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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Regierungen der Kantone betreffend die Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich (Vom 28. Januar 1955)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Am 20. Januar 1955 sind in Bern die Urkunden über die Ratifikation der Abkommen ausgetauscht worden, die die Schweizerische Eidgenossenschaft am 81. Dezember 1953 mit der Französischen Eepublik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen hat, nämlich: a. des Abkommens (samt Schlussprotokoll) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (AS 1955, 111); b. des Abkommens (samt Schlussprotokoll) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern (AS 1955, 128).

Damit sind die erwähnten Abkommen in Kraft getreten.

Die Abkommen sind in unserer Botschaf t vom 19. Februar 1954 (BEI 1954,1, 364) erläutert worden; die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf eine ergänzende Darstellung der Auswirkungen der Abkommen auf das interne Steuerrecht.

A. Das Abkommen betreffend Einkommens- und Vermögenssteuern (DBAF) I. Geltungsbereich

1. In sachlicher Beziehung (Art. l, § 1) findet das DBAF Anwendung auf die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, mit Einschluss der Steuern vom Kapital- und Liegenschaftsgewinn und vom Wert- und Vermögenszuwachs sowie der Quellensteuern vom Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen (ausgenommen die Abzugssteuern auf Lotteriegewinnen; § 8, Schlussprotokoll [SP] zu Art. 1). In zwei Anlagen sind die derzeit vom Abkommen erfassten schweizerischen und französischen Steuern aufgezählt ; in Zweifelsfällen gibt die Eidgenössische Steuerverwaltung Aufschluss.

222 2. In persönlicher Hinsicht können sich alle Steuerpflichtigen (natürliche oder juristische Personen, Personengesellschaften ohne juristische Persönlichkeit usw.) der beiden Vertragsstaaten auf das Abkommen berufen (Art. l, §!)· 8. Das DBAF findet nach Artikel 14 in zeitlicher Hinsicht erstmals Anwendung: a. auf die im Abzugswege an der Quelle erhobenen Steuern von Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen, die im Kalenderjahre 1953, d. h. nach dem 81. Dezember 1952, fällig geworden sind bzw. zahlbar werden (Art. 14, lit. a); b, auf die übrigen schweizerischen und französischen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die für das Kalenderjahr 1958, d. h. für die ,, Zeit nach dem 31. Dezember 1952, erhoben bzw. veranlagt werden (Art. 14, lit. b und c).

' Gemäss SP zu Artikel 14 finden die Vorschriften des bisher im schweizerisch-französischen Verhältnis massgebend gewesenen Doppelbesteuerungsabkommens vom 13.Oktober 1937 (BS 12, 629) letztmals Anwendung: a. auf Quellensteuern von Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen, die im Kalenderjahr 1952 zahlbar geworden sind; b. auf die übrigen schweizerischen und französischen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die für das Kalenderjahr 1952 erhoben bzw. veranlagt werden.

4. Der territoriale Geltungsbereich des DBAF beschränkt'sich französischerseits auf das französische Mutterland und die überseeischen Departemente Guyana, Guadeloupe, Martinique und Eéunion (Art. l, § 3, und § l, SP zu Art. 13). Der französischen Vertragspraxis entsprechend ist immerhin vorgesehen, dass das Abkommen unter gewissen Voraussetzungen durch Notenwechsel auf die verschiedenen Territorien der französischen Union sowie auf Tunis und Marokko ausgedehnt werden kann (Art. 13; § 2, SP zu Art. 13).

II. Wesentlicher Inhalt 1. Das Abkommen wendet, wie bereits sein Vorgänger von 1987, grundsätzlich die sogenannte Kollisionsnormenmethode an, d. h. es weist jedem Vertragsstaat bestimmte Gruppen von Steuerobjekten zur ausschliesslichen Besteuerung zu (Ausnahmen: Art. 6, § l, Art. 10 und § 4, SP zu Art. 2). Für die Abgrenzung der Besteuerungszuständigkeit gelten die folgenden Grundsätze: a. Im Wohnsitzstaate der Person, der das Vermögen zusteht oder das Einkommen zufliesst, werden besteuert: -- alle Einkünfte und alles Vermögen, für welche das Abkommen keine abweichende
Zuteilungsnorm aufstellt (Generalklausel Art. 2, § 1). Zur Besteuerung beweglichen Vermögens, an dem eine Nutzniessung bestellt ist, ist der Wohnsitzstaat des Nutzniessers zuständig (§6, SP zu Art. 2) ;

223 -- grundpf ändlich gesicherte Forderungen und Einkünfte daraus (Art.3, § 2) : -- Einkünfte aus der Veräusserung von oder aus der Überlassung des Gebrauchsrechtes (Lizenzen) an Urheber-, Patent-, Marken-, Musterund Modellrechten, technischen Konstruktionen, Verfahren, Erfahrungen, Eezepten und dgl., einschliesslich Vergütungen aus Filmverleih oder für den Gebrauch der industriellen kaufmännischen oder wissenschaftlichen Ausrüstung sowie das aus solchen Rechten bestehende Vermögen (§ l, SP zu Art. 2; vgl. aber lit. c, Lemma 4, hienach); -- Einkünfte einer Person mit Wohnsitz in einem der beiden Staaten aus der Ausübung von Weidrechten auf dem Gebiete des andern Staates (§4, SP zu Art. 8); --: Einkünfte aus freien Berufen, .sofern der Erwerbende seine persönliche Erwerbstätigkeit im andern Staate ohne Benützung einer ihm dort regelmässig zur Verfügung stehenden ständigen Einrichtung ausübt (Art. 7, § 1; vgl. aber lit. d, Lemma l, hienach); -- das Arbeitseinkommen einer in einem der beiden Staaten angestellten Person, die sich aus beruflichen Gründen vorübergehend im Gebiete des andern Staates aufhält, sofern der Einkommensempfänger seine Tätigkeit für Rechnung eines Arbeitgebers des ersten Staates ausübt (Art. 8, §2); -- die Erwerbseinkünfte eines als Grenzgänger tätigen Arbeiters oder Angestellten (§ l, SP zu Art. 8, in Verbindung mit der schweizerisch-französischen Grenzgängervereinbarung vom 18. Oktober 1935, der der Kanton Genf nicht beigetreten ist); -- Leibrenten sowie auf Grund früherer Dienstleistungen einer unselbständig erwerbenden Person gewährte Ruhegehälter, Witwen- oder Waisenpensionen und andere Bezüge oder geldwerte Vorteile (Art. 8, §3, und §5, SPzu Art. 2); -- bewegliches Kapitalvermögen und Einkünfte daraus (Art. 10, § l, in Verbindung mit Art. 2, § l ; vorbehalten bleibt die Besteuerung von Kapitalerträgnissen im Abzugswege an der Quelle sowie die Entlastung des Gläubigers von solchen Abzugssteuern im Rahmen von Art. 10, §§2 und 3; vgl. Ziff. 6 und IV, hienach).

b. Am Orte der gelegenen Sache werden besteuert: -- das unbewegliche Vermögen mit Einschluss der Zugehör sowie die Einkünfte daraus (Art. 3, § 1) ; -- land- und forstwirtschaftliche Betriebe (einschliesslich des lebenden und toten Inventars) und Einkünfte daraus (Art. 3, § 1) ; -- Berechtigungen, auf welche die
privatrechtlichen Vorschriften über Grundstücke Anwendung finden, und Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen, mit Ausnahme der grundpfändlich gesicherten Forderungen jeder Art (Art. 3, § 2; § l, SP zu Art. 3); -- das unbewegliche Betriebsvermögen (§ 2, SP zu Art.3);

224 -- Einkünfte aus der Veräusserung von unbeweglichem Vermögen, von Berechtigungen und Nutzungsrechten an unbeweglichem Vermögen sowie von land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben (§ l, SP zu Art. 8); -- der der Ausstattung einer Wohnung dienende Hausrat (§ 8, SP zu Art. 8); :-- bewegliches Vermögen, das in ständigen Einrichtungen angelegt und der Ausübung eines freien Berufes gewidmet ist (Art. 7, § 3).

c. Im Staate, in dem sich eine B e t r i e b s s t ä t t e befindet, werden besteuert: -- Betriebe von Handel, Industrie und Gewerbe jeder Art (einschliesslich Finanz-, Transport- und Versicherungsunternehmen) sowie Einkünfte daraus (Art. 4, § 1) ; -- Gewinne aus der Veräusserung eines Betriebes oder eines Teils davon (Art. 4, §1); -- Beteiligungen an Unternehmen in der Form von einfachen Gesellschaften, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften sowie an «sociétés de fait», «associations en participation» oder «sociétés civiles» des französischen Eechts, sofern diese Vereinigungen der für Personengesellschaften geltenden Steuerordnung unterstehen, und Einkünfte aus solchen Beteiligungen (Art. 4, § 4) ; ' -- Lizenzrechte, die zum Geschäftsvermögen und Einkünfte aus solchen Hechten, die zum Ertrag der Betriebsstätte eines Unternehmens von Handel, Industrie und Gewerbe gehören (§ l, SP zu Art. 2, in Verbindung mit Art. 4; vgl. aber lit. a, Lemma 8, hievor).

d. Im Staate des Arbeitsortes werden besteuert: -- Einkünfte aus freien Berufen, sofern der Erwerbende seine persönliche Erwerbstätigkeit im Staate des Arbeitsortes unter Benützung einer ihm dort regelmässig zur Verfügung stehenden ständigen Einrichtung ausübt (Art. 7, § 1; vgl. aber lit. a, Lemma 5, hievor); -- durch selbständige Berufsausübung erzielte Einkünfte von Bühnen-, Eadio-, Filmschauspielern, Musikern, Artisten und dgl. (Art. 7, § 2) ; -- Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Löhne, Gehälter und ähnliche Vergütungen), und dies ohne Bücksicht darauf, ob das Anstellungsverhältnis privat- oder öffentlichrechtlicher Natur ist (Art. 8,

§i);

-- der Arbeitslohn einer in einem der beiden Staaten angestellten Person, die sich beruflich im andern Staate für Eechnung eines Arbeitgebers dieses andern Staates aufhält (Art. 8, § 2; vgl. aber lit. a, Lemma 6, hievor) ; -- der Arbeitslohn von Personen, die ständig oder vorwiegend an Bord von Schiffen oder Flugzeugen eines Unternehmens der Schiff- oder Luftfahrt eines der beiden Staaten Dienst leisten; dabei gilt als Arbeitsort der Ort, an dem sich die Leitung des Unternehmens befindet (§2, SP zu 0 Art. 8).

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e. Tantiemen, Sitzungsgelder und andere Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsrates von Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften oder Genossenschaften oder an die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung werden am Sitze der Gesells c h a f t besteuert (Art. 9, § 1). Vergütungen für Dienstleistungen, welche die genannten Personen tatsächlich in anderer Eigenschaft beziehen (z. B.

Honorar als Eechtsbeistand, Arbeitsentgelt eines Direktors) werden nach den Eegeln über die Besteuerung der Einkünfte aus freien Berufen (Art. 7, § l ; vgl. lit. a, Lemma 5, bzw. lit. d, Lemma l, hievor) bzw. aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 8, § 1; vgl. lit. d, Lemma 8, hievor) besteuert.

/. Am Orte der Leitung werden Vermögen und Ertrag von Unternehmen der Seeschiffahrt, der Binnen-, der Flußschiffahrt und der Luftfahrt besteuert (Art. 5). Das gilt auch dann, wenn solche Unternehmen im andern Staate Agenturen für die Beförderung von Personen oder Waren unterhalten oder wenn eine Luftfahrtunternehmung an einem Pool, an einer Betriebsgemeinschaft oder an einer internationalen Betriebsorganisation beteiligt ist (SP zu Art. 5).

2. Die Bestimmungen über den Wohnsitz n a t ü r l i c h e r Personen (Art. 2, § 2) stellen, abweichend von Artikel 14, § l, des Abkommens von 1987, aber in Übereinstimmung mit den schweizerisch-schwedischen und schweizerisch-niederländischen Abkommen, in erster Linie auf das objektive Moment der ständigen Wohnstätte ab, wobei dieser Ausdruck den Mittelpunkt der Lebensinteressen, d. h. den Ort bezeichnet, zu dem die engsten persönlichen Beziehungen-bestehen (Art. 2, § 2, Abs. 1). Können sich die obersten Verwaltungsbehörden über diesen Mittelpunkt nicht einigen oder besteht in keinem der beiden Staaten eine ständige Wohnstätte, so wird auf den hauptsächlichen Aufenthalt und, wenn dieser in beiden Staaten gleich lange dauert, auf die Staatsangehörigkeit abgestellt (Art. 2, § 2, Abs. 2). Bei Wohnsitzverlegung endigt die Steuerpflicht mit dem Ablauf des Kalendermonats, in dem die Wohnsitzverlegung vollzogen worden ist (§ 2, SP zu Art. 2).

Der Wohnsitz juristischer Personen sowie von Personengesellschaften und Personenvereinigungen ohne juristische Persönlichkeit bestimmt sich zunächst nach der Steuergesetzgebung jedes der beiden Staaten. Ergibt
sich daraus ein Doppelwohnsitz, so ist auf den Ort des Sitzes der wirklichen Leitung abzustellen (Art. 2, § 8).

8. Als B e t r i e b s s t ä t t e (Art. 4, § 2) gilt eine ständige Geschäftseinrichtung des Unternehmens, in der die Tätigkeit dieses Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Zu derartigen Geschäftseinrichtungen werden gezählt : der Sitz des Unternehmens, sofern daselbst eine gewinnbringende Tätigkeit ausgeübt wird (§ l, SP zu Art. 4), der Ort der wirklichen Leitung, die Zweigniederlassungen, die Fabrikations- und Werkstätten, die Verkaufsstellen, die ständigen Vertretungen sowie die in Ausbeutung befindlichen Mineralvorkommen und Quellen.

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Keine Betriebsstätte begründen: a. das Unterhalten von Geschäftsbeziehungen durch einen völlig unabhängigen, selbständig auftretenden' und in eigenem Namen handelnden Vertreter (Makler, Kommissionär, Sachwalter, Tochtergesellschaft und dgl; § 2, Abs. l, Satz l, SP zu Art. 4); 6. das Unterhalten eines Vertreters (Agenten), der zwar ständig für ein Unternehmen des einen Staates in dem Gebiete des andern Staates tätig ist, aber lediglich Geschäfte vermittelt, ohne zum Vertragsabschluss im Namen und für Eechnung des Vertretenen bevollmächtigt zu sein (§ 2, Abs. l, Satz 2, SP zu Art. 4) ; c. die Tatsache, dass ein unabhängiger Vertreter -im Sinne von lit. a bzw. ein Vermittlungsagent im Sinne von lit. b ein Muster-, Konsignation- oder Auslieferungslager des vertretenen Unternehmens unterhält (§2, Abs. 2, SP zu Art. 4); d. das Unterhalten blosser Einkaufsstellen (§ 3, SP zu Art. 4); e. die Lagerung von Waren eines Unternehmens des einen Staates bei einem solchen des andern Staates zum Zwecke der Verarbeitung und nachherigen Versendung sowie die Verarbeitung selbst und die Versendung durch den Verarbeiter (§4, SP zu Art. 4); /. die Beteiligung an einem Unternehmen (Personen- oder Kapitalgesellschaft) in der Form von Wertpapieren aller Art, von Gesellschafts- oder von Kapitalanteilen, und zwar selbst dann, wenn mit der Beteiligung ein Binfluss auf die Leitung des Unternehmens verbunden ist (z. B. Verhältnis von Mutter- zu Tochtergesellschaft; § 5, SP zu Art. 4); g. eine für einen begrenzten Zweck, d. h. für die Ausführung eines bestimmten Werkes errichtete Baustelle, sofern die Ausführungsdauer der Arbeiten, denen die Baustelle dient, drei Jahre nicht übersteigt (§ 6, Abs. l, SP zu Art. 4). Dieser Grundsatz findet auch dann Anwendung, wenn eine CBausteile nicht unmittelbar von einem Unternehmen des andern Staates errichtet wird, sondern durch eine einfache Gesellschaft des schweizerischen Eechts (bei Baustellen in der Schweiz) oder eine französische «société de fait» oder «association en participation» (bei Baustellen in Frankreich), an der der genannte Unternehmer beteiligt ist (§ 6, Abs. 2, SP zu Art. 4); h. der Umstand, dass eine Versicherungsgesellschaft des einen Staates im andern Staate durch Vermittlung eines Vertreters Prämien einzieht oder auf dem Gebiet dieses Staates hegende Eisiken versichert,
sofern der Vertreter keine Vollmacht besitzt, die Gesellschaft zu verpflichten, und auch keine Tätigkeit ausübt, die ihrer Natur und Bedeutung nach erlaubt, das Unternehmen als ein solches anzusehen, das durch Vermittlung seines Vertreters eine normale Geschäftstätigkeit im betreffenden Lande ausübt (§ 8, Abs. l, SP zu Art. 4; BEI 1954, I, 870).

4. Hat ein Unternehmen B e t r i e b s s t ä t t e n in beiden Staaten, so kann jeder Staat nur das Vermögen besteuern, das der auf seinem Gebiet ge-

227 legenen Betriebsstätte dient, und nur die Einkünfte, die durch diese Betriebsstätte erzielt werden (Art. 4, § 3). Für die Teilung der Besteuerungszuständigkeit gelten in diesem Falle folgende Grundsätze, wobei sich die obersten Verwaltungsbehörden über weitere Begeln von Fall zu Fall oder für bestimmte Gruppen von Fällen verständigen können (§ 12, SP zu Art. 4) : a. an Stelle eines Präzipuums zugunsten des Hauptsitzes soll auf die Ergebnisse der verschiedenen Betriebsstätten ein Anteil an den allgemeinen Unkosten des Hauptsitzes angerechnet werden. Zu diesem Zwecke sollen bei der Festsetzung der Gewinne aus gewerblicher oder kaufmännischer Tätigkeit einer Betriebsstätte alle billigerweise der Betriebsstätte zurechenbaren Auslagen, mit Einschluss von Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungsunkosten, zum Abzüge zugelassen werden (§ 7, SP zu Art. 4); b. bei Versicherungsgesellschaften können Vermögen und Gewinne im Verhältnis der Prämieheinnahmen der Betriebsstätte zu den Prämieneinnahmen der Gesamtunternehmung aufgeteilt werden; bei der Aufteilung der Gewinne darf auch die Koeffizientenmethode Anwendung finden. In beiden Fällen soll jedoch die Unkostenverteilung gemäss lit. a, hievor, vorgenommen werden (§ 8, Abs. 2, SP zu Art. 4); c. Gewinnverschiebungen zwischen Hauptsitz und Betriebsstätten (§ 9, SP zu Art. 4) sind ebenso zu korrigieren wie solche zwischen rechtlich selbständigen Unternehmungen (Mutter- und Tochtergesellschaft; § 10, SP zu Art. 4).

5. Die französische Steuergesetzgebung auf dem Gebiete der Besteuerung der E i n k ü n f t e aus beweglichem K a p i t a l v e r m ö g e n hat zur Aufstellung des Artikels 6 geführt, der gegenüber dem Artikel 4 des Abkommens von 1937 verschiedene Verbesserungen bringt (vgl. BB11954, I, 371). Die getroffene Ordnung berührt die Steuerhoheit der Kantone nicht unmittelbar.

6. In Artikel 10, § l, wird die Befugnis jedes der beiden Staaten, Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen im Abzugswege an der Quelle zu besteuern, festgelegt. Nach Artikel 10, § 2, können aber die schweizerischen Quellensteuern auf solchen Einkünften von dem in Frankreich wohnhaften Einkommensempfänger unter bestimmten Voraussetzungen mit dem 5 Prozent des besteuerten Roheinkommens übersteigenden Betrag zurückgefordert werden.

Anderseits verzichtet gemäss Artikel 10, § 3,
Frankreich unter bestimmten Voraussetzungen darauf, von dem in der Schweiz wohnhaften Gläubiger von Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen Abzugssteuern von solchen Einkünften zu erheben. Vom Verfahren über die Durchführung der Entlastung von den schweizerischen und französischen Quellensteuern vom Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen ist unter Ziffer IV die Bede.

7. Die aus den Abkommen mit Deutschland, Schweden, den Niederlanden und den Vereinigten Staaten bekannte steuerliche Privilegierung der Un t er ^ halts-, Studien- und Ausbildungsgelder soll ausser den Studenten auch den Lehrlingen und Praktikanten zugute kommen (§ 3, SP zu Art. 2).

228 8. Von besonderer Bedeutung für das kantonale Steuerrecht sind die aus den Abkommen mit Schweden und den Niederlanden bekannten Klauseln über die Anwendung der Steuerprogression (Befugnis, den Steuersatz auch bei nur teilweiser Steuerpflicht nach dem Gesamtvermögen oder Gesamteinkommen zu bestimmen; § 2, SP zu Art. 2-9) und das Verbot der Erhebung von Quellensteuern auf Einkünften, die nach dem Abkommen dem andern Vertragsstaat zur ausschliesslichen Besteuerung zugewiesen sind (§ l, SP zu Art. 2-9). Zu erwähnen sind ferner die Gleichbehandlungsklausel (§ 5, SP zu Art. 1), der Vorbehalt der Vergünstigungen, auf die die Steuerpflichtigen nach Landesrecht Anspruch haben (§ 4, SP zu Art. 1), sowie die Vorschriften über die Besteuerung der «Aufenthalter» (§ 4, SP zu Art. 2).

Diese bedeuten eine Einschränkung der bisher im Abkommen von 1987 (Art. 12, Abs. 2) vorgesehenen, die Steuerhoheit des Wohnsitzstaates konkurrenzierenden Besteuerungsbefugnis des Aufenthaltsstaates, indem der der Pauschalbesteuerung zugrunde gelegte Betrag nicht nur weder die Summe übersteigen darf, welche dem fünffachen Mietwerte der Wohnstätte oder der Wohnstätten entspricht, über die der Steuerpflichtige im betreffenden Staate verfügt, noch über die Hälfte des Gesamteinkommens des Steuerpflichtigen hinausgehen darf, sondern indem -- die Pauschalsteuer nach der Dauer des tatsächlichen Aufenthaltes zu bemessen ist und nur erhoben werden darf, wenn dieser Aufenthalt wenigstens 90 Tage gedauert hat, und · -- der die Pauschalsteuer erhebende Staat damit auf jede andere Besteuerung der Einkünfte des Steuerpflichtigen verzichtet.

III. Verfahrensbestimmungen 1. Die Vorschriften über das Verständigungsverfahren (Art. 11), das von Amtes wegen oder, bei Vorliegen einer effektiven Doppelbesteuerung, auch vom betroffenen Pflichtigen (ohne Ansehen seiner Staatsangehörigkeit) eingeleitet werden kann, entsprechen denjenigen im Abkommen von 1987. Neu ist die Ordnungsvorschrift, dass der Einspruch vom Pflichtigen in der Eegel innert Jahresfrist nach Ablauf des Kalenderjahres erhoben werden soll, in dem er vom Bestehen einer Doppelbesteuerung Kenntnis erhalten hat (§2, SP zu Art. 11), und ferner die ausdrückliche Erwähnung der Möglichkeit, dem Verständigungsverfahren die mündliche Aussprache in einer aus Vertretern der obersten Verwaltungsbehörden
beider Vertragsstaaten zusammengesetzten gemischten Kommission dienstbar zu machen (Art. 11, § 8).

2. Der in Artikel 12 vorgesehene Austausch von Meldungen ist Artikel XVI des schweizerisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens nachgebildet und steht in engstem Zusammenhang mit der Aufteilung von Vermögen und Einkommen von Unternehmungen (Art. 4; vgl. Ziff. II, 8 und 4, hievor), dem Verfahren zur Entlastung von Quellensteuern vom Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen (Art. 10; vgl. Ziff. II, 6, hievor, und Ziff. IV, hienach)

229 und dem Verständigungsverfahren (Art. 11; vgl. Ziff. l, hievor). Soweit Auskünfte ausserhalb des für Quellensteuern massgebenden Verfahrens ausgetauscht werden sollen, sind die in Artikel 12, §§1 und'2, enthaltenen Kautelen und einschränkenden Voraussetzungen zu beachten (vgl. BEI 1954, I, 875/376).

Über Anstände, die sich wegen der Erteilung solcher Auskünfte zwischen einem in der Schweiz wohnhaften Steuerpflichtigen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung ergeben, entscheidet erstinstanzlich das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement (Art. 23bls des Bundesgesetzes vom 26. März 1914 über die Organisation der Bundesverwaltung [BS l, 260]; vgl. auch Bundesratsbeschluss vom 2. November 1951 über die Ausführung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den Vereinigten Staaten, Art. 27, Abs. 2; AS 1951, 1031).

IV. Das Verfahren zur Entlastung von Quellensteuern vom Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen 1. Vertragliche Grundlagen der E n t l a s t u n g a. Nach Artikel 10, §§2 und 3, DBAF hat der in einem der beiden Staaten wohnhafte Einkommensempfänger Anspruch auf Entlastung von den im anderen Staate an der Quelle erhobenen Steuern vom «Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen» (§ l, SP zu Art. 10). Die Voraussetzungen und das Ausmass des Entlastungsanspruchs sowie das Verfahren zur Geltendmachung dieses Anspruches sind verschieden, je nachdem es sich um schweizerische oder französische Quellensteuern handelt. Ähnlich wie gegenüber den in Schweden, den Niederlanden, den Vereinigten Staaten oder Österreich wohnhaften Einkommensempfängern, so hat sich die Schweiz in Artikel 10, § 2, DBAF auch gegenüber den in Frankreich wohnhaften Kapitalertragsgläubigern zur Rückerstattung des 5 Prozent des Roheinkommens übersteigenden Quellensteuerbetrages verpflichtet. Anderseits wird Frankreich nach Artikel 10, § 3, DBAF gegenüber den in der Schweiz wohnhaften Einkommensempfängern von der Erhebung seiner Quellensteuer auf Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen überhaupt absehen.

Der Anspruch auf Entlastung von den schweizerischen bzw. französischen Quellensteuern ist an die Voraussetzung geknüpft, dass der Einkommensempfänger den schweizerischen (durch Vermittlung der französischen) Steuerbehörden bzw. dem französischen Schuldner der Einkünfte eine Bescheinigung einreicht, welche die vom Steuerabzug
betroffenen Einkünfte bezeichnet und bestätigt, dass der Einkommensempfänger in Frankreich bzw. in der Schweiz Wohnsitz hat, und dass die in Rede stehenden Einkünfte und allenfalls die Titel, von denen sie herrühren, den französischen bzw. schweizerischen direkten Steuern unterliegen (Art. 10, §§ 2 und 3, DBAF).

Der Entlastungsanspruch besteht jedoch auch dann, wenn natürliche oder juristische Personen in ihrem Wohnsitzstaat aus in ihrer Person liegenden Gründen steuerfrei sind, oder wenn ihr Einkommen oder ihr Vermögen die

280 steuerfreien Beträge nicht überschreitet, sofern ihnen die Nutzung des beweglichen Kapitalvermögens im Zeitpunkte, in dem das daraus fliessende Einkommen zahlbar wird, zusteht (Art. 8, § l, der Vereinbarung; vgl. lit. b hienach).

Die Angehörigen diplomatischer oder konsularischer Vertretungen eines der beiden Staaten, die im andern Staat oder in dritten Staaten residieren und die Staatsangehörigkeit des Absendestaates besitzen, gelten bezüglich der Ansprüche aus Artikel 10, § § 2 und 3, DBAF als im Absendestaat wohnhaft, sofern sie hier zur Entrichtung direkter Steuern vom beweglichen Kapitalvermögen und dessen Ertrag, der im andern Staat einer Quellensteuer unterliegt, herangezogen werden (§ 5, ht. a, SP zu Art. 10). Internationale Organisationen, ihre Organe und Beamten sowie das Personal diplomatischer oder konsularischer Vertretungen dritter Staaten, die in einem der beiden Staaten wohnen oder residieren und hier von der Entrichtung direkter Steuern auf beweglichem Kapitalvermögen oder dessen Ertrag befreit sind, haben keinen Anspruch auf Entlastung von den im andern Staate an der Quelle erhobenen Steuern (§ 5, lit. b, SP zu Art. 10).

Die in der Gesetzgebung des steuererhebenden Staates begründeten Ansprüche auf Entlastung von den Quellensteuern bleiben vorbehalten (§7, SP zu Art. 10).

Nach § 6, SP zu Artikel 10, räumt der steuererhebende Staat den die Entlastung von der Abzugssteuer beanspruchenden Personen die nämlichen Kechtsmittel ein wie seinen eigenen Steuerpflichtigen.

b. § 4, SP zu Artikel 10, DBAF, sieht vor, dass sich die obersten Verwaltungsbehörden über das Verfahren der im Artikel 10, §§ 2 und 3, vorgesehenen Entlastung, insbesondere über die Form der erforderlichen Bescheinigungen und Anträge, über die Art der beizubringenden Ausweise sowie über die gegen die missbräuchliche Geltendmachung von Entlastungsansprüchen zu treffenden Massnahmen verständigen. Diese Verständigung ist durch die am 81. Dezember 1953 erfolgte Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Durchführung der Entlastung von den im Abzugswege an der Quelle erhobenen Steuern vom Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen erzielt worden (BEI 1954, I, 404; AS 1955, ). Die Vereinbarung ist gleichzeitig mit dem Abkommen in Kraft getreten (Art. 14 der Vereinbarung) und umschreibt in 15 Artikeln die Einzelheiten
des Verfahrens (Voraussetzungen, Verfahrenspflichten der Einkommensempfänger und der Steuerbehörden der beiden Staaten, Eechtsmittelverfahren, Massnahmen zur Verhinderung von Missbräuchen).

c. Für die Antragstellung sieht die Vereinbarung zwei besondere Formulare vor: aa. Das Formular «K-F Demande d'exonération» für die Befreiung von den französischen Quellensteuern, das von den in der Schweiz wohnhaften Empfängern französischer Einkünfte aus beweglichem Kapitalvermögen zu verwenden ist, und

231 bb. das Formular E 88 für die Eückerstattung der schweizerischen Quellensteuern, das von den in Frankreich wohnhaften Empfängern schweizerischer Einkünfte aus beweglichem Kapitalvermögen zu verwenden ist.

2. Die Entlastung von den französischen Quellensteuern a. Derzeit erhebt Frankreich eine Quellensteuer von 18 Prozent (in gewissen Fällen von 15 oder 10%) auf den Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen (taxe proportionnelle). Auf Grund von Artikel 10, § 3, DBAF verzichtet Frankreich jedoch auf die Erhebung dieser Steuer, sofern der Gläubiger dem in Frankreich wohnhaften Schuldner einen entsprechenden Antrag einreicht, auf dem bescheinigt ist, dass aa. der Einkommensempfänger seinen Wohnsitz in der Schweiz hat und bb. die vom Steuerabzug betroffenen Einkünfte und gegebenenfalls die Titel, von denen sie herrühren, den schweizerischen direkten Steuern unterliegen (Art. 10, § 3, DBAF; Art. 2, § 1; Art. 9-12 der Vereinbarung; vgl. lit. o hienach).

b. Der Antrag auf Nichterhebung der französischen Quellensteuer ist auf Formular E-F, das bei den kantonalen Steuerbehörden und bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung bezogen werden kann (Art. 10, § l, der Vereinbarung), in zweifacher Ausfertigung der für den Gläubiger, zuständigen kantonalen Steuerbehörde zu unterbreiten (Art. 10, § 2, der Vereinbarung). Auf einem Antrag sollen nur gleichartige und vom gleichen in Frankreich wohnhaften Schuldner ausgegebene Titel verzeichnet sein,(Art. 9, § 2, der Vereinbarung). Das in französischer Sprache abgefasste Antragsformular enthält auf der Eückseite die nötigen Erläuterungen in französischer und deutscher Sprache.

c. Die kantonale Steuerverwaltung nimmt die eine der beiden Ausfertigungen in Verwahrung und prüft sie spätestens im Veranlagungsverfahren auf ihre Berechtigung und Eichtigkeit. Auf der anderen Ausfertigung bestätigt sie, ein gleichlautendes Doppel zum Zwecke der Heranziehung der darin aufgeführten Erträgnisse und Titel zu den direkten schweizerischen Steuern erhalten zu haben, und gibt sie dem Antragsteller zurück (Art. 10, §3, der Vereinbarung).

Stellt sie später fest, dass die von ihr abgegebene Erklärung nicht stimmt, so hat sie dies der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitzuteilen, die ihrerseits die Generaldirektion der Steuern in Paris unterrichten wird (Art. 13, § 2, der Vereinbarung).
d. Der Einkommensempfänger hat seinem Schuldner die mit der vorerwähnten Bestätigung versehene Ausfertigung beim Bezug der steuerbaren Einkünfte einzureichen (§ 3, Abs. 2, SP zu Art. 10, DBAF; Art. 9, § l, der Vereinbarung). Der Schuldner oder dessen Zahlstelle ist alsdann verpflichtet, den gesamten Ertrag ohne Abzug der an der Quelle zu erhebenden französischen Steuer, unter Beachtung allfälliger Vorschriften über den Zahlungsverkehr, auszuzahlen (Art. 11, § l, der Vereinbarung).

282 e. Zahlt der in Prankreich wohnhafte Schuldner oder dessen Zahlstelle trotz Empfang des von der kantonalen Steuerbehörde visierten Antrages die in Eede stehenden Erträgnisse nur unter Abzug der französischen Quellensteuer aus, so kann der Gläubiger bis zum 31. Dezember des auf das Jahr der Zahlung folgenden Kalenderjahres Einsprache bei der Generaldirektion der Steuern in Paris erheben (§ 3, Abs. 2, SP zu Art. 10, DBAF; Art. 12, § l, der Vereinbarung). Diese prüft die Einsprache, holt allfällig notwendige Auskünfte und Beweismittel direkt beim Einsprecher oder bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung ein und entscheidet, ob die erhobenen Steuern zurückzuerstatten sind (Art. 12, § 2, der Vereinbarung). Der Entscheid der Generaldirektion der Steuern kann innert eines Monats beim Eat der Präfektur (Conseil de Préfecture), der für den Kapitalertragsschuldner zuständig ist, angefochten werden.

Der Entscheid dieses Eates kann seinerseits innert zwei Monaten an den Staatsrat (Conseil d'Etat), der als Eechtsmittelbehörde entscheidet, weitergezogen werden (Art. 12, § 3, der Vereinbarung).

/. Für Kapitalerträge, die zwischen dem 1. Januar 1953 und einem Zeitpunkt, der drei Monate nach dem Austausch der Eatifikationsurkunden liegt, d. h. bis zum 20. April 1955 unter Abzug der französischen Proportionaltaxe vereinnahmt werden, erfolgt die Steuerentlastung auf dem Eückerstattungswege (Art. 15, § l, der Vereinbarung). Die Eückerstattung ist auf Formular E-F, das-wie unter lit. o und c, hievor, beschrieben - auszufertigen und von der kantonalen Steuerverwaltung visieren zu lassen ist, bis zum 31. Dezember 1956 beim französischen Kapitalertragsschuldner zu beantragen. Sind die Einkünfte nicht direkt am Sitze des Schuldners bezogen worden, so hat der Einkommensempfänger seinem Antrag entweder die Abrechnung des Bankinstitutes, das den Nettobetrag ausbezahlt hat, oder ein gleichwertiges Beweismittel dieses Instituts beizulegen. Weigert sich der französische Schuldner, dem Antrag stattzugeben, so kann der Gläubiger bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres Einsprache bei der Generaldirektion der Steuern in Paris erheben. Im übrigen finden die für die Nichterhebung der Steuern massgebenden Vorschriften (Art. 9-12 der Vereinbarung) sinngemäss Anwendung (Art. 15, §§ 2 und 3, der Vereinbarung).

g. Über alle mit
dem Entlastungsverfahren zusammenhängenden Fragen gibt die Eidgenössische Steuerverwaltung in Bern Aufschluss.

3. Die E ü c k e r s t a t t u n g schweizerischer Quellensteuern Soweit eine Eückerstattung schweizerischer Quellensteuern auf Dividenden und Zinsen an französische Einkommensempfänger in Frage steht, ist das Verfahren dem im Verhältnis zu Schweden, den Niederlanden, den Vereinigten Staaten und Österreich befolgten nachgebildet. Schweizerischerseits ist an ihm ausschliesslich die Eidgenössische Steuerverwaltung beteiligt. Ihr obliegt insbesondere die Pflicht, die durch Vermittlung der französischen Steuerbehörden auf Formular E 83 eingereichten Anträge der in Frankreich wohnhaften Emp-

233 fänger schweizerischer Einkünfte aus beweglichem Kapitalvermögen auf ihre Berechtigung und Kichtigkeit zu prüfen (Art. 7, § l, der Vereinbarung). Die Eidgenössische Steuerverwaltung eröffnet das Ergebnis der Prüfung dem Antragsteller in einem Entscheid und überweist ihm bei Gutheissung des Antrages den geschuldeten Eückerstattungsbetrag unter Beachtung der im schweizerischfranzösischen Verhältnis geltenden Vorschriften über den gebundenen Zahlungsverkehr (Art. 7, §2, der Vereinbarung). Als oberste Steuerjustizbehörde entscheidet in Streitfällen das Schweizerische Bundesgericht über die Rückerstattung (Art. 7, § 4, der Vereinbarung).

B. Das Abkommen betreffend die Erbschaftssteuern (DBAF-E) I. Geltungsbereich 1. Der sachliche G e l t u n g s b e r e i c h des DBAF-E erstreckt sich auf die Nachlass- und Erbanfallsteuern der schweizerischen Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden sowie auf die von Todes wegen erhobene französische Handänderungsabgabe (Art. l, §§ 2-4), wenn der Erblasser im Zeitpunkt seines Ablebens in einem der beiden Vertragsstaaten Wohnsitz hatte, nicht aber auf die von Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden erhobenen Schenkungssteuern.

2. In persönlicher Hinsicht können sich, in Abweichung von den Erbschaftssteuerabkommen mit Deutschland, Schweden und den Niederlanden, nicht nur die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten, sondern alle Steuerpflichtigen auf das Abkommen berufen (Art. l, § 1).

3. In zeitlicher Hinsicht findet das DBAF-E auf die Nachlässe von Personen Anwendung, die am oder nach dem 20. Januar 1955 verstorben sind (Art. 6, § 1).

4. Der territoriale G e l t u n g s b e r e i c h ist französischerseits, in Übereinstimmung mit dem DBAF, auf das französische Mutterland und die überseeischen Departemente beschränkt (Art. l, § 5). Für eine allfällige Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs sind nach Art. 5 DBAF-E die gleichen Bestimmungen massgebend wie für diejenige des DBAF (vgl. Abschnitt A, Ziff. I, 4, a. E., hievor).

II. Wesentlicher Inhalt 1. Für die Abgrenzung der Besteuerungszuständigkeit enthält das Erbschaftssteuerabkommen folgende Kollisionsnormen: a. Am Orte der Belegenheit werden besteuert: -- unbewegliches Vermögen mit Einschluss der Zugehör (Art. 2, § l, Abs. 1); -- land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit Einschluss des lebenden und toten Inventars (Art. 2, § l, Abs. 1); Bundesblatt. 107. Jahrg. Bd. I.

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-- Berechtigungen, auf welche die privatrechtlichen Vorschriften über Grundstücke Anwendung finden, und Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen, mit Ausnahme der grundpfändlich gesicherten Forderungen jeder Art (Art. 2, § l, Abs. 2); -- das unbewegliche Betriebsvermögen (Art. 2, § l, in Verbindung mit § 2) ; -- bewegliche, körperliche und unkörperliche Sachen, die zu einer der Ausübung eines freien Berufes in einem der beiden Staaten gewidmeten ständigen Einrichtung gehören (Art. 2, § 8) ; -- der Hausrat, mit Einschluss der Wäsche und der Haushaltungsgegenstände, sowie Kunstgegenstände und Kunstsammlungen, sofern sie nicht nach Lemma l, hievor, oder nach lit. b, hienach, zu behandeln sind (Art. 2, § 4).

b. Bewegliche, körperliche und unkörperliche Sachen, die in einem Unternehmen des Handels, der Industrie oder des Gewerbes jeder Art angelegt sind, unterliegen den Erbschaftssteuern nur in dem Staate, in dem das Unternehmen eine B e t r i e b s s t ä t t e hat, der diese Sachen zugehören (Art. 2, § 2, Abs. 1). Dagegen werden Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Kommanditbeteiligungeri nach lit. d hienach behandelt (Art. 2, § 2, Abs. 2).

o. Schiffe und Luftfahrzeuge unterliegen den Erbschaftssteuern im Staate, in dem sie immatrikuliert sind (Art. 2, § 5).

d. Zur Besteuerung im Staate, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, werden herangezogen: -- das bewegliche Nachlassvermögen, das nicht nach lit. a-c, hievor, am Orte der Belegenheit, der Betriebsstätte oder der Immatrikulation besteuert wird (Art. 3, § 1) ; -- grundpfändlich gesicherte Forderungen jeder Art (Art. 2, § l, Abs. 2; Art. 3, § 1); -- Anlagen in Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften, französische «sociétés civiles», die der für Kapitalgesellschaften geltenden Steuerordnung unterstehen) und Kommanditeinlagen bei Kommanditgesellschaften (Art. 2, § 2, Abs. 2).

2. Für die Bestimmung des letzten Wohnsitzes verweist Artikel 3, § 2, DBAF-E, auf Artikel 2, § 2, Absatz l, DBAF; als Wohnsitz einer natürlichen Person gilt der Ort ihrer ständigen Wohnstätte, wobei dieser Ausdruck den Mittelpunkt der Lebensinteressen, d. h. den Ort bezeichnet, zu dem die engsten persönlichen Beziehungen bestehen. Für den Fall, dass ein solcher
Mittelpunkt in jedem der beiden Staaten angenommen werden könnte, werden sich die beiden Staaten auf Artikel 2, § 2, Absatz 2, DBAF berufen (SP zu Art. 3) und hiefür gegebenenfalls das Verständigungsverfahren nach Artikel 11, § 2, DBAF einleiten.

285 8. Das DBAF-E kennt keine Bestimmungen über den Schuldenabzug; hiefür bleiben mithin die internen gesetzlichen' Vorschriften der beiden Vertragsstaaten massgebend.

4. Die Klauseln über die Steuerprogression (SP zu Art. 2 und 8), den Vorbehalt besonderer Vergünstigungen (§ 4, SP zu Art. 1), die Gleichb e h a n d l u n g (§ 5, SP zu Art. 1), das V e r s t ä n d i g u n g s v e r f a h r e n und den A u s t a u s c h von A u s k ü n f t e n (Art. 4) stimmen mit den analogen Bestimmungen im DBAF überein. Überdies behält § 8, SP zu Artikel l weitergehende völkerrechtliche Privilegien vor, die den diplomatischen und konsularischen Beamten im Empfangsstaate zukommen können.

Wir benützen auch diesen Anlass, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Bern, den 28. Januar 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, 1879

Der

Bundespräsident: ·Max Petitpierre

Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an die Regierungen der Kantone betreffend die Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich (Vom 28. Januar 1955)

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1955

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06

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10.02.1955

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221-235

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