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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemein verbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie (Vom 24. Januar 1955)

Der Schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 3, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 23. November 1954 für das Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie werden die im Anhang wiedergegebenen Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

1

Art. 2 Dieser Beschluss gilt für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

2 Er findet Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Unternehmungen, die serienmässig Drechslerwaren, Holzspulen aller Art, Beleuchtungskörper, Holzwerkzeuge, Hobelbänke, Werkbänke, Stielwaren, Gabeln, Eechen, Sensenwörbe, Garbenbandrollen, Haushaltungsartikel, Büroartikel, Kleinschreinereiwaren, Geschenkartikel, Leitern, Leiterwagen, Karretten, Schneeschaufeln, Bäckerschaufeln, Ski, Sportschlitten, Klappstühle, Spielwaren und Messwerkzeuge aus Holz für den Markt herstellen sowie ihren gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitnehmern, mit Ausnahme der Lehrlinge im Sinne des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1930 über die berufliche Ausbildung.

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Art. 3 Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den vertragschliessenden Verbänden nicht angehören, können gegen Massnahmen dieser Verbände oder der im Gesamtarbeitsvertrag vorgesehenen Organe beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Beschwerde führen.

Art. 4 Der Beschluss tritt mit der amtlichen Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zum 81. Dezember 1956.

Bern, den 24. Januar 1955.

Im Namen des Schweizerischen 'Bundesrates, Für den Bundespräsidenten: Etter 1982

Der Bundeskanzler: Ch. Oser

181 Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für das Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie abgeschlossen am 23. November 1954 zwischen

dem Verband schweizerischer Holzwarenfabrikanten und dem Schweizerischen.Drechslermeisterverband, einerseits, sowie dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband und dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter, anderseits.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen Ziff. 2 1

Das Vertragsgebiet wird in drei Zonen eingeteilt wie folgt: Zone I: städtische Verhältnisse, Zone II: halbstädtische Verhältnisse, Zone III: ländliche Verhältnisse.

2 Die Klassifikation erfolgt nach dem Ortschaftenverzeichnis für die Übergangsrenten der AHV.

Zoneneinteuung

Ziff. 3 1

In allen Betrieben, die dem Fabrikgesetz nicht unterstellt sind, beträgt die normale Arbeitszeit im Maximum: Zone I: 48 Stunden pro Woche, Zone II: 50 Stunden pro Woche, Zone III: 52 Stunden pro Woche.

2 Der Samstagnachmittag ist in allen Betrieben frei.

3 Als Überzeit gilt die Zeit nach Beendigung der normalen Arbeitszeit bis 20 Uhr und von 6 Uhr bis zum Beginn der normalen Arbeitszeit sowie der Samstagnachmittag. Bei dringender Saisonarbeit ist in Betrieben, die dem Fabrikgesetz nicht unterstellt sind, eine Stunde Überzeit pro Woche ohne Zuschlag zulässig.

4 Die Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr gilt als Nacht.

Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. Î.

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Arbeitszeit

182 Ziff. 4 Lohnzuschläge

1

Für Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit sowie Arbeiten am Samstagnachinittag werden folgende Zuschläge entrichtet: a. Überzeitarbeit 25 Prozent b. Arbeiten am Samstagnachmittag 25 Prozent c. Nachtarbeit 50 Prozent d. Sonntagsarbeit 100 Prozent.

Ziff. 5

Arbeitslohn

1

Die Mindestlöhne (ohne Teuerungszulagen) betragen : Zone I Fr.

Handlanger Angelernte, nach zwei Jahren Dienstzeit Gelernte Arbeiter bis zwei Jahre nach der Lehrzeit Gelernte, selbständige Arbeiter, von zwei Jahren nach der Lehre an . .

Zone III Fr.

1.30

Zone II Fr.

1.15

1.40

1.25

1.15

1.40

1.25

1.15

1.60

1.40

1.35

1.02

3 Schwächliche, minderleistungsfähige und jugendliche Arbeitnehmer, letztere bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr, fallen für die Mindestlöhne ausser Betracht.

4 Auf diesen Mindestlöhnen wird folgende Teuerungszulage ausgerichtet : 95 Eappen pro Stunde für verheiratete Arbeiter, 90 Eappen pro Stunde für ledige Arbeiter und Arbeiterinnen, 85 Eappen pro Stunde für Arbeiter und Arbeiterinnen unter 18 Jahren.

5 Für alle Arbeitnehmer, die im Akkord beschäftigt werden, wird der oben festgelegte Mindestlohn mit Teuerungsausgleich garantiert.

Ziff. 6 Lohnzahlung

Die Lohnzahlung findet alle 14 Tage innert der festgesetzten Arbeitszeit statt. Als Deckung werden im Maximum zwei Taglöhne zurückbehalten.

Ziff. 7

Kündigung

Die Kündigungsfrist beträgt 14 Tage, auch im überjährigen Dienstverhältnis. Die Kündigung kann nur auf einen Samstag oder Zahltag erfolgen. Die ersten zwei Wochen nach der Einstellung gelten als Probezeit, während welcher das Arbeitsverhältnis jederzeit gelöst werden kann.

183 Ziff. 8 .

Die Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf bezahlte Ferien. Als Dienstjahr gilt das Kalenderjahr.

2 Die Dauer der bezahlten Ferien beträgt: im 1. Dienstjahr 3 Arbeitstage, im 2. bis 5. Dienstjahr 6 Arbeitstage,: im 6. bis 10. Dienstjahr 9 Arbeitstage, im 11. bis 19. Dienstjahr 12 Arbeitstage, im 20. und den folgenden Dienstjahren 15 Arbeitstage.

3 Erfolgt der Eintritt vor dem I.April, so wird das Eintrittsjahr als volles Dienstjahr gerechnet.

4 Bei späterem Eintritt und bei Austritt hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ferien pro rata.

6 Ein Ferientag wird zu acht Stunden entschädigt.

6 Für Arbeitnehmer, die im Akkord beschäftigt werden, wird der Stundenlohn ausgerichtet, der sich aus dem Durchschnittsverdienst der zwei letzten Monate ergibt, im Minimum der effektive Stundenlohn .bzw.

der vertragliche Mindestlohn zuzüglich Teuerungszulagen.

7 Bei Betriebseinschränkungen oder Arbeitsausfall von mehr als zwei Monaten besteht nur ein Anspruch auf Ferien pro rata.

8 Eine Barentschädigung an Stelle der Ferien ist nicht gestattet.

9 Gesetzliche Festtage dürfen nicht als Ferientage gerechnet werden.

1

Ziff. 9 Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entschädigung von sechs1 gesetzlichen Feiertagen, sofern diese auf einen Werktag fallen.

2 Die Feiertage, für welche eine Entschädigung bezahlt werden soll, sind im voraus durch Verständigung zwischen Arbeitgeber und Belegschaft festzulegen.

3 Als Feiertagsentschädigung kommen folgende Pauschalansätze zur Auszahlung: Fr.

an verheiratete Arbeiter 14.-- an ledige Arbeiter und Arbeiterinnen, die das 18.Altersjahr erreicht haben 10.-- an jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen unter 18 Jahren . .

6.-- 1

Ferien

Bezahlte Feiertage

Ziff. 10 1

Der versicherungsfähige Arbeitnehmer hat sich gegen die Folgen · Krankengeiades Lohnausfalles bei Krankheit 'bei einer Krankenkasse für ein Kranken- vereiehenmg

184 geld zu versichern, Die Prämie für die Krankengeldversicherung hat mindestens 2,25 Franken pro Woche zu betragen.

2 Der Arbeitgeber hat an die Prämie der Krankengeldversicherung einen wöchentlichen Beitrag von 1,50 Franken zu bezahlen.

3 Durch die Beitragsleistung gemäss Absatz 2 werden die Arbeitgeber von den Verpflichtungen aus Artikel 335 des Obligationenrechts befreit.

Ziff. 11 Verbot der Schwarzarbeit

Absenz* entschadigung

Jedem Arbeiter ist es strengstens untersagt, in seiner Frei- und Ferienzeit Berufsarbeiten zu Erwerbszwecken oder zuhanden der Konkurrenz auszuführen. Zuwiderhandelnde können nach einmaliger Warnung unter Entzug der Ferien sofort ohne Kündigung und ohne weitere Entschädigung entlassen werden.

Ziff. 12 Den Arbeitnehmern ist pro Jahr bei Todesfall in der Familie (Ehegatte, Eltern oder eigene Kinder) eine Tagesentschädigung zum vollen Lohn auszurichten.

Ziff. 14

Kontrolle und Sanktionen

1

Zur Behandlung von Berufsfragen wird eine paritätische Kommission eingesetzt, bestehend aus je vier Vertretern der Arbeitgeberund Arbeitnehmerverbände. Die regionalen Sektionen können eigene paritätische Kommissionen einsetzen.

2 Die paritätischen Berufskommissionen können Kontrollen über die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages durchführen.

3 Bei festgestellter Nichterfüllung gesamtarbeitsvertraglicher Leistungen hat der Arbeitgeber den Arbeitern diese sofort in vollem Umfange zu erbringen.

4 Überdies hat er 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlungen in die Kasse der zentralen paritätischen Berufskommission für das Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie einzuzahlen. Die eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbindlicherklärung sowie für die Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu verwenden.

5 Zum Inkasso und wenn nötig zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 Prozent sind die vertragschliessenden Verbände berechtigt, welche diesen für die paritätische Berufskommission als anspruchsberechtigt einziehen.

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Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie (Vom 24.

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05

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03.02.1955

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179-184

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