verfügung gestellt.

1.3

Grundzüge des internationalen Standards der länderbezogenen Berichterstattung

Der Bericht zu Massnahme 13 beschreibt den Inhalt des Mindeststandards, d. h. die von der Pflicht zur Einreichung des länderbezogenen Berichts betroffenen multinationalen Konzerne, den Inhalt des länderbezogenen Berichts, den Zeitplan für dessen Umsetzung sowie die für die Steuerbehörden zur Beschaffung der Informationen erforderlichen Instrumente.

Der Bericht zu Massnahme 13 enthält folgende Instrumente:

40

­

ein Musterformular für den länderbezogenen Bericht. Es befindet sich in Anhang III des Berichts und bestimmt Form und Inhalt des länderbezogenen Berichts. Zudem enthält Anhang III Instruktionen zu den Angaben, die der länderbezogene Bericht enthalten muss.

­

ein Mustergesetz zum länderbezogenen Bericht. Das Mustergesetz legt fest, welche multinationalen Konzerne zur Einreichung eines länderbezogenen Berichts verpflichtet sind und was dieser beinhalten muss (d. h. welche Angaben das Formular enthalten muss). Weiter sieht es die Möglichkeit vor, den länderbezogenen Bericht unter gewissen Voraussetzungen über einen Zweitmechanismus, ausserhalb eines Abkommens, einzuholen. Die Staaten können das Mustergesetz ihrem Rechtssystem anpassen.

­

eine Mustervereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte (ALBA-Vereinbarung). Sie regelt die Modalitäten für den Austausch des länderbezogenen Berichts.

BBl 2017

­

eine Mustervereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte gestützt auf ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Sie regelt die Modalitäten für den Austausch des länderbezogenen Berichts, wenn dieser gestützt auf ein DBA erfolgt.

­

eine Mustervereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte gestützt auf ein Steuerinformationsabkommen (SIA).

Sie regelt die Modalitäten für den Austausch des länderbezogenen Berichts, wenn dieser gestützt auf ein SIA erfolgt.

1.3.1

Erfasste Steuerpflichtige

Die ALBA-Vereinbarung definiert einen multinationalen Konzern als Konzern, der zwei oder mehr Unternehmen umfasst, die in verschiedenen Staaten oder Hoheitsgebieten steuerlich ansässig sind, oder ein Unternehmen, das aus steuerlichen Gründen in einem Staat errichtet worden ist, aber aufgrund einer Betriebsstätte in einem anderen Staat oder Hoheitsgebiet steuerpflichtig ist. Der Standard sieht vor, dass nur multinationale Konzerne ab einem jährlichen konsolidierten Umsatz von 750 Millionen Euro oder dem Gegenwert in der Landeswährung per 1. Januar 2015 zur Einreichung eines länderbezogenen Berichts verpflichtet sind. Nach den Schätzungen der OECD werden mit diesem Schwellenwert rund 10­15 Prozent der multinationalen Konzerne weltweit erfasst. Für die Schweiz bedeutet dies, dass nur multinationale Konzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz ab 900 Millionen Franken7 einen länderbezogenen Bericht einreichen müssen. Nach den verfügbaren Zahlen dürfte die Einreichungspflicht rund 200 multinationale Konzerne in der Schweiz betreffen. Aufgrund ihrer heutigen Struktur wird die Schweizerische Nationalbank als von der Definition des multinationalen Konzerns ausgenommen betrachtet.

1.3.2

Inhalt

Anhang III des Berichts zu Massnahme 13 legt die Angaben fest, die der länderbezogene Bericht enthalten muss. Das Musterformular besteht aus drei Tabellen.

Tabelle 1 enthält Angaben pro Staat oder Hoheitsgebiet, in dem ein konstitutiver Rechtsträger des multinationalen Konzerns ansässig ist. Die Angaben sind als Gesamtsumme pro Staat und Hoheitsgebiet zu erfassen. Wenn z. B. ein multinationaler Konzern X in der Schweiz über drei konstitutive Rechtsträger (Geschäftseinheiten oder Betriebsstätten) verfügt, d. h. die Forschungseinheit A mit 100 Vollzeitstellen, die Produktionseinheit B mit 350 Vollzeitstellen sowie die Finanzierungseinheit C mit 50 Teilzeitstellen zu 50 %, so ist für die Kolonne «Beschäftigtenzahl» in der die Schweiz betreffenden Zeile die Summe von 475 einzutragen.

Tabelle 2 ist eine Liste aller konstitutiven Rechtsträger des multinationalen Konzerns pro Staat oder Hoheitsgebiet. Darin ist anzugeben, in welchem Staat diese Rechtsträger gegründet wurden, falls dieser nicht dem Ansässigkeitsstaat entspricht, 7

Aus praktischen Gründen wurde der Betrag von 901,8 Mio. Fr. abgerundet.

41

BBl 2017

und welches ihre wichtigsten Geschäftstätigkeiten sind. Anders als bei Tabelle 1 erfolgen die Angaben hier pro Rechtsträger. Im vorstehend genannten Beispiel sind für die Gesellschaft A Forschung und Entwicklung, für die Gesellschaft B Verarbeitung oder Produktion und für die Gesellschaft C konzerninterne Finanzierung und Besitz von Aktien oder anderen Wertpapieren mit Beteiligungscharakter anzukreuzen.

Tabelle 3 ermöglicht die Angabe zusätzlicher Informationen.

1.3.3

Zeitplan für die Umsetzung

In Bezug auf den Zeitplan empfiehlt der Bericht zu Massnahme 13, die multinationalen Konzerne zur Einreichung der ersten länderbezogenen Berichte für die Geschäftsjahre mit Beginn ab 1. Januar 2016 zu verpflichten. Den betroffenen multinationalen Konzernen steht eine Frist von zwölf Monaten nach Ablauf der Berichtssteuerperiode zu, um die länderbezogenen Berichte zu erstellen und einzureichen. Für die Gesellschaften, deren Steuerperiode am 1. Januar beginnt, sind die ersten länderbezogenen Berichte somit spätestens Ende 2017 einzureichen. Die ersten Daten werden also ab 2018 ausgetauscht. Nach der ALBA-Vereinbarung haben die Steuerbehörden anschliessend sechs Monate Zeit8 für die Übermittlung der länderbezogenen Berichte (nach Abschnitt 3 Absatz 2 der ALBA-Vereinbarung muss die Übermittlung spätestens 18 Monate nach Ablauf der Berichtssteuerperiode erfolgen).

Da die Schweiz zunächst eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen muss, kann sie den von der OECD empfohlenen Zeitplan für die Umsetzung nicht einhalten (siehe Ziff. 1.5.3).

1.3.4

Informationsbeschaffung durch die Steuerbehörden

Gemäss Standard erstellt die Konzernobergesellschaft den länderbezogenen Bericht gestützt auf die Informationen der konstitutiven Rechtsträger des multinationalen Konzerns. Sie reicht den Bericht bei der Steuerbehörde ihres Ansässigkeitsstaats ein.

Diese tauscht ihn automatisch mit den Staaten und Hoheitsgebieten aus, in denen der Konzern über konstitutive Rechtsträger verfügt, sofern mit diesen Staaten und Hoheitsgebieten ein Abkommen besteht, das den Austausch ermöglicht. Unter gewissen Bedingungen kann eine substituierende Konzernobergesellschaft bestimmt werden, welche die normalerweise der Konzernobergesellschaft obliegende Pflicht zur Eingabe des länderbezogenen Berichts wahrzunehmen hat. Ein entsprechender Mechanismus ist in Artikel 9 des Gesetzesentwurfs vorgesehen. In diesem Fall wird der länderbezogene Bericht des Konzerns vom Ansässigkeitsstaat der substituierenden Konzernobergesellschaft an die Staaten und Hoheitsgebiete übermittelt, in denen der Konzern über konstitutive Rechtsträger verfügt. In beiden Fällen erfolgt 8

42

Diese Frist wird sich in den Folgejahren auf drei Monate verkürzen (vgl. Erläuterungen zu Abschnitt 3 der ALBA-Vereinbarung).

BBl 2017

die Übermittlung des länderbezogenen Berichts auf Abkommensbasis (Hauptmechanismus), d. h. entweder gestützt auf die ALBA-Vereinbarung oder gestützt auf ein Abkommen, das den Austausch länderbezogener Berichte vorsieht.

Die Staaten können in ihrem innerstaatlichen Recht stattdessen auch die Möglichkeit vorsehen, dass sie den länderbezogenen Bericht mit den Angaben über den gesamten Konzern direkt beim konstitutiven Rechtsträger auf ihrem Gebiet verlangen können (Zweitmechanismus).

Schliesslich besteht nach den Ausführungen der OECD die Möglichkeit, dass Staaten, die den Standard nicht auf die Steuerperiode mit Beginn ab 1. Januar 2016 umsetzen können, in ihrer Gesetzgebung die freiwillige Einreichung des länderbezogenen Berichts vorsehen (freiwilliger Mechanismus). Diese Möglichkeit besteht für Konzerne, deren Konzernobergesellschaft sich in den betreffenden Staaten befindet.

Hauptmechanismus: Austausch der länderbezogenen Berichte gestützt auf die ALBA-Vereinbarung Der Standard sieht verschiedene Instrumente zum automatischen Austausch der länderbezogenen Berichte vor. Die meisten Staaten und Hoheitsgebiete dürften allerdings die ALBA-Vereinbarung benutzen. Es besteht international die Erwartung, dass der automatische Austausch der länderbezogenen Berichte rasch und global umgesetzt wird. Mit der ALBA-Vereinbarung können diese Ziele erreicht und zahlreiche Verhandlungen mit einer grossen Anzahl Partnerstaaten vermieden werden. 49 Staaten und Hoheitsgebiete haben die ALBA-Vereinbarung bereits unterzeichnet (Stand: 21. Oktober 2016)9. Die ALBA-Vereinbarung orientiert sich weitgehend an der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA-Vereinbarung). Die staatsvertragliche Grundlage für die ALBA-Vereinbarung bildet Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens.

Die ALBA-Vereinbarung ist als Vereinbarung der zuständigen Behörden konzipiert.

Sie hält in der Präambel fest, dass eine Unterzeichnung allfällige nationale Gesetzgebungsverfahren nicht präjudiziert. Die Genehmigungsmodalitäten für die ALBAVereinbarung gestaltet sich in den einzelnen Staaten und Hoheitsgebieten unterschiedlich. In einigen Staaten und Hoheitsgebieten genügt ein Regierungsentscheid, während die ALBA-Vereinbarung in anderen Staaten und Hoheitsgebieten,
darunter die Schweiz, der Genehmigung des Parlaments bedarf und dem fakultativen Referendum untersteht.

Damit der Austausch länderbezogener Berichte durchgeführt werden kann, muss er aktiviert werden. Dafür müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein:

9

­

Beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt haben;

­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen die ALBA-Vereinbarung unterzeichnet haben; www.oecd.org/tax > Base Erosion and Profit Shifting > BEPS Actions > List of CbC MCAA signatories

43

BBl 2017

­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Einreichung und zum Austausch der länderbezogenen Berichte notwendigen Gesetze verfügen;

­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums (vgl. Abschnitt 1 Absatz 1 Buchstabe j ALBA-Vereinbarung) mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat oder Hoheitsgebiet auf automatischer Basis länderbezogene Berichte austauschen möchten, oder einer oder beide der Staaten oder eines oder beide der Hoheitsgebiete müssen die Absicht erklärt haben, die ALBA-Vereinbarung gegenüber allen anderen Staaten und Hoheitsgebieten, die eine Notifikation hinterlegt haben, wirksam werden zu lassen.

Die ALBA-Vereinbarung sieht vor, dass jeder Staat bei der Unterzeichnung der Vereinbarung oder baldmöglichst danach die Steuerperiode angibt, ab welcher er die Einreichung der länderbezogenen Berichte verlangt. Damit aber eine rechtliche Verpflichtung zum Austausch länderbezogener Berichte entsteht, müssen die obgenannten vier Voraussetzungen erfüllt sein.

Zweitmechanismus: Beschaffung des länderbezogenen Berichts aufgrund des innerstaatlichen Rechts Falls Staaten oder Hoheitsgebiete den Austausch nicht umsetzen oder dieser nicht wirksam wird, kann ein Zweitmechanismus angewandt werden. Die Einführung eines Zweitmechanismus ist nicht obligatorisch, um den OECD-Standard zu erfüllen. Es steht den Staaten somit frei, ihn in ihrem innerstaatlichen Recht einzuführen oder nicht.

Der Zweitmechanismus ermöglicht es unter gewissen Voraussetzungen gemäss den Empfehlungen der OECD, den länderbezogenen Bericht auch ohne bestehendes Abkommen einzuholen. Dabei bleibt die Beschaffung des länderbezogenen Berichts aufgrund eines Abkommens (Hauptmechanismus) die zu bevorzugende Methode, und der Zweitmechanismus soll nur als Ultima Ratio zum Zug kommen. Er kann sich aber als nützlich erweisen, falls ein Staat oder Hoheitsgebiet den Standard nicht umsetzt. Der Gesetzesentwurf sieht den Zweitmechanismus in Artikel 8 vor.

Die Anwendbarkeit des Zweitmechanismus sollte jedoch auf die Fälle beschränkt sein, die das Mustergesetz der OECD im Bericht zu Massnahme 13 empfiehlt.

Kommt der Zweitmechanismus zur Anwendung, stützt sich der Austausch nicht auf Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens. Somit bestehen keine Abkommensgarantien wie insbesondere das Spezialitätsprinzip. Die Vertraulichkeit der Daten richtet sich diesfalls nach innerstaatlichem Recht.

Freiwilliger Mechanismus: Austausch der länderbezogenen Berichte vor Inkrafttreten des Gesetzes gestützt auf die ALBA-Vereinbarung In der Schweiz wie in einigen anderen Ländern lässt sich der im Standard empfohlene Zeitplan für die Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung nicht einhalten. Der Bericht zu Massnahme 13 hält diesbezüglich fest, dass gewisse Staaten für 44

BBl 2017

ihr internes Gesetzgebungsverfahren und die Inkraftsetzung der Rechtsgrundlagen mehr Zeit benötigen könnten.10 Die zeitlichen Unterschiede in der Umsetzung des Standards, insbesondere aufgrund der nationalen Gesetzgebungsverfahren, können zu Übergangsproblemen führen. So könnte ein Staat, der bereits über die Rechtsgrundlagen verfügt, den Zweitmechanismus anwenden, um auf diesem Weg den länderbezogenen Bericht von konstitutiven Rechtsträgern auf seinem Gebiet zu verlangen, weil der Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft noch nicht über die erforderlichen Rechtsgrundlagen für dessen Einholung und Austausch verfügt. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Beschaffung der länderbezogenen Berichte auf Abkommensbasis der Hauptmechanismus bleibt. Den Zweitmechanismus anzuwenden, während ein Staat daran ist, die erforderlichen Rechtsgrundlagen für den Austausch der länderbezogenen Berichte zu schaffen, entspräche nicht dem Sinn des Standards. Besteht die Möglichkeit, den länderbezogenen Bericht auf Abkommensbasis einzuholen, so ist der Zweitmechanismus grundsätzlich nicht mehr anwendbar.11 Die OECD hält deshalb in ihren Empfehlungen vom 29. Juni 2016 fest, dass der länderbezogene Bericht während dieser Übergangszeit von der Konzernobergesellschaft freiwillig eingereicht werden kann.12 Wird diese Möglichkeit genutzt, so sollte der Zweitmechanismus nicht mehr nötig sein, da der länderbezogene Bericht gestützt auf die ALBAVereinbarung eingereicht wird.

Multinationale Konzerne, die in einem Staat ansässig sind, der den länderbezogenen Bericht von der Konzernobergesellschaft nicht einfordert, haben zwei Möglichkeiten, um die Übermittlung des länderbezogenen Berichts auf Abkommensbasis zu erreichen. Sie können erstens eine substituierende Konzernobergesellschaft in einem Staat bestimmen, der die Einreichung des länderbezogenen Berichts verlangt. Die zuständigen Behörden dieses Staates tauschen dann den länderbezogenen Bericht mit denjenigen Staaten aus, in denen sich ein Rechtsträger des Konzerns befindet.

Zweitens können die multinationalen Konzerne den länderbezogenen Bericht auf freiwilliger Basis über ihre Konzernobergesellschaft einreichen.

Der Mechanismus ist deshalb freiwillig, weil der Staat, in dem der länderbezogene Bericht eingereicht wird, für die Steuerperiode, auf die sich die
Angaben beziehen, noch nicht über die erforderlichen Rechtsgrundlagen verfügte.

Obwohl diese Möglichkeit in der ALBA-Vereinbarung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, können gemäss Auslegung der OECD freiwillig eingereichte Berichte gestützt auf die Vereinbarung ausgetauscht werden, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind: ­

10 11 12

Die Konzernobergesellschaft hat freiwillig und fristgerecht, d. h. spätestens zwölf Monate nach dem letzten Tag der Berichtssteuerperiode, einen länderbezogenen Bericht eingereicht; OECD, Massnahme 13 ­ Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung, Ziff. 50.

OECD, Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung: BEPS-Aktionspunkt 13, publiziert am 29. Juni 2016, überarbeitet am 12. Oktober 2016, S. 4 f.

OECD, Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung: BEPS-Aktionspunkt 13, publiziert am 29. Juni 2016, überarbeitet am 12. Oktober 2016, S. 4 ff.

45

BBl 2017

­

im Zeitpunkt, in dem die Konzernobergesellschaft den länderbezogenen Bericht einreicht, verfügt ihr Ansässigkeitsstaat über die nötigen Rechtsgrundlagen, um den länderbezogenen Bericht zu verlangen;

­

im Zeitpunkt, in dem die Konzernobergesellschaft den länderbezogenen Bericht einreicht, ist die ALBA-Vereinbarung anwendbar, d. h. die Notifikation gemäss Abschnitt 8 Absatz 1 muss übermittelt sein;

­

der Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft ist nicht über ein systemisches Scheitern unterrichtet worden;

­

sind im Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft Notifikationen erforderlich, so müssen diese nach dem anwendbaren Recht erfolgt sein. Es handelt sich dabei namentlich um: (1) Notifikation der Konzernobergesellschaft an die Steuerbehörde ihres Ansässigkeitsstaates über die freiwillige Einreichung des Länderberichts; und (2) Notifikation des konstitutiven Rechtsträgers an die Steuerbehörde seines Ansässigkeitsstaats, der den Zweitmechanismus anwenden will, über die freiwillige Einreichung des länderbezogenen Berichts durch die Konzernobergesellschaft bei den Steuerbehörden in ihrem Ansässigkeitsstaat.

Sieht ein Staat in seinem innerstaatlichen Recht die Möglichkeit der freiwilligen Einreichung der länderbezogenen Berichte vor, so ist damit noch nicht garantiert, dass der Austausch reziprok ist. Als Beispiel: Staat X übermittelt die Notifikation gemäss Abschnitt 8 der ALBA-Vereinbarung mit der Erklärung, er verlange den länderbezogenen Bericht für Steuerperioden mit Beginn ab 1. Januar 2017. Die Möglichkeit der freiwilligen Einreichung für die Steuerperiode 2016 sieht er nicht vor. Staat Y erklärt in seiner Notifikation, er verlange den länderbezogenen Bericht für Steuerperioden mit Beginn ab 1. Januar 2018. Er sieht die Möglichkeit der freiwilligen Einreichung für die Steuerperioden 2016 und 2017 vor. Staat X hat Staat Y als Staat gemeldet, mit dem er den Austausch vornehmen will, und umgekehrt.

Wenn ein Konzern, dessen Konzernobergesellschaft im Staat Y ansässig ist, den länderbezogenen Bericht für die Steuerperiode 2016 freiwillig einreicht, erhält Staat X diesen gestützt auf die ALBA-Vereinbarung. Staat Y jedoch wird die länderbezogenen Berichte der Konzerne, deren Konzernobergesellschaften im Staat X ansässig sind, für Steuerperioden mit Beginn ab 1. Januar 2017 nicht erhalten.

1.3.5

Kontrolle und Nachverfolgung der Umsetzung

Die Ergebnisse des BEPS-Projekts in Form von Mindeststandards, wie etwa der Austausch der länderbezogenen Berichte, werden auf OECD-Ebene kontrolliert. Die OECD hat zu diesem Zweck ein sogenanntes «inclusive framework» geschaffen, das alle OECD- und G-20-Staaten sowie weitere Länder umfasst, die sich politisch zur Einhaltung der aus dem BEPS-Projekt hervorgegangenen Mindeststandards verpflichtet haben.

Auf technischer Ebene wird die Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung verfolgt. Die OECD ist daran, eine Ad-hoc-Gruppe einzusetzen, die aus 40 Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitsgruppen Nr. 6 Multinationale Unternehmen und 46

BBl 2017

Nr. 10 Informationsaustausch besteht. Deren Aufgabe wird in einem ersten Schritt darin bestehen, die Kriterien zu bestimmen, nach denen die Staaten bei der Umsetzung des Austauschs länderbezogener Berichte bewertet werden. In einem zweiten Schritt werden die einzelnen Staaten bewertet.

Zudem wurde beschlossen, dass die OECD- und die G-20-Staaten spätestens Ende 2020 entscheiden werden, ob der Inhalt des länderbezogenen Berichts anzupassen ist, indem zusätzliche oder andere Angaben verlangt werden. Auch könnte durch die Anpassung des Schwellenwerts für den konsolidierten Jahresumsatz, der die Einreichungspflicht auslöst, der materielle Anwendungsbereich geändert werden, damit ein grösserer Prozentsatz der multinationalen Konzerne unter die Einreichungspflicht fällt.

1.4

Position der Schweiz

Die Schweiz hat bei allen BEPS-Arbeiten, so auch bei der Erarbeitung des Berichts zu Massnahme 13, aktiv mitgewirkt. Am 11. September 2015 hat der Bundesrat der Annahme sämtlicher Schlussberichte des BEPS-Projekts zugestimmt, einschliesslich des Berichts zu Massnahme 13. Am 21. September 2015 wurden die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben beider Räte vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) über die Ergebnisse des BEPS-Projekts informiert. Die Verabschiedung durch alle OECD- und G-20-Staaten erfolgte durch den OECD-Rat am 1. Oktober 2015.

Durch ihre Mitwirkung bei den Arbeiten am BEPS-Projekt und durch die Annahme der Ergebnisse des Projekts hat die Schweiz die internationalen Bemühungen zur Verbesserung der Transparenz und zur Schaffung eines level playing field, d. h.

gleich langer Spiesse, bei der Besteuerung multinationaler Unternehmen unterstützt.

Die Umsetzung der BEPS-Ergebnisse in Form von Mindeststandards, wie sie der länderbezogene Bericht darstellt, ist Teil des Ziels, die Gewinnverkürzung und -verlagerung zu bekämpfen.

Für den Bundesrat stellt der länderbezogene Bericht ein Instrument dar, das durch eine bessere Risikobeurteilung im Bereich der Verrechnungspreise dazu beitragen sollte, die Gewinnverkürzung und -verlagerung wirksam zu bekämpfen. Um einen unverhältnismässigen Mehraufwand für die betroffenen Unternehmen und die Steuerverwaltungen zu vermeiden, sind die Erstellung der Stammdokumentation und der länderbezogenen Dokumentation und deren obligatorische Einreichung bei den schweizerischen Steuerbehörden zum heutigen Zeitpunkt nicht vorgesehen.

1.5

Umsetzung des Standards durch die Schweiz

1.5.1

Erforderliche Rechtsgrundlagen

Der Austausch der länderbezogenen Berichte stützt sich auf die ALBA-Vereinbarung, die ihrerseits auf Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens beruht, wonach zwei oder mehr Vertragsparteien für Fallkategorien und nach Verfahren, die sie 47

BBl 2017

einvernehmlich festlegen, Informationen automatisch austauschen können. Zusammen mit einer zusätzlichen Vereinbarung stellt somit Artikel 6 die staatsvertragliche Rechtsgrundlage für den Austausch länderbezogener Berichte dar. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 18. Dezember 2015 von der Bundesversammlung genehmigt. Es tritt am 1. Januar 2017 in Kraft und wird für die Schweiz ab dem 1. Januar 2018 anwendbar sein. Damit die Schweiz den automatischen Austausch der länderbezogenen Berichte umsetzen kann, müssen zusätzlich folgende Rechtsgrundlagen vorliegen: ­

die Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte (ALBA-Vereinbarung). Diese stellt eine zusätzliche Vereinbarung dar, mit welcher der Austausch der länderbezogenen Berichte gestützt auf Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens umgesetzt werden kann. Sie wurde von der Schweiz am 27. Januar 2016 unterzeichnet und sieht vor, dass länderbezogene Berichte unter allen Staaten und Hoheitsgebieten, in denen sich ein konstitutiver Rechtsträger des multinationalen Konzerns befindet, auszutauschen sind;

­

das Bundesgesetz über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne (ALBAG). Die ALBA-Vereinbarung enthält die materiell-rechtlichen Grundlagen zur Umsetzung des Austauschs länderbezogener Berichte. Da aber nicht alle Bestimmungen direkt anwendbar und ausreichend detailliert sind, ist der Erlass eines Bundesgesetzes notwendig.

Die ALBA-Vereinbarung und das ALBAG müssen der Bundesversammlung unterbreitet werden und unterstehen dem fakultativen Referendum. Sie sind Gegenstand dieser Vorlage.

1.5.2

Bilaterale Aktivierung des Austauschs länderbezogener Berichte mit Partnerstaaten

Damit die Schweiz den Austausch länderbezogener Berichte mit Partnerstaaten einführen kann, müssen, wie oben dargelegt, vier Voraussetzungen erfüllt sein. Das Amtshilfeübereinkommen, die ALBA-Vereinbarung und das ALBAG müssen in Kraft sein. Damit der Austausch länderbezogener Berichte mit einem bestimmten Staat oder Hoheitsgebiet stattfinden kann, muss die Schweiz ausserdem dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums mitteilen, dass sie mit diesem Staat oder Hoheitsgebiet länderbezogene Berichte auf automatischer Basis austauschen will (bilaterale Aktivierung). Sie reicht zu diesem Zweck eine Liste der Staaten und der Hoheitsgebiete ein, mit denen sie den Austausch länderbezogener Berichte aktivieren will. Der Austausch wird aber erst wirksam, wenn die auf der Schweizer Liste vermerkten Staaten und Hoheitsgebiete die Schweiz ihrerseits als Staat gemeldet haben, mit dem sie länderbezogene Berichte austauschen wollen. Damit ist die Reziprozität des Austauschs gewährleistet. An Reziprozität kann es allerdings dann fehlen, wenn der länderbezogene Bericht freiwillig eingereicht wird. Die Liste kann fortlaufend ergänzt werden.

48

BBl 2017

Als alternative Möglichkeit räumt die ALBA-Vereinbarung einem Staat oder Hoheitsgebiet die Möglichkeit ein, die ALBA-Vereinbarung mit allen anderen Staaten oder Hoheitsgebieten, die eine Notifikation übermittelt haben, wirksam werden zu lassen. Die Schweiz macht von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch und behält sich vor, die Staaten und Hoheitsgebiete zu bestimmen, mit denen sie den Austausch länderbezogener Berichte vornehmen will.

Nach Artikel 27 ALBAG entscheidet der Bundesrat, mit welchen Staaten und Hoheitsgebieten die Schweiz den Austausch länderbezogener Berichte vornimmt. Die bilaterale Aktivierung mit einem weiten Länderkreis würde sicherstellen, dass die länderbezogenen Berichte an die ausländischen zuständigen Behörden unter Wahrung der durch die ALBA-Vereinbarung gewährten Garantien übermittelt werden.

Da die länderbezogenen Berichte auch ohne anwendbares Abkommen zwischen den zuständigen Behörden über den Zweitmechanismus eingeholt werden können, ist es ein Vorteil, die ALBA-Vereinbarung mit einem weiten Länderkreis zu aktivieren.

Der Bundesrat wird im Rahmen der Vorbereitung der Inkraftsetzung der ALBAVereinbarung und des ALBAG eine erste Auswahl der Länder vornehmen können, mit denen die Schweiz die länderbezogenen Berichte austauschen will. Diesbezügliche Entscheide können nach Ablauf der Referendumsfrist getroffen werden.

1.5.3

Zeitplan der Umsetzung in der Schweiz

Die Pflicht zur Einreichung der länderbezogenen Berichte kann in der Schweiz frühestens ab 1. Januar 2018 eingeführt werden. Damit die Schweiz aber bereits Berichte von in der Schweiz ansässigen Konzernobergesellschaften für Berichtssteuerperioden ab 1. Januar 2016 austauschen kann, enthält diese Vorlage eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von länderbezogenen Berichten, die vor dem Inkrafttreten des ALBAG liegende Steuerperioden betreffen. In der Schweiz ansässige multinationale Konzerne sind eingeladen, die nötigen Massnahmen zu treffen, um den ausländischen Behörden die Daten des länderbezogenen Berichts über die Steuerperioden 2016 und 2017 zur Verfügung zu stellen, wie das der OECD-Standard im Bericht zu Massnahme 13 vorsieht. Konstitutive Rechtsträger im Ausland einer in der Schweiz ansässigen Konzernobergesellschaft könnten somit in gewissen Fällen verpflichtet werden, den länderbezogenen Bericht aufgrund des Zweitmechanismus einzureichen.

Um die Anzahl Anwendungsfälle des Zweitmechanismus durch andere Staaten und den damit verbundenen administrativen Aufwand des Konzerns zu reduzieren, sieht Artikel 28 ALBAG die freiwillige Einreichung des länderbezogenen Berichts durch die Konzernobergesellschaft über vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegende Steuerperioden vor. Bei der freiwilligen Einreichung des länderbezogenen Berichts durch die in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft wird der länderbezogene Bericht auf Basis der ALBA-Vereinbarung übermittelt, wodurch die Abkommensgarantien gewährleistet sind. Insbesondere muss der Datenschutz eingehalten werden (siehe dazu die Erläuterungen zu Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung).

Konzerne, die ihren länderbezogenen Bericht nicht freiwillig durch ihre Konzernobergesellschaft in der Schweiz einreichen wollen, können alternativ eine substituie49

BBl 2017

rende Konzernobergesellschaft in einem Staat bestimmen, der über die nötigen Rechtsgrundlagen für den Austausch der länderbezogenen Berichte verfügt.

1.6

Verhältnis zu anderen Abkommen

1.6.1

Doppelbesteuerungsabkommen und Steuerinformationsabkommen

Die Amtshilfeklauseln der von der Schweiz abgeschlossenen DBA sind auf den Informationsaustausch auf Ersuchen beschränkt. Artikel 26 des OECD-Musterabkommens lässt zwar den automatischen Austausch zu, aber eine Protokollbestimmung der DBA der Schweiz hält fest, dass die Vertragsstaaten nicht dazu verpflichtet sind, Informationen auf automatischer Basis auszutauschen. Die SIA der Schweiz sehen ebenfalls ausschliesslich den Informationsaustausch auf Ersuchen vor. Da der internationale automatische Austausch länderbezogener Berichte aus diesem Grund nicht gestützt auf die von der Schweiz abgeschlossenen DBA oder SIA eingeführt werden kann, muss ein spezifisches Abkommen abgeschlossen werden.

1.6.2

Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA-Vereinbarung)

Die AIA-Vereinbarung gilt nur für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen. Die länderbezogenen Berichte sind vom Anwendungsbereich der AIA-Vereinbarung nicht erfasst.

1.6.3

Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU

Zur Umsetzung des AIA wurde das Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU formell und inhaltlich totalrevidiert.13 Das Änderungsprotokoll14 tritt per 1. Januar 2017 in Kraft, sodass ab 2018 Daten ausgetauscht werden können. Das revidierte Zinsbesteuerungsabkommen deckt die länderbezogenen Berichte nicht ab.

13 14

50

SR 0.641.926.81 BBl 2015 5437

BBl 2017

1.7

Umsetzung durch die anderen Länder

1.7.1

Allgemeines

Nach Veröffentlichung des Berichts zu Massnahme 13 kündigten viele Staaten an, die Einreichung des länderbezogenen Berichts für Geschäftsjahre ab 1. Januar 2016 zu verlangen. Für diese Staaten heisst dies, dass ein erster Austausch ab 2018 erfolgt. Soweit ersichtlich, haben folgende Staaten eine Einreichungspflicht für Steuerperioden mit Beginn ab 1. Januar 2016 eingeführt: Australien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Indien (seit April 2016), Irland, Italien, Japan (seit April 2016), Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Spanien, Südafrika, die Türkei und das Vereinigte Königreich. Die USA verlangen den Bericht für Steuerperioden ab 30. Juni 2016, Pakistan ab 1. Juli 2016. Einige dieser Staaten sehen vor, die Einreichung des länderbezogenen Berichts, der Stammdokumentation und der länderbezogenen Dokumentation zu verlangen, während andere sich auf den länderbezogenen Bericht beschränken.

1.7.2

Europäische Union

In der EU bestehen bereits verschiedene Regelungen betreffend die Einreichung länderbezogener Informationen, so insbesondere für in der Förder- und Forstindustrie tätige Unternehmen, die über erhebliche Zahlungen an staatliche Stellen in den Ländern, in denen sie ihre Tätigkeit ausüben, Bericht erstatten müssen. 15 Diese Informationen müssen vom Unternehmen in Form eines Jahresberichts veröffentlicht werden. Auch für Kreditinstitute und Investmentunternehmen besteht die Pflicht zur länderbezogenen Berichterstattung, und zwar betreffend Firma, Art der Tätigkeiten und Belegenheitsort, Umsatz, Personal in Vollzeitäquivalenten, Erfolg vor Steuern sowie erhaltene staatliche Beihilfen.16 Informationen über Niederlassungen und Tochtergesellschaften in Drittländern sind darin eingeschlossen.

Am 28. Januar 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung. 17 Der Vorschlag wurde am 25. Mai 2016 vom Rat für Wirtschaft und Finanzen (Eco-

15

16

17

Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19.

Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338.

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung, COM/2016/25/final.

51

BBl 2017

fin-Rat) gutgeheissen. Die angepasste Richtlinie18 setzt den OECD-Standard im europäischen Recht um. Sie sieht den automatischen Austausch länderbezogener Berichte unter den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten vor. Die länderbezogenen Berichte werden unter den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten ausgetauscht, in denen sich Rechtsträger des multinationalen Konzerns befinden. Die Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten ab 5. Juni 2017 umgesetzt werden. Die länderbezogenen Berichte müssen jedoch bereits für Steuerperioden mit Beginn ab 1. Januar 2016 eingereicht werden.

Am 12. April 2016 folgte ein weiterer Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU19 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen. Der Vorschlag sieht vor, dass gewisse Informationen des länderbezogenen Berichts publiziert werden, und zwar die Art der Tätigkeiten, die Zahl der Beschäftigten, der Nettoumsatz (einschliesslich mit verbundenen Unternehmen), der Erfolg vor Steuern, die Höhe der im betreffenden Land aufgrund der Erträge im laufenden Jahr geschuldeten Ertragssteuer, die effektiv entrichteten Ertragssteuern und die einbehaltenen Erträge. Die Offenlegungspflicht gilt für multinationale Unternehmen mit einem konsolidierten Umsatz über 750 Millionen Euro, und zwar unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in der EU oder einem Drittland haben. Hat eine Konzernobergesellschaft ihren Sitz in einem Drittland, so betrifft die Offenlegungspflicht ihre Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen in der EU. Informationen über Tätigkeiten in Drittländern sind grundsätzlich in aggregierter Form auszuweisen.

2

Vernehmlassung

Vom 13. April bis zum 13. Juli 2016 waren die ALBA-Vereinbarung und das ALBAG Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens.20

2.1

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüssen die Vorlage grösstenteils.

Von den 24 Kantonen, die sich haben vernehmen lassen, sind alle mit der Vorlage zumindest grundsätzlich einverstanden. Auch die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) begrüsst die Vorlage im Grundsatz.

18

19

20

52

Richtlinie 2016/881/EU des Rates vom 25. Mai 2016 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung, ABl. L 146 vom 3.6.2016, S. 8 ff.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen, COM(2016)198 final.

Der Ergebnisbericht kann eingesehen werden unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2016 > EFD.

BBl 2017

Von den fünf politischen Parteien stimmen zwei (CVP, FDP) der Vorlage zu, zwei (GPS, SP) stimmen ihr bedingt zu, die SVP lehnt sie ab.

Von den 14 Organisationen, die Stellung genommen haben, stimmen 13 der Vorlage grundsätzlich zu; Alliance Sud stimmt der Vorlage bedingt zu.

Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer haben insbesondere folgende Hauptkritikpunkte vorgebracht: ­

Strafbestimmungen (Art. 24­27 des Vorentwurfs des ALBAG): Nach Auffassung von AG, AI, BL, BS, GL, NW, OW, SG, SH, SO, TG, VD, VS, ZG, ZH, CVP, FDK, Economiesuisse, Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB), Expertsuisse, Schweizerischer Versicherungsverband (SVV), SwissHoldings und Scienceindustries mag die vorgesehene Bestrafung von natürlichen Personen zwar in gemeinstrafrechtlicher Hinsicht begründet sein, sie erweist sich aber als vollzugsuntauglich und schwerfällig. Daher sollten die entsprechenden Bestimmungen gestrichen und eine Artikel 181 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 199021 über die direkte Bundessteuer (DBG) nachgebildete Strafbestimmung aufgenommen werden, welche die Strafbarkeit der juristischen Person vorsieht. Zudem seien die angedrohten Bussen zu hoch angesetzt. Die Sanktionen gemäss Artikel 24 des Vorentwurfs des ALBAG hätten Ordnungsbussencharakter, weshalb sich diesbezüglich ein auch unter verfahrensökonomischen Gründen einfacher Vollzug aufdränge. In der Praxis dürfte ohnehin der in Artikel 26 des Vorentwurfs des ALBAG geregelte Auffangtatbestand zur Anwendung gelangen, weshalb es sich rechtfertige, diesen zum Regelfall zu erheben.

­

Genehmigungskompetenz (Art. 28 des Vorentwurfs des ALBAG): Economiesuisse, Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg), SGB, SwissHoldings und Scienceindustries begrüssen, dass der Bundesrat gemäss Artikel 28 des Vorentwurfs des ALBAG entscheiden kann, mit welchen Staaten die Schweiz den Austausch länderbezogener Berichte vornimmt. Durch diese bilaterale Aktivierung werde sichergestellt, dass die Behörden des ausländischen Staates die länderbezogenen Berichte nur unter Wahrung der durch die ALBA-Vereinbarung gewährten Garantien erhalten.

SP und Alliance Sud wollen den automatischen Austausch länderbezogener Berichte auf alle Staaten ausdehnen, die die ALBA-Vereinbarung ebenfalls unterzeichnet haben.

­

21

Übermittlung länderbezogener Berichte über vor dem Inkrafttreten des ALBAG liegende Steuerperioden (Art. 29 des Vorentwurfs des ALBAG): AI, BL, BS, GL, NW, OW, SG, SH, TG und VS begrüssen die Schaffung einer Rechtsgrundlage für eine freiwillige Einreichung länderbezogener Berichte. Allerdings sei unklar, inwiefern der Begriff der Vertragsstaaten in Artikel 29 des Vorentwurfs des ALBAG über den Gehalt der Legaldefinition des Partnerstaates in Artikel 2 Buchstabe b des Vorentwurfs des ALBAG hinausgehe. Ebenfalls unklar sei, ob sich die Bestimmung nur auf die Erstellung der freiwilligen länderbezogenen Berichte beschränke oder ob auch der SR 642.11

53

BBl 2017

Austausch derselben miteinbezogen sei. Ein Austausch der freiwillig eingereichten Berichte vor Inkrafttreten des ALBAG müsse in diesem Fall auf der Grundlage der aktuell geltenden Bestimmungen (z.B. des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen) erfolgen.

2.2

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Die ALBA-Vorlage weist gegenüber dem Vorentwurf einige Änderungen auf. Diese gehen zum einen auf die Stellungnahmen aus der Vernehmlassung zurück, zum anderen tragen sie den in der Zwischenzeit erschienenen Empfehlungen der OECD zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung Rechnung.

Materielle Änderungen:

54

a)

Die Definition des Konzerns wurde um eine Gruppe von Unternehmen erweitert, die in anderer Weise unter einheitlicher Kontrolle stehen.

b)

Artikel 8 wurde durch einen Absatz 2 ergänzt, wonach der Zweitmechanismus nur in begrenzten Fällen anwendbar und ausgeschlossen ist, wenn der länderbezogene Bericht durch eine substituierende Konzernobergesellschaft bereits in einem Partnerstaat eingereicht wurde. Die substituierende Konzernobergesellschaft muss aber gemäss Artikel 9 Absatz 2 bestimmt worden sein.

c)

Artikel 9 wurde durch einen Absatz ergänzt, wonach auch in der Schweiz eine substituierende Konzernobergesellschaft bestimmt werden kann. Das ALBAG legt für diesen Fall keine besonderen Voraussetzungen fest, da die schweizerischen Steuerbehörden den länderbezogenen Bericht übermitteln und nicht Empfänger desselben sind. Befindet sich die substituierende Konzernobergesellschaft hingegen im Ausland, so müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Zugriff auf die Daten des länderbezogenen Berichts für die schweizerischen Steuerbehörden gewährleistet ist.

d)

Artikel 10 umfasst neu nur noch eine Anmeldepflicht für berichtende Rechtsträger. Die Meldepflicht für in der Schweiz ansässige konstitutive Rechtsträger wurde aufgehoben. Diese Änderung geht auf das in der Vernehmlassung geäusserte Anliegen zurück, wonach der administrative Aufwand für diese Rechtsträger zu verringern sei. Für den Fall, dass sich gewisse Informationen über die konstitutiven Rechtsträger in der Schweiz später als sinnvoll erweisen könnten, ist an die Stelle der ursprünglich in Absatz 3 vorgesehenen Meldepflicht eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat getreten. Gestützt darauf kann der Bundesrat von in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträgern Angaben über die Firma, die Adresse und die Ansässigkeit des zur Einreichung des länderbezogenen Berichts verpflichteten konstitutiven Rechtsträgers verlangen. Ausserdem wurde Artikel 10 dahingehend geändert, dass berichtende Rechtsträger, die ihren Sitz im Ausland, die tatsächliche Verwaltung aber in der Schweiz haben, anmeldepflichtig sind.

BBl 2017

22 23 24

e)

Artikel 12 des Vorentwurfs des ALBAG wurde gestrichen. Diese Änderung geht auf die am 29. Juni 2016, also während der Vernehmlassung, erschienenen neuen Empfehlungen der OECD22 zurück. Die Leitlinien präzisieren die Anwendung des Zweitmechanismus. Demnach kann die ALBA-Vereinbarung ebenfalls als staatsvertragliche Grundlage für den Austausch von freiwillig bei den Steuerbehörden eingereichten länderbezogenen Berichten über vor dem Inkrafttreten des ALBAG liegende Steuerperioden dienen (siehe Ziff. 1.3.4). Artikel 28 ALBAG konkretisiert diese Möglichkeit für multinationale Konzerne mit in der Schweiz ansässiger Konzernobergesellschaft. Ferner verpflichtet der Standard die Staaten, den länderbezogenen Bericht in erster Linie gestützt auf das Amtshilfeübereinkommen zu erlangen. Der länderbezogene Bericht, aber auch andere konzerneigene Informationen wie die Stammdokumentation und die länderbezogene Dokumentation, die gegebenenfalls in Ländern verlangt werden, die über den Mindeststandard hinausgehen, können konzernintern übermittelt und nach dem Zweitmechanismus an eine Steuerbehörde herausgegeben werden, ohne dass dies eine Verletzung von Artikel 271 des Strafgesetzbuchs23 (StGB) darstellt.

f)

Artikel 12 enthält eine Verwaltungssanktion für den Fall von Säumnis.

Demnach wird der zur Einreichung des länderbezogenen Berichts verpflichtete Rechtsträger bei nicht fristgerechter Einreichung des Berichts mit einem Tagessatz von 200 Franken belastet.

g)

Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe c betreffend den Katalog der Daten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen wurde gestrichen.

h)

Artikel 22 sieht neu für die Überprüfung der Pflichterfüllung zwei Etappen vor. In der ersten Etappe erhält der konstitutive Rechtsträger Gelegenheit, festgestellte Mängel zu beheben. In der zweiten Etappe kann die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) Nachforschungen anstellen, wenn der konstitutive Rechtsträger die Mängel nicht fristgerecht behebt.

i)

Die Strafbestimmungen (Art. 24­26) wurden neu formuliert und richten sich gegen die falsche Berichterstattung und Widerhandlungen gegen amtliche Verfügungen.

j)

Artikel 28 (Art. 29 des Vorentwurfs des ALBAG) wurde an die OECDLeitlinien vom 29. Juni 201624 angepasst. Er sieht neu vor, dass freiwillig erhaltene länderbezogene Berichte gestützt auf die ALBA-Vereinbarung ausgetauscht werden. Da die ALBA-Vereinbarung nach den Leitlinien der OECD in diesem Fall gilt, wurde Absatz 2 eingefügt, der einen Hinweis auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten länderbezogenen Berichte und die Pflichten nach Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung OECD, Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung: BEPS-Aktionspunkt 13, publiziert am 29. Juni 2016, überarbeitet am 12. Oktober 2016.

SR 311.0 OECD, Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung: BEPS-Aktionspunkt 13, publiziert am 29. Juni 2016, überarbeitet am 12. Oktober 2016.

55

BBl 2017

enthält. Absatz 3 hält fest, dass die Anmeldung spätestens zum Zeitpunkt der freiwilligen Einreichung des länderbezogenen Berichts erfolgen kann.

k)

Artikel 29 wurde eingefügt zur Klarstellung, ab welchen Berichtssteuerperioden die Pflicht zur Erstellung des länderbezogenen Berichts entsteht.

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte

Präambel Die Präambel erläutert das Konzept der ALBA-Vereinbarung, insbesondere deren Verhältnis zum Amtshilfeübereinkommen.

Sie stellt klar, dass die ALBA-Vereinbarung nur von Staaten unterzeichnet werden kann, die zumindest die Absicht erklärt haben, das Amtshilfeübereinkommen zu unterzeichnen, und dass sie in einem Staat nur Wirkung entfaltet, wenn dort das Amtshilfeübereinkommen in Kraft steht.

Die Präambel hält fest, dass der länderbezogene Bericht neben dem Master-File und dem Local-File eine dreistufige Struktur bildet (vgl. Ziff. 1.2). Aus den in Ziffer 1 der vorliegenden Botschaft dargelegten Gründen beschränkt sich die Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt auf die Umsetzung des länderbezogenen Berichts.

Die Präambel weist weiter darauf hin, dass Verständigungsverfahren auf der Grundlage von DBA weiterhin Anwendung finden, wenn länderbezogene Berichte aufgrund der ALBA-Vereinbarung ausgetauscht wurden.

Abschnitt 1: Begriffsbestimmungen Abschnitt 1 definiert die in der ALBA-Vereinbarung verwendeten Ausdrücke.

Abs. 1 Der Ausdruck «Staat» bedeutet ein Land oder ein Hoheitsgebiet (z. B. Überseegebiet eines Staates), für welches das Amtshilfeübereinkommen und die ALBA-Vereinbarung in Kraft sind.

Der Ausdruck «zuständige Behörde» bedeutet für den jeweiligen Staat und das jeweilige Hoheitsgebiet die in Anhang B des Amtshilfeübereinkommens aufgeführten Personen und Behörden. Für die Schweiz ist dies der Vorsteher oder die Vorsteherin des EFD oder die zu seiner oder ihrer Vertretung bevollmächtigte Person. Die Definition entspricht derjenigen in den DBA und SIA.

Der Ausdruck «Konzern» bedeutet eine Gruppe von Unternehmen, die durch Eigentum oder Beherrschung verbunden und nach den geltenden Rechnungslegungsgrundsätzen zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind. In der Schweiz

56

BBl 2017

stützt sich die Definition somit auf die Artikel 963 ff. OR25. Der Ausdruck «Gruppe» beinhaltet auch Unternehmen, die in anderer Weise unter einheitlicher Kontrolle stehen Der Ausdruck «multinationaler Konzern» bedeutet einen Konzern, der zwei oder mehr Unternehmen umfasst, die in verschiedenen Staaten und Hoheitsgebieten ansässig sind, oder ein Unternehmen, das in einem Staat oder Hoheitsgebiet ansässig ist und in einem anderen Staat oder Hoheitsgebiet aufgrund einer durch eine Betriebsstätte ausgeübten Geschäftstätigkeit steuerpflichtig ist.

Der Ausdruck «freigestellter multinationaler Konzern» bedeutet einen Konzern, der nicht zur Einreichung eines länderbezogenen Berichts verpflichtet ist, da sein jährlicher konsolidierter Umsatz in der Steuerperiode, die der Berichtssteuerperiode unmittelbar voranging, unter einem bestimmten Schwellenwert liegt. Nach dem Bericht zu Massnahme 13 liegt dieser Schwellenwert bei 750 Millionen Euro oder dem entsprechenden Gegenwert in der Landeswährung per 1. Januar 2015. Da der Schwellenwert sich im Zuge der Überprüfung im Jahr 2020 ändern könnte, wurde er nicht in die ALBA-Vereinbarung aufgenommen, damit diese aufgrund der Änderung nicht bereits wieder angepasst werden muss. Stattdessen verweist die ALBAVereinbarung auf das innerstaatliche Recht, das den Schwellenwert festlegen muss.

Eine Änderung des Schwellenwerts im Jahr 2020 hätte entsprechend eine Revision des innerstaatlichen Rechts zur Folge. Es ist vorgesehen, im schweizerischen Recht den Schwellenwert auf Stufe Bundesratsverordnung auf 900 Millionen Schweizer Franken festzulegen (vgl. Art. 6 Abs. 2 ALBAG). Diese Kompetenzdelegation an den Bundesrat erlaubt es der Schweiz, den internationalen Entwicklungen auf diesem Gebiet rasch Rechnung zu tragen.

Der Ausdruck «konstitutiver Rechtsträger» bedeutet eine eigenständige Geschäftseinheit, die für Rechnungslegungszwecke in die Konzernrechnung einbezogen wird oder einbezogen würde, wenn Beteiligungen an dieser Geschäftseinheit börsenkotiert wären, sowie eine eigenständige Geschäftseinheit, die aufgrund ihrer Grösse oder aus Wesentlichkeitsgründen von der Konzernrechnung ausgenommen ist. Die Definition des konstitutiven Rechtsträgers umfasst auch eine Betriebsstätte einer eigenständigen Geschäftseinheit, sofern die Geschäftseinheit für sie zu Rechnungslegungs-,
Aufsichts-, Steuer- oder internen Steuerungszwecken eine Rechnung erstellt.

Der Ausdruck «berichtender Rechtsträger» bezeichnet den konstitutiven Rechtsträger, der aufgrund des innerstaatlichen Rechts im Staat oder Hoheitsgebiet seiner steuerlichen Ansässigkeit zur Einreichung des länderbezogenen Berichts verpflichtet ist. In der Schweiz ist der berichtende Rechtsträger in Artikel 2 Buchstabe i ALBAG definiert.

Der Ausdruck «länderbezogener Bericht» bezeichnet den vom berichtenden Rechtsträger jährlich einzureichenden länderbezogenen Bericht, der die nach innerstaatlichem Recht verlangten Angaben enthalten muss. Dabei muss das innerstaatliche Recht vorsehen, dass der länderbezogene Bericht die im Bericht zu Massnahme 13 aufgeführten Angaben enthält und in der in Anhang III des Berichts vorgesehenen 25

SR 220

57

BBl 2017

Form eingereicht wird. Die Überprüfung im Jahr 2020 könnte dazu führen, dass im länderbezogenen Bericht zusätzliche oder andere Angaben verlangt werden. Indem die ALBA-Vereinbarung diesbezüglich auf das innerstaatliche Recht verweist, muss sie bei einer allfälligen Änderung der erforderlichen Angaben nicht angepasst werden. Im Schweizer Recht wird der Inhalt des länderbezogenen Berichts durch das ALBAG bestimmt und soll auf Verordnungsstufe präzisiert werden. Durch die entsprechende, in Artikel 3 ALBAG vorgesehene Kompetenzdelegation an den Bundesrat kann die Schweiz den internationalen Entwicklungen auf diesem Gebiet rasch Rechnung tragen.

Der Ausdruck «Bericht von 2015» bezeichnet den von der OECD 2015 veröffentlichten Bericht «Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung» (Bericht zu Massnahme 13).

Der Ausdruck «Sekretariat des Koordinierungsgremiums» bezeichnet das OECDSekretariat, das nach Artikel 24 Absatz 3 des Amtshilfeübereinkommens das aus Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsparteien zusammengesetzte Koordinierungsgremium unterstützt.

Der Ausdruck «wirksame Vereinbarung» bedeutet, dass die nachfolgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind und der Austausch länderbezogener Berichte zwischen zwei Staaten oder Hoheitsgebieten rechtswirksam eingeführt worden ist: ­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt haben;

­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen die ALBA-Vereinbarung unterzeichnet haben;

­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Einreichung und zum Austausch der länderbezogenen Berichte notwendigen Gesetze verfügen;

­

beide Staaten oder Hoheitsgebiete müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat oder Hoheitsgebiet auf automatischer Basis länderbezogene Berichte austauschen wollen, oder einer oder beide der Staaten oder eines oder beide der Hoheitsgebiete müssen die Absicht erklärt haben, die ALBA-Vereinbarung mit allen anderen Staaten und Hoheitsgebieten, die eine Notifikation hinterlegt haben, wirksam werden zu lassen.

Abs. 2 Alle nicht in der ALBA-Vereinbarung definierten Ausdrücke werden nach dem Recht jener Vertragspartei ausgelegt, die die ALBA-Vereinbarung im konkreten Fall anwendet. Die von der Schweiz abgeschlossenen DBA und SIA sowie das Amtshilfeübereinkommen enthalten eine ähnliche Regelung.

58

BBl 2017

Abschnitt 2: Austausch von Informationen über multinationale Konzerne Abs. 1 Nach Absatz 1 werden die von den berichtenden Rechtsträgern erhaltenen länderbezogenen Berichte jährlich automatisch ausgetauscht. Der Austausch betrifft die im länderbezogenen Bericht enthaltenen Daten. Die im länderbezogenen Bericht erforderlichen Informationen bestimmen sich nach Anhang III des Berichts zu Massnahme 13. Der Austausch erfolgt mit allen Partnerstaaten, in denen ein oder mehrere konstitutive Rechtsträger des multinationalen Konzerns entweder ansässig oder aufgrund einer Betriebsstätte steuerpflichtig sind. Absatz 1 verweist auf Artikel 6 (automatischer Informationsaustausch), Artikel 21 (Schutz der Person und Grenzen der Verpflichtung zur Leistung von Amtshilfe) und Artikel 22 (Geheimhaltung) des Amtshilfeübereinkommens.

Abs. 2 Absatz 2 regelt die Möglichkeit, länderbezogene Berichte zu übermitteln, ohne solche zu erhalten. Die betreffenden Staaten melden dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums, dass sie auf die Reziprozität verzichten, und werden in eine Liste aufgenommen. Nicht vorgesehen ist hingegen die Fallkonstellation, dass ein Staat länderbezogene Berichte erhält, aber nicht übermittelt.

Abschnitt 3: Zeitraum und Form des Informationsaustauschs Abs. 1 Absatz 1 sieht vor, dass die Währung der im länderbezogenen Bericht genannten Beträge angegeben werden muss. In der Schweiz wird die Währung, in welcher der länderbezogene Bericht erstellt werden muss, in Artikel 5 ALBAG bestimmt.

Abs. 2 und 3 Nach Absatz 2 muss jeder Staat oder jedes Hoheitsgebiet bei der Unterzeichnung oder so bald wie möglich danach die Steuerperiode angeben, ab der er oder es den länderbezogenen Bericht erstmals austauscht.

Absatz 2 sieht weiter vor, dass die länderbezogenen Berichte innerhalb von 18 Monaten nach dem letzten Tag der ersten Steuerperiode, auf die sie sich beziehen, ausgetauscht werden müssen. Für die folgenden Steuerperioden müssen die länderbezogenen Berichte nach Absatz 3 spätestens 15 Monate nach dem letzten Tag der Steuerperiode, auf die sie sich beziehen, ausgetauscht werden. Nach dem Bericht zu Massnahme 13 müssen die berichtenden Rechtsträger den länderbezogenen Bericht innert eines Jahres nach Ablauf der Berichtssteuerperiode einreichen (vgl.

Art. 11 Abs. 1 ALBAG). Dies bedeutet, dass die ESTV im Jahr des erstmaligen Austauschs den länderbezogenen Bericht innert sechs Monaten an die ausländische Behörde übermitteln muss. In den Folgejahren beträgt die Frist noch drei Monate.

59

BBl 2017

Abs. 4 und 5 Die Absätze 4 und 5 regeln die technischen Aspekte der Übermittlung. Die Daten der länderbezogenen Berichte sind in einem XML-Schema nach einem automatisierten Verfahren auszutauschen. Weiter müssen sich die zuständigen Behörden auf ein oder mehrere Datenübertragungsverfahren und einen oder mehrere Verschlüsselungsstandards einigen. Das Ziel ist, möglichst vereinheitlichte Verfahren einzuführen, um die Kosten und die Komplexität so gering wie möglich zu halten.

Abschnitt 4: Zusammenarbeit bei Einhaltung und Durchsetzung der Vereinbarung Abschnitt 4 regelt die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden für den Fall, dass ein Fehler zu einer Übermittlung unrichtiger oder unvollständiger Informationen geführt hat oder ein berichtender Rechtsträger seiner Pflicht zur Einreichung des länderbezogenen Berichts nicht nachkommt. Die zuständigen Behörden müssen sich gegenseitig informieren und, insbesondere gegenüber einem säumigen berichtenden Rechtsträger, die nach innerstaatlichem Recht verfügbaren geeigneten Massnahmen treffen. Die ALBA-Vereinbarung sieht keinen direkten Kontakt zwischen der zuständigen Behörde eines Staates oder Hoheitsgebietes und einem berichtenden Rechtsträger eines anderen Staates oder Hoheitsgebietes vor.

Abschnitt 5: Vertraulichkeit, Datenschutzvorkehrungen und sachgemässe Verwendung Abs. 1 Abschnitt 5 Absatz 1 verweist auf Artikel 22 des Amtshilfeübereinkommens, das den Datenschutz und das Spezialitätsprinzip regelt. Es handelt sich dabei um zwingende Prinzipien im Zusammenhang mit dem Steuerinformationsaustausch.

Ähnliche Klauseln sind in Artikel 26 des OECD-Musterabkommen zur Doppelbesteuerung und im OECD-Musterabkommen über den Informationsaustausch in Steuerbelangen enthalten.

Die ALBA-Vereinbarung enthält im Anhang einen Fragebogen zum Vertraulichkeits- und Datenschutz. Dieser Fragebogen wurde ursprünglich von den USA entwickelt, um im Rahmen der Verhandlungen zum FATCA-Abkommen bestimmen zu können, ob die Anforderungen an den Vertraulichkeits- und Datenschutz hinreichend erfüllt sind, damit die USA dem Partnerstaat Daten auf automatischer Basis übermitteln können. Jeder Staat und jedes Hoheitsgebiet muss den Fragebogen ausfüllen und nach Abschnitt 8 Absatz 1 Buchstabe d dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums übermitteln. Der Fragebogen soll mögliche Partnerstaaten bei der Beurteilung unterstützen, ob die nötigen Vertraulichkeitsvorschriften und Datenschutzvorkehrungen vorhanden sind, damit länderbezogene Berichte auf automatischer Basis ausgetauscht werden können. Der Fragebogen umfasst drei Kategorien:

60

BBl 2017

­

rechtliche Rahmenbedingungen: Beschreibung des anwendbaren Staatsvertrags- und nationalen Rechts, einschliesslich der Strafbestimmungen;

­

Informationssicherheitsmanagement: Beschreibung der Praktiken und Verfahren, welche die Einhaltung des Spezialitätsprinzips sicherstellen und die Offenlegung der Steuerinformationen an nicht berechtigte Personen verhindern (z. B. Zugang zu Räumlichkeiten, Ausgestaltung des Informatiksystems und Ausbildung der Mitarbeitenden);

­

Überwachung und Sanktionen im Falle einer Verletzung der Vertraulichkeitsbestimmungen: Beschreibung der anwendbaren Strafbestimmungen und der zu treffenden Massnahmen, um Verletzungen der Vertraulichkeitsbestimmungen und deren Täter identifizieren zu können.

Die Vertraulichkeit und das Spezialitätsprinzip wurden bei der Erarbeitung des AIAStandards als wesentlich erachtet. Aus diesem Grund hat das Global Forum zur Beurteilung der Vertraulichkeitsmassnahmen in den 97 Staaten und Hoheitsgebieten, die sich zur Einführung des AIA bekannt haben, ein Verfahren erarbeitet. Ziel dieses Verfahrens ist es, eine Vielzahl an bilateralen Prüfungen unter den Partnerstaaten durch eine multilaterale Bewertung in Form einer Länderüberprüfung zu ersetzen.

Die Staaten und Hoheitsgebiete, die sich zur Einführung des AIA verpflichtet haben, verfügen damit über ein nicht bindendes Instrument, das ihnen bei der Bewertung der Vertraulichkeitsmassnahmen möglicher Partnerstaaten hilft. Die Länderüberprüfungen werden durch ein Expertenpanel, bestehend aus zwölf Fachleuten aus den Mitgliedstaaten, vorgenommen. Dem Panel gehört auch ein ausgewiesener Schweizer Experte an, der über ein grosses Fachwissen bei der Umsetzung und Überwachung von Vertraulichkeits- und Datensicherheitsmassnahmen, insbesondere im Informatikbereich, verfügt.

Die Überprüfung erfolgt anhand eines Fragebogens zur Vertraulichkeit und zum Spezialitätsprinzip, den die Staaten ausfüllen. Auf dieser Grundlage verfasst das Expertenpanel einen Bericht über die einzelnen Staaten, den es Peers (Fachkolleginnen und -kollegen) der anderen Staaten zur Konsultation vorlegt. Die Berichte sind vertraulich und dienen als Bewertungsgrundlage im Hinblick auf die Einführung des AIA.

Gibt ein Staat oder Hoheitsgebiet Informationen aus länderbezogenen Berichten bekannt, die er oder es gestützt auf die ALBA-Vereinbarung erhalten hat, so begeht er oder es damit eine Verletzung der ALBA-Vereinbarung.

Abs. 2 Absatz 2 enthält eine Besonderheit hinsichtlich der Verwendung der Informationen des länderbezogenen Berichts. Diese dürfen nur zur Bewertung erheblicher Risiken im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen und der Gewinnverkürzung und -verlagerung sowie für wirtschaftliche und statistische Analysen verwendet werden, nicht aber für direkte Korrekturen von Verrechnungspreisen, ohne dass eine detaillierte Analyse jeder Transaktion vorgenommen wird. Das heisst, die Steuerbehörden dürfen die steuerlichen Angaben einer steuerpflichtigen Person nicht allein gestützt auf die Informationen des länderbezogenen Berichts korrigieren (Verrechnungspreiskorrektur). Solche Korrekturen können nur nach weiteren Untersuchungen im 61

BBl 2017

Rahmen des ordentlichen Steuerverfahrens erfolgen, wenn die Steuerbehörden zum Schluss gelangen, dass die Verrechnungspreisvorschriften nicht korrekt angewendet wurden. Eine Korrektur, die eine örtliche Steuerbehörde nur gestützt auf die Informationen des länderbezogenen Berichts vornimmt, ist ein Verstoss gegen die sachgemässe Verwendung der länderbezogenen Berichte und kann zu einer vorübergehenden Aussetzung des Austauschs führen (vgl. dazu die Erläuterungen zu Abschnitt 8 Abs. 5).

Abs. 3 Absatz 3 regelt die Benachrichtigung im Fall von Verstössen gegen die Bestimmungen zur Vertraulichkeit und zur sachgemässen Verwendung der Informationen. Dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums sind auch die verhängten Sanktionen und ergriffenen Gegenmassnahmen zu melden. Das Sekretariat des Koordinierungsgremiums informiert darauf alle zuständigen Behörden, die mit dem betreffenden Staat oder Hoheitsgebiet länderbezogene Berichte gestützt auf die ALBA-Vereinbarung austauschen (vgl. dazu die Erläuterungen zu Abschnitt 8 Abs. 5).

Abschnitt 6: Konsultationen Abs. 1 Absatz 1 regelt das Konsultationsverfahren. Es kommt zur Anwendung, wenn eine Korrektur des steuerbaren Gewinns, die aufgrund weiterer Untersuchungen auf Grundlage von Informationen des länderbezogenen Berichts vorgenommen worden ist, zu unerwünschten wirtschaftlichen Ergebnissen (z. B. zu Doppelbesteuerungen) führt. Das Verfahren sieht vor, dass sich die zuständigen Behörden zur Bereinigung des Falls konsultieren und beraten.

Abs. 2 Im Falle von Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der ALBAVereinbarung kann eine zuständige Behörde Konsultationen mit einer oder mehreren zuständigen Behörden zur Ausarbeitung geeigneter Massnahmen verlangen.

Eine Konsultation zwischen zuständigen Behörden muss insbesondere stattfinden, bevor ein systemisches Scheitern ­ d. h. die Aussetzung des Austauschs länderbezogener Berichte aus anderen als in der ALBA-Vereinbarung vorgesehenen Gründen ­ festgestellt wird. Wenn eine zuständige Behörde nach erfolgter Konsultation bestätigt, dass auf Seiten der anderen zuständigen Behörde ein systemisches Scheitern vorliegt, benachrichtigt sie das Sekretariat des Koordinierungsgremiums, das anschliessend alle zuständigen Behörden unterrichtet.

Abs. 3 Das Sekretariat des Koordinierungsgremiums wird über allfällige Beschlüsse und Massnahmen oder darüber, dass kein Beschluss gefasst oder keine Massnahme ausgearbeitet wurde, informiert und benachrichtigt anschliessend alle zuständigen Behörden. Informationen über einzelne Steuerpflichtige, einschliesslich Informationen, die deren Identität erkennen lassen, dürfen nicht mitgeteilt werden.

62

BBl 2017

Abschnitt 7: Änderungen Abschnitt 7 legt fest, dass die Vereinbarung durch schriftliche Übereinkunft aller zuständigen Behörden, für die sie in Kraft ist, geändert werden kann. Nach Artikel 166 der Bundesverfassung26 (BV), wird die ALBA-Vereinbarung der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet. Eine Änderung würde deshalb den intern zuständigen Behörden zur Genehmigung unterbreitet.

Abschnitt 8: Geltungsdauer der Vereinbarung Abschnitt 8 führt die Bedingungen auf, die erfüllt sein müssen, damit die ALBAVereinbarung zwischen zwei Staaten oder Hoheitsgebieten rechtswirksam wird. Er führt weiter aus, unter welchen Umständen ein Staat oder Hoheitsgebiet die ALBAVereinbarung gegenüber einem anderen Partnerstaat aussetzen oder kündigen kann, und regelt die Kündigungsmodalitäten.

Abs. 1 Nach Absatz 1 hinterlegt die zuständige Behörde im Zeitpunkt der Unterzeichnung der ALBA-Vereinbarung oder so bald wie möglich danach eine Notifikation beim Sekretariat des Koordinierungsgremiums. Die Notifikation umfasst: ­

eine Meldung, dass der Staat oder das Hoheitsgebiet über die erforderlichen Rechtsvorschriften verfügt, die die berichtenden Rechtsträger zur Hinterlegung eines länderbezogenen Berichts über die Steuerperioden ab dem in der Notifikation angegebenen Zeitpunkt verpflichten;

­

eine allfällige Bestätigung betreffend Verzicht auf den Erhalt von Daten (Verzicht auf Reziprozität);

­

die Nennung eines oder mehrerer Datenübertragungsverfahren, einschliesslich Verschlüsselungsstandards;

­

die Angabe der Massnahmen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes; sowie

­

eine Liste der Staaten und Hoheitsgebiete, mit denen Daten ausgetauscht werden sollen, oder eine Erklärung, dass die ALBA-Vereinbarung gegenüber allen anderen zuständigen Behörden wirksam werden soll, die eine Notifikation hinterlegt haben.

Der Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung der ALBA-Vereinbarung regelt die Notifikation der Schweiz.

Nachdem das Amtshilfeübereinkommen von der Bundesversammlung am 18. Dezember 2015 genehmigt wurde, wird die Notifikation der ALBA-Vereinbarung erfolgen, sofern gegen sie oder das ALBAG nicht das Referendum ergriffen worden ist (Art. 1 Abs. 2 des Entwurfs des Bundesbeschlusses). Ab diesem Zeitpunkt kann der Bundesrat nach Artikel 2 Buchstabe b des Entwurfs des Bundesbeschlusses 26

SR 101

63

BBl 2017

erklären, dass die Schweiz über die zur Umsetzung des Austauschs länderbezogener Berichte erforderlichen Rechtsgrundlagen verfügt. In der Notifikation betreffend die ALBA-Vereinbarung ist auch die Steuerperiode zu nennen, ab der die Schweiz die Einreichung des länderbezogenen Berichts verlangt. Diese Steuerperiode kann nicht vor dem Inkrafttreten des ALBAG liegen. Artikel 28 ALBAG sieht aber vor, dass die ESTV freiwillig eingereichte länderbezogene Berichte über vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegende Steuerperioden übermitteln kann.

Weiter wird der Bundesrat dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums nach Artikel 2 Buchstabe b des Entwurfs des Bundesbeschlusses notifizieren, dass die Schweiz die geeigneten Massnahmen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit, des Datenschutzes sowie der sachgemässen Verwendung der Informationen des länderbezogenen Berichts getroffen hat. Die erforderlichen Rechtsgrundlagen sind hauptsächlich im Amtshilfeübereinkommen, in der ALBA-Vereinbarung sowie im ALBAG und im Bundesgesetz vom 19. Juni 199227 über den Datenschutz (DSG) enthalten.

Nach Artikel 27 ALBAG ist der Bundesrat zuständig für die Aufnahme eines Staates oder Hoheitsgebietes in die Liste der Staaten und Hoheitsgebiete, mit denen die Schweiz die ALBA-Vereinbarung umsetzen will.

Der Entwurf des Bundesbeschlusses sieht nicht vor, dass die Schweiz im Rahmen der Anwendung der ALBA-Vereinbarung auf die Reziprozität verzichtet. Zur Wahrung eines level playing field soll die Schweiz grundsätzlich von ihren Partnerstaaten länderbezogene Berichte erhalten und diese für die Bewertung erheblicher Risiken im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen sowie der Gewinnverkürzung und -verlagerung verwenden können.

Artikel 3 des Entwurfs des Bundesbeschlusses ermächtigt das EFD, die für die Schweiz anwendbaren Datenübertragungsverfahren, einschliesslich Verschlüsselungsstandards, mitzuteilen sowie den für die Schweiz ausgefüllten Fragebogen zu Vertraulichkeit und Datenschutz zu übermitteln. Diese Kompetenzdelegation an das EFD rechtfertigt sich, da in diesem Bereich eine dynamische Entwicklung stattfindet. Die Datenübertragungsverfahren, einschliesslich der Verschlüsselungsstandards, müssen sich stets auf dem neusten technischen Niveau befinden. Der Fragebogen zu Vertraulichkeit und Datenschutz beschreibt nicht nur die
geltende Rechtslage, sondern auch die angewendeten Praktiken und Verfahren. Diese müssen ständig überwacht und gegebenenfalls optimiert werden.

Abs. 2­4 Nach Absatz 2 wird die ALBA-Vereinbarung zwischen zwei Staaten oder Hoheitsgebieten entweder am Tag der zweiten Notifikation oder am Tag des Inkrafttretens des Amtshilfeübereinkommens wirksam, wobei das spätere Datum massgebend ist.

Gemäss den Absätzen 3 und 4 veröffentlicht die OECD auf ihrer Webseite gewisse der gemeldeten Angaben, so insbesondere eine Liste der zuständigen Behörden, die die ALBA-Vereinbarung unterzeichnet haben und zwischen denen die Vereinbarung wirksam ist.

27

64

SR 235.1

BBl 2017

Abs. 5 Nach Absatz 5 kann eine zuständige Behörde den Austausch länderbezogener Berichte mit einer anderen zuständigen Behörde vorübergehend aussetzen, wenn diese die Vereinbarung in erheblichem Umfang nicht einhält oder eingehalten hat. Vor dem Aussetzungsentscheid muss sie die andere zuständige Behörde konsultieren. Sie informiert die zuständige Behörde des Partnerstaates schriftlich über ihre Absicht, die ALBA-Vereinbarung auszusetzen, und beschreibt das Problem in Bezug auf die Nichteinhaltung der Vereinbarung.

Die Nichteinhaltung der Bestimmungen der ALBA-Vereinbarung und des Amtshilfeübereinkommens über die Vertraulichkeit und den Datenschutz, die nicht fristgerechte Bereitstellung der erforderlichen Informationen oder eine nicht sachgemässe Verwendung der Informationen (vgl. dazu die Erläuterungen zu Abschnitt 5 Abs. 2) können eine vorübergehende Aussetzung der ALBA-Vereinbarung rechtfertigen.

Die Aussetzung wird unmittelbar wirksam und bleibt bestehen, bis die informierte zuständige Behörde hinreichend nachweist, dass keine erhebliche Nichteinhaltung vorliegt oder dass sie geeignete Massnahmen ergriffen hat, um diese zu beheben.

Abs. 6 Absatz 6 regelt die Kündigungsmodalitäten. Die ALBA-Vereinbarung kann als Ganzes oder in Bezug auf eine bestimmte zuständige Behörde mit einer Frist von zwölf Monaten gekündigt werden. Auch nach der Kündigung sind die gestützt auf die ALBA-Vereinbarung erhaltenen Informationen vertraulich zu behandeln und unterstehen den Bestimmungen des Amtshilfeübereinkommens, insbesondere betreffend Vertraulichkeit und Datenschutz.

Abschnitt 9: Sekretariat des Koordinierungsgremiums Nach Abschnitt 9 informiert das Sekretariat des Koordinierungsgremiums alle zuständigen Behörden über eingegangene Notifikationen und alle Unterzeichneten der ALBA-Vereinbarung über neue Unterzeichnungen durch weitere zuständige Behörden.

4

Erläuterungen zu den Bestimmungen des Umsetzungserlasses (ALBAG)

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Gegenstand

Abs. 1 Das ALBAG regelt die Umsetzung des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte zwischen der Schweiz und ihren Partnerstaaten gestützt auf die ALBAVereinbarung oder ein anderes internationales Abkommen, das den Austausch länderbezogener Berichte vorsieht.

65

BBl 2017

Abs. 2 Enthält das im Einzelfall anwendbare Abkommen vom ALBAG abweichende Bestimmungen, so gehen diese als Staatsvertragsrecht dem Landesrecht vor.

Art. 2

Begriffe

Artikel 2 definiert die für die Anwendung des Gesetzes wesentlichen Begriffe.

Der Begriff «anwendbares Abkommen» bedeutet das Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 ALBAG, das im Einzelfall Anwendung findet.

Der Begriff «Partnerstaat» bedeutet einen Staat oder ein Hoheitsgebiet, mit dem die Schweiz übereingekommen ist, länderbezogene Berichte automatisch auszutauschen.

Der Begriff «Konzern» bedeutet eine Gruppe von mehreren Unternehmen, die von einer juristischen Person kontrolliert wird, die für die Gruppe zur Erstellung einer Konzernrechnung nach Artikel 963 Absätze 1­3 OR28 verpflichtet ist, oder eine Gruppe von Unternehmen, die in anderer Weise unter einheitlicher Kontrolle stehen.

Eine solche Kontrolle kann vorliegen, wenn eigenständige Geschäftseinheiten durch vertragliche oder personelle Beziehungen einheitlich kontrolliert werden.

Der Begriff «konstitutiver Rechtsträger» hat im ALBAG dieselbe Bedeutung wie in der ALBA-Vereinbarung (siehe Erläuterungen zu Abschnitt 1 der ALBA-Vereinbarung).

Ein «in der Schweiz ansässiger konstitutiver Rechtsträger» ist ein konstitutiver Rechtsträger gemäss der Definition in der ALBA-Vereinbarung und in Artikel 2 Buchstabe d ALBAG, der in der Schweiz ansässig ist. Ein in der Schweiz ansässiger konstitutiver Rechtsträger ist eine eigenständige Geschäftseinheit eines multinationalen Konzerns. Er ist entweder eine nach Artikel 50 DBG und Artikel 20 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 199029 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) steuerpflichtige juristische Person oder eine in der Schweiz nach Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe b DBG und nach Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b StHG steuerpflichtige Betriebsstätte. Die Definition des konstitutiven Rechtsträgers umfasst auch die Konzernobergesellschaft oder die substituierende Konzernobergesellschaft.

Der Begriff «Konzernobergesellschaft» bedeutet den konstitutiven Rechtsträger eines multinationalen Konzerns, der unmittelbar oder mittelbar eine ausreichende Beteiligung an einem oder mehreren konstitutiven Rechtsträgern des multinationalen Konzerns hält, sodass er:

28 29

66

­

entweder nach Rechnungslegungsgrundsätzen im Staat seiner steuerlichen Ansässigkeit für Rechnungslegungszwecke zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet ist;

­

oder dazu verpflichtet wäre, wenn seine Beteiligung an einer öffentlichen Wertpapierbörse gehandelt würde, und kein anderer konstitutiver RechtsträSR 220 SR 642.14

BBl 2017

ger dieses multinationalen Konzerns unmittelbar oder mittelbar eine solche Beteiligung hielte.

Als Konzernobergesellschaft kann auch gelten, wer die einheitliche Kontrolle auf andere Weise ausübt.

Eine «in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft» ist ein nach Artikel 50 DBG und Artikel 20 Absatz 1 StHG steuerpflichtiger konstitutiver Rechtsträger, der zur Erstellung einer Konzernrechnung nach Artikel 963 Absätze 1­3 OR verpflichtet ist und nicht nach Artikel 963a Absatz 1 Ziffer 2 OR von dieser Pflicht befreit ist.

Der Rechtsträger, der die Kontrolle auf andere Weise ausübt, gilt als in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft, wenn die tatsächliche Kontrolle hauptsächlich in der Schweiz ausgeübt wird. Eine juristische Person ist von der Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung befreit, wenn sie von einem Unternehmen kontrolliert wird, dessen Konzernrechnung nach schweizerischen oder gleichwertigen ausländischen Vorschriften erstellt und ordentlich geprüft worden ist. Da Stiftungen und Vereine juristische Personen sind, können sie für die Zwecke des ALBAG auch in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaften sein.

Der Begriff «substituierende Konzernobergesellschaft» bedeutet einen konstitutiven Rechtsträger eines multinationalen Konzerns, der als Stellvertreter der Konzernobergesellschaft zur Einreichung des länderbezogenen Berichts im Namen des multinationalen Konzerns verpflichtet ist. Der multinationale Konzern kann eine substituierende Konzernobergesellschaft in der Schweiz oder im Ausland bestimmen (Art. 9 ALBAG).

Der Begriff «berichtender Rechtsträger» bezeichnet die in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft oder die in der Schweiz ansässige substituierende Konzernobergesellschaft, die zur Einreichung des länderbezogenen Berichts im Namen des multinationalen Konzerns verpflichtet ist.

Der Begriff «Berichtssteuerperiode» bedeutet die Steuerperiode, für die die Angaben und Kennzahlen im länderbezogenen Bericht festgehalten werden. Als Steuerperiode gilt das Geschäftsjahr (Art. 79 DBG und Art. 31 Abs. 2 StHG). Dieses kann vom Kalenderjahr abweichen.

Der Begriff «schweizerische Steueridentifikationsnummer für Rechtsträger (UID)» bedeutet die Unternehmens-Identifikationsnummer gemäss dem Bundesgesetz vom 18. Juni 201030 über die Unternehmens-Identifikationsnummer.
Der Begriff «systemisches Scheitern» bedeutet die Situation, in der ein Partnerstaat der Schweiz dem automatischen Austausch der länderbezogenen Berichte anhaltend nicht nachkommt, obwohl er gemäss der ALBA-Vereinbarung dazu verpflichtet wäre. Ein systemisches Scheitern liegt nur vor, wenn für das Aussetzen des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte andere als die in der ALBAVereinbarung explizit genannten Gründe vorliegen (die in der Vereinbarung genannten Gründe beziehen sich auf die Vertraulichkeit, den Datenschutz und auf die sachgemässe Verwendung der Informationen).

30

SR 431.03

67

BBl 2017

Gemäss der ALBA-Vereinbarung muss eine zuständige Behörde die andere zuständige Behörde konsultieren, bevor sie feststellt, dass in Bezug auf den Austausch der länderbezogenen Berichte mit der anderen zuständigen Behörde ein systemisches Scheitern vorliegt (siehe Abschnitt 6 Abs. 2 der ALBA-Vereinbarung).

2. Abschnitt: Länderbezogener Bericht Art. 3

Inhalt

Abs. 1 Gemäss dem Bericht zu Massnahme 13 besteht der länderbezogene Bericht aus drei Tabellen31.

Abs. 2 Der Bundesrat legt den Inhalt der länderbezogenen Berichte durch Verordnung fest.

Er berücksichtigt dabei den internationalen Standard. Der Bundesrat hält sich an den Inhalt des länderbezogenen Berichts, wie er in Anhang III des Berichts zu Massnahme 13 empfohlen wird. Er wird keine Daten verlangen, die nicht vom internationalen Standard empfohlen werden. Falls erforderlich, passt der Bundesrat den Inhalt des länderbezogenen Berichts an die internationalen Entwicklungen an. Die internationalen Standards werden durch die OECD in ihren Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen vorgegeben.

Art. 4

Sprache

Der länderbezogene Bericht ist entweder in einer schweizerischen Amtssprache oder in Englisch zu erstellen. Dies entspricht den Grundsätzen des schweizerischen Buchführungsrechts (siehe Art. 957a Abs. 5 OR).

Art. 5

Währung

Der länderbezogene Bericht muss die finanziellen Angaben in einer einheitlichen Währung enthalten, und zwar entweder in Schweizer Franken oder in der für den multinationalen Konzern wesentlichen Währung. Eine einheitliche Währung ist erforderlich, damit die Steuerbehörden eine Risikobeurteilung im Bereich der Verrechnungspreise sowie wirtschaftliche und statistische Analysen gestützt auf konsistente Informationen vornehmen können.

31

68

OECD, Massnahme 13: Schlussbericht 2015 ­ Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung, Anhang III.

BBl 2017

3. Abschnitt: Pflichten und Rechte der konstitutiven Rechtsträger Art. 6

Pflicht zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts

Abs. 1 Die Pflicht zur Einreichung eines länderbezogenen Berichts betrifft nur multinationale Konzerne, deren Konzernobergesellschaft in der Schweiz ansässig ist und die in der vor der Berichtssteuerperiode liegenden Steuerperiode einen konsolidierten Jahresumsatz oberhalb eines bestimmten Schwellenwerts erzielen.

Abs. 2 Nach dem Bericht zu Massnahme 13 sind nur multinationale Konzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz ab 750 Millionen Euro oder dem entsprechendem Gegenwert in der Landeswährung per 1. Januar 201532 zur Einreichung des länderbezogenen Berichts bei der Steuerbehörde verpflichtet. Für die Schweiz führt die Umrechnung per 1. Januar 2015 zu einem Schwellenwert für den konsolidierten Jahresumsatz von 900 Millionen Franken. Durch den für alle Staaten geltenden Schwellenwert kann eine weltweit einheitliche Umsetzung des Standards erreicht werden.

Die Kompetenzdelegation in Absatz 2 ermöglicht es dem Bundesrat, den Schwellenwert entsprechend dem internationalen Standard festzulegen und ihn auch an allfällige internationale Entwicklungen anpassen. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Überprüfung im Jahr 2020 zu einer Anpassung des Schwellenwerts führen könnte.

Der Bundesrat ist im Übrigen nicht verpflichtet, den Schwellenwert an Wechselkursschwankungen anzupassen, da als Umrechnungsdatum gemäss den Empfehlungen des internationalen Standards der 1. Januar 2015 gilt.

Art. 7

Einreichungspflicht des berichtenden Rechtsträgers

Die Konzernobergesellschaft ist derjenige konstitutive Rechtsträger eines Konzerns, der zur Einreichung des länderbezogene Berichts für den multinationalen Konzern verpflichtet ist. Mit der Einreichung des länderbezogenen Berichts durch die Konzernobergesellschaft ist die Einreichungspflicht für alle konstitutiven Rechtsträger des multinationalen Konzerns erfüllt. Die Staaten oder Hoheitsgebiete, in denen ein konstitutiver Rechtsträger des Konzerns ansässig ist, müssen sich auf die anwendbaren Abkommen stützen, um den Bericht zu erhalten.

32

OECD, Massnahme 13: Schlussbericht 2015 ­ Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung, Ziff. 52.

69

BBl 2017

Art. 8

Einreichungspflicht eines anderen in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträgers

Abs. 1 Hat ein multinationaler Konzern, dessen jährlicher konsolidierte Umsatz den Schwellenwert zur Einreichung des länderbezogenen Berichts überschreitet, einen konstitutiven Rechtsträger in der Schweiz, der nicht die Konzernobergesellschaft ist, so kann dieser unter gewissen Voraussetzungen zur Einreichung des länderbezogenen Berichts bei der ESTV verpflichtet werden.

Absatz 1 nennt die Voraussetzungen, unter denen die ESTV den länderbezogenen Bericht direkt beim in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträger verlangen kann. Damit wird ein Zweitmechanismus eingeführt, der gewährleistet, dass die ESTV den länderbezogenen Bericht auch in Fällen erhalten kann, in denen dies auf dem Hauptweg, d. h. über das Abkommen, nicht möglich wäre. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die ESTV die länderbezogenen Berichte systematisch von den in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträgern verlangt. Sie wird dies nur tun, falls sie dafür ein besonderes Interesse sieht. Diese Bestimmung könnte zu einem administrativen Mehraufwand für in der Schweiz ansässige Rechtsträger einer ausländischen Konzernobergesellschaft führen. Sie dürfte jedoch nur in einigen wenigen Fällen zur Anwendung gelangen. Die Frist, innerhalb welcher der konstitutive Rechtsträger den länderbezogenen Bericht einreichen muss, ist in Artikel 11 Absatz 2 geregelt.

Der Zweitmechanismus muss auf bestimmte Fälle beschränkt werden. Diese Fälle sind alternativ und in den Buchstaben a und b aufgeführt:

70

­

Der Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft hat für die Berichtssteuerperiode kein Abkommen zum Austausch länderbezogener Berichte abgeschlossen, dem die Schweiz beigetreten ist. Damit ist der Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft kein Partnerstaat. Dieser Fall könnte eintreten, wenn ein Staat oder Hoheitsgebiet das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt und die ALBA-Vereinbarung unterzeichnet hat, diese aber zum Zeitpunkt, in dem die ESTV die länderbezogenen Berichte in der Schweiz ansässiger Konzernobergesellschaften verlangen könnte, noch nicht aktiviert hat, da dieser Staat oder dieses Hoheitsgebiet noch nicht über die erforderlichen internen Rechtsgrundlagen zum Austausch der länderbezogenen Berichte verfügt. Ein Staat muss also die nötigen Rechtsgrundlagen eingeführt haben, um den länderbezogenen Bericht zu verlangen. Ein Staat, der den länderbezogenen Bericht nicht verlangt, kann die Notifikation nach Abschnitt 8 der ALBA-Vereinbarung nicht vornehmen und somit kein Partnerstaat der Schweiz sein. Demnach kann ein Staat, der die ALBA-Vereinbarung nicht unterzeichnet hat und den länderbezogenen Bericht der Konzerne im eigenen Land nicht verlangt, kein Partnerstaat werden (Bst. a).

­

Der Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft und die Schweiz haben ein Abkommen zum Austausch länderbezogener Berichte abgeschlossen, aber der in der Schweiz ansässige konstitutive Rechtsträger wurde durch die ESTV über ein systemisches Scheitern informiert. In diesem Fall haben der Ansässigkeitsstaat der Konzernobergesellschaft und die Schweiz z. B. ver-

BBl 2017

einbart, den Austausch länderbezogener Berichte gestützt auf ein anwendbares Abkommen vorzunehmen, aber die ESTV stellt fest, dass sie die länderbezogenen Berichte aus anderen als den im anwendbaren Abkommen genannten Gründen nicht erhält und dass daher ein systemisches Scheitern vorliegt. Ist die ALBA-Vereinbarung das anwendbare Abkommen, so muss eine Konsultation nach Abschnitt 6 Absatz 2 der ALBA-Vereinbarung durchgeführt werden, bevor das Vorliegen eines systemischen Scheiterns festgestellt wird (Bst. b).

Abs. 2 Die ESTV kann den länderbezogenen Bericht nicht mehr von einem in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträger verlangen, wenn eine substituierende Konzernobergesellschaft bestimmt wurde und den länderbezogenen Bericht einem Partnerstaat eingereicht hat. In diesem Fall muss die ESTV den länderbezogenen Bericht gestützt auf das anwendbare Abkommen beim Partnerstaat beschaffen.

Art. 9

Substituierende Konzernobergesellschaft

Ein multinationaler Konzern kann eine substituierende Konzernobergesellschaft bezeichnen, die die Einreichungspflicht für den Konzern erfüllt. In diesem Fall sind alle anderen konstitutiven Rechtsträger des Konzerns, einschliesslich der Konzernobergesellschaft, von dieser Pflicht befreit. Jeder in der Schweiz (Abs. 1) oder im Ausland (Abs. 2) ansässige konstitutive Rechtsträger kann als substituierende Konzernobergesellschaft bestimmt werden.

Abs. 1 Verfügt ein multinationaler Konzern über einen konstitutiven Rechtsträger in der Schweiz, so kann er diesen zur substituierenden Konzernobergesellschaft bestimmen. Diese wird dann zum berichtenden Rechtsträger, der den länderbezogenen Bericht bei der ESTV einreichen muss. Die substituierende Konzernobergesellschaft muss sich ebenfalls bei der ESTV anmelden.

Wird ein in der Schweiz ansässiger konstitutiver Rechtsträger zur substituierenden Konzernobergesellschaft bestimmt, so können andere Staaten den länderbezogenen Bericht grundsätzlich nicht mehr über den Zweitmechanismus bei einem anderen konstitutiven Rechtsträger des Konzerns einholen.

Abs. 2 Damit ein im Ausland ansässiger konstitutiver Rechtsträger als substituierende Konzernobergesellschaft bestimmt werden kann, muss sein Ansässigkeitsstaat die in den Buchstaben a­c aufgeführten Voraussetzungen kumulativ erfüllen: ­

Der Ansässigkeitsstaat ist ein Partnerstaat: Die Erlangung des länderbezogenen Berichts auf Abkommensbasis muss garantiert sein, damit die ESTV auf die direkte Einforderung beim konstitutiven Rechtsträger in der Schweiz verzichten kann. Diese Voraussetzung deckt auch den Fall ab, dass ein Staat den länderbezogenen Bericht nicht verlangt und somit kein Partnerstaat werden kann.

71

BBl 2017

­

Beim Ansässigkeitsstaat ist kein systemisches Scheitern eingetreten: Der Austausch länderbezogener Berichte zwischen der Schweiz und dem Ansässigkeitsstaat der substituierenden Konzernobergesellschaft muss wirksam sein;

­

Der Ansässigkeitsstaat hat vom konstitutiven Rechtsträger die Meldung über dessen Eigenschaft als substituierende Konzernobergesellschaft erhalten: Der Ansässigkeitsstaat muss vom konstitutiven Rechtsträger, der sich als substituierende Konzernobergesellschaft auf seinem Gebiet befindet, die entsprechende Meldung erhalten haben. Diese Voraussetzung ist erforderlich, damit der Ansässigkeitsstaat weiss, dass er den länderbezogenen Bericht mit allen Staaten und Hoheitsgebieten, in denen sich ein konstitutiver Rechtsträger des Konzerns befindet, einschliesslich des Staats oder Hoheitsgebiets der Konzernobergesellschaft, austauschen muss.

Diese Voraussetzungen erlauben es der ESTV, sich zu versichern, dass sie den länderbezogenen Bericht gestützt auf das Abkommen erhält, das auf den Austausch der länderbezogenen Berichte zwischen der Schweiz und dem Ansässigkeitsstaat der substituierenden Konzernobergesellschaft anwendbar ist.

Sofern eine substituierende Konzernobergesellschaft eines Partnerstaats den länderbezogenen Bericht für den Konzern einreicht, ist die in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft nicht mehr dazu verpflichtet.

Art. 10

Anmeldepflicht

Abs. 1 und 2 Der berichtende Rechtsträger muss sich unaufgefordert bei der ESTV anmelden. Er hat dabei die jeweils in den Buchstaben a­d aufgeführten Angaben zu machen. Die berichtenden Rechtsträger, die nur ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz haben, müssen zusätzlich den Hauptsitz und die Adresse der Direktion in der Schweiz melden.

Abs. 3 Der Bundesrat kann von in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträgern, die keine berichtenden Rechtsträger (d. h. weder die Konzernobergesellschaft noch die substituierende Konzernobergesellschaft des multinationalen Konzerns) sind, verlangen, dass sie der ESTV Informationen zur Firma, Adresse und Ansässigkeit des zur Einreichung des länderbezogenen Berichts verpflichteten konstitutiven Rechtsträgers liefern. Der Bundesrat wird von der Kompetenz nur soweit erforderlich Gebrauch machen. Dies könnte insbesondere der Fall sein, wenn die schweizerischen Behörden genaue Informationen über die zur Einreichung des länderbezogenen Berichts in ihrem Ansässigkeitsstaat verpflichteten Konzernobergesellschaften oder substituierenden Konzernobergesellschaften benötigen.

Abs. 4 Die Anmeldepflicht muss spätestens am letzten Tag der Berichtssteuerperiode erfüllt sein, damit der ESTV rechtzeitig alle für den Austausch länderbezogener Berichte erforderlichen Informationen zur Verfügung stehen. Beginnt die Steuerperiode am 72

BBl 2017

1. Januar, so haben die berichtenden Rechtsträger also bis zum 31. Dezember Zeit für die Anmeldung. Eine einmalige Registrierung genügt; die berichtenden Rechtsträger, die diese Eigenschaft behalten, müssen die Anmeldung nicht jährlich erneuern.

Abs. 5 Endet die Eigenschaft als berichtender Rechtsträger, so hat sich der betreffende Rechtsträger bei der ESTV unaufgefordert abzumelden.

Art. 11

Einreichungsfrist

Abs. 1 Die berichtenden Rechtsträger übermitteln den länderbezogenen Bericht jährlich spätestens zwölf Monate nach dem Ende der Berichtssteuerperiode an die ESTV.

Die Einreichungsfrist ist eine Ordnungsfrist. Im Gegensatz zu den Verwirkungsfristen führen Ordnungsfristen zu keiner Änderung der Rechtsbeziehungen. Verstreicht die Frist nach Artikel 11 ungenutzt, so kann die ESTV dem berichtenden Rechtsträger gestützt auf Artikel 22 Absatz 2 die Gelegenheit geben, den länderbezogenen Bericht innert einer gesetzten Frist nachzureichen.

Die Einhaltung der Einreichungsfrist ist Bestandteil der Erfüllung der Einreichungspflicht, weshalb die verspätete Einreichung eine Verwaltungssanktion nach sich zieht.

Abs. 2 In Fällen nach Artikel 8 beginnt die Einreichungsfrist nach Absatz 1 an dem Tag zu laufen, an dem die ESTV den in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträger schriftlich aufgefordert hat, den länderbezogenen Bericht einzureichen.

Die Feststellung der Schweiz, dass bei einem ihrer Partnerstaaten ein systemisches Scheitern eingetreten ist, benötigt Zeit. Erstens muss die Schweiz feststellen können, dass sie von diesem Partnerstaat den länderbezogenen Bericht nicht erhalten hat.

Zweitens muss sie gemäss der ALBA-Vereinbarung den Partnerstaat konsultieren, bevor sie ein systemisches Scheitern feststellt (vgl. dazu die Erläuterungen zu Abschnitt 6 der ALBA-Vereinbarung). Deshalb beginnt die Einreichungsfrist von zwölf Monaten an dem Tag zu laufen, an dem die ESTV den berichtenden Rechtsträger in der Schweiz schriftlich zur Einreichung des länderbezogenen Berichts aufgefordert hat.

Art. 12

Verwaltungssanktion bei Säumnis

Werden die länderbezogenen Berichte nicht fristgerecht eingereicht, so ist deren abkommens- und gesetzmässiger Austausch gefährdet. Die ESTV muss deshalb die Berichte auch nach Fristablauf einfordern können. Gemäss Artikel 12 belastet die ESTV einen Rechtsträger, der es versäumt, den länderbezogenen Bericht fristgerecht einzureichen, für jeden Tag Verspätung mit einem Betrag von 200 Franken.

73

BBl 2017

4. Abschnitt: Übermittlung länderbezogener Berichte und Verjährung Art. 13

Übermittlung und Verwendung der länderbezogenen Berichte

Abs. 1 Die ESTV übermittelt die länderbezogenen Berichte, die sie von berichtenden Rechtsträgern gestützt auf das anwendbare Abkommen erhalten hat, an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten, in denen konstitutive Rechtsträger desselben multinationalen Konzerns ansässig sind. Sie berücksichtigt dabei die im anwendbaren Abkommen festgelegten Fristen. Der ESTV steht demnach für die erstmalig auszutauschenden länderbezogenen Berichte nach Inkraftsetzung des ALBAG eine Frist von 18 Monaten nach dem letzten Tag der ersten Berichtssteuerperiode zu, auf die sich der länderbezogene Bericht bezieht (vgl. Abschnitt 3 Abs. 2 der ALBAVereinbarung). Für die nachfolgenden Berichtssteuerperioden gilt Abschnitt 3 Absatz 3 der ALBA-Vereinbarung, wonach ein länderbezogener Bericht so rasch wie möglich, spätestens aber 15 Monate nach dem letzten Tag der Berichtssteuerperiode, auf die er sich bezieht, auszutauschen ist.

Abs. 2 Nach Absatz 2 übermittelt die ESTV die von den berichtenden Rechtsträgern erhaltenen länderbezogenen Berichte an die für die Festsetzung und Erhebung der direkten Steuern zuständigen Behörden der Kantone, in denen konstitutive Rechtsträger des Konzerns ansässig sind. Die länderbezogenen Berichte werden also nur an diejenigen Kantone weitergeleitet, in denen konstitutive Rechtsträger des Konzerns ansässig sind. Absatz 2 bedeutet aber nicht, dass die länderbezogenen Berichte nur für die direkten kantonalen Steuern verwendet werden dürfen. Vielmehr können sie auch für die direkte Bundessteuer und die übrigen in den Zuständigkeitsbereich der ESTV fallenden Steuern verwendet werden.

Abs. 3 Bei der Übermittlung der länderbezogenen Berichte an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten weist die ESTV systematisch auf die Einschränkungen bei der Verwendung der länderbezogenen Berichte sowie auf die Geheimhaltungspflichten nach dem anwendbaren Abkommen hin (vgl. Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung).

Die zuständigen kantonalen Behörden sind an die gleichen Einschränkungen gebunden.

Gemäss der ALBA-Vereinbarung dürfen die durch den länderbezogenen Bericht gestützt auf die ALBA-Vereinbarung erhaltenen Informationen insbesondere für die Bewertung erheblicher Risiken im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen und der Gewinnverkürzung und -verlagerung sowie gegebenenfalls für wirtschaftliche und statistische
Analysen verwendet werden (vgl. Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung und Art. 21 Abs. 1 ALBAG). Die Informationen dürfen aber nicht als Ersatz für eine gestützt auf eine umfassende Funktionsanalyse oder Vergleichbarkeitsanalyse durchgeführte detaillierte Verrechnungspreisanalyse einzelner Transaktionen und Preise verwendet werden. Somit lässt sich nicht allein anhand der Informationen des länderbezogenen Berichts beurteilen, ob die Verrechnungspreise korrekt sind oder nicht, und Verrechnungspreiskorrekturen dürfen ebenso wenig einzig unter Beru74

BBl 2017

fung auf Informationen des länderbezogenen Berichts vorgenommen werden. Ungeachtet dessen ist es aber nicht unzulässig, auf der Grundlage von Informationen des länderbezogenen Berichts eine vertiefte Überprüfung der Verrechnungspreise eines multinationalen Konzerns oder anderer Steuerangelegenheiten durchzuführen.

Abs. 4 Wenn die ESTV länderbezogene Berichte gestützt auf Artikel 8 erhält, ist kein anwendbares Abkommen vorhanden, und die Übermittlung findet zwischen der ESTV und den zuständigen kantonalen Behörden statt, nicht zwischen ihr und den Partnerstaaten. In diesem Fall unterliegen die länderbezogenen Berichte bei der Verwendung durch die ESTV und die zuständigen kantonalen Behörden den gleichen Einschränkungen, wie wenn sie diese aufgrund der ALBA-Vereinbarung erhalten hätten.

Art. 14

Verjährung

Die ALBA-Vereinbarung enthält keine Regelung betreffend die Verjährung des Rechts, die Erstellung und Einreichung länderbezogener Berichte verlangen zu können. Im Interesse der Rechtssicherheit legt Absatz 1 fest, dass der Anspruch der ESTV gegenüber dem berichtenden schweizerischen Rechtsträger auf Einreichung des länderbezogenen Berichts fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs verjährt, in dem der länderbezogene Bericht einzureichen war. Die Verjährung wird durch jede auf die Anforderung des länderbezogenen Berichts gerichtete Amtshandlung unterbrochen (Abs. 2). Die absolute Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre, gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahrs, in dem der länderbezogene Bericht einzureichen war (Abs. 3). Sie gilt auch für den Fall der Verjährungsunterbrechung.

5. Abschnitt: Von den Partnerstaaten erhaltene länderbezogene Berichte Art. 15 Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung verweist auf Artikel 22 des Amtshilfeübereinkommens, der den Datenschutz und das Spezialitätsprinzip regelt. Das Amtshilfeübereinkommen legt fest, welchen Personen und Behörden die erhaltenen Informationen zur Kenntnis gebracht werden dürfen. Artikel 15 bildet diese Regelung ab, indem er festlegt, dass die ESTV die erhaltenen länderbezogenen Berichte den für die Festsetzung und Erhebung der in den Anwendungsbereich des anwendbaren Abkommens fallenden Steuern zuständigen kantonalen Behörden weiterleitet.

Die ESTV weist die kantonalen Behörden, denen sie die länderbezogenen Berichte weiterleitet, systematisch auf die Einschränkung bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten nach dem anwendbaren Abkommen hin (vgl. dazu Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung und Art. 13 Abs. 3 und 4 ALBAG).

Die ESTV und die zuständigen kantonalen Steuerbehörden verwenden die Informationen des länderbezogenen Berichts für die Bewertung erheblicher Risiken im 75

BBl 2017

Zusammenhang mit Verrechnungspreisen und der Gewinnverkürzung und -verlagerung. Gegebenenfalls kann die ESTV die Informationen auch für wirtschaftliche und statistische Analysen verwenden (vgl. dazu Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung und Art. 21 Abs. 1 ALBAG).

Gemäss der ALBA-Vereinbarung ist es weder der ESTV noch den zuständigen kantonalen Steuerbehörden erlaubt, Verrechnungspreiskorrekturen allein gestützt auf die Informationen der länderbezogenen Berichte vorzunehmen. Vielmehr müssen dafür weitere, detailliertere Informationen analysiert und bewertet werden (z. B.

vollständige Funktionsanalysen oder umfassende Verrechnungspreisvergleichsstudien). Solche detaillierteren Informationen werden typischerweise in den entsprechenden Verrechnungspreisdokumentationen und Benchmark-Studien der multinationalen Konzerne aufbereitet. Die zuständigen kantonalen Behörden können sie zu Analysezwecken beziehen.

6. Abschnitt: Organisation und Verfahren Art. 16

Aufgaben der ESTV

Die ESTV sorgt für die richtige Anwendung der anwendbaren Abkommen und des ALBAG (Abs. 1). Sie trifft alle Massnahmen und Vorkehrungen, die dafür notwendig sind (Abs. 2). Die ESTV prüft die Qualität der Informationen der länderbezogenen Berichte nicht, bevor sie diese an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten sowie die zuständigen kantonalen Behörden weiterleitet.

Die ESTV kann vorschreiben, dass die länderbezogenen Berichte ausschliesslich in elektronischer Form eingereicht werden (Abs. 3). Die genauen Vorgaben zur Einreichung sowie das elektronische Formular sind von der ESTV noch festzulegen.

Vorgesehen ist, dass ein Formular nach dem XML-Schema, analog demjenigen für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, verwendet wird.

Art. 17

Datenbearbeitung

Abs. 1 Absatz 1 ermächtigt die ESTV, Personendaten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen in Steuersachen sowie andere Personendaten zu bearbeiten. Der Begriff «bearbeiten» umfasst jeden Umgang mit Personendaten, insbesondere auch das Erheben, Aufbewahren und Verwenden von Daten (Art. 3 Bst. e DSG). Die Berechtigung gilt für die von den ausländischen Behörden erhaltenen sowie für die an die ausländischen Behörden übermittelten Daten gleichermassen. Aus Datenschutzgründen ist eine zweckbezogene Eingrenzung der Bearbeitung auf die Erfüllung der Aufgaben nach den anwendbaren Abkommen und dem ALBAG notwendig (vgl. Art. 4 Abs. 3 DSG). Befinden sich die Daten bei den kantonalen Behörden, so unterstehen sie dem einschlägigen kantonalen Recht.

76

BBl 2017

Abs. 2 Die ESTV ist ermächtigt, die in Artikel 2 Buchstabe k definierte Steueridentifikationsnummer systematisch zu verwenden.

Art. 18

Informationssystem

Abs. 1­4 Um die im Rahmen des anwendbaren Abkommens und des ALBAG erhaltenen Informationen zu bearbeiten, ist die ESTV berechtigt, ein Informationssystem zu betreiben. Nur die Mitarbeitenden der ESTV sowie der zuständigen kantonalen Behörden oder von der ESTV kontrollierte Fachpersonen ­ beispielsweise bei projektbezogenen Spezialaufträgen ­ haben Zugriff auf die Daten der länderbezogenen Berichte. Absatz 3 legt fest, zu welchen Zwecken das Informationssystem genutzt werden darf. Die ESTV ist das im Sinne von Artikel 16 DSG für dieses Informationssystem verantwortliche Organ. Auf Verordnungsstufe werden insbesondere die Organisation und Führung des Informationssystems, die Kategorien der bearbeitbaren Personendaten, die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen, die Aufbewahrungsdauer sowie die Archivierung und Vernichtung der Daten geregelt (Abs. 4).

Abs. 5 Absatz 5 räumt der ESTV die Möglichkeit ein, den für die Festsetzung und Erhebung der in den Anwendungsbereich des anwendbaren Abkommens und des ALBAG fallenden Steuern zuständigen kantonalen Behörden mittels Abrufverfahren Zugriff auf die Daten im Informationssystem der ESTV zu gewähren. Der Zugriff soll die Zusammenarbeit zwischen diesen Behörden und der ESTV erleichtern.

Art. 19

Auskunftspflicht

Berichtende Rechtsträger müssen der ESTV auf Verlangen Auskunft über alle Tatsachen erteilen, die für die Umsetzung des anwendbaren Abkommens und des ALBAG relevant sind.

Art. 20

Geheimhaltungspflicht

Jede Person, die mit dem Vollzug des anwendbaren Abkommens und des ALBAG betraut ist, untersteht der Geheimhaltungspflicht (Abs. 1). Die Pflicht gilt nicht bei der Übermittlung von Informationen nach dem anwendbaren Abkommen und dem ALBAG, beispielsweise bei der Übermittlung von länderbezogenen Berichten an die Partnerstaaten (Abs. 2 Bst. a).

Keine Geheimhaltungspflicht besteht auch gegenüber Organen der Rechtspflege und der Verwaltung zur Einholung amtlicher Auskünfte bei den mit dem Vollzug des ALBAG betrauten Behörden (Abs. 2 Bst. b) und wenn das anwendbare Abkommen die Aufhebung der Geheimhaltungspflicht zulässt und im schweizerischen Recht für diese Aufhebung eine gesetzliche Grundlage besteht (Abs. 2 Bst. c). Nach dem Amtshilfeübereinkommen beispielsweise dürfen die erhaltenen Informationen nur den Personen oder Behörden (einschliesslich der Gerichte und Verwaltungs- oder Aufsichtsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Festsetzung, Erhebung, 77

BBl 2017

Vollstreckung oder Strafverfolgung oder der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich dieser Steuern oder mit der Aufsicht darüber befasst sind. Die Informationen können auch für andere Zwecke verwendet werden, sofern dies nach dem Recht des erteilenden Staates oder Hoheitsgebiets zulässig ist und die zuständige Behörde dieses Staates oder Hoheitsgebiets ihr zustimmt.

Der Geheimhaltungspflicht wird im schweizerischen Recht auch durch Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 200033 Nachachtung verschafft. Diese Bestimmung statuiert eine Anzeigepflicht für Angestellte der Bundesverwaltung, wonach diese alle von Amtes wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit feststellen oder die ihnen gemeldet werden, den Strafverfolgungsbehörden, ihren Vorgesetzten oder der Eidgenössischen Finanzkontrolle anzeigen müssen.

Feststellungen über Dritte, die anlässlich einer Überprüfung nach Artikel 22 ALBAG gemacht werden, dürfen nur für die Durchführung des anwendbaren Abkommens verwendet werden (Abs. 3).

Art. 21

Statistiken

Die ESTV ist befugt, gestützt auf die Angaben in den länderbezogenen Berichten anonymisierte Statistiken zu erstellen und zu veröffentlichen.

Es besteht kein Recht auf Zugang zu weiter gehenden als den nach Absatz 1 veröffentlichten Informationen. Zum einen ist es wichtig, dass die Schweiz in diesem Bereich die für die Überprüfung der Umsetzung erforderlichen Angaben machen kann. Zum anderen dürfen solche Prüfberichte keine Identifikation von Konzernen ermöglichen, die zur Erstellung von länderbezogenen Berichten verpflichtet sind.

Art. 22

Überprüfung

Abs. 1 Die ESTV überprüft die Erfüllung der Pflichten nach dem anwendbaren Abkommen und dem ALBAG gestützt auf die vorliegenden Informationen. Aufgrund der Anmeldung nach Artikel 10 kann sie beispielsweise überprüfen, ob berichtende Rechtsträger die ihnen obliegenden Pflichten erfüllen. Sie kann anhand der ihr vorliegenden Informationen auch in der Schweiz ansässige nicht berichtende Rechtsträger überprüfen, um sicherzustellen, dass deren Eigenschaft als nicht berichtende Rechtsträger korrekt ist.

Zu beachten ist, dass die spezifische Überprüfung der Inhalte und der Informationen der länderbezogenen Berichte nicht zu den Aufgaben der ESTV zählt (siehe auch Erläuterungen zu Art. 16). Das heisst, dass die ESTV die länderbezogenen Berichte entgegennimmt und sie wie erhalten an die Partnerstaaten übermittelt. Sie übt diesbezüglich eine Übermittlungsfunktion und keine Prüffunktion aus.

33

78

SR 172.220.1

BBl 2017

Abs. 2 und 3 Stellt die ESTV fest, dass ein in der Schweiz ansässiger konstitutiver Rechtsträger seinen Pflichten nicht oder mangelhaft nachgekommen ist, so fordert sie ihn auf, innerhalb einer bestimmten Frist Abhilfe zu schaffen. Werden die Mängel nicht fristgerecht behoben, so kann die ESTV die Unterlagen des in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträgers an Ort und Stelle überprüfen, deren Aushändigung verlangen, mündliche oder schriftlich Auskünfte einholen oder Vertreterinnen und Vertreter des Rechtsträgers einvernehmen.

Abs. 4 und 5 Im Streitfall erlässt die ESTV eine Verfügung. Auf Antrag erlässt sie im Übrigen eine Feststellungsverfügung über die Eigenschaft als berichtender Rechtsträger oder den Inhalt des länderbezogenen Berichts nach dem anwendbaren Abkommen und dem ALBAG.

7. Abschnitt: Aussetzung und Kündigung Art. 23 Gemäss Abschnitt 8 Absatz 6 der ALBA-Vereinbarung kann die zuständige Behörde ihre Teilnahme am automatischen Austausch der länderbezogenen Berichte oder spezifisch in Bezug auf eine bestimmte zuständige Behörde kündigen. In Übereinstimmung mit der Praxis bei den DBA und SIA wurde im Amtshilfeübereinkommen und in der ALBA-Vereinbarung der Vorsteher oder die Vorsteherin des EFD oder die zu seiner oder ihrer Vertretung bevollmächtigte Person als zuständige Behörde bezeichnet. Angesichts der politischen und materiellen Bedeutung des Austauschs länderbezogener Bericht ist es jedoch gerechtfertigt, dass das EFD den Entscheid zur Aussetzung und Kündigung des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte gegenüber einem Partnerstaat sowie den Entscheid zur Kündigung der ALBAVereinbarung nur mit Ermächtigung des Bundesrates fällen kann.

8. Abschnitt: Strafbestimmungen Allgemeines Die Pflichten nach diesem Gesetz werden auf zwei verschiedene Arten durchgesetzt.

Einerseits zieht die Missachtung der Fristen (Art. 12) Verwaltungssanktionen nach sich. Damit soll die formelle und zeitgerechte Umsetzung des Austausches sichergestellt werden. Andererseits dienen die Strafbestimmungen dazu, als Ultima Ratio den abkommens- und gesetzeskonformen Austausch der länderbezogenen Berichte sicherzustellen. Ebenso sollen die Wirksamkeit der Kontrollen der ESTV präventiv ermöglicht und die mangelnde Mitwirkung bei solchen Kontrollen strafrechtlich sanktioniert werden. Die Strafverfahren werden nach dem Verwaltungsstrafrecht geführt; sie richten sich gegen die beschuldigten natürlichen Personen.

79

BBl 2017

Art. 24

Unwahre oder unvollständige Berichterstattung

Der Austausch ist nicht eine rein formelle Pflichterfüllung, sondern er bezweckt die transparente Darstellung der in den betroffenen Jurisdiktionen versteuerten Gewinne. Erweist sich, dass in den Berichten unwahre oder unvollständige Angaben gemacht wurden, so wird die Grundabsicht des anwendbaren Abkommens und des Gesetzes vereitelt. Angesichts dieser Bedeutung der Berichte macht sich daher strafbar, wer in den Berichten unwahre oder unvollständige Angaben macht. Der Strafrahmen ist angesichts der Bedeutung der inhaltlichen Richtigkeit und zur Prävention sehr hoch angesetzt. Diese Bedeutung erfordert auch die Bestrafung der fahrlässigen Tatbegehung; dabei ist allerdings der Strafrahmen im Vergleich zur vorsätzlichen Tat ausdrücklich erheblich tiefer angesetzt. Die konkrete Strafe richtet sich nach dem individuellen, dem oder den (Mit-)Tätern zurechenbaren Verschulden. Natürliche Personen, die einen Tatbeitrag leisten (Anstiftung, Gehilfenschaft), werden nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts beurteilt (Art. 2 und 5 des Bundesgesetzes vom 22. März 197434 über das Verwaltungsstrafrecht, VStrR).

Art. 25

Widerhandlung gegen amtliche Verfügungen

Diese Strafbestimmung richtet sich gegen pflichtwidriges Verhalten anlässlich der Überprüfung durch die ESTV (siehe Art. 22 ALBAG). Zwecks wirksamer Kontrolle muss die ESTV pflichtwidriges Verhalten mit einer Busse ahnden können. Der Strafrahmen entspricht den Bussen nach dem StGB: die Widerhandlung gilt strafrechtlich nicht als Ordnungswidrigkeit, sondern als Übertretung. Allerdings ist zu vermeiden, dass jede Nichtbeachtung einer behördlichen Frist bereits strafbar ist.

Aus diesem Grund hat die ESTV in den Verfügungen, die ein entsprechendes Gewicht haben sollen, auf die Strafandrohung hinzuweisen. Ohne diesen Hinweis ist das Nichtbefolgen der Anordnung nicht strafbar.

Art. 26

Verfahren

Da es sich bei den Widerhandlungen gemäss den Artikeln 24 und 25 um Verstösse gegen das Verwaltungsrecht des Bundes handelt, ist für das gesamte Verfahren das VStrR anzuwenden. Die Zuständigkeit für die Verfahrensführung sowie für Entscheidungen (Verfügungen, Strafbescheide und Strafverfügungen) obliegt aus demselben Grund der für die Anwendung des nationalen und internationalen Steuerrechts zuständigen Behörde, d. h. der ESTV. Die Rechtsmittel gegen Untersuchungsmassnahmen sowie gegen den Strafbescheid und die Strafverfügung sind umfassend im VStrR geregelt; dieses regelt auch die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanzen.

34

80

SR 313.0

BBl 2017

9. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 27

Genehmigungskompetenz

Nach Artikel 27 ist der Bundesrat zuständig für die Aufnahme eines Staates oder Hoheitsgebiets in die Liste der Staaten und Hoheitsgebiete, mit denen die Schweiz die länderbezogenen Berichte austauschen will. Wirksam wird der Austausch der länderbezogenen Berichte, wenn der auf der Schweizer Liste aufgeführte Staat oder das dort aufgeführte Hoheitsgebiet die Schweiz ebenfalls als Staat meldet, mit dem er oder es den Austausch vornehmen will. Andernfalls findet kein Austausch statt.

Als Partnerstaaten der Schweiz kommen nur Staaten infrage, die die Pflichten bezüglich Vertraulichkeit, Datenschutz und sachgemässe Verwendung der Informationen sowie die Konsultationspflicht nach den Abschnitten 5 und 6 der ALBAVereinbarung einhalten. Diese Pflichten sind integrierender Bestandteil der ALBAVereinbarung. Bei deren Nichteinhaltung kann die Schweiz den Austausch der länderbezogenen Berichte mit dem betreffenden Partnerstaat aussetzen (Abschnitt 8 Abs. 5 der ALBA-Vereinbarung).

Art. 28

Übermittlung länderbezogener Berichte über vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegende Steuerperioden

Abs. 1 Der Bericht zu Massnahme 13 empfiehlt, multinationale Konzerne für Geschäftsjahre mit Beginn ab 1. Januar 2016 der Pflicht zur Erstellung des länderbezogenen Berichts zu unterstellen. In der Schweiz gilt die Pflicht erst nach dem Inkrafttreten des ALBAG. Aufgrund des Verbots der Rückwirkung von Gesetzen dürfen multinationale Konzerne der Pflicht nicht für vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegende Steuerperioden unterstellt werden.

Nach Artikel 28 können multinationale Konzerne mit in der Schweiz ansässiger Konzernobergesellschaft den länderbezogenen Bericht über vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegende Steuerperioden freiwillig einreichen. Aus heutiger Sicht betrifft Artikel 28 somit ausschliesslich die Steuerperioden 2016 35 und 2017, zu denen bestimmte multinationale Konzerne bereits einen länderbezogenen Bericht erstellt haben könnten. Dies könnte insbesondere der Fall sein, wenn eine in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft über konstitutive Rechtsträger in Drittstaaten verfügt, die den länderbezogenen Bericht für die betreffenden Steuerperioden verlangen.

Für die Steuerperioden mit Beginn im ersten Kalenderjahr nach Inkrafttreten des ALBAG, d. h. aus heutiger Sicht ab dem 1. Januar 2018, wird die Erstellung des länderbezogenen Berichts obligatorisch, und Artikel 28 wird dadurch hinfällig.

35

Diese zeitliche Begrenzung entspricht der im Rahmen des BEPS-Projekts eingegangenen politischen Verpflichtung der Staaten, denn es wurde entschieden, «[...] die Erstellung eines länderbezogenen Berichts auf der neuen Grundlage erst für die Steuerjahre mit Beginn ab 1. Januar 2016 zu verlangen» (siehe OECD, Massnahme 13 ­ Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung, Ziff. 50).

81

BBl 2017

Reicht ein multinationaler Konzern den länderbezogenen Bericht über die Steuerperioden 2016 und/oder 2017 freiwillig ein, so sollten alle anderen im Ausland ansässigen konstitutiven Rechtsträger des Konzerns von der Pflicht zur Herausgabe des Berichts über den in ihrem Ansässigkeitsstaat allenfalls geltenden Zweitmechanismus befreit sein. Damit der Zweitmechanismus nicht zur Anwendung kommt, müssen nach der Auslegung der OECD folgende Voraussetzungen erfüllt sein36: ­

Die in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft reicht der ESTV den länderbezogenen Bericht spätestens zwölf Monate nach dem letzten Tag der Berichtssteuerperiode ein. Beginnt beispielsweise die Steuerperiode am 1. Januar 2016, so muss der länderbezogene Bericht der ESTV spätestens am 31. Dezember 2017 eingereicht werden (Abs. 4).

­

Die zur Erlangung des länderbezogenen Berichts erforderlichen Rechtsgrundlagen müssen in Kraft sein. Diese Bedingung muss auch erfüllt sein, wenn diese Rechtsgrundlagen die Einholung der länderbezogenen Berichte für vor dem Inkrafttreten der Rechtsgrundlagen liegende Jahre nicht zulassen. In Bezug auf länderbezogene Berichte über die Berichtssteuerperiode 2016 müsste das ALBAG somit vor dem 31. Dezember 2017 in Kraft getreten sein.

­

Zwischen der Schweiz und dem den länderbezogenen Bericht verlangenden Staat muss eine Vereinbarung zum Austausch der länderbezogenen Berichte vorliegen, und die Vereinbarung muss zum Zeitpunkt der Übermittlung des ersten länderbezogenen Berichts durch die Konzernobergesellschaft in Kraft sein. In Bezug auf länderbezogene Berichte über die Berichtssteuerperiode 2016 müsste die ALBA-Vereinbarung zwischen der Schweiz und dem betreffenden Staat somit am 31. Dezember 2017 aktiviert sein. Der Austausch wird somit mit allen Staaten automatisch erfolgen, mit denen die Schweiz die ALBA-Vereinbarung aktiviert hat. Die Reziprozität des Austauschs ist jedoch nicht sichergestellt. Diese hängt zum einen davon ab, wann der andere Staat mit dem Austausch der länderbezogenen Berichte beginnt, und zum andern davon, ob der andere Staat einen freiwilligen Mechanismus vorsieht oder nicht.

­

Es liegt beim Austausch zwischen der Schweiz und dem betreffenden Staat kein systemisches Scheitern vor.

Die länderbezogenen Berichte können erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes auf freiwilliger Basis eingereicht werden. Obwohl diese Möglichkeit in der ALBAVereinbarung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, können gemäss Auslegung der OECD freiwillig eingereichte Berichte gestützt auf die Vereinbarung ausgetauscht werden. Die ESTV übermittelt sie den ausländischen Behörden nach den Modalitäten des anwendbaren Abkommens. Bezüglich der Übermittlungsfristen gilt somit Abschnitt 3 der ALBA-Vereinbarung sinngemäss. Daraus ergibt sich, dass länderbezogene Berichte über die Steuerperiode 2016 spätestens Ende Juni 2018 übermittelt werden müssen. Länderbezogene Berichte über die Steuerperiode 2017 müssen 36

82

Siehe OECD, Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung: BEPSAktionspunkt 13, publiziert am 29. Juni 2016, überarbeitet am 12. Oktober 2016, S. 4 und 5.

BBl 2017

grundsätzlich spätestens Ende März 2019 ausgetauscht werden. Der Austausch der länderbezogenen Berichte über die Steuerperiode 2018 wird der eigentliche erste Austausch nach Abschnitt 3 Absatz 2 der ALBA-Vereinbarung sein, denn dies wird das Datum sein, das die Schweiz in der Notifikation gemäss Abschnitt 8 Absatz 1 Buchstabe a der ALBA-Vereinbarung angeben wird. Folglich wird der ESTV für die Übermittlung die in Abschnitt 3 Absatz 2 vorgesehene Frist von 18 Monaten zur Verfügung stehen.

Abs. 2 Wie bei den Übermittlungen auf der Grundlage von Artikel 13 weist die ESTV die ausländischen Behörden auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten länderbezogenen Berichte gemäss Abschnitt 5 der ALBA-Vereinbarung hin.

Abs. 3 Reicht eine in der Schweiz ansässige Konzernobergesellschaft den länderbezogenen Bericht freiwillig ein, so muss sie sich spätestens im Zeitpunkt der freiwilligen Einreichung nach Artikel 10 Absatz 1 oder 2 bei der ESTV anmelden.

Abs. 4 Für freiwillig eingereichte länderbezogene Berichte gilt die Frist nach Artikel 11 Absatz 1 sinngemäss, d. h. sie müssen zwölf Monate nach dem letzten Tag der Steuerperiode eingereicht werden.

Art. 29

Beginn der Erstellungspflicht des länderbezogenen Berichts

Vorbehältlich der Annahme dieser Vorlage durch die Bundesversammlung beginnt die Pflicht zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts ab den Steuerperioden mit Beginn ab 1. Januar 2018. Artikel 29 stellt sicher, dass die Erstellungspflicht nicht für Steuerperioden vor diesem Datum gilt. Die Bestimmung lässt aber die Möglichkeit offen, die länderbezogenen Berichte über die Steuerperioden 2016 und/oder 2017 freiwillig einzureichen.

Art. 30

Referendum und Inkrafttreten

Das Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Die Pflicht zur Erstellung der länderbezogenen Berichte beginnt ab dem 1. Januar des Kalenderjahres, das auf das Inkrafttreten des ALBAG folgt.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die Einführung des Austauschs länderbezogener Berichte wird bei der ESTV zu einem erhöhten finanziellen Aufwand führen. Wie beim AIA wird der ESTV auch beim Austausch länderbezogener Berichte in Bezug auf vom Ausland eingehende 83

BBl 2017

Informationen die Funktion einer Drehscheibe für den Datenaustausch mit den Partnerstaaten sowie mit den zuständigen kantonalen Behörden zukommen. Die für das Ausland bestimmten Informationen werden von den berichtenden Rechtsträgern ebenfalls bei der ESTV eingereicht und von dieser ans Ausland weitergeleitet. Die ESTV wird sich deshalb frühzeitig auf die neuen Rahmenbedingungen vorbereiten und entsprechende Vorkehrungen treffen müssen (Entwicklung eines geeigneten Informationssystems; Aufsetzen organisatorischer Prozesse innerhalb der ESTV bzw. mit den berichtenden Rechtsträgern, den Partnerstaaten und den zuständigen kantonalen Behörden). Sollten der ESTV neben der Funktion als Drehscheibe für den Datenaustausch weitere Aufgaben im Bereich der Analyse und Weiterbearbeitung der Daten zugewiesen werden, müssten entsprechende personelle Mittel bereitgestellt werden.

Da die Funktion der ESTV beim Austausch länderbezogener Berichte mit derjenigen beim AIA vergleichbar ist, kann bei der Entwicklung des Informationssystems auf den Erfahrungen bei der Umsetzung des AIA-Projekts aufgebaut werden. Das sich für den AIA in der Entwicklung befindende System kann allerdings nicht ohne Anpassungen für den Austausch länderbezogener Berichte verwendet werden, da unterschiedliche Arten von Daten ausgetauscht werden.

Für die Umsetzung des Austauschs länderbezogener Berichte benötigt die ESTV in den Jahren 2017­2019 drei zusätzliche Stellen. Diese werden intern zu kompensieren sein. Für die Entwicklung des Informationssystems wird von insgesamt rund 4 Millionen Franken bis 2019 ausgegangen.

Die personellen und informatikbezogenen Ressourcen für den laufenden Austausch länderbezogener Berichte ab 2019 werden im Rahmen der Erarbeitung der Verordnung zum ALBAG beantragt, da sie dann besser zu beziffern sein werden. Gemäss einer ersten groben Schätzung belaufen sich die Betriebskosten ab 2020 auf ca. 1,4 Millionen Franken. Im Jahr 2019 werden voraussichtlich Betriebskosten von rund 580 000 Franken anfallen, da das System nicht während des ganzen Jahres produktiv sein wird. Weiter wird sich auch ein Austausch länderbezogener Berichte über vor dem Inkrafttreten des ALBAG liegende Steuerperioden auf Ressourcen im Personalund Informatikbereich auswirken, aber eine Schätzung ist derzeit schwierig. Ein entsprechender Antrag
für personelle Ressourcen ab 2018 wird im Rahmen der Gesamtevaluation im Bereich der internationalen Amtshilfe im Frühjahr 2017 erfolgen.

Die Einführung der länderbezogenen Berichterstattung führt auch bei den kantonalen Steuerbehörden zu Mehraufwand. Der Personalaufwand wird von der Menge an Daten abhängig sein, die von den kantonalen Steuerbehörden auszuwerten sind. Der Umfang der von in der Schweiz ansässigen multinationalen Konzernen eingehenden Daten und der Daten, die die Schweiz aus dem Ausland erhält, hat einen Einfluss auf die Kosten. Sie sind zum jetzigen Zeitpunkt schwer abschätzbar, da auch die Zahl der Länder eine Rolle spielt, mit denen die Schweiz länderbezogene Berichte austauschen wird. Die Auswertung der Daten wird nur in gewissen Fällen eine eingehendere Verrechnungspreisanalyse nach sich ziehen. Diese Kosten sind von der Qualität der erhaltenen Daten abhängig und somit heute nicht einschätzbar. Die Auswertung der Berichtsdaten könnte zu einer Anpassung des steuerbaren Gewinns führen (siehe dazu Ziff. 5.3).

84

BBl 2017

5.2

Auswirkungen auf die Volkwirtschaft

Mehr als 60 Länder ­ alle OECD- und G-20-Mitglieder sowie einige Staaten, die weder Mitglied der OECD noch der G-20 sind ­ haben gleichberechtigt am BEPSProjekt teilgenommen. Die OECD- und G-20-Mitglieder (inkl. die Schweiz) haben sich politisch verpflichtet, die sogenannten Mindeststandards aus dem BEPS-Projekt zu übernehmen und umzusetzen. Zu diesen Mindeststandards zählen auch die länderbezogenen Berichte, die von den betreffenden multinationalen Konzernen erstellt werden müssen. Da für die multinationalen Konzerne bezüglich der länderbezogenen Berichte in allen OECD- und G-20-Ländern, die sich zur Übernahme der Mindeststandards verpflichtet haben, dieselben Regeln gelten, gewährleistet dies ein level playing field. Dies stellt sicher, dass den berichtenden Rechtsträgern in der Schweiz keine Wettbewerbsnachteile entstehen und die Schweiz zugleich die OECD-Mindeststandards erfüllt. Gemäss einer ersten Studie werden in der Schweiz ca. 200 ansässige multinationale Konzerne davon betroffen sein und als berichtende Rechtsträger einen länderbezogenen Bericht erstellen müssen.

Für die berichtenden Rechtsträger wird die Erstellung der länderbezogenen Berichte zu einer Erhöhung ihrer administrativen Kosten sowie der Compliance-Kosten führen. Der Mehraufwand dürfte sich aber in Grenzen halten, da die multinationalen Konzerne aufgrund der unterschiedlichen Buchhaltungsregeln bereits die meisten zu übermittelnden Informationen erheben. Da die länderbezogenen Berichte aber auch eine Aufschlüsselung der Einkünfte nach Drittverkäufen und internen Verkäufen sowie weitere detaillierte Angaben zu Steuerzahlungen und Kapital vorsehen, werden die meisten multinationalen Konzerne zumindest ihre Informationstechnologie entsprechend anpassen müssen.

Weiter gilt es zu beachten, dass die Staaten, die den internationalen Standard umsetzen, die Möglichkeit haben, in ihrem innerstaatlichen Recht den Zweitmechanismus vorzusehen, wonach die multinationalen Konzerne mit in der Schweiz ansässiger Konzernobergesellschaft einen länderbezogenen Bericht erstellen müssen, auch wenn die Schweiz die Instrumente für den Austausch länderbezogener Bericht nicht einführen würde.

5.3

Auswirkungen auf die Steuern

Die Informationen im länderbezogenen Bericht dürfen nicht allein zur Korrektur des steuerbaren Gewinns verwendet werden, sondern nur zur Beurteilung des Gewinnverlagerungsrisikos herangezogen werden. Ausgehend von den Informationen im länderbezogenen Bericht können weitere Untersuchungen bei der steuerpflichtigen Person erfolgen, die dann zu einer Korrektur des steuerbaren Gewinns bei der betreffenden Gesellschaft führen können. Soweit solche Korrekturen den Bestimmungen des anwendbaren DBA widersprechen, ist mit einer Zunahme von Doppelbesteuerungen und in der Folge auch der Verständigungsverfahren zu deren Beilegung zu rechnen.

85

BBl 2017

Die Einführung der länderbezogenen Berichte könnte zu erhöhten Steuereinnahmen führen, wenn die Schweizer Behörden in bestimmten Fällen den internationalen Grundsätzen entsprechende Korrekturen am steuerbaren Gewinn vornehmen.

Anderseits könnten den internationalen Grundsätzen entsprechende Korrekturen ausländischer Steuerbehörden, die diese aufgrund weiterer Untersuchungen ausgehend von länderbezogenen Berichten durchführen, zu Mindereinnahmen für die Schweiz führen, wenn sie zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entsprechende Korrekturen vornehmen muss.

Zusammengefasst können die Steuereinnahmen der Schweiz nach der Einführung des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte sinken oder steigen, je nach der zukünftigen Dynamik der Steuerkorrekturen in den Partnerstaaten sowie der Schweiz.

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 201637 zur Legislaturplanung 2015­ 2019 nicht angekündigt. Sie entspricht jedoch Ziel 2 der Legislaturplanung: «Die Schweiz sorgt für bestmögliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Inland und unterstützt so ihre Wettbewerbsfähigkeit». Gemäss diesem Ziel sind Massnahmen für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und den wirtschaftlichen Wohlstand zu treffen. Zudem ist die Einhaltung der internationalen Standards im Steuerbereich und namentlich in Bezug auf die Transparenz und den Informationsaustausch Bestandteil der bundesrätlichen Strategie für einen wettbewerbsfähigen Schweizer Finanzplatz. Die Schweiz soll auch in Zukunft über einen starken, international konkurrenzfähigen Wirtschaftsstandort verfügen.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Bundesbeschluss über die Genehmigung Der Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung der ALBA-Vereinbarung stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der völkerrechtlichen Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199738). Bei der ALBA-Vereinbarung handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, wobei für

37 38

86

BBl 2016 1105 SR 172.010

BBl 2017

dessen Genehmigung keine Zuständigkeit des Bundesrats besteht. Für die Genehmigung ist somit die Bundesversammlung zuständig.

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne (ALBAG) Rechtsgrundlage für das ALBAG ist Artikel 173 Absatz 2 BV, wonach die Bundesversammlung alle Geschäfte behandelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner andern Behörde zugewiesen sind. Das ALBAG regelt die Umsetzung des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte nach der ALBA-Vereinbarung sowie weiteren internationalen Abkommen, die den Austausch länderbezogener Berichte vorsehen. Da die landesrechtliche Regelung des Vollzugs des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Kantone oder einer anderen Bundesbehörde fällt, ist die Abstützung auf Artikel 173 Absatz 2 BV gerechtfertigt.

7.2

Erlassform

Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200239 gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Als wichtig gelten Bestimmungen, die gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssen. Die ALBA-Vereinbarung enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, deren Umsetzung ein Bundesgesetz erfordert. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der ALBA-Vereinbarung ist deshalb dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Das ALBAG untersteht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV.

7.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Nach Artikel 3 Absatz 2 ALBAG legt der Bundesrat den Inhalt des länderbezogenen Berichts unter Berücksichtigung der internationalen Standards in diesem Bereich fest. Aufgrund dieser Kompetenzdelegation können die Angaben, die im länderbezogenen Bericht nach den Empfehlungen des Berichts zu Massnahme 13 enthalten sein müssen, rasch an die Entwicklung des internationalen Standards angepasst werden. Diese Befugnis ist insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung im Jahr 2020 von Bedeutung, die zu einer Änderung oder Ergänzung der Informationen im länderbezogenen Bericht führen könnte. Ohne diese Kompetenzdelegation könnte der Fall eintreten, dass die Schweiz als einziges Land noch Angaben im länderbezogenen Bericht nach dem Bericht zu Massnahme 13 verlangt, während die anderen 39

SR 171.10

87

BBl 2017

Staaten und Hoheitsgebiete ihr Recht bereits an die im Jahr 2020 vorgenommenen Weiterentwicklungen angepasst haben.

Nach Artikel 6 Absatz 1 ALBAG müssen multinationale Konzerne ab einem gewissen konsolidierten Jahresumsatz den länderbezogenen Bericht einreichen, wobei die Kompetenz zur Festlegung dieses Schwellenwerts an den Bundesrat delegiert wird.

Der Schwellenwert muss dem Gegenwert von 750 Millionen Euro per 1. Januar 2015 entsprechen. Es ist daher vorgesehen, in der Verordnung zum ALBAG einen Schwellenwert bei einem konsolidierten Jahresumsatz von 900 Millionen Franken festzulegen. Mit der Kompetenzdelegation an den Bundesrat kann der Schwellenwert rasch an eine allfällige Änderung bei der Überprüfung im Jahr 2020 angepasst werden.

Nach Artikel 10 Absatz 3 ALBAG kann der Bundesrat auf dem Verordnungsweg bestimmte Angaben von in der Schweiz ansässigen konstitutiven Rechtsträgern eines multinationalen Konzerns verlangen, dessen Konzernobergesellschaft sich im Ausland befindet. Die Angaben beschränken sich auf die Firma, die Adresse und die Ansässigkeit des zur Einreichung des länderbezogenen Berichts verpflichteten konstitutiven Rechtsträgers im Ausland. Diese Informationen können sich im Rahmen einer Länderbeurteilung als nützlich erweisen und der Schweiz genauere Angaben über die Anzahl länderbezogener Berichte liefern, die von ihren Partnerstaaten zu bewerten sind.

Nach Artikel 18 Absatz 4 ALBAG legt der Bundesrat die Einzelheiten betreffend den Betrieb des ESTV-Informationssystems für die im Rahmen des anwendbaren Abkommens und des ALBAG erhaltenen Daten fest, namentlich die Organisation und Führung des Informationssystems, die Kategorien der bearbeitbaren Personendaten, die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen, die Aufbewahrungsdauer sowie die Archivierung und Vernichtung der Daten. Diese Delegation entspricht der üblichen Praxis.

Nach Artikel 27 ALBAG hat der Bundesrat die Kompetenz zu entscheiden, mit welchen Staaten und Hoheitsgebieten die Schweiz den länderbezogenen Bericht austauschen will. Die Notifikation, die angibt mit welchen Staaten und Hoheitsgebieten die Schweiz den Austausch der länderbezogenen Berichte wünscht, kann erst hinterlegt werden, nachdem die ALBA-Vereinbarung und das ALBAG von der Bundesversammlung genehmigt worden sind, gegen sie nicht das Referendum
ergriffen worden ist oder sie vom Volk angenommen worden sind. Wenn die Bundesversammlung den Grundsatzentscheid über den Austausch länderbezogener Berichte gefällt hat, kann der Bundesrat gestützt auf die Kompetenzdelegation entscheiden, mit welchen Staaten und Hoheitsgebieten die Schweiz den Austausch vornehmen will. Der Vorteil dieser Kompetenzdelegation liegt darin, dass der Bundesrat die Umsetzung durch die anderen Staaten beobachten kann. Diese Kompetenz kann gestützt auf Artikel 166 Absatz 2 BV an den Bundesrat delegiert werden. Auf Beschluss des Bundesrats kann die Schweiz im Zeitpunkt der Notifikation eine erste Liste über Staaten und Hoheitsgebiete einreichen. Da der Bundesrat ermächtigt ist, zu bestimmen, mit wem die Schweiz den länderbezogenen Bericht austauschen will, kann der Austausch rasch aktiviert und können die Abkommensgarantien so rasch wie möglich sichergestellt werden.

88