zu 08.053 Zusatzbotschaft zur Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (Förderung der Wirtschaft und des Wachstums) vom 23. Juni 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen die Zusatzbotschaft zur Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (Förderung der Wirtschaft und des Wachstums) und beantragen Ihnen ­

dem Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Vereinfachung der Mehrwertsteuer

­

dem Entwurf einer Revision des Mehrwertsteuergesetzes zur Förderung der Wirtschaft und des Wachstums

zuzustimmen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2003 P

02.3663

Mehrwertsteuer. Reduzierter Satz für die elektronische Information im Wissenschaftsbereich (S 5.3.03, Berger)

2006 M 05.3465

Befristung der Ausnahmen von der Mehrwertsteuer auf fünf Jahre (S 5.10.05, WAK-SR; N 8.3.06)

2006 M 05.3466

Vereinfachung der Mehrwertsteuer und Vereinheitlichung der Sätze (S 5.10.05, WAK-SR; N 8.3.06)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Juni 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-0799

5397

Übersicht Die vorliegende Zusatzbotschaft zur Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer schafft die nötigen aktuellen Grundlagen, um die Mehrwertsteuer in einem zweiten Reformschritt nachhaltig zu vereinfachen. Die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes sieht einen einheitlichen Steuersatz sowie die Aufhebung zahlreicher Steuerausnahmen vor.

Ausgangslage Mit der Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (MWST) vom 25. Juni 2008 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament zwei alternative Gesetzesentwürfe zur Totalrevision der MWST. Das Parlament beschloss, den politisch weniger umstrittenen Teil A der Reform vorzuziehen. Am 12. Juni 2009 wurde das totalrevidierte Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) vom Parlament verabschiedet und es trat am 1. Januar 2010 in Kraft. Die vorliegende Zusatzbotschaft beschränkt sich auf die über Teil A hinausgehenden Änderungen aus Teil B und kleidet diese in die Form einer Teilrevision des neuen MWSTG. Sie berücksichtigt die von Volk und Ständen beschlossene Erhöhung der MWST-Sätze ab 2011 wie auch in der Zwischenzeit zusätzlich gewonnene Erkenntnisse und enthält aktuelleres Zahlenmaterial.

Inhalt Indem die heutigen drei unterschiedlichen Steuersätze durch einen Einheitssatz von 6,2 Prozent ersetzt und 21 der heutigen 29 Steuerausnahmen aufgehoben werden, kann die MWST gründlich und nachhaltig vereinfacht werden, was Volkswirtschaft und Wohlstand in der Schweiz stärkt. Aufgrund der aktuelleren Zahlen ist der aufkommensneutrale Einheitssatz gegenüber Teil B der Botschaft 2008 um 0,1 Prozentpunkte höher und beträgt nun gerundete 6,1 Prozent; ergänzt um 0,1 Prozentpunkte zur Finanzierung des sozialpolitischen Korrektivs kommt er auf 6,2 Prozent zu liegen. Ausnahmen bleiben bloss bestehen, wo der administrative Aufwand entweder in keinem Verhältnis zum Ertrag steht (Urproduktion), wo eine korrekte Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage technisch nicht machbar ist (Finanz- und Versicherungsbranche), zur Verhinderung von Doppelbesteuerungen (Lotterien und Glücksspiele) oder aus steuersystematischen Gründen (Immobilien, Gemeinwesen).

Die vorgesehene Vereinheitlichung der verschiedenen Steuersätze erfordert eine entsprechende Änderung von Artikel 130 der Bundesverfassung.

Auswirkungen Diese Teilrevision hat deutlich positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum.
Langfristig ergibt sich ein geschätzter Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,3 bis 0,8 Prozent. Auf der Basis der BIP-Werte des Jahres 2008 entspricht dies einem zusätzlichen BIP von 1,6 bis 4,3 Milliarden Franken. Dies wirkt sich auch spürbar positiv auf die real verfügbaren Einkommen der Haushalte aus, wo langfristig mit einem zusätzlichen Wachstum von 0,1 bis 0,7 Prozent zu rechnen ist. Über alle Haushalte entspricht dies einer Zunahme von 0,4 bis 2,5 Milliarden Franken.

5398

Kurzfristig führt die vorgesehene Reform zu einer geringfügigen finanziellen Zusatzbelastung für die Haushalte in wirtschaftlich guten bis sehr guten Verhältnissen. Haushalte in bescheideneren wirtschaftlichen Verhältnissen hingegen werden dank der direkten finanziellen Unterstützung durch das vorgesehene sozialpolitische Korrektiv entlastet und erfahren auch kurzfristig keinerlei Mehrbelastung.

Die Reform verbreitert die Bemessungsgrundlage der MWST, was zu zusätzlichen steuerpflichtigen Personen führt. Dennoch sinken die administrativen Kosten der Wirtschaft insgesamt um durchschnittlich 11 Prozent. Für die bereits bisher steuerpflichtigen Personen betragen diese realisierbaren administrativen Einsparungen gar zwischen 15 und 18 Prozent. Im Unterschied zu Teil A ist auch für die Eidgenössische Steuerverwaltung eine deutliche Abnahme des Erhebungsaufwandes zu erwarten.

5399

Inhaltsverzeichnis Übersicht

5398

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Problemstellung 1.3 Die beantragte Neuregelung 1.3.1 Anforderungen an eine ideal ausgestaltete MWST 1.3.2 Ziele der Reform 1.3.3 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.3.4 Vorgeschlagene Gesetzesänderungen 1.3.5 Weitere geforderte Gesetzesänderungen 1.3.6 Alternative zu Satzdifferenzierungen und Steuerausnahmen 1.4 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung/Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.5 Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht 1.5.1 OECD-Länder 1.5.2 Europäische Union 1.5.2.1 Steuersätze 1.5.2.2 Steuerausnahmen 1.6 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

5402 5402 5402 5408 5408 5408 5409 5411 5411 5412 5413 5414 5414 5415 5416 5416 5417

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Erläuterungen zu Artikel 130 BV 2.2 Erläuterungen zu den Gesetzesbestimmungen

5418 5418 5419

3 Auswirkungen 3.1 Finanzielle Auswirkungen von Teil A der MWST-Reform 3.2 Herleitung des Einheitssatzes in Teil B der MWST-Reform 3.3 Auswirkungen auf die steuerpflichtigen Personen 3.3.1 Senkung der Steuerlast für den Grossteil der Betriebe 3.3.2 Auswirkungen auf die neuen Steuerpflichtigen 3.3.2.1 Auswirkungen auf das Gesundheitswesen 3.3.2.2 Auswirkungen auf Bildung und Forschung 3.3.2.3 Auswirkungen auf den Kulturbereich 3.3.2.4 Auswirkungen auf den Sport 3.4 Auswirkungen auf den Bund 3.5 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 3.6 Auswirkungen auf die privaten Haushalte 3.6.1 Kurzfristige Auswirkungen auf die Haushalte 3.6.2 Auswirkungen auf den Landesindex der Konsumentenpreise 3.6.3 Langfristige Auswirkungen auf die privaten Haushalte 3.7 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

5426 5426 5428 5430 5430 5432 5432 5433 5433 5434 5436 5436 5437 5437 5443 5443 5444

4 Sozialpolitisches Korrektiv 4.1 Ausgangslage 4.2 Vorgeschlagene Lösung

5445 5445 5445

5400

4.2.1 Grundsatz 4.2.2 Höhe und Finanzierung des Korrektivs 4.2.3 Verteilung des Korrektivs 4.3 Weitergehende Ausführungen

5445 5446 5447 5447

5 Subventionen

5449

Anhänge: 1 Steuersätze und Steuerbefreiungsgrenzen für Kleinunternehmer in der EU 2 Besteuerung von ausgewählten Leistungen in der EU 3 Auswirkungen des Teils B unter Berücksichtigung der durch die IV-Zusatzfinanzierung erhöhten Steuersätze

5451 5452 5453

Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) (Entwurf)

5461

Bundesbeschluss über die Vereinfachung der Mehrwertsteuer (Entwurf)

5467

Um die Vergleichbarkeit mit der Botschaft 2008 zu erleichtern, entsprechen die Nummern der Tabellen und Abbildungen denjenigen in der Botschaft des Bundesrates vom Juni 2008.

Tabellen und Abbildungen, die nicht in der Botschaft 2008 enthalten waren, werden als «Zusatztabelle» beziehungsweise «Zusatzabbildung» bezeichnet.

5401

Zusatzbotschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Mit der Botschaft vom 25. Juni 20081 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (Botschaft 2008) unterbreitete der Bundesrat dem Parlament zwei gleichwertige Gesetzesentwürfe zur Totalrevision der MWST. Während der erste Entwurf (Teil A) mittels zahlreicher technischer Änderungen den Schwerpunkt auf die administrative und steuerliche Entlastung der steuerpflichtigen Unternehmen legte, sah der zweite Entwurf (Teil B) zusätzliche Massnahmen vor, um die MWST nachhaltig und gründlich zu vereinfachen und Volkswirtschaft, Wirtschaftswachstum und Wohlstand der Schweiz positiv zu beeinflussen.

Aufgrund der Entscheidung der vorberatenden Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) wurde die legislative Bearbeitung der Vorlage aufgeteilt. Zunächst sollte Teil A der Vorlage von beiden Räten behandelt werden, anschliessend dann Teil B. In den folgenden Beratungen im National- und Ständerat wurden gegenüber der Vorlage des Bundesrates teilweise namhafte Änderungen vorgenommen. Am 12. Juni 2009 wurde das revidierte Gesetz in beiden Räten in den Schlussabstimmungen angenommen.

Die Referendumsfrist verstrich am 1. Oktober 2009 ungenutzt, sodass das Gesetz wie vom Parlament beschlossen am 1. Januar 2010 in Kraft treten konnte.

Die Aufteilung der Vorlage hatte wesentliche Änderungen an der Ausgangslage für Teil B zur Folge. Namentlich kommt Teil B dadurch nun nicht mehr der Charakter einer Total-, sondern nur noch der einer Teilrevision zu. Es geht darum, diejenigen Bereiche einer Überprüfung zu unterziehen, die bei der Beratung von Teil A konsequent ausgeschlossen wurden, das heisst namentlich die Fragen der Steuersätze und der Ausnahmen von der Besteuerung.

Aufgrund dieser geänderten Ausgangslage empfahl der Bundesrat der WAK-N im Oktober 2009, mit der Beratung von Teil B zuzuwarten, und kündigte an, eine Zusatzbotschaft zu unterbreiten. Die Zusatzbotschaft soll die neue Ausgangslage berücksichtigen und ausserdem in der Zwischenzeit zusätzlich gewonnene Erkenntnisse sowie aktuelleres Zahlenmaterial enthalten. Ausserdem versprach der Bundesrat, Varianten zu den in Teil B der Botschaft 2008 vorgesehenen Reformschritten zu prüfen.

1.2

Problemstellung

Die MWST ist eine nach dem Netto-Allphasensystem mit Vorsteuerabzug indirekt erhobene Konsumsteuer. Diese Konzeption, die sich weitgehend nach dem europäischen Vorbild richtet, birgt systemimmanente Komplikationen. In der Botschaft 2008 benannte der Bundesrat die folgenden Kernprobleme: Komplexität des Gesetzes, mangelhafte Umsetzung des Besteuerungsziels, hoher administrativer Aufwand 1

BBl 2008 6885

5402

für die steuerpflichtigen Personen, Rechtsunsicherheit und ungleiche Risikoverteilung.2 Mit der erfolgten Totalrevision des MWSTG wurden diese Probleme teilweise erheblich entschärft. Kaum geändert haben sich durch die Revision hingegen die Komplexität der Materie aufgrund zahlreicher Abgrenzungsprobleme sowie die mangelhafte Umsetzung des Besteuerungsziels, da diese Probleme zum grössten Teil in den unterschiedlichen Steuersätzen und den Ausnahmen von der Besteuerung zu suchen sind. Die Problematik wird in der Botschaft 2008 auf den Seiten 7039 ff.

ausführlich beleuchtet. Diese Grundmängel führen zu einer Reihe weiterer Probleme:

2

1.

Unterschiedliche Steuerbelastung: Steuerausnahmen verkleinern die Bemessungsgrundlage der Steuer und führen zu einer stärkeren Belastung der steuerpflichtigen Unternehmen sowie der Güter und Dienstleistungen, die nicht von einer Steuerausnahme profitieren. Der Einheitssteuersatz liegt dadurch rund 0,6 Prozentpunkte höher, als er sein müsste, wenn auch ausgenommene Leistungen von der Steuer erfasst würden (vgl. Tabelle 9 in Ziff. 3.2). Die unterschiedliche steuerliche Belastung der Gegenstände und Dienstleistungen verzerrt die Kaufentscheidungen der Abnehmer und Abnehmerinnen. Verstärkt wird dies noch durch den mit der Steuerpflicht einhergehenden administrativen Aufwand.

2.

Verzerrung der Produktionsentscheidungen: Die Steuerausnahme für Güter, die als Vorleistungs- oder als Investitionsgüter im Produktionsprozess eingesetzt werden, verzerrt die Produktionsentscheidungen der Unternehmen. Da die auf diesen Produktionsinputs bezahlte Vorsteuer infolge der Ausnahme nicht als Vorsteuer angerechnet werden kann, besteht für die Produzenten und Produzentinnen ein Anreiz, diese ausgenommenen Güter durch andere zu ersetzen.

3.

Anreiz zur Eigenproduktion (vertikale Integration): Durch den sogenannten Kaskadeneffekt schafft die Steuerausnahme einen Anreiz, die taxe occulte durch vertikale Integration zu vermeiden. Das bedeutet, dass der Verkäufer oder die Verkäuferin eines ausgenommenen Gutes einen Anreiz besitzt, steuerbare Inputs selbst herzustellen, statt sie von Dritten am Markt zu kaufen und darauf nicht rückerstattungsfähige Steuern zu entrichten. Für viele ausgenommene Güter sind die Skalenerträge oder die Spezialisierungsvorteile in der Produktion allerdings derart ausgeprägt, dass die vertikale Integration kaum eine Option darstellt. Es sind deshalb insbesondere Güter, die mittels vergleichsweise unqualifizierter Arbeit und geringen Skalenerträgen hergestellt werden, die sich für die Eigenproduktion eignen. Für Banken, die ausgenommene Finanzdienstleistungen anbieten, kann es sich somit als vorteilhaft erweisen, zum Beispiel Sicherheitsdienstleistungen im eigenen Haus zu erbringen, statt diese von steuerpflichtigen Dritten zu beziehen und so die anfallende Vorsteuer nicht rückerstattet zu erhalten. Dasselbe gilt zum Beispiel für die Wäscherei eines Spitals. Wird die Spitalwäsche ausgelagert, lastet darauf heute nicht abzugsfähige Vorsteuer. Reinigt das Spital die Wäsche selber, fällt diese Vorsteuerbelastung weg beziehungsweise viel tiefer aus.

Botschaft 2008, Ziff. 1.2, S. 6909 f.

5403

Auch Endkonsumenten und -konsumentinnen haben einen Anreiz, die Steuer auf dem Endverbrauch durch Eigenproduktion zu vermeiden. Dies geschieht, indem sie Marktproduktion durch Haushaltsproduktion ersetzen.

Beispiele dafür sind das eigenhändige Streichen eines Zimmers, um die MWST auf den Malerarbeiten zu umgehen, oder das Selberkochen zur Vermeidung der MWST auf der Restaurationsdienstleistung. Je höher der anwendbare Steuersatz ist, desto grösser sind die entsprechenden Anreize zur Vermeidung der Steuer.

4.

Exemption creep: Eine Schlüsseleigenschaft von Steuerausnahmen ist die Art und Weise, wie sie ineinander greifen. Dadurch wird ein Prozess in Gang gesetzt, der als «exemption creep» (Befreiungs-Erschleichung) bezeichnet worden ist. Jede Ausnahme erzeugt einen direkten Druck für weitere Ausnahmen in früheren und späteren Stufen der Wertschöpfungskette.

­ Wird eine Ausnahme geschaffen, um die Steuerlast auf einem bestimmten Gut zu senken, erzeugt dies Druck für die Ausnahme von Gütern, die zur Produktion des ausgenommenen Gutes verwendet werden. Die Anbieter und Anbieterinnen vorgelagerter Güter der Wertschöpfungskette werden dann argumentieren, dass die Steuerlast auf dem zu entlastenden Gut nur dann wirksam gemildert wird, wenn auch die taxe occulte auf ihrem Gut gemildert (oder eliminiert) wird.

­ Wird eine Ausnahme in einer Zwischenstufe der Wertschöpfungskette gewährt, so erhöht dies den Druck für die weitere Ausnahme nachgelagerter Verwender und Verwenderinnen dieses ausgenommenen Gutes. Dies wird ersichtlich, wenn man ein Unternehmen der dritten Wertschöpfungsstufe betrachtet, das eine Vorleistung von einem Unternehmen der zweiten Wertschöpfungsstufe kauft. Wenn die zweite Wertschöpfungsstufe steuerpflichtig, die dritte hingegen ausgenommen ist, liegt der Gewinn des Unternehmens auf der dritten Wertschöpfungsstufe darin, dass die Wertschöpfung auf seiner Stufe steuerlich nicht erfasst wird. Wenn nun aber zusätzlich noch die zweite Wertschöpfungsstufe ausgenommen wird, besteht der Gewinn des Unternehmens auf der dritten Wertschöpfungsstufe darin, dass die Wertschöpfung der zweiten und der dritten Stufe steuerlich unbelastet bleibt.

5.

Schattensteuer (taxe occulte): Leistungen, die von der Steuer ausgenommen sind, sind nicht ohne Steuerbelastung. Wer steuerausgenommenen Leistungen erbringt, darf die ihm oder ihr belastete MWST nicht abziehen. Diese Steuer fliesst als allgemeiner Kostenfaktor in die Produktionskosten ein und wird ­ versteckt im Verkaufspreis ­ auf die Abnehmer und Abnehmerinnen überwälzt. Je nach Branche ist die taxe occulte unterschiedlich hoch, wie in Ziffer 3.7 ausgeführt wird. Insgesamt stammen nur rund zwei Drittel der gesamten Mehrwertsteuereinnahmen aus offen überwälzter Steuer. Rund ein Drittel oder ca. 6,5 Milliarden Franken jährlich stellt taxe occulte dar.

Die Problematik der taxe occulte liegt einerseits darin, dass die Konsumenten und Konsumentinnen damit durch eine versteckte Steuer belastet werden. Andererseits kann sich die Steuerbelastung kumulieren, wenn die taxe occulte nicht auf der letzten Produktionsstufe anfällt, was ebenfalls der Systematik der MWST zuwiderläuft.

5404

6.

Verzerrung des Wettbewerbs: Differenzierte Steuersätze führen zu unterschiedlichen Steuerbelastungen. Das ist insbesondere dort problematisch, wo unterschiedlich besteuerte Produkte untereinander substituierbar sind und damit in direktem Wettbewerb zueinander stehen. Besonders deutlich ist die Ungleichbehandlung beispielsweise bei der privilegierten Besteuerung von Printmedien gegenüber elektronischen Medien oder bei der privilegierten Besteuerung von take-away-Leistungen gegenüber gastgewerblichen Leistungen.

7.

Überholte sozial- und verteilungspolitische Überlegungen: Differenzierten Steuersätzen ­ und auch den meisten Ausnahmebestimmungen ­ liegen sozial- und verteilungspolitische sowie entstehungsgeschichtliche Überlegungen zugrunde. Über die Jahre hat sich die Ausgangslage, auf der diese Überlegungen fussen, deutlich verändert. Besonders eindrücklich zeigt sich dies bei den Lebensmitteln. Die steuerliche Privilegierung von Lebensmitteln begann 1941 mit der Befreiung einiger Grundnahrungsmittel von der Warenumsatzsteuer (WUST), die der Bundesrat 1941 wie folgt begründete: «Durch die Befreiung der Umsätze einiger Warengattungen, welche im Haushalt der minderbemittelten Bevölkerungskreise eine besonders grosse Rolle spielen (Getreide, Getreidemehl und -griess, Kartoffeln, Brot, frische Milch, Gas und Elektrizität) wurde eine gewisse Degression der Steuerauswirkungen erstrebt.»3 Bis 1951 wurde der Korb steuerbefreiter Lebensmittel auf alle Lebensmittel inklusive der Genussmittel Kaffee, Tee und Kakao ausgedehnt. Die letzte Verbreiterung geschah 1959 mit der Steuerbefreiung der alkoholfreien Getränke. Damit entsprach der Korb der steuerbefreiten Lebensmittel jenen, die heute nach Artikel 25 Absatz 2 MWSTG bei der MWST dem reduzierten Satz unterliegen.

Gleichzeitig mit dieser Entwicklung haben jedoch die Ausgaben für Nahrungsmittel im Vergleich zu den gesamten Ausgaben eines Haushaltes kontinuierlich abgenommen und sind inzwischen nur noch von untergeordneter Bedeutung.

3

Fünfter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen, 4. November 1941, BBl 1941 I 879.

5405

Zusatzabbildung 1 Entwicklung der Ausgaben der privaten Haushalte 40%

in % der Haushaltausgaben

35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 1940

1947

Nahrungsmittel

1957

Bekleidung

1968

1977

Wohnen und Energie

1988

1998

2007

Verkehr und Kommunikation

Quelle: Darstellung ESTV auf Basis von Zahlen BFS

Die Wirksamkeit der Steuervergünstigung für Lebensmittel hängt wesentlich davon ab, wie hoch die Lebensmittelausgaben der Haushalte sind. Schliesslich kommt ein sozialer Ausgleich der Lebensmittelkosten zwischen den Haushaltsformen nur zustande, wenn sich die Haushalte bezüglich ihrer Lebensmittelausgaben deutlich voneinander unterscheiden; andernfalls bewirkt die Steuervergünstigung lediglich eine Art Nullsummenspiel, bei dem alle gleich viel Steuererleichterung erhalten, wie sie andernorts durch höhere Steuern wieder aufzubringen haben. In der Tat zeigen die Berechnungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV)4 zu den schweizerischen Verhältnissen, dass durch den reduzierten Satz auf Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken die unteren Einkommensschichten zwar prozentual stärker entlastet werden als die höheren. In absoluten Zahlen betrachtet wird aber für jeden Franken, um den die Steuerlast der untersten Einkommensklasse bei Käufen von Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken verringert wird, gleichzeitig die Steuerlast der obersten Einkommensklasse um gut 2 Franken gesenkt. Mit anderen Worten profitieren die reichen Haushalte vom reduzierten Steuersatz auf Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken doppelt so stark wie die ärmeren Haushalte.

4

Die Berechnungen erfolgen anhand eines Zusammenzuges der Haushaltbudgeterhebung (HABE) des Bundesamtes für Statistik für die Jahre 2006 und 2007.

5406

Abbildung 7 MWST-Belastung der Haushalte auf Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken in Franken pro Monat 70

in Franken pro Monat

60 50 40 30 20 10 Alle Haushalte

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

8 800 12 199

12 200 und mehr

Einkommensklassen Reduzierter Satz von 2,4%

8.

Normalsatz von 7,6%

Versteckte Subventionierung: Aus einem ökonomischen Blickwinkel sind ein reduzierter Steuersatz oder eine Ausnahme einer Subventionierung des entsprechenden Wirtschaftszweigs gleichzusetzen. Fallen Steuereinnahmen aufgrund einer Ausnahme oder eines reduzierten Steuersatzes geringer aus, müssen andere Bereiche steuerlich stärker belastet werden, um den angestrebten Steuerertrag zu erzielen. Alle heute zum Normalsatz steuerbaren Leistungen wie beispielsweise Kleider, Möbel, Körperpflegeprodukte oder Treibstoffe werden um 0,9 Prozent höher besteuert, um namentlich Lebensmittel, Pflanzen, Dünger, Medikamente oder Bücher steuerlich zu privilegieren.

Die Erfahrung zeigt, dass bei der Frage, welche Leistungen steuerlich privilegiert werden sollen, oft die politischen Machtverhältnisse eine grössere Rolle spielen als Effizienzargumente im Sinn der optimalen Steuertheorie, sodass sich die Effizienz des Steuersystems über die Aushöhlung der Steuerbasis eher verschlechtern als verbessern dürfte. Privilegierungen von einzelnen Produkten oder Branchen sollten deshalb nicht über verzerrende steuerliche Anreize erfolgen.

9.

Hohe Erhebungs- und Entrichtungskosten: Differenzierte Steuersätze, aber auch Steuerausnahmen sind schwierig zu erheben, da sie Klassifizierungsprobleme nach sich ziehen und Anreize zur Steuerumgehung schaffen. Die Steuerbehörde muss die einzelnen Produktumsätze identifizieren, verifizieren und die Regeln für die Anwendung der Steuersätze und Ausnahmen interpretieren. Ihre Veranlagungskosten steigen weiter durch den Korrekturaufwand, wenn Steuerpflichtige einen Satz oder eine Ausnahme falsch anwenden. Die Einsprachen nehmen zu und binden ebenfalls Ressourcen, da selbst bei sorgfältiger Gesetzgebung Abgrenzungsprobleme und Rechtsunsicherheiten verbleiben. Die zusätzlichen Personalkosten aufgrund unter5407

schiedlicher Steuersätze und Steuerausnahmen betragen für die Hauptabteilung MWST der ESTV rund 15 Prozent.5 Die differenzierten Steuersätze vergrössern auch den Buchungsaufwand der Steuerpflichtigen und erhöhen damit die Entrichtungskosten. Dieser Umstand trifft kleinere Firmen überproportional. Die genauen Auswirkungen auf die administrativen Kosten der steuerpflichtigen Personen werden in der Botschaft 2008 auf den Seiten 7073 ff. dargestellt.

1.3

Die beantragte Neuregelung

1.3.1

Anforderungen an eine ideal ausgestaltete MWST

Eine ideal konstruierte MWST erfüllt fünf Kriterien.6 Sie: a.

ist als Netto-Allphasensteuer konzipiert,

b.

ist vom Typ her eine Konsumsteuer, das heisst, die auf Kapitalgüter entfallende Steuer kann als Vorsteuer sofort und integral abgezogen werden,

c.

wird nach dem Bestimmungslandprinzip erhoben,

d.

kennt keine Ausnahmen

e.

und einen Einheitssatz.

Eine MWST, die diesen Kriterien genügt, belastet ausschliesslich den nichtunternehmerischen inländischen Endkonsum. Eine solche ideale MWST vollumfänglich in die Praxis umzusetzen, ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich.7 Die schweizerische MWST wich bisher von diesem Ideal in mehreren Punkten zum Teil erheblich ab. Mit der Totalrevision des MWSTG sollen diese Abweichungen deutlich reduziert werden. Für die Kriterien a­c erfolgte dies bereits in Teil A der MWST-Reform. Mit den Kriterien d und e beschäftigen sich Teil B der Botschaft 2008 und die vorliegende Zusatzbotschaft.

1.3.2

Ziele der Reform

Das Leitziel für die gesamte Reform der MWST ist, eine möglichst optimal konstruierte Steuer nach den Kriterien gemäss Ziffer 1.3.1 zu erhalten.

Mit Teil B der Reform beziehungsweise mit der vorliegenden Zusatzbotschaft strebt der Bundesrat zwei Hauptziele an: 1.

5 6

7

die Förderung der Wirtschaft und des Wachstums durch den Abbau von verzerrenden Hindernissen und Komplikationen bei der MWST;

Botschaft 2008, S. 7092.

Der Bericht «10 Jahre MWST» erläutert auf den S. 44 ff. ausführlich das Wesen einer idealen MWST und zeigt auf, in welchen Punkten die Schweizer MWST davon abweicht; http://www.efd.admin.ch/dokumentation/zahlen/00578/00892/index.html?lang=de Vgl. hierzu die Ausführungen in der Botschaft 2008, Ziff. 1.1.4, S. 6904 f.

5408

2.

1.3.3

die nachhaltige Vereinfachung der Steuer durch den Abbau von Abgrenzungen und damit einhergehend administrative Erleichterungen für die steuerpflichtigen Personen.

Untersuchte Lösungsmöglichkeiten

Mögliche Vereinfachungen bei den Steuersätzen und den Ausnahmen bewegen sich zwischen den beiden Polen Einheitssatz und keine Ausnahmen als wünschbare, aber technisch nicht realisierbare Variante einerseits und der gegenwärtigen Situation mit drei Steuersätzen und 29 Ausnahmen andererseits.

Die Weiterführung des Status quo ist für den Bundesrat keine Alternative. Aufgrund von zwei überwiesenen Motionen der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S), die eine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersätze und den Abbau der Steuerausnahmen (05.3466) beziehungsweise eine generelle Befristung sämtlicher Steuerausnahmen auf fünf Jahre (05.3465) fordern, ist der Bundesrat verpflichtet, entsprechende Gesetzesvorschläge vorzulegen.

In seinem Schreiben an die WAK-N vom Oktober 2009 hat der Bundesrat angekündigt, dass er zum bisher vorgeschlagenen Einheitssatzmodell weitere Varianten prüfen werde. Bei der Prüfung von Varianten standen Modelle im Vordergrund, die einen Vereinfachungseffekt bringen, indem einzelne oder mehrere der in Ziffer 1.2 genannten Probleme entschärft werden, die aber insgesamt weniger tief in das bestehende System eingreifen und daher weniger breite Auswirkungen haben. Bei allen geprüften Varianten musste das Kriterium der Aufkommensneutralität der Reform weiterhin gegeben sein, das heisst, die Steuersätze mussten so festgelegt werden, dass die Steuererträge gleich bleiben.

Die Anzahl möglicher Varianten ist durch die Modulation mit verschiedenen Steuersätzen und mehr oder weniger Ausnahmen praktisch unbegrenzt. Bei den Ausnahmen hat insbesondere die Ausnahme für das Gesundheitswesen einen substanziellen Einfluss auf die Höhe des Steuersatzes, wie Tabelle 9 in Ziffer 3.2 zeigt.

Aufgrund dieser Ausgangslage wurden neben dem bereits in der Botschaft 2008 vorgeschlagenen Modell zwei weitere Varianten näher geprüft. Diese beiden zusätzlichen Varianten legen den Reformschwerpunkt zum einen auf die Satzvereinheitlichung und zum anderen auf die Reduktion der Ausnahmen.

5409

Zusatzabbildung 2 Überblick über die Reformmöglichkeiten bei der MWST Status quo: Verzicht auf weitere Reformen Teil A Status quo 3 Sätze und Ausnahmen

Sondersatz

Normalsatz

reduzierter Satz

aufhebbare Ausnahmen

*

Alternative zum Status quo: Weitere Reform der MWST Variante 1: Teil B gemäss Botschaft 2008 Variante 2: Einheitssatz mit Ausnahmen Variante 3: 2-SatzModell ohne Ausnahmen

*

Einheitssatz 6,2 % / 6,5 %

Einheitssatz 6,7 % / 7,1 %

Normalsatz 7,6 % / 8,0 %

*

aufhebbare Ausnahmen

reduzierter Satz 3,2 % / 3,4 %

*

*

Die Ausnahmen für den Finanz- und Versicherungssektor, für Wohnliegenschaften und Glücksspiele sowie für die Landwirtschaft und die Gemeinwesen sind aus systembedingten Gründen nicht zur Aufhebung vorgesehen. Die ausführliche Begründung hierfür findet sich auf S. 7045 ff. der Botschaft 2008.

Variante 1 entspricht Teil B in der Botschaft 2008 mit dem Unterschied, dass der einheitliche Steuersatz neu 6,2 Prozent8 statt 6,1 Prozent beträgt. Wie Teil B der Botschaft 2008 sieht die Variante 1 die Abschaffung aller Steuerausnahmen vor, die aufgehoben werden können. Es bleiben nur dort Ausnahmen bestehen, wo der administrative Aufwand entweder in keinem Verhältnis zum Ertrag steht oder es heute technisch nicht möglich ist, die Steuerbemessungsgrundlage korrekt zu bestimmen.

Variante 2 sieht ebenfalls eine Verschmelzung der drei heutigen Steuersätze zu einem einzigen vor. Die Steuerausnahmen werden hingegen nicht verändert und bleiben vollumfänglich bestehen. Der aufkommensneutrale Einheitssatz kommt damit auf 6,7 Prozent beziehungsweise mit der Erhöhung für die IV-Zusatzfinanzierung auf 7,1 Prozent zu liegen.

Variante 3 entspricht dem bereits in die Vernehmlassung gegebenen 2-Satz-Modell: Die Ausnahmen werden im gleichen Umfang aufgehoben wie in der Variante 1, jedoch grundsätzlich einem reduzierten Steuersatz unterstellt. Der Normalsatz von 7,6 Prozent beziehungsweise 8 Prozent bleibt bestehen. Dazu kommt ein reduzierter 8

Inklusive 0,1 Prozentpunkte zur Finanzierung des sozialpolitischen Korrektivs; nach der Erhöhung der Steuersätze für die IV-Zusatzfinanzierung beträgt der Einheitssatz 6,5 %.

Zur Herleitung des aufkommensneutralen Einheitssatzes vgl. Ziff. 3.2.

5410

Satz von 3,2 beziehungsweise 3,4 Prozent auf Leistungen beispielsweise in den Bereichen Nahrungsmittel, Gastgewerbe, Kultur, Sport, Bildung, Beherbergung und Gesundheitswesen.

Die detaillierten Untersuchungsergebnisse zu den Folgen und Auswirkungen der verschiedenen Varianten unterbreitet der Bundesrat dem Parlament in einem Bericht zu dieser Zusatzbotschaft.

1.3.4

Vorgeschlagene Gesetzesänderungen

Konkret werden in Teil B der Botschaft 2008 beziehungsweise in der Zusatzbotschaft folgende materiellen Änderungen gegenüber dem geltenden Gesetz vorgesehen: Änderungen

E-MWSTG

Neben der regulären Umsatzgrenze von 100 000 Franken erhöhte Umsatzgrenze von 300 000 Franken, bis zu der ehrenamtlich geführte Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen von der Steuerpflicht befreit sind

Art. 10 Abs. 2 Bst. c

Reduktion des Ausnahmenkatalogs von 29 auf 8 Ziffern

Art. 21 Abs. 2

Neue und umfassendere Formulierung der Ausnahmebestimmung für Ausgleichskassen und andere Sozialversicherungen

Art. 21 Abs. 2 Ziff. 1 Bst. b

Einheitlicher Steuersatz von 6,2 Prozent

Art. 25 und 55

Anpassung des fiktiven Vorsteuerabzugs beim Bezug von Urprodukten von Urproduzenten

Art. 28

Finanzierung der AHV

Art. 106a

Sozialpolitisches Korrektiv, das die Mehrbelastungen der Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen durch zielgerichtete Ausgleichszahlungen auffängt

Art. 106b

1.3.5

Weitere geforderte Gesetzesänderungen

Neben verschiedenen parlamentarischen Vorstössen, die Fragen der Steuersätze und der Ausnahmen betreffen (vgl. Ziff. 1.6), wurden bei der Beratung von Teil A der Mehrwertsteuerreform die folgenden in thematischem Zusammenhang mit Teil B stehenden Forderungen einstweilen ausgeklammert: ­

Verzicht auf Vorsteuerkürzungen beim Erhalt von Subventionen (vgl.

Ziff. 5).

­

Nichteinbezug von Mineralölsteuern, Tabaksteuern, Biersteuern, Alkoholsteuern, Automobilsteuern und CO2-Abgaben in die Bemessungsgrundlage der MWST, wenn diese Steuern und Abgaben gesondert ausgewiesen werden. Dem Bund würden dadurch Mindereinnahmen von jährlich rund 460 Millionen Franken entstehen. Als Wirtschaftsverkehrssteuern, teilweise mit Lenkungswirkung, sind diese Verbrauchssteuern Teil der Kosten der 5411

jeweiligen Wertschöpfungsstufe und müssen deshalb in die Bemessungsgrundlage der MWST mit einbezogen werden.

­

Steuerbefreiung mit Recht zum Vorsteuerabzug von Personenbeförderungsleistungen des öffentlichen Verkehrs. Diese Forderung hätte jährlich wiederkehrende Steuerausfälle von gut 520 Millionen Franken (Stand 2008) zur Folge.9 Echte Steuerbefreiungen für Leistungen im Inland sind systemwidrig. Die echte Steuerbefreiung dient dazu, Doppelbesteuerungen bei grenzüberschreitenden Geschäften zu verhindern. Angewendet auf Inlandleistungen bewirkt sie ­ im Unterschied zu Steuerausnahmen ­ einen vollständig entsteuerten Endkonsum.

­

Ausweitung des reduzierten Steuersatzes auf gastgewerbliche Leistungen beziehungsweise auf elektronische Medien. Diese Forderungen werden durch den vorgesehenen Einheitssatz hinfällig.

1.3.6

Alternative zu Satzdifferenzierungen und Steuerausnahmen

Um auch ohne Satzdifferenzierung und ohne Steuerausnahmen im Rahmen der MWST gewisse wünschenswerte sozial- und verteilungspolitische Ziele zu verwirklichen, schlägt der Bundesrat eine Korrekturmassnahme vor. Diese soll im Gegensatz zu heute aber nicht im Mehrwertsteuersystem, sondern ausserhalb erfolgen.

Damit werden die finanzschwächeren Haushalte entlastet, ohne dass deshalb das Mehrwertsteuersystem unnötig kompliziert wird. Das sogenannte sozialpolitische Korrektiv sieht vor, die durch eine Steuersatzerhöhung um 0,1 Prozentpunkte generierten rund 355 Millionen Franken (Jahr 2012) gezielt an die 40 Prozent der Haushalte mit den tiefsten Einkommen auszurichten. Damit erfahren diese Haushalte trotz eines Einheitssatzes keinerlei Mehrbelastung gegenüber heute.10 Auch die Eidgenössische Finanzkontrolle empfiehlt in ihrer Untersuchung vom Oktober 200711 nach eingehender Abwägung der Vor- und Nachteile, aus Gründen der Effizienz und der Effektivität politisch ungewollte Belastungswirkungen der MWST nicht länger mit der Steuervergünstigung für Lebensmittel auszugleichen.

Die mit einem einheitlichen Steuersatz verbundenen Mehrbelastungen für einkommensschwache Haushalte könnten wirtschaftlicher über zusätzliche Prämienverbilligungen für die Grundversicherung ausgeglichen werden.

9

10 11

Nicht berücksichtigt wurden dabei die Personenbeförderungen mit Taxis, Cars, Kutschen usw. Eine Steuerbefreiung der Taxis beispielsweise würde weitere 20 Millionen Franken Mindereinnahmen zur Folge haben.

Vgl. zum sozialpolitischen Korrektiv Ziff. 4.

Eidgenössische Finanzkontrolle: Tiefere Mehrwertsteuersätze als Steuervergünstigung, Oktober 2007; http://www.efk.admin.ch/pdf/5305_Bericht_in_Deutsch.pdf

5412

1.4

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung/Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Wie in Ziffer 1.3.3 dargestellt, hat der Bundesrat verschiedene Reformmöglichkeiten geprüft und dabei untersucht, inwieweit sie sich vereinfachend und wachstumsfördernd auswirken. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die positiven Effekte in Bezug auf die Vereinfachungswirkung und die Wachstumsimpulse bei der Variante 1 mit Abstand am grössten sind. Bei den beiden anderen Varianten fallen diese positiven Effekte deutlich geringer aus.

Zusatzabbildung 3 Bewertung der Varianten12 Variante 1

Variante 2

Variante 3

Administrative Entlastung der Wirtschaft Administrative Entlastung der Verwaltung Wachstumswirkungen Kurzfristige Belastung der einkommensschwachen Haushalte Kurzfristige Belastung der einkommensstärkeren Haushalte Langfristige Einkommensentwicklung der privaten Haushalte Finanzierung der Einlageentsteuerung Auswirkungen auf den Bund (ohne Einlageentsteuerung) Auswirkungen auf die Kantone Auswirkungen auf die Gemeinden

++ +++ +++ 0

+ ++ + --

++ -

--

-

0

+++

+

++

--++

0 +

---

0 +++

++ ++

0

Fazit

++

+

0

Legende: +++ sehr positive Auswirkungen,

--- sehr negative Auswirkungen

Nach Ansicht des Bundesrates rechtfertigt sich eine weitere Reform der MWST nur dann, wenn massgebliche Verbesserungen der aktuellen Situation erreicht werden können. Dies ist nur mit der Variante 1 möglich. Deshalb hält der Bundesrat an der Variante 1 auch in der Zusatzbotschaft fest und verzichtet darauf, den Räten einen anderen Vorschlag zu unterbreiten.

Die Variante 1 entspricht Teil B der Botschaft 2008 mit dem Unterschied, dass der einheitliche Steuersatz neu 6,2 Prozent statt 6,1 Prozent beträgt. Eine nochmalige Vernehmlassung zur Zusatzbotschaft erübrigt sich daher. Die Ergebnisse der Vernehmlassung wurden im Ergebnisbericht über die Vernehmlassung zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer vom Dezember 2007 ausführlich dargestellt.13 Eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich in der Botschaft 2008 auf S. 7055 ff.

12 13

Die ausführliche Herleitung dieser Bewertung findet sich im Bericht zur Zusatzbotschaft.

http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01201/index.html?lang=de

5413

1.5

Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht

1.5.1

OECD-Länder14

Obwohl die meisten OECD-Länder eine MWST kennen, gibt es bezüglich der Art, wie sie in den einzelnen Ländern umgesetzt wurde, grosse Unterschiede. Auch in Bezug auf die Steuersätze und die Steuerausnahmen sind einheitliche Aussagen nicht möglich.

Tabelle 3 Besteuerung des Konsums in ausgewählten OECD-Ländern Ausgewählte OECD-Länder

Normalsatz

USA

keine MWST16

Kanada17

5%

Norwegen

25 %

Australien

Ermässigter Satz

Nullsatz15

­

ja 8 % / 14 %

ja

10 %

­

ja

Japan

5%

­

nein

Chile

19 %

­

nein

Mexiko

16 %

11 %

ja

Südkorea

10 %

­

nein

Schweiz

7,6 %

2,4 % / 3,6 %

ja

Quelle: Overview of General Turnover Taxes and Tax Rates, IBFD, International VAT Monitor, March/April 2010.

Die Tabelle zeigt, dass einige wichtige OECD-Länder wie Australien, Japan oder auch Südkorea einen Einheitssatz bei der MWST kennen.

Die OECD-Mitgliedstaaten haben erkannt, dass eine einheitliche, klar strukturierte und abgestimmte MWST für eine gut funktionierende Wirtschaft und den internationalen Handel sehr wichtig ist. Die OECD entwickelt deshalb die sogenannten «International VAT/GST Guidelines», die dereinst ähnlich einem Musterabkommen 14

15

16 17

OECD-Mitgliedstaaten sind: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Island, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Südkorea, Tschechien, Türkei, Ungarn, Vereinigte Staaten von Amerika. Chile hat das Beitrittsabkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.

Nullsatz bedeutet, dass gewisse Leistungen im Inland nicht besteuert werden, aber trotzdem der volle Vorsteuerabzug gewährt wird (echte Befreiung). Nicht erfasst sind hier die in der Regel ebenfalls echt befreiten Exporte.

Einzelne Gliedstaaten erheben sogenannte «sales taxes» (Verkaufssteuern), die unterschiedlich hoch sind.

Gewisse Provinzen Kanadas wenden eine Provinzsteuer zwischen 7 % und 10,5 % auf gewissen Lieferungen und Dienstleistungen an, die zusätzlich zu der staatlichen Umsatzsteuer von 5 % zu entrichten ist.

5414

den interessierten Ländern Hilfe bieten sollen bei der Ausgestaltung ihrer MWST.

Die OECD sieht denn auch folgende Faktoren als unerlässlich an für eine effiziente und kostengünstige MWST sowohl für die Steuerpflichtigen wie auch für die Steuerbehörden:18 ­

eine breite Bemessungsgrundlage für den Normalsatz;

­

möglichst wenig Steuerausnahmen und reduzierte Steuersätze;

­

eine Mindestumsatzgrenze, die kleine Unternehmen von der Steuerpflicht entbindet und es den Steuerbehörden erlaubt, sich auf die bedeutenden steuerpflichtigen Personen zu konzentrieren.

Im September 2009 führten die OECD und die Schweiz in Luzern eine gemeinsame Konferenz zur Zukunft der MWST durch. In der auf die zweitägigen Diskussionen folgenden Schlusserklärung hielten die Teilnehmenden der Konferenz, namentlich Vorsitzende der jeweiligen nationalen Steuer- und Finanzverwaltungen, folgende Ziele fest:19 ­

Die Länder sollten ihre MWST modernisieren, um mit der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung Schritt zu halten.

­

Die Länder werden ermuntert, Vereinfachungen der MWST weiterzuverfolgen, ohne gleichzeitig die Bekämpfung des MWST-Missbrauchs zu vernachlässigen. Insbesondere sollen die steuerpflichtigen Unternehmen Sicherheit und Klarheit darüber erhalten, wie die Steuer korrekt und einfach zu erheben ist.

­

Die Arbeiten der OECD auf dem Gebiet der mehrwertsteuerlichen Behandlung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen und die diesbezüglich enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sind sehr wichtig. Doppelbesteuerungsrisiken und Nichtbesteuerungen sind zu vermeiden.

­

Die OECD soll weitere Anstrengungen unternehmen, um den MWSTBetrug effizient zu bekämpfen.

1.5.2

Europäische Union

In der Europäischen Union (EU) fasst die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 200620 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem («Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie», auch «MwStSystRL» abgekürzt) das für alle Mitgliedstaaten zwingend geltende gemeinschaftliche Mehrwertsteuerrecht zusammen. Sie ist seit dem 1. Januar 2007 in Kraft.

Während in gewissen Bereichen, zum Beispiel bei der Frage, an welchem Ort Lieferungen und Dienstleistungen zu besteuern sind, die Kompatibilität mit dem europäischen Recht äusserst wichtig ist, um Doppel- sowie Nichtbesteuerungen zu vermeiden, spielt dies bei den Steuersätzen und Ausnahmen eine untergeordnete Rolle. Selbst in der EU gibt es zwischen den Mitgliedstaaten sehr grosse Unterschiede in Bezug auf die Anwendung differenzierter Steuersätze und Ausnahmen.

18 19 20

Consumption Tax Trends, OECD 2008, S. 40.

http://www.oecd.org/dataoecd/19/12/43669264.pdf ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

5415

1.5.2.1

Steuersätze

Die MwStSystRL schreibt in Titel VIII den Mitgliedstaaten einen Normalsatz von mindestens 15 Prozent vor (Art. 97 Abs. 1 MwStSystRL). Die Anwendung von maximal zwei ermässigten Steuersätzen ist zulässig, aber nicht zwingend (Art. 98 MwStSystRL). Diese müssen nach Artikel 99 MwStSystRL mindestens 5 Prozent betragen, wobei jedoch zahlreiche Übergangsbestimmungen einzelnen Mitgliedstaaten auch die Anwendung tieferer Sätze oder gar eine Befreiung mit Vorsteuerabzug erlauben (Art. 110­130 MwStSystRL).21 Die ermässigten Sätze können bloss auf die in Anhang III der MwStSystRL explizit genannten Leistungen angewendet werden.

Dabei handelt es sich mehrheitlich um Leistungen, die gemäss dem geltenden Schweizer Recht ebenfalls dem reduzierten Satz unterliegen.

Mit einer Änderung der MwStSystRL vom 5. Mai 200922 versuchte die EU den Leistungskatalog gemäss Anhang III zu vereinheitlichen und weitete ihn gleichzeitig aus. Mitgliedstaaten, die dies wünschen, können nun insbesondere in folgenden Bereichen ermässigte Mehrwertsteuersätze dauerhaft anwenden: auf gewissen lokal erbrachten arbeitsintensiven Dienstleistungen (kleinere Reparaturdienstleistungen an Fahrrädern, an Schuhen und Lederwaren sowie Ausbesserung von Kleidung und Haushaltswäsche, Reinigung von Fenstern und Reinigung in privaten Haushalten, häusliche Pflegedienstleistungen [z. B. Haushaltshilfe und Betreuung von Kindern sowie älteren, kranken oder behinderten Personen], Friseurdienste, Renovierung und Reparatur von Privatwohnungen, mit Ausnahme von Materialien, die einen bedeutenden Teil des Wertes der Dienstleistung ausmachen), ferner auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen sowie auf Büchern auf jeglichen physischen Trägern.

Zudem können die Mitgliedstaaten namentlich den öffentlichen Verkehr, den sozialen Wohnungsbau, Leistungen von Bestattungsinstituten und Entsorgungsleistungen dem ermässigten Steuersatz unterstellen.23 Als bislang einziger Mitgliedstaat der EU wendet Dänemark ­ bereits seit Einführung der MWST im Jahr 1967 ­ einen einzigen Steuersatz in der Höhe von 25 Prozent an. In den anderen Mitgliedstaaten werden vergleichbar mit dem geltenden Schweizer Recht mindestens zwei Steuersätze angewendet, wobei der Geltungsbereich der reduzierten Sätze im Vergleich zur Schweiz teilweise erheblich eingeschränkt ist. Der vorgeschlagene
Einheitssatz ist somit kein Schweizer Novum und mit dem europäischen Recht in Einklang. Einzig die Höhe des Einheitssatzes ist mit 6,2 Prozent im Vergleich zu den EU-Staaten konkurrenzlos tief und wäre mit den Vorschriften der MwStSystRL nicht vereinbar.

1.5.2.2

Steuerausnahmen

In Titel IX der MwStSystRL werden die Steuerbefreiungen geregelt. Nach den Artikeln 132 und 133 müssen dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten zwingend von der Steuer ausgenommen werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Leistungen, die gemäss Schweizer Recht aufgrund von Artikel 21 Absatz 2 Ziffern 1­17 21 22 23

Vgl. Übersicht über die in den EU-Mitgliedstaaten anwendbaren Steuersätze in Anhang 1.

Richtlinie 2009/47/EG vom 5.5.2009, Abl. L 116 vom 9.5.2009, S. 18.

Vgl. Übersicht über die Besteuerung von ausgewählten Leistungen in der EU in Anhang 2.

5416

MWSTG von der Steuer ausgenommen sind, wobei in der EU ­ namentlich in den Bereichen Kinder- und Jugendbetreuung, Erziehung, Bildung und Kultur ­ die Ausnahmen häufig auf Leistungserbringer des öffentlichen Rechts beschränkt sind.

Nach Artikel 135 MwStSystRL sind zudem zwingend die Bank- und Versicherungsleistungen, der Verkauf von Briefmarken, Glücksspiele und die Lieferung von gebrauchten Gebäuden und unbebauten Grundstücken ohne Baulandqualität sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Steuer auszunehmen.

Für die Mehrheit dieser Leistungen können die Mitgliedstaaten die freiwillige Versteuerung vorsehen (Art. 137 MwStSystRL).

Die von der MwStSystRL vorgeschriebenen Ausnahmen entsprechen weitgehend den Steuerausnahmen nach Artikel 21 MWSTG. Mit der Aufhebung dieser Ausnahmen wird bewusst vom EU-Recht abgewichen, da die MwStSystRL diese Ausnahmen teilweise verbindlich vorschreibt. Dies ist jedoch unerheblich, weil ­ abgesehen davon, dass die MwStSystRL für die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied nicht anwendbar ist ­ dies nicht zu steuerlichen Konflikten mit EU-Mitgliedstaaten im grenzüberschreitenden Handel führt, da sich die Wirkungen der Steuerausnahmen auf das Inland beschränken. Aufgrund des im europäischen Vergleich sehr tiefen Steuersatzes ist zudem kaum ein Wettbewerbsnachteil zu erwarten. Die in den EU-Staaten auf steuerausgenommenen Leistungen lastende taxe occulte dürfte im Durchschnitt etwa gleich hoch sein wie die Schweizer Steuerlast mit 6,2 Prozent.

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Motion WAK-S (05.3465)24 verlangt eine Befristung der Ausnahmen von der MWST auf fünf Jahre. Mit der Einführung des Einheitssatzes werden die meisten Ausnahmen von der Steuerbarkeit aufgehoben. Es werden bloss diejenigen ausgenommenen Leistungen beibehalten, die aus erhebungstechnischen Gründen im System der MWST nicht erfasst werden können, oder wo Aufwand und Ertrag einer Aufhebung der Ausnahme in keinem Verhältnis zueinander stehen. Der Bundesrat erachtet die Motion durch die vorgesehene Aufhebung von Ausnahmen als erfüllt.

Die Motion WAK-S (05.3466)25 verlangt eine Reform der MWST dahingehend, dass die Steuersätze vereinheitlicht und die Ausnahmen abgebaut, der Anwendungsbereich der Saldosteuersatzmethode vergrössert und die MWST-Administration vereinfacht werden. Mit den Massnahmen der vorliegenden Zusatzbotschaft erachtet der Bundesrat diese Motion als erfüllt.

Das Postulat Berger (02.3663)26 fordert auch auf elektronische Informationen im Bereich der Wissenschaft, der Forschung und der Bildung die Anwendung des reduzierten Steuersatzes von 2,4 Prozent. Bei der Überlassung von elektronischen Informationen handelt es sich um die Gewährung des Rechts, Einsicht in Programme, Datenbanken und Ähnliches zu nehmen, das heisst um eine Dienstleistung, auf die heute generell der Normalsatz Anwendung findet. Der Bundesrat hat sich bereits im Rahmen der Ausarbeitung der Botschaft zur neuen Finanzordnung 2007 24 25 26

05.3465 Mo WAK-S: Befristung der Ausnahmen von der Mehrwertsteuer auf fünf Jahre.

05.3466 Mo WAK-S: Vereinfachung der Mehrwertsteuer und Vereinheitlichung der Sätze.

02.3663 Po Berger: Mehrwertsteuer. Reduzierter Satz für die elektronische Information im Wissenschaftsbereich.

5417

gegen die Einführung eines zusätzlichen reduzierten Steuersatzes für arbeitsintensive Dienstleistungen geäussert.27 Er lehnt es deshalb auch ab, den reduzierten Steuersatz für weitere Leistungen einzuführen. Das würde nur zu neuen heiklen Abgrenzungsfragen führen und das Mehrwertsteuersystem komplizieren statt vereinfachen. Mit der Einführung des Einheitssatzes wird aber eine steuerliche Gleichbehandlung der elektronischen Informationen mit den Druckerzeugnissen erreicht und das Postulat damit erfüllt.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Erläuterungen zu Artikel 130 BV

Die Einführung des Einheitssatzes macht eine Änderung von Artikel 130 der Bundesverfassung (BV)28 notwendig. Eine wichtige Bedingung der gesamten Revision des MWSTG ist, dass sie haushaltsneutral erfolgt. Die Reform darf nicht zu Mehroder Mindereinnahmen des Bundes aus der MWST führen. Werden die heutigen drei Steuersätze zu einem einzigen zusammengelegt, kommt dieser einheitliche Steuersatz auf 5,2 Prozent zu stehen, damit dem Bund der gleiche Steuerertrag wie heute garantiert werden kann (Abs. 1). Rein rechnerisch würde der Satz 5,206 Prozent betragen. Bereits Steuersätze mit Bruchteilen sind im europäischen Umfeld jedoch unüblich. Sätze mit drei Stellen nach dem Komma sind nicht praktikabel. Deshalb wird der Steuersatz in der Verfassung auf eine Stelle nach dem Komma gerundet dargestellt (5,2 Prozent). Bei der Berechnung der Ertragsanteile im Voranschlag und in der Staatsrechnung werden jedoch insgesamt 5,206 Prozentpunkte berücksichtigt, um den genau gleichen Steuerertrag wie heute zu garantieren.

Die Besteuerung des Eigenverbrauchs wird in der Verfassung nicht mehr aufgeführt, weil er nicht mehr als Steuertatbestand, sondern nur noch als Korrekturmechanismus des Vorsteuerabzugs gilt (Abs. 1).

Mit der Einführung des Einheitssatzes fällt die verfassungsrechtliche Grundlage des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen weg (bisheriger Abs. 2).

Die Satzerhöhung zu Gunsten der AHV/IV wird in Absatz 2 weitergeführt. Es genügt aber eine Erhöhung des Einheitssatzes um 0,8 Prozentpunkte, um den gleichen Steuerertrag wie heute zu generieren (Haushaltsneutralität). Rein rechnerisch würde die Erhöhung 0,801 Prozentpunkte betragen. Da in der Bundesverfassung aber ein Prozentsatz mit drei Stellen nach dem Komma nicht praktikabel ist, wird er auf 0,8 Prozentpunkte gerundet dargestellt. Bei der Berechnung der Ertragsanteile werden jedoch 0,801 Prozentpunkte berücksichtigt, um den genau gleichen Steuerertrag wie heute zu garantieren.

Absatz 3 entspricht dem bisherigen Absatz 4 von Artikel 130 BV. Um die Verwendung derselben Terminologie wie im neuen Absatz 4 sicherzustellen, wird der Begriff «untere Einkommensschichten» durch «Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen» ersetzt. Inhaltlich ändert sich dadurch jedoch nichts.

27 28

BBl 2003 1531, hier 1547­1549 SR 101

5418

Im neuen Absatz 4 wird die Steuersatzerhöhung zur Finanzierung der Entlastung von den Folgen der Aufhebung vieler Ausnahmen und der Einführung des einheitlichen Steuersatzes für Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen geregelt.

Der Einheitssatz wird ohne zeitliche Befristung um genau 0,1 Prozentpunkte angehoben. Die Einzelheiten werden im MWSTG geregelt.

Die vorübergehende Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes um 0,1 Prozentpunkte für die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte (FinöV) bleibt weiterhin bestehen (Art. 196 Ziff. 3 Abs. 2 Bst. e BV). Rein rechnerisch würde die Erhöhung an sich nur 0,094 Prozentpunkte betragen. Da in der Bundesverfassung aber ein Prozentsatz mit drei Stellen nach dem Komma nicht praktikabel ist, wird er auf 0,1 Prozentpunkte gerundet dargestellt. Bei der Berechnung der Ertragsanteile werden aber genau 0,094 Prozentpunkte berücksichtigt, um den genau gleichen Steuerertrag wie heute zu garantieren.

2.2 Art. 10

Erläuterungen zu den Gesetzesbestimmungen Grundsatz

Absatz 2 Buchstabe c: Die höhere Umsatzlimite von 300 000 Franken bezweckt, dass die Aufhebung von Steuerausnahmen nicht zu einer Zunahme der steuerpflichtigen ehrenamtlich geführten Sport- und Kulturvereine sowie der steuerpflichtigen gemeinnützigen Institutionen führt, sondern deren Anzahl gegenüber dem geltenden Recht unverändert bleibt.

Art. 21

Von der Steuer ausgenommene Leistungen

Artikel 21 bestimmt, welche Leistungen von der Steuer ausgenommen sind. Dabei handelt es sich durchwegs um Leistungen, die innerhalb des Anwendungsbereichs der MWST liegen, die aber nicht zu versteuern sind. Im geltenden Recht ist die überwiegende Mehrheit dieser Steuerausnahmen sozial-, gesundheits- oder bildungspolitisch motiviert. Einige Ausnahmen sind jedoch mehrwertsteuersystematisch begründet, da beispielsweise der Umfang des für die Bemessung der Steuer unabdingbaren Entgelts nicht mit vertretbarem Aufwand und zuverlässigen Methoden festgestellt werden kann. Die Ausnahmen, die aus steuersystematischen Gründen nicht aufgehoben werden können, werden auf den Seiten 7045 ff. der Botschaft 2008 eingehend erläutert. Die Auswirkungen, die sich durch die Aufhebung von Ausnahmen auf die steuerpflichtigen Unternehmen ergeben, werden in Ziffer 3.3 ausführlich dargestellt.

Jede Steuerausnahme stellt einen Verstoss gegen die grundlegenden Prinzipien der Wettbewerbsneutralität und der Gleichmässigkeit der Besteuerung dar, indem die Steuer auf allen übrigen steuerbaren Leistungen entsprechend höher ausfällt, um den gleichen Steuerertrag zu erzielen. Zudem fliessen die Vorsteuern, die in Zusammenhang mit steuerausgenommenen Leistungen nicht zurückgefordert werden können, direkt in die Kosten der Leistungserbringung ein, was zu einer Steuerkumulation führt, wenn es sich nicht um den letzten Leistungserbringer oder die letzte Leistungserbringerin in der Leistungskette handelt. Nicht ausser Acht gelassen werden dürfen zudem der administrative Aufwand, der durch die nötigen Vorsteuerabzugskorrekturen entsteht, sowie die aus der heutigen Praxis bestens bekannten 5419

Abgrenzungsprobleme in Zusammenhang mit den Steuerausnahmen. Diese verursachen erhebliche Rechtsunsicherheiten, Steuernachbelastungen und Justizverfahren und erschweren eine steuerliche Gleichbehandlung (vgl. Ziff. 1.2). Aus all diesen Gründen ist der Abbau möglichst vieler der heute 29 Steuerausnahmen neben dem Einheitssatz die zentrale Massnahme zur Vereinfachung der MWST (vgl.

Ziff. 1.3.2).

Besonderer Erwähnung bedarf die Aufhebung der Ausnahme nach Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 13 MWSTG für Leistungen, die Vereine mit ideeller Zielsetzung ihren Mitgliedern gegen einen statutarisch festgesetzten Beitrag erbringen. Die Aufhebung dieser Ausnahme zieht nicht zwingend die Steuerpflicht des Empfängers oder der Empfängerin von Mitgliederbeiträgen nach sich. Zu versteuern sind bloss diejenigen Mitgliederbeiträge, die ein pauschaliertes Entgelt für konkrete Leistungen des Vereins an seine Mitglieder darstellen.29 Um eine Leistung handelt es sich, wenn dem Mitgliederbeitrag ein unmittelbar und individuell zurechenbarer Gegenwert gegenübersteht, wie dies regelmässig bei Aktivmitgliedschaften der Fall ist. Die Einräumung eines Rechts auf die Leistungsbeanspruchung ist ausreichend; die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung ist nicht zwingend erforderlich. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Beurteilung, ob ein Leistungsverhältnis vorliegt oder nicht, unter anderem auf die subjektive Sichtweise des Zahlungsgebers oder der Zahlungsgeberin abzustellen.30 Steht dem Mitgliederbeitrag keine Leistung des Vereins gegenüber, wie dies beispielsweise bei reinen Passiv- oder Gönnermitgliedschaften der Fall ist oder bei Mitgliedschaften, die in erster Linie der Finanzierung karitativer Zwecke dienen, handelt es sich mangels Leistung nicht um steuerbares Entgelt, sondern um eine nicht zu versteuernde Spende.

Das Objekt der Steuerausnahme bildet die Leistung. Der aus dem früheren Mehrwertsteuergesetz stammende Begriff Umsatz wird überall dort durch den Begriff Leistung ersetzt, wo diese Begriffe synonym verwendet werden. Dies soll am Umfang der jeweiligen Steuerausnahme nichts ändern.

Absatz 2 Ziffer 1 Buchstabe a nimmt sämtliche Versicherungs- und Rückversicherungsleistungen von der MWST aus, einerseits aus sozialen Erwägungen, andererseits auch deshalb, weil einzelne dieser Leistungen bereits der
Stempelabgabe unterliegen. Klarerweise sind alle Versicherungen (auch Einrichtungen der beruflichen Vorsorge sowie Sozialversicherungs- und Ausgleichskassen) unter diese Ziffer zu subsumieren. Sachlich gehören auch die Sozialversicherungen zu den Versicherungen, da sie gegen eine Prämie ein Risiko abdecken und dem Risikoausgleich dienen.

Diese Klarstellung ist wichtig, da nach geltender Praxis Sozialversicherungen unter Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 8 MWSTG eingereiht werden und diese Ziffer aufgehoben wird. Es ist aber nicht die Meinung des Bundesrates, Leistungen von Sozialversicherungen der Steuer zu unterstellen. Ferner stellt Buchstabe a klar, dass auch Untervertreter und Untervertreterinnen im Versicherungsbereich, gleich wie Versicherungsvertreter/innen und Versicherungsmakler/innen, von der Steuer ausgenommen sind. Die heutige gesetzliche Regelung ist diesbezüglich nicht eindeutig. Im Sinne einer Präzisierung hält der Gesetzeswortlaut neu fest, dass mehrstufige Vertriebsstrukturen steuerlich nicht benachteiligt werden sollen.

29 30

Beispielsweise wird die Benützung einer Golfanlage gegen einen jährlichen Mitgliederbeitrag angeboten.

Urteil des Bundesgerichts 2C_506/2007 vom 13. Februar 2008, Air-Glaciers SA, E. 3.1

5420

Absatz 2 Ziffer 1 Buchstabe b entspricht dem Regelungsgehalt von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 25 MWSTG, der die Leistungen von Ausgleichskassen untereinander von der Steuer ausnimmt, da es sich dabei von ihrem wirtschaftlichen Gehalt her um Leistungen handelt, die einer «Innenleistung» nahe kommen. Damit kann eine taxe occulte auf diesen Leistungen verhindert werden, da für die Leistungen im Versicherungsbereich aus bemessungstechnischen Gründen nicht für die Steuerbarkeit optiert werden kann (Art. 22 Abs. 2 Bst. a MWSTG). Die Bestimmung wird insofern ausgeweitet, als künftig nicht nur die Leistungen der AHV- und Familienausgleichskassen darunter fallen, sondern alle Leistungen von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und von Sozialversicherungs- und Ausgleichskassen untereinander. Die heute bestehende Ungleichbehandlung dieser Vollzugsstellen, namentlich der öffentlichen und der anerkannten privaten Arbeitslosenkassen einerseits und der AHV- und Familienausgleichskassen andererseits, erscheint schwer zu rechtfertigen.

Ausserdem soll künftig generell das Erbringen von Leistungen, das den Sozialversicherungen, Ausgleichskassen und Vollzugsstellen im Bereich der Sozialversicherung von Gesetzes wegen übertragen wird, ausgenommen werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Berufsunfallverhütungsmassnahmen, die aus obligatorischen Prämienzuschlägen finanziert werden. Damit kann auch die Forderung der parlamentarischen Initiative Triponez (02.413) umgesetzt werden.

Durch die Ergänzung und Ausdehnung der Ausnahme ist für den Bund mit jährlichen Mindereinnahmen von rund 5­10 Millionen Franken zu rechnen.

Absatz 2 Ziffer 2: Der Begriff Umsatz wurde durch den Begriff Leistung oder andere die Leistung umschreibende Begriffe ersetzt, um klarzustellen, dass für die Steuerausnahme die Leistung und nicht das Entgelt massgeblich ist. Der Regelungsgehalt bleibt unverändert.

Absatz 2 Ziffer 4 wurde sprachlich vereinfacht. Eine Einschränkung der Ausnahme erfolgt insoweit, als die Vermietung von Sportanlagen künftig steuerbar ist. Damit können Abgrenzungsprobleme zum steuerbaren Eintritt in Sportanlagen sowie Probleme der gemischten Verwendung vermieden werden. Da auch die Ausnahmen im Zusammenhang mit dem Sport aufgehoben werden, stellt die Besteuerung der Vermietung von Sportanlagen zudem eine Vereinfachung dar.
Absatz 2 Ziffer 5 verhindert aus föderalistischen Gründen die Steuerkumulation mit kantonalen Steuern sowie eine Umverteilung der zweckgebundenen Spielbankenabgabe innerhalb des Bundeshaushaltes. Nicht Umsätze, sondern Leistungen sind Gegenstand einer Steuerausnahme, weshalb diese Ziffer neu formuliert wurde. Der Regelungsgehalt bleibt gleich.

Absatz 2 Ziffer 6 entspricht wörtlich der bisherigen Ziffer 24.

Absatz 2 Ziffer 7 entspricht wörtlich der bisherigen Ziffer 26.

Absatz 2 Ziffer 8 entspricht wörtlich der bisherigen Ziffer 28.

Art. 22

Option

In Absatz 2 wurden die Verweise an die neue Nummerierung der Ziffern in Artikel 21 Absatz 2 angepasst. Der Regelungsgehalt bleibt unverändert.

5421

Art. 25

Steuersatz

Dieser Artikel stellt die zweite fundamentale Abweichung gegenüber dem heutigen MWSTG dar. Alle gemäss dem vorliegenden Gesetz steuerbaren Leistungen werden mit einem einheitlichen Steuersatz besteuert.

Die Einführung eines Einheitssteuersatzes unterstützt in erheblichem Mass das Ziel der MWST-Reform, nämlich einer einfachen, rechtssicheren und kundenorientierten MWST näher zu kommen. Die vielfältigen und oft delikaten Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Leistungen, die zum Normalsatz und solchen, die zum reduzierten Satz zu versteuern sind, entfallen. Vor allem aber profitieren im Tagesgeschäft all jene Unternehmen von einer erheblichen Vereinfachung, die heute ihre Leistungen mit zwei oder sogar drei Steuersätzen abrechnen müssen. Der Einheitssatz liegt signifikant unter dem heutigen Normalsatz von 7,6 Prozent. Allerdings fallen damit auch der reduzierte Satz (2,4 %) und der Sondersatz für die Beherbergungsleistungen (3,6 %) weg, was in den betroffenen Bereichen zu einer Erhöhung der Steuerbelastung führt. Die Auswirkungen der Einführung eines Einheitssatzes werden ausführlich in Ziffer 3 dargestellt. Es ist jedoch festzuhalten, dass dieser Massnahme ein hohes Vereinfachungspotenzial inhärent ist (vgl. Ziff. 1.2).

Ein einheitlicher Satz signalisiert einen Standard. Alle Wirtschaftsbranchen und Interessengruppen werden gleich behandelt. Für einige Produktgruppen wird die Steuerlast ansteigen, dafür wird sie für die grosse Mehrheit der Produkte und Leistungen sinken. Mit der Aufhebung der Steuerausnahmen kann der Einheitssatz auf 6,1 Prozent festgesetzt werden.31 Das sozialpolitische Korrektiv führt zu einer Erhöhung des Einheitssatzes um 0,1 Prozentpunkte (Art. 106b E-MWSTG), womit der Einheitssatz letztlich auf 6,2 Prozent zu stehen kommt. Bis zum Inkrafttreten des Einheitssatzes soll die heutige Satzstruktur beibehalten werden, um Schwankungen und häufige Satzwechsel zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für den Sondersatz für Beherbergungsleistungen, der deshalb bereits im Rahmen des ersten Teils der MWST-Reform bis Ende 2013 verlängert wurde.

Art. 26

Rechnung

Absatz 2 Buchstabe f bestimmt, dass im Unterschied zum geltenden Recht wegen des Wegfalls der unterschiedlichen Steuersätze bloss noch auf den Steuersatz oder auf den geschuldeten Steuerbetrag hinzuweisen ist. Es ist aber auch nicht schädlich, auf beides hinzuweisen.

Art. 28

Grundsatz

Absatz 2 begründet den sogenannten pauschalierten Vorsteuerabzug. Dieser soll die Abnehmer und Abnehmerinnen von Produkten der Urproduzenten oder Urproduzentinnen von den darauf lastenden Vorsteuern entlasten, welche die Urproduzenten und Urproduzentinnen wegen der Steuerausnahme für Urprodukte nicht haben geltend machen können (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 26 MWSTG, neu Ziff. 7). Sofern die Urproduzenten und Urproduzentinnen die von ihnen erzeugten Urprodukte freiwillig versteuern (Option; Art. 22 MWSTG), ist der pauschalierte Vorsteuerabzug für die Abnehmer und Abnehmerinnen ausgeschlossen. Der pauschalierte Vorsteuerabzug entspricht der rechnerisch ermittelten Vorsteuer, die ein durchschnittlicher steuer31

Vgl. zur Herleitung des Einheitssatzes Ziff. 3.2.

5422

pflichtiger Urproduzent oder eine durchschnittliche steuerpflichtige Urproduzentin in der Steuerabrechnung in Abzug bringen kann. Neu beträgt der pauschalierte Vorsteuerabzugssatz 3,0 Prozent.32 Art. 31

Eigenverbrauch

Absatz 2 Buchstabe c: Der Begriff Umsatz wird durch Leistung ersetzt. Der Regelungsgehalt bleibt unverändert.

Art. 46

Steuerbemessung und Steuersatz

Aufgrund des Wegfalls der unterschiedlichen Steuersätze muss im Unterschied zum geltenden Recht bloss noch auf den Steuersatz hingewiesen werden.

Art. 53

Steuerbefreite Einfuhren

Aufgrund der Aufhebung der Steuerausnahmen für die Lieferung menschlicher Organe und Vollblut (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 5) sowie der Aufhebung der Steuerausnahme für Lieferungen von selbst geschaffenen Kunstwerken von Künstlern und Künstlerinnen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 16) wird folgerichtig auch die Einfuhrsteuerbefreiung aufgehoben.

Art. 54

Berechnung der Steuer

Durch die Aufhebung der steuerbefreiten Wiedereinfuhr von ins Ausland verbrachten eigenen Kunstwerken durch Künstler und Bildhauer wird auch die heute in Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe c MWSTG geregelte Gegenausnahme hinfällig, wonach die von Dritten im Ausland an den Kunstwerken besorgten Arbeiten bei der Wiedereinfuhr zu versteuern sind.

Art. 55

Steuersatz

Wie bei der Inland- und der Bezugsteuer gilt nur noch ein einheitlicher Steuersatz von 6,2 Prozent auf allen steuerbaren eingeführten Leistungen.

Art. 70

Buchführung und Aufbewahrung

Absatz 5 wurde neu eingefügt, um die bisher in Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung des EFD vom 11. Dezember 200933 über elektronische Daten und Informationen (ElDI-V) enthaltene Kompetenzdelegation an die ESTV auf Stufe Gesetz zu regeln.

Der Regelungsgehalt bleibt unverändert.

32

33

Die Berechnung dieses Prozentsatzes erfolgte auf Grundlage der Buchhaltungsergebnisse 2006­2008 der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART), während die Berechnungen in der Botschaft 2008 noch auf dem Grundlagenbericht 1999­2001 der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik Tänikon (FAT) basierten.

SR 641.201.511

5423

Art. 86

Entrichtung der Steuer

Absatz 9 zweiter Satz wurde neu eingefügt, um die bisher in Artikel 142 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 200934 (MWSTV) enthaltene Bestimmung auf Gesetzesstufe zu regeln. Der Regelungsgehalt bleibt unverändert.

Art. 106a

Finanzierung der AHV

Gestützt auf Artikel 130 Absatz 3 BV wurden mit dem Bundesbeschluss vom 20. März 199835 über die Anhebung der Mehrwertsteuersätze für die AHV/IV der Normalsatz um 1 Prozentpunkt, der reduzierte Satz um 0,3 Prozentpunkte und der Sondersatz für Beherbergungsleistungen um 0,5 Prozentpunkte angehoben, um die AHV und die IV zusätzlich zu finanzieren. Diese zweckgebundene Finanzierung muss auch nach Einführung des Einheitssatzes sichergestellt sein, weshalb Absatz 1 bestimmt, dass künftig 0,8 Prozentpunkte des Einheitssatzes von 6,2 Prozent für die Finanzierung der AHV Verwendung finden. Dies entspricht annähernd den heutigen dafür zur Verfügung stehenden Mitteln.

Von der nach Artikel 2 Absatz 3 des Bundesbeschlusses vorgesehenen Möglichkeit, maximal 10 Prozent des Ertrages aus der Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung des demografiebedingten Kostenwachstums der IV zu verwenden, wurde kein Gebrauch gemacht. Zudem werden gestützt auf die Bundesbeschlüsse vom 13. Juni 200836 und vom 12. Juni 200937 die aktuellen MWST-Sätze zur Sicherung der Finanzierung der Invalidenversicherung während des Zeitraums vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 angehoben werden. Deshalb wurde Artikel 2 Absatz 3 des Bundesbeschlusses von 1998 nicht in den vorliegenden Artikel überführt.

Art. 106b

Sozialpolitisches Korrektiv

Absatz 1 legt fest, dass zur Finanzierung des sozialpolitischen Korrektivs der Ertrag aus 0,1 Prozentpunkten des Steuersatzes nach den Artikeln 25 und 55 E-MWSTG zur Verfügung steht. Mit dieser Finanzierung wird der Bundeshaushalt nicht zusätzlich belastet.

Absatz 2 regelt die Höhe und den Zeitpunkt der Überweisung der Mittel durch den Bund an die Kantone. Vor der Aufteilung der Mittel auf die Kantone zieht der Bund die von ihm für die Finanzierung des Korrektivs bei den beruflich militärversicherten Personen benötigten Mittel vom Gesamtbetrag ab (Abs. 3). Den Rest überweist er jeweils am Anfang jedes Kalenderjahres an die Kantone. Die Anteile der einzelnen Kantone an den für das Korrektiv bestimmten Mitteln bemessen sich nach deren Wohnbevölkerung, analog zur Regelung bei den Prämienverbilligungsbeiträgen des Bundes. Mit einer frühen Überweisung an die Kantone erfolgt, wie bei der Rückverteilung der Lenkungsabgaben auf leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffen (VOC), die Entschädigung der Kantone für deren Vollzugsaufwand durch den Zinsvorteil.

Absatz 3 hält fest, dass der Bund denjenigen Teil der Mittel des sozialpolitischen Korrektivs zurückbehält, der dem Anteil beruflich militärversicherter Personen an der Wohnbevölkerung der Schweiz entspricht und den er zur Durchführung des 34 35 36 37

SR 641.201 SR 641.203 BBl 2008 5241 BBl 2009 4379

5424

Korrektivs bei diesen Versicherten benötigt. Da die beruflich Versicherten nach Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199238 über die Militärversicherung nicht wie die übrige Bevölkerung einer Krankenversicherung angeschlossen sind, würden sie ansonsten bei einer Verteilung des Korrektivs durch die Krankenversicherer leer ausgehen. Damit auch militärversicherte Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen in den Genuss des Korrektivs kommen, soll die Auszahlung dieser Mittel durch die Abteilung Militärversicherung der Suva erfolgen.

In Absatz 4 wird sodann festgeschrieben, dass der Bund und die Kantone die Mittel im gleichen Jahr den Berechtigten zukommen lassen müssen. Damit wird vermieden, dass die Haushalte die Belastungen in Folge der MWST-Reform vorfinanzieren müssen. Da zu Beginn des Jahres die Anzahl der Berechtigten und damit die Höhe des auszubezahlenden Betrags noch nicht exakt bestimmt werden kann, wird mit dem Begriff «grösstenteils» die Möglichkeit vorgesehen, dass ein begrenzter Teil der Auszahlungen im Folgejahr getätigt wird. Die Höhe des zulässigen Übertrags wird auf Verordnungsstufe geregelt. Im Weiteren legt der Absatz fest, dass Bund und Kantone in Anlehnung an die Regelung zu den Prämienverbilligungen in der Krankenversicherung immer die letzten verfügbaren Steuerdaten zu Einkommens-, Vermögens-, und Familienverhältnissen berücksichtigen müssen, wenn sie die Anspruchsberechtigung festlegen.

Mit Absatz 5 werden die Krankenversicherer gesetzlich verpflichtet, bei der Durchführung des sozialpolitischen Korrektivs mitzuwirken, wenn sich ein Kanton für die Auszahlung der Mittel via Krankenkassen analog zum entsprechenden System der individuellen Prämienverbilligung entscheidet. Die Krankenkassen sind für ihre Mitwirkung durch den jeweiligen Kanton angemessen zu entschädigen. Die Kantone leisten ihre Entschädigung an die Krankenkassen aus dem Zinsvorteil gemäss Absatz 2 oder überweisen ihnen die für das Korrektiv notwendigen Mittel direkt nach Erhalt vom Bund (mit einem entsprechenden Zinsvorteil für die Krankenkassen).

In Absatz 6 werden die Kantone verpflichtet, dem Bund Daten zu liefern, damit dieser über die Erreichung des sozialpolitischen Ziels Rechenschaft ablegen kann.

Verordnungsbestimmungen zur Art und zum Umfang der benötigten Daten sollen eine einheitliche
Beurteilung ermöglichen.

Absatz 7 delegiert die Kompetenz, die nötigen Umsetzungsbestimmungen zu diesem Artikel in einer Verordnung festzuschreiben, an den Bundesrat.

Art. 107

Bundesrat

Absatz 2: Der Begriff Umsatz wird durch Lieferung ersetzt. Der Regelungsgehalt bleibt unverändert.

Art. 115

Änderung des Steuersatzes

Absatz 1: Wegen des Wegfalls der unterschiedlichen Steuersätze ist künftig bloss noch von einer Änderung des Steuersatzes zu sprechen. Da Absatz 2 auch für die vorliegende Revision Anwendung findet, muss sowohl von Satz wie von Sätzen die Rede sein.

38

SR 833.1

5425

Aufhebung bisherigen Rechts Der Bundesbeschluss vom 20. März 199839 über die Anhebung der MWST-Sätze für die AHV/IV wird aufgehoben, da dessen Regelungsgehalt in Artikel 106a E-MWSTG überführt worden ist.

3

Auswirkungen Unter Ziffer 3 werden die Auswirkungen der Einführung eines Einheitssatzes und der Aufhebung eines Grossteils der Ausnahmen, wie sie in Ziffer 8 der Botschaft 2008 dargestellt wurden, aktualisiert. Hierzu wurden die neusten verfügbaren Statistiken herangezogen.

«Status quo» bezeichnet nachfolgend die Situation mit dem am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen MWSTG und den im Jahr 2010 geltenden Steuersätzen. Es wird also beispielsweise eine Statistik aus dem Jahr 2007 herangezogen und angenommen, das neue MWSTG sei damals schon in Kraft gewesen.

Vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2017 werden die Steuersätze der MWST zugunsten der IV erhöht. Anhang 3 enthält die Auswirkungen der Einführung eines Einheitssatzes und der Aufhebung eines Grossteils der Ausnahmen unter Berücksichtigung der durch diese IV-Zusatzfinanzierung erhöhten Steuersätze.

3.1

Finanzielle Auswirkungen von Teil A der MWST-Reform

Die MWST-Reform wurde vom Bundesrat haushaltsneutral konzipiert. Das auf den 1. Januar 2010 in Kraft getretene neue MWSTG (Teil A) hat nun jedoch nicht nur viele Vereinfachungen und Verbesserungen zugunsten der steuerpflichtigen Personen gebracht, sondern führt auch zu spürbaren Mindereinnahmen für die Bundeskasse. Die wiederkehrenden Mindereinnahmen wurden anlässlich der Gesetzgebungsarbeiten auf 160­230 Millionen Franken oder durchschnittlich rund 195 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Hinzu kamen noch Mindereinnahmen beziehungsweise fehlende Mehreinnahmen von 150­160 Millionen Franken pro Jahr aus der Verlängerung der Geltung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen um drei Jahre bis zum 31. Dezember 2013.

Die Arbeiten im Rahmen der Ausarbeitung der MWSTV40 sowie die ersten Erfahrungen in der Anwendung des neuen Gesetzes lassen inzwischen präzisere Schätzungen zu. Dabei zeigt sich, dass die ersten Schätzungen teilweise deutlich zu niedrig ausgefallen sind.

­

39 40

Der Ersatz der Margenbesteuerung durch den fiktiven Vorsteuerabzug öffnet insbesondere im Kunsthandel Raum für allerlei Geschäfte, mit denen auf SR 641.203 SR 641.201

5426

dem Zukauf von Kunstwerken, die nie oder nur in geringem Mass mit MWST belastet waren, Vorsteuern geltend gemacht werden können. Die wiederkehrenden Steuermindereinnahmen dürften sich mittelfristig auf bis zu 90 Millionen Franken belaufen. Auf diese Problematik aufmerksam macht auch die Motion Fässler (10.3161) vom 17. März 2010, die vom Bundesrat verlangt, in der MWSTV die Kunstgegenstände nicht mehr als Gebrauchtgegenstände zu qualifizieren. Damit wäre beim Bezug von Kunstgegenständen kein fiktiver Vorsteuerabzug mehr möglich.

41

­

Der Entscheid, dass die neue Regelung der Konkursprivilegierung (Änderung von Art. 219 Abs. 4 Bst. e SchKG41 durch Art. 111 MWSTG) nur für Forderungen gelten soll, die ab 1. Januar 2010 entstehen, führt dazu, dass erst im Verlaufe einiger Jahre Mehreinnahmen beziehungsweise geringere Debitorenverluste erzielt werden.

­

Die Neuregelung der Steuerpflicht bei Gemeinwesen (Art. 12 MWSTG) fällt voraussichtlich nicht ertragsneutral aus. Die Mindereinnahmen im Bereich der Leistungen innerhalb des gleichen Gemeinwesens dürften die Mehreinnahmen bei den Leistungen zwischen Gemeinwesen um rund 20 Millionen Franken übertreffen.

­

Ferner hat sich gezeigt, dass die Auswirkungen der Gewährung des Vorsteuerabzugs auf Aufwendungen für das Kaufen, Halten und Verkaufen von Beteiligungen (Art. 29 Abs. 2­4 MWSTG) sowie der 70-Prozent / 30-Prozent-Regelung bei Leistungskombinationen (Art. 19 Abs. 2 MWSTG) deutlich unterschätzt wurden.

­

Steuermindereinnahmen von rund 80 Millionen Franken ergeben sich des Weiteren aus der Neuberechnung der Saldosteuersätze und aus der Neuzuteilung der Branchen und Tätigkeiten zu den einzelnen Saldosteuersätzen.

Diese Neuberechnung und Neuzuteilung steht nicht direkt im Zusammenhang mit dem neuen MWSTG. Die letzte vollumfängliche Überprüfung der Saldosteuersätze erfolgte im Herbst 2003, womit eine erneute Überprüfung ohnehin fällig war. Sie erwies sich aber auch als notwendig, weil nach Artikel 37 Absatz 3 MWSTG die Saldosteuersätze von der ESTV nach Konsultation der betroffenen Branchenverbände festgelegt werden. Die Saldosteuersätze werden überdies ab 2010 von der Eidgenössischen Finanzkontrolle regelmässig auf ihre Angemessenheit überprüft.

­

Der Bundesrat sieht vor, die Definition der Medikamente in Artikel 49 MWSTV an das Heilmittelrecht anzupassen. Dies führt in einzelnen Fällen dazu, dass bisher zum Normalsatz steuerbare Produkte künftig zum reduzierten Satz zu versteuern sind, was zu Steuermindereinnahmen von höchstens 5 Millionen Franken jährlich führt.

­

Überschätzt wurden hingegen die Mindereinnahmen bei den Verzugs- und Vergütungszinsen. Die ursprünglichen Berechnungen gingen von einem Verzugszinssatz von 3,5 Prozent aus. Der seit 1. Januar 2010 geltende Verzugszinssatz beträgt jedoch 4,5 Prozent. Die Mindereinnahmen gegenüber dem bis Ende 2009 gültigen Verzugszinssatz von 5,0 Prozent fallen deshalb um rund 20 Millionen Franken niedriger aus.

Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs, SR 281.1

5427

Insgesamt ist also mittelfristig, das heisst nachdem die zu erwartenden Verhaltensanpassungen der steuerpflichtigen Personen erfolgt sind, mit folgenden Steuermindereinnahmen aus der Reform gemäss Teil A zu rechnen: Zusatztabelle 1 MWST-Mindereinnahmen des Bundes aus Teil A der Reform Mindereinnahmen in Mio. Fr.

Wiederkehrende Auswirkungen MWSTG (Stand: 12. Juni 2009)

195

Fiktiver Vorsteuerabzug für Kunstgegenstände, Antiquitäten usw.

90

Vorsteuerabzug auf Aufwendungen für Kaufen, Halten u. Verkaufen von Beteiligungen

65

70%/30%-Regel bei Leistungskombinationen * Marktübliche Verzugs- und Vergütungszinssätze (ab 1.1.2010: 4,5 %) Neuregelung der Steuerpflicht von Gemeinwesen Anpassung Definition der Medikamente an Heilmittelgesetz (Art. 49 MWSTV) Sonstige Mindereinnahmen

20 -20 20 5 60

Neuberechnung der Saldosteuersätze per 1.1.2010 Total Mindereinnahmen infolge Teil A der MWST-Reform

80 515

* Zusätzlich ergeben sich Mindereinnahmen bei Halbpensionsarrangements im Hotelgewerbe im Umfang von 20 Millionen Franken; dies allerdings nur so lange, wie der Sondersatz für Beherbergungsleistungen Bestand hat.

Die 20 Millionen Franken Mindereinnahmen sind deshalb nicht in dieser Tabelle aufgeführt, sondern werden bei den befristeten Auswirkungen des Sondersatzes berücksichtigt.

Im Rahmen der Gesetzesreform wurden MWST-Forderungen im Konkurs den sozialversicherungsrechtlichen Forderungen in der zweiten Konkursklasse gleichgestellt. Diese Privilegierung wurde in der Vernehmlassung zur Teilrevision des SchKG von einigen Kreisen kritisiert. Sollte die Einteilung der MWST-Forderungen in die zweite Konkursklasse rückgängig gemacht werden, würden sich die Debitorenverluste der ESTV nicht entsprechend reduzieren. Die Bundeseinnahmen würden mittelfristig um rund 50 Millionen Franken pro Jahr verringert.

Die Verlängerung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen um drei Jahre bis Ende 2013 verursacht Mindereinnahmen beziehungsweise verhindert Mehreinnahmen im Umfang von 170­180 Millionen Franken pro Jahr (inklusive 20 Mio. Franken aus Halbpensionsarrangements gemäss Zusatztabelle 1). Über die drei Jahre der Verlängerung kumuliert, belaufen sich die fehlenden Mehreinnahmen somit auf 510­540 Millionen Franken.

3.2

Herleitung des Einheitssatzes in Teil B der MWST-Reform

Die Berechnung des haushaltsneutralen Einheitssatzes erfolgt mit Hilfe der InputOutput-Tabelle, die im Auftrag des Bundesamtes für Statistik (BFS) erstellt wurde und die schweizerische Volkswirtschaft des Jahres 2005 abbildet.42 In einem ersten 42

Carsten Nathani (Rütter + Partner), Renger van Nieuwkoop (Ecoplan) und Marcel Wickert (CEPE, ETH Zürich); http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/04/02/01/dos/02.html

5428

Schritt werden die drei Steuersätze haushaltsneutral durch einen Einheitssatz ersetzt, der auf 6,7 Prozent zu stehen kommt. In einem zweiten Schritt werden bisher von der MWST ausgenommene Leistungen der Steuer unterstellt. Die damit verbundene Ausweitung der Steuerbasis ermöglicht es, den Einheitssatz haushaltsneutral auf 6,061 Prozent abzusenken. Der haushaltsneutrale Einheitssatz wird nach mathematischen Grundsätzen auf 6,1 Prozent gerundet. Unter Berücksichtigung der IV-Zusatzfinanzierung erfolgt eine Aufrundung von 6,379 Prozent auf 6,4 Prozent (vgl. Anhang 3). Die damit verbundenen Mehreinnahmen von rund 70 Millionen Franken ändern nichts an der Ansicht des Bundesrates, dass die Reform keine Mehreinnahmen generieren soll, denn unter Berücksichtigung der wiederkehrenden Mindereinnahmen von Teil A von 515 Millionen Franken (vgl. Ziff. 3.1) werden insgesamt nicht nur keine Mehreinnahmen erzielt, sondern es resultieren deutliche Mindereinnahmen. Darüber hinaus wird der Bundeshaushalt durch die Gewährung der Einlageentsteuerung von bis zu 1,7 Milliarden Franken (Botschaft 2008, S. 7091) stark belastet. Dieser ausserordentliche Einnahmenausfall muss gemäss der neu per 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Ergänzungsregel zur Schuldenbremse durch jährliche Einsparungen im ordentlichen Haushalt von rund 200 Millionen während maximal 8 Jahren kompensiert werden. Tabelle 9 zeichnet die beiden Schritte zur Ermittlung des haushaltsneutralen Einheitssatzes nach: Tabelle 9 Herleitung des haushaltsneutralen Einheitssatzes

Massnahmen

1. Schritt Einführung des Einheitssatzes 2. Schritt Aufhebung Steuerausnahmen: a)

Gesundheits- und Sozialwesen

b)

Bildung und Erziehung

c)

Interessenvertretungen, kirchliche und sonstige Vereinigungen; Unterhaltung, Kultur und Sport Übrige Bereiche

d)

Mehreinnahmen Satz nach in Mio. Franken haushaltsbei einem Einheitsneutraler satz von 6,709 % Reduktion Pro kumuliert Position 0 0 6,709% 1 557

1 557

6,134%

186

1 744

6,072%

70

1 813

6,049%

- 38

1 776

6,061%

Zur Finanzierung des unbefristeten sozialpolitischen Korrektivs wird der haushaltsneutrale Einheitssatz von (gerundet) 6,1 Prozent unbefristet um 0,1 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent angehoben.

Der Übergang vom heutigen Dreisatz-System zum Einheitssatz von 6,2 Prozent macht auch eine Anpassung des pauschalierten Vorsteuerabzugs für Urprodukte (Art. 28 Abs. 2 MWSTG) von 2,4 Prozent auf 3,0 Prozent notwendig.

5429

3.3

Auswirkungen auf die steuerpflichtigen Personen

Administrative Erleichterungen ergeben sich zum einen durch den Einheitssatz.

Diese Entlastungen fallen überall dort an, wo eine steuerpflichtige Person Leistungen erbringt, die heute unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen. Bei den effektiv abrechnenden steuerpflichtigen Personen präsentiert sich die Lage für das Jahr 2008 wie folgt: Tabelle 11 Steuerpflichtige, die mit zwei oder drei Steuersätzen abrechnen Angewandte Steuersätze

Anzahl Steuerpflichtige in % *

Normal- + reduzierter Satz, ohne Sondersatz

28 977

13,8%

Normal- + Sondersatz, ohne reduzierter Satz

3 043

1,4%

Reduzierter + Sondersatz, ohne Normalsatz Normal- + reduzierter + Sondersatz Beherbergung Steuerpflichtige mit 2 oder 3 Steuersätzen

3

0,0%

2 937

1,4%

34 960

16,6%

* in % aller effektiv abrechnenden Steuerpflichtigen, die im Jahr 2008 steuerbare Umsätze deklariert haben

Hinzu kommen noch schätzungsweise 15 000 Steuerpflichtige, die mit Saldo- oder Pauschalsteuersätzen abrechnen und Leistungen erbringen, die unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen. Insgesamt ziehen also rund 50 000 oder fast ein Sechstel aller Steuerpflichtigen namhafte administrative Vorteile aus dem Einheitssatz.

Sodann profitieren die rund 220 000 effektiv abrechnenden Steuerpflichtigen davon, dass ihre Leistungsbezüge dem Einheitssatz unterliegen, denn dadurch wird die Ermittlung der zum Vorsteuerabzug berechtigenden MWST spürbar erleichtert.

Zum anderen haben im Jahr 2008 44 550 Steuerpflichtige (= 13,5 % aller Steuerpflichtigen) unter Ziffer 043 ihres Abrechnungsformulars von der Steuer ausgenommene Einnahmen deklariert. Von diesen Steuerpflichtigen rechneten 37 582 nach der effektiven Methode ab und mussten deshalb ihren Vorsteuerabzug korrigieren. Es ist zwar davon auszugehen, dass ein Teil davon keine nach Artikel 21 MWSTG ausgenommenen Leistungen erzielt, sondern Subventionen erhalten hat.

Dennoch kann festgehalten werden, dass viele Steuerpflichtige durch die Aufhebung des Grossteils der Steuerausnahmen eine deutliche administrative Entlastung erfahren würden.

3.3.1

Senkung der Steuerlast für den Grossteil der Betriebe

Die Steuerlast für den Grossteil der Produkte und Leistungen sinkt. Anbieter und Anbieterinnen von Produkten, die steuerlich weniger stark belastet werden, können ihre Preise senken und ihren Absatz steigern:

5430

Tabelle 12 Veränderung der MWST-Belastung der Branchen (2008) Abnahme der Belastung Erbringung von gärtnerischen Dienstleistungen Herstellung von Wein, Spirituosen und Tabak Forstwirtschaft Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden Herstellung von zum Normalsatz steuerbaren Waren Energieversorgung Bauwirtschaft Autogewerbe Handel mit zum Normalsatz steuerbaren Gegenständen Gastgewerbe (ohne: Catering) Reparaturgewerbe Verkehr und Nachrichtenübermittlung Kreditinstitute, Versicherungen Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung unternehmensbezogener Dienstleistungen Abwasser-, Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (Coiffeur/Coiffeuse, Fintesscenter usw.)

Unbestimmte Tätigkeiten

Anzahl 2 939 1 139 881 480 27 425 1 386 52 138 14 270 41 788 20 625 586 11 692 6 339 90 534

Sowohl Zu- als auch Abnahme der Belastung Herstellung von Düngemitteln und pharmazeutischen Erzeugnissen Druckereien + Bindereien Herstellung von Gegenständen zum Normalsatz und zum reduzierten Satz Handel mit Gegenständen zum Normalsatz und reduzierten Satz (Supermärkte, Kioske, Zoohandlungen usw.)

Caterer Beherbergungsstätten mit Restaurant Verlage Öffentlicher Sektor, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen (ohne: Ärzte und Ärztinnen) Interessenvertretungen, Kultur, Sport und Unterhaltung (ohne: Kinos)

Anzahl 322 1 470 406 8 587

Zunahme der Belastung Landwirtschaft, Fischerei Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, Mineralwasser und Erfrischungsgetränken Beherbergungsstätten ohne Leistungen zum Normalsatz Wasserversorgung Handel mit (vorwiegend) Getreide, Saatgut, Futtermitteln, Pflanzen, Nahrungsmitteln, pharmazeutischen Erzeugnissen, Büchern usw.

Allgemein- und Fachärzte und -ärztinnen Kinos

Anzahl 2 228 1 925

Total

3 023 8 753 17 284 015 86,1% Total

608 4 892 1 385 5 428 6 488

29 586 9,0% Total

688 1 045 8 317 1 850 118

Total steuerpflichtige Personen

16 171 4,9% 329 772

5431

3.3.2

Auswirkungen auf die neuen Steuerpflichtigen

3.3.2.1

Auswirkungen auf das Gesundheitswesen

Aus dem Gesundheits- und Sozialwesen flossen dem Bund im Jahr 2005 MWSTEinnahmen in Höhe von schätzungsweise 1114 Millionen Franken zu. Davon waren 952 Millionen Franken oder 85 Prozent taxe occulte.43 Nach der Reform von Teil B mit einem Einheitssatz von 6,2 Prozent können neu 2405 Millionen Franken an Einnahmen erwartet werden. Somit ergeben sich MWST-Mehreinnahmen von 1291 Millionen Franken. Die Veränderung der Einnahmen gliedert sich wie folgt: Tabelle 14 Auswirkungen auf das Gesundheitswesen Beträge in Mio. Franken Steuer auf Umsatz

Status quo

Teil B mit Einheitssatz 6,2%

Differenz

81

2 185

Steuer auf Vorleistungen (nicht abziehbar)

15

17

2

Steuer auf Konsum

66

2 168

2 102

- Ärzte/Ärztinnen

4

655

651

- Zahnärzte/Zahnärztinnen

2

231

230

17

182

164

6

803

797

- Veterinäre/Veterinärinnen

12

10

-2

- Übrige

24

287

263

14

150

136

952

3

- 949

- Übriges Gesundheitswesen - Spitäler

Vorsteuerkürzung infolge Subventionen Taxe occulte Saldosteuer Total

2 104

67

67

0

1 114

2 405

1 291

Durch die Unterstellung unter die MWST wird die taxe occulte weitgehend beseitigt. Die Produzentenpreise sinken dadurch um 1,8 Prozent. Da die verzerrenden Effekte der taxe occulte wegfallen, ist darüber hinaus mit weiteren Effizienzgewinnen im Gesundheits- und Sozialbereich zu rechnen.

Da die Dienstleistungen des Gesundheitswesens praktisch ausschliesslich von privaten Haushalten nachgefragt werden, bleibt die MWST an diesen hängen, sei es direkt als Selbstzahler oder Selbstzahlerin oder indirekt via höhere Krankenkassenprämien. Insgesamt ist mit einer Erhöhung der Konsumentenpreise im Bereich der Gesundheits- und Sozialdienstleistungen um rund 3,1 Prozent zu rechnen.44

43

44

In diesen Zahlen nicht enthalten sind die Verkäufe von Medikamenten (auch wenn diese durch Spitäler verabreicht oder durch selbst dispensierende Ärzte und Ärztinnen verkauft werden) und von Prothesen und orthopädischen Apparaten.

Auf Basis des Jahres 2005 und der Konsumentenpreise ergibt sich bei den Medikamenten eine Mehrbelastung von 3,7 % und bei den therapeutischen Apparaten eine Minderbelastung von 1,3 %. Beim Gesundheits- und Sozialwesen ohne diese beiden Gruppen erhöhen sich die Konsumentenpreise um 3,2 %.

5432

3.3.2.2

Auswirkungen auf Bildung und Forschung

Aus der Branche Erziehung und Unterricht fliessen der ESTV im Status quo Einnahmen von rund 590 Millionen Franken zu (Jahr 2012). Mehr als 95 Prozent davon ist taxe occulte.

Auch mit der in Teil B vorgesehenen Neuregelung bleibt die öffentliche Bildung weitestgehend von der Steuer ausgenommen, da für ihre Leistungen in der Regel kein Entgelt geleistet wird. Die steuerbaren Umsätze betragen rund 5,3 Milliarden Franken und die MWST-Einnahmen des Bundes rund 735 Millionen Franken. Durch diese Erhöhung der Bundeseinnahmen um 145 Millionen Franken ergibt sich eine Mehrbelastung der Haushalte um 41 Franken pro Jahr. Allerdings ist davon auszugehen, dass die nun neu der Steuer unterliegenden Bildungsangebote überproportional von finanzstarken Haushalten nachgefragt werden.

3.3.2.3

Auswirkungen auf den Kulturbereich

Die im Bereich Kultur durch die Reform neu steuerbaren Leistungen können nachstehender Tabelle 15 entnommen werden.

Tabelle 15 Umsätze im Kulturbereich

Kulturbranche

Umsätze in Mio. Fr.

Kinos

215

Theater und Konzerthallen

210

Kulturschaffende (inkl. Musik)

570

Museen

110

Bibliotheken

10

Zoos und botanische Gärten

30

Zirkus und Schausteller

35

Veranstalter Total

410 1 590

Die Werte stammen hauptsächlich aus dem Jahr 2008

5433

Tabelle 16 legt dar, wie hoch die Steuereinnahmen und die taxe occulte im Status quo sind und auf welchen Betrag sich die Steuereinnahmen in Teil B der Reform belaufen: Tabelle 16 MWST-Einnahmen des Bundes aus dem Kulturbereich Kulturbranche

MWST-Einnahmen in Millionen Franken, die in der Bundeskasse verbleiben Status quo Teil B mit Differenz Einheitssatz 6,2 %

Kinos

10

17

7

Theater und Konzerthallen

15

23

8

7

7

0

13

13

0

Kulturschaffende (inkl. Musik) Museen Bibliotheken

5

8

3

Zoos und botanische Gärten

4

12

8 1

Zirkus und Schausteller Veranstalter Urheberrechte * Total

2

3

15

19

4

1

0

-1

72

102

30

* keine privaten Endabnehmer/Endabnehmerinnen

Aus dem der Kunstbranche nachgelagerten Handel mit Büchern, Kunstwerken sowie Ton- und Bildträgern ergeben sich im Status quo schätzungsweise 105 Millionen Franken MWST-Einnahmen pro Jahr. Im Teil B der Reformvorlage vergrössern sich die MWST-Einnahmen aus diesen nachgelagerten Branchen um rund 15 Millionen Franken auf 120 Millionen Franken.

Durch leicht teurere Eintritte an Kulturveranstaltungen steigen die Ausgaben der Haushalte um insgesamt 30 Millionen Franken an (vgl. Tabelle 16). Pro Haushalt entspricht dies einer Zunahme der Belastung um 9 Franken pro Jahr.

3.3.2.4

Auswirkungen auf den Sport

Die gut 1800 eingetragenen Betreiber von Sportanlagen, Sportvereine und Erbringer und Erbringerinnen von sonstigen Sport-Dienstleistungen rechneten im Jahr 2008 154 Millionen Franken Steuer auf dem Umsatz ab. Ein Teil der Leistungen wird jedoch an Steuerpflichtige erbracht, die den Vorsteuerabzug vornehmen können. In der Bundeskasse bleiben deshalb nur 108 Millionen Franken. Hinzu kommt noch die auf den von der Steuer ausgenommenen Leistungen lastende und die bei nicht steuerpflichtigen Vereinen anfallende taxe occulte. Diese wird auf 38 Millionen Franken geschätzt. Insgesamt stammen also 146 Millionen Franken oder 0,7 Prozent der MWST-Gesamteinnahmen des Bundes aus dem Sportbereich.

5434

Mit der Aufhebung der bisherigen Steuerausnahmen im Sportbereich werden diverse Leistungen neu steuerbar. Die Berechnungen berücksichtigen, dass für nicht gewinnstrebige, ehrenamtlich geführte Sportvereine und -verbände eine erhöhte Umsatzgrenze von 300 000 Franken für die Befreiung von der Steuerpflicht gilt: Tabelle 18 Neu steuerbare Leistungen im Sportbereich Neu steuerbare Leistungen

Umsätze (in Mio. Fr.)

Mitgliederbeiträge (nur Aktiv-Mitgliedschaften)

240

Eintritte Sportveranstaltungen

130

Eintritte Sportanlagen, Einschreibegebühren, Startgelder, Lizenzen

140

Unterrichtsleistungen

320

Total

830

Die finanziellen Auswirkungen der Unterstellung bei einem Einheitssatz von 6,2 Prozent können nachstehender Tabelle 19 entnommen werden.45 Es zeigt sich, dass die Mehrwertsteuereinnahmen des Bundes aus dem Sportbereich gleich hoch ausfallen wie im Status quo.

Tabelle 19 MWST-Einnahmen des Bundes aus dem Sportbereich MWST-Einnahmen, die in der Bundeskasse verbleiben Bisher steuerbare Leistungen durch Steuerpflichtige

Status quo

Teil B mit Einheitssatz 6,2 %

Differenz

108

92

Bisher ausgenommen, neu steuerbar

a)

1

3

2

Bisher ausgenommen, neu steuerbar

b)

24

40

16

Steuerbare Leistungen durch Nicht-Steuerpflichtige Nicht steuerbare Leistungen Total

d)

c)

-16

10

9

-1

3

2

-1

146

146

0

a)

Durch bisherige Steuerpflichtige an nicht steuerpflichtige Unternehmen oder Vereine erbracht Durch Steuerpflichtige und Nicht-Steuerpflichtige an Privatpersonen erbracht c) Taxe occulte auf bisher an sich steuerbaren Leistungen bei weiterhin Nicht-Steuerpflichtigen d) Taxe occulte auf bisher und weiterhin nicht steuerbaren Leistungen, erbracht an Private und Nicht-Steuerpflichtige b)

45

Die ESTV stützt sich bei dieser Berechnung insbesondere auf die Haushaltbudgeterhebung 2006/2007 des Bundesamtes für Statistik, die MWST-Statistik 2008 und folgende Studien: ­ M. Lamprecht / H.P. Stamm, Die Situation der Sportvereine in der Schweiz, Kurzbericht 1997 ­ M. Lamprecht / K. Murer / H.P. Stamm, Probleme, Strategien und Perspektiven der Schweizer Sportvereine, Zürich 2005 ­ M. Lamprecht / A. Fischer / H.P. Stamm, Sport Schweiz 2008: Das Sportverhalten der Schweizer Bevölkerung, Magglingen: Bundesamt für Sport (BASPO)

5435

3.4

Auswirkungen auf den Bund

Die Belastung des Bundes durch die MWST auf den Bezügen von Gegenständen und Dienstleistungen reduziert sich durch den Einheitssatz von 6,2 Prozent um rund 70 Millionen Franken (Stand 2007).

Mehrausgaben ergeben sich demgegenüber durch die integrale Unterstellung der Leistungen des Gesundheitswesens unter die MWST. Die dadurch verursachte Verteuerung dieser Leistungen führt nämlich zu höheren Prämien der obligatorischen Krankversicherung. Dies wiederum bewirkt eine Zunahme der vom Bund zu finanzierenden individuellen Prämienverbilligungen um rund 73 Millionen Franken pro Jahr.

Die Erbringer und Erbringerinnen von Leistungen, die bisher von der Steuer ausgenommen und neu der Steuer unterstellt sind, haben auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Aufhebung der Ausnahmen Anspruch auf Einlageentsteuerung. Diese Einlageentsteuerung beläuft sich auf maximal 1,7 Milliarden Franken. Die Gewährung der Einlageentsteuerung stellt für den Bundeshaushalt eine ausserordentliche Ausgabe dar und muss gemäss der am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Ergänzungsregel zur Schuldenbremse (Art. 17a­17d FHG46) innerhalb von sechs Jahren durch Anpassungen im ordentlichen Haushalt oder durch ausserordentliche Einnahmen kompensiert werden. Der Bundesrat wird somit aufgrund dieser Ausgaben kein eigentliches Sparprogramm vorlegen. Längerfristig werden die Wachstumseffekte der Reform zu Mehreinnahmen und zu einer entsprechenden Erhöhung des finanziellen Spielraums führen.

Das am 1. Januar 2010 in Kraft getretene MWSTG führte zu einem Mehraufwand für die ESTV, der rund 30 Vollzeitstellen entspricht. Mit dem Voranschlag 2010 erhielt die ESTV 10 zusätzliche Stellen. Die Umsetzung von Teil B der Reformvorlage ermöglicht es, diesen Mehraufwand rückgängig zu machen, und erlaubt überdies einen Abbau des Personalbestandes der ESTV um rund 30 Stellen.

3.5

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die Kantone und Gemeinden sind Nutzniesser eines Einheitssatzes, der deutlich unter dem aktuellen Normalsatz liegt. So sind beispielsweise Bauleistungen, aber auch Käufe von Computern, Büromöbeln, Kommunalfahrzeugen und dergleichen statt mit 7,6 Prozent nur noch mit 6,2 Prozent MWST belastet. Daraus resultiert eine Steuerminderbelastung auf den Bezügen von Gegenständen und Dienstleistungen im Umfang von 150 bis 155 Millionen Franken bei den Kantonen und von rund 145 Millionen Franken bei den Gemeinden (Stand: 2007).

Die Reform hat weiter Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden, soweit es sich um steuerpflichtige Dienststellen handelt. Wie alle übrigen steuerpflichtigen Personen haben auch die steuerpflichtigen Dienststellen der Kantone und Gemeinden die Änderungen im Gesetz und dabei insbesondere die Änderungen im Steuersatz zu vollziehen.

Die Kantone und Gemeinden sind aber auch betroffen von der Aufhebung der Ausnahmen im Gesundheits-, Bildungs-, Sozial- und Kulturbereich. Auf den in diesen 46

Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 2005; SR 611.0

5436

Bereichen erbrachten Leistungen lastete bislang in der Regel nur die taxe occulte auf den Vorleistungen und Investitionen. Neu werden die entgeltlich erbrachten Leistungen der MWST unterstellt. Dies führt zu einer Verteuerung dieser Leistungen.

Ein mehr oder weniger grosser Teil der Mehrbelastung wird auf die Empfänger und Empfängerinnen der Leistungen, das heisst die Patienten und Patientinnen (über das Krankenkassensystem), die Schüler und Schülerinnen (über das Schulgeld) und die Konzert- oder Theaterbesucher und -besucherinnen (über den Eintrittspreis) überwälzt. Ein ­ eher geringer ­ Teil wird durch effizientere Erbringung der Leistung kompensiert. Zudem ist denkbar, dass einige Leistungen nicht mehr erbracht werden. Des Weiteren ist damit zu rechnen, dass die Defizite in diesen Bereichen grösser werden und die Kantone und teilweise auch die Gemeinden mehr Defizitdeckung leisten müssen. Dieser Mehrbedarf an Subventionen dürfte sich auf rund 200 Millionen Franken belaufen.

Kein Mehrbedarf besteht hingegen bei den Objektsubventionen, die durch Kantone und Gemeinden ausgerichtet werden. Der Bau eines Spitals beispielsweise wird durch die Reform nicht teurer, sondern im Gegenteil dank des Einheitssatzes günstiger. Die entsprechenden Steuer-Minderbelastungen sind in den im ersten Absatz dieser Ziffer aufgeführten Werten enthalten.

Ausserdem können die infolge der Aufhebung von Steuerausnahmen neu steuerpflichtigen Personen im Einführungsjahr eine Einlageentsteuerung vornehmen. Wie in Ziffer 3.4 dargestellt, beläuft sich diese auf maximal 1,7 Milliarden Franken.

Davon entfallen rund 1,3 Milliarden Franken auf das Gesundheits- und Sozialwesen.

Dieser Betrag entspricht ungefähr der jährlichen Zusatzbelastung der Leistungen des Gesundheitswesens gemäss Tabelle 14. Damit fallen im Gesundheits- und Sozialwesen im Einführungsjahr keine Mehrkosten an.

Schliesslich ist infolge der integralen Unterstellung der Leistungen des Gesundheitswesens unter die MWST mit höheren Prämien der obligatorischen Krankenversicherung zu rechnen. Dies bewirkt eine Zunahme der von den Kantonen zu finanzierenden individuellen Prämienverbilligungen um rund 67 Millionen Franken pro Jahr.

Dank der Einlageentsteuerung haben die Aufhebung der Steuerausnahmen und die Vereinheitlichung des Steuersatzes im Einführungsjahr keine
negativen Folgen für die Kantone und Gemeinden. Ab dem zweiten Jahr sind sie per Saldo leichte Gewinner der Reform, wobei die Kantone stärker und die Gemeinden deutlich weniger stark belastet werden als im Status quo.

Insgesamt werden die Kantone ab dem zweiten Jahr durch die Reform im Umfang von ca. 112 Millionen Franken stärker belastet. Die Gemeinden hingegen werden um ca. 145 Millionen Franken jährlich entlastet.

3.6

Auswirkungen auf die privaten Haushalte

3.6.1

Kurzfristige Auswirkungen auf die Haushalte

In der Botschaft 2008 wurden die Berechnungen zu den Auswirkungen auf die MWST-Belastung der Haushalte anhand der Einkommens- und Verbrauchserhebungen (EVE) der Jahre 2003­2005 des Bundesamtes für Statistik (BFS) vorgenommen. Im Jahr 2006 hat das BFS die EVE durch die Haushaltbudgeterhebung 5437

(HABE) ersetzt. Publiziert hat das BFS bisher die Ergebnisse der HABE 2006 und 2007. Für die Berechnungen in den nachfolgenden Tabellen und Abbildungen kommt deshalb ein Zusammenzug dieser beiden Haushaltbudgeterhebungen zur Anwendung. Da die Anzahl Datensätze deutlich niedriger ist als beim Zusammenzug der EVE 2003­2005, kann das BFS nicht für alle Einkommensklassen der Haushaltstypen Angaben liefern.

Die Belastung der Haushalte nimmt in Teil B mit Einheitssatz von 6,2 Prozent in allen Einkommensklassen47 zu. Nicht berücksichtigt sind dabei allerdings die Entlastungen der Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen im Rahmen des sozialpolitischen Korrektivs. Diese komparativ-statischen Berechnungen basieren auf der Annahme, dass Steuersenkungen beziehungsweise -erhöhungen vollumfänglich an die Kunden und Kundinnen weiter gegeben werden: Tabelle 20 MWST-Belastung der Haushalte im Status quo und in Teil B (ohne sozialpolitisches Korrektiv) Einkommensklassen (Franken pro Monat) Haushaltseinkommen pro Monat Personen pro Haushalt

Alle Haushalte 8 749 2,23

Belastung in Franken pro Monat Belastung in % des Einkommens

315,88 3,61%

04 499 3 148 1,41

4 500 6 599 5 636 1,90

6 600 8 799 7 654 2,27

8 800 12 200 12 199 und mehr 10 318 17 031 2,75 2,83

225,05 3,99%

289,40 3,78%

362,54 3,51%

548,82 3,22%

308,42 4,03%

381,82 3,70%

556,50 3,27%

19,02 0,25%

19,29 0,19%

7,68 0,05%

Status quo 154,90 4,92%

Teil B mit Einheitssatz von 6,2 % Belastung in Franken pro Monat Belastung in % des Einkommens

332,84 3,80%

174,67 5,55%

244,08 4,33%

Differenzen in Franken und Prozenten Mehrbelastung in Franken pro Monat Mehrbelastung in % des Einkommens

47

16,95 0,19%

19,77 0,63%

19,03 0,34%

Es handelt sich hierbei um Quintile. Jede Einkommensklasse umfasst also (gerundet) 20 % aller Haushalte.

5438

Abbildung 9 MWST-Belastung der Haushalte im Status quo und in Teil B (in Franken pro Monat; ohne sozialpolitisches Korrektiv) 600

Franken pro Monat

500 400 300 200 100 Alle Haushalte

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

8 800 12 199

12 200 und mehr

Einkommensklassen Status quo

T eil B mit Einheitssatz von 6,2 %

Abbildung 10 MWST-Belastung der Haushalte im Status quo und in Teil B (in Prozent des Haushaltseinkommens; ohne sozialpolitisches Korrektiv)

in % des Haushaltseinkommens

5.9% 4.9% 3.9% 3.0% 2.0% 1.0% 0.0% Alle Haushalte

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

8 800 12 199

12 200 und mehr

Einkommensklassen Status quo

T eil B mit Einheitssatz von 6,2 %

Vor allem Familien mit Kindern und Rentnerhaushalte haben in Teil B kurzfristig eine Erhöhung der MWST-Last zu erwarten. Positiv wirkt sich die Reform hingegen auf einen Teil der Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner und Rentnerinnen) aus.

5439

Tabelle 21 zeigt auf, welche Mehr- und Minderbelastungen sich bei einem Einheitssatz von 6,2 Prozent ergäben, wenn der Ertrag aus 0,1 Prozentpunkten nicht im Rahmen des sozialpolitischen Korrektivs zurückerstattet würde: Tabelle 21 Mehrbelastung der Haushaltstypen in Franken pro Monat in Teil B gegenüber Status quo (ohne sozialpolitisches Korrektiv) Einkommensklassen (Fr. pro Monat) Alle Haushalte Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Renterinnen)

04 499

4 500 6 599

19,77

19,03

19,02

8,10

3,82

-1,24

Paar-Haushalte (ohne Kinder)

25,22

Paar-Haushalte (mit 1 Kind) Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) Rentner/Rentnerinnen-Haushalte

6 600 8 799

23,20

29,78

8 800 12 199

12 200 und mehr

19,29

7,68

-8,26

16,87

8,92

-4,35

22,62

26,73

13,18

31,70

30,24

21,86

19,51

30,70

Rentner- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen "8 800 - 12 199" und "12 200 und mehr" zusammengefügt.

Nun ist jedoch vorgesehen, die Steuermehrbelastung der Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen mittels eines sozialpolitischen Korrektivs vollumfänglich zu kompensieren (vgl. Ziff. 4). Konkret sollen die einkommensschwächsten 40 Prozent der Haushalte durch die Reformvorlage nicht schlechter gestellt werden als im Status quo: Tabelle 22 Mehrbelastung der Haushaltstypen in Franken pro Monat in Teil B gegenüber Status quo (mit sozialpolitischem Korrektiv) Einkommensklassen (Fr. pro Monat)

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

Alle Haushalte

-

-

19,02

Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Renterinnen)

-

-

-1,24

8 800 12 199

12 200 und mehr

19,29

7,68

-8,26

Paar-Haushalte (ohne Kinder)

-

-

16,87

8,92

-4,35

Paar-Haushalte (mit 1 Kind)

-

-

22,62

26,73

13,18

Paar-Haushalte (mit 2 Kindern)

-

-

31,70

30,24

21,86

Rentner/Rentnerinnen-Haushalte

-

-

30,70

19,51

Rentner- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen "8 800 - 12 199" und "12 200 und mehr" zusammengefügt.

Die Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen sind also dank dem sozialpolitischen Korrektiv in Teil B nicht stärker belastet als im Status quo.

Gegenüber einem Einheitssatz von 6,1 Prozent werden die Haushalte der einkommensschwächsten zwei Quintile durch das Korrektiv um bis zu 26 Franken pro Monat entlastet, wie Tabelle 23 zeigt. Finanziert wird das Korrektiv durch die Haushalte aus den oberen drei Einkommens-Quintilen. Deren monatliche MWSTBelastung ist in Teil B mit Einheitssatz von 6,2 Prozent maximal 10 Franken höher, als sie bei einem Einheitssatz von 6,1 Prozent wäre:

5440

Tabelle 23 Mehr- und Minderbelastung der Haushaltstypen in Franken pro Monat in Teil B mit Einheitssatz von 6,2 % (mit sozialpolitischem Korrektiv) gegenüber Einheitssatz von 6,1 % Einkommensklassen (Fr. pro Monat) Alle Haushalte Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Renterinnen)

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

-16,92

-15,05

5,03

-5,37

-0,54

4,08

Paar-Haushalte (ohne Kinder)

12 200 und mehr

6,23

9,08

5,66

5,23

6,07

Paar-Haushalte (mit 1 Kind)

5,16

6,34

9,20

Paar-Haushalte (mit 2 Kindern)

5,46

6,73

9,75

Rentner/Rentnerinnen-Haushalte

-20,93

8 800 12 199

-20,55

-25,50

5,63

8,75

8,10

Rentner- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen "8 800 - 12 199" und "12 200 und mehr" zusammengefügt.

Nachfolgend wird für vier dieser Haushaltstypen aufgezeigt, wie sich Teil B im Vergleich zum Status quo auf die einzelnen Ausgabenkategorien auswirkt. Ausgewählt wurde bei den Paar-Haushalten ohne Kinder sowie den Paar-Haushalten mit zwei Kindern jeweils diejenige Einkommensklasse, in der sich auch das durchschnittliche Einkommen des Haushaltstyps befindet. Bei den Einpersonen-Haushalten (ohne Rentner und Rentnerinnen) sowie bei den Rentner-Haushalten profitiert diejenige Klasse, in der sich das durchschnittliche Einkommen befindet, vom sozialpolitischen Korrektiv. Deshalb wurde die nächst höhere Einkommensklasse herangezogen.

5441

Tabelle 24 Mehr- und Minderbelastung der einzelnen Ausgabenkategorien bei vier ausgewählten Haushaltstypen in Teil B im Vergleich zum Status quo Haushaltstyp

Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Rentnerinnen)

Haushaltseinkommen pro Monat

Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke und Tabakwaren Bekleidung und Schuhe Wohnen und Energie Wohnungseinrichtung u. laufende Haushaltsführung

Paar-Haushalte (ohne Kinder) 8 800 - 12 199

6 600 - 8 799

Einkommensklasse (Franken pro Monat) 7 507 Ausgaben in Fr. pro Monat

10 417 Ausgaben in Fr. pro Monat

MWST Status quo

MWST Teil B mit 6,2%

MWST Differenz 24,05

MWST Status quo

MWST Teil B mit 6,2%

MWST Differenz

327,68

7,68

19,77

12,09

652,09

15,28

39,34

77,26

5,42

4,44

-0,98

133,33

9,34

7,66

-1,68

161,27

11,39

9,26

-2,13

244,26

17,25

14,02

-3,23

1 273,28

19,65

16,02

-3,63

1 567,94

29,60

24,27

-5,33

192,46

13,04

10,63

-2,41

344,04

24,04

19,55

-4,49

Gesundheitspflege

163,13

6,88

9,84

2,96

251,62

10,43

15,23

4,80

Verkehr

618,08

37,01

30,09

-6,92

908,31

54,63

44,41

-10,22

Nachrichtenübermittlung

145,96

10,31

8,38

-1,93

204,34

14,43

11,73

-2,70

Unterhaltung, Erholung und Kultur

538,78

23,30

24,82

1,53

773,31

31,02

33,80

2,78

37,51

1,14

2,32

1,18

38,17

1,16

2,36

1,20

Schul- und Ausbildungsgebühren Gast- und Beherbergungsstätten

515,65

32,69

29,66

-3,03

698,94

45,37

40,24

-5,13

Andere Waren und Dienstleistungen

174,71

10,56

9,19

-1,37

216,80

13,17

11,39

-1,77 17,36

1 661,74

32,36

41,19

8,83

2 443,41

50,91

68,27

Spenden und monetäre Transferausgaben an andere Haushalte

Versicherungen

372,85

2,10

1,88

-0,22

193,55

1,09

0,98

-0,12

Sonstige Übertragungen (getätigte Geschenke)

177,35

10,79

10,15

-0,63

143,63

8,72

8,24

-0,48

Steuern und Gebühren

898,09

27,30

22,75

-4,56

1 209,12

36,76

30,62

-6,14

Total (in Franken pro Monat)

7 335,79

251,61

250,37

-1,24

10 022,86

363,20

372,12

8,92

Total (in % des Haushaltseinkommens)

97,718% 3,352%

3,335%

-0,017%

96,214% 3,486%

3,572%

0,086%

Haushaltstyp

Paar-Haushalte (mit 2 Kindern)

Haushaltseinkommen pro Monat

Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke und Tabakwaren Bekleidung und Schuhe Wohnen und Energie

Rentner-Haushalte

8 800 - 12 199

Einkommensklasse (Franken pro Monat)

6 600 - 8 799

10 411 Ausgaben in Fr. pro Monat

7 570 Ausgaben in Fr. pro Monat

MWST Status quo

MWST Teil B mit 6,2%

MWST Differenz

MWST Status quo

MWST Teil B mit 6,2%

MWST Differenz

950,83

22,28

57,36

91,12

6,34

5,24

35,07

703,91

16,50

42,46

25,96

-1,11

106,94

7,48

6,14

357,14

25,23

20,50

-1,34

-4,72

201,41

14,23

11,56

-2,66 -6,40

1 563,03

28,84

23,74

-5,10

1 269,70

35,81

29,41

Wohnungseinrichtung u. laufende Haushaltsführung

405,81

28,02

22,81

-5,21

341,26

23,37

19,03

-4,34

Gesundheitspflege

301,87

12,36

18,31

5,95

558,94

21,35

34,03

12,68

Verkehr

873,69

53,63

43,60

-10,03

601,21

36,68

29,82

-6,86

Nachrichtenübermittlung

229,42

16,20

13,17

-3,03

123,25

8,71

7,08

-1,63

Unterhaltung, Erholung und Kultur

870,10

40,15

42,82

2,67

651,80

23,69

28,07

4,38

76,02

2,31

4,70

2,38

20,80

0,63

1,29

0,65

Schul- und Ausbildungsgebühren Gast- und Beherbergungsstätten

595,02

37,40

34,03

-3,37

415,66

26,67

23,81

-2,86

Andere Waren und Dienstleistungen

293,96

16,84

16,27

-0,57

267,05

15,37

12,97

-2,40 22,45

2 673,44

57,73

80,08

22,35

1 061,78

34,34

56,79

Spenden und monetäre Transferausgaben an andere Haushalte

Versicherungen

83,12

0,47

0,42

-0,05

335,45

1,89

1,69

-0,20

Sonstige Übertragungen (getätigte Geschenke)

79,74

4,65

4,59

-0,06

176,46

10,79

10,16

-0,62

968,72

29,45

24,53

-4,92

1 205,74

36,65

30,54

-6,12

Total (in Franken pro Monat)

10 413,04

381,93

412,17

30,24

8 041,37

314,15

344,85

30,70

Total (in % des Haushaltseinkommens)

100,024% 3,669%

3,959%

0,290%

106,234% 4,150%

4,556%

0,406%

Steuern und Gebühren

5442

3.6.2

Auswirkungen auf den Landesindex der Konsumentenpreise

Tabelle 25 zeigt auf, dass im Jahr nach der Einführung von Teil B mit einer Erhöhung der Konsumentenpreise um maximal 0,458 Prozent zu rechnen ist:48 Tabelle 25 Auswirkungen von Teil B mit Einheitssatz von 6,2 % auf den Landesindex der Konsumentenpreise Gewicht (2010) Total

Neuberechneter Veränderung Index in %

Beitrag

100,000

100,458

0,458

0,458

11,063

103,711

3,711

0,411

Alkoholische Getränke und Tabak

1,764

98,699

-1,301

-0,023

Bekleidung und Schuhe

4,454

98,699

-1,301

-0,058

25,753

99,649

-0,351

-0,090

4,635

98,755

-1,245

-0,058

Gesundheitspflege

13,862

102,806

2,806

0,389

Verkehr

11,011

98,878

-1,122

-0,124 -0,036

Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke

Wohnen und Energie Hausrat und laufende Haushaltführung

Nachrichtenübermittlung

2,785

98,699

-1,301

10,356

100,763

0,763

0,079

0,669

103,107

3,107

0,021

Restaurants und Hotels

8,426

99,547

-0,453

-0,038

Sonstige Waren und Dienstleistungen

5,222

99,715

-0,285

-0,015

Freizeit und Kultur Erziehung und Unterricht

Es ist allerdings ­ gestützt auf die Erfahrungen beim Übergang von der Warenumsatzsteuer zur MWST im Jahr 1995 und bei der Steuersatzerhöhung im Jahr 1999 ­ davon auszugehen, dass die Steuermehrbelastungen nur zu rund 70 Prozent auf die Konsumenten und Konsumentinnen überwälzt werden.

3.6.3

Langfristige Auswirkungen auf die privaten Haushalte

Die langfristigen positiven Effekte auf die privaten Haushalte von 120 bis 750 Franken49 übersteigen die kurzfristigen jährlichen Zusatzbelastungen von 70 Franken50 deutlich: 48 49

50

Die Berechnungen wurden von der ESTV in Zusammenarbeit mit dem BFS, Sektion Preise, durchgeführt.

Bodmer, S. 19, Tabelle 4 (vgl. Fn. 52); die Berechnungen gehen von einem Einheitssatz von 6,0 % aus; die prozentualen Auswirkungen gemäss Bodmer werden alsdann mit Hilfe der verfügbaren Einkommen gemäss Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung 2007 in Franken pro Haushalt umgerechnet; der volle Wachstumseffekt wird nach 12 bis 15 Jahren erreicht.

Dies entspricht der Mehrbelastung der inländischen Haushalte beim ertragsneutralen Einheitssatz von 6,1 % und kann somit mit den langfristigen Effekten gemäss Gutachten Bodmer (vgl. Fn. 52) verglichen werden.

5443

Zusatzabbildung 4 Vergleich kurzfristige und langfristige Auswirkungen auf die privaten Haushalte 0,80%

In % des Bruttoeinkommens

0,60% 0,40% 0,20% 0,00% -0,20% -0,40% -0,60% T iefe Einkommen

Mittlere Einkommen

Hohe Einkommen

Kurzfristige Auswirkungen bei Einheitssatz 6,1 % (HABE)

Rentner

Langfristige Auswirkungen (Bodmer)

Bei den kurzfristigen Auswirkungen auf die Rentner-Haushalte sind die Auswirkungen auf die Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen dargestellt; die einkommensschwachen Rentner-Haushalte profitieren vom sozialpolitischen Korrektiv. Am stärksten profitieren die Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, denn sie haben kurzfristig keine Mehrbelastung und kommen zudem ­ soweit es sich nicht um Rentner-Haushalte handelt ­ in den vollen Genuss der langfristigen positiven Auswirkungen. Einzig die Rentner-Haushalte ziehen langfristig keinen Gewinn aus der Reform. Letzteres ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die RentnerHaushalte mit ihrem bereits akkumulierten Vermögen weniger konsumieren können und zudem nicht wie die jüngere, erwerbstätige Generation in der Lage sind, von den positiven Effekten der Reform auf die Löhne zu profitieren. Sie können auch nicht ihr Spar- und Arbeitsangebotsverhalten an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen.

3.7

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Im Status quo stammt rund ein Drittel der Einnahmen aus der taxe occulte auf Vorleistungen und Investitionen. Auf Basis der Daten für das Jahr 2005 wird die taxe occulte bei einem Gesamtsteueraufkommen von 17,9 Milliarden Franken auf rund 5,7 Milliarden Franken geschätzt.51 Davon entfallen 1,3 Milliarden Franken auf die taxe occulte auf den Wohnbauinvestitionen und 4,4 Milliarden Franken auf die übrige taxe occulte.

51

Im Jahr 2009 hat das Aufkommen der MWST 19,9 Milliarden Franken erreicht.

Entsprechend dürfte die taxe occulte auf 6,4 Milliarden Franken angestiegen sein.

5444

In der Reformvorlage gemäss Teil B sinkt die taxe occulte auf Basis der Daten für das Jahr 2005 auf 3,6 Milliarden Franken. Die Wohnbauinvestitionen machen davon gut 1 Milliarde Franken aus, und die übrige taxe occulte beträgt gut 2,5 Milliarden Franken.

Im Gutachten Bodmer52 wird der langfristige Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP) aufgrund des Übergangs zu einem System mit Einheitssatz von 6,0 Prozent auf 0,3 bis 0,8 Prozent geschätzt. Auf Basis der BIP-Werte des Jahres 2008 entspricht dies einem zusätzlichen BIP von 1,6 bis 4,3 Milliarden Franken.

4

Sozialpolitisches Korrektiv

4.1

Ausgangslage

Mit der Einführung eines Einheitssatzes von 6,1 Prozent steigt die Belastung der einkommensschwächeren Haushalte. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass deren Haushaltsbudgets durch Güter des täglichen Bedarfs überdurchschnittlich belastet sind. Bei diesen Gütern wird der Steuersatz um 3,7 Prozentpunkte erhöht, ausgehend vom gegenwärtigen reduzierten Steuersatz von 2,4 Prozent. Die entsprechende Mehrbelastung für einkommensschwächere Haushalte liegt bei rund 280 Millionen Franken (vgl. Ziff. 4.2.2), weshalb der Bundesrat zur Entlastung dieser Haushalte ein sogenanntes sozialpolitisches Korrektiv vorschlägt. Dieses soll durch eine Erhöhung der MWST um 0,1 Prozentpunkte finanziert werden, was rund 355 Millionen Franken pro Jahr entspricht.

4.2

Vorgeschlagene Lösung

4.2.1

Grundsatz

Das sozialpolitische Korrektiv soll die Auswirkungen der MWST-Reform auf Haushalte mit niedrigen Einkommen abfedern. Es soll zielgerichtet sein und aufgrund seiner beschränkten Höhe von 355 Millionen Franken einen möglichst geringen Verwaltungsaufwand verursachen.

Das Korrektiv stellt eine eigenständige finanzielle Leistung dar. Es ist daher in jedem Fall gegenüber den Bezügern und Bezügerinnen separat auszuweisen. Damit soll gewährleistet werden, dass die Mittel aus dem Korrektiv der Zielgruppe zugute kommen und die Berechtigten den vollen Betrag ausbezahlt erhalten. Dies bedeutet, dass der Betrag nicht wie die Prämienverbilligung zur Begleichung der Krankenversicherungsprämie, sondern zur sozialpolitisch motivierten Kompensation der erwähnten Belastung durch die MWST-Reform verwendet wird53. Diese Ziele werden am ehesten durch eine Anlehnung an den Bezügerkreis der individuellen Prämienverbilligung (IPV) erreicht. Damit ist gewährleistet, dass das Korrektiv gezielt einkommensschwächeren Haushalten ausgerichtet wird; diese sind in der 52

53

Bodmer Frank, Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der MWST und einiger Reformszenarien, 2007; http://www.efd.admin.ch/dokumentation/zahlen/00578/01197/index.html?lang=de Vgl. dazu auch die Antwort des Bundesrates vom 3. Februar 2010 auf die Motion Schelbert (09.3989).

5445

Regel auch von der MWST-Reform stärker betroffen. Der Aufwand wird dadurch minimiert, dass den Kantonen im Vollzug ausser der Definition der Zielgruppe keine weiteren wesentlichen Vorgaben gemacht werden. Die Kantone bestimmen also selber, wie sie die Mittel verteilen und wie stark sie sich an ihr IPV-System anlehnen wollen. Sie können auch einen anderen Verteilmechanismus anwenden. Dieser muss indessen den Zweck erfüllen, gezielt die Auswirkungen der MWST-Reform abzufedern, und dabei der Einkommens- und Vermögenssituation der Empfänger und Empfängerinnen Rechnung tragen.

Würden die Mittel des sozialpolitischen Korrektivs nicht als eigenständige finanzielle Leistung, sondern innerhalb der Prämienverbilligung verteilt, könnte nicht garantiert werden, dass das Korrektiv tatsächlich zu höheren Leistungen führt, weil die Festlegung der Höhe der IPV in der Zuständigkeit der Kantone liegt.

4.2.2

Höhe und Finanzierung des Korrektivs

Die Belastungen durch die Aufhebung des reduzierten Satzes von 2,4 Prozent zugunsten eines Einheitssatzes von 6,1 Prozent und durch die Aufhebung eines Grossteils der Steuerausnahmen liegen zwar für die meisten Haushalte deutlich unter einem Prozent des Haushaltseinkommens, doch ergeben sich zwischen den einzelnen Einkommensklassen erhebliche Unterschiede. Der einkommensschwächste Fünftel aller Haushalte weist im Durchschnitt eine reformbedingte Zusatzbelastung von rund 0,5 Prozent des Haushaltseinkommens auf, während es beim zweitschwächsten Fünftel noch 0,3 Prozent sind. Bei den nächsten zwei Fünfteln beträgt die Belastung weniger als 0,2 Prozent, und der einkommensstärkste Fünftel wird nicht belastet (vgl. Ziff. 3.6.1).

Zwei Fünftel der Haushalte können somit als etwas stärker belastet betrachtet werden. Sie sind kleiner als der Durchschnitt aller Haushalte und umfassen rund 30 Prozent der Bevölkerung. Für diese rund 2,3 Millionen Personen beträgt die durchschnittliche Zusatzbelastung durch die Einführung eines Einheitssatzes rund 122 Franken im Jahr, gestützt auf die Einkommens- und Verbrauchserhebungen der Jahre 2006 und 2007 und hochgerechnet auf das Jahr 2012, in dem die MWSTReform in Kraft treten soll. Dies entspricht einer geschätzten Zusatzbelastung von rund 280 Millionen Franken. Die Finanzierung des Korrektivs (Erhöhung der MWST um 0,1 Prozentpunkte) belastet die Personen aus einkommensschwächeren Haushalten im Durchschnitt zusätzlich mit 26 Franken pro Jahr, was sich auf 60 Millionen aufsummiert. Insgesamt entspricht die Zusatzbelastung der einkommensschwächeren Haushalte somit etwa 340 Millionen und damit ungefähr 0,1 MWST-Prozentpunkte (im Jahr 2012 rund 355 Mio.)54. Daher soll der gesamte Ertrag von 0,1 MWST-Prozentpunkten zweckgebunden für die Abfederung der Auswirkungen des Einheitssatzes bei der MWST verwendet werden. Er soll vollumfänglich zuhanden der bezugsberechtigten Personen an die Kantone verteilt werden.55 54

55

Dies entspricht dem Ertrag von 0,1 MWST-Prozentpunkten für ein ganzes Jahr. Im Einführungsjahr ist allerdings zu berücksichtigen, dass wegen der überwiegend vierteljährlichen Abrechnungsweise nur knapp vier Fünftel davon erzielt werden. Der fehlende Fünftel wird erst im Folgejahr vereinnahmt.

Ein kleiner Teil des Korrektivs wird vom Bund an Militärversicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ausbezahlt.

5446

4.2.3

Verteilung des Korrektivs

Das sozialpolitische Korrektiv soll gemäss Bevölkerungsanteil an die Kantone verteilt werden. Diese bestimmen, welche Bevölkerungsgruppen vom Korrektiv profitieren. Mit allgemeinen Vorgaben an die Kantone soll sichergestellt werden, dass die Verteilung dem Zweck des Korrektivs entspricht und in transparenter Weise erfolgt. So muss ein Mechanismus verwendet werden, der die Einkommens- und Vermögenssituation der Empfänger und Empfängerinnen widerspiegelt. Generell zahlen die Kantone den erhaltenen Anteil für das Korrektiv im gleichen Jahr an die Berechtigten aus. Gegenüber den Endempfängern und -empfängerinnen ist der überwiesene Betrag als eigenständige finanzielle Leistung des Bundes infolge der MWST-Reform auszuweisen. Schliesslich überprüfen die Kantone die Rechtmässigkeit und die korrekte Abwicklung der Zahlungen. Sie legen gegenüber dem Bund Rechenschaft über die Auszahlung ab und stellen die notwendigen Angaben für eine Überprüfung der sozialpolitischen Wirksamkeit bereit.

4.3

Weitergehende Ausführungen

Die verschiedenen möglichen Ausgestaltungen des sozialpolitischen Korrektivs, die Beurteilung der gewählten Lösung sowie deren Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden und auf die Volkswirtschaft werden auf den Seiten 7108 ff. der Botschaft 2008 ausführlich dargestellt.

5447

ja

gering - mittel

Ausgleichskassen

gering - mittel

gering - mittel

Ausgleichskassen und Familienausgleichskassen Krankenkassen

mittel - bedeutend

Arbeitgeber und Familienausgleichskassen

mittel - bedeutend

Ausgleichskassen und Krankenkassen

keine

Einkommensstärkere Haushalte mit Kindern

keine

Einkommensstärkere Haushalte mit Kindern

Einkommensschwächere Einkommensschwächere Einkommensschwächere Haushalte ohne Kinder Haushalte ohne Kinder od. EL Haushalte ohne Kinder od.

sowie ein Teil Selbständige sowie ein Teil Selbständige EL

78%7

ja

<5%

67%6

nur bei den EL

IPV-System mit Beschränkung auf Kinder und EL

57%5

nein

Familienzulagen und EL

>95%4

ja

Familienzulagen

5448

3

2

Keine Kumulationen (EL-Bezüger und -Bezügerinnen erhalten nicht doppelten Anteil am Korrektiv).

Zielgruppe: Personen aus den einkommensschwächsten 40% aller Haushalte (entspricht rund 30% der Bevölkerung oder 2,3 Millionen im Jahr 2008).

Ca. 260 000 EL-Bezüger und -Bezügerinnen (Zahlen zum Jahr 2008), gemessen an der Zielgruppe von 2,3 Millionen Personen.

4 Verteilung der Gelder aus dem Korrektiv liegt im Ermessen der Kantone; angenommen wird eine Verteilung an die heutigen IPV-Bezügerinnen und -Bezüger. Diese sind nicht ganz deckungsgleich mit den von der MWST-Erhöhung betroffenen Personen aus den zwei einkommensschwächsten Fünfteln aller Haushalte.

5 Schätzung: 1,5 Mio Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen in Haushalten mit Kindern abzüglich 250 000 Selbständige und Nichterwerbstätige (Zahlen zum Jahr 2008), gemessen an der Zielgruppe von 2,3 Millionen Personen.

6 Schätzung: 1,5 Mio Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen in Haushalten mit Kindern und ca. 240 000 EL-Bezügerinnen und -Bezüger ohne Kinder abzüglich 250 000 Selbständige und Nichterwerbstätige (Zahlen zum Jahr 2008), gemessen an der Zielgruppe von 2,3 Millionen Personen.

7 Schätzung: 1,5 Mio Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen in Haushalten mit Kindern und ca. 240 000 EL-Bezügerinnen und -Bezüger ohne Kinder werden in diesem Modell erreicht (Zahlen zum Jahr 2008), gemessen an der Zielgruppe von 2,3 Millionen Personen.

1

Verwaltungsaufwand : Welches ist das Ausmass des Aufwands?

Vollzugslast: Wer trägt zur Hauptsache den administrativen Aufwand?

Grad der Zielerreichung : 2 3 Welcher Anteil der Zielgruppe wird mit dem 11% Korrektiv erreicht?

Nicht erreichte Personen: Welche Personen der Zielgruppe werden Einkommensschwänicht erreicht?

chere Haushalte ohne EL Nebenwirkung: Welche Personen ausserhalb der Zielgruppe keine erhalten Korrektiv-Beiträge?

1

Bedarfsgerechtigkeit: Werden Einkommens- und Vermögenskriterien berücksichtigt?

Ergänzungsleistungen IPV (EL)

Vergleich der Bezügerkreise von bestehenden sozialpolitischen Elementen

Tabelle 26

5

Subventionen

Im Rahmen der MWST-Reform ist keine Änderung bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Subventionen und anderen öffentlich-rechtlichen Beiträge vorgesehen. Eine steuerpflichtige Person, die solche Gelder erhält, muss diese nicht versteuern. Dafür hat sie jedoch ihren Vorsteuerabzug verhältnismässig zu kürzen (Art. 33 Abs. 2 MWSTG).

In den Ziffern 12.4 und 12.5 auf den Seiten 7119 ff. der Botschaft 2008 wurde dargestellt, welche Auswirkungen ein Systemwechsel, das heisst ein Verzicht auf die Vornahme von Vorsteuerkürzungen beim Erhalt von Subventionen oder «Quersubventionen»56, haben würde57. Dabei wurde in Tabelle 28 (S. 7121) dargelegt, wie das Ergebnis bei adaptivem und bei nicht adaptivem Verhalten der Subventionsgeber ausfallen würde. Es wurde jedoch festgehalten, dass weder das vollständig adaptive noch das vollständig nichtadaptive Verhalten als realitätsnah bezeichnet werden kann.

In der Zwischenzeit wurden die Handlungsalternativen des Bundes näher untersucht und zudem die Auswirkungen der Neugestaltung des Finanzausgleichs (NFA) berücksichtigt. Es zeigt sich, dass der Handlungsspielraum des Bundes ­ wie bereits in Ziffer 12.5 der Botschaft 2008 dargelegt wurde ­ bei den Subventionen der Kantone und Gemeinden äusserst beschränkt wäre: Zusatztabelle 2 MWST-Mindereinnahmen des Bundes, die sich im Zusammenhang mit Subventionen der Kantone und Gemeinden ergeben Öffentlicher Verkehr Strassenverkehr Bildung und Forschung Landwirtschaft Soziale Wohlfahrt Gesundheit Übrige Bereiche Zwischentotal Auswirkungen der NFA Zunahme bis Inkraftsetzungsdatum Teil B (20%) Total kurz- und mittelfristige MWST-Mindereinnahmen Langfristige Effekte beim Strassenverkehr Total langfristige MWST-Mindereinnahmen

56

57

in Mio. Fr.

40 0 330 10 80 170 30 660 30 140 830 230 1 060

Unter «Quersubventionen» versteht man Defizitdeckungen innerhalb des eigenen Gemeinwesens. So stellt beispielsweise die Deckung des Betriebsdefizits und der Investitionsausgaben des gemeindeeigenen Schwimmbades über die allgemeine Rechnung eine «Quersubvention» dar.

Die Berechnungen basieren ­ mit Ausnahme der Bereiche Verkehr (2000), Landwirtschaft (2002) und Forstwirtschaft (2001­2004) ­ auf Daten des Jahres 2004.

5449

Aber auch bei den vom Bund selbst ausgerichteten Subventionen liessen sich die Mindereinnahmen bei der MWST nur teilweise durch Reduktion der Subventionen kompensieren: Zusatztabelle 3 MWST-Mindereinnahmen des Bundes, die sich im Zusammenhang mit Subventionen des Bundes ergeben Öffentlicher Verkehr Strassenverkehr Bildung und Forschung Landwirtschaft Soziale Wohlfahrt Gesundheit Übrige Bereiche Zwischentotal Auswirkungen der NFA Zunahme bis Inkraftsetzungsdatum Teil B (20%) Total MWST-Mindereinnahmen Kompensierbar durch Kürzungen der Subventionen Total MWST-Mindereinnahmen

in Mio. Fr.

130 100 50 110 60 0 20 470 - 30 90 530 - 310 220

Per Saldo ergäben sich bei einem Systemwechsel betreffend mehrwertsteuerliche Behandlung der Subventionen in kurz- und mittelfristiger Sicht für den Bund somit Mindereinnahmen aus der MWST von 1050 Mio. Franken. Längerfristig kämen im Bereich Strassen der Kantone und Gemeinden zusätzliche Mindereinnahmen von rund 230 Millionen Franken hinzu. Berücksichtigt sind hier einerseits die möglichen Subventionskürzungen durch den Bund, die Auswirkungen der NFA und die Hochrechnung der Auswirkungen auf das Inkraftsetzungsdatum von Teil B: Zuatztabelle 4 MWST-Mindereinnahmen des Bundes bei adaptivem Verhalten betreffend Teil B Bei Subventionen Kantone / Gemeinden in Mio. Fr.

Öffentlicher Verkehr 60 Bildung und Forschung 400 Landwirtschaft 10 Soziale Wohlfahrt 120 Gesundheit 200 Übrige Bereiche 40 Kurz- und mittelfristige Mindereinnahmen 830 Strassenverkehr * 230 Langfristige Mindereinnahmen 1 060

Bei Subventionen Bund in Mio. Fr.

60 20 70 50 0 20 220 0 220

Total Mindereinnahmen Bund in Mio. Fr.

120 420 80 170 200 60 1 050 230 1 280

* Mindereinnahmen bei den Subventionen der Kantone und Gemeinden für Strassen fallen erst langfristig an

5450

Anhang 1

Steuersätze und Steuerbefreiungsgrenzen für Kleinunternehmen in der EU Mitgliedstaaten

Belgien Bulgarien Tschechische Republik Dänemark Deutschland Estland Griechenland 3 Spanien Frankreich Irland Italien Zypern Lettland Litauen Luxemburg Ungarn Malta Niederlande Österreich Polen Portugal Rumänien Slowenien Slowakische Republik 4 Finnland Schweden Vereinigtes Königreich Schweiz

Normalsatz

21 % 20 % 20 % 25 % 19 % 20 % 21 % 16 % 19,6 % 21 % 20 % 15 % 21 % 21 % 15 % 25 % 18 % 19 % 20 % 22 % 20 % 19 % 20 % 19 % 22 % 25 % 17,5 % 7,6 %

Ermässigter Satz

1

6 % / 12 % 7% 10 % ­ 7% 9% 5 % / 10 % 4%/7% 2,1 % / 5,5 % 4,8 % / 13,5 % 4 % / 10 % 5%/8% 10 % 5%/9% 3 % / 6 % / 12 % 5 % / 18 % 5% 6% 10 % / 12 % 3%/7% 5 % / 12 % 9% 8,5 % 10 % 8 % / 12 % 6 % / 12 % 5% 2,4 % / 3,6 %

Steuerbefreiungsgrenze für Kleinunternehmen Euro

5 580 25 565 38 088 6 705 17 500 15 978 10 000 76 300 70 000 30 000 15 600 14 347 28 962 10 000 19 700 35 000 30 000 25 000 9 976 32 702 25 000 35 000 8 500 77 195 66 225

2

Franken

8 426 38 603 57 513 10 125 26 425 24 127 15 100 0 115 213 105 700 45 300 23 556 21 664 43 733 15 100 29 747 52 850 0 45 300 37 750 15 064 49 380 37 750 52 850 12 835 0 116 564 100 000

Stand: 1. April 2010 Quellen: Europäische Kommission, Steuern und Zollunion, 1. Januar 2010, Die Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft; http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/how_vat_ works/rates/vat_rates_de.pdf http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/traders/vat_ community/vat_in_EC_annexI.pdf www.tmf-vat.com/vat/eu-vat-rates.html 1

Dem ermässigten Satz dürfen nur Gegenstände und Dienstleistungen gemäss Anhang II der MwStSystRL unterstellt werden. Dies können namentlich sein: Nahrungs- und Futtermittel, Lieferungen von Wasser, Arzneimittel, Lieferung von Büchern, Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, Beherbergungen in Hotels und ähnlichen Einrichtungen.

2

Wechselkursdurchschnitt zwischen März 2009 und Februar 2010: 1 Euro = 1,51 Franken.

3

Ab 1. Juli 2010: 18 % Normalsatz und 8 % reduzierter Satz

4

Ab 1. Juli 2010: 23 % Normalsatz

5451

Anhang 2

Besteuerung von ausgewählten Leistungen in der EU Nahrungsmittel

Arzneimittel

Personenbeförderung im Inland

Bücher

Beherbergungen

Eintritt zu kulturellen Veranstaltungen

Eintritt zu Sportveranstaltungen

BE

6

6

6

6

6

ex

6

BG

20

20

20

20

7

20

20

CZ

10

10

10

10

10

10

10

DK

25

25

ex

25

25

25

ex

DE

7

19

7

7

7

ex

7

EE

20

9

20

9

9

20

20

EL

9

9

9

4.5

9

9

9

ES

4

4

7

4

7

ex

7

FR

5.5

2.1

5.5

5.5

5.5

5.5

19.6

IE

0

0

ex

0

13.5

ex

ex

IT

4

10

10

4

10

10

10

CY

0

0

15

5

5

ex

15

LV

21

10

10

21

21

ex

21

LT

21

5

21

9

21

ex

21

LU

3

3

3

3

3

3

3

HU

25

5

25

5

18

25

25

MT

0

0

0

5

5

5

18

NL

6

6

6

6

6

6

6

AT

10

20

10

10

10

ex

20

PL

3

7

7

0

7

7

7

PT

5

5

5

5

5

ex

5

RO

19

9

19

9

9

9

19

SI

8.5

8.5

8.5

8.5

8.5

8.5

8.5

SK

19

10

19

10

19

19

19

FI

12

8

8

8

8

8

8

SE

12

25

6

6

12

6

ex

UK

0

0

0

0

17.5

17.5

17.5

Ziffern: Steuersätze in Prozenten ex: von der Besteuerung ausgenommen

Quelle: http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/ rates/vat_rates_de.pdf

5452

Anhang 3

Auswirkungen von Teil B unter Berücksichtigung der durch die IV-Zusatzfinanzierung erhöhten Steuersätze Am 27. September 2009 haben Volk und Stände die Vorlage über die Zusatzfinanzierung der IV angenommen. Vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 werden der Normalsatz um 0,4 Prozentpunkte, der reduzierte Satz um 0,1 Prozentpunkte und der Sondersatz für Beherbergungsleistungen um 0,2 Prozentpunkte angehoben.

Ohne Berücksichtigung der IV-Zusatzfinanzierung beträgt der ertragsneutrale Einheitssatz (gerundet) 6,1 Prozent. Die proportionale Erhöhung der Steuersätze um 0,4 Prozentpunkte zugunsten der IV entspricht 0,318 Prozentpunkte im EinheitssatzModell. Gerundet beträgt der ertragsneutrale Einheitssatz unter Berücksichtigung der IV-Zusatzfinanzierung somit 6,4 Prozent. Hinzu kommen noch 0,1 Prozentpunkte zur Finanzierung des sozialpolitischen Korrektivs. Der Übergang zum Einheitssatz von 6,5 Prozent macht auch eine Anhebung des pauschalierten Vorsteuerabzugs für Urprodukte (Art. 28 Abs. 2 MWSTG) auf 3,2 Prozent notwendig.

Die Auswirkungen des Übergangs von den infolge der IV-Zusatzfinanzierung erhöhten Steuersätzen auf den Einheitssatz von 6,5 Prozent weichen nur geringfügig von den Auswirkungen des Übergangs von den bis Ende 2010 gültigen Steuersätzen auf den Einheitssatz von 6,2 Prozent ab. Um die Vergleichbarkeit zu erleichtern, tragen die nachfolgenden Tabellen die gleichen Ziffern wie die Tabellen in der Botschaft 2008 und in der Zusatzbotschaft, jeweils ergänzt durch ein «a».

A. Auswirkungen auf die steuerpflichtigen Personen Tabelle 14a Auswirkungen auf das Gesundheitswesen (Steuersätze inkl. IV-Zusatzfinanzierung) Beträge in Mio. Franken

Steuer auf Umsatz

Status quo (inkl. IV-Zusatzfinanzierung)

Teil B mit Einheitssatz 6,5%

Differenz

84

2 280

Steuer auf Vorleistungen (nicht abziehbar)

15

18

3

Steuer auf Konsum

69

2 262

2 193

- Ärzte/Ärztinnen

5

681

676

- Zahnärzte/Zahnärztinnen

2

240

239

18

189

171 828

- Übriges Gesundheitswesen - Spitäler

2 196

7

834

- Veterinäre/Veterinärinnen

13

11

-2

- Übrige

25

307

282

15

157

142

988

3

- 985

Vorsteuerkürzung infolge Subventionen Taxe occulte Saldosteuer Total

67

67

0

1 154

2 507

1 353

5453

Die MWST-Einnahmen im Bereich der öffentlichen Bildung betragen unter Berücksichtigung der Steuersatzerhöhung zugunsten der IV im Status quo rund 615 Millionen Franken. In Teil B mit Einheitssatz von 6,5 Prozent steigen diese Einnahmen auf 770 Millionen Franken an. Durch diese Erhöhung der Bundeseinnahmen um 155 Millionen Franken ergibt sich eine Mehrbelastung der Haushalte um 44 Franken pro Jahr.

Tabelle 16a MWST-Einnahmen des Bundes aus dem Kulturbereich (Steuersätze inkl. IV-Zusatzfinanzierung) Kulturbranche

MWST-Einnahmen in Millionen Franken, die in der Bundeskasse verbleiben Status quo Teil B mit Differenz (inkl. IV-ZusatzEinheitssatz 6,5 % finanzierung)

Kinos

11

18

7

Theater und Konzerthallen

15

24

9

7

7

0

Kulturschaffende (inkl. Musik) Museen

13

13

0

Bibliotheken

5

9

4

Zoos und botanische Gärten

4

13

9

Zirkus und Schausteller

2

3

1

16

20

4

1

0

-1

74

107

33

Veranstalter Urheberrechte * Total

* keine privaten Endabnehmer/Endabnehmerinnen

Aus dem der Kunstbranche nachgelagerten Handel mit Büchern, Kunstwerken sowie Ton- und Bildträgern ergeben sich im Status quo und zu den ab 1. Januar 2011 gültigen Steuersätzen ungefähr 110 Millionen Franken MWST-Einnahmen pro Jahr.

In Teil B der Reformvorlage vergrössern sich die MWST-Einnahmen aus diesen nachgelagerten Branchen um rund 15 Millionen Franken auf 125 Millionen Franken.

Durch leicht teurere Eintritte an Kulturveranstaltungen steigen die Ausgaben der Haushalte um insgesamt 33 Millionen Franken an (vgl. Tabelle 16a). Pro Haushalt entspricht dies einer Zunahme der Belastung um 10 Franken pro Jahr.

5454

Tabelle 19a MWST-Einnahmen des Bundes aus dem Sportbereich (Steuersätze inkl. IV-Zusatzfinanzierung) MWST-Einnahmen, die in der Bundeskasse verbleiben Bisher steuerbare Leistungen durch Steuerpflichtige

Status quo (inkl. IVZusatzfinanzierung) 113

Teil B mit Einheitssatz 6,5 % 96

Differenz

-17

Bisher ausgenommen, neu steuerbar

a)

1

3

2

Bisher ausgenommen, neu steuerbar

b)

25

42

17

11

10

-1

3

2

-1

153

153

0

Steuerbare Leistungen durch Nicht-Steuerpflichtige Nicht steuerbare Leistungen

c)

d)

Total a)

Durch bisherige Steuerpflichtige an nicht steuerpflichtige Unternehmen oder Vereine erbracht Durch Steuerpflichtige und Nicht-Steuerpflichtige an Privatpersonen erbracht Taxe occulte auf bisher an sich steuerbaren Leistungen bei weiterhin Nicht-Steuerpflichtigen d) Taxe occulte auf bisher und weiterhin nicht steuerbaren Leistungen, erbracht an Private und Nicht-Steuerpflichtige b) c)

B. Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden Die Belastung des Bundes durch die MWST auf den Bezügen von Gegenständen und Dienstleistungen reduziert sich durch den Einheitssatz von 6,5 Prozent um 75 bis 80 Millionen Franken.

Die Entlastung der Kantone und Gemeinden auf den Käufen von Gegenständen und Dienstleistungen beläuft sich bei den Kantonen auf 165 bis 170 Millionen Franken und bei den Gemeinden auf 155 bis 160 Millionen Franken.

Die Minderbelastung ist grösser als die in den Ziffern 3.4 und 3.5 ausgewiesenen Werte, da die Differenz zwischen dem Normalsatz von 8,0 Prozent und dem Einheitssatz von 6,5 Prozent um 0,1 Prozentpunkte grösser ist als zwischen dem Normalsatz von 7,6 Prozent und dem Einheitssatz von 6,2 Prozent.

Ansonsten kann auf die Ausführungen unter den Ziffern 3.4 und 3.5 verwiesen werden.

C. Auswirkungen auf die privaten Haushalte Aus den nachfolgenden Tabellen ist ersichtlich, wie sich die Einführung eines haushaltsneutralen Einheitssatzes und die Aufhebung der Ausnahmen auf die privaten Haushalte auswirken. Die Mehr- und Minderbelastungen weichen nur unwesentlich von den Auswirkungen ab, die sich auf Basis der bis Ende 2010 geltenden Steuersätze ergeben.

5455

Tabelle 20a MWST-Belastung der Haushalte im Status quo mit IV-Zusatzfinanzierung und in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % (ohne sozialpolitisches Korrektiv) Einkommensklassen (Franken pro Monat) Haushaltseinkommen pro Monat Personen pro Haushalt

Alle Haushalte 8 749 2,23

04 499 3 148 1,41

4 500 6 599 5 636 1,90

6 600 8 799 7 654 2,27

8 800 12 200 12 199 und mehr 10 318 17 031 2,75 2,83

Status quo (Steuersätze: 8,0 %, 2,5 % und 3,8 %) Belastung in Franken pro Monat Belastung in % des Einkommens

331,45 3,79%

162,48 5,16%

236,10 4,19%

303,64 3,97%

380,40 3,69%

576,01 3,38%

322,66 4,22%

399,46 3,87%

582,21 3,42%

19,02 0,25%

19,06 0,18%

6,21 0,04%

Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % Belastung in Franken pro Monat Belastung in % des Einkommens

348,21 3,98%

182,76 5,81%

255,36 4,53%

Differenzen in Franken und Prozenten Mehrbelastung in Franken pro Monat Mehrbelastung in % des Einkommens

16,76 0,19%

20,27 0,64%

19,26 0,34%

Abbildung 9a Belastung der Haushalte im Status quo mit IV-Zusatzfinanzierung und in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % (in Franken pro Monat; ohne sozialpolitisches Korrektiv) 600

Franken pro Monat

500 400 300 200 100 Alle Haushalte

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

8 800 12 199

12 200 und mehr

Einkommensklassen Status quo (Steuersätze: 8,0 %, 2,5 % und 3,8 %)

5456

T eil B mit Einheitssatz von 6,5 %

Abbildung 10a Belastung der Haushalte im Status quo mit IV-Zusatzfinanzierung und in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % (in Prozent des Haushaltseinkommens; ohne sozialpolitisches Korrektiv) 6,0%

in % des Haushaltseinkommens

5,5% 5,0% 4,5% 4,0% 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% Alle Haushalte

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

8 800 12 199

12 200 und mehr

Einkommensklassen Status quo (Steuersätze: 8,0 %, 2,5 % und 3,8 %)

T eil B mit Einheitssatz von 6,5 %

Tabelle 21a Mehrbelastung der Haushaltstypen in Franken pro Monat in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % gegenüber Status quo mit IV-Zusatzfinanzierung (ohne sozialpolitisches Korrektiv) Einkommensklassen (Fr. pro Monat) Alle Haushalte Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Renterinnen)

04 499

4 500 6 599

20,27

19,26

19,02

7,99

3,36

-2,15

Paar-Haushalte (ohne Kinder)

25,73

Paar-Haushalte (mit 1 Kind) Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) Rentner/Rentnerinnen-Haushalte

6 600 8 799

23,93

30,53

8 800 12 199

12 200 und mehr

19,06

6,21

-9,90

16,72

8,17

-6,42

22,80

26,89

11,97

32,33

30,52

21,02

31,21

18,86

Rentner- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen "8 800 - 12 199" und "12 200 und mehr" zusammengefügt.

5457

Tabelle 22a Mehrbelastung der Haushaltstypen in Franken pro Monat in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % gegenüber Status quo mit IV-Zusatzfinanzierung (mit sozialpolitischem Korrektiv) Einkommensklassen (Fr. pro Monat)

04 499

4 500 6 599

6 600 8 799

Alle Haushalte

-

-

19,02

Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Renterinnen)

-

-

-2,15

8 800 12 199

12 200 und mehr

19,06

6,21

-9,90

Paar-Haushalte (ohne Kinder)

-

-

16,72

8,17

-6,42

Paar-Haushalte (mit 1 Kind)

-

-

22,80

26,89

11,97

Paar-Haushalte (mit 2 Kindern)

-

-

32,33

30,52

21,02

Rentner/Rentnerinnen-Haushalte

-

-

31,21

18,86

Rentner- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen "8 800 - 12 199" und "12 200 und mehr" zusammengefügt.

Tabelle 23a Mehr- und Minderbelastung der Haushaltstypen in Franken pro Monat in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % gegenüber einem Einheitssatz von 6,4 % Einkommensklassen (Fr. pro Monat) Alle Haushalte Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Renterinnen)

04 499

4 500 6 599

-17,43

-15,28

5,03

-5,26

-0,08

4,08

Paar-Haushalte (ohne Kinder)

-21,45

Paar-Haushalte (mit 1 Kind) Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) Rentner/Rentnerinnen-Haushalte

6 600 8 799

-21,28

-26,26

8 800 12 199

12 200 und mehr

6,22

5,22

6,06

8,73

5,16

6,33

9,19

5,45

6,72

9,73

5,62

8,09

Rentner- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen "8 800 - 12 199" und "12 200 und mehr" zusammengefügt.

5458

9,07

5,65

Tabelle 24a Mehr- und Minderbelastung der einzelnen Ausgabenkategorien bei vier ausgewählten Haushaltstypen in Teil B mit Einheitssatz von 6,5 % im Vergleich zum Status quo mit IV-Zusatzfinanzierung Haushaltstyp

Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/Rentnerinnen)

Haushaltseinkommen pro Monat

Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke und Tabakwaren Bekleidung und Schuhe Wohnen und Energie Wohnungseinrichtung u. laufende Haushaltsführung

Paar-Haushalte (ohne Kinder) 8 800 - 12 199

6 600 - 8 799

Einkommensklasse (Franken pro Monat)

7 507 Ausgaben MWST in Fr. pro Status Monat quo (IV)

MWST Teil B mit 6,5 %

MWST Differenz

10 417 Ausgaben MWST in Fr. pro Status Monat quo (IV)

MWST Teil B mit 6,5 %

MWST Differenz 25,29

327,68

7,99

20,70

12,71

652,09

15,90

41,19

77,26

5,68

4,63

-1,05

133,33

9,80

8,00

-1,80

161,27

11,95

9,67

-2,28

244,26

18,09

14,65

-3,45

1 273,28

20,62

16,74

-3,88

1 567,94

31,05

25,36

-5,70

192,46

13,68

11,10

-2,58

344,04

25,21

20,42

-4,79

Gesundheitspflege

163,13

7,22

10,30

3,08

251,62

10,95

15,95

5,00

Verkehr

618,08

38,82

31,43

-7,39

908,31

57,31

46,39

-10,91

Nachrichtenübermittlung

145,96

10,81

8,75

-2,06

204,34

15,14

12,25

-2,88

Unterhaltung, Erholung und Kultur

538,78

24,43

25,96

1,53

773,31

32,52

35,35

2,83

37,51

1,20

2,43

1,23

38,17

1,22

2,47

1,25

Schul- und Ausbildungsgebühren Gast- und Beherbergungsstätten

515,65

34,29

30,99

-3,31

698,94

47,58

42,04

-5,54

Andere Waren und Dienstleistungen

174,71

11,08

9,60

-1,47

216,80

13,82

11,91

-1,91 18,02

1 661,74

34,02

43,16

9,14

2 443,41

53,52

71,54

Spenden und monetäre Transferausgaben an andere Haushalte

Versicherungen

372,85

2,21

1,97

-0,24

193,55

1,15

1,02

-0,13

Sonstige Übertragungen (getätigte Geschenke)

177,35

11,31

10,61

-0,70

143,63

9,14

8,62

-0,53

Steuern und Gebühren

898,09

28,74

23,84

-4,90

1 209,12

38,69

32,10

-6,59

Total (in Franken pro Monat)

7 335,79

264,05

261,90

-2,15

10 022,86

381,10

389,27

8,17

Total (in % des Haushaltseinkommens)

97,718% 3,517%

3,489%

-0,029%

96,214% 3,658%

3,737%

0,078%

Haushaltstyp Einkommensklasse (Franken pro Monat) Haushaltseinkommen pro Monat

Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke und Tabakwaren Bekleidung und Schuhe Wohnen und Energie

Paar-Haushalte (mit 2 Kindern)

Rentner-Haushalte

8 800 - 12 199 10 411 Ausgaben MWST Status in Fr. pro quo (IV) Monat

6 600 - 8 799

MWST Teil B mit 6,5 %

MWST Differenz

7 570 Ausgaben MWST Status in Fr. pro quo (IV) Monat

MWST Teil B mit 6,5 %

MWST Differenz 27,30

950,83

23,19

60,07

36,88

703,91

17,17

44,47

91,12

6,65

5,47

-1,18

106,94

7,85

6,42

-1,43

357,14

26,45

21,41

-5,04

201,41

14,92

12,08

-2,84

1 563,03

30,26

24,81

-5,45

1 269,70

37,58

30,74

-6,84

Wohnungseinrichtung u. laufende Haushaltsführung

405,81

29,39

23,82

-5,57

341,26

24,51

19,88

-4,63

Gesundheitspflege

301,87

12,99

19,18

6,19

558,94

22,43

35,65

13,22

Verkehr

873,69

56,26

45,54

-10,71

601,21

38,47

31,15

-7,33

Nachrichtenübermittlung

229,42

16,99

13,76

-3,24

123,25

9,13

7,39

-1,74

Unterhaltung, Erholung und Kultur

870,10

42,11

44,78

2,68

651,80

24,83

29,37

4,53

76,02

2,43

4,92

2,49

20,80

0,67

1,35

0,68

Schul- und Ausbildungsgebühren Gast- und Beherbergungsstätten

595,02

39,23

35,56

-3,67

415,66

27,97

24,87

-3,10

Andere Waren und Dienstleistungen

293,96

17,67

17,01

-0,66

267,05

16,13

13,56

-2,58 23,44

2 673,44

60,69

83,92

23,23

1 061,78

36,07

59,51

Spenden und monetäre Transferausgaben an andere Haushalte

Versicherungen

83,12

0,49

0,44

-0,05

335,45

1,99

1,77

-0,22

Sonstige Übertragungen (getätigte Geschenke)

79,74

4,88

4,80

-0,08

176,46

11,31

10,62

-0,69

968,72

31,00

25,72

-5,28

1 205,74

38,58

32,01

-6,57

Total (in Franken pro Monat)

10 413,04

400,69

431,21

30,52

8 041,37

329,62

360,82

31,21

Total (in % des Haushaltseinkommens)

100,024% 3,849%

4,142%

0,293%

106,234% 4,355%

4,767%

0,412%

Steuern und Gebühren

5459

D. Auswirkungen auf den Landesindex der Konsumentenpreise Der Landesindex der Konsumentenpreise wird im Jahr nach Einführung von Teil B mit einem Einheitssatz von 6,5 Prozent um maximal 0,466 Prozent zunehmen.58 Allerdings ist anzunehmen, dass die Steuermehrbelastungen nur zu rund 70 Prozent auf die Konsumenten und Konsumentinnen überwälzt werden: Tabelle 25a Auswirkungen von Teil B mit Einheitssatz 6,5 % auf den Landesindex der Konsumentenpreise Gewicht (2010) Total Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke

Neuberechneter Veränderung Index in %

Beitrag

100,210

100,677

0,466

0,466

11,074

104,004

3,902

0,431

Alkoholische Getränke und Tabak

1,771

98,978

-1,389

-0,025

Bekleidung und Schuhe

4,471

98,978

-1,389

-0,062

25,780

99,728

-0,376

-0,097

4,652

99,029

-1,325

-0,062

Gesundheitspflege

13,885

103,097

2,928

0,406

Verkehr

11,046

99,119

-1,198

-0,132 -0,039

Wohnen und Energie Hausrat und laufende Haushaltführung

Nachrichtenübermittlung

2,795

98,978

-1,389

10,377

100,990

0,786

0,081

0,670

103,398

3,240

0,022

Restaurants und Hotels

8,454

99,827

-0,499

-0,042

Sonstige Waren und Dienstleistungen

5,237

99,972

-0,316

-0,017

Freizeit und Kultur Erziehung und Unterricht

58

Die Berechnungen wurden von der ESTV in Zusammenarbeit mit dem BFS, Sektion Preise, durchgeführt.

5460