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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton St. Gallen für die Verlegung der Saarmündung rheinabwärts bei Trübbach in der Gemeinde Wartau (Vom 14. April 1955)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit Schreiben vom 30. Oktober 1953 hat der Regierungsrat des Kantons St. Gallen dem Eidgenössischen Departement des Innern das Gesuch um Bewilligung eines Bundesbeitrages von 50 Prozent an die auf 3 243 000 Franken veranschlagten Kosten der Verlegung der Saarmündung bei Trübbach in der Gemeinde Wartau eingereicht. Das von der Rheinbauleitung Korschach ausgearbeitete Projekt für diese Gewässerkorrektion ist dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat direkt zur technischen Prüfung zugestellt worden.

Wir beehren uns, wie folgt über die Projektvorlage zu berichten.

A. Allgemeines

Der Hauptzweck der Verlegung der Saarmündung besteht darin, die Saarebene bei Sargans vor Überschwemmungen zu schützen. Die Saar weist in der Mündungsstrecke nur ein sehr kleines Gefalle auf ; führt der Rhein Hochwasser, so wird die Saar zurückgestaut, und es kommt sogar vor, dass sich vom Ehein Wasser in die Saar ergiesst. Durch einen solchen Bückstau wurden anlässlich der katastrophalen Rheinhochwasser vom 25. September 1927 ein grosses Gebiet vom Wasser überflutet, über 200 ha Landes mit Schlamm bedeckt und die Geleise des Bahnhofes Sargans unter Wasser gesetzt. Ausserdem haben zahlreiche Wohn- und Ökonomiegebäude Schaden genommen. Ähnliche Folgen

649 hatte neuerdings das Katastrophenhochwasser vom 22. August 1954. Der Kanton berechnet den durch dieses Hochwasser verursachten Schaden auf 200 000 Franken, worin die zahlenmässig nicht erfassbaren Notarbeiten nicht inbegriffen sind.

Die Bemühungen der obern Gemeinden des Sarganser Landes, vom Kanton Hilfe bei der Behebung dieser Übelstände zu erhalten, gehen bis auf das Jahr 1829 zurück. Schon damals sah man ein, dass an diesen nicht die Saar und ihre Zuflüsse, sondern vielmehr der Vorfluter dieses Gewässers, der Ehein, die Hauptschuld trägt; dieser Erkenntnis entsprechend wurden schon vor mehr als 100 Jahren drei Lösungen erwogen, nämlich die Ableitung der Saar nach dem Walensee, die Ableitung in den Werdenberger Binnenkanal und schliesslich die Verlegung der Mündung der Saar rheinabwärts.

Die sicherste Massnahme zur Verbesserung der Verhältnisse in der Saarebene würde in einer Absenkung der Sohle und damit des Hochwasserspiegels des Bheines bestehen ; um das Zurückf liessen von Wasser aus dem hochgehenden Bhein in den Seitenbach zu verhindern, müsste diese Absenkung aber mindestens 2 m betragen. Durch Verbauung der Wildbäche im Einzugsgebiet des Bheines und durch Dauerbaggerungen im Bhein sucht man in diesem Sinne zu wirken.

Doch zeigen Flussauf nahmen, dass nur geringe Aussicht besteht, das zu hohe Flussbett auf die einstige tiefere Lage abzusenken. Eine Voraussage über die künftige Entwicklung ist schwierig, da der Erfolg der Wildbachverbauungen und die Geschiebeführung des Bheines weitgehend von den Witterungsverhältnissen abhängen. Im Hinblick auf diese Ungewissheit und die Notwendigkeit der baldigen Behebung der heutigen Übelstände muss daher nach einer andern Lösung gesucht werden. Die schon früher erwogene Ableitung der Saar nach dem Walensee oder nach dem Werdenberger Binnenkanal kommt schon allein der hohen Kosten wegen nicht in Betracht.

Während des zweiten Weltkrieges, als im ganzen Lande grosse Anstrengungen zur Gewinnung neuen Kulturlandes unternommen wurden, ist auch das Problem der Saarebene in ein neues Stadium getreten. Vom Kanton wurde ein grosszügiges Gesamtprojekt ausgearbeitet, nach welchem die durch das Bheinhochwasser verursachten Überschwemmungen mittels Verlegung der Saarmündung künftig verhindert und gleichzeitig die Saarebene in wertvolles Ackerland übergeführt
werden sollten. Die Kosten wurden damals auf 10 592 000 Franken veranschlagt, wovon die kulturtechnischen Arbeiten 5 770 000 Franken, der Ausbau der Vorfluter im Meliorationsgebiet der Saarebene 2 098 000 Franken und die Verlegung der Saarmündung 2 724 000 Franken ausmachten. Dieses Projekt wurde vom Begierungsrat des Kantons St. Gallen mit Eingabe vom 28. Dezember 1945 beim Bunde zur Subventionierung angemeldet. In der Folge wurde dann das kulturtechnische Meliorationsprojekt zurückgestellt und nur noch das flussbauliche Projekt der Verlegung der Saarmündung weiter verfolgt.

Die schon erwähnte Hochwasserkatastrophe vom August 1954 hat erneut auf die Gefahren des heutigen Zustandes aufmerksam gemacht und so das Be-

650 dürfnis nach einer Behebung der Übelstände bestätigt. Die eingangs erwähnte Subventionsvorlage hat lediglich diese Gewässerverlegung und die damit zusammenhängenden notwendigen Nebenarbeiten zum Gegenstand.

B. Das Korrektionsprojekt Das vorliegende Projekt ist das Ergebnis umfangreicher Studien und ist im wesentlichen von der Bheinbauleitung in enger Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat aufgestellt worden; hinsichtlich seiner technischen Einzelheiten kann auf den Bericht der Bheinbauleitung in Borschach vom Oktober 1953 verwiesen werden. Im folgenden wird das Projekt nur in seinen grossen Zügen beschrieben.

1. Hauptbestandteile des Projektes a. Ableitungskanal für die Verlegung der S a a r m ü n d u n g Der Kanal, mit dem die Saarmündung um 2,45 km flussabwärts verlegt wird, zweigt etwa 300 m oberhalb der heutigen Mündung vom bestehenden Bachbett der Saar ab; er unterfährt in einem Durchlass aus Eisenbeton den Trübbach, wendet sich dann in schlanker S-Kurve gegen den Bheindamm, kreuzt die Zufahrtsstrasse zur Bheinbrücke und verläuft von hier an auf etwa 2,2 km, d. h. bis zur neuen Mündung, ungefähr parallel zum Bhein, wobei der Abstand der Kanalachse von der wasserseitigen Bheindammkante rund 45 m beträgt. Die Kanalsohle kommt bei der Abzweigungsstelle l m tiefer zu liegen als die bestehende Saarsohle, behält sozusagen auf der ganzen Korrektionslänge ein einheitliches Gefalle von 0,7 Promille bei und geht bei der Mündung in den Bhein ungefähr 1,40 m über der abgeglichenen mittleren Bheinsohle in die Böschung des dortigen Bheindammes über. In ihrem oberen Teil befindet sich die Bachsohle auf einer Länge von 1,8 km im Geländeeinschnitt, während sie auf den untern 900 m bis 2 m über Terrain verläuft. Für diese Disposition des Längenprofils des Ableitungskanals war nicht nur die Forderung der für eine allfällig spätere Melioration der Sarganser Ebene notwendigen Vorflutbeschaffung massgebend, sondern auch die Bücksichtnahme auf die Unterführung der Saar unter dem Trübbach, dessen Längenprofil schon wegen der Brücke der Bahnlinie nicht gehoben werden kann. Das trapezförmige Normalprofil des neuen Kanals wurde für eine Hochwassermenge von 65 m3 pro Sekunde bemessen, was einer spezifischen Abflussmenge von 1,16 m3 pro Sekunde und km2 entspricht. Es ergab sich so bei ll/2 füssigen
Böschungen eine Sohlenbreite von 7,60 m. Der Hochwasserspiegel des Kanals liegt auf der Parallelstrecke durchwegs über dem Talboden, was eine besonders sorgfältige Projektierung und Ausführung der Dämme und der Sohle erfordert.

Nach der Erstellung dieses Ableitungskanals kann die bisher noch offene Lücke im Bheindamm bei Trübbach, soweit sie für die Ausmündung der Saar

651 notwendig war, geschlossen werden. Damit wird der Hauptzweck des Werkes erreicht sein, nämlich die Saarebene vom Eheinhochwasser unabhängig zu machen.

b. Unibau der M ü n d u n g s s t r e c k e des Trübbaches Durch diesen Umbau soll die Aufschotterung des Trübbachbettes verhindert werden, und awar vor allem im Bereiche der Bisenbahnbrücke, die den Trübbach nur rund 1,50 m über der mittleren Bachsohle überquert. Dieses Ziel wird dadurch zu erreichen gesucht, dass an Stelle der von der Ortsgemeinde und den Bundesbahnen behelfsmässig erstellten Mittelwasserrinne eine vollständig gepflasterte Schale als Bestandteil eines zusammengesetzten Normalprofiles tritt. Die dieser Schale zugrunde gelegte Hochwassermenge entspricht jener, die bei der Verbauung des Trübbaches massgebend war und beträgt 34,8 m3 pro Sekunde oder 4,26 m3 pro Sekunde und Quadratkilometer. Auch ist vorgesehen, das Ende der zu korrigierenden Mündungsstrecke des Trübbaches derart umzugestalten, dass nicht nur ein Stau dieses Baches durch den Ehein möglichst vermieden wird, sondern dass auch die Strömung des Eheins selbst der Geschiebeentlastung im Trübbach auf dem untersten Korrektionsabschnitt dienstbar gemacht wird.

c. Geschiebesammler für den T r ü b b a c h im « U n t e r n G u f a l o n » Durch einen Ausbruch des Trübbaches an der Wurzel seines Schuttkegels würden die SBB-Linie und der unter a hiervor beschriebene Ableitungskanal ernsthaft gefährdet. Die Gefahr ist zwar dank der noch im Gang befindlichen Verbauung dieses für die Eheinkorrektion besonders wichtigen Wildbaches und seiner Zuflüsse weitgehend vermindert worden. Von den seit dem Jahre 1894 für dieses Verbauungswerk zur Verfügung gestellten Baukrediten im Gesamtbetrag von l 358 000 Franken sind bis heute rund l 206 000 Franken in Anspruch genommen worden. Um jedoch alle Eisiken auszuschalten, sieht das vorliegende Projekt im sogenannten «Untern Gufalon» noch die Erstellung eines Geschiebesammlers vor, in welchem allfällige Murgänge zurückgehalten würden.

d. K u n s t b a u t e n Als eigentliche Kunstbauten im Zusammenhang mit den unter a-c erwähnten Werken sind zu nennen : drei neue Brücken über den Ableitungskanal, der 53,5 m lange Eisenbetondurchlass der Saar unter dem Trübbach, das neue Mündungsbauwerk des Ableitungskanals und endlich der Umbau der bestehenden
Mündung des Trübbaches.

Die definitiven Bauprojekte für diese Kunstbauten müssen noch durch die Eheinbauleitung im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat bereinigt werden. Dabei ist das Augenmerk besonders darauf zu richten, dass der Hochwasserschutz der linksufrigen Eheinebene unterhalb Trübbach in allen Eventualitäten gewährleistet bleibt.

652 2. Kosten des projektierten Werkes (Preisgrundlage 1953) I. Landerwerb, Ertragsausfallentschädigungen, Inkonvenienzen rr II. Bauarbeiten: · a. Ableitungskanal (ohne Kunstbauten) l 552 480 b. Parallehvege . . '.· -15 570 c. Kunstbauten etc. (Übergangsstrecken im Kanal, Durchlass unter dem Trübbach (Fr. 478000), Brücken, Mündungsbauwerk des Ableitungskanals etc.)

783 635 ä. Umbau der Mündungsstrecke des Trübbaches .

231 076 e. Umsatzsteuer 60 000 /. Unvorhergesehenes 269 239

Fr 111000

2912000 III. Projekt und Bauleitung (inklusive Vermarkung und Vermessung)

220000 . Total 3 243 000

C. Bestimmung des Subventionssatzes Das eingangs erwähnte Gesuch des Kantons St. Gallen geht dahin, der Bund möge einen Beitrag von 50 Prozent 'gewähren. Hierzu ist folgendes zu bemerken.

1. Die Finanzlage des Kantons und der Gemeinden In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass nach Artikel 9 . des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei vom 22. Juni 1877 die vom Bund zu leistenden Beiträge in der Begel 40 Prozent der wirklichen Kosten nicht übersteigen sollen. Ausnahmsweise können sie, wenn die Kräfte der Kantone nicht ausreichen und ein namhaftes öffentliches Interesse in Frage steht, bis auf die Hälfte der Kostensumme erhöht werden. Nach der für die Jahre 1955-1958 geltenden Finanzordnung sind diese maximalen Ansätze um 40 Prozent, mindestens aber um 25 Prozent zu kürzen. Immerhin können auch während der Gültigkeitsdauer der Finanzordnung diese gesetzlichen Höchstansätze für jene Bauten ungekürzt ausgerichtet werden, die unter den «Bundesbeschluss über die Bundesbeiträge an die Kosten von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten sowie von schwer finanzierbaren Gewässerverbauungen und -korrektionen» vom I.Februar 1952 fallen.

Die Voraussetzung einer Unwetterkatastrophe trifft hier im Sinne des genannten Bundesbeschlusses nicht zu ; es ist daher nur zu prüfen, ob das zu subventionierende Werk als eine schwer finanzierbare Gewässerkorrektion bezeichnet werden kann.

653 Zur Beurteilung dieser Frage ist zunächst die Finanzkraft des Kantons in Betracht zu ziehen. Gemessen an der Wehrsteuerkopfquote der V I.Periode vom Jahre 1951 sind elf Kantone schlechter gestellt als der Kanton St.Gallen, dessen Kopfquote mit 39,10 Franken unter dem schweizerischen Gesamtmittel von 59,50 Franken steht. Von der Eidgenössischen Steuerverwaltung wird die Finanzlage und die Steuerkraft der Kantone unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Punkten bewertet ; der Kanton mit bester Finanzlage erhielt im Jahre 1952 12 Punkte, jener mit schlechtester Finanzlage dagegen 34 Punkte. Mit 18 Punkten ist der Kanton St. Gallen eher zu den finanziell starken Kantonen zu zählen. Auch nach dieser Skala stehen elf Kantone . hinter dem Kanton St. Gallen.

Die vom St. Galler Volk im Jahre 1946 angenommene Gesamtvorlage über die Melioration der Saarebene mit einem Kostenvoranschlag von 10 592 000 Franken sah einen kantonalen Beitrag von 25 Prozent vor. Nachdem nun, wie unter A hievor erwähnt, vorläufig nur die Verlegung der Saarmündung durchgeführt werden soll, beabsichtigt der Eegierungsrat, dem Grossen Bat zu beantragen, an dieses auf 3 243 000 Franken veranschlagte Projekt neben dem ordentlichen kantonalen Höchstbeitrag von 25 Prozent noch einen zusätzlichen Beitrag von 10 Prozent zu bewilligen, so dass sich die Gesamtleistung des Kantons auf 35 Prozent erhöhen wird, den höchsten im Kanton St. Gallen je gewährten Beitrag.

Zur Charakterisierung der finanziellen Lage der an der Verlegung der Saarmündung interessierten Gemeinden mögen folgende, der Eingabe des Kantons entnommenen Zahlen dienen: (Einwohnerzahl, überschwemmte Fläche, Wehrsteuerkopfquote der an der Verlegung der Saarmündung interessierten Gemeinden.)

Gemeinde

·pinwnhnorjnhi Einwohnerzahl

Vilters Mels Sargans Wartau Bad Bagaz

2205 5387 2075 3316 2584

laou

Total Kanton St. Gallen. . .

Schweiz

Überschwemmte Fläche anlässlich des EheinhochWassers vom 25. 9. 27 ha %

-- 48 360 14 -- 422

'

-- 11,4 85,3 3,3 -- 100,0

Wehratcuerquote 1950 Fr./Kopf

6,90 11,40 22,75 14,95 24,25 38,50 58,05

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass die Gemeinden Vilters und Mels wohl als finanzschwach zu betrachten sind, nicht aber die Gemeinde Sargans, auf die 85,3 Prozent der 1927 überschwemmten Fläche entfallen.

654 In der kantonalen Eingabe wird noch darauf hingewiesen, dass die Landwirtschaft im Sarganser Land kleinbäuerliche Betriebe aufweise und dass die Gemeinden Vilters und Mels auf bedeutende finanzielle Unterstützung durch den Kanton- angewiesen seien. Auch wird erwähnt, dass die Bezirke Sargans und Werdenberg wenig und einseitig industrialisiert und sehr krisenempfindlich sind.

2. Die besonderen hydrologischen Verhältnisse der Saarebene

Neben der Finanzlage der interessierten Gemeinden werden vom Kanton noch folgende Gründe angeführt, die für eine erhöhte Subvention sprechen: a. Die Notwendigkeit der Verlegung der Saarmündung liegt primär nicht an diesem Gewässer selbst, da dessen Abflussvermögen an sich genügen würde, sondern an der hohen Lage des Eheines, der 'bei Hochwasser nicht nur das Wasser der Saar zurückstaut, sondern von dem aus sogar Wasser rückwärts in den Seitenbach fliesst. Da an eine Änderung des Eheinbettes, die die Übelstände an der Saar beheben würde, wie eingangs erwähnt, nicht zu denken ist, muss das Seitengewässer dem Vorfluter angepasst werden. Die Saarkorrektion wird so zu einem Teilproblem des Eheines. Die auf Grund verschiedener Bundesbeschlüsse an die Verstärkung und Erhöhung der Eheindämme im oberen St. Galler Eheintale seit 1862 gewährten Bundessubventionen bewegten sich zwischen SSVa und 45 Prozent.

b. In einer ergänzenden Eingabe vom 31. August 1954macht der Eegierungsrat des Kantons St. Gallen noch gelte'nd, dass der Saarableitungskanal die Vollendung eines Teilstückes der durch die st. gallische Eheinkorrektion verursachten Binnengewässerkorrektion sei; er beruft sich darauf, dass der Bund im Jahre 1893 den unterrheintalischen Binnengewässerkanal von oberhalb Sennwald bis Bruggerhorn mit 50 Prozent subventioniert habe. Hierzu ist zu sagen, dass dieser letztgenannte Kanal als Voraussetzung der beiden Eheindurchstiche einen integrierenden Bestandteil der internationalen Eheinregulierung gebildet hatte. Das ist beim vorgesehenen Saarkanal jedoch nicht der Fall.

Er ist auch nicht etwa eine Folge der internationalen Eheinregulierung, da diese im Gegenteil eine starke Sohlensenkung erwarten liess, die bei völligem Gelingen die Verlegung der Saarmündung sogar überflüssig gemacht hätte.

Diese Erwartung hat sich dann allerdings nicht erfüllt, so dass der Kanton und die Gemeinden nunmehr der Saarkorrektion nähertreten müssen. Für den Bund ergibt sich daraus aber nicht, dass er dem Saarkanal die gleiche Unterstützung angedeihen lassen müsste wie dem seinerzeit im Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz vereinbarten unterrheintalischen Kanal. Der Saarkanal ist als Verbauung ausserhalb der internationalen Strecke zu betrachten wie der in den achtziger Jahren erstellte Werdenberger Binnenkanal. Auf
den heutigen Preisstand umgerechnet, wies dieser ungefähr die gleiche Kostengrösse auf wie der Saarkanal. Vom Bund ist er mit 331/3 Prozent subventioniert worden.

655 3. Die Lasten des Kantons St.Gallen und insbesondere des Rlieintales aus Gewässerkorrektionen Der Begierungsrat von St. Gallen begründet das Begehren auf 50 Prozent Bundesbeitrag auch noch mit den schweren Lasten, die der Kanton und die Eheintalgemeinden für Gewässerverbauungen zu tragen haben. Er macht dabei folgendes geltend: - Die Beiträge, welche das Saargebiet früher für den Bheinperimeter zu leisten hatte, seien während vieler Jahrzehnte drückend gewesen.

- Die seit 1862 gemachten Aufwendungen für die Bheinkorrektion und die damit zusammenhängenden Binnenkanäle seien ausserordentlich hoch. Die Leistungen des Kantons St.Gallen für die internationale Bheinregulierung Illmündung-Bodensee, für die st. gallische Bheinkorrektion oberhalb der 111- .

mündung (Dammerhöhungen und Unterhalt), für den Unterhalt des rheintalischen Binnenkanals und des Werdenberger Binnenkanales hätten in den Jahren 1948-1952 rund 4 Millionen Franken betragen.

- Den bisherigen ausserordentlichen Aufwendungen des Kantons St.Gallen und der beteiligten Gegend für ein einziges Gewässer, nämlich für den Bhein, ständen nicht die geringsten Wasserrechtsabgaben gegenüber, während der oberliegende Kanton Graubünden (inklusive Gemeinden) einerseits und vor allem die unterliegenden Kantone Schaffhausen, Zürich, Aargau und Baselland anderseits, im Jahre 1952 allein Wasserrechtsabgaben im Gesamtbetrag von 2 342 000 Franken bezogen hätten.

- An den gegenwärtig laufenden, vom Grossen Bat genehmigten Gewässerkorrektionen und -verbauungen sei der Kanton bei einer Kostenvoranschlagssumme von insgesamt 11 454 250 Franken mit Beiträgen von normalerweise 15-35 Prozent, nämlich mit einer gesamten Beitragssumme von 3 247 930 Franken belastet.

-- Endlich weist der Kanton darauf hin, dass keine Talschaft in unserem Lande heute noch trotz der Verbauungen von einer derart ausserordentlichen Hochwassergefahr bedroht sei wie das st. gallische Bheintal durch die Wildwasser des Bheins.

Der Hinweis des Kantons auf die grossen Aufwendungen für die Bheinkorrektion oberhalb des Bodensees findet seine Bestätigung in der nachfolgenden Tabelle des Eidgenössischen Oberbauinspektorates :

656

Gegenstand

Summe der Kostenvoranschläge

bewilligt

ausbezahlt

Aufwendungen bis Ende Nov. 1954

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

1. St. Gallische Rheinkorrektion oberhalb des Bodensees, ohne Internationale Rheinregulierung gemäss Ziffer 2 hiernach, seit 1862 25 398 827

Bundes oeiträge

9 097 523

8 716 275 24 127 960

2. Internationale Rheinregulierung gemäss den Staatsverträgen mitÖsterreich von 1892,1924 und 1954 (schweizerische Kostenhälfte). . . 44 603 OOO1) 36 598 950

1 25 888 318 31 307 817 )

3. Binnenkanäle, inkl. Ausbau des Rinnsales im alten Rhein bei Rheineck, seit 1882 . . 9 089 000 Total 79 090 827

4 302 500 8 123 467 38 907 093 63 559 244

5 089 000 50 785 473

1

) Ohne Zuweisungen aus dem Reservefonds.

Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich ist, hat sich der Bund in wesentlichem Masse an der Deckung dieser hohen Aufwendungen beteiligt.

Es handelt sich beim st. gallischen Eheintal um eine mit Flusskorrektionen schwer belastete und stark bedrohte Talschaft unseres Land,es von relativ grosser Bevölkerungsdichte. Die Überschwemmungen vom 22. August. 1954 haben ähnlich wie jene vom Jahre 1927 zahlreiche Häuser metertief unter Wasser gesetzt. Das Vieh musste evakuiert und Wohnungen mussten verlassen werden. Der Bheinschlamm drang kilometerweit landeinwärts und überflutete Wiesen und Felder. Dabei wurde auch die Staatsstrasse Trübbach-Sargans, weil ebenfalls metertief unter Wasser gesetzt, unpassierbar, während die dortige internationale SBB-Linie nur mit der grössten Vorsicht auf einer einige Dezimeter unter Wasser stehenden Geleiseanlage befahren werden konnte. Nach . diesem Hochwasser wird man nun nicht mehr darum herumkommen, an die Lösung des schon seit Jahrzehnten als dringlich bezeichneten Problems der Saarverlegung heranzutreten mit dem Endziel, sowohl in der Sarganser Ebene als auch im Bereiche der verlegten Saar unterhalb Trübbach einen umfassenden Hochwasserschutz sicherzustellen.

Es besteht kein Zweifel darüber, dass die Beseitigung des beschriebenen Übelstandes im Sinne des eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetzes im öffentlichen Interesse liegt.

Zusammenfassend kommen wir zum Schluss, dass für die Bemessung des Bundesbeitrages an eine Gewässerkorrektion vor allem die Finanzlage des gesuchstellenden Kantons massgeblich ist. Der Satz von 50 Prozent darf aus-

657 nahmsweise nur gewährt werden, wenn die Kräfte des Kantons nicht ausreichen, um ein Werk zu verwirklichen, und davon kann hier nicht die Eede sein. Wenn wir von 40 Prozent ausgehen, so kommen wir den Erwartungen des Kantons sehr weit entgegen, weil wir diesen Ansatz auch für technisch schwierigere Unternehmen im Gebirge nicht überschreiten können, wenn die finanzielle Tragweite die Kräfte des Kantons nicht übersteigt. Wenn wir schliesslich auch von einer Kürzung dieses Beitrages nach der Finanzordnung absehen und damit die Verlegung der Saarmündung als schwer finanzierbares Unternehmen im Sinne des Bundesbeschlusses vom I.Februar 1952 behandeln, so liegt hierin eine weitere Konzession an den Kanton St. Gallen. Damit haben wir den geltend gemachten Schwierigkeiten so weit Eechnung getragen, als das rechtlich möglich und gerechtfertigt ist.

Auf Grund dieser Darlegungen erlauben wir uns, Ihnen den beiliegenden Entwurf für einen Bundesbeschluss zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r n , den 14. April 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Vizepräsident: Feldmann Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Bundesblatt. 107.Jahrg. Bd. 1.

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658 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton St. Gallen für die Verlegung der Saarmündung rheinabwärts bei Trübbach in der Gemeinde Wartau

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 betreffend die Wasserbaupolizei, des Bundesbeschlusses vom I.Februar 1952 über die Bundesbeiträge an die Kosten von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten sowie von schwer finanzierbaren Gewässerverbauungen und -korrektionen, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. April 1955, beschliesst: Art. l Dem Kanton St. Gallen wird für die Verlegung der Saarmündung bei Trübbach, Gemeinde Wartau, ein Bundesbeitrag von 40 Prozent der wirklichen Kosten zugesichert bis zum Maximum von l 297 200 Franken als 40 Prozent des genehmigten Kostenvoranschlages von insgesamt 8 243 000 Franken.

Art. 2 Die Auszahlung des Beitrages erfolgt nach Massgabe der dem Bundesrate zur Verfügung stehenden Mittel und im Verhältnis des Fortschreitens der Bauarbeiten gemäss den von der Kantonsregierung eingesandten und vom Eidgenössischen Oberbauinspektorat geprüften Kostenausweisen.

Art. 3 Bei der Berechnung der Bundessubvention werden berücksichtigt: die eigentlichen Baukosten, einschliesslich der Enteignungen und der unmittelbaren

659 Bauaufsicht, die Kosten dès Ausführungsprojektes, ferner die Aufnahme des Perimeters. Dagegen sind nicht in Anschlag zu bringen die Kosten irgendwelcher "Vorverhandlungen, der Tätigkeit von Behörden, Kommissionen und Bearntungen (von den Kantonen laut Artikel 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht die Kosten der Geldbeschaffung und die Verzinsung.

Art. 4 Dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat sind vor der Inangriffnahme der Arbeiten die Bauprogramme mit, den ausführlichen Bauprojekten und Kostenvoranschlägen einschliesslich der detaillierten Ausführungsprojekte für die Anpassungsarbeiten an die Bauten des Bundes und der Bundesbetriebe, mit den Vereinbarungen über die Kostenteilung, zur Genehmigung einzureichen.

Bei der Aufstellung der Bauprogramme und der Anordnung der Arbeiten ist, soweit mit der Dringlichkeit der Bauten vereinbar, die Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen.

Ohne Bewilligung ausgeführte Arbeiten können von der Subventionierung ausgeschlossen werden.

Art. 5 Die planmässige Ausführung wird vom Eidgenössischen Oberbauinspektorat überwacht. Die Kantonsregierung wird zu diesem Zwecke den Beamten dieser Amtsstelle die nötige Auskunft und Hilfeleistung zuteil werden lassen.

Art. 6 Der Kanton sorgt unter der Oberaufsicht des Eidgenössischen Oberbauinspektorates für den Unterhalt der subventionierten Bauten.

Fertiggestellte Teilarbeiten sind abzurechnen. Spätere Ausgaben für solche Bauten gehen zu Lasten des Unterhaltes.

Art. 7 Der Kanton St. Gallen verpflichtet sich, die nachstehenden forstlichen und fischererwirtschaftlichen Bedingungen zu erfüllen: I. Porstwesen: Für die dem Kanalbau zum Opfer fallenden Waldungen und Bestände ist Ersatz zu leisten.

II. Fischerei: a. Der Fischaufstieg aus dem Ehein ins Saargebiet soll bei jedem Wasserstand gewährleistet sein.

b. Die Ausführung dieser Bedingung hat im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den eidgenössischen und kantonalen Bau- und Fischereiämtern zu erfolgen.

660

Art. 8 a. Die Anlagen des Bundes und seiner Betriebe, einschliesslich der Schweizerischen Bundesbahnen, dürfen höchstens so weit in den Perimeter der Korrektion einbezogen und nur so hoch belastet werden, als dies auch für anderes in der gleichen Gefahrenzone befindliches Eigentum geschieht.

b. Die Auszahlung des Bundesbeitrages hat die Bereinigung der Perimeterbelastung des Bundes und seiner Betriebe, einschliesslich der Schweizerischen Bundesbahnen, im Sinne von Abschnitt a hiervor, zur Voraussetzung.

Art. 9 Dem Kanton St. Gallen wird eine Frist von einem Jahr gewährt, um sich darüber zu erklären, ob er den vorstehenden Bundesbeschluss annimmt.

Der Bundesbeschluss fällt dahin, wenn dessen Annahme nicht innert dieser Frist erfolgt.

Art. 10 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

2047

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