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Bundesblatt 107. Jahrgang

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Bern, den 17. März 1955

Band I

Botschaft des

Bündesrates an die Bundesversammlung über die Gestaltung des schweizerischen Fernsehens (Vom 8. März 1955) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Die modernen Mittel der Nachrichtenübertragung haben Kaum und Zeit überwunden. Fernsehen, Symbiose von Bild und Geschwindigkeit, stellt nur eine wichtige Etappe einer unaufhaltsamen technischen Entwicklung dar. Es befriedigt den Wunsch des modernen Menschen, jederzeit und von jedem beliebigen Ort aus unmittelbar, authentisch am Zeitgeschehen und den Ereignissen der Welt teilzunehmen.

Fernsehen ist längst zu einer Tatsache geworden, mit der man sich auseinandersetzen muss. An sich ist Fernsehen sicher weder gut noch böse, weder nützlich noch schädlich. Es ist ein wirksames Instrument in der Hand desjenigen, der damit umzugehen versteht. Wegen seines Einflusses auf die verschiedensten Lebensgebiete stellt das Fernsehen Probleme, die eine schweizerische Lösung verlangen. Wenn wir das Fernsehen in unserem Lande auf diese Weise aufbauen, genügen wir unserer Verantwortung gegenüber Jugend, Volk und Kultur am besten.

Der schweizerische Fernseh-Versuchsbetrieb, dessen Finanzierung auf dem Bundesbeschluss vom 81. Januar 1952 beruht und der mit Bundesbeschluss vom 24. Juni 1954 auf ein westschweizerisches Fernseh-Versuchsprogramm ausgedehnt worden war, wird am 30. September 1955 zu Ende gehen. Spätestens bis zu jenem Zeitpunkt'sollte hinsichtlich der künftigen Gestaltung des schweizerischen Fernsehbetriebes Klarheit herrschen. Dies und die Eindeckung der grenznahen Gegenden unseres Landes durch starke ausländische Sender sind die Gründe, weshalb sich Parlament und Öffentlichkeit in steigendem Masse mit Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

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Fernsehen befassen. Der Bundesrat hat bei verschiedenen Gelegenheiten einen ausführlichen Bericht in Aussicht gestellt. Er beehrt sich,' Ihnen heute die vorliegende Botschaft über die Gestaltung des schweizerischen Fernsehens zu unterbreiten.

I. Die allgemeine Entwicklung des Fernsehens 1. Die technische Ausgangstage a. Die Weiterentwicklung der elektrischen "Nachrichtenmittel Der 1852 in der Schweiz eingeführte Telegraph ist das älteste aller elektrischen Nachrichtenmittel. In seiner Anfangszeit war er durch die langsame Übermittlungsgeschwindigkeit von nur etwa 60-150 Zeichen pro Minute charakterisiert, so dass nur ein mittelbarer Informationsaustausch möglich war (geschriebenes Telegramm - Morse-Code - umgeschriebenes Telegramm).

Die langsame Übermittlungsgeschwindigkeit war anfänglich nur durch die Sende- und Empfangsapparaturen bedingt; es gelang aber verhältnismässig rasch, diese Geräte zu verbessern und später waren es vor allem noch die älteren Kabel, die die Telegraphiergeschwindigkeit begrenzten. Die technische "Entwicklung tendiert indessen klar nach einer möglichst schnellen Übermittlungsgeschwindigkeit. So gestattet der heutige Fernschreiber bereits einen direkten Informationsaustausch zwischen zwei Teilnehmern, da die Umsetzung der einzelnen Schriftzeichen in die zu übertragenden elektrischen Signale und der umgekehrte Vorgang so rasch erfolgen, dass der Benutzer dies gar nicht merkt.

Die Entwicklung steht auch da nicht still; so wird heute bereits am sprachgesteuerten Fernschreiber gearbeitet, der das gesprochene Wort direkt und augenblicklich in einen geschriebenen Text umsetzt, entweder nur am Orte des Sprechers selbst oder, gleichzeitig auch bei einem .weit entfernten Partner.

Die telegraphische Übertragung von Bildern ist in der Schweiz seit etwa 1930 zugelassen: 1946 eröffnete die Verwaltung eigene Sende- und Empfangsstellen. Das Verfahren der telegraphischen Bildübermittlung besteht darin, dass die Helligkeiten der einzelnen Bildpunkte eines Bildes nacheinander mit einem lichtempfindlichen Element abgetastet und in elektrische Signale umgeformt werden; diese Zeichen werden über eine Leitung oder drahtlos übertragen und steuern am Empfangsort eine Lichtquelle, die die Helligkeiten des Originalbildes für jeden seiner Punkte nachbildet. Es handelt sich dabei also wirklich um ein Telegraphiesystem, bei dem Zeichen übertragen werden; der einzige Unterschied gegenüber dem gewöhnlichen Telegraphen besteht darin, dass bei diesem die Zeichen einzelne Buchstaben darstellen, während sie bei jenem die Helligkeiten eines
Bildpunktes übertragen.

Genau wie beim ersten Morsetelegraphen ist das Verfahren durch eine langsame Übermittlungsgeschwindigkeit gekennzeichnet. Ein Bild von 13 x 18 cm benötigt etwa 11 Minuten. Auch beim Bildtelegraphen sucht die moderne Entwicklung die Ubermittlungsgeschwindigkeit zu steigern; das amerikanische

379 «Ultrafax»-Systern ist z. B. schon so rasch, dass r u h e n d e Bilder (Photographien, Zeichnungen, Manuskripte usw.) praktisch fast augenblicklich übermittelt werden können, etwa mit der Geschwindigkeit, mit der man Zeitungsbilder, ein Album mit Photographien usw. betrachten kann. Für die Übermittlung von bewegten Bildern genügt aber auch diese Geschwindigkeit noch nicht.

b. Die technischen Eigenschaften des Fernsehens Seit der Erfindung des Kinematographen weiss' man, dass genügend rasch aufeinanderfolgende einzelne Bilder, die je eine Phase einer Bewegung festhalten, den subjektiven Eindruck eines kontinuierlichen Bewegungsvorganges vermitteln. Um «fernzusehen» braucht es dazu lediglich einen schnelleren Bildtelegraphen, der ein Einzelbild in etwa lji& Sekunde übermitteln kann; die Geschwindigkeit des gewöhnlichen Bildtelegraphen muss dazu um einen Faktor von mindestens tausend gesteigert werden.

Das heutige Fernsehen kann also in technischer Hinsicht als ein Bildtelegraph mit sehr grosser Übermittlungsgeschwindigkeit aufgefasst werden. Natürlich bedingt die hohe Geschwindigkeit wesentliche konstruktive Änderungen, die vor allem darin bestehen, dass nicht mehr schwere mechanische Teile verwendet werden dürfen, sondern nur noch die viel leichteren Elektronen bewegt werden; am Prinzip selbst hat sich aber wenig geändert.

Das Fernsehen muss daher lediglich vom Standpunkt des Programmschöpfers aus als ein «neues» Mittel betrachtet werden, da es naturgemäss sehr viel anspruchsvoller ist als der «blinde» Bundspruch. Technisch gesehen ist es aber nichts anderes als eine reine Zeichenübertragung und damit eine logische und konsequente Weiterentwicklung des ursprünglichen Telegraphen in einer Eichtung, die für alle elektrischen Nachrichtenmittel typisch ist.

c. Beziehungen zu Telephon und Rundspruch Telephon und Eundsprueh sind beides schnelle Nachrichtenmittel, die von Anfang an einen unmittelbaren und augenblicklichen Informationsaustausch gewährleisteten. Heute noch wird dabei fast immer ein elektrisches Signal übertragen, das ein getreues Abbild des ursprünglichen Schallvorganges ist, dies im Gegensatz zu Télégraphie, Bildtelegraphie und Fernsehen, bei denen lediglich Zeichen (eine Art Code) übertragen werden. Immerhin geht man heute allmählich dazu über, auch Sprache und Musik in Form von
Zeichen zu übertragen, wodurch sich in bestimmten Fällen übertragungstechnische Vorteile ergeben.

Die Tatsache verdient jedoch festgehalten zu werden, dass übertragungstheoretisch das Fernsehen mit dem Telegraphen näher verwandt ist, als mit Telephon und Eundsprueh.

Ob ein elektrisches Signal irgendwelcher Art auf einem metallischen Leiter oder drahtlos übertragen wird, ist eine sekundäre Frage und berührt das eigent-

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liehe nachrichtentechnische Prinzip nicht. Der praktisch wichtigste Unterschied besteht darin, dass bei einer Drahtübertragung nur ein Empfänger (bei Eedif · fusion und Telephonrundspruch mehrere, aber bestimmte Empfänger) bedient wird, bei der drahtlosen Übertragung der Kreis der möglichen Empfänger aber unbegrenzt ist (E und Spruch).

Nicht nur die Steigerung der Übermittlungsgeschwindigkeit bei allen Telegraphiesystemen, sondern auch die heute angestrebte Verbesserung der Qualität bei Telephon und Eundspruch bedingen breitere Übertragungskanäle. Bei der drahtlosen Übertragung führt dies zwangsläufig zur Verwendung kürzerer Wellen. Dies ist der,Grund, weshalb sich heute sowohl das Fernsehen als auch in steigendem Masse das Eadio der Ultrakurzwellen (UKW) bedienen, wie die Wellenlängen zwischen l und 10 m genannt werden. Die Verwendung dieser Wellen ist also nicht nur für das Fernsehen typisch, sondern sie ist ganz allgemein durch die Steigerung der Leistungsfähigkeit aller Nachrichtenmittel bedingt, im Zuge ihrer logischen technischen Weiterentwicklung.

d. Die historisch-technische Entwicklung

Fernsehen ist weder international gesehen noch in der Schweiz ein überstürzt eingeführtes, neues elektrisches Nachrichtenübertragungsinstrument.

Seine technische Entwicklung geht vielmehr auf das letzte Jahrhundert zurück.

Erste Hoffnungen, das Fernsehproblem zu meistern, verbänden sich mit der damals schon bekannten Lichtempfindlichkeit .des Selens. Wohl war die rotierende Lochscheibe als Bildfeldzerleger erfunden, die Verstärkertechnik war jedoch noch zuwenig fortgeschritten, um die Bildsignale übertragen zu können.

Erst in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts gelang die Übertragung bewegter Bilder, das Auflösungsvermögen blieb aber wegen der Verwendung mechanischer Bildfeldzerleger noch eng begrenzt. Der Einsatz elektronischer Bildfeldzerleger in Verbindung mit der sich allmählich anbahnenden Technik der Meter- und Dezimeterwellen beseitigte auch dieses Hindernis. Der Amerikaner Zworykin erfand das Ikonoskop, ein vollelektronisches Bildfängerrohr; durch zahlreiche Verbesserungen gedieh allmählich das bekannte Braunsche Eohr zum vollwertigen Bildschirm. Gegen Ende der dreissiger Jahre wurde dieses Bildrohr bereits für die Grossprojektion verwendet.

Die technische Vervollkommnung der Bildübertragung führte in England bereits 1936 zur offiziellen Aufnahme des Fernsehbetriebs und im gleichen Jahr konnte auch in Deutschland die Olympiade in Berlin am Fernsehschirm verfolgt werden, während die Eröffnung des eigentlichen Sendebetriebs für das Heimfernsehen 1939 erfolgte.

Die schweizerischen Forschungs- und Vorbereitungsarbeiten gehen ungefähr auf dieselben Jahre zurück. Prof. Fischer, der damalige Leiter der Abteilung für industrielle Forschung der ETH, erfand Ende der dreissiger Jahre ein neues Grossprojektionsverfahren, das sich vor allem durch seine Lichtstärke aus-

381 zeichnete. Damals begann auch die Forschungs- und Versuchsanstalt der PTT in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Hochfrequenztechnik der ETH mit Untersuchungen über die Wellenausbreitung im Bereich der Meter-, Dezimeter- und Zentimeterwellen, die für Fernsehübertragungen mittels Eichtstrahlund Eundstrahlsendern in erster Linie in Frage kommen. Gestützt auf diese Forschungen entstand mit der Zeit das Netz schweizerischer Höhenstationen, dem im zivilen wie im militärischen Nachrichtenverkehr eine wesentliche Bedeutung zukommt. Unter Prof. Tank wurden schliesslich 1939 anlässlich der schweizerischen Landesausstellung in Zürich erstmals Fernsehdemonstrationen im sogenannten Kurzschlussverfahren öffentlich vorgeführt.

Während des zweiten Weltkrieges wurde die Forschung mit Eücksicht auf die militärischen Anwendungsmöglichkeiten des Fernsehens mit grösster Intensität weitergetrieben, obwohl die Öffentlichkeit über die erzielten Eesultate wenig mehr vernahm. Nach Kriegsende wandten sich sozusagen sämtliche Kulturstaaten der Welt dem Problem des Fernsehens zu. Auch schweizerischerseits wurde die wissenschaftliche Forschung weiter verfolgt.

Der gegenwärtige Stand der -Technik, die schon seit etlichen Jahren ihre Betriebsreife erlangt hat, umfasst im Fernsehen die folgenden elektrischen Mittel zur Bildübertragung: - die photoelektrischen Mittel zur Bildaufnahme, die sogenannten Bildfängerröhren ; - die Mittel zur Fernleitung der Bildsignale, wie: Richtstrahlübertragung über Sichtverbindungen auf Dezimeter- oder Zentimeterwellen, das Koaxialkabel und das Ballprinzip; - der Telefilm als ein Mittel zur Konservierung; - die Mittel zur öffentlichen Ausstrahlung, nämlich möglichst hochgelegene Sender, zumeist Eundstrahler auf Meter- und Dezimeterwellen, wobei gelegentlich auch der Drahtweg als Ergänzung dient.

Dank dieser Hilfsmittel ist heute mit den im Handel käuflichen Empfangsapparaten ein technisch einwandfreier Empfang von Fernsehprogrammen im normalen Wirkungsbereich eines Fernsehsenders möglich.

Obwohl das Fernsehen seine technische Betriebsreife schon lange erreicht hat, geht die Entwicklung unentwegt weiter. Ein Fernziel ist die magnetische B i l d a u f z e i c h n u n g auf Band. Andere Bemühungen gelten dem sogenannten B i l d f ä n g e r r o h r , bei welchem an Stelle des äusseren nun
auch der innere photoelektrische Effekt verwendet wird, womit es gelingt, einfachere und robustere Kameras aufzubauen. Eecht bedeutungsvoll sind ferner die Hoffnungen, die man auf die weitere Entwicklung des Transistors setzt. Es handelt sich dabei um ein einfaches Gebilde aus Halbleiterelementen, das zufolge der geringen Dimension, der Dauerhaftigkeit und seines verhältnismässig hohen Wirkungsgrades wegen im Begriffe steht, eine Eeihe bisheriger Eöhrenfunktionen zu übernehmen, womit der künftige apparative Aufwand wesentlich günstiger erscheint.

382 Mit allem Vorbehalt sind dagegen Meldungen aufzunehmen, wonach Mikrowellen ohne Eelaisverbindungen über grosse Distanzen, ja über die ganze Welt verbreitet werden könnten. Dieses Problem wird voraussichtlich kaum in den nächsten 10-20 Jahren gelöst werden.

Unser heutiges Fernsehen vermittelt ein sogenanntes Schwarzweiss-Bild.

Das Farbenfernsehen ist noch nicht endgültig gelöst. Die Herstellung entsprechender Empfangsgeräte zu erschwinglichen Preisen stösst noch auf Schwierigkeiten und auch die Qualität der Farbenwiedergabe befriedigt vorläufig nicht.

Obwohl in 'den Vereinigten Staaten von Amerika bereits farbige Fernsehprogramme experimentell ausgestrahlt werden, wird es noch etliche 'Jahre dauern, bis das Schwarzweiss-Bild durch ein farbiges Bild ergänzt werden kann. Es wird jedoch auch dann möglich sein, mit den heutigen Empfangsgeräten ein farbig ausgestrahltes Bild schwarzweiss zu empfangen.

Z. Der Stockholmer Vertrag 1952 Die Fernsehübertragung erfordert zunächst die Präzisierung einer ganzen Reihe technischer Bedingungen, wie etwa die Bildschreibweise, die Frequenzbandbreite, die Modulationsverfahren usw. Diese bilden in ihrer Gesamtheit eine bestimmte Bildnorm, wobei die Wahl der einzelnen Grossen natürlich rein zweckbedingt ist. Ein viel genanntes Kriterium ist die Bildzeilenzahl. Die schweizerischen Übertragungen halten sich an das internationale 625-ZeilenSystem.

Im Reglement des Anhangs zum Weltnachrichtenvertrag von Atlantic City 1947 wurden, für Fernsehen und Rundspruch gemeinsam, den europäischen Staaten im Spektralbereich der Meterwellen 3 Bänder zugeteilt. Es sind dies, für Fernsehen und Rundspruch gemeinsam, das Band I von 41 bis 68 MHz; das Band II von 87,5 bis 100 MHz und das Band III von 174 bis 216 MHz.

Da über die Belegung dieser Wellenbänder nichts Näheres bestimmt wurde, sind in der Folge durch die verschiedenen europäischen Verwaltungen, von rein nationalen Interessen und Überlegungen ausgehend, immer mehr Frequenzen belegt worden. Eine internationale Ordnung wurde notwendig, weshalb sich die im Rundspruchvertrag von Kopenhagen als zur europäischen Zone erklärten Länder erstmals 1952 entschlossen, ein europäisches Fernseh- und Rundspruchabkommen, den sogenannten Stockholmer Vertrag, abzuschliessen.

Unabhängig von der Vielzahl der international geltend gemachten
Auffassungen und Begehren gingen die schweizerischen Ansprüche im wesentlichen darauf aus, - die Möglichkeit zum Aufbau eines Rundspruchsystems zu sichern, um die Empfangsverhältnisse in den heute ungenügend bedienten Zonen verbessern und ferner ein besonderes Netz für ein zweites Rundspruch-Programm aufbauen zu können, wo sich eine Notwendigkeit dazu ergeben sollte; - die Möglichkeit zum Aufbau eines vollständigen Fernsehnetzes zu sichern, das unsern^drei Sprachzonen die Emission je eines Programms gestattet.

Fernsehsender der Schweiz und Nachbargebiete gemäss Plan von Stockholm 1952

co 00 co

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Der Vertrag, der die Verhältnisse auf lange Sicht regeln sollte, erstreckt sich in seiner endgültigen Fassung auf ca. 2000 Bundspruch- und 600 Fernsehsender. Unserem Land gewähren die Pläne im Bereich des Fernsehens : 4 Hauptsender, 9 Nebensender und l Gleichkanal. Die ungefähre Lage der Sender ist im Stockholmer Vertrag bereits festgelegt, indessen steht es den Verwaltungen frei, den endgültigen Standort innerhalb eines Umkreises von 25 km zu wählen.

Die Reservationen sind aus vorstehender Tabelle ersichtlich.

Von den 600 fest zugeteilten Fernsehsendern sind bis Ende 1954 in Europa 77 fertiggestellt und in Betrieb genommen worden, weitere 37 Sender werden ihre Emissionen im Verlaufe von 1955 aufnehmen. Unter ihnen befinden sich mehrere grenznahe Sender des benachbarten Auslandes, welche weite Teile unseres Landes heute schon mit ihren Programmen überfluten.

3. Entstehung und Entwicklung des Rundspruchs in der Schweiz

Zu Vergleichszwecken sei hier auf die Anfangsphasen des Bundspruchs in der Schweiz hingewiesen. Obwohl die ersten Amateurversuche auf die Zeit vor dem ersten Weltkrieg zurückgehen, fand erst in den Jahren 1922 bis 1926 nacheinander die Gründung von privaten Bundspruchgenossenschaften in Lausanne, Genf, Zürich, Bern und Basel und die Errichtung von Lokalsendern am Sitze der Gesellschaften statt. Die Telegraphen- und Telephonverwaltung sah anfänglich ihre Hauptaufgabe nur darin, die Sende- und Empfangskonzessionen zu erteilen, die Gebühren zu beziehen und eine allgemeine Aufsicht auszuüben. Der Bundspruch war deshalb bis gegen Ende der zwanziger Jahre, abgesehen von lokalen Subventionen der Kantone und Gemeinden, auf rein privater Grundlage aufgebaut. Die Mittel zum Bau der Sender und Studios wurden durch die Herausgabe von Genossenschaftsanteilen aufgebracht, die Kosten der Darbietungen und des technischen Betriebes dagegen aus Hörgebühren bestritten. Die Vielzahl autonomer Sender führte zu einer Zersplitterung der Mittel und brachte einige Genossenschaften bald in finanzielle Schwierigkeiten.

Der eingeschlagene Weg, den Bundspruch in der Anlaufperiode sich selbst zu überlassen, hat sich nicht bewährt. Die Schwierigkeiten finanzieller und organisatorischer Natur, die sich aus den widersprechenden regionalen Interessen und den inzwischen aufgetretenen internationalen Problemen ergaben, führten in den massgebenden Kreisen zur Erkenntnis, dass die Betreuung dieses neuesten Zweiges der Nachrichtentechnik mit Vorteil dem Bund übertragen werden sollte. Eine Studienkommission schlug im Jahre 1929 eine gesamtschweizerische Lösung vor, die in folgender Anregung bestand: a. Errichtung je eines Landessenders in der deutschen, französischen und italienischen Schweiz ; b. Übertragung der technischen Planung, des Baues und Betriebes aller Sendeanlagen an die Telegraphen- und Telephonverwaltung;

885 c. Zusammenfassung der verschiedenen Eundspruchgenossenschaften in einer Dachorganisation, die für.die Gestaltung der Programme und für die Verteilung des ihr aus dem Ertrag der Eundspruchhörgebühren zufallenden Anteils verantwortlich ist.

Die Punkte a und b dieses Vorschlages sind in der Folge durch die Übertragung der technischen Aufgaben des Eundspruchs an die PTT-Verwaltung, Punkt c durch die Bildung der Schweizerischen Bundspruch-Gesellschaf t als Dachorganisation verwirklicht worden.

Die Zusammenfassung der finanziellen Mittel nahm im Jahre 1929 mit der aktiven Beteiligung des Bundes am Eundspruchgeschehen ihren Anfang.

Mit Bundesbeschluss vom 18. Juni 1929 bewilligten die eidgenössischen Eäte einen Kredit von 1,7 Millionen Franken für den Bau der Landessender Beromünster und Sottens und für die technische Ausrüstung der Studios. Es folgten .in kurzem Abstand die Erstellung und Inbetriebnahme von Lokalsendern in Basel, Bern und Genf sowie eines dritten Landessenders im Tessin. Die Mitteldazu wurden auf dem Budgetweg bereitgestellt. Mit dieser Neuorientierung des Bundes in der Frage des Eundspruchs verschwand auch die bisherige Unsicherheit, was sich in einer starken Zunahme der Teilnehmerzahlen bemerkbar machte.' Die Zahl der Eundspruchhörer, die in den ersten zehn Jahren auf knapp 100 000 angewachsen war, verdreifachte sich bereits im Zeitraum 1981 bis 1933 und hat heute die Grenze von 1,2 Millionen Hörern überschritten. Im gleichen Masse nahm auch der jährliche Gebührenertrag zu; er ist von 1931 bis 1954 um mehr als 22 Millionen Franken, d. h. von 1,87 auf 24,15 Millionen jährlich angestiegen. Davon sind im letzten Jahr der Schweizerischen Eundspruch-Gesellschaf t für Programmzwecke 16,7 Millionen Franken zur Verfügung gestellt worden, während die restlichen 7,45 Millionen Franken der PTT-Verwaltung für ihren technischen Dienst verblieben.

Die Entstehungsgeschichte des Eundspruchs zeigt, dass man sich in der Gründungsperiode mit den gleichen finanziellen Problemen abzugeben hatte wie gegenwärtig beim Fernsehen. Dieses steht indessen heute insofern auf einer andern Ebene, als es in ungleich stärkerem Masse als seinerzeit der Eundspruch auf die Entwicklung im Ausland Eücksicht nehmen muss; auch die Stellung der Schweiz als Transitland wirkt sich beim Fernsehen stärker aus als beim
Eundspruch und bedingt eine gewisse technische Bereitschaft ohne Eücksicht auf das inländische Fernsehen.

Der Bundesbeschluss vom 18. Juni 1929 beweist, dass sich der Bund schon beim Eundspruch finanzieller Hilfe während der Anfangsphase nicht entziehen konnte. Die künftige Entwicklung hat gezeigt, dass diese Hilfe unerlässlich war, um zu einer zweckmässigen gesamtschweizerischen Lösung im Eundspruch zu kommen. Beim Fernsehen, das vergleichbare Verhältnisse mit dem Eundspruch aufweist, wird ein ähnlicher Weg beschritten werden müssen.

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4. Die Ausbreitung des Fernsehgedankens in der Schweiz Nachdem sich das Fernsehen in den Vereinigten Staaten von Amerika bereits eingebürgert hatte und verschiedene Länder Europas nach fast zwanzigjähriger wissenschaftlicher Tätigkeit an den Aufbau nationaler Fernsehnetze mit öffentlichen Darbietungen herangetreten waren, begann sich auch in der Schweiz die Öffentlichkeit mit dem Fernsehproblem zu beschäftigen. Die ersten Vorführungen des öffentlichen Fernsehens hatten noch vorwiegend technischen oder kommerziellen Charakter. So führten verschiedene Interessentengruppen in den Jahren 1947 bis 1949 Fernsehdemonstrationen in Zürich, Lausanne, Genf und Basel durch. Mehr oder weniger unabhängig davon wurde verschiedentlich um die Erteilung von Konzessionen für öffentliche Fernsehbetriebe nachgesucht, auf die aber vorderhand nicht eingetreten wurde, weil man die nationale Bedeutung des neuesten Ausdrucksmittels erkannte und nichts präjudizieren wollte. 1949 wurde in Anlehnung an die Anfänge des Eundspruchs der .Plan einer Fernseh-A G propagiert. Die Basis erwies sich jedoch, da das Projekt nur eine bestimmte Eegion unseres Landes urnfasst hätte, als zu wenig tragfähig. Es folgten als weitere Manifestationen: 1951 Fernsehdemonstrationen der Municipalité de Lausanne, 1952 solche der Eadiogenossenschaft Basel und in jüngster Zeit die Versuche der Municipalité de Genève.

Der Bundesrat hat die Entwicklung im In- und Ausland dauernd verfolgt.

Im Bestreben, unseren schweizerischen Verhältnissen in jeder Hinsicht Eechnung zu tragen, hat das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement die Generaldirektion PTT schon im Herbst 1949 mit der Konstituierung der eidgenössischen Kommission für Fernsehfragen beauftragt, welche die zuständigen Behörden in allen Fragen technischer, organisatorischer und finanzieller Natur beraten soll. Die Kommission für Fernsehfragen umfasst Vertreter der politischen Behörden aller Landesgegenden, darunter 4 Mitglieder der eidgenössischen Eäte, Vertreter von Wissenschaft, Industrie, Handel und Gewerbe, der Zeitungsverleger und der Presse, der Filmwirtschaft, der Armee und schliesslich der Schweizerischen Eundspruchgesellschaft und der PTTVerwaltung.

Es war ursprünglich vorgesehen, den technischen Übertragungsversuchen zur Planung eines Fernsehnetzes den eigentlichen Versuchsbetrieb
folgen zu lassen, der die nötige Programmerfahrung bringen sollte. Die Bekanntmachung eines ersten Versuchsprojektes durch den Bundesrat zu Beginn des Jahres 1951 leitete aber eine tiefgreifende öffentliche Auseinandersetzung ein. Neben lebhaften Gegnern des neuesten elektrischen Nachrichtenübertragungsmittels meldeten sich auch Befürworter, denen es vor allem darum ging, das Fernsehen in unserem Lande zum Wohl und nicht zum Schaden der Allgemeinheit einzusetzen. Um den gehegten Bedenken Eechnung zu tragen, setzte der Bundesrat eine weitere, die Eidgenössische Kommission zur B e g u t a c h t u n g kulturpolitischer Fernsehfragen ein. Sie wurde aus Trägern der kulturellen und geistigen Eigenart unseres Landes zusammengesetzt und umfasst Ver-

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treter der verschiedenen Landesteile, der politischen Parteien, der kirchlichen und Erziehungsbehörden, der Kunst und Wissenschaft, der Presse und des Films sowie der Frauen- und Familienschutzorganisationen. Der kulturpolitischen Kommission war die Aufgabe zugedacht, die mit dem Fernsehen zusammenhängenden Fragen nach der geistig-kulturellen Seite hin abzuklären.

Nationalrat und Ständerat stimmten der Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1951 über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes zu. Gestützt auf den Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 erteilte das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement am 28.Februar 1952 der Schweizerischen Kundspruchgesellschaft (SEG) eine provisorische Konzession für den , Fernseh-Programmdienst.

Die ursprünglich für den Herbst 1951, dann für das Frühjahr 1952 vorgesehene Aufnahme .des Versuchsbetriebes konnte aus verschiedenen Gründen erst 1953 erfolgen. Der Bau des Senders Uetliberg und der Studioeinrichtungen dauerte bis zum Frühjahr 1953. Auf diesen Zeitpunkt wurden die wichtigsten Mitarbeiter eingestellt und geschult. Am 20. Juli 1953 konnten die ersten Versuche mit Programmausstrahlungen beginnen. Der regelmässige Versuchsbetrieb wurde indessen erst am 23. November 1953 offiziell aufgenommen.

5. Stand des Fernsehens im Ausland a. Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Bundspruch- und Fernmeldewesen sowie das Fernsehen in den Vereinigten Staaten werden durch das Eundspruchgesetz von 1934 (Communications Act of 1934) geregelt. Die «Fédéral Communication Commission» (FCC) ist für die Ordnung auf dem Gebiete von Eundspruch und Fernsehen verantwortlich ; sie erteilt die Lizenz an die Sendestationen, setzt die Sendewellen fest und erlässt alle erforderlichen Vorschriften.

Der Eeichtum des Landes, die technischen Möglichkeiten, die Mentalität der Bevölkerung und vor allem auch die enormen Distanzen machen die Vereinigten Staaten von Amerika zum prädestinierten Land für das Fernsehen.

Ende 1954 standen 422 Fernsehsender in Betrieb, deren Zahl bis Ende 1956 auf 600 ansteigen wird. Der Fernsehempfänger gehört heute zu den meistgebrauchten Geräten, wurde doch bei rund 32 Millionen Empfangsapparaten eine Haushaltdichte von ca. 70% erreicht. Jeder 6. Amerikaner ist Fernsehteilnehmer. Im Eaume New York kann man im Fernsehapparat 9 Stationen mit
verschiedenen Programmen empfangen.

Diese gewaltige Entwicklung des Heimfernsehens war nur deshalb möglich, weil das Fernsehen in den USA auf rein kommerzieller Basis aufgebaut und der Empfang der Sendungen weder konzessions- noch gebührenpflichtig ist. Die Fernsehanlagen befinden sich ausschliesslich in privatem Besitz und werden grösstenteils durch Zeitungsverleger, Eundspruch- und Filmgesellschaften sowie die Pernsehindustrie kontrolliert. Die Eeklame bildet praktisch die einzige Finanzquelle des Fernsehens. Gelegentliche Beiträge öffentlicher oder privater

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Institutionen für Sendungen belehrenden Charakters sind neben den Erträgnissen der Eeklame bedeutungslos.

6. Weitere amerikanische Staaten.

Die Fernsehbetriebe in Brasilien, K u b a , M e xi k o und weiteren Staaten des amerikanischen Kontinents sind ebenfalls in der Entwicklung des Fernsehens schon weit fortgeschritten und in ihrer Grundkonzeption dem nordamerikanischen System nachgebildet. In diesen Staaten sind zusammen 89 Sender in Betrieb. In Kanada besteht nebst den auf kommerzieller Basis arbeitenden privaten Fernsehbetrieben die vom Staate konzessionierte grosse Bundspruch-Organisation, Canadian Broadcasting Corporation (CBC).

c. Europäische Staaten Das Fernsehen hat die Grenze der neuen Welt längst überschritten und in immer stärkerem Masse auch in Europa FUSS fassen und sich verbreiten können.

Auf unserem Kontinent liegt weiterhin Grossbritannien mit Abstand an der Spitze aller Fernsehländer. Die uns umschliessenden Staaten haben aber in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um den Abstand aufzuholen und ihr Fernsehnetz so rasch wie möglich auszubauen. Der Stand des Fernsehens in den europäischen Ländern, die kulturell vergleichbare Verhältnisse mit der Schweiz aufweisen, war am I.Januar 1955 folgender: Belgien. Am 31.Oktober 1953 wurde der auf 3 Jahre berechnete Fernsehversuchsdienst des «Institut National Belge de Eadiodiffusion» (INB) aufgenommen. Zur Zeit strahlen 4 Sender ein französisches und ein flämisches Programm von zusammen 22 Stunden Dauer in der Woche aus. Damit werden 3 Millionen Einwohner oder 40% der Bevölkerung Belgiens erfasst. Die Sendedauer soll jetzt auf je 14 Stunden für jedes der beiden Programme, zusammen also auf 28 Wochenstunden erhöht werden. Für 1955 ist der Bau von 3 weiteren Fernsehsendern vorgesehen. Die Zahl der in Betrieb stehenden Fernsehempfänger wird Ende 1954 auf annähernd 40 000 geschätzt gegenüber 15 000 am I.April des gleichen Jahres.

Belgien ist über den Sender Lüttich und die Belaisstation Bötgen/Aachen an das westdeutsche Bichtstrahlnetz angeschlossen. Dieser Anschluss ermöglicht eine bessere Übernahme der deutschen sowie der aus der Schweiz und Italien kommenden Fernsehprogramme und macht die frühere Umleitung über das holländische Fernsehsystem überflüssig.

Für die Finanzierung der laufenden Ausgaben wurden im Budget des
Verkehrsministeriums seit 1952 entsprechende Posten eingesetzt, die sich für 1954 auf 105 Millionen bFr. (ca. 9,27 Millionen sFr.) beliefen. Ausserdem erhielt die INB die Bewilligung, für ausserordentliche Investitionen eine Anleihe in der Höhe von 135 Millionen bFr. (ca. 11,55 Millionen sFr.) mit Staatsgarantie aufzunehmen. Auf die Erhebung von Teilnehmergebühren wurde bisher verzichtet ; im Voranschlag 1955 wird erstmals mit einer Einnahme von 20 Millionen bFr.

389 (ca. 1,76 Millionen sFr.) aus Gebühren gerechnet, die pro Empfänger 500 bFr.

(ca. 44,15 sFr.) betragen soll. Gleichzeitig soll die Bundspruchgebühr von 144 auf 180 bFr. erhöht werden, um die Kosten des definitiven Fernsehbetriebes decken zu helfen.

D ä n e m a r k . Dänemark begann nach Abschluss einer dreijährigen Versuchsperiode am 10. Januar 1954 den regulären Fernsehdienst der « Statsradiofonien» in Kopenhagen mit 8 Sendestunden in der Woche. Der einzige in Betrieb stehende Sender wird «1955 durch 3 weitere leistungsfähige Sender ergänzt, die zusammen die Hälfte des dänischen Flachlandes versorgen können. In einer weiteren Bauetappe sind nochmals 4 Sender vorgesehen. Die Teilnehmerzahl betrug am 31. Dezember 1954 2674; sie ist vor allem wegen der geringen Sendestundenzahl nicht rascher angestiegen.

Für den Ausbau des Sendernetzes rechnet man mit einem Aufwand von 7,6 Millionen dKr. (ca. 5 Millionen sFr.). Für Studio- und Programmkosten wurden 1954 weitere 5 Millionen dKr. verausgabt. Die notwendigen Mittel werden aus dem Badiofonds der staatlichen Badioorganisation vorgestreckt und sollen zurückbezahlt werden, sobald das Fernsehen nach einer Anlaufzeit von schätzungsweise 5 Jahren selbsttragend geworden ist. Die Konzessionsgebühren, die zur Deckung der Darlehen herangezogen werden, betragen 20 dKr. für Bundspruch- bzw. 50 dKr. für Fernsehempfang.

Deutschland (West-). Die gesetzliche Grundlage für den Bundfunk bildet das Fernmeldegesetz von 1928. Darnach steht das Becht, Fernmeldeanlagen (Telegraphenanlagen für die Vermittlung von Nachrichten, Fernsprechanlagen und Funkanlagen) zu errichten und zu betreiben, ausschliesslich dem Beiche zu. Als Funkanlagen werden elektrische Sende- und Empfangseinrichtungen bezeichnet, bei denen die Übermittlung oder der Empfang von Nachrichten, Zeichen, Bildern oder Ton ohne Verbindungsleitungen oder unter Verwendung elektrischer, an einem Leiter entlang geführten Schwingungen stattfinden kann, weshalb das Gesetz auch die Grundlage für das Fernsehen bildet. Die Verleihung der Konzession sowie die Festsetzung der Bedingungen der Verleihung steht dem Bundespostminister oder den von ihm hiezu ermächtigten Behörden zu.

Die Verbreitung des deutschen Fernsehens nach dem zweiten Weltkrieg ging vom Nordwestdeutschen Bundfunk (NWDB) in Hamburg aus, der den
regulären Betrieb bereits Ende 1952 aufnahm, während die übrigen regionalen Bundfunkanstalten mit ihren Sendungen erst 1954 begannen. Seither hat das Fernsehen in Deutschland überraschende Fortschritte gemacht. Seit November 1954 wird über alle 23 Sender der Bundesrepublik ein gemeinsames Programm bestritten, wobei die einzelnen Bundfunkanstalten ihre Beiträge zum Gesamtprogramm leisten. Dazu kommen noch regionale Programme über die Sender der einzelnen Bundfunkanstalten. Die Sendezeit beträgt gegenwärtig rund 21 Stunden pro Woche für das reguläre Programm, wozu noch Sondersendungen, vorwiegend in Form von Aussenübertragungen aktueller und sportlicher Ereignisse, kommen. Für 1955 ist der Bau von weiteren 13 Sendern im Gesamtgebiet

390 der Bundesrepublik vorgesehen, einzelne davon, insbesondere Stuttgart, Feldberg/Schw. und Grünten im Versorgungsgebiet des Süddeutschen Eundfunks, des Südwestfunks und des Bayerischen Rundfunks, die dannzumal alle in der Nord- und Nordostschweiz gut empfangen werden können. Zur Zeit strahlen bereits die starken Sender Hornisgrinde und Eaichberg in das nördliche und nordöstliche Grenzgebiet der Schweiz ein. Sämtliche Sender und Studios sind durch das Richtstrahlnetz der Bundespost miteinander verbunden.

Die Zahl der Konzessionäre ist in raschem Steigen begriffen. Waren es am I.Januar 1954 noch 11 658 Teilnehmer, so ist deren Zahl am 4.Februar 1955 bereits auf 100 000 angestiegen, wobei die monatliche Zunahme bis zu 10 000 Konzessionäre betrug. Die Entwicklung des Fernsehens ist auch aus den steigenden Produktionsziffern der Industrie ersichtlich. Die Jahresproduktion 1954 erreichte 145 000 Fernsehgeräte; für 1955 ist die Herstellung von 800 000 bis 400 000 Empfängern geplant.

Bisher wurden rund 45 Millionen D-Mark (ca. 47 Millionen sFr.) im Fernsehen investiert. Hiezu trugen die Rundfunkanstalten 25 Millionen DM bei, der Rest wurde vom Bundespostdienst aufgewendet. Nebst dem Nordwestdeutschen Rundfunk stellten auch der Hessische Rundfunk, der Südwestfunk und der Bayerische Rundfunk Millionenbeträge für Fernsehzwecke in ihre Rechnungen ein. Für das Haushaltjahr 1954/55 beträgt das Ausgabenbudget des NWDR 114 Millionen DM (ca. 118,5 Millionen sFr.), davon 12,5 Millionen DM (ca. 13 Millionen sFr.) für Fernsehen; der Bayerische Rundfunk hat ein Budget von 45,9 Millionen DM, davon 6,5 Millionen DM~für Fernsehen. Der Südwestfunk seinerseits will in der gleichen Periode 2,9 Millionen DM für Fernsehzwecke investieren. Die Rundfunkanstalten haben eine Arbeitsgemeinschaft gebildet und auf I.April 1954 einen Finanzausgleich eingeführt. NWDR und der Bayerische- Rundfunk leisten jährlich 8,4 Millionen DM aus Rundfunkund Fernsehgebühren für gemeinsame Aufgaben und zur Stützung der finanziell schwächeren Mitglieder.

Das Fernsehen ist gegenwärtig den einzelnen Rundfunkanstalten überlassen. Seit I.Januar 1955 wird für jeden Fernsehempfänger eine jährliche Konzessionsgebühr von 60 DM (Rundfunk'24 DM) erhoben. Rundfunkreklame wird von allen Rundfunkanstalten ausgestrahlt, ausser vom NWDR. Beim Bayerischen
Rundfunk, Süddeutschen Rundfunk und Südwestfunk gehen die Einnahmen aus der Rundfunkreklame in einen Fonds für kulturelle Zwecke.

Beim Hessischen Rundfunk dienen diese Einnahmen dem Rundfunk und dem Fernsehen. Auch für das Fernsehen wird die Reklame als zusätzliche Einnahmenquelle in Erwägung gezogen.

Frankreich. Bis 1925 bestanden in Frankreich ausschliesslich private Sendegesellschaften. Das Gesetz vom 80. Juni 1926 erklärte das Gesetz von 1851 betreffend das Monopol und die Kontrolle der Telegraphenlinien auf Rundfunksende- und -Empfangsgeräte anwendbar. Damit erhielt die Post- und ' Telegraphenverwaltung das alleinige Recht, Rundfunkanlagen zu errichten

391 und zu betreiben. Nach diesem Zeitpunkt wurden mit Mitteln des Postministeriums mehrere staatliche Sender gebaut und betrieben. 1928 wurde die Befugnis zur Verleihung von Sendeerlaubnissen vom Postminister auf den Ministerrat übertragen. Mit Dekret vom 29. Juli 1939 wurde eine selbständige Verwaltung, die «Eadiodiffusion Nationale» (E. N.) geschaffen. Diese zentrale staatliche Sendegesellschaft fasste alle staatlichen Sender zusammen. Die während des Krieges erlassenen Gesetze von 1942 bilden die Grundlage für die heutige Stellung des französischen Kundfunks. Durch diese Gesetze erhielt die E. N. das Alleinrecht, öffentliche Eadiosender zu erstellen und zu betreiben.

Die E. N. wurde auch Aufsiehts- und Bewilligungsbehörde für die privaten Eadiogesellschaften. Mit Dekret vom 23. März 1945 wurde den privaten Gesellschaften die Sendeerlaubnis endgültig entzogen. Damit begann für Frankreich der zentral zusammengefasste Staatsrundfunk, der nach dem Krieg den Namen «Eadiodiffusion et Télévision Françaises» annahm. Der französische Fernsehdienst ist eine Abteilung dieser autonomen Verwaltung.

Zurzeit liegen mehrere Gesetzesvorschläge für eine Neuregelung des französischen Eundfunks und Fernsehens vor, die eine Lockerung von den staatlichen Bindungen bezwecken.

Das Fernsehen hat eine wechselvolle Entwicklung genommen. Fehlende finanzielle Mittel, die Unsicherheit bei der Wahl der Normung und wiederholte Änderungen in der Fernsehplanung verzögerten die Breitenentwicklung, obwohl gerade in Frankreich seit 1932 Versuchssendungen durchgeführt wurden. Seit 1952, als die «Eadiodiffusion et Télévision Françaises» (ETF) als Konzessionsinhaberin ihre Sendezeit schrittweise auf 40 Stunden in der Woche erhöhte und gleichzeitig die Programmqualität verbesserte, ist ein ernsthafter Aufschwung zu verzeichnen. Im Dezember 1953 stimmte das Parlament einem Vierjahresplan der Eegierung für den Ausbau des nationalen Fernsehnetzes für Frankreich, Algerien und Tunis zu, das 45 Stationen vorsieht, die zusammen. 95 % der Bevölkerung versorgen werden. Gegenwärtig sind 6 Sender im Betrieb, ferner die Eichtstrahlverbindungen Paris-Lilie, Paris-Strassburg und ParisLyon-Marseille. 1955 erfolgt die Betriebsaufnahme des Senders Lyon-Land, ferner diejenige von 4 Sendern in der Normandie und weitere Sender in ElsassLothringen,
an der Mittelmeerküste, in Tunis und Algier. Bis 1956 sollen 16 Millionen Einwohner erfasst werden. Zur Zeit können erst die Versuchssendungen des Fernsehsenders Strassburg im nördlichen Grenzgebiet der Schweiz empfangen werden.

Die Teilnehmerzahlen stiegen im Jahre 1954 rapid an. Betrug anfangs des Jahres die Zahl der Konzessionäre noch 63 000, so stieg sie anfangs Oktober 1954 bereits auf 125 000. In jenem Zeitpunkt waren rund 200 Schulen in Eeichweite des Pariser Senders für Schulfernsehen und Gemeinschaftsempfang eingerichtet.

Die Eadiodiffusion et Télévision Françaises (ETF) ist eine Verwaltungs' abteilung des Staates und als solche dem Industrie- und Handelsministerium, früher dem Informationsministerium, direkt unterstellt. Ihre Aufwendungen

392 werden einem Gesamtbudget entnommen, dessen Einnahmen aus den Bundspruch- und Fernsehgebühren sowie aus Vergütungen verschiedener Begierungsstellen für besondere Leistungen der BTF bestehen. Der Vierjahresplan der Begierung von 1952 sieht Gesamtkosten im Betrage von 17 bis 20 Milliarden ffr. (ca. 214 bis 252 Millionen sFr.) vor. Der jährliche Finanzaufwand beträgt 4 bis 5 Milliarden ffr. (ca. 50 bis 63 Millionen sFr.) für Anlagen und 1,8 Milliarden ffr. (ca. 22 Millionen sFr.) für Betrieb und Programm. Die Fernsehgebühr beträgt 4350 ffr. (ca. 54,80 sFr.). Die Teilnehmerzahl genügt noch nicht, um den Fernsehbetrieb selbsttragend zu gestalten. Da Beldamesendungen verboten sind, muss der Ausbau des Fernsehnetzes mittels staatlich garantierter Anleihen und aus Beiträgen regionaler und lokaler Behörden für Provinzsender und Studios finanziert werden.

Grossbritannien. In Grossbritannien stützt sich die Badiohoheit auf den Wireless Telegraphy Act von 1904, dessen heutige Fassung vom Jahre 1949 stammt. Dieses Gesetz bestimmt, dass eine Funkanlage nur mit Genehmigung des Generalpostmeisters errichtet und betrieben werden darf. Die Verleihung des Bundspruchmonopols erfolgte 1923 durch Licence and Agreement des Generalpostmeisters an die 1922 gegründete British Broadcasting Company (BBC), einer Gesellschaft von Firmen der Badioindustrie. Der technische Betrieb wurde von der Gesellschaft selbständig durchgeführt, unterlag aber der Aufsicht des Generalpostmeisters. Am I.Januar 1927 trat die British Broadcasting Corporation die Nachfolge der BB-Company an. Die Begierung verlängerte 1937 Lizenz und Charter und dehnte gleichzeitig den Aufgabenbereich der BBC auf die Durchführung von Fernsehsendungen aus. Die seit dem I.Januar 1947 in Kraft stehende revidierte Boy al Charter (letzte Fassung vom I.Juli 1952) gibt der BBC die Form einer Körperschaft. Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden auf höchstens 5 Jahre von der Begierung frei ernannt.

Der Generalpostmeister hat auf Grund des Gesetzes über die drahtlose Télégraphie der BBC durch «Licence and Agreement» das Becht verliehen, Bundfunk- und Fernsehsendeanlagen zu erstellen und zu betreiben. Die BBC besorgt sowohl den technischen Dienst als auch die Programmgestaltung. Bundfunk und Fernsehen unterliegen in technischer und programmlicher Hinsicht den
Weisungen des Generalpostmeisters. So hat dieser u. a. formal ein Vetorecht gegen Einzelheiten der Programmgestaltung, wovon er aber nur sehr selten Gebrauch macht.

Der öffentliche Fernsehdienst der British Broadcasting Corporation (BBC) wurde schon 1936 aufgenommen, musste jedoch während des zweiten Weltkrieges unterbrochen werden. Mit der Wiederaufnahme der Sendungen im Jahre 1946 begann ein rascher Aufschwung des Fernsehens. In wenigen Jahren wurde ein nationales Netz eingerichtet, das aus 5 Großsendern und 4 Begionalsendern besteht, mit denen bereits 80 Prozent der Bevölkerung erreicht werden können.

Bis 1956 sollen 9 weitere Sender gebaut werden, so dass zu jenem Zeitpunkt 97 Prozent der Bevölkerung fernsehen kann. Die BBC beabsichtigt ferner, bis

398 1964 eine zweite Kette von 5 Großsendern, 5 mittelstarken und 8 lokalen Sendern aufzustellen, um für das ganze Land ein Doppelprogramm senden zu können. Parallel dazu soll die Zahl der Studios erweitert werden. Seit Beginn 1954 wurde die wöchentliche Sendezeit der BBC von 38 auf 49 Stunden erweitert.

Das Parlament genehmigte im Frühjahr 1954 die von der Eegierung der Indépendant Télévision Authority (ITA) erteilte Konzession für eine zweite Fernsehorganisation, die sich hauptsächlich aus den Einkünften der Fernsehreklame erhalten soll. Ursprünglich als rein privates Unternehmen vorgesehen, ist die ITA nunmehr als öffentlich-rechtliche Anstalt konstituiert. Sie plant für 1955 vorläufig 3 Großsender. Für den Programmdienst der ITA sind Verträge mit Privatgesellschaften abgeschlossen worden, wobei zwischen den Programmen Eeklamesendungen vorgesehen sind. Die Zahl ihrer Sendestunden ist noch unbestimmt.

Die Qualität der Programme und die grosse Sendestundenzahl, verbunden mit der Möglichkeit, preislich wohlfeile Empfänger anschaffen zu können, haben dem Fernsehen in Grossbritannien in allen Bevölkerungskreisen grösste Verbreitung verschafft. Bei einer Kadenz von weit mehr als 50 000 neuen Teilnehmern pro Monat ist die Zahl der Konzessionäre am I.November 1954 auf 3 999 624 angestiegen. Die 4-Millionen-Grenze ist am I.Dezember überschritten worden. Die BBC erwartet, dass der Fernsehbetrieb bei 5 Millionen Konzessionären selbsttragend sein wird. Parallel mit dieser Entwicklung läuft die Zunahme der Produktionsziffer der englischen Fernsehindustrie. Von 1952 auf 1953 ist die Zahl der fabrizierten Fernsehempfänger von 330 000 auf über l Million pro Jahr angestiegen.

Die Finanzierung der beträchtlichen Ausgaben für Neuanlagen und Betrieb der BBC-Anlagen, die im Finanzjahr 1953 4,3 Millionen Pfund (ca. 52,5 Millionen sFr.) erreichten und im Budget 1954 programmseits noch um 100 000 Pfund (ca. 1,25 Millionen sFr.) erhöht wurden, erfolgt nebst den Einkünften aus Fernsehteilnehmergebühren in der Höhe von 2 Pfund pro Jahr (ca. 24,50 sFr.) durch die BBC, die bis zu 20 Prozent ihrer Gesamteinkünfte aus Eundspruchgebühren für ihren Fernsehdienst abzweigt. Die ITA ihrerseits soll sich aus den Erträgnissen der Fernsehreklame erhalten. Ausserdem wird ihr aus den Fernsehteilnehmergebühren ein jährlicher Zuschuss
von 750 000 Pfund (ca.

9,18 Millionen sFr.) überlassen. Darüber hinaus ist die Eegierung befugt, für die Errichtung des Dienstes dieser Gesellschaft ein Darlehen von 2 Millionen Pfund (ca. 24,5 Millionen sFr.) innerhalb von 5 Jahren zu gewähren.

Italien. Die Verfassung der Italienischen Eepublik vom 27.Dezember 1947 erwähnt das Eadio- und Fernsehregal nicht, bestimmt jedoch, dass das Gesetz dem Staat zum Nutzen der Allgemeinheit Monopolstellungen vorbehalten und öffentlichen Körperschaften, Arbeitsgemeinschaften usw. übertragen kann.

Das Fernsehen beruht in Italien auf dem mit Dekret von 1936 genehmigten Post- und Fernmeldegesetz (Codice postale e delle telecomunicazioni), das die Erstellung und den Betrieb der Fernmeldeanlagen, nämlich der telegraBundesblatt. 107.Jahrg. Bd. 1.

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phischen, telephonischen, radioelektrischen und optischen Einrichtungen, dem Staate vorbehält. Dieser kann das öffentliche Fernsehen selber betreiben oder aber Konzessionen erteilen. Die Eundspruch- und Fernsehdienste sind durch Konzession des Ministers für das Post- und Fernmeldewesen 1952 der Aktiengesellschaft E.A.I. (Eadio Audizioni Italia) übertragen worden.

Die Eadio e Televisione Italiana, Borna, als Inhaberin der Konzession eröffnete den offiziellen Sendebetrieb anfangs 1954, nachdem seit 1949 in Turin und 1952 in Mailand Fernsehsendungen ausgestrahlt wurden. Seither ist der Ausbau des Sendernetzes überaus grosszügig gefördert worden. Es stehen bereits 9 Sender in Nord- und Mittelitalien in Betrieb; für Süditalien sind 5 weitere Sender vorgesehen, die in den nächsten 5 Jahren gebaut werden sollen. Aus den 3 Studiogebäuden in Mailand, Turin und Born wird ein reichhaltiges Programm von 85 Stunden in der Woche vermittelt. Die Teilnehmerzahl betrug am I.November 82 169, Ende 1954 über 100 000 gegenüber ca. 15 000 zu Beginn des Jahres. Sie ist weiterhin stark im Wachsen begriffen.

In den gegenwärtig vom Fernsehdienst erfassten Landesteilen leben nur 22 Millionen Einwohner. Das sind gemessen an der Gesamteinwohnerzahl rund die Hälfte. Die geplante Erweiterung des Sendenetzes lässt im Jahr 1955 eine weitere Steigerung der Abonnentenzahl voraussehen. Man rechnet zumindest mit einer Verdoppelung, nach optimistischen Schätzungen sogar mit einer Verdreifachung. Die wachsende Popularität des Fernsehens in Italien beweist, dass es gerade in diesem Lande mit seinem kino- und theaterfreudigen Publikum eine gesicherte Zukunft hat, vor allem auch wegen der Vielseitigkeit der Programmgestaltung. Vergleiche mit der seinerzeitigen Verbreitung des Bundspruchs, die nur langsame Fortschritte machte, lassen erkennen, dass sich das Fernsehen viel schneller durchzusetzen vermag, obwohl die Anschaffungskosten für Empfangsgeräte und die Abonnementsgebühren noch immer hoch sind. Die Konzessionsgebühr beträgt im Jahr 15 000 Lire oder rund hundert Schweizerfranken. Die Aufwendungen für die Anlagen und den Betrieb des Fernsehens werden nebst den Fernsehgebühreneingängen aus den Bundspruchkonzessionsgebühren und einem öOprozentigen Anteil an den Erträgnissen der Bundspruchreklame finanziert. Durch einen Beschluss der
Eegierung wird die Fernsehreklame eingeführt, sobald die Zahl von 150 000 Teilnehmern erzielt ist, was demnächst der Fall sein dürfte. Der reine Eeklameteil einer verkauften Sendung (Bild und Ton) soll dabei nicht länger als 5 Prozent, in Ausnahmefällen 8 Prozent, der ganzen Programmdauer betragen.

Niederlande. Anfangs Oktober 1958 ging die auf zwei Jahre festgelegte Versuchsperiode zu Ende, die von den 5 niederländischen Hörervereinigungen, der holländischen Industrie und der Postverwaltung gemeinsam bestritten und deren Emissionen über einen von der Postverwaltung bereitgestellten Sender und einen Industriesender verbreitet wurden. Es ist beabsichtigt, durch die Postverwaltung in naher Zukunft für den regulären Betrieb noch 3-4 weitere Sender zu errichten.

Die Sendezeit ist im Verlaufe von 1954 von 3 auf 12 Stunden in der Woche erhöht

395 worden und soll später auf 18 Stunden gebracht werden. Holland hatte im November 1954 rund 15 000 Fernsehgeräte in Betrieb.

Für 1954 stellte die Eegierung den in der «Nederlandse Televisie Stichting» (NTS) vereinigten Programmgesellschaften gegen 8 Millionen hFl. (ca. 8,5 Millionen sFr.) für den Betrieb und 1,67 Millionen hFl. (ca. 1,98 Millionen sFr.) für Neuanlagen zur Verfügung. Da die Gebühreneingänge in der Höhe von 30 hFl.

(ca. 35 sFr.) pro Jahr die Kosten des Fernsehbetriebeä nicht decken, sind auch für die' nächsten Jahre staatliche Zuschüsse vorgesehen. Man schätzt, dass der Fernsehdienst spätestens in 10 Jahren selbsttragend sein wird, weshalb Beiträge in der Höhe von 25 Millionen Gulden (ca. 29 Millionen sFr.) notwendig sein dürften, die durch Kredite aus der Staatskasse gedeckt werden. Eine Finanzierung durch Eeklame wurde studiert, soll aber vorläufig abgelehnt worden sein.

' Österreich. Bis vor kurzem verbot das alliierte Besetzungsstatut öffentliche Fernsehsendungen. Um so intensiver werden die Studien weitergetrieben.

Die Begierung hat für 1955 den Betrag von 30 Millionen Schilling (ca. 5,07 Millionen sFr.) für Vorbereitungsarbeiten für das .Fernsehen bewilligt. Die offiziellen Sendungen sollen 1956 mit einem Studio in Wien und 4 Sendern aufgenommen werden, mit denen 50 Prozent der Gesamtbevölkerung erreicht werden kann.

Schon für den Anfang sind mindestens 20 Stunden Programm in der Woche vorgesehen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundespost ist der Ausbau der Bichtfunkstrecke Wendelstein-Salzburg geplant, um Österreich an das europäische Fernsehnetz anzuschliessen. Versuchsweise werden bereits die Salzburger Festspiele 1955 auf das Eurovisionsnetz übertragen.

Schweden. Einstweilen wird durch die schwedische Bundfunkorganisation «Badiotjänst» ein Versuchssender in Stockholm betrieben, für dessen ProgrammSendungen die Technische Hochschule mit Industriekreisen und der Telegraphen- und Telephonverwaltung gemeinsam aufkommen. Von 1955 an soll der Programmdienst auf wöchentlich mehrere Sendestunden am Abend, ergänzt durch Filmsendungen zu Demonstrationszwecken am Nachmittag, erweitert werden. Die Zahl der Fernsehteilnehmer wird in Stockholm auf 1500 geschätzt, zu denen weitere 2000 in Südschweden hinzukommen, von wo aus der Sender Kopenhagen empfangen werden kann.
Eine von der Begierung eingesetzte Fernsehkommission hat ihre Arbeiten 1954 abgeschlossen und dem Beichstag beantragt, den offiziellen Fernsehbetrieb am I.Juli 1956 mit 8 Sendern aufzunehmen. Bis dahin soll das Versuchsprogramm des Senders Stockholm auf 15 Sendestunden ansteigen. Ab I.Juli 1957 sind 25 und ab 1958 35 Sendestunden pro Woche vorgesehen. Die Kosten des regulären Fernsehbetriebes werden auf 10 Millionen Kronen (ca. 8,4 Millionen sFr.) für das Sendejahr veranschlagt. Da Schweden verhältnismässig dünn besiedelt ist, sollen im Verlaufe von 10 Jahren 50 Sender im Gesamtbetrag von 78 Millionen Kronen (ca. 66 Millionen sFr.) errichtet werden. Damit sollen 90 Prozent der schwedischen Bevölkerung erfasst werden.

396 Man rechnet für das Jahr 1956 mit 12 000 zahlenden Teilnehmern, die im Verlaufe von 10 Jahren auf 600 000 ansteigen sollen. Die jährliche Teilnehmergebühr, die erst mit Beginn des offiziellen Fernsehbetriebes zu bezahlen ist,'soll 80 Kronen (ca. 67,75 sFr.) betragen.

Westeuropäische Eeklamesender. Bei Saarbrücken, in Luxemburg und Monte Carlo wurden 1954 von privaten Gesellschaften Fernsehsender erstellt, die aus Reklameeinkünften erhalten werden.

II. Die bisherigen Ergebnisse des Versuchsbetriebes 1. Die Durchführung a. Aufgaben des Versuchsbetriebes Der Bundesrat hat in seiner Botschaft vom 4. Juni 1951 über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes dessen Entwicklungsstufen darzulegen versucht. Wir sagen ausdrücklich «versucht», da es im Zeitpunkt der Eedaktion der Botschaft 1951 nicht möglich war, mangels eigener Erfahrung auf diesem sowohl technisch wie vor allem im programmlichen Teil für die Schweiz neuen Gebiet die künftige Entwicklung abschliessend zu beurteilen. Insbesondere konnte die starke Entwicklung des Fernsehens auf internationaler Ebene in den Jahren 1953/54 nicht vorausgesehen werden. So glaubte man sich ursprünglich damit begnügen zu können, einleitenden technischen Übertragungsversuchen den eigentlichen Versuchsbetrieb von dreijähriger Dauer folgen zu lassen, der in erster Linie als unverbindlicher Wegbereiter eines späteren regulären Fernsehbetriebes die notwendigen Erfahrungen in organisatorischer, technischer und programmlicher Hinsicht vermitteln sollte. Die Botschaft selbst nennt als hauptsächlichste Aufgaben des Versuchsbetriebes den Bau und Betrieb der notwendigen Sende- und Empfangsanlagen, die Vorbereitung der elektrischen Verkehrswege, um die einzelnen Landesteile miteinander zu verbinden und den Transit durch unser Land zu gewährleisten, die fachliche Schulung und Vorbereitung der für das schweizerische Fernsehen erforderlichen Kräfte und schliesslich die Gewinnung von Erfahrungen in allen entscheidenden Fragen der Gestaltung, Auswahl, Ausarbeitung und Kosten der Programme eines künftigen Fernsehdienstes. Nicht zuletzt sollte der schweizerische Fernsehversuchsbetrieb abklären, wie sich die Fernsehteilnehmer und eine weitere Öffentlichkeit während des Versuchsstadiums verhalten und welche Probleme sich für das schweizerische Fernsehen in
kultureller, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht stellen.

b. Wurde das Fernsehen überstürzt eingeführt?

Der schweizerische Fernsehdienst, der auf eine bald zwanzigjährige Forschung der ETH und der PTT aufbauen konnte, war dauernd bestrebt, von den Erfahrungen der Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien, vor allem aber auch von Grossbritannien mit seinem vieljährigen Fernsehbetrieb,

397 Nutzen zu ziehen. Er bemühte sich, diese Erkenntnisse unter Berücksichtigung unserer besonderen topographischen, sprachlichen, kulturellen und politischen Eigenheiten auf schweizerische Verhältnisse anzuwenden. Dies bedingte allerdings schon während der Dauer des Versuchsbetriebes eine fortlaufende Anpassung, um mit den bewilligten Krediten wirklich optimale Eesultate und schlüssige Unterlagen für den künftigen Fernsehbetrieb zu erhalten. So zeigte es sich beispielsweise, dass die ursprünglich vorgesehenen 5-6 Programmstunden pro Woche weder im In- noch im Ausland genügten, um weitere Kreise am Fernsehen zu interessieren. Das ausgeprägte Interesse für Aktualitäten aller Art machte ferner eine Ergänzung der technischen Ausrüstung durch die Anschaffung von zwei Eeportagewagen notwendig.

Eine Überprüfung der ursprünglichen Konzeption war aber nicht nur mit Rücksicht auf nationale Interessen und Wünsche, sondern auch mit Rücksicht auf die unerwartet starke Entwicklung im Ausland notwendig. Eine Reihe internationaler Konferenzen, Anlässe und Sportveranstaltungen, die im Jahre 1954 in der Schweiz abgehalten wurden, zwangen die PTT-Verwaltung, früher als beabsichtigt den Anschluss an das europäische Fernsehnetz herzustellen. Anlässlich der Asienkonferenz in Genf wurde die Schweiz nicht nur von ihren unmittelbaren Nachbarstaaten, sondern auch von weiteren Ländern bedrängt, welche alle die politischen Ereignisse von weltweiter Bedeutung auf ihren Fernsehnetzen zu übertragen wünschten. Unser Land, das auf andern Gebieten der Übertragungstechnik an vorderster Stelle steht, war jedoch infolge des Rückstandes auf fernsehtechnischem Gebiet nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen gegenüber dem Ausland nachzukommen. · Bei Anlass der Fussballweltmeisterschaften war es u. a. nur dank der Unterstützung und des Einsatzes ausländischer Fernsehdienste möglich, wenigstens einzelne Spiele mit grösstenteils provisorischen Anlagen international weiterzugeben, indem je ein deutscher und italienischer Reportagewagen mit ihren eigenen mobilen Verbindungen über Chasseral-Jungfraujoch-Monte Generoso den Anschluss an die internationale Süd-Nord-Achse Rom-Kopenhagen herzustellen vermochten.

In diese Zeit fiel übrigens der erste Versuch eines grossangelegten internationalen Programmaustausches, der sogenannten «Eurovision». Die
8 westeuropäischen Länder Belgien, Dänemark, England, Frankreich, Holland, Italien, Westdeutschland und die Schweiz haben dabei während eines Monats gegenseitig Fernsehprogramme in dem Sinne ausgetauscht, als der Reihe nach ein Land das Programm erzeugte und die übrigen Staaten dieses voll übernahmen und ausstrahlten. Die zusammengeschlossenen 45 Sender, die sich über eine Strecke von 6400 km verteilten, erfassten rund 4 Millionen Fernsehteilnehmer.

Die Übertragung des Narzissenfestes 1954 auf das Eurovisionsnetz, um nur dieses Beispiel zu erwähnen, zählte zu den meistbeachteten Sendungen, die von Millionen von Fernsehteilnehmern mit Interesse verfolgt wurden und deren propagandistische Wirkung für die Schweiz als Fremdenverkehrsland nicht übersehen werden darf. Der internationale Programmaustausch kann aber auch

398 beitragen, das gegenseitige Verständnis der Menschen zu fördern und die Völker einander näher zu bringen. Der Europarat in Strassburg hat nach Abschluss der ersten Eurovisionswochen eine Erklärung herausgegeben, in welcher er die Begierungen und leitenden Stellen der verschiedenen Länder auffordert, ein permanentes Eurovisionsnetz zu erwägen und dahinzielende Bestrebungen zu unter- · stützen. So wurden denn bereits Ende 1954 weitere internationale Programmaustauschwochen durchgeführt. Der englische Fernsehdienst wird bis zum Frühjahr 1955 eine permanente Verbindung nach Frankreich ausbauen und im gleichen Jahr will auch Dänemark für die Errichtung einer festen Anschlußstrecke im europäischen Fernsehnetz besorgt sein. Die Fernsehschiene von der nördlichen bis zur südlichen Grenze Westdeutschlands ist bereits 1954 geschlossen worden.

Hätte die Schweiz diese Transitverbindung nicht schon im Jahre 1954 als Teil des europäischen Fernsehverbindungsnetzes mit vorhandenen drahtlosen Telephonanlagen der PTT-Verwaltung improvisieren können, dann wäre sie trotz ihrer klassischen geographischen Lage als Drehscheibe Europas über Frankreich umgangen worden. Da dieselben Eichtstrahlverbindungen auch der Übermittlung von Telephonverkehr dienen können, hätte die Gefahr einer Abwanderung dieses interessanten Transitverkehrs auf ausländische Verbindungswege bestanden. Die eidgenössischen Bäte haben denn auch die Bedeutung des Ausbaues der Bichtstrahlverbindungen erkannt und der PTT-Verwaltung im Budget 1955 einen Kredit von 1,6 Millionen Franken zur Verfügung gestellt, um damit die Fernsehverbindungen Nord-Süd und Ost-West und damit den Anschluss an unsere Nachbarländer sicherzustellen.

In der Botschaft vom 4. Juni 1951 über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes wurde mit einer dreijährigen Dauer der Versuchsperiode und mit deren Beginn im Frühjahr 1952 gerechnet. Da sich die Beschlussfassung durch die eidgenössischen Bäte verzögerte, wurde die Eröffnung hinausgeschoben. In finanzieller und organisatorischer Hinsicht (Einstellung des Personals, Einrichtung der Sendeanlagen, experimentelle Sendungen) wurde der Beginn des Versuches auf den I.März 1953 angesetzt, während die offizielle Eröffnung der Programmübermittlung erst am 23. September 1953 erfolgen konnte. Die Entwicklung des Fernsehens
im Ausland und die damit auch für unser Land gewonnenen Erfahrungen zwangen zu einem rascheren Ausbau der personellen Organisation, der Struktur der Programme und der Sendezeiten, so dass das gesetzte Ziel früher als vorgesehen erreicht werden konnte. Demgemäss konnte die vorgesehene Dauer des Versuchsbetriebes um 5 Monate gekürzt und die Beendigung auf den 30. September 1955 festgesetzt werden.

c. Empfangs- und Installationskonzessionen Das Verhältnis des Fernsehteilnehmers zur Verwaltung ist während des Fernsehversuchs durch eine auf Grund von Artikeln l und 3 des Telegraphenund Telephonverkehrsgesetzes erteilte Empfangskonzession geregelt, die auch

399 die Grundlage für den Bezug der Teilnehmergebühr bildet. Es wurden zwei Konzessionstypen geschaffen, nämlich die «Konzession für den privaten Fernsehund Bundspruchempfang» und die «Konzession für den Fernsehempfang in Gaststätten». Für beide sind die Vorschriften der Bundspruch-Empfangskonzession als subsidiär anwendbar erklärt worden. Die ursprünglich nicht vorgesehene «Konzession für den Fernsehempfang in Gaststätten» wurde vom Bundesrat ab I.Dezember 1958 eingeführt, nachdem das Gastwirtschaftsgewerbe und weitere Bevölkerungskreise die Freigabe der Konzession für das öffentliche Fernsehen nachdrücklich verlangt hatten. Von den Ende 1954 erteilten 4457 Empfangskonzessionen entfielen 3010 auf das Heimfernsehen und 1447 auf Gaststätten.

Für das gewerbsmässige Erstellen und Vorführen von Fernsehempfangsapparaten bedarf es, wie beim Bandspruch, einer «Installationskonzession». Sie wird solchen Badiofachgeschäften erteilt, die im Besitz einer Badio-Installationskonzession sind und sich über die für das Einrichten und Vorführen von Fernsehempfangsgeräten nötigen Kenntnisse ausgewiesen haben.

d. Interpellation Peitrequin Im Bestreben, mit möglichst beschränkten finanziellen Mitteln auszukommen, beschlossen ursprünglich die eidgenössischen Bäte, den Versuchsbetrieb auf eine einzelne Landesgegend zu konzentrieren, wobei die Wahl der geographisch günstigen Lage und der Bevölkerungsdichte wegen auf die Gegend von Zürich fiel. Es bestand indessen nie ein Zweifel darüber, dass der Versuchsbetrieb gesamtschweizerischen Charakter habe.

Von allem Anfang an stand fest, dass die französische Schweiz, die dem Fernsehen seit Jahren grossies Interesse entgegenbrachte und für dessen Förderung auch finanzielle Opfer nicht scheute, die Entwicklung mit Aufmerksamkeit verfolgen würde. Schon in den Debatten der eidgenössischen Bäte über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes gaben die parlamentarischen Vertreter der Westschweiz der bestimmten Erwartung Ausdruck, es möchte noch vor Beendigung der Versuchsperiode eine A u s d e h n u n g auf die Westschweiz in die Wege geleitet werden, damit diese ihre Stimme zu Gehör bringen und Bilder aus ihrem kulturellen Eigenleben zeigen könne. Seither sind wiederholt ähnliche Begehren gestellt worden. Einer gemeinsamen Eingabe der Kantone Waadt und Genf
sowie der Städte Genf und Lausanne vom 25. März 1952 folgte am 10. März 1953 im Nationalrat eine Interpellation des Herrn Nationalrat Peitrequin, mit welcher der Bundesrat ersucht wurde, die sprachlichen Minderheiten an der Gestaltung der in Zürich zusammengestellten und ausgestrahlten Programme mitwirken zu lassen und ferner dafür besorgt zu sein, dass die Verbreitung der Programme auch in den Landesteilen der sprachlichen Minderheiten ermöglicht werde.

Der Bundesrat stellte anlässlich der Beantwortung der Interpellation Peitrequin in der Herbstsession 1953 der eidgenössischen Bäte fest, weite Kreise unseres Landes seien der festen Überzeugung, der schweizerische Fernsehbetrieb

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müsse nach Beendigung der Versuchsperiode ohne Unterbruch weitergeführt ·werden. Den verantwortlichen Instanzen erwachse deshalb schon jetzt diePflicht, das Femsehnetz für das ganze Gebiet der Schweiz zu planen und teilweise auszubauen. Die PTT-Verwaltung hat deshalb im ordentlichen Voranschlag für 1954 die entsprechenden Kredite im Ausmass von 2% Millionen Franken für einen ersten Ausbau des-Netzes mit den Sendern Basel, Bantiger (Bern) und La Dole aufgenommen. Mit der Zustimmung der eidgenössischen Eäte zu diesem Konzept wurden die technischen Grundlagen geschaffen, um zusammen mit dem Sender Uetliberg die 5 grössten Städte der Schweiz mit Fernsehsendungen versorgen zu können. Infolge der Lieferschwierigkeiten der schweizerischen Industrie-konnten jedoch die Sender Bern und La Dole ihre Emissionen erst anfangs 1955 aufnehmen, während der definitive Sender auf dem Gemperi bei Basel, der den jetzigen provisorischen Bxperimentalsender ersetzen wird, während der Dauer des Versuchsbetriebes überhaupt nicht mehr zum Einsatz gelangt.

Die Begehren der welschen Schweiz, wie sie in der Interpellation Peitrequin zum Ausdruck kamen, gingen aber über die technischen Belange hinaus und verlangten auch in programmlicher Hinsicht Gleichstellung mit der deutschen Schweiz. Die westschweizerischen Kantonsregierungen, unterstützt von der Eegierung des Kantons Bern und der Städte Genf und Lausanne, haben ihren Standpunkt am 12. Februar 1954 dem Bundesrat erneut bekundet und es als Akt der politischen Klugheit bezeichnet, wenn man der französischsprechenden Schweiz Gerechtigkeit und Gleichbehandlung widerfahren lasse.

In Würdigung der berechtigten Eegionalinteressen der welschen Schweiz,vor allem aber um auf der Programmseite noch während der Versuchsperiode die Grundlagen für eine zuverlässige Beurteilung der Gesamtplanung zu schaffen, haben die eidgenössischen Eäte der Botschaft über die Finanzierung eines westschweizerischen Fernsehversuchsprogrammes mit einem Betrag von höchstens l Million Franken beigepflichtet. Wohl waren mit dem Erlass des Bundesbeschlusses vom 24. Juni 1954 die rechtlichen Grundlagen für die Emissionen westschweizerischer Programme gegeben; Schwierigkeiten in der Beschaffung der Sendeanlagen und der elektrischenVerbindungswege hatten jedoch zur Folge, dass der westschweizerische Versuchsbetrieb
praktisch erst anfangs 1955 aufgenommen werden .konnte.

· e. Vorstoss der Regierung des Kantons T essin Ähnliche Probleme wie diejenigen der französischen Schweiz stellen sich in andern Landesgegenden. Mit einer Eingabe vom 80.März 1954 hat die Eegierung des Kantons Tessin den Bundesrat um die Aufnahme der notwendigen Kredite in das Budget 1955 ersucht, um dem Tessin den Anschluss an den Sender Uetliberg und damit an das schweizerische Fernsehnetz durch den Bau eigener Sender und die Bereitstellung entsprechender Apparate zu ermöglichen.

Im Tessin ist ein lebhaftes Interesse am Fernsehen unverkennbar, obwohl das Gebiet südlich der Alpen ausserhalb des Sendebereichs des Uetlibergsenders

401 liegt. Da jedoch mehrere norditalienische Sender empfangen werden können, wächst der Teilnehmerbestand trotzdem rasch an. Von den schweizerischen Fernsehkonzessionären entfallen rund J / 6 allein auf den Kanton Tessin. Nach grösseren Ortschaften aufgeteilt liegt beispielsweise Lugano mit der Anzahl Fernsehteilnehmer zwar hinter Zürich zurück, es übertrifft aber deutlich Basel, Luzern, Winterthur und Genf. - Die Teilnehmerzahlen mögen auf den ersten Blick recht bescheiden erscheinen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass von der Gesamtheit aller Fernsehkonzessionäre nahezu 1/3 auf Gaststätten entfallen. Der tatsächlich erreichte Personenkreis ist deshalb um ein Vielfaches grösser als die Zahl der konzessionierten Fernsehteilnehmer. So verfolgen im Tessin Abend für Abend mehrere tausend Personen in Gaststätten oder zu Hause die Übertragungen der drei oberitalienischen Sender, die im Austausch zwischen den verschiedenen Studios während 35 Stunden pro Woche regelmässig attraktive Programme ausstrahlen. Die damit verbundene Beeinflussung darf nicht unterschätzt werden. Die Fernsehteilnehmer der .Südschweiz sind aber solange auf den Empfang der Sendungen aus dem benachbarten Ausland angewiesen, als im Tessin nicht eigene Sender errichtet und in Betrieb genommen werden, dies obwohl die Konzessionäre dieselben Gebühren zu entrichten haben wie in andern Landesgegenden. Es ist daher durchaus verständlich, wenn die Tessiner Behörden die weitere Entwicklung mit einer gewissen Besorgnis verfolgen und das beste und wohl einzig wirksame Mittel gegen die ausländische Propaganda im Bau und Betrieb eigener Sender erblicken.

Im Wellenplan zum Stockholmer Vertrag 1952 sind 3 Tessiner Sender, wovon je eine Sendeanlage auf Monte S. Salvatore und dem Monte Ceneri, vorgesehen. Mit diesen beiden Sendern könnten die Hauptsiedlungszentren des Kantons Tessin erreicht werden. Deren Bau und Inbetriebnahme wird daher von einem grossen Teil der Bevölkerung des Tessins und der südlichen Talschaften des Kantons Graubünden mit Ungeduld erwartet.

Ohne die Berechtigung dieser Ansprüche verkennen zu wollen, war es aber nicht möglich, den Anschluss dieser Gebiete an das schweizerische Fernsehnetz mit der Ausdehnung des Versuchsbetriebes auf die Westschweiz zeitlich zu koordinieren. Selbst wenn entsprechende Kredite für die
notwendigen Sender und die Verbindungswege bereits in das ordentliche Budget 1955 aufgenommen worden wären, hätten angesichts der langen Lieferfristen für technische Ausrüstungen während der Dauer des Versuchsbetriebes keine Erfahrungen mehr gesammelt werden können. Die eidgenössischen Bäte haben denn auch, obwohl die Berechtigung der Begehren der südlichen Landesteile grundsätzlich anerkannt wurde, einen Entscheid bis zur Behandlung der Gesamtplanung im Bahmen der vorliegenden Botschaft ausgesetzt.

/. Vorstoss der Begierungen der nordostschweizerisclien Kantone Eine ähnliche Lage wie in den südlichen Landesteilen bahnt sich in der Nordostschweiz an, obwohl hier der Sender Uetliberg mit, guten Aussenantennen stellenweise noch empfangen werden kann. Die deutschen Fernsehsender Wen-

402 delstein, Hornisgrinde und Eaichberg weisen eine fünfmal stärkere Leistung auf als der Uetlibergsender und strahlen zum Teil heute schon in das Gebiet der Nordostschweiz ein. Die Lage wird sich aber noch erheblich verschärfen, wenn die der Grenze bedeutend näher gelegenen Sender Grünten und Feldberg i. S.

den Betrieb aufnehmen. Dannzumal wird die Nordostschweiz von den deutschen Bildsendungen förmlich überschwemmt werden, ohne dass dieser Beeinflussung wirksam begegnet werden könnte, es sei denn, man dehne das schweizerische Fernsehnetz auch auf die Nordostschweiz aus und verbreite eigene Programme.

Im Wellenplan zum Stockholmer Vertrag 1952 ist u. a. ein Sender in der Gegend von St. Gallen vorgesehen. Zusammen mit den Sendern Uetliberg, La Dole, Bantiger/Bern, dem projektierten Sender auf dem Gempen bei Basel und denjenigen im Tessin, sowie den dazugehörigen Eichtstrahlverbindungen dürften mindestens 3 Millionen Einwohner der Schweiz erfasst werden.

In Erkenntnis dieser Situation unterbreiteten die Eegierungen der Kantone St. Gallen, Appenzell A.-Eh., Appenzell I.-Eh., Glarus, Graubünden und Thurgau am 18. Juli 1954 dem Bundesrat ein gleichlautendes Gesuch um Aufnahme der erforderlichen Kredite in das Budget 1955 der PTT-Verwaltung für den Bau eines Fernsehsenders in der Nordostschweiz. Es wurde dabei auf das steigende Interesse der Bevölkerung und die Zunahme der Fernsehteilnehmer im Gebiet der Telephondirektion St. Gallen hingewiesen und gleichzeitig der Erwartung ·Ausdruck gegeben, die Nordostschweiz möge nicht weiterhin gegenüber andern Landesteilen benachteiligt werden.

Die eidgenössischen Eäte haben die Berechtigung dieser Begehren grundsätzlich anerkannt. Der Entscheid über die Ausdehnung des Sendernetzes auf die Nordostschweiz ist jedoch aus den gleichen Gründen bis zur Behandlung der Gesamtplanung im Eahmen der vorliegenden Botschaft ausgesetzt worden, die schon gegenüber den Wünschen des Kantons Tessin geltend gemacht wurden.

2. Technische Ergebnisse des Versachsbetriebes Die technische Aufgabe des Versuchsbetriebes bestand im wesentlichen in der Vorbereitung und im Betrieb derjenigen Ubertragungsmittel, die notwendig sind, um die Programmquellen mit den Teilnehmern zu verbinden. Diese Mittel umfassen die Programmausrüstung, die festen und beweglichen Verbindungen, die Sendeanlagen
zur öffentlichen Ausstrahlung des Programmes und in einem weiteren Sinne auch die Teilnehmeranlagen.

a. Sendenetz Die P r o g r a m m a u s r ü s t u n g besteht gegenwärtig aus je einem Studio in Zürich und in Genf, sowie je einem in Zürich und Lausanne stationierten Eeportagewagen. Es handelt sich also um ein aufgelockertes System fester und beweglicher Anlagen, das den schweizerischen Verhältnissen Eechnung trägt. Die festen Anlagen verfügen über grössere Eäumlichkeiten mit Beleuchtungsvorrichtungen und Kameraketten für Direktaufnahmen, sowie über kleine Bäume

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für Regiezwecke, Projektionsmittel usw., einschliesslich einer vollständigen Tonausrüstung. Die beweglichen Anlagen anderseits besitzen je drei Kameraketten, die ausserhalb des Wagens verwendet werden, eine Regieeinrichtung für Bild und Ton im Wagen, sowie über mehrere Lampen und eine Generatorgruppe, die mitgeführt werden. Allen Kameras gemeinsam ist die Art des Bildfängerrohres, das sogenannte Superorthikon. Dieser Röhrentyp besitzt eine maximale Lichtempfindlichkeit, die nahe an diejenige des menschlichen Auges heranreicht. Die Festlegung auf das Superorthikon als Bildfängerrohr hat sich als zweckmässig erwiesen.

Von einer gewissen Bedeutung war die Frage, inwieweit die apparative Ausrüstung in der Schweiz entwickelt und hergestellt werden könnte. Mit Rücksicht auf den besonderen Charakter und die verhältnismässig geringe Stückzahl wurden sämtliche Kameraketten, einschliesslich der Bildregie, aus England bezogen. Anderseits sind die Taktgeber der beiden Studios und die Projektionsmittel des deutschschweizerischen Studios, sowie zahlreiche Hilfseinrichtungen schweizerischen Ursprunges. Auf dem wichtigen Gebiete der Projektionsmittel besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Abteilung für industrielle Forschung an der ETH.

Auf dem Wege zum Sender wird das Bild über Richtstrahler! geleitet, während der Ton dem ordentlichen Drahtnetz folgt. Ein Netz fester Richtstrahlverbindungen ist im Aufbau begriffen. Darin zeichnen sich allmählich zwei Hauptrichtungen ab, die Mittellandachse und die Alpentransversale sowie die weitere Linie Gempen-Säntis. Die Richtstrahlverbindung Uetliberg-La Dole ist installiert und die für die Gegenrichtung notwendigen apparativen Ergänzungen sind in Vorbereitung. Die 115 km messende Strecke Uetliberg-Chasseral hat sich jedoch als zu störanfällig erwiesen, weshalb die Errichtung eines Richtstrahlrelais im Gebiet der Froburg ob Ölten geplant ist. Dieses Relais wird die Verbindung mit dem Bantiger und dem künftigen Basler Sender herzustellen haben, welcher auf dem Gempen erstellt wird. Der Gempen is.t für die Richtstrahlverbihdungen nach Frankreich und Deutschland vorteilhafter als der Chasserai. - Die transalpine Verbindung bildet bereits ein wichtiges Glied im internationalen Verkehr, wobei' allerdings die provisorischen Anschlußstrecken im Norden und im Süden des Landes
zunächst mit behelfsmässigen Mitteln der Deutschen Bundespost und der Radio Italiana betrieben werden. Dieses feste Richtstrahlnetz wird durch eine schweizerische Firma auf Grund eines englischen Lizenzvertrages erstellt. Die wenigen, beweglichen Richtstrahlgeräte dagegen, die verhältnismässig hochgezüchtet sind, wurden direkt importiert. Diese beweglichen Mittel dienen der gleichzeitigen Übertragung je eines Bild-, Ton- und Sprechkanales zwischen dem Reportagewagen und dem nächst erreichbaren Relais des festen Fernsehnetzes. Insgesamt stehen sechs mobile Richtstrahlstrecken zur Verfügung.

Die Sender zur öffentlichen Ausstrahlung des Programmes bilden mit den Richtstrahlstrecken zusammen ein Netz von Höhenstationen und Höhenverbindungen. Ihre Anlagen - eine neuzeitliche Erscheinung der alten Hoch wachten

404

- können gleichzeitig verschiedenen Zwecken dienen, wie beispielsweise dem Rundspruch auf Meterwellen, der Mehrkanaltelephonie und ganz allgemein dem mobilen Verkehr am Erdboden und in der Luft. Nach gründlichen allseitigen Vorbereitungen wurde als erster der Sender Uetliberg erstellt. Heute, nach anderthalb Jahren Betrieb, darf man feststellen, dass die damit verbundenen Erwartungen im wesentlichen erfüllt sind. Es zeigt sich zudem, was nach den früheren Messungen noch .ungewiss war, dass die sogenannten Schattenzonen im eigentlichen Senderayon noch wesentlich aufgehellt werden können. Der verhältnismässig bescheidene Anteil der beobachteten Mehrwegeausbreitung lässt dies ohne weiteres zu.

Im April 1954 wurde ein experimenteller Ballsender auf St. Chrischona bei Basel in Betrieb genommen. Die damit gemachten Erfahrungen sind wohl technisch interessant, die Empfangsverhältnisse in der Gegend von Basel wurden aber nicht grundlegend verbessert, da wesentliche apparative Teile der Anlage seitens der Industrie nicht innerhalb nützlicher Frist geliefert werden konnten.

Als definitiven Standort des Senders Basel ist der Gempenstollen vorgesehen.

Mit einem entsprechend hohen Sendeturm ist die Wellenausbreitung im gesamten baselseitigen Jura günstiger als von St.Chrischona aus. - Seit anfangs 1955 sind nun die beiden Hauptsender La Dole und Bantiger mit den entsprechenden Verbindungen hinzugekommen. Da sich diese neuen Anlagen erst im Anlaufstadium befinden, hält es schwer, heute schon Schlussfolgerungen zu ziehen.

Immerhin wurden die bisherigen Erkenntnisse beim Bau der Sender voll ausgewertet, so dass die in sie gesetzten Erwartungen wohl erfüllt werden dürften.

Die apparative Ausrüstung der Sendestationen wird im Gegensatz zu den Studios sozusagen ausschliesslich in der Schweiz hergestellt.

b. Empfang Nach den bisherigen Feststellungen ist der Empfang im eigentlichen Empfangsbereich der einzelnen Sender im allgemeinen gut. Störungen sind verhältnismässig selten.

Die schweizerische Industrie hat bedeutende Summen in die Forschung und in Versuchen investiert, um den Anschluss an die ausländische Konkurrenz in der Herstellung von Fernsehempfanggeräten herzustellen. Diese Bemühungen hatten insofern vollen Erfolg, als heute schweizerische Apparate auf dem Markte angeboten werden, die qualitativ
ebenbürtig oder gar überlegen sind. Leider sind zur Zeit noch 90 Prozent aller im Betrieb stehenden Fernseh-Empfangsgeräte ausländischer Herkunft. Diese Diskrepanz ist wohl in erster Linie auf den zeitlichen Vorsprung der ausländischen Konkurrenz, deren grössere Auswahl an Apparaten und auf die etwas günstigeren Preise zurückzuführen, die sich aus der Auflage grosser Serien ergeben. Mit der Ausdehnung des Fernsehens sollte es unserer Industrie, die schon auf dem Rundspruchsektor stark unter der ausländischen Konkurrenz leidet, möglich werden, den Rückstand aufzuholen. Es wäre dies um so erwünschter, als sich unsere einheimischen Arbeits-

405

406

kräfte in ganz besonderem Masse für die Herstellung solcher Qualitätserzeugnisse eignen und auch die Armee mit der zunehmenden Entwicklung und Bedeutung der Impulstechnik' darauf angewiesen ist, für die Bedienung der modernen Übertragungsgeräte auf ausgewiesene Spezialisten zurückgreifen zu können.

3. Das Programm des Versuchsbetriebes Der am 80. September 1955 ablaufende Fernsehversuchsbetrieb hat die Aufgabe, Erfahrungen über das Programm und seine Gestaltung zu sammeln und zwar sowohl hinsichtlich der Menschen, die vor der Kamera und dem Mikrophon das Werk gestalten, wie auch der künstlerischen und technischen Mittel, die sie bei ihrer Arbeit gebrauchen. Schliesslich muss er auch die Wirkung kennen lernen, die seine Sendungen bei den Zuschauern erreichen, um daraus Rückschlüsse auf das Programm selbst ziehen zu können.

a. Studios Der grösste Teil der Arbeit am Fernsehprogramm spielt sich in den Studio-.

räumen ab, die verschiedenen Aufgaben zu dienen haben. Die Senderäume mit ihren Kameras nehmen dabei durchaus nicht den grössten Platz ein. Ausländische Erfahrungen haben gezeigt, dass die Räume für den technischen Dienst, die Ateliers und Magazine, Garderoben und Büros mindestens den dreifachen Umfang der Aufnahmestudios haben sollen, um die reibungslose Durchführung des Programmdienstes zu erlauben.

Der Fernsehversuchsbetrieb verfügt in Zürich gegenwärtig über einen einzigen mittelgrossen Studioraum mit sehr beschränkten Nebenräumen. Ein Teil des Betriebes, vor allem der Filmdienst, die Werkstätten und Magazine für die Ausstattung, mussten in anderen Gebäuden untergebracht werden. Das Studio verfügt über 3 Kameras ; ferner ist ihm ein Reportagewagen zugeteilt, der für Aussenaufnahmen hauptsächlich in der deutschen Schweiz verwendet wird.

Um die Ausdehnung des Fernsehbetriebes auf die welsche Schweiz zu gewährleisten, stellte die Stadt Genf vorerst ihr für Filmaufnahmen eingerichtetes Studio Mon Repos in Genf zur Verfügung. Dieses hat sich jedoch als zu klein erwiesen, weshalb ausserdem der grosse Probesaal im Rundspruchstudio Genf für Fernsehsendungen eingerichtet und mit zwei Kameras sowie den Geräten für die Sendung von Filmen ausgerüstet wurde. Ferner ist in Lausanne ein Reportagewagen für die Westschweiz stationiert. Damit ist der Ausbau der Studioeinrichtungen für die Dauer des
Versuchsdienstes abgeschlossen.

Bei der Planung des Versuchsbetriebes in den Jahren 1950/51 versuchte man, in Zürich einen vorhandenen Raum mit möglichst bescheidenen Mitteln für Fernsehzwecke umzubauen. Als einzig geeignet erwies sich das damals unbenutzte Filmstudio Bellerive. Die mit dem Studio verbundenen Nebenräume erwiesen sich jedoch als zu klein, weshalb die für die Ausstattung erforderlichen Räume und der Filmdienst in andere Gebäude verlegt wurden. Auch das Studio im Genfer Radiogebäude wurde im Winter 1954/55 zweckmässig eingerichtet.

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Die technische Ausrüstung musste ebenfalls erweitert werden. Die Anschaffung der Eeportagewagen war ursprünglich ausschliesslich aus finanziellen Gründen nicht vorgesehen. Immerhin erwies es sich bald, dass die vielfältigen Aspekte des kulturellen, politischen und sozialen Lebens in den verschiedenen Gebieten der Schweiz nur mit Hilfe mobiler Sendeeinrichtungen dem Fernsehen erschlossen werden können. Da ausserdem in der Zwischenzeit die Entwicklung des Fernsehens im Ausland beträchtliche Fortschritte gemacht hatte und die Schweiz nicht ausserhalb der Eurovision bleiben konnte, sah man sich genötigt, vorerst einen Eeportagewagen für die deutsche Schweiz anzuschaffen, zu dem noch ein zweiter für die Westschweiz hinzukam.

Voraussichtlich wird man beim regulären Betrieb noch für einige Jahre mit den gegenwärtigen Sendesälen auskommen. Für den weiteren Ausbau des Programmes und die Verbesserung der Programmqualität werden aber zusätzliche Proberäume erforderlich sein, damit die Sendungen genügend vorbereitet werden können.

b. Personal

So sehr auch die, auf dem Bildschirm erscheinenden Künstler und Vortragenden im Mittelpunkt des Interesses stehen, so ist das Fernsehen doch ein kollektives Werk. Dramaturg und Eegisseur, Bühnenbildner, Kameraoperateure, Beleuchter, Maler, Zeichner, Schreiner, Filmoperateure und Kommentatoren - um nur einige anzuführen - wie auch die Techniker, die die zahlreichen elektronischen Geräte bedienen und unterhalten, sie alle wirken eng zusammen, um den lebendigen und unmittelbaren Ausdruck des Geschehens zu vermitteln, der für den Erfolg der Fernsehsendung ausschlaggebend ist. Es braucht demnach verhältnismässig viel Personal mit sehr unterschiedlichen Aufgaben, um die Sendungen vorzubereiten und durchzuführen und weitgehender Vorbereitung und Schulung, bevor eine Equipe herangebildet ist, die aus den Sendungen das Beste herausholt. Gegenwärtig beschäftigt der schweizerische Fernsehdienst in Zürich 60 und in der Westschweiz 35 ständige Mitarbeiter. Es ist dies, verglichen mit dem Ausland, ein im Verhältnis zum Umfang der Programmsendungen überaus bescheidener Personalbestand. Zu Beginn des Fernsehversuchsdienstes waren erst 27 Mitarbeiter fest angestellt, zu denen gelegentliche Mitarbeiter hinzukamen. Der feste Personalbestand wuchs im Läufe der Zeit mit der steigenden Programmdauer und der Indienststellung von Eeportagewagen zwangsläufig an.

Eine der vordringlichsten Aufgaben bestand in der Schulung des erforderlichen Personals. In der Schweiz waren nur wenige Techniker zu finden, die einige Kenntnisse des Fernsehbetriebes hatten, während für die Gestaltung des Programmes überhaupt kein geschultes Personal zu finden war. Wohl wurde solches bevorzugt, das schon vom Film, Theater und Eundspruch her gewisse Vorkenntnisse mitbrachte, aber auch diese Spezialisten mussten umlernen, um den besonderen Bedingungen der Fernsehsendungen zu genügen. Man war daher gezwungen, vorerst einige Mitarbeiter zu kurzen Studienaufenthalten in Fern-

408

sehbetriebe des Auslandes zu schicken. Es gelang auf diese Weise, eine homogene Equipe aus Mitarbeitern aller Landesteile zu bilden, die auch hohen Anforderungen Genüge leistet. Für den regulären Betrieb wird aber eine Erweiterung nötig sein, da man bei längerer Sendedauer weitere Equipen einstellen muss und ausserdem kein Personal für Ablösungen vorhanden ist.

c. Ausübende Künstler Den schweizerischen Künstlern hat das Fernsehen eine neue, dankbare Aufgabe eröffnet, die ihnen Verdienst bringt und sie in einer weitern Öffentlichkeit bekannt macht. Allerdings müssen sie sich in die besonderen Eigenheiten des Fernsehens hineinfinden und die intime Wirkung des Empfangs im Familienkreis berücksichtigen, was nicht jedem gelingt. Sie müssen ferner lernen, den persönlichen Kontakt mit dem Zuhörer zu finden, ihren Text auswendig und ohne Souffleur zu beherrschen und die einzelnen Stellungen und Bewegungen während des Spieles im Gedächtnis zu behalten.

Der schweizerische Fernsehversuchsbetrieb bemüht sich, vor allem einheimische ausübende Künstler, besonders Schauspieler, Sänger, Musiker und Artisten zu berücksichtigen. Er lässt ausserdem nichts unversucht, das schweizerische Schrifttum für die Schaffung von fachgeeigneten dramatischen Werken zu interessieren. Für die Komponisten sind Bestrebungen im Gange, mit Hilfe der UNESCO und mit Unterstützung der BBC in London internationale Kurse durchzuführen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, die Anforderungen des Fernsehens kennenzulernen und die nationalen Künstler zu ermuntern, für das Fernsehen zu schreiben.

d. Programminhalt Aus dem S t u d i o werden wöchentlich fünf Sendungen der Tele-Tagesschau mit Filmaktualitäten aus der. Schweiz und dem Ausland gesendet, dazu eine sechste mit den interessantesten Beiträgen der Woche. Der grösste Teil der aktuellen Filmaufnahmen aus der Schweiz wird von den eigenen Kameraleuten des Fernsehbetriebes beschafft. Die wöchentliche Gesamtdauer der Tele-Tagesschau beträgt ca. l Stunde 30 Minuten. Sie übertrifft an Eeichhaltigkeit manche gleichartigen Sendungen der grösseren ausländischen Fernsehbetriebe. Dem Fernsehdienst ist es ferner gelungen, in Zusammenarbeit mit den Schweizer Bühnen und Mundartensembles das Fernsehtheater zu fördern und die Zahl der ursprünglich geplanten Aufführungen mindestens zu vervierfachen. Das
gleiche gilt für Fernsehvorträge mit Demonstrationen und Filmeinlagen sowie für verschiedene Unterhaltungssendungen und andere Studioprogramme, die heute in einer Reichhaltigkeit und Abwechslung geboten werden, wie sie anfangs kaum erwartet werden ^konnte.

Die Anschaffung der E e p o r t a g e w a g e n hat das Programm weiter bereichert. Es liegt im Wesen des Fernsehens, dass jene Programme zu den beliebtesten Sendungen zählen, die sich durch Aktualität und Unmittelbarkeit auszeichnen. Dank der Eeportagewagen und mobiler Eelais ist es schon während

409 der Dauer des Versuchsbetriebes möglich geworden, wichtige und interessante Ereignisse, gleichgültig in welchem Landesteil sie stattfinden, auf dem Bildschirm zu zeigen. Der Eeportagewagen hat sich auch für Übertragungen aus dem Theater, den Museen usw. bewährt. Er gestattet, kulturelle, künstlerische und unterhaltende Sendungen vom Ort des · Geschehens aus wiederzugeben.

Die heute im schweizerischen Fernsehbetrieb benützten Eeportagewagen müssen am Ort der Ereignisse aufgestellt werden, und nur die Kameras, die mit dem Wagen über Kabel verbunden sind, haben eine beschränkte Bewegungsfreiheit.

Es wäre daher für die Programmgestaltung des regulären Fernsehdienstes eine wertvolle Bereicherung, wenn ein Wagen angeschafft, werden könnte, der auch während der Fahrt Aufnahmen machen kann'.

Der nationale A u s t a u s c h von Programmen zwischen der deutschen und französischen Schweiz ist vorläufig beschränkt. Er wird aber in Zukunft dazu bestimmt sein, das Verständnis unter den Landesteilen zu wecken und zu vertiefen. Der nationale Austausch von Sendungen ist auch für eine rationelle Programmgestaltung selbst von Bedeutung. Er ermöglicht es, die genügende Zahl von Sendestunden zu erreichen und das Programm qualitativ gut und vielfältig zu gestalten, indem die Programmquellen der gesamten Schweiz den Fernsehteilnehmern aller Landesteile zugänglich gemacht werden. Da im Fernsehen das Bild im Vordergrund steht und allgemein verständlich ist, und bei gewissen Programmen der Ton leicht durch die jeweilige Landessprache ersetzt werden kann, ist es möglich, unabhängig von der Sprache zahlreiche Programme zu zeigen, die dem Kundspruch unzugänglich wären.

Der i n t e r n a t i o n a l e P r o g r a m m a u s t a u s c h gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Er öffnet ein Fenster zur Welt, um unmittelbaren Einblick in das Leben anderer Völker zu gewinnen und nebenher auch eine wertvolle Werbung für die Schweiz über ausländische Sender auszustrahlen. Im Austausch wird die Schweiz als kleines Land immer im Vorteil sein, da die Zahl der ausländischen Sender und Fernsehteilnehmer, die bei einer Übertragung aus unserm Land erreicht werden, ein Vielfaches von der Zahl der schweizerischen Teilnehmer darstellt, die einer Übertragung aus dem Ausland folgen. Es versteht sich dabei von selbst, dass man eine sorgfältige
Auswahl der Programme treffen muss und nur kulturell wertvolle Programme und Unterhaltungssendungen von aussergewöhnlichem Format übernommen und ausgetauscht werden sollen. Neben den Direktübertragungen wird der Film im internationalen Programmaustausch immer mehr verwendet, besonders wenn die Aktualität des Geschehens keine Eolle spielt. Hier tritt der Dokumentar-Telefilm in seine Kechte. Die Schweiz hat dabei den Vorteil, dank ihrer Landschaft und der Mannigfaltigkeit ihrer Kunst- und Kulturstätten viel zu bieten.

e. Sendedauer Erwünscht sind nicht zu lange, aber gehaltvolle Programme, damit die Zuschauer nicht ermüden. Vor allem sind tägliche Sendungen zu guter ProBundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

30

410 grammzeit erforderlich, damit sich die Kosten für den Fernsehempfang überhaupt lohnen. Der Versuchsbetrieb hat daraus die Konsequenzen gezogen und im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption die Zahl der Sendetage und Sendestunden verhältnismässig rasch erhöht, um im Herbst 1954 ca. 12 Wochenstunden bei einem sendefreien Tag zu erreichen. Dabei wurde das Abendprogramm auf etwa 1% bis !3/4 Stunden ausgedehnt, wozu noch einzelne Aussenübertragungen mit Hilfe der Eeportagewagen, kommen, die, abgesehen von gelegentlichen Übertragungen aus Theater, Museen und Sportplätzen sowie besonderen Veranstaltungen, vorwiegend am Sonntagnachmittag angesetzt sind. Am Sonntag wurde eine einstündige Film-Matinée eingeführt, die den Zuschauern interessante und wertvolle Kultur- und Dokumentarfilme vermittelt.

Wenn es die technischen Möglichkeiten erlauben, wird an diesem Tag ausserdem eine religiöse Übertragung durchgeführt. Auch Kindersendungen werden im Einvernehmen mit der Programmkommission veranstaltet.

Der im Oktober 1952 aufgestellte Programmplan begnügte sich in den ersten 18 Monaten mit drei Stunden, anschliessend bis zur Beendigung der Versuchszeit mit sechs Stunden in der Woche, was kaum der Hälfte der jetzt erreichten Sendedauer entspricht. Unter Berücksichtigung des künftigen Programmaustausches zwischen den verschiedensprachigen Landesteilen und bei einer straffen Organisation würden wohl die technischen Einrichtungen erlauben, ein Wochenprogramm bis zu 18 Stunden durchzuführen, jedoch nur dann, wenn genügend Nebenräume vorhanden sind und das Personal entsprechend vermehrt wird.

/. Eindruck auf die Teilnehmer Es ist für die Gestaltung des Programms wichtig, den Eindruck der Sendungen auf die Zuschauer zu erforschen. Da der Fernsehempfang in der Schweiz heute noch wenig verbreitet ist, wird er von vielen nicht auf Grund persönlicher Erfahrung, sondern vom Hörensagen her beurteilt. So zeigen sich grosse Unterschiede in der Bewertung; es kommt nämlich sehr darauf an, ob man das Fernsehen nur aus der Theorie, vom zufälligen Empfang einzelner'Programme, oder nach Verfolgung der Sendungen während längerer Zeit und an geeignetem Empfangsort kennt. Das Milieu des Empfangs kann ebenfalls eine grosse Eolle spielen, denn der Eindruck ist verschieden, je nachdem, ob man im Familienkreis oder in der Gaststätte
fernsieht. Anhand der zahlreichen Briefe und Telephonanrufe, die dem Fernsehdienst zukommen, aus den Erfahrungen der Händler und aus Gesprächen mit den Fernsehteilnehmern lassen sich immerhin überwiegend positive Urteile herauslesen.

Die Persönlichkeit der Mitwirkenden und die Qualität des Programmes ist für den Eindruck der Sendung auf die Teilnehmer ausschlaggebend. Wenn sich die Zuschauer angesprochen fühlen, vergessen sie das technische Mittel der Übertragung und gewinnen - vor allem bei den Direktsendungen - das Gefühl der unmittelbaren Nähe des Geschehens. Die Programmgestaltung hat deshalb

411 die Möglichkeit, kulturell wertvolle Sendungen auch für solche Zuschauer interessant und genussreich zu gestalten, die sonst nur für leichte Unterhaltung zu haben sind. Es ist bezeichnend, dass zu den beliebtesten Mitwirkenden im Zürcher Fernsehprogramm ein Hochschulprofessor und ein Kommentator von Eeisefilmen zählen.

Die im Versuchsdienst gewonnenen Erfahrungen über die Aufnahme der verschiedenen Programmarten bei den Fernsehteilnehmern haben ihre Bedeutung auch für den künftigen regulären Betrieb. Sie werden deshalb im Kapitel III, «Das Programm des regulären Betriebes» des näheren berücksichtigt. An dieser Stelle sei deshalb nur festgestellt, dass die Zahl der Fernsehteilnehmer, unter ihnen Alte, Gebrechliche und Kranke, ständig wächst, die das Fernsehen nicht mehr missen möchten, weil sie sich so mit der Welt verbunden fühlen.

Sie wurden zu regelmässigen Gästen der Fernsehsendungen, die ihren Gesichtskreis und ihre Kenntnisse erweitern und für gesunde Unterhaltung und Abwechslung sorgen. Alle Fernsehteilnehmer verlangen aber Programmsendungen, die sie' während ihrer Freizeit einschalten können, sobald sie Lust dazu haben.

Das ist einer der Gründe, weshalb der Versuchsdienst gezwungen war, von der ursprünglichen Planung abzuweichen und bald zu einem reichhaltigeren und längeren Programm überzugehen.

4. Finanzierung des Versuchsbetriebes

In finanzieller Hinsicht beruht der Versuchsbetrieb auf folgenden Erlassen : - Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 über die Finanzierung des Schweizerischen Fernseh-Versuchsbetriebes, - Bundesbeschluss vom 24. Juni 1954 über die Finanzierung eines westschweizerischen Fernseh-Versuchsprogramms.

Dazukommen die Bundesbeschlüsse vom 28.Dezember 1958 und vom 20.Dezember 1954 über die Voranschläge der Eidgenossenschaft für die Jahre 1954 und 1955 insofern, als mit diesen Budgets der PTT-Verwaltung Kredite für technische Anlagen bewilligt, worden sind, die teilweise auch dem Versuchsbetrieb dienen. Es handelt sich im einzelnen um folgende Kredite.

a. Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 Mit ihm *) haben die eidgenössischen Eäte einen Beitrag des Bundes von 1,5 Millionen Franken an den dreijährigen Fernseh-Versuchsbetrieb in Zürich bewilligt, und zwar ausgehend von einem Ausgabenbedarf von 4 Millionen Franken, wobei neben dem Bund aus allgemeinen Mitteln auch die Schweizerische Eundspruch-Gesellschaf t' (SEG) und die PTT-Verwaltung je einen l

) BEI 1952, I, 1926.

412 Beitrag von 0,9 Millionen Franken leisten. Der Eest von 0,7 Millionen Franken wird aus Beiträgen von Stadt und Kanton Zürich sowie aus den Konzessionsgebühren der Fernsehteilnehmer und einem Beitrag des Handels von 20 Franken je verkauften Fernsehapparat gedeckt. Das Finanzgeharen des Versuchsbetriebes wird vom Finanzausschuss der Kommission für Fernsehfragen gesteuert und laufend kontrolliert.

In der Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1951 ist der Anlagebedarf für die technischen Anlagen und Einrichtungen des Versuchsbetriebes auf 2,1 Millionen Franken geschätzt worden, nämlich 0,9 Millionen für die FernsehSendestation und 1,2 Millionen für technische Einrichtungen im Studio Bellerive in Zürich. Da sich im Verlaufe des Versuchs herausstellte, dass gewisse Anlagen, auf die man ursprünglich glaubte verzichten zu können, nachträglich doch angeschafft werden mussten, entstand ein gesamter Anlagebedarf von netto 2,4 Millionen Franken. So konnte mit der Anschaffung eines Eeportagewagens nicht zugewartet werden. Da den Mehrausgaben von etwa 0,5 Millionen Franken Einsparungen auf andern Positionen von etwa 0,2 Millionen Franken gegenüberstehen, konnte das Budget bis auf 0,3 Millionen Franken eingehalten werden.

Zur Mitfinanzierung des Reportagewagens wurde vom Gemeinschaftsfonds PTT/SBG für die Eadioentstörung ein rückzahlbarer Vorschuss von 0,25 Millionen Franken in Anspruch genommen; dieser Betrag wird am Schlüsse der Versuchsperiode dem Veräusserungswert des Wagens entsprechen.

Bei der Betriebsrechnung sind wir in vermehrtem Masse auf Schätzungen angewiesen, weil zurzeit erst über 22 von den insgesamt 31 Monaten der Versuchsdauer abgerechnet ist.

Um mit den technischen Möglichkeiten einerseits und den tatsächlichen Leistungen des Fernsehens im Ausland anderseits einigermassen Schritt zu halten, musste die Qualität der Fernsehprogramme rasch verbessert und ihre Dauer wesentlich verlängert werden, beides in einem Ausmass, das in der Botschaft von 1951 nicht voraussehbar war. Die Mehrkosten dieser Verbesserungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht konnten dadurch gedeckt werden, dass der Wertberichtigungsaufwand durch Herabsetzung des Wertberichtigungssatzes verkleinert wurde. In der Botschaft vom 4. Juni 1951 war ein mittlerer Wertberichtigungssatz von 25 Prozent vorgesehen, d. h. der
Buchwert der technischen Anlagen hätte nach Abschluss des Versuchsbetriebes noch % des Anschaffungswertes betragen. Die Herabsetzung des Wertberichtigungssatzes auf 10 Prozent ermässigte den Wertberichtigungsaufwand für die ganze Versuchsdauer von 31 Monaten um eine Million Franken auf rund 0,6 Millionen Franken.

413 Die bisherigen Erfahrungen gestatten, den gesamten Betriebsaufwand des Versuchsbetriebes in Zürich wie folgt zu schätzen: Betriebsaufwand

Personal Programm Betrieb Wertberichtigungen (Anteil des Versuchsbetriebes an den Kosten der Anlagen von 2,1 bzw. 2,4 Millionen Franken) Unvorhergesehenes

^sTaT V" AufTM" Veränderung Millionen Franken

0,9 0,9 0,3

1,0 1,4 0,7

+0,1 +0,5 +0,4

1,6 0,3

0,6 0,3

--1,0 --

4,0

4,0

Der in der Botschaft vom 4. Juni 1951 vorgesehene Ausgabenrahmen von 4 Millionen Franken wird somit eingehalten werden können.

Die Deckung der Ausgaben war in der Botschaft vom 4. Juni 1951 wie folgt geplant: ^.^ Franken

Leistungen der P T T-Verwaltung Leistungen der Schweizerischen Kundspruch-Gesellschaf t Bundesbeitrag Beiträge Dritter (Konzessionsgebühren, Beiträge öffentlicher Körperschaften, Leistungen der Industrie und des Handels) . . . .

0,9 0,9 1,5 0,7 1/T

Der Bundesbeitrag und die Leistungen der PTT-Verwaltung Franken von zusammen 2 400 000 sind durch Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 bewilligt worden.

Die Organe der Schweizerischen Kundspruch-Gesellschaf t bewilligten die ihr zugedachten Leistungen von 900 000 Stadt und Kanton Zürich erklärten sich 1952 zu einem Beitrag von je 100 000 Franken bereit, zusammen 200 000 Der Erlös der gelben Kontrollmarke von 20 Franken, die auf jeden installierten Fernsehempfänger angebracht wird und als Beitrag des Fachhandels gilt, wird beziffert auf 130 000 Übertrag 3 630 000

414 Franken

Übertrag 3630000 Die Konzessionsgebühr, die im Jahre 1953 40 Franken, im Jahre 1954 60 Franken für den privaten Empfang und 120 Franken für die öffentlichen Darbietungen in Gaststätten, Pensionen, Spitälern usw. betrug, wird voraussichtlich bis 30. September 1955 410 000 abwerfen.

Die Deckung der Betriebskosten dürfte daher mit Einnahmen von 4 040 000 gesichert sein.

b. Bundesbeschluss vom 24. Juni 1954 über die Finanzierung des westschweizerischen Fernseh-Versuchsprogramms 1 Mit ihm ) wurde der Bund in Nachachtung einer Interpellation des Herrn Nationalrates Peitrequin ermächtigt, das westschweizerische Fernsehprogramm während der Dauer des schweizerischen Versuchsdienstes mit einem Beitrag von höchstens einer Million Franken zu unterstützen. Dieser zusätzliche Kredit, der für die letzten elf Monate des Versuehsbetriebes berechnet ist (November 1954 bis September 1955), wird nicht überschritten. Seine Verwendung wird ebenfalls vom Finanzausschuss der Kommission für Fernsehfragen beaufsichtigt.

c. Voranschlag der Eidgenossenschaft -für das Jahr 1954 Mit diesem Voranschlag wurden der PTT-Verwaltung zum Ausbau des Fernsehnetzes 2) 2,5 Millionen Franken bewilligt. Damit ist eine erste Etappe im Ausbau des Fernsehnetzes im Sinne der erwähnten Interpellation Peitrequin eingeleitet und gleichzeitig der Anschluss des Mittellandes und Basels an die Zürcher Programmbasis ermöglicht. Der Gesamtkredit wurde wie folgt verWndet:

Millionen Pranken

- Eichtstrahlverbindungen und Sendestationen im Baume Genf/ Lausanne, Bern und Basel - Hiefür benötigte Gebäude und Grundstücke . . .- Eeportagewagen für den welschen Landesteil

1,76 0,24 0,50

Zusammen

2,50

Diese Anlagen dienen nicht nur der innerschweizerischen Übermittlung des Programms des Versuchsbetriebs, sondern gleichzeitig auch der Vermittlung von Fernsehsendungen auf internationaler Ebene; sie werden selbstverständlich nach Abschluss des Versuchsbetriebes auch verwendet.

!)

BEI 1954, II, 10.

2 ) Botschaft des Bundesrates vom 23. Oktober 1953, Seite 86.

415 d. Voranschlag der Eidgenossenschaft für das Jahr 1955 Dasselbe gilt auch für die im Voranschlag für das Jahr 1955 bereitgestellten Kredite von 1,6 Millionen Franken l ), die für Verbindungsleitungen (Bichtstrahl-, End- und Eelaisstellen) benötigt werden. Der Bundesrat hat der Bundesversammlung zur Begründung dieses Kredites erklärt, dass die technische Transitaufgabe der PTT-Verwaltung den Bau internationaler Fernsehverbindungen erheische, die die gegenwärtig übertragungstechnisch und wirtschaftlich gleicherweise ungünstigen Provisorien im Verkehr Deutschland-Italien-Frankreich via Schweiz ersetzen sollen. Es handelt sich dabei um ein MehrzweckÜbertragungsnetz, das primär dem internationalen Fernsehtransit dient, aber auch unerlässlich ist für den Anschluss des Welschlandes an die Versuchsbasis Zürich. Die mit dem bewilligten Kredit im Jahre 1955 zu beschaffende Anlage wird die Nord-Süd-Verbindung mit festen Anschlüssen an Deutschland, Frankreich und Italien sowie eine West-Ost-Verbindung La Dôle-Uetliberg und Ausbauten auf dem Monte Generoso umfassen. Über die Beanspruchung dieses Kredites wird, wie üblich, im Eahmen der eidgenössischen Staatsrechnung berichtet.

Hinsichtlich der Kosten einer Programmstunde hat der Versuchsbetrieb die Erfahrungen des Auslandes voll bestätigt. Eine Programmstunde, Aufwendungen für Technik und Anlagen inbegriffen, kommt im gegenwärtigen Versuchsbetrieb auf 4500 Franken zu stehen. Dies war allerdings nur möglich infolge einer erzwungenen Beschränkung in allen Ausgabensparten des> Versuchsbetriebs und seiner Anlagen. Verbesserung der Inlandprogramme, Steigerung der Betriebssicherheit und Erweiterung des Fernsehnetzes werden zu einer unvermeidlichen Steigerung der Kosten je Programmstunde führen.

5. Wirtschaft und Fiskus a. Industrie und Gewerbe Von den während des Versuchsbetriebes im Studio Zürich und in der Sendeanlage Uetliberg benützten Apparaturen stammen, bezogen auf die Anschaffungskosten, etwa 83 Prozent aus dem Ausland und 67 Prozent aus dem Inland.

Von den Empfangsgeräten sind 88,7 Prozent importiert worden. In Aufnahme-, Sende- und Empfangsgeräten zusammen sind Ende 1954, ohne Berücksichtigung von Abgaben im Inland, etwa 9 Millionen Franken investiert. Die schweizerische Industrie hat ihr Interesse an diesem neuen Produktionszweig damit bewiesen,
dass sie bedeutende Beträge für Forschung und Versuche ausgegeben hat, um den Anschluss an den Produktionsstand im Ausland herzustellen und das Inland, was Qualität und Preise anbelangt, trotz des empfindlichen Konkurrenzdruckes einwandfrei^ zu beliefern. Bereits beginnt sich der Erfolg dieser Bemühungen abzuzeichnen: die von schweizerischen Unternehmungen hergestellten Sende- und Empfangsgeräte sind den vergleichbaren ausländischen Pro*) Bundestesohluss vom 20. Dezember 1954.

416 dukten ebenbürtig. Die Erfahrungen im Versuchsbetrieb haben ergeben, dass es bei ständiger Verbesserung der Produkte und unter dem Vorbehalt angemessener Preise der schweizerischen Industrie möglich werden dürfte, die Nachfrage im Inland zu decken. Damit aber werden für einen Industriezweig neue Arbeitsbeschaffungsmöglichkeiten eröffnet, der zu den arbeitsintensiven Veredelungsindustrien gehört, deren Euf - es sei nur an die metallverarbeitende, besonders an die Uhrenindustrie gedacht - auf dem Weltmarkt unbestritten ist.

Die Wünschbarkeit einer eigenen Qualitätsindustrie auf dem Gebiete des Fernsehens zeichnet sich auch im Hinblick auf die wachsende Bedeutung der Impulstechnik in der militärischen Landesverteidigung ab.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Fernsehens tritt allerdings erst klar hervor, wenn der Fernsehapparatebau in Serien produzieren und den Handel laufend beliefern kann.

Zum gleichen Schluss führt die Betrachtung der Möglichkeiten; die sich Handel und Gewerbe ersehliessen können. Die Bedeutung des Fachgeschäftes ist angesichts der verhältnismässig komplizierten Fernsehanlagen überdurchschnittlich gross. Zahlreiche Gewerbe- und Handelsunternehmungen haben denn auch schon während des Versuchsbetriebes erhebliche Opfer auf sich genommen, um ihrem Personal das Eüstzeug für das einwandfreie Installieren der Apparate und den Eeparatur- und Unterhaltsdienst zu vermitteln, auf den die Kundschaft Anspruch erhebt.

fe. Fiskus

In diesem Zusammenhang darf auch die fiskalische Bedeutung des Fernsehens für den Bund gestreift werden.

Der Bund bezieht auf Fernsehapparaten und deren Zubehör die Warenumsatzsteuer von 4 Prozent und die Luxussteuer von 5 Prozent des Verkaufspreises sowie auf °den importierten Apparaten und Zubehör noch den Zoll von 200 Franken je 100 kg Ware brutto. Die Einnahmen, die dem Bund bisher aus diesen Abgaben auf Fernsehapparaten und ihrer Zubehör zuflössen, sind nicht gesondert erfasst worden. Ihr annähernder Umfang lässt sich indessen wie folgt ermitteln : Am 81. Dezember 1954 sind rund 4500 Fernsehkonzessionäre gezählt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind mindestens ebensoviele Apparate gekauft worden. Deren Detailpreis bewegt sich, ohne Warenumsatz- und Luxussteuer, zwischen 900 bis 2500 Franken. Da erfahrungsgemäss mehr billige als teure Apparate gekauft werden, wird den folgenden Schätzungen ein durchschnittlicher Detailpreis von 1200 Franken zugrunde gelegt; dazu kommen die Kosten für die Antenne von durchschnittlich 200 Franken je Apparat. Bei diesen Annahmen erhielt der Bund je Apparat, einschliesslich Antenne, 56 Franken Warenumsatzsteuer und 70 Franken Luxussteuer bzw. für sämtliche 4500 im Gebrauch stehenden Apparate 249 592 Franken Warenumsatzsteuer und 311 990 Franken Luxussteuer. Von diesen Fernsehapparaten sind 88,7 Prozent., d. h. etwa 4000 Stück, importiert worden. Da der Zoll je Gewicht erhoben wird,

417 Mutmassliche Einnahmen des Bundes aus Warenumsatzsteuer, Luxussteuer und Zoll auf den Fernsehempfangsapparaten 1953 bis 1965 4% WUST

Jahr

1954 !).

1955 1956 1957. .

1958. .

1959 I960 1961 1962 .

1963 1964 .

1965

. . .

. .

. . .

. .

. .

Stand anfangs 1966 bzw.

Summe ca. .

5% luxussteuer

Jährliche Zunahme der im Gehrauch stehenden Apparate

Annahme eines durchschnittlichen Zolles von Fr. 90Annahme eines durchschnitt- je Apparat und von Einnahmen Fr. 10.- je Antenne, zusammen lichen Detailpreises von berechnet auf 3 /3 Fr. 1100.- je Apparat und von sämtlicher Apparate Fr. 100.- je Antenne bzw. Antennen

Apparate

Millionen Franken

4457 5000 10000 12000 14000 16000 18000 20000 20000 25000 25000 30000

0,25 0,25 0,48 ,, 0,57 0,67 0,77 0,86 0,96 0,96 1,20 1,20 1,43

200 000

9,60

0,30 0,30 0,60 ' 0,72 0,84 0,96 1,08 1,20 1,20 1,50 1,50 1,80

0,40 0,33 0,67 0,80 0,93 1,07 1,20 1,33 1,33 1,67 1,67 2,00

12,0

13,40

0,95 0,88 1,75 2,09 2,44 2,80 3,14 3,49 3,49 4,37 4,37 5,23

35,0

1

) Bestand am 31. Dezember 1954.

fehlen die Angaben über die Zollbelastung je Apparat. Als Durchschnittsgewicht können etwa 40 bis 45 kg je Apparat und ein solches von 5 bis 10 kg für die Antenne angenommen werden. Damit ergibt sich je Apparat und Antenne ein durchschnittlicher Zoll von etwa 100 Franken und für sämtliche importierten Apparate ein solcher von 395 300 Franken.

Auf den bis Ende 1954 im Gebrauch stehenden Fernsehapparaten - die Vorräte beim Handel sowie die noch nicht konzessionierten Apparate im Gebrauch werden nicht berücksichtigt - hat der Bund somit Fiskaleinnahmen von annähernd einer Million Franken erzielt.

Mit der Zunahme der Zahl der Fernsehkonzessionäre werden sich die jährlichen Fiskaleinnahmen des Bundes auf den verkauften und importierten Fernsehapparaten und deren Zubehör ständig erhöhen.

Bei der folgenden Schätzung über den Umfang dieser Einnahmen in den nächsten zehn Jahren wird in der Annahme einer späteren Senkung der Apparate- und Antennenpreise nur noch mit einem durchschnittlichen Apparatepreis von 1100 Franken und einem durchschnittlichen Antennenpreis von 100 Fran-

418 ken gerechnet. Ferner wird in der Erwartung, dass der wachsende Absatz der Produkte der erstarkenden einheimischen Fernsehindustrie zu einem Verhältnismassigen Eückgang der Importe führen dürfte, der Zoll nur auf 2/3 aller Apparate und Antennen berechnet. Der Zoll auf einzelnen Bestand- und Ersatzteilen, vor allem auf den Bohren, der beträchtlich sein dürfte, wird hier mangels näherer Angaben nicht berücksichtigt.

Das Aufkommen des schweizerischen Fernsehens führt somit zu einer verhältnismässig beträchtlichen Vermehrung der Fiskaleinnahmen des Bundes.

Diese Einnahmen wird der Bund auch dann erzielen, wenn die Zunahme der Fernsehkonzessionäre wider Erwarten etwas langsamer verlaufen sollte.

° 6. Entwicklung des Teünehmerbestandes Die Botschaft vom 4. Juni 1951 rechnete bei vorsichtiger Schätzung mit 3000 Fernsehteilnehmern im ersten, 6000 im zweiten und 8000 nach Ablauf des dritten Jahres. Die bisherige Entwicklung hat die Vorhersagen im allgemeinen bestätigt, und es darf mit grosser Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass nach Ablauf des Versuchsbetriebes am 80. September 1955 die Zahl der Konzessionäre auf 8000 angestiegen sein wird, obwohl die offizielle Eröffnung mit regelmässigen Sendungen erst am 23. November 1953 erfolgen konnte. Am 28. Februar 1955 betrug der Teilnehmerbestand 5621 Konzessionäre.

Hemmend 'auf die Entwicklung des Teilnehmerbestandes wirkte sich nebst der genannten Verzögerung bei der Eröffnung des Versuchsbetriebes und der Inbetriebnahme der Sender La Dole und Bantiger vor allem die Unsicherheit über die künftige Gestaltung des schweizerischen Fernsehens aus. All diese Gründe und das fehlende Vertrauen in die Dauer der Verwendbarkeit der heutigen Empfänger sowie der relativ hohe Preis der Apparate und Installationen führten zu einer verständlichen Zurückhaltung vieler Kaufsinteressenten, wie dies anhand der Beobachtungen der Bundspruch- und Fernsehfachgeschäfte deutlich ersichtlich ist. Wenn von den Erfahrungen des Versuchsbetriebes auf die künftige Entwicklung geschlossen werden darf, dann ist anzunehmen, dass sich die Fernsehteilnehmer ebensosehr aus kleinstädtischen und ländlichen Kreisen rekrutieren werden, als aus großstädtischen Bevölkerungssehichten.

III. Der reguläre schweizerische Fernsehbetrieb 1. Kann und soll der Bund den Versuchsbetrieb in einen regulären Fernsehbetrieb überführen P Es liegt in der Natur jedes technischen Fortschrittes, dass ihm nicht nur vorbehaltlose Zustimmung, sondern ebensosehr Misstrauen entgegengebracht wird. Während die Befürworter das Fernsehen als eine begrüssenswerte kulturelle Einrichtung betrachten, mit, deren Hilfe wünschenswertes Wissen stärker als bisher verbreitet und ein Anschauungsunterricht von zuvor ungekannter

419 Intensität ermöglicht werden kann, befürchten die Skeptiker, das Fernsehen führe zu Oberflächlichkeit und Gedankenflucht, weshalb ihm unvermeidlich auch eine gleichschaltende Wirkung innewohne, die vor allem für die kulturföderalistische Struktur der Schweiz eine Gefahr darstelle.

Nebst diesem grundsätzlichen Meinungsstreit über den Wert oder Unwert des Fernsehens und den Platz, der ihm inskünftig in unserm Lande zukommen soll, spielen auch Probleme rechtlicher und finanzieller Natur eine gewisse Eolle.

Ist aber der Wille zur Bejahung des Fernsehens vorhanden, dann lassen sich auch Wege finden, um all diese Probleme zu überwinden.

Bevor die Schlussfolgerungen aus dem Versuchsbetrieb gezogen werden können, müssen demnach folgende Fragen näher abgeklärt werden: - Wie steht es um die rechtlichen Grundlagen?

- Soll weiterhin die PTT-Verwaltung die technischen Belange betreuen und die Schweizerische Kundspruchgesellschaft die Programme gestalten?

- Auf welche Weise soll der reguläre -Betrieb finanziert werden ?

2. Rechtsgrundlagen

Entstehung des Fernsehregals. Die Bundesverfassung von 1848 übertrug dem Bund das Postregal. Beim Aufkommen des elektrischen Telegraphen im Jahre 1851 unterstellten Bundesrat und eidgenössische Kate dieses neue Nachrichtenübertragungsmittel dem Postregal und bezeichneten das Telegraphenwesen im Bundesgesetz vom 23. Dezember 1851 als Bundessache. Die Bundesverfassung (BV) vom Jahre 1874 bestätigt diese Auffassung ausdrücklich und erklärt in Artikel 36 das Post- und Telegraphenwesen im ganzen Umfang der Eidgenossenschaft als Bundessache. Als im Jahre 1878 die ersten Telephone eingerichtet wurden, stellte der Bundesrat fest, dass jede Art von Gedankenübertragung mit technischen Mitteln unter Artikel 36 B V falle; er unterwarf daher die Telephonanlagen der Konzessionspflicht (vgl. BB1 1878, Bd. 4, S. 448 ff.). Die Bundesversammlung teilte diese Ansicht. In der Folge wurde im Bundesgesetz vom 27. Juni 1889 betreffend das Telephonwesen die Errichtung und der Betrieb von Telephonanlagen als Teil des Telegraphenwesens erklärt und dem Geschäftskreis der Telegraphenverwaltung zugewiesen. Die technischen Fortschritte auf radioelektrischem Gebiet brachten eine nochmalige Erweiterung des Eegals beim Erlass des heute geltenden Bundesgesetzes betreffend den Telegraphen- und Telephonverkehr (TVG) vom 14. Oktober 1922, das in Artikel l das Eegal wie folgt umschreibt: «Die Telegraphenverwaltung hat das ausschliessliche Eecht, Sende- und Empfangseinrichtungen sowie Anlagen jeder Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, zu erstellen und zu betreiben.» Diese Umschreibung gilt, weil in einem Bundesgesetz enthalten, als formell unanfechtbar. Sie entspricht aber auch materiell dem Ziel, das der Verfassungsgesetzgeber erreichen wollte : die technische Übermittlung eines Gedankengutes

420

als Bundessache zu erklären. Zuerst handelte es sich lediglich um die Sendung schriftlicher Nachrichten durch die Post ; in der Folge kamen andere Formen und Mittel, insbesondere dasjenige der Elektrizität dazu. Ob das elektrische Signal durch den Draht oder drahtlos durch den Äther übertragen wird, ist bloss eine Modalität des Verfahrens. Das Gesetz von 1922 durfte deshalb, dem damaligen Stand der Technik entsprechend, auch die radioelektrische Übertragung als Gegenstand des Eegals erklären.

Nicht anders verhält es sich mit dem Fernsehen, das für den gegenwärtigen Zeitpunkt einen neuen Schritt in dieser Entwicklung darstellt. Bei dem seit Jahrzehnten bekannten Bildtelegraphen wird die Helligkeit der einzelnen Punkte eines Bildes mit einem lichtempfindlichen Element abgetastet, in elektrische Signale umgeformt und als solche über eine Leitung oder drahtlos übertragen. Das Fernsehen verbindet diesen Vorgang mit der seit der Erfindung des Kinematographen bekannten Technik des Abrollens rasch aufeinanderfolgender Bilder, die beim Beschauer den Eindruck einer kontinuierlichen Bewegung hervorrufen. Die heutige Fernsehtechnik bildet also die Weiterentwicklung des Bildtelegraphs, dessen Ubermittlungsgeschwindigkeit stark gesteigert wurde.

Steht also fest, dass gestützt auf Artikel 36 BV in Verbindung mit dem TVG dem Bund auch das Fernsehregal zusteht, so ist weiter zu erläutern, welches der Umfang dieses Eegals ist.

A u s ü b u n g und U m f a n g des Eegals. Ein Eegal gibt dem Staate ein Eecht. Im Bereich des Privatrechtes steht es im Belieben des Berechtigten, von seinen Eechten Gebrauch zu machen oder nicht. Für das Gebiet des öffentlichen Eechtes gilt dies nicht in gleicher Weise. Ein dem Staat verliehenes Eegal schliesst die Berechtigung jedes andern aus. Es kann aber ein öffentliches Interesse daran bestehen, dass die Tätigkeit, die Gegenstand des Eegals bildet, tatsächlich ausgeübt wird.

Bei der Beantwortung der Frage, ob das öffentliche Interesse die Ausübung des Eegals wünschbar erscheinen lässt, darf das Fernsehen nicht nur nach der Funktion beurteilt werden, die es momentan zu erfüllen vermag. Es lässt sich heute auf Grund der auf andern Gebieten der Technik gemachten Erfahrungen voraussehen, dass das Fernsehen sich vervollkommnen und weitere Möglichkeiten, namentlich auch auf kulturellen
und wissenschaftlichen Gebieten, erfüllen wird.

Was den U m f a n g des Eegals anbelangt, ist davon auszugehen, dass das Fernsehen zwei verschiedenartige Elemente in sich schliesst. Es setzt sich zum Ziel, bildmässige Vorgänge an einem oder an beliebig vielen andern Orten sichtbar werden zu lassen. Dazu bedarf es technischer Einrichtungen, die erstellt und betrieben werden müssen, wogegen die zu übertragenden Bilder den Sendestoff darstellen. Eine entsprechende Teilung charakterisiert übrigens alle in Artikel 86 BV eingeschlossenen Übermittlungsarten : Post, Telegraph, Telephon und Eadio.

Überall geht es darum, ein in Zeichen, Bildern oder Lauten ausgedrücktes Gedankengut an einen oder mehrere oder unbestimmt viele Empfänger weiter-

421 zuleiten. Dieses Auseinanderfallen der beiden Elemente hat zur Folge, dass der Bund sehr wohl den technischen Apparat allein herstellen oder sich dafür auch der Mithilfe von Privaten bedienen kann, die unter seiner Aufsicht tätig werden ; es ist aber nicht beabsichtigt, dass er auch den zu übermittelnden Stoff selbst erzeuge. Der Bundesrat ist denn auch in seinem Bericht vom 13. Januar 1953 über die Ordnung des schweizerischen Eundspruchdienstes davon ausgegangen, dass weder das Post- und Telegraphenregal noch eine andere Verfassungsbestimmung den Bund ermächtigen, den Programmbetrieb des Kundspruchs als Monopol zu besorgen.

Das nämliche gilt für das Fernsehen, da es die hier entscheidenden Eigenschaften mit dem Eundspruch gemeinsam hat. Es ist deshalb davon auszugehen, dass weder das Fernsehregal, noch eine andere Verfassungsbestimmung den Bund ermächtigen, das Programm, des Fernsehens als Monopol zu betreuen. Das Fernsehregal des Bundes erfasst die technische Seite, die Erstellung und den Betrieb der erforderlichen technischen Einrichtungen. Der Bundesrat gibt sich Eechenschaft von den Voraussetzungen, die noch zu schaffen sind, damit auch auf programmlichem Gebiet eine ausreichende Eechtsgrundlage für die Einführung eines regulären Fernsehbetriebes durch den Bund vorhanden ist.

Bereits bei der Beratung des Berichtes über die Ordnung des schweizerischen Kundspruchdienstes hat der Bundesrat am 22. September 1953 im Nationalrat ein Postulat der Kommission entgegengenommen, das ihn einlädt, den eidgenössischen Eäten innerhalb einer Frist von vier Jahren Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen über die Schaffung einer besondern Kechtsgrundlage für den schweizerischen Rundspruchdienst und das Fernsehen. Während des Überbrückungsbetriebes, d. h. bis Ende 1957, ist die Bundesverfassung durch einen Artikel zu ergänzen, der dem Bund die umfassende Gesetzgebungshoheit in Radio- und Fernsehfragen gibt. Der Bundesrat hat die feste Absicht, bis zum genannten Zeitpunkt auch die entsprechende Gesetzgebung zu definieren.

3. Technische Gestaltung des regulären Betriebes

Im Übergang vom experimentellen zum regulären Betrieb muss zunächst das Bestehende konsolidiert werden, um sodann den weiteren Aufbau nach den erworbenen Grundsätzen vornehmen zu können. Eine gute Darbietung wird bereits von Zehntausenden gesehen und, wenn es sich um internationale Übertragungen handelt, von Millionen. Der Ausführung' technischer Vorhaben wird man inskünftig mehr Zeit einräumen müssen als bis dahin ; die Zeiten des Improvisierens sollten endgültig vorbei sein. Auch den personellen Dispositionen wird man noch mehr Aufmerksamkeit schenken müssen, als dies während des Versuchsbetriebes möglich war. In dieser Hinsicht bestehen nach wie vor gewisse Schwierigkeiten, denn gute Videotechniker sind selten und gesucht. Die Videotechnik ist aber nicht zuletzt für unsere zivilen und militärischen Belange von grundsätzlicher Bedeutung.

422 Als Träger der technischen Gestaltung des Fernsehens tritt im Ausland in der Eegel der Staat auf, sofern nicht private Körperschaften ausnahmsweise diese Aufgabe übernehmen. In der Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1951 zur Finanzierung eines schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes wurde die PTT-Verwaltung als der prädestinierte Träger des regulären Fernsehbetriebes bezeichnet, wobei die Rechtsgrundlage unbestritten war.

a. Konsolidierung der bestellenden Anlagen Zu den vordringlichen Anliegen des regulären Fernsehbetriebes zählt zweifellos die Konsolidierung der transalpinen Richtstrahlverbindung, mit den internationalen Anschlüssen an Deutschland, Frankreich und Italien. Der vorgesehene Weg führt von Mailand über die Höhenstationen Monte Generoso, Jungfraujoch, Bantiger, Hauenstein und Gempen nach dem Blauen, auf die westdeutsche Sammelschiene und ebenfalls vom Gempen nach dem Ballon de Guebwiller auf das französische Netz, wobei für die ankommende Richtung aus Frankreich auf schweizerischer Seite ein Bildwandler zwischengeschaltet wird. Mit den Vorarbeiten wurde schon vor einiger Zeit begonnen. Es ist anzunehmen, dass das Vorhaben noch im Laufe des Jahres 1955 verwirklicht werden kann. Mit diesem Ausbau erfolgt zwangsläufig auch eine Konsolidierung der M i t t e l l a n d v e r b i n d u n g . Diese wird später über den Säntis nach dem Osten und eventuell auch von der Dole nach dem Westen weiterführen. Auch die Nebenachse. Gempen-Hauenstein-Uetliberg-Säntis dürfte später von internationaler Bedeutung werden. Weitere vordringliche Richtstrahlanliegen ergeben sich aus der Notwendigkeit, die Studios, inskünftig als eigentliche Programmbasen zu betreiben. Es geht nämlich auf die Dauer nicht an, die Programmschaltungen an irgendwelche Stellen im Netz, und dazu noch bild- und tonmässig getrennt, durchzuführen. Die Studios sollen nicht nur über ausgehende, sondern auch über einlaufende Verbindungen verfügen, damit der zeitliche Programmablauf ausschliesslich von ein und derselben Basis gesteuert wird.

Auch bei den Sendern sind konsolidierende Massnahmen zu nennen. So ist zum Beispiel ein Basler Sender, mit Standort Gempen, in Vorbereitung. Es handelt sich um eine Mehrzweckanlage, die zu gegebener Zeit das experimentelle Provisorium auf St.Chrischona ablösen wird. In diesem Zusammenhang bleibt
zu erwähnen, dass die mehr laboratoriumsmässige Erstausführung des Bildsenders auf dem Uetliberg durch eine ausgereiftere Konstruktion mit höherer Sendeleistung zu ersetzen sein wird.

b. Ausbau des Hauptnetzes Als nächster Schritt ist der Ausbau des H a u p t n e t z e s vorzusehen, das zunächst einmal die dichtbevölkerten Zonen des Landes erfassen soll. Dieses Netz umfasst die vorgesehenen festen und beweglichen Programmquellen sowie die festen Verbindungen und die Sender, die aus nachfolgender Tabelle ersichtlich

423

424 sind. Nach diesem ersten Ausbau, der 1957 beendet sein sollte, würden zwei Drittel der Bevölkerung mit schweizerischen Programmen bedient werden können.

Im Vordergrund des öffentlichen Interesses steht heute die Aufgabe, weitere Eegionen des Landes dem schweizerischen Fernsehen zu erschliessen. Dafür sprechen unsere föderalistische Staatsstruktur und der notwendige Ausgleich der zunehmenden Einstrahlung grenznaher, ausländischer Sender. Unerlässlich dürfte vorerst der Bau weiterer Sender und ihrer Verbindungen sein. Im wesentlichen handelt es sich um die Sender Säntis für die Nordostschweiz, La Berrà, das welsche Pendant zum Sender Bantiger, und die beiden Tessiner Sender Monte Ceneri und Monte S. Salvatore. In ihrer Gesamtheit bilden diese Sender, zusammen mit den bereits früher genannten, das vorgesehene Hauptnetz der Sender. Die gleichen' Standorte dienen zugleich für das künftige Netz frequenzmodulierter Sender auf Meterwellen (UKW-Sender), das nach den Wünschen der Eundspruchteilnehmer beschleunigt ausgebaut werden sollte.

Das projektierte Hauptnetz der festen Verbindungen sieht zur Bildübertragung ausschliesslich Eichtstrahlen, zunächst im untersten Dezimeter-Wellenband (2000 MHz) vor. Den beweglichen Anschlüssen sind die beiden ZentimeterWellenbänder (4000 MHz, 6000 MHz) zugeordnet. Der zunehmende Einsatz des Koaxialkabels für Telephonzwecke lässt jedoch erwarten, dass der Kabelweg später einmal für Fernsehzwecke an Bedeutung gewinnt, während anderseits die Eichtstrahlen auch dem Telephon dienen. Die Koordinationsfragen zwischen Fernsehen und Telephon sind daher nach wie vor von wesentlicher Bedeutung.

Die grössten Investitionen für das Fernsehen werden auf der Empfangsseite gemacht. Von der technischen Koordination zwischen Fernsehen und Eundspruch auf Meterwellen war bereits die Eede. Selbstverständlich wird auch der Drahtweg allmählich an Bedeutung gewinnen, zunächst in Verbindung mit Gemeinschaftsantennen, dann aber auch als eigentliches Verteilsystem für · grössere Teilnehmerzahlen. Die Verwendung von Gemeinschaftsantennen ist auch vom Standpunkt des Heimatschutzes aus interessant. Inwieweit die heutige Telephon-Teilnehmerleitung in Frage kommt, ist vorläufig noch ungewiss.

Vor allem aber wird der weitere Ausbau des Sendenetzes den Aufwand für die Empfangsantennen herabsetzen. Zugleich
werden dadurch die Beeinflussungsfragen gemildert, die ohnehin im Bereich der Meterwellen harmloser sind, als beispielsweise auf Mittel- und Langwellen.

4. Das Programm des regulären Betriebes a. Aufgabe und Bedeutung

Das Fernsehen hat vier grundsätzliche Aufgaben zu erfüllen : es soll erbauen, belehren, informieren und unterhalten. Die Programmgestaltung hat darauf Bücksicht zu nehmen und darüber hinaus den Fernsehdienst zu einem Abbild des kulturellen Eigenlebens der Schweiz zu gestalten.

425 Fernsehen wendet sich nicht, -wie oft zu Unrecht angenommen wird, vorwiegend an intellektuelle oder begüterte Kreise. Es appelliert an alle, ohne Ansehen von Alter, Geschlecht, Beruf und Stand. Die Ansprüche des einzelnen Menschen an das Fernsehen sind daher verschieden; es hat die Aufgabe, darauf Rücksicht zu nehmen.

Die Programme sollen einerseits wahre ethische und kulturelle Werte vermitteln und damit einen Beitrag an die Erziehung leisten, anderseits den verbreiteten Wünschen nach Unterhaltung und Information Eechnung tragen. Die einzelne Sendung wird dabei nie ganz nach den verschiedenen Geschmacksrichtungen ausgerichtet werden können. Wenn jedoch ihre Gestaltung und Aufmachung mit der grössten Sorgfalt vorbereitet wird und nur das Beste gut genug bleibt, dann kann der Fernsehdienst seiner Verpflichtung gerecht werden.

Der Bundesrat weiss, welch hohe Erwartungen an das Fernsehprogramm gestellt werden. Um den gehegten Bedenken Eechnung zu tragen, hat er die eidgenössische Kommission zur Begutachtung kulturpolitischer F e r n s e h f r a g e n eingesetzt. Ihr war die Aufgabe überbunden, alle mit dem Fernsehen zusammenhängenden Fragen nach der geistig-kulturellen Seite hin abzuklären. Die Kommission hat ihre Arbeiten am 14. Dezember 1953 vorläufig abgeschlossen und ihre Richtlinien für die Gestaltung des schweizerischen Fernsehens in einem Bericht zuhanden des Bundesrates zusammengefasst, der sie an die Schweizerische Rundspruchgesellschaft in Form der folgenden verbindlichen Weisungen weitergab : I. Für die Programme des schweizerischen Fernsehens gilt grundsätzlich das gleiche wie für den Schweizerischen Rundspruch : « Sie sollen dem Interesse des Landes dienen, die nationale Einheit und Zusammengehörigkeit stärken ; sie sollen die geistigen und kulturellen Werte des Landes wahren und fördern, zur geistigen, künstlerischen, sittlichen und staatsbürgerlichen Erziehung und Bildung der Hörer beitragen und ihren Wunsch nach Information und Unterhaltung erfüllen.» II. Die Beliebtheit einer Sendegattung darf nicht zum Mass ihrer Güte erhoben werden. Vor allem sind schädigende Wirkungen auf die Jugend zu vermeiden.

III. Im übrigen wird sich die Programmleitung an die Empfehlungen der eidgenössischen Kommission zur Begutachtung kulturpolitischer Fernsehfragen vom 14. Dezember 1953 halten.
Darüber hinaus äusserte sich die Kommission in einem zusammenfassenden Kommentar einlässlich zu den einzelnen Sachgebieten und über die Beziehungen des Fernsehens zu andern Kultur- und Nachrichtenvermittlern. Sie kam zum Schluss, das Fernsehen vermöge zu einem wertvollen Instrument der Erbauung, Erziehung und Unterhaltung zu werden, sofern man entsprechend hohe Anforderungen an die Programme stelle. Die Beachtung ihrer Grundsätze ist daBundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

31

'426

durch gewährleistet, dass die Hälfte der Mitglieder der Programmkommission der Schweizerischen Bundspruchgesellschaft (SE G) gleichzeitig der eidgenössischen Kommission zur Begutachtung kulturpolitischer Fernsehfragen angehört.

b. Beziehungen zur menschlichen Gesellschaft

Familie. Der Einfluss des Fernsehens auf die Familie ist eines der zentralen Probleme, mit denen sich auch die kulturpolitische Kommission auseinandergesetzt hat. Die Familie wird vor dem Bildschirm des Empfängers wieder zu gemeinsamer Betrachtung zusammengeführt ; das gemeinsam Gesehene und Empfundene kann die Menschen einander näher bringen, kann auch Anreiz für weitere Aussprachen sein. Demgegenüber werden Bedenken geäussert, der übermässige Genuss des Fernsehens unterbinde die aktive Betätigung im Familienkreise. Um dieser Gefahr wirksam zu begegnen, darf die Sendezeit nicht ungebührlich ausgedehnt werden. Auch ist bei der Auswahl und Zusammenstellung der Programme darauf zu achten, dass die besonderen Werte des Familienlebens zum Ausdruck kommen und die Zuschauer durch geeignete Mittel zur Mitbetätigung im Familienkreise angeregt werden.

Die Bedürfnisse der Frauen und Mütter sind weitgehend zu berücksichtigen, da sie die Mehrheit des Fernsehpublikums bilden werden. Es sollen nicht nur spezielle Programme für und über Frauen gesandt werden, sondern es ist bei allen Sendungen ihrer besondern Betrachtungsweise Rechnung zu tragen. Die kulturpolitische Kommission sieht u. a. positive Möglichkeiten in der Mütterschulung auf dem Wege des Fernsehens, wie Sendungen mit ärztlicher Beratung, Beratung der Mütter in bezug auf die Auswahl der Spielzeuge, Anleitung der Mütter und Kinder zum Singen und Musizieren, zu Bewegungsspielen.

Jugend. Eine der bedeutendsten und umstrittensten Fragen betrifft den Einfluss des Fernsehens auf die Jugend, die von ihm viel stärker angezogen und gefesselt wird und ausserdem den Sendungen weniger kritisch gegenübersteht als der Erwachsene. Übermässiger Fernsehempfang und schlecht gewählte Programme haben zweifellos auf die Jugend einen ungünstigen. Einfluss. Gerade die starke Anziehungskraft des Fernsehens, verbunden mit den neuen Möglichkeiten der visuellen Veranschaulichung, kann aber auch positiv in den Dienst der Erziehung gestellt werden. Daraus folgt, dass die Programmgestaltung von grösster Bedeutung ist und dass die für die Aufstellung der Programme Verantwortlichen sich nicht nur darum zu bekümmern haben, was den Erwachsenen zusagt, sondern auch um das, was für die Kinder und Jugendlichen zuträglich ist. Im Gebiete des Unterrichtes wird es darauf ankommen, dass
die Belehrung mittels Fernsehen nur dort angewandt wird, wo sie wirklich angebracht ist und dass sie nicht hergebrachte ünterrichtsformen verdrängt, die es verdienen würden, erhalten zu bleiben.

Kirche. Das Programm muss - hier liegt eine grosse Verpflichtung der Fernsehschaffenden - von den ethischen Grundgedanken unserer abendländisch

427 christlichen Weltanschauung und Kultur durchdrungen sein. Von besonderer Bedeutung ist deshalb das Verhältnis des Fernsehens zur Kirche. Die Vertreter der beiden grossen Konfessionen haben sich dem technischen Portschritt gegenüber aufgeschlossen erwiesen und waren schon während des Versuchsbetriebes bereit, aktiv an der Ausgestaltung der Programme mitzuwirken. Die Behandlung ethischer und religiöser Themen lässt sich dabei auf recht verschiedene Weise lösen, so durch die Wiedergabe von Szenen aus der biblischen Geschichte, Biographien kirchengeschichtlich markanter Persönlichkeiten, Darstellung kirchlicher Hilfswerke und Erläuterung religiöser Kunst. Heikler gestaltet sich die Übertragung von Gottesdiensten und religiösen Ansprachen. Für die Dauer des Versuchsbetriebes wurde zwischen der römisch-katholischen und der protestantischen Kirche vereinbart, jeden Sonntagabend abwechslungsweise einen ihrer Eepräsentanten eine besinnliche Ansprache halten zu lassen, wobei jeder fünfte Sonntag der christkatbolischen Kirche reserviert blieb. Im Spätherbst 1954 wurden ausserdem nach gründlicher Vorbereitung erstmals auch katholische und protestantische Gottesdienste aus Kirchen übertragen. Diese Versuche fanden die volle Zustimmung kirchlicher Kreise und erbrachten den Beweis dafür, dass Gottesdienste in würdiger Form und ohne Störung der anwesenden Gemeinde übertragen und damit jedem Fernsehteilnehmer zugänglich gemacht werden können, der infolge Alter, Krankheit -oder aus andern Gründen am persönlichen Besuch der Kirche verhindert ist.

Staatsbürgerlicher Unterricht. Verantwortungsbewusstes politisches Denken und Handeln setzt eine entsprechende Schulung und Reife voraus. Vor allem im demokratischen Staat sind für die Lösung der sich stellenden öffentlichen Fragen Bürger notwendig, die am politischen Leben aktiven Anteil nehmen und die versuchen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Fernsehkamera und Mikrophon vermögen das schwindende Interesse des Bürgers am politischen Geschehen und seinen Verzicht auf persönliche Anteilnahme aufzuhalten und neue Perspektiven zu eröffnen. Verschiedene europäische Länder haben begonnen, wichtige Sitzungen des Parlaments im Fernsehen zu übertragen, um dem Volk einen unmittelbaren Einblick in die Arbeit seiner Vertreter zu gewähren. Die Bevölkerung folgt solchen
Übertragungen jeweils mit grosser Anteilnahme. Im Rahmen des schweizerischen Versuchsbetriebes sind ähnliche Wege beschritten worden. So haben Tausende die würdige Atmosphäre der letzten Bundesratswahlen miterleben und den Ereignissen am Fernsehapparat unmittelbar folgen können. Im Rahmen der Eurovisionswochen 1955 wird ferner die Übertragung einer Landsgemeinde auf 8 europäische Staaten durchgeführt.

Derartige Sendungen vermögen einen wertvollen Beitrag an die staatsbürgerliche Erziehung vor allem der jungen Generation zu leisten. Allein schon durch die Auswahl und die Aufmachung der Programme sowie die an Bedeutung und Interesse ständig zunehmende Tele-Tagesschau wird es möglich sein, die Liebe zur Heimat und das Verständnis für überlieferte Sitten, Gebräuche und Einrichtungen aus den verschiedenen Kulturkreisen unseres Landes zu vertiefen.

428 Geistige Landesverteidigung. Der Bau und Betrieb eigener Regionalsender mit kulturell hochstehenden Programmen ist mit Recht als Mittel geistiger Landesverteidigung bezeichnet worden, das geeignet sein kann, gegenüber den ausländischen Programmsendungen mit fremden Kultureinflüssen ein Gegengewicht zu bilden. Man tut gut, sich der Jahre vor und während des letzten Weltkrieges zu erinnern, wo der Rundspruch in einzelnen Ländern als psychologische Waffe benützt wurde. Das Fernsehen lässt sich aber auch auf andere Weise in den Dienst der aktiven geistigen Landesverteidigung stellen. Durch Sendereihen über unsere Armee, ihre Organisation und ihre Einrichtungen, durch Reportagen über militärische Übungen und schliesslich durch Bilder über den schweizerischen Wehrmann als Bürger im Waffenrock, wie sie während des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Militärdepartement durchgeführt wurden, kann der Wehrgedanke im Volke vertieft und das Verständnis für militärische Notwendigkeiten gefördert werden.

Soziale Gesichtspunkte. Das Fernsehen vermag denjenigen Anteil an Kursen höherer Lehranstalten, der Fach- und Hochschulen zu gewähren, die sich den persönlichen Besuch nicht leisten können. Die direkte Übertragung von Lehrgängen hat sich im Ausland als gangbarer Weg der Volksbildung erwiesen, wobei besonders im Sprach- und Musikunterricht über den Bildschirm gute Erfolge erzielt wurden.

Das Fernsehen gibt über den Kreis der Familie hinaus unmittelbare Einblicke in das Leben, die Freuden und Sorgen der verschiedenen Stände, Berufe und Bevölkerungsschichten; es vertieft das Verständnis für die Mitmenschen und kann zur Unterstützung sozialer Werke anregen. Das Fernsehen wird das Verständnis der Jugend an überlieferten Gebräuchen und Mangelberufen wecken können. Auch ist es berufen, das gegenseitige Verständnis zwischen Stadt und Land und zwischen den einzelnen Landesteilen zu fördern.

c. Beziehung zu andern Kulturträgern und -Vermittlern R u n d s p r u c h und Fernsehen. Ihre Beziehungen sind eng und vielgestaltig. Die Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1951 stellt fest: «Das Fernsehen ist eine weitere Entwicklungsphase des bestehenden Rundspruchs, zum Ton tritt das Bild hinzu. Die bisherige Einseitigkeit der rein akustischen Übertragung wird mehr und mehr
durch die Übertragung von Bild.und Ton als Einheit ersetzt werden. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten der Belehrung, Erbauung, Information und Unterhaltung.» Tatsächlich darf das Fernsehen als organische Weiterentwicklung des Rundspruchs bezeichnet werden, denn beide schöpfen ihre Programme aus den gleichen Quellen. Ihre technischen Möglichkeiten, die Organisation der Sendung und des Empfangs sind weitgehend identisch. Für das Fernsehen ergibt sich die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit und Koordination mit dem Rundspruch. Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass irgend etwas gewonnen werden könnte, wenn man die beiden in Gegensatz brächte. Damit wäre weder ein wirklicher Wettbewerb noch eine Hebung des

429 Niveaus zu erreichen. In Wirklichkeit werden sich beide gegenseitig ergänzen und befruchten. Das Fernsehen wird den Eundspruch mit der Zeit durch die Übernahme derjenigen Sendungen, die vornehmlich an das Visuelle gebunden sind, von artfremden Programmen befreien. In erster Linie wird es sich um Direktübertragungen aktueller Ereignisse, um Theateraufführungen, Demonstrationsvorträge und kabarettistische Sendungen handeln. Andere Programmpartien, wie Musik, Dichtung und Literatur, Hörfolgen usw. werden vorwiegend dem Eundspruch vorbehalten bleiben.

Film. Ihm kommt im Fernsehprogramm eine wesentliche Bedeutung zu.

In allen Staaten ist es deshalb bei der Einführung des Fernsehens zu Auseinandersetzungen mit den Lichtspieltheatern gekommen, die im Fernsehen einen Konkurrenten erblickten. Die ausländischen Erfahrungen schienen derartige Befürchtungen zu bestätigen, indem der Kinobesuch mit der Ausdehnung des Fernsehens anfänglich überall leicht zurückging. Neuere Berichte zeigen, dass diese Erscheinung vor allem dann aufhörte, wenn sich die Lichtspieltheater vom Leistungswettbewerb mit dem Fernsehen anspornen liessen. Die Filmproduktion hat zudem im Fernsehen einen bedeutenden Abnehmer gefunden, da beispielsweise in den Vereinigten Staaten die Erzeugung von speziellen Telefilmen heute schon wesentlich grösser als diejenige gewöhnlicher Spielfilme ist. In der Schweiz hat sich zwischen den Filmproduzenten und dem Fernsehbetrieb ein gutes Verhältnis angebahnt. Freie Filmschaffende konnten mit Tagesschau- und Dokumentarfilmen beauftragt werden. Die beschränkten finanziellen Mittel erlaubten es aber bisher nicht, die schweizerische Filmproduktion in grösserem Maßstab heranzuziehen.

Der Fernsehbetrieb soll selbstverständlich künstlerische und wertvolle Filme senden. Da die Programme in erster Linie für den Empfang im Familienkreis bestimmt sind, muss die Selbstzensur der im Fernsehen ausgestrahlten Filme strenger sein, als die von den kantonalen Zensurbehörden für die Kinotheater ausgeübte Kontrolle. Es braucht nicht besonders betont zu werden, dass die Fernseh-Piogrammkomrnission auf keinen Fall solche Filme für Fernsehübertragungen freigeben wird, die von einer kantonalen Zensurbehörde beanstandet worden sind.

Das Fernsehen dürfte dem der Information dienenden aktuellen Film, dem Kultur-, Dokumentär-
und Lehrfilm neue Impulse verleihen, da diese Filmkategorien erst durch die Vorführung im Fernsehprogramm der Öffentlichkeit in grossem Maßstab zugänglich gemacht werden. Die gefilmte Tagesschau und die jeden Sonntag dargebotene Kulturfilmmatinee erfreuen sich ebenso grösser Beliebtheit wie die verschiedenen Kultur- und Eeisefilrne, deren Aufnahmen zum Teil vom schweizerischen Fernsehbetrieb und mit Unterstützung verschiedener Organisationen ermöglicht und mehrmals auch von ausländischen Fernsehdiensten übernommen wurden.

Schliesslich sei noch ,,auf die Fernseh-Grossprojektion hingewiesen. Ausländische Lichtspieltheater sind mit den notwendigen technischen Apparaturen

430

ausgerüstet, um auf diese Weise ihrem Kinopublikum interessante Fernsehübertragungen, wie z. B. die Aktualitäten, zu vermitteln.

Theater. Eine nicht weniger wichtige Aufgabe des Fernsehens ist seine Zusammenarbeit mit dem Theater. Der Versuchsbetrieb bestätigte die im Ausland gemachten Erfahrungen, wonach Theateraufführungen zu den beliebtesten Fernsehsendungen zählen. Der schweizerische Bühnenverband hat erkannt, dass das Fernsehen dem Theater den gleichen Auftrieb bringen wird, wie der Eundspruch den Konzertsälen. Schon jetzt' stellen deshalb die schweizerischen Bühnen aus ihren Eepertoires ganze Stücke oder Ausschnitte von solchen für Fernsehinszenierungen zur Verfügung. Desgleichen haben sie sich zu Direktübertragungen bereit erklärt und geben ihre Künstler für die Mitwirkung im Fernsehen frei, ihnen auf diese Weise eine willkommene Nebenbeschäftigung bietend. Vor allem kleinere Bühnen können damit Künstler verpflichten, die sie sich andernfalls aus finanziellen Gründen nicht leisten könnten. Die Volksbühne erhält durch das Fernsehen starke Impulse. Die Programmleitung bemüht sich, in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband dramatischer Vereine Laienensembles zur Mitwirkung heranzuziehen und gleichzeitig das Niveau der Eepertoires und die Qualität der Darstellung zu heben. Das Schwergewicht wird dabei auf schweizerische Autoren verlegt.

Bildende K u n s t . Auf dem Gebiete der Musik hat der Eundspruch viel dazu beigetragen, das Verständnis breiter Schichten zu wecken und zu heben.

Das Fernsehen wird den gleichen Dienst für alle Zweige der bildenden Künste zu leisten vermögen. Einerseits kann das Verständnis 'für die Kunst ganz allgemein geweckt und vertieft und andererseits die gefährdete Volkskunst der Öffentlichkeit wieder nähergebracht werden. Das Fernsehen vermag auf diese Weise das Interesse am Besuch von Museen und Ausstellungen zu heben und verborgene oder kaum gekannte Kunstschätze der Öffentlichkeit näherzubringen. Durch Beispiele und Anleitungen kann ausserdem bei jung und alt die Freude an der eigenen Betätigung auf den verschiedenen Gebieten der Kunst und des Kunsthandwerks als Freizeitbeschäftigung angeregt werden.

d. Beziehungen zum Sport Der Sport nimmt im Fernsehprogramm im Eahmen der Aktualitätenschäu, namentlich als Ausschnitt aus Wettkämpfen wie auch als selbständig
behandeltes Stoffgebiet, einen wichtigen Platz ein. Die kulturpolitische Kommission warnt in ihrem Schlussberieht vor einer Überbetonung des Schausportes, betont aber gleichzeitig, nicht als Selbstzweck betriebener Sport diene der Hebung der Gesundheit und der Förderung der körperlichen Kräfte, der Weckung der Lebensfreude in der freien Natur, der Bildung des Charakters, der Erziehung zu Willenskraft, Selbstbeherrschung und Ausdauer und der Einordnung in die Gemeinschaft. Es ist deshalb Aufgabe des Fernsehens, vor allem den der körperlichen Ertüchtigung dienenden, individuellen Sport, zu fördern, wobei es oft schwierig ist, Darbietungen des Körpersportes von schausportlichen Veranstal-

431 tungen abzugrenzen. In Zusammenarbeit mit den Sportverbänden, die sich bisher dem schweizerischen Fernsehversuchsbetrieb gegenüber sehr aufgeschlossen zeigten, wird sicher eine für alle Teile befriedigende Lösung gefunden werden können.

e. Beziehungen zum Fremdenverkehr Die Anwendungsmöglichkeiten des Fernsehens im Dienste der Fremdenverkehrswerbung sind verschiedenartig. Neben der direkten Propaganda für eine bestimmte Gegend steht wohl die Form der indirekten Werbung durch die Aufnahme landschaftlicher oder folkloristischer Sujets in das Fernsehprogramm im Vordergrund. Die unmittelbare, lebendige Bildberichterstattung vermag auf den Zuschauer eine Wirkung zu erzielen, die wohl jede andere Art der Werbung übertrifft. Am besten wird sie dann sein, wenn die Sendungen in planmässiger und verständnisvoller Zusammenarbeit zwischen Fachleuten der Verkehrswerbung und solchen der Programmgestaltung vorbereitet werden. Es brauchen dabei nicht ausgesprochen touristische Sendungen zu sein ; Aussenübertragurigen, Dokumentarsendungen und geschickt eingeflochtene Bilder und Kommentare bei Sportveranstaltungen vermögen den Fernsehzuschauer ebenso zu fesseln und sein Interesse für den gelegentlichen Besuch der gezeigten Gegend oder Veranstaltung zu wecken.

Für den schweizerischen Fremdenverkehr wird sich vor allem der internationale Fernseh-Programmaustausch günstig auswirken. Schon die ersten Eurovisionssendungen 1954 haben dafür den schlüssigen Beweis erbracht, indem bei einer offiziellen Eundfrage in Grossbritannien und Holland die Übertragung des Narzissenfestes aus Montreux neben den Endspielen um die Fussballweltmeisterschaft als bestes und meistempfangenes Programm bezeichnet wurde.

Grossbritannien hat ausserdem die Schweiz als denjenigen der 8 angeschlossenen Staaten genannt, aus dem die Fernsehteilnehmer in erster Linie internationale Sendungen zu erhalten wünschen. Auf diese Weise erreichen die von der Schweiz ausgestrahlten Sendungen und ausgetauschten Fernsehfilme heute schon mehrere Millionen Zuschauer im Ausland.

/. Träger des Programms Da der Schweiz nach dem Stockholmer Vertrag 1952 nur wenige Frequenzen reserviert sind, ist die freie Konkurrenz beliebig vieler Programmgesellschaften von vornherein ausgeschlossen. Allein schon mit Eücksicht auf die Wellenknappheit ist es daher gegeben,
die Konzession für die Benützung der Sende- und Übertragungsanlagen der schweizerischen PTT-Verwaltung zur Verbreitung von Fernsehprogrammen einer einzigen Gesellschaft zu erteilen.

Es stehen dabei verschiedene Möglichkeiten offen: Die Übertragung der Konzession auf eine private Gesellschaft wäre nur möglich, wenn dieser gleichzeitig weitgehende Freiheit in der Ausstrahlung von Beklame gewährt würde. Anders als auf kommerzieller Grundlage lassen sich

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keine privaten Interessenten finden für den Betrieb der Fernsehanlagen. Die Schwierigkeiten der Finanzierung des Fernsehbetriebes könnten zwar auf diese Weise leicht überwunden werden. Es liegen nämlich konkrete Angebote ausländischer Interessentengruppen vor, wonach im einen Fall bei Abschluss eines fünfjährigen Vertrages auf Eeklamebasis ein Gesamtbetrag von ca. 40 Millionen Schweizerfranken geboten wird. In einem zweiten Fall werden je nach dem Teilnehmerbestand jährliche Beträge zwischen l bis 4 Millionen Schweizerfranken offeriert. Dass auf solche Angebote aus politischen, kulturellen und andern Gründen nicht eingetreten werden kann, erübrigt sich des nähern zu erörtern.

Es liesse sich ferner eine halbstaatliche schweizerische Organisation für das Fernsehen denken, die sich damit begnügen würde, ausländische Programme in den schweizerischen Höhenstationen zu übernehmen, um sie über unser Land auszustrahlen, wobei diese Programme höchstens durch schweizerische Aktualitäten, ähnlich denen der schweizerischen Filmwochenschau, ergänzt würden.

Es ist jedoch kaum denkbar, dass sich das Schweizervolk damit abfinden würde, ausschliesslich ausländische Programme zu empfangen. Man darf auch nicht ausser acht lassen, dass die Künstler bei Fernsehübertragungen nach andern Ländern zusätzliche Honorare verlangen. Ein solches System könnte uns in die Lage versetzen, für ausländische Programme zum Teil höhere Entschädigungen als für gleichwertige eigene bezahlen zu müssen. Diese Lösung wäre aus kulturellen und finanziellen Gründen ebensowenig empfehlenswert und mit den gleichen Fehlern behaftet wie jene, das Fernsehen in der Schweiz einer ausländischen Gesellschaft zu überlassen.

Die an das schweizerische Fernsehen gestellten hohen Anforderungen können wohl nur durch eine gemischtwirtschaftlich organisierte Gesellschaft ohne Erwerbszwecke und mit entsprechender Einflussnahme des Bundes in befriedigender Weise erfüllt werden. Eine neue Gesellschaft mit entsprechender Zielsetzung müsste dabei zwangsläufig zu Doppelspurigkeiten und Friktionen mit der bestehenden Schweizerischen Eundspruch-Gesellschaf t führen, der vom Bundesrat am 13. Oktober 1953 die Konzession für die Benützung der Eadiosende- und Übertragungsanlagen der PTT-Verwaltung zur Verbreitung von Eundspruchprogrammen auf weitere fünf Jahre erneuert
wurde. Finanzielle und organisatorische Überlegungen sprechen ebenfalls gegen die Gründung einer neuen Gesellschaft. In der Erkenntnis, dass Eundspruch und Fernsehen gleiche Ziele verfolgen, beide aus den gleichen Programmquellen schöpfen und demzufolge eine enge Koordination von Bedeutung ist, hat Herr Nationalrat Schaller schon anlässlich der Behandlung der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 4. Juni 1951 über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuehsbetriebes als Berichterstatter im Nationalrat erklärt, praktisch werde später die schweizerische Eundspruch-Gesellschaf t Trägerin des Fernsehens sein. Wohl aus ähnlichen Erwägungen hat in ganz Europa keine einzige Eundspruch-Gesellschaf t darauf verzichtet, als Trägerin des Fernsehens aufzutreten.

Der Bundesrat erachtet es ebenfalls als im allgemeinen Interesse liegend, die Schweizerische Eundspruch-Gesellschaf t mit der Verbreitung von Fernseh-

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Programmen zu beauftragen. Diese hat sich anlässlich ihrer Generalversammlung vom 17.Dezember 1954 grundsätzlich bereit erklärt, den regulären Fernsehprogrammdienst zu übernehmen, sofern die Finanzierung auf eine ihr zumutbare Art gelöst werden kann. Es stehen ihr dabei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, das Fernsehen unter bestmöglicher Zusammenfassung aller Kräfte in die bestehende Organisation einzubauen. Die Schweizerische Kundspruch-Gesellschaft selbst ist heute noch nicht in der Lage, eine endgültige Lösung vorzuschlagen. Es wäre auch nicht klug, den Fernsehbetrieb mit Rücksicht auf die Entwicklung, die er national und international noch nehmen wird, heute schon in eine starre Organisationsform hineinzuzwängen, aus welcher er sich nicht mehr lösen könnte. Diese Überlegungen führen dazu, den Einbau des Fernsehens in die Schweizerische Rundspruch- Gesellschaf t etappenweise vorzunehmen. Die Entwicklung des Fernsehens in unserem Lande und die sich daraus ergebenden Bedürfnisse werden den Ablauf der einzelnen Phasen bestimmen. Für den Anfang wird nur eine rationelle Konzentration der Mittel die Kosten tief halten können. Man muss daher eine ausgedehntere Koordination als beim Eundspruch, Simultandienste für die drei Sprachgebiete (mit gesonderten Tonkanälen für die Landessprachen) sowie eine einheitliche Leitung des Fernsehbetriebes ins Auge fassen.

Der Fernsehversuchsbetrieb zeigt, wie das reguläre Fernsehen als rationelles Unternehmen organisiert werden muss. Es bestehen zwei Produktionszentren, die beide über einen Reportagewagen verfügen. Der eine Mittelpunkt befindet sich in der deutschen, der andere in der welschen Schweiz; sie stehen unter der gleichen Leitung. Dieses System ist einfach, doch überlässt es den regionalen Gesellschaften keine administrative Verantwortung. Eine Zentralisation, die. wichtige Organe der SRG ignorieren würde, wäre aber auf die Dauer mit der Struktur der SRG -- die von derjenigen der französischen, der italienischen und anderer ausländischer Organisationen stark abweicht - kaum vereinbar. Man wird also die Schweizerische Rundspruch-Gesellschaf t in ihrer Gesamtheit an der Einführung und Entwicklung des Fernsehens beteiligen müssen, wenn sich die Zusammenarbeit mit dem Rundspruch harmonisch gestalten soll.

g. Programmgestaltung und Sendedauer Der Aufbau
dejr Sendungen kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen: entweder stellt man das Programm jedes Tages aus ganz verschiedenen Einzelnummern mosaikartig zusammen und versucht damit möglichst vielfältige Ansprüche zu befriedigen, oder es wird das ganze Programm eines einzelnen Tages derart gestaltet, dass er ein vorwiegend einheitliches Gepräge erhält. Die Erfahrungen des In- und Auslandes lassen es bisweilen geboten erscheinen, nicht eine Vielzahl gegensätzlicher und kurzer Einzelprogramme am gleichen Abend zu bieten, sondern die Programme in der Weise zu gruppieren, dass der Inhalt der Sendungen im Gedächtnis haften bleibt und je nach deren

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Inhalt geistige Werte vermittelt oder den Teilnehmer in angeregter Stimmung zurücklässt. Andernfalls würde der Zuschauer und Zuhörer rasch ermüden und sich an das Gebotene kaum mehr erinnern, weil jeder neue Eindruck den früheren jagt und verdrängt.

An der Spitze jedes Programmes wird jedoch unabhängig von seinem jeweiligen Inhalt immer die Aktualitätenschau (Tagesschau, Interviews des Tages etc.) .in der Dauer von 15 bis höchstens 20 Minuten stehen, da diese Sendungen an den Tag gebunden sind und ausserdem den Vorzug haben, so gut wie alle Fernsehteilnehmer, in gleichem Masse zu interessieren. Es folgt sodann die eigentliche Hauptsendung des Abends, allenfalls ergänzt durch Filme oder Direktübertragungen. Dabei ist eine Form der Darbietung zu wählen, die keine trockene, sondern unterhaltsame Belehrung und Information bietet.

Die günstigste Sendezeit für schweizerische Verhältnisse liegt zwischen 2030 und 2200. Werden eigene Sendungen für Jugendliche in das Programm aufgenommen, dann müssen solche entweder als Schul-Fërnsehsendungen während der ordentlichen Schulzeit oder als Kinder- und Jugendsendungen an schulfreien Nachmittagen ausgestrahlt werden.

Die Meinungen über die beste Zusammenstellung des Fernsehprogramms und die erforderliche Zahl der Sendestunden sind wohl geteilt, doch lässt sich auf Grund der im In- und Ausland gemachten Erfahrungen feststellen, dass sich die Kosten für den Fernsehempfang nur dann lohnen, wenn durchschnittlich während mindestens 2 Stunden täglich gesendet wird. Die grösseren ausländischen Fernsehbetriebe gehen über diese Sendedauer noch hinaus. So betrug Ende 1954 die wöchentliche Sendezeit in England ca. 49, Frankreich 40, Italien 32, Deutschland 26 Stunden, ohne Berücksichtigung von zusätzlichen Sonderprogrammen.

Ähnlich wie beim Bundspruchprogramm kann man sich in der Schweiz jedoch mit einer geringeren Sendedauer begnügen, die auf die Hauptprogrammzeiten zu beschränken ist. Die Schweizerische Bundspruch- Gesellschaf t schlägt vor, in den ersten Jahren des regulären Betriebes mit 15 bis 18 Programmstunden in der Woche für die deutsche und französische Schweiz und mit 14 Stunden für die italienische Schweiz zu rechnen. Das ist nicht etwa gleichbedeutend mit einer ca. SOstündigen Gesamt-Programmproduktion, da für alle drei Sprachgruppen gemeinsame Bildsendungen
von Reportagen und aktuellen Filmen vorgesehen sind, die in der jeweiligen Landessprache getrennt kommentiert werden; dazu kommen noch gelegentliche bunte Programme und andere Sendungen, bei denen die Sprache keine ausschlaggebende Rolle spielt. Die Programmproduktion für die drei Landesteile ist einem Mosaik vergleichbar und würde sich damit auf insgesamt 28 bis 30 Stunden in der Woche beschränken.

435 Im einzelnen sieht die Schweizerische Eundspruch-Gesellschaf t folgende Programmeinteilung vor: für die deutsche und französische Schweiz: ,,Jeden Abend 20.30-22.00 Uhr (iy2 Std.)

Mittwoch 17.00-18.00 Uhr Jugendstunde Sonntag 10.00-11.30 Uhr Kirchliche und kulturelle Sendungen 15.00-17.00 Uhr Sportsendungen und sonstige Aussenübertragungen . . . .

Evtl. jeden Tag 12.45-13.15 Uhr Wiederholung der Aktualitäten des Vortages und Kurzinterviews als Direktsendung . . .

Total für die italienische Schweiz: Mitübertragung aus der deutschen Schweiz : Aktualitäten mit italienischem Kommentar; Filme mit italienischem Kommentar; Direktsendungen, teils deutsch, teils mit italienischem Kommentar Mitübertragung aus der französischen Schweiz : Direktsendungen teils französisch, teils mit italienischem Kommentar Total

Inder Woche 10% Std.

l » 1% » 2

»

15

Std.

3 18

Std.

Std.

in der Woche 8

Std

6

Std.

14

Std.

Nach Anschaffung des Eeportagewagens für die italienische Schweiz werden die Mitübertragungen zugunsten von Direktübertragungen aus dem Tessin entsprechend gekürzt.

h. Urheberrechtsfragen Die im Jahre 1948 in Brüssel abgehaltene Konferenz für die Revision der Berner Übereinkunft zum Schütze von Werken der Literatur und Kunst hat durch eine Ergänzung von Artikel llbls das ausschliessliche Eecht des Urhebers, die Eundspruchsendung seines Werkes zu gestatten, auf die Verbreitung durch das Mittel des Fernsehens ausgedehnt (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 12. Oktober 1954 betreffend die in Brüssel am 26. Juni 1948 revidierte Berner Übereinkunft, Seite 12). Wird diese revidierte Übereinkunft nach, dem Antrag des Bundesrates von der Schweiz genehmigt, so gilt dieses Urheberrecht auch für unser Fernsehen (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 12. Oktober 1954 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst,

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Seite 16). Die Schweizerische Eundspruch- Gesellschaf t wird infolgedessen sowohl für die Rundspruchsendung wie für die Fernsehsendung der Zustimmung der Urheber der zur Sendung bestimmten Werke bedürfen und dafür entsprechende Entschädigungen zu entrichten haben.

Nach Artikel llbls, Absatz l, Ziffer 8, der in Brüssel revidierten Berner Übereinkunft bedarf ferner auch die ö f f e n t l i c h e Mitteilung des durch Eundspruch gesendeten Werkes durch «Lautsprecher oder irgendeine andere ähnliche Vorrichtung zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern» der Erlaubnis der Urheber. Damit werden insbesondere die öffentlichen Lautsprecherkonzerte und der öffentliche Fernsehempfang in Gaststätten und andern öffentlichen Lokalen urheberrechtlich geschützt. Auch in dieser Beziehung wird die Genehmigung der Beschlüsse von Brüssel eine entsprechende Änderung des Urheberrechtsgesetzes nötig machen (vgl. Art. 12, Ziff.7, des erwähnten Gesetzesentwurfes und die Ausführungen der Botschaft zu dieser Bestimmung, Seite 17).

Es besteht gegenwärtig in der Schweiz keine Urheberorganisatiori, welche befugt wäre, im Namen aller hier in Frage kommenden in- und ausländischen Urheber der Schweizerischen Eundspruch-Gesellschaf t und den Inhabern öffentlicher Gaststätten die erforderlichen Ermächtigungen (gegen angemessene Entschädigung) pauschal einzuräumen. Die SUISA,, Schweizerische Gesellschaft der Urheber und Verleger, vertritt die Urheber nur hinsichtlich der sogenannten kleinen musikalischen Rechte (Senderechte und Aufführungsrechte betreffend nichttheatralische musikalische Werke mit oder ohne Text). Die Verwaltung der Aufführungs- und Senderechte für andere Werke (z. B. Opern, Operetten, Hörspiele) untersteht dem Bundesgesetz vom 25. September 1940 über die Verwertung von Urheberrechten nicht. Wohl befassen sich mehrere Berufsverbände zum Teil auch mit der Geltendmachung dieser Rechte. Der heutige Zustand erlaubt es jedoch nicht, die Frage der Abgeltung der Urheberrechte für den Fernsehempfang in Gaststätten zweckmässig zu regeln. Die Kommission des Nationalrates für die Prüfung der oben erwähnten Botschaften hat den Bundesrat um einen Bericht über die gegenwärtigen Verhältnisse bei der Verwertung von Urheberrechten ersucht. Dieser Bericht ist zur Zeit in Vorbereitung.

5. Schätzung des Finanzbedarfs des regulären
Betriebes Vorbemerkung Es wäre verfrüht, die Frage, wie das künftige Fernsehen finanziert werden soll, jetzt schon beantworten zu wollen. Abgesehen von den verschiedenen Geldbeschaff ungsmöglichkeiten kann die Antwort auch verschieden ausfallen, je nach dem Umfang der Mittel, die zu beschaffen sind. Da nun die Kosten des Fernsehens nach den Erfahrungen des Auslandes, aber auch nach den Lehren, die uns der eigene Versuchsbetrieb gegeben hat, je nach Qualität und Dauer der Sendungen sehr hoch sein können, wäre es nicht zu verantworten, die eine

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oder die andere Finanzierungsmöglichkeit zum vorneherein zu verwerfen, bevor der mutmassliche Umfang der Kosten bekannt ist.

Die folgenden Überlegungen beruhen auf den Voraussetzungen, die in den vorangehenden Ausführungen über die technischen und die Probleme der Programmgestaltung gemacht worden sind. Als Arbeitshypothese gehen wir davon aus, dass die beim Eundspruch bestehende Arbeitsgemeinschaft der Schweizerischen Eundspruch-Gesellschaf t und der PTT-Verwaltung auch für das Fernsehen beibehalten werde. Danach wäre die Erstellung des Fernsehprogramms Sache der. SE G, während die Übertragung und Ausstrahlung des Programms ins Aufgabengebiet der PTT-Verwaltung fiele.

Wohl verfügen wir einerseits dank unserem Versuchsbetrieb und der Kenntnis ausländischer Institutionen über einige Erfahrungsdaten auf dem Gebiete der Kosten des Fernsehens. Anderseits ergibt sich aber auch in beiden Erfahrungsbereichen, dass Anschauungen, Anforderungen und Bealisierungsmöglichkeiten noch ständig im Fluss sind. Zwei weitere Unsicherheitsfaktoren liegen im Unvermögen, einmal die künftige Entwicklung der Fernsehteilnehmer so zuverlässig zu schätzen, wie es für die Beurteilung der Einnahmen wünschbar wäre; sodann sind die finanziellen Eückwirkungen der Massnahmen unserer Nachbarstaaten auf dem Gebiete des Fernsehens zu berücksichtigen, die uns die Pflicht auferlegen, uns in ein europäisches Programm- und Sendenetz einzuordnen.

Aus allen diesen Gründen können die nachstehenden Schätzungen nur den Charakter einer vorläufigen Arbeitshypothese haben, bei denen sich der Bundesrat nicht behaften lassen kann.

A. AUFWAND

a. Für das Programm Die Programm- und Netzgestaltung des regulären Fernsehens geht davon aus, dass,man sich vorläufig mit zwei Programmzentren, und zwar je einem in Zürich und am Genfersee, begnügt; beide müssen aus Sicherheitsgründen mit doppelten Apparateaggregaten ausgestattet werden. Die beiden festen Programmzentren werden zudem durch Eeportagewagen (zwei für die alemannische und je einer für die West- und die Südschweiz) ergänzt. Die Sendedauer soll je 18 Wochenstunden für die alemannische und die welsche sowie 14 Stunden für die italienische Schweiz betragen, wobei von den Möglichkeiten des Programmaustausches weitgehend Gebrauch gemacht werden soll.

Wir beschränken uns in der Folge auf die Schätzung der jährlichen Kosten für die Herstellung dieses dreifachen Programms unter der Voraussetzung der gegenwärtigen Preise und Löhne.

Wie beim Eundspruch lassen sich auch beim Fernsehen die Kostenelemente in vier Gruppen einteilen: Personal-, Betriebs-, Programm- und Kapitalkosten.

438 Personalkosten Beim Studio Bellerive sind gegenwärtig 60 Personen beschäftigt; für den westschweizerischen Betrieb wurden bisher 35 Personen angestellt. Der Personalbestand des Versuchsbetfiebes umfasst somit zur Zeit 95 Mitarbeiter. Mit der Überführung des Versuchsbetriebes in den regulären Betrieb und der abermaligen Ausdehnung der Sendezeit dürfte die Anstellung von weiteren 60 bis 65 Personen notwendig werden, so dass der Fernsehdienst gesamthaft über etwa 160 Personen verfügen würde.

Die Gehälter richten sich nach dem Eeglement der SE G bzw. dem Personalrecht des Bundes. Die Gesamtaufwendungen dafür sind auf anfänglich 1,3 Millionen Franken im Jahr geschätzt, was einem durchschnittlichen Anfangsgehalt von 8400 Franken je Angestellten entspricht. Dazu kommen die Aufwendungen für die Sozialleistungen (Alters-, Unfallfürsorge usw.) von 150 000 Franken im Jahr. Zu den Personalkosten gehören auch die Eeisekosten für Eeportagen und Filmaktualitäten, die sehr beachtlich sind, umfasst doch die Equipe eines Eeportagewagens etwa 15 Mann. Die Aufwendungen hiefür werden sich auf etwa 250 000 Franken im Jahr belaufen.

Die Personalkosten zusammen werden demnach bei Beginn auf 1,7 Millionen Franken im Jahr geschätzt. In den folgenden Jahren ist mit den normalen Dienstalterszulagen der SEG und, mit dem weitern Ausbau der Sendeleistungen, mit einer Personalvermehrung zu rechnen.

Betriebskosten Die Betriebsaufwendungen werden auf anfänglich 500000 Franken jährlich geschätzt. Davon dürften 130 000 Franken auf Mietzinse, 100 000 Franken auf den Unterhalt der Apparaturen, 70 000 Franken auf den Ankauf von Eöhren und Lampen, 60 000 Franken auf Steuern, Versicherungen, Betrieb und Unterhalt der Eeportagewagen und der Autos, 140 000 Franken auf Strom, Heizung und Eeinigung und andere Auslagen entfallen.

Programmkosten Die Programmkosten im engern Sinn umfassen Honorare an Autoren und Künstler, Mieten für Filme, Aufwendungen für ständiges Programmausstattungsmaterial, Dekorationen usw. Die SEG rechnet hiefür je Sendestunde mit einem Aufwand von 1000 bis 2000 Franken bei Dokumentarsendungen, 1500 Franken bei bunten Sendungen und volkstümlichen Abenden, 2500 Franken bei Variete-Darbietungen und 3000 Franken für Gagen bei Theateraufführungen.

Filmsendungen kosten durchschnittlich 1000 Franken und Aktualitäten
3000 Franken je Stunde.

' Die Programmkosten im engern Sinne werden für alle drei Sprachgebiete anfänglich auf rund 3,0 Millionen Franken im Jahr geschätzt. Darin nicht Inbegriffen sind die Personal-, Betriebs- sow.ie die Kapitalkosten.

439 Kapitalkosten Die technischen Anlagen, einschliesslich Eeportagewagen, werden von der PTT-Verwaltung zu Lasten des Fernsehdienstes im normalen Kreditbewilligungsverfahren beschafft. Die SEG besitzt bis auf weiteres keine eigenen Studiogebäulichkeiten ; die Mietzinse sind unter Betriebskosten eingestellt. Es entstehen daher der SEG aus Anlagebeschaffungen (ausser für Mobiliar und Büroausrüstungen) keine nennenswerten Wertberichtigungen. Hingegen wird zur Deckung des anfänglichen Fehlbetrages ein Fremdkapital herangezogen werden müssen, das zu verzinsen und zu tilgen ist.

G e s a m t b e d a r f der SEG (Programmteil) Aus der vorstehenden Darstellung geht hervor, dass wir im ersten vollen Betriebsjahr für alle drei Sprachgebiete mit einem Millionen Franken

G e s a m t a u f w a n d von 5,2 zu rechnen haben, der sich ungefähr wie folgt zusammensetzt : 1. Personalkosten 1,7 2. Betriebskosten : 0,5 3. Programmkosten 3,0 Diese Schätzungen dürften für einen lebensfähigen Fernsehbetrieb eine untere Grenze darstellen. Eine jährliche Ausweitung der Kredite über 5,2 Millionen Franken hinaus kann aber nur zugestanden werden, wenn die erwartete Entwicklung der Teilnehmerzahlen auch wirklich eintritt.

Die Verzinsung des Fremdkapitals, ferner die intensivere Bearbeitung des Programmstoffes, eine eventuelle Ausdehnung der Sendezeiten, die Dienstalterszulagen des Personals, wie auch der vergrösserte Eaumbedarf werden steigende Aufwendungen verursachen. Um die dadurch bedingte Kostenzunahme zu berechnen, fehlen sichere Anhaltspunkte. Wir legen vergleichsweise die im Eundspruch gemachten Erfahrungen zugrunde, der sich in ,,den letzten Jahren vor ähnliche Aufgaben gestellt sah und dessen Aufwendungen sich innert acht Jahren verdoppelt haben. Demnach wäre in den ersten Jahren mit einer Kostenzunahme von 700 000 Franken im Jahresdurchschnitt zu rechnen. Wir wiederholen, dass solche zusätzlichen Ausgaben nur bewilligt werden sollen, wenn die Entwicklung des Teilnehmerbestandes es erlaubt.

b. Für die Technik Der skizzierten Arbeitsteilung zwischen SEG und PTT entsprechend gehen sowohl die Anlagekosten als auch die Kosten für den technischen Betrieb des Fernsehens zu Lasten der PTT-Verwaltung. Die hiefür benötigten Kredite werden alljährlich im eidgenössischen Voranschlag zusammen mit allen übrigen Betriebskrediten der PTT in der für den gesamten Voranschlag verbindlichen

440

Form von den eidgenössischen Eäten anbegehrt. Über die Beanspruchung der bewilligten Kredite wird jeweils, ebenfalls in der für alle andern Betriebs- und Anlagekosten der PTT-Verwaltung verbindlichen Form, in der eidgenössischen Staatsrechnung Bericht erstattet. Die Generaldirektion der PTT-Verwaltung führt über sämtliche Ausgaben für Fernsehzwecke eine besondere Dienstzweigrechnung.

In Genf und Lausanne sind für die Entwicklung des Fernsehens bedeutende Investitionen bewilligt worden. Für die Übernahme der normalisierten Einrichtungen durch die PTT, sei es durch Schenkung, Miete oder Bückkauf, ist eine Vereinbarung mit den beiden Stadtverwaltungen zu treffen.

Die PTT-Verwaltung unterscheidet bei den Betriebs-kosten die Ausgaben für Personal, Strom, Verbrauchsmaterial, Unterhalt, Versicherung usw.

je für die Sender einerseits und die Eichstrahlstationen andererseits. Für die zweite Gruppe folgen noch die anteilsmässigen Kosten aus der Benützung von Leitungen usw. für Fernsehzwecke.

Die Anlagekosten belasten die Betriebsrechnung mit dem Wertberichtigungsaufwand gemäss Bundesratsbeschluss vom 19. April 1945, revidiert durch Bundesratsbeschluss vom 21. November 1950 über die Wertberichtigung der PTT, dessen Geltungsdauer durch Bundesratsbeschluss vom 30. November 1954 bis 31. Dezember 1958 verlängert worden ist, und zwar für die dem Eadio dienenden Anlagen mit 20 Prozent der ursprünglichen Anschaffungs- und Erstellungskosten. Der Fernsehrechnung werden die Quoten zur Wertberichtigung aller dem Fernsehen dienenden Anlagen belastet.

Schliesslich folgen die Verwaltungskosten (Personal, Bureaumaterial, Unterhalt und Kleinanschaffungen von Mobiliar, Werkzeug und Gerätschaften usw.).

Zur Zeit lassen sich die auf die PTT entfallenden Betriebskosten des regulären Fernsehens anfänglich wie folgt schätzen: Schätzung der Betriebskosten PTT

1.

2.

3.

4.

5.

Fernsehsender Eichtstrahlverbindungen und -equipe.

Miete von Ton- und Dienstleitungen .

Wertberichtigungen Gemeinkosten Gesamtkosten

l

' Ja,hr ,, . , , . 2' JahlL ,,3" Jahr in Millionen Franken

0,4 0,4 0,5 2,6 0,2 4,1

0,4 0,4 0,5 2,8 0,2 4,3

0,5 0,4 0,5 2,9 0,2 4,5

Die Gesamtkosten sind durch die Wertberichtigung des vergleichsweise grossen Anlagebedarfes in den Jahren, in denen ein gesamtschweizerisches Sender- und Verbindungsnetz aufzubauen ist, stark beeinflusst und dürften sich -- unter dem Vorbehalt sonst unveränderter Verhältnisse - nach einigen Jahren auf jährlich rund 3 Millionen Franken zurückbilden.

441 c. Der .Gesamtauf wand

Der g e s a m t e B e t r i e b s b e d a r f für Programm und Technik kann somit zur Zeit für die ersten drei Jahre etwa wie folgt geschätzt werden : 1. Jahr 2. Jahr . 8. Jahr

SEG

PTT Millionen Franken

Zusammen

5,2 5,9 6,6

4,1 4,8 4,5

9,8 10,2 11,1

B. DAS POSTULAT BUCHI Im Zusammenhang mit der Frage der Finanzierung des Fernsehens sind an dieser Stelle die Bemühungen von Herrn Nationalrat Buchi zu erwähnen, der eine «Parlamentarische Gruppe für prinzipielle Fragen der schweizerischen Télévision» ins Leben gerufen hat und in der Öffentlichkeit mit einem eigenen Programm- und Finanzplan aufgetreten ist. Das von Herrn Nationalrat Buchi im Nationalrat am 6. Oktober 1954 eingereichte und von 57 Mitunterzeichnern unterstützte Postulat hat folgenden Wortlaut: «Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Bäten einen Bericht zu erstatten, in welchem er darüber Auskunft gibt, 1. wie das schweizerische Fernsehen auf einer Basis von 25 000 Konzessionären finanziell selbsttragend gestaltet werden kann, 2. ob nicht eine Konzentration auf grundsätzlich eine Sendestunde täglich (abgesehen von gewissen Direktübertragungen) Voraussetzung für ein qualitativ gutes Programm sein wird, das sich in erzieherischer und kultureller Hinsicht positiv auswirken wird.» Der «Plan Buchi» geht im wesentlichen davon aus, es sei grundsätzlich nur ein einziges Programm für die ganze Schweiz und nur eine Stunde im Tag zu senden, was gestatten soll, sich auf «gute» Programme zu beschränken; die deutschen Programme sollen für Welschland und Tessin französisch und italienisch kommentiert werden; für zusätzliche Sendungen (z. B. Aussenübertragungen) werden 20 Prozent dazugeschlagen. Die Kosten einer Sendestunde werden in Anlehnung an die Erfahrungen des Versuchsbetriebes mit 4500 Franken, die Jahreskosten mit rund 2 Millionen Franken eingesetzt. Diese Ausgaben würden mit den Konzessionsgebühren von 25 000 Teilnehmern und mit Zuschüssen aus der Staatskasse gedeckt, sowie - für die Dauer des verlängerten Versuchsbetriebes - einem «Solidaritätsfünfliber» der Fernsehkonzessionäre und nötigenfalls dem Ertrag der Luxus- und Warenumsatzsteuer auf Fernsehgeräten. Es wird ferner angenommen, die PTT-Verwaltung komme für ihre sendeseitigen Fernsehkosten aus ihren allgemeinen Mitteln auf, habe also keinen Anteil an den Konzessionsgebühren zugut.

Der «Plan Buchi» ist ein Vorschlag, der vor allem darauf ausgeht, das reguläre Fernsehen so zu gestalten, dass es möglichst rasch selbsttragend wird.

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

82

442 Er übergeht jedoch den legitimen Anspruch der drei grossen Sprachgebiete auf eigene Fernsehprogramme und dürfte daher die Zustimmung der Bevölkerung kaum finden.

C. DECKUNG , Bin Blick auf die Finanzierung des Fernsehens im Ausland zeigt, dass die Kosten grundsätzlich aus Gebühren der Fernseh- und Eundspruchteilnehmer, aus dem Programmverkauf (Eeklame) und aus Beiträgen der öffentlichen Hand gedeckt werden können, und zwar entweder ausschliesslich aus einer dieser Quellen oder aus ihrer Verbindung, wie Teilnehmergebühren und Programmverkauf usw. Die Teilnehmergebühr selbst kann beispielsweise als jährliche Konzessionsgebühr oder als einmalige Abgabe beim Erwerb des Empfangsgerätes (Verkaufssteuer) erhoben werden.

Überseeische Länder bevorzugen das auf rein kommerzieller Grundlage aufgezogene private Fernsehen. Diese Art wird in Europa nur vereinzelt angewendet. Grossbritannien kennt nebeneinander eine Programm- und Sendeorganisation auf Gebühren- und eine auf Verkaufsbasis. Auf dem Kontinent ist die Auseinandersetzung noch nicht abgeschlossen? Italien führt den Programmverkauf ein, während Westdeutschland mit der Einführung von Eeklamesendungen noch zuwartet und, wie die andern Länder, deren Verhältnisse mit den unsrigen einigermassen vergleichbar sind, zurzeit die Gebührenfinanzierung vorzieht.

Auch in der Schweiz lässt sich die Finanzierungsfrage zurzeit noch nicht abschliessend beantworten.

Der Bundesrat war sich seit jeher darüber klar, dass das Fernsehen wie der Bundspruch von den Empfängern der Sendungen zu bezahlen, d. h. die Kosten durch Gebühren zu decken seien. Bereits in der Botschaft vom 4. Juni 1951 über die Finanzierung des schweizerischen Fernseh-Versuchsbetriebes hat er diesem Grundsatz Ausdruck verliehen. Es ist hier festzustellen, dass während · der ganzen Dauer des Versuchsbetriebes auf Anregungen, z. B. den Programmverkauf oder andere Formen der Finanzierung durch Eeklame probeweise und vorübergehend zuzulassen, nicht eingetreten worden ist.

Während der Anlaufsphase des regulären Fernsehbetriebes werden sich die Kosten ebensowenig aus Gebühren allein decken lassen wie seinerzeit beim Eundspruch. Die Anlagen wie auch die Programmerfahrungen der ersten Zeit kommen den Fernsehteilnehmern von morgen zugut. Es wäre weder angängig oder gerecht, noch überhaupt durchführbar,
die gegenwärtigen Konzessionäre mit den Gesamtkosten der Einführungszeit zu belasten.

a. Konzessionsgebühren Die jährliche Fernseh-Konzessionsgebühr beträgt seit dem I.Januar 1954 für den Versuchsbetrieb 60 Franken für den privaten Empfang und 120 Franken

448

für den öffentlichen Empfang in Gaststätten, Pensionen, Spitälern usw. Für den voll ausgebauten, regulären Fernsehbetrieb dürfte eine jährliche Gebühr von 72 Franken bzw. 144 Franken angemessen und im Vergleich zum Ausland vertretbar sein. Diese Ansätze dürfen nicht unterschritten werden, wenn der reguläre Betrieb bei etwa 200 000 Teilnehmern selbsttragend sein soll.

b. Beitrag aus Radiohörgebühren

Die Delegierten der SB G haben sich an ihrer Generalversammlung vom 17./18. Dezember 1954 in Basel mehrheitlich bereit erklärt, dem Fernsehen aus den Badiohörgebühren einen Beitrag à fonds perdu von jährlich 300 000 Franken für die Verzinsung eines Darlehens zur Verfügung zu stellen. Zur Würdigung dieses Beschlusses ist daran zu erinnern, dass die SBG und die PTT bisher gemäss Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 jährlich 300 000 Franken an den Fernseh-Versuchsbetrieb beigesteuert haben.

In diesem Zusammenhang ist am 21. Dezember 1954 von Herrn Nationalrat Dr. B. Börlin und 40 Mitunterzeichnern ein Postulat mit folgendem Wortlaut eingereicht worden : «Der Bundesrat wird eingeladen, bei seinem Vorschlag für eine endgültige Ordnung des Fernsehwesens in der Schweiz eine Lösung zu wählen, die auf eine konzessionswidrige Verwendung von Badiohörergeldern verzichtet. Dieser Verzicht ist um so nötiger, als der wünschenswerte Ausbau des Badiodienstes selbst eine wesentliche Erhöhung der Konzessionsgebühr erfordert.» Anlässlich der Beschlussfassung über den Antrag der erwähnten Generalversammlung der SBG, die jährliche Badiohörgebühr zu erhöhen, hat der Bundesrat der SBG mitgeteilt, dass er gegenüber der Verwendung von Mitteln der Bundspruch-Gesellschaf t für Zwecke des Fernsehens einen Vorbehalt anzubringen habe : der Bundesrat legt Wert darauf, dass im Interesse einer klaren Finanzgebarung die finanziellen Aufwendungen für den Bundspruch einerseits und das Fernsehen anderseits deutlich auseinander gehalten werden.

Ausländische Bundfunkgesellschaften ziehen bis zu einem Fünftel ihrer Erträgnisse zur Finanzierung des Fernsehens heran. Bei der SBG würde dies einer Beanspruchung von 3,5 bis 4 Millionen Franken gleichkommen. Die grosse Mehrzahl der Badiohörer und auch der Bundesrat könnten einer Abzweigung in diesem Ausmass nicht zustimmen. Der Bundesrat ist immerhin der Auffassung, dass eine etwelche finanzielle Förderung des Fernsehens aus Bundsprucheinnahmen während einer kurzfristigen Anlaufszeit nicht ungerechtfertigt wäre, kann doch das Fernsehen als Weiterentwicklung und Ergänzung des akustischen Bundspruchs aufgefasst werden. Beide Ausdrucksmittel sind administrativ und technisch durch zahlreiche Interessen verknüpft, so. dass dem Bundspruch grundsätzlich zugemutet werden dürfte, dem jungen Fernsehbetrieb über die Anfangsschwierigkeiten etwas hinwegzuhelfen. Angesichts der einmütigen Ab-

444

lehnung jedoch, auf die sogar eine zeitlich beschränkte Heranziehung von Bundspruchgeldern, und wären es auch: nur 2% Prozent, stösst, glaubt der Bundesrat auf die weitere Verwendung von Eundspruchgeldern verzichten zu müssen.

Damit hat der Bundesrat dem Postulat Berlin entsprochen.

c. Beiträge von Industrie und Handel Der Bundesrat hat auch die Anregung geprüft, in welcher Form Industrie und Handel zur Finanzierung des Fernsehens heranzuziehen seien. Er ist zur Überzeugung gelangt, dass man die finanziellen Möglichkeiten dieser Gewerbegruppen allgemein überschätzt.

Was die schweizerische Eadioindustrie anbelangt, so hat sie infolge der niedrigen ausländischen Gestehungskosten mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ferner hat sie während Jahren beachtliche Summen in die Fernsehforschung und -entwicklung gesteckt. Der Entwicklung des Fernsehens ist bestimmt besser gedient, wenn die Produzenten von Empfangs- und Sendegeräten ihre Bemühungen darauf richten, erstklassige Apparate zu günstigen Preisen abzugeben.

Der Handel leistet seit Beginn des Versuchsbetriebes 20 Franken je installierten Apparat in Form einer Kontrollmarke und sollte es wie beim Eadio auch weiter tun ; der Ertrag dieser Marken würde weiterhin zur Förderung des Fernsehens dienen. Weitergehende Leistungen können .dem Handel nicht wohl zugemutet werden.

d. Fernsehreklame Die kommerzielle Ausnutzung von Eeklamedarbietungen ist, wie die ausländischen Beispiele gezeigt haben, finanziell bedeutungsvoll. Eeklame heisst nicht unbedingt «schlechte» Programme, sie kann auch Schöpferin sehr guter und wertvoller Programme sein. Dies bedingt aber eine gründliche Erfahrung der Programnischaffenden. Ferner muss ein minimaler Bestand von Teilnehmern vorhanden sein, damit sich die Kosten für die Fernsehreklame für die Inserenten überhaupt lohnen.

In der Schweiz liegen die Verhältnisse anders. Das Eeklameverbot im Eundspruch wurde auch für den Fernsehversuchsbetrieb übernommen, wo man von vorneherein auf jede Art von Dritten bezahlter Sendungen verzichtet hat. Der Bundesrat glaubt, dass die Grundbedingungen für die Einführung des Programmverkaufs und anderer Eeklameformen in den Fernsehprogrammen in der Schweiz jedenfalls auf Jahre hinaus noch nicht erfüllt wären, so dass es sich im vorliegenden Zusammenhang erübrigt, auf die Problematik der
Fernsehreklame einzutreten.

e. Leistungen der PTT-Verwaltung Herr Nationalrat Buchi hat in seinem Finanzplan an die Selbstverständlichkeit erinnert, dass die PTT-Verwaltung auf Grund des Telegraphen- und

445 Telephonverkehrsgesetzes von 1922 in gleicher Weise, wie sie für die Übermittlung von Telephongesprächen, Telegrammen und Bundspruchprogrammen die erforderlichen technischen Einrichtungen auf ihre Kosten errichtet und gegen Gebühr den Benutzern zur Verfügung stellt, auch die Fernsehzwecken dienenden Anlagen auf ihre Kosten zu bauen und zu unterhalten und, wiederum gegen Gebühr, den Nutzniessern bereitzuhalten hat. Die Benützungsgebühren der genannten Dienste - Telephon, Telegraph und Eundspruch - sind grundsätzlich so bemessen, dass ihr Ertrag die Kosten des betreffenden Dienstzweiges deckt.

Dasselbe hat im neuen Dienstzweig Fernsehen zu gelten. Es kommt kaum in Betracht, dass beispielsweise die Benutzer des Telephons auf die Dauer die Kosten der dem Fernsehen dienenden technischen Anlagen decken. Umgekehrt lässt sich aber ebenso rechtfertigen, dass die PTT-Verwaltung während einer gewissen Anlaufsphase die zum Aufbau der Fernsehsendeanlagen und ihren Betrieb und Unterhalt erforderlichen Mittel aus ihren übrigen Einnahmen solange vorschiesst, bis der gemeinschaftliche Fernsehbetrieb von PTT und SEG selbsttragend geworden ist. Grundsätzlich gleich ist die PTT-Verwaltung in der Vergangenheit schon wiederholt vorgegangen; ohne diese vorschussweise Finanzierung von technischen Neuerungen wäre es ihr beispielsweise unmöglich gewesen, die Landessender zu bauen, den Telephonbetrieb zu automatisieren, die Kabelanlagen zu modernisieren, die drahtlose Téléphonie und den Fernschreiber einzuführen usw. Ohne diese Finanzierungsmöglichkeit wäre es ihr aber auch in Zukunft nicht mehr möglich, sich zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe der rationellsten Methoden zu bedienen.

Die PTT hätte ihre Vorschüsse mit Einnahmen aus Teilnehmergebühren zu verrechnen, sobald der gemeinschaftliche Fernsehdienst PTT/SEG selbsttragend geworden ist.

Einige der hier angeschnittenen Fragen der Finanzierung des regulären Fernsehens während der ersten Anlaufsjahre bedürfen noch der nähern Abklärung. Diese Untersuchungen können bis zur Beendigung des gegenwärtigen Versuchsbetriebes nicht abgeschlossen werden. Gewisse Teilprobleme sollten auch mit den interessierten Spitzenverbänden der Presse und der Wirtschaft diskutiert werden. Nicht nur die Schaffung einwandfreier Eechtsgrundlagen für das reguläre Fernsehen und die Sammlung
weiterer Erfahrungen auf dem Gebiete der Programmgestaltung, sondern auch die Lösung der finanziellen Aufgaben setzen voraus, dass der Versuchsbetrieb verlängert wird.

IV. Einschaltung' eines verlängerten Versuchsbetriebes 1. Begründung Die technischen und viele programmliche Fragen des Versuchsbetriebes können bis zum 80. September 1955 gelöst werden. Ferner zeigt die Entwicklung des Teilnehmerbestandes, dass Interesse für den Empfang von Fernsehsendungen besteht.

446

Wie an anderer Stelle dargelegt wurde, sind aber noch verschiedene grundsätzliche Fragen offen, die vor der Aufnahme des regulären Betriebes vollständig abgeklärt werden müssen. Einmal fehlen die unerlässlichen rechtlichen Grundlagen für die Zuständigkeit des Bundes für die Eegelung des Fernsehprogrammbetriebes. Dann ist noch nicht im einzelnen abgeklärt, wie die Kosten des regulären Betriebes gedeckt werden sollen. Ferner stehen grundsätzliche Fragen der künftigen Fernsehorganisation noch offen. Und schliesslich erheischen die Probleme der Programmgestaltung noch weitere Erfahrungen.

Andererseits kann aber angesichts des Interesses für das schweizerische Fernsehen im Inland sowie im Hinblick auf die Entwicklung des Fernsehens in den Nachbarländern nicht daran gedacht werden, nach dem Abschluss des bisherigen Versuchsbetriebes einen Unterbruch im schweizerischen Fernsehen eintreten zu lassen, bis die genannten Probleme gelöst sind. Ein Unterbruch hätte nicht nur ernsthafte Schäden für namhafte Zweige von Gewerbe, Handel und Industrie zur Folge, sondern würde wohl auch bewirken, dass sich die inländischen Interessenten dem schweizerischen Fernsehen entfremdeten und den Empfang von Sendungen ausländischer Fernsehstationen anstrebten.

Unter diesen Umständen erscheint es unerlässlich, den Versuchsbetrieb zu verlängern.

2. Dauer Erfahrungsgemäss ist die Schaffung einer neuen verfassungsmässigen Kompetenz des Bundes eine rechtspolitisch langwierige Aufgabe. Nun. ist aber während der Prolongationsdauer nicht nur ein Artikel in die Bundesverfassung aufzunehmen, der dem Bunde die Zuständigkeit zur Gesetzgebung auf dem Gebiete des Bundspruchs und des Fernsehens gewährt, sondern es muss sich der Bundesrat auch über die Ausführungsgesetzgebung, die als Grundlage für die Programmgestaltung zu dienen hat, schlüssig werden. Allein diese rechtspolitischen Aufgaben stellen grosse zeitliche Anforderungen. Innerhalb der Übergangsphase müssen ferner die bereits aufgeworfenen finanzwirtschaftlichen Fragen gelöst werden, so dass das reguläre Fernsehen auch finanziell auf gesichertem Boden eingeführt werden kann. Der Bundesrat zieht zweifellos einen Minimalzeitbedarf in Erwägung, wenn er die Verlängerung des Versuchsbetriebes auf die zweieinviertel Jahre vom I.Oktober4955 bis zum 31.Dezember 1957 bemisst.

Diese Frist
kann offensichtlich nicht unterschritten werden.

3. Gestaltung Der Versuchsbetrieb soll während der Prolongationsfrist nicht über den Rahmen hinausgehen, den er im September 1955 aufweist. Durch die Verlängerung soll die Gestaltung des regulären Betriebes grundsätzlich nicht präjudiziert werden. Immerhin sind folgende Ausnahmen von dieser Parole der reinen Prolongation des Versuchsbetriebes nicht zu umgehen: . a. Das Übermittlungsnetz ist durch die Erstellung von Sendern auf dem Säntis, dem Monte Ceneri und dem Monte San Salvatore zu erweitern, damit

447

auch die Nordostschweiz und der Tessin das Programm des verlängerten Versuchsbetriebes empfangen können. Nachdem Ende 1954 der Versuchsbetrieb in Zürich durch Sender bei Basel und Bern und auf La Dole auf das Mittelland, die Region von Basel und das Genferseebecken ausgedehnt worden ist, kann der Bundesrat die Begehren der Ostschweiz und des Tessins, an den Fernsehbetrieb angeschlossen zu werden, nicht länger zurückstellen. Wohl hat der Bundesrat Delegationen der Eegierungen der Kantone Appenzell-Ausserrhoden, AppenzellInnerrhoden, Glarus, Graubünden, Thurgau und St.Gallen sowie der Eegierung des Kantons Tessin mitgeteilt, vor Abschluss des Versuchsbetriebes käme der Bau von Sendern im Tessin und auf dem Säntis nicht mehr in Betracht. Diese Erklärungen wurden jedoch in der Annahme gegeben und entgegengenommen, dass sich das reguläre Fernsehen im Herbst 1955 organisch an den Versuchsbetrieb anschliessen werde. Es muss auch an die Beratungen im Nationalrat während der Dezembersession 1954 erinnert werden; die Herren Nationalräte Albrecht und Guglielmetti haben ihre Anträge, in den Voranschlag der Eidgenossenschaft für das Jahr 1955 Kredite von 2,4 Millionen Franken für den Bau von Fernsehsendern auf dem Säntis und im Tessin aufzunehmen, nur im Hinblick darauf zurückgezogen, dass der Bundespräsident die Behandlung dieser Angelegenheit in der Märzsession 1955 zusagte. Schliesslich sei, was besonders die Dringlichkeit des Senders auf dem Säntis betont, darauf hingewiesen, dass die Generaldirektion der österreichischen PTT-Verwaltung darauf zählt, Fernsehsendungen noch im Herbst 1956 durch die Schweiz transitieren zu können.

b. Die Programmzeit ist möglicherweise im Laufe des Jahres 1957 für das deutsche sowie das französische Programm etwas auszudehnen, höchstens jedoch von 12 auf 14 Wochenstunden. Anfangs 1957, d. h. nach Inbetriebnahme der beiden Sender im Tessin, ist die italienische Mitübertragung des deutschen und des französischen Programms bis auf 12 Wochenstunden aufzunehmen. Die allfällige Ausdehnung der Programmzeit für das deutsche und das französische Programm soll jedoch nur dann erfolgen, wenn sich bis dahin der Teilnehmerbestand ausgesprochen günstig entwickelt.

Abgesehen von den erwähnten Ausnahmen wird der Stand des Versuchsbetriebes im September 1955 bis zu seinem Abschluss Ende
Dezember 1957 eingehalten werden müssen und eingehalten werden können, da im Gegensatz zum bisherigen Versuchsbetrieb bei ihm nicht mehr mit der Notwendigkeit unvorhergesehener Programmerweiterungen gerechnet werden muss.

Dieses Stillehalten auf dem Programm und dem technischen Stande, den der Versuchsbetrieb im September 1955 erreicht haben wird, bedeutet u. a., dass die vorhandenen Anlagen nicht ausgebaut, die Studioausrüstungen nicht ersetzt und das Programm nicht in einer Weièe geändert werden darf, die zur Überschreitung der Kosten während des verlängerten Versuchsbetriebes führen könnte. Es ist klar, dass unter diesen Umständen vom verlängerten Versuchsbetrieb weder in betriebs- noch in programmtechnischer Hinsicht Leistungen erwartet werden dürfen, wie sie von einem regulären Fernsehbetrieb, der seine Einrichtungen laufend ergänzen und verbessern kann, verlangt werden können.

448

4. Träger Es scheint gegeben, während der Dauer der Verlängerung des Versuchs betriebes die bisherige Arbeitsteilung zwischen der SEG (Programmteil) und der PTT (technischer Teil) beizubehalten.

Der Bundesrat wird deshalb die der SRG für den Versuchsbetrieb erteilte Konzession für den Programmbetrieb bis zum 81. Dezember 1957 verlängern, unter Vorbehalt eines vorzeitigen Rückzuges für den Fall, dass der reguläre Betrieb schon vor diesem Zeitpunkt aufgenommen werden könnte.

5. Aufwand und Einnahmen A. AUFWAND a. Betriebsaufwand der SPG (Studios und Programm) Oktober 1955 Oktober 1956 bis bis September 1956 Dezember 1957 Millionen Franken

Personal Betrieb Programm Übrige Kosten und Unvorhergesehenes...

Zusammen

1,0 0,6 1,7 0,5 8,8

1,5 1,0 2,5 0,6 5,6

b. Aufwand der PTT (Programmausrüstung der Studios, Verbindungen und Sender) aa. Investitionsbedarf Millionen Franken

Programmausrüstung Verbindungen und Sender Säntis Monte Ceneri und Monte San Salvatore .

0,2 1,0 1,4

Zusammen

o«jvt4.

2,6

bb. Betriebsaufwand Oktober 1955 Oktober 1956 bis bis September 1956 Dezember 1957 Millionen Franken

Betrieb und Unterhalte der Programmausrüstungen, Verbindungen und Sender. . .

Wertberichtigung Gemeinkosten und Unvorhergesehenes . . .

Zusammen

0,8 0,7 0,1 1,6

1,4 1,0 0,1 2,5

449 c. Gesamtaufwand für den Betrieb von SPG und PTT Oktober 1955 Oktober 1956 bis bis September 1956 Dezember 1957 - Millionen Franken

SEG PTT Zusammen

8,8 1,6 5,4

5,6 · 2,5 8,1

2 1 /« Jahre

9,4 4,1 13,5

B. EINNAHMEN Einnahmenquellen Dem verlängerten Versuchsbetrieb sind grundsätzlich die bisherigen Einnahmenquellen zuzuweisen, nämlich die Teilnehmergebühren und die Abgaben des Fachhandels.

a. Teilnehmergebühren Die Teilnehmergebühren sollen weiterhin auf der seit dem Jahre 1954 geltenden Höhe belassen werden, d. h. auf jährlich 60 Franken für den Heimempfang und 120 Franken für den Empfang in Gaststätten. Während des Jahres 1954 erhöhte sich die Zahl der Teilnehmer von 920 auf 4457, d. h. um insgesamt 8587 oder um durchschnittlich 800 je Monat. Während dieser Zeit hatte etwa eine Million Einwohner die Möglichkeit, am Fernsehversuchsbetrieb teilzunehmen. Die Errichtung der Sender Gempen, Bantiger und La Dole bietet diese Möglichkeit seit anfangs 1955 für mehr als zwei Millionen Einwohner.

Damit darf ab 1955 wohl mit einer Verdoppelung der monatlichen Zunahme der Teilnehmer gerechnet werden. Diese Überlegung wird durch die neuste Entwicklung bestätigt, denn im Januar 1955 betrug die Zunahme bereits 478, im Februar 691 Teilnehmer. Man darf daher annehmen, dass am 30. September 1955 etwa 8000 Teilnehmer gezählt werden können. Die durchschnittliche monatliche Teilnehmerzunabme wird auf 500 im ersten Jahr des verlängerten Versuchsbetriebes und auf 600 im zweiten Jahr geschätzt. Die bisherigen Erfahrungen lassen ferner die Annahme zu, dass der Anteil der Teilnehmer für den Heimempfang 2/3 und der Teilnehmer für den Empfang in Gaststätten 1/3 der gesamten Teilnehmerzahl ausmacht.

Bei dieser Betrachtungsweise ergibt sich für die vom I.Oktober 1955 bis 81.Dezember 1957 dauernde Verlängerung des Versuchsbetriebes ein Geb ü h r e n e r t r a g von etwa 2,6 Millionen Franken.

b. Beiträge des Fachhandels Die Erteilung der Fernseh-Installationskonzession ist während des Versuchsbetriebes an die Bedingung geknüpft, dass je installierten Apparat eine Gebühr von 20 Franken bezahlt wird. Der Ertrag aus diesen Gebühren wird

450 für das schweizerische Fernsehen verwendet. Diese Abgabe sollte auch während des verlängerten Versuchsbetriebes beibehalten werden. Der Ertrag kann auf 200000 F r a n k e n geschätzt werden.

c. Beiträge der SRG und der PTT Die Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1951, die zum Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes geführt hat, hat vorgesehen, «dass dem Versuchsbetrieb Beiträge der SBG und der PTT von jährlich je 300 000 Franken aus Bundspruchgeldern zukommen sollten. Die Voraussetzungen, die damals die Heranziehung von Bundspruchgeldern gerechtfertigt haben, wären vielleicht auch für den verlängerten Versuchsbetrieb gegeben. Der Bundesrat erachtet es jedoch als tunlich, dass die SBG und die PTT ab I.Oktober 1955 auf die weitere Heranziehung von Eundspruchgeldern verzichten.

6. Der Fehlbetrag und seine Deckung

Da Ausgaben von 13,5 Millionen Franken nur Einnahmen von 2,8 Millionen Franken gegenüberstehen, wird die 21/4 Jahre dauernde Prolongation des Versuchsbetriebes mit einem Fehlbetrag von 10,7 Millionen Franken abschliessen.

Der Bundesrat hält dafür, dass die Einnahmen bis zum genannten Betrag auf die Kosten anzurechnen seien, die der SEG aus der Erstellung des Programms erwachsen. Der im Programmsektor verbleibende Fehlbetrag, d. h.

6,6 Millionen Franken1), soll der SEG als ausserordentlicher Bundesbeitrag erstattet werden. Dieser Vorschlag deckt sich insofern mit der bisherigen Praxis, als durch Bundesbeschluss vom 31. Januar 1952 über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes und Bundesbeschluss vom 24. Juni 1954 über die Finanzierung eines westschweizorischen Fernsehversuchsprogramms bereits Bundesbeiträge für den gleichen Zweck bewilligt worden sind.

Die PTT-Verwaltung wird die Kosten, die ihr aus der Lösung der technischen Aufgaben des verlängerten Versuchsbetriebes erwachsen, d. h. 4,1 Millionen Franken, jeweils zusammen mit dem übrigen Finanzbedarf in den eidgenössischen Voranschlag bzw. in die Staatsrechnung aufnehmen. Ihre Ausgaben werden in einer besondern Eechnung für den Dienstzweig Fernsehen verbucht und aus den Einnahmen des regulären Fernsehbetriebes, sobald er selbsttragend geworden ist, zurückerstattet. Auf die Anrechnung von Zins für diese Beträge soll verzichtet werden.

Die Kosten der Erstellung der Sender Säntis, Monte Ceneri und Monte San Salvatore von 2,4 Millionen Franken und der dazugehörigen Programmausrüstung von 0,2 Millionen Franken, zusammen 2,6 Millionen Franken, werden der Kapitalrechnung der PTT-Verwaltung belastet.

*) Aufwand der SRG 9,4 Millionen Franken abzüglich Gesamteinnahmen 2,8 Millionen Franken.

.

451 Die erforderlichen Kredite werden im nachstehenden Bundesbeschluss anbegehrt, der dem Bundesrat auch die Ermächtigung erteilen soll, das Programm des verlängerten Versuchsbetriebes durch einsn Beitrag zu unterstützen und den Betriebsbedarf der PTT-Verwaltung in die eidgenössischen Voranschläge aufzunehmen.

Die genannten Bundesbeschlüsse vom 31. Januar 1952 und vom 24. Juni 1954 traten, als nicht allgemeinverbindlicher .Natur, sofort in Kraft. Es entspricht also wiederum der bisherigen Praxis, wenn auch für den Bundesbeschluss über die Verlängerung und die Finanzierung des schweizerischen Pernseh-Versuchsbetriebes die Form des einfachen Bundesbeschlusses beantragt wird, der vom Bundesrat sofort nach der Zustimmung durch die eidgenössischen Bäte vollzogen werden kann.

Es versteht sich von selbst, dass der Bundesrat der Bundesversammlung vor Ablauf des verlängerten Versuchsbetriebes seine Anträge über die Eechtsgrundlagen des Bundspruchs und des Fernsehens sowie über die Finanzierung eines künftigen regulären Fernsehens vorlegen wird.

Der Bundesrat beantragt Ihnen, den beigelegten Beschlussesentwurf anzunehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 8. März 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Ch. Oser

452 (Entwurf)

Bundesbeschluss .über

die Verlängerung und die Finanzierung des schweizerischen Fernseh-Versuchsbetriebes

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. März 1955, beschliesst : Art. l 1 Der Fernseh-Versuchsbetrieb wird bis längstens am 81. Dezember 1957 weitergeführt.

2 Der Bundesrat erteilt der Schweizerischen Eundspruch-Gesellschaf t das Eecht zur Durchführung und öffentlichen Verbreitung von Fernsehprogrammen unter Benützung der Einrichtungen der Schweizerischen Post-, Telegraphenund Telephonverwaltung.

Art. 2

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Programm des verlängerten FernsehVersuchsbetriebes mit einem Beitrag von höchstens 6,6 Millionen Franken zu unterstützen.

Art. 8 1 Für die technische Durchführung des verlängerten Fernseh-Versuchsbetriebes wird zu Lasten der Betriebsrechnung der Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung ein Kredit von 4,1 Millionen Franken bewilligt.

2 Die Bückzahlung dieses Betrages wird später geregelt.

458 Art. 4 Für den Bau von Sendern auf dem Säntis, dem Monte Ceneri und dem Monte San Salvatore, einschliesslich technischer Programmausrüstung, wird ein Objektkredit von 2,6 Millionen Franken zu Lasten der Kapitalrechnung der Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung bewilligt.

1 2

2026

Art. 5 t Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gestaltung des schweizerischen Fernsehens (Vom 8. März 1955)

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Jahr

1955

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

6801

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.03.1955

Date Data Seite

377-453

Page Pagina Ref. No

10 038 963

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