zu 01.080 Zusatzbotschaft zur Regierungsreform vom 13. Oktober 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, in Ergänzung zur Botschaft vom 19. Dezember 20011 zur Staatsleitungsreform die Zusatzbotschaft zur Regierungsreform sowie die folgenden drei Erlassentwürfe: (A) den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Regierungsreform (Änderung der Bundesverfassung), (B) den Entwurf zu einer Änderung des Parlamentsgesetzes und (C) den Entwurf zu einer Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (der eine weitere Änderung des Parlamentsgesetzes enthält).

Die Entwürfe vom 19. Dezember 2001 zu einem Bundesbeschluss über die Staatsleitungsreform, zu einem Bundesgesetz über die Reform der Regierungsorganisation sowie zu einer Änderung der Verordnung der Bundesversammlung über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen, die der Bundesversammlung mit der Botschaft zur Staatsleitungsreform bereits vorgelegt wurden, werden damit gegenstandslos.

Wir beantragen Ihnen die Abschreibung des folgenden parlamentarischen Vorstosses: 2006

P

06.3653

Regierungsreform. Stellung der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten (N 20.3.09, Burkhalter, Bourgeois)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

13. Oktober 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

1

BBl 2002 2095

2010-1212

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Übersicht Mit einer Änderung der Bundesverfassung sowie je einer Änderung des Parlamentsgesetzes und des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes soll die politische Führung des Bundesrates verstärkt und soll dieser von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Die Amtsdauer der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten soll verlängert werden. Weiter sollen zusätzliche Staatssekretärinnen und Staatssekretäre eingesetzt werden können. Zudem sollen mit verschiedenen Massnahmen das Entscheidungsverfahren und die Funktionsweise der Kollegialregierung optimiert werden.

Ausgangslage Im Jahr 2004 wiesen die eidgenössischen Räte die Vorlage des Bundesrates für eine «Zwei-Kreise-Regierung» zurück und beauftragten ihn, neue Reformvorschläge zu unterbreiten. Diese sollten zum Ziel haben, die politische Führung zu stärken, den Bundesrat von Verwaltungsaufgaben zu entlasten und die Effizienz der Verwaltung zu steigern. Der Bundesrat hat daraufhin eine Verwaltungsreform in Auftrag gegeben. Diese wurde im Dezember 2007 abgeschlossen und ist heute weitestgehend umgesetzt. Im August 2009 kam der Bundesrat zum Schluss, dass weiterhin Reformbedarf besteht, und beschloss, die Arbeiten zur Staatsleitungs- bzw. Regierungsreform wieder aufzunehmen. Ende Mai 2010 haben schliesslich die Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates den Bericht über die «Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA» verabschiedet. Im Rahmen dieses Berichts richteten die Geschäftsprüfungskommissionen Vorstösse und Empfehlungen zur Optimierung der Regierungstätigkeit an den Bundesrat. Mit der vorliegenden Zusatzbotschaft zur Regierungsreform will der Bundesrat die verschiedenen Aufträge des Parlamentes erfüllen.

Inhalt der Vorlage Mit seinen neuen Reformvorschlägen will der Bundesrat die Regierungstätigkeit stärken. Im Vordergrund stehen insbesondere die Verlängerung der Amtsdauer der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten, die Stärkung der Kollegialregierung sowie Optimierungen in der Vorbereitung und Durchführung der Regierungssitzungen.

Die Verlängerung der Amtsdauer des Bundespräsidiums von einem auf zwei Jahre soll es der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten ermöglichen, die Leitungsfunktion und die Repräsentationsaufgaben besser wahrzunehmen. Dies
stärkt die politische Führung, insbesondere bei der Bewältigung ausserordentlicher Lagen. Zudem können dank der längeren Amtsdauer die während der Präsidialzeit erworbenen Erfahrungen und persönlichen Kontakte besser genutzt werden. Dieses Vorhaben erfordert eine Änderung der Bundesverfassung und des Parlamentsgesetzes.

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Weiter sollen Massnahmen zur Stärkung des Bundesrates als Kollegialbehörde auf Gesetzesstufe, im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz, verankert werden. Die Mitglieder des Bundesrates werden den Bundesrat regelmässig über ihre Geschäfte und insbesondere die damit zusammenhängenden Probleme informieren. Zudem wird ausdrücklich festgehalten, dass der Bundesrat ein bestimmtes Bundesratsmitglied oder die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler zur Herausgabe von Informationen verpflichten kann. Im Weiteren werden die Bestimmungen über die Bundesratssprecherin oder den Bundesratssprecher, über das Stellvertretungssystem des Bundesrates sowie über die Ausschüsse des Bundesrates angepasst und präzisiert.

Schliesslich sollen zusätzliche Staatssekretärinnen und Staatssekretäre eingesetzt werden können. Diese sollen wichtige und klar definierte Aufgaben im Bereich der Departemente übernehmen sowie im Verkehr des Bundesrates mit dem Ausland und mit dem Parlament eingesetzt werden. Dieses Vorhaben erfordert eine Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes und des Parlamentsgesetzes.

Daneben sollen mit weiteren Massnahmen das Entscheidungsverfahren und die Funktionsweise des Bundesrates optimiert werden. So sollen etwa die Bundesratssitzungen von Routinegeschäften entlastet werden, damit der Bundesrat mehr Zeit für die wichtigen Geschäfte gewinnt. Diese Massnahmen sind nicht Gegenstand der hier beantragten Verfassungs- und Gesetzesänderungen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Am 19. Dezember 20012 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Staatsleitungsreform. Diese sah eine «Zwei-Kreise-Regierung» vor. Die Regierung sollte mit sieben Delegierten Ministerinnen bzw. Ministern ergänzt werden, die jeweils einem der sieben Departemente unterstellt gewesen wären. Sie sollten die ihnen vom Bundesrat mittels Verordnung zugewiesenen Aufgabenbereiche selbstständig führen. Vorgesehen war eine Wahl der Delegierten Ministerinnen und Minister durch den Bundesrat und eine Bestätigung durch das Parlament. Die wichtigsten Ziele der «Zwei-Kreise-Regierung» waren eine Stärkung der politischen Führung, die Stärkung der Gesamtverantwortung des Regierungskollegiums und eine Eindämmung des Departementalprinzips sowie eine Erweiterung der Regierungskapazität namentlich mit Blick auf die Vertretung im Parlament und die wachsende Beanspruchung der Regierungsmitglieder im internationalen Bereich.

Mit übereinstimmenden Beschlüssen vom 10. März 2004 (Nationalrat) und vom 3. Juni 2004 (Ständerat) wies das Parlament die Vorlage an den Bundesrat zurück.

Verbunden damit war der Auftrag, neue Vorschläge zur Stärkung der politischen Führung, zur Entlastung des Bundesrates von Verwaltungsaufgaben sowie zur Effizienzsteigerung der Verwaltung zu unterbreiten.

Nach der Rückweisung der Vorlage zur Staatsleitungsreform durch die Räte beschloss der Bundesrat die Durchführung einer Bundesverwaltungsreform. Wichtige Bausteine waren die Optimierung der Führung und eine bessere Nutzung der personellen Ressourcen, die Vereinfachung des Personalrechts sowie die formelle Überprüfung des Bundesrechts. Mit verschiedenen Projekten sollten die Effizienz gesteigert, Spielraum für die Erfüllung neuer Aufgaben geschaffen sowie die bestehenden Strukturen und Prozesse nachhaltig entlastet werden. Der Bundesrat nahm den Schlussbericht am 30. Januar 2008 zur Kenntnis.

Am 13. Oktober 2008 erstellte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) auf Wunsch der Staatspolitischen Kommission des Ständerates einen Zwischenbericht über bereits umgesetzte Massnahmen im Bereich der Verwaltungsreform. In diesem Zwischenbericht wurde aufgezeigt, dass die Bundesverwaltungsreform bereits Mitte 2008 grösstenteils abgeschlossen werden konnte. Die Organisation der Verwaltung konnte punktuell verbessert, verwaltungsinterne
Abläufe konnten vereinfacht und Doppelspurigkeiten beseitigt werden. Auf das Regierungsorgan hatte die Bundesverwaltungsreform hingegen keine nennenswerten Auswirkungen.

Veranlasst durch die Absicht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats, im Frühjahr 2009 über das weitere Vorgehen betreffend die Staatsleitungsreform zu diskutieren, beschloss der Bundesrat, im August 2009 eine Grundsatzdiskussion über die Staatsleitungsreform zu führen und zu entscheiden, ob er die Reform weiterverfolgen oder aber den Räten einen Abschreibungsantrag stellen soll. Am 2

BBl 2002 2095

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26. August 2009 kam der Bundesrat zum Schluss, dass nach wie vor Reformbedarf besteht. Die Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates verlangten im Rahmen ihres Berichts vom 30. Mai 2010 über die «Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA» (GPK-Bericht) in zahlreichen Empfehlungen und Vorstössen vom Bundesrat Reformvorschläge. Mit der vorliegenden Zusatzbotschaft unterbreitet der Bundesrat dem Parlament in Erfüllung seines Auftrags von 2004 und in Reaktion auf den GPKBericht vom 30. Mai 2010 seine neuen Vorschläge.

1.2

Reformziele

Die Ziele der Reform sind nach wie vor dieselben, wie sie in der Botschaft vom 19. Dezember 2001 zur Staatsleitungsreform dargelegt wurden3. Primär geht es um die Stärkung der politischen Führung. Angesichts der gewachsenen Bundeskompetenzen und der Zunahme der Gesetzgebung in komplexen Themenbereichen sind die Rahmenbedingungen für das Regieren schwieriger geworden. Die Konsensfindung im Bundesrat ist anspruchsvoller und zeitaufwendiger geworden. Zudem ist die Beanspruchung der Regierung durch die Medien gestiegen.

Der Reformbedarf wird auch vom Parlament nicht in Frage gestellt. Beide Räte sind auf die Vorlage des Bundesrates von 2001 für eine Staatsleitungsreform eingetreten.

Divergenzen bestanden hingegen bei der Beurteilung der Reformvorschläge. Der Rückweisungsbeschluss des Nationalrates vom 4. März 2004 bekräftigt ausdrücklich den Reformbedarf und verlangt neue Vorschläge, die geeignet sein sollen, die politische Führung zu stärken, den Bundesrat von Verwaltungsaufgaben zu entlasten und die Effizienz der Verwaltung zu steigern.

Diese Einschätzung zeigt sich auch in den zahlreichen parlamentarischen Vorstössen, die seither eingereicht oder überwiesen wurden und die den Reformbedarf bejahen. In eine ähnliche Richtung geht der GPK-Bericht.

1.3

Vernehmlassung

Auf eine Vernehmlassung zur vorliegenden Zusatzbotschaft wurde verzichtet, weil die Ausgangslage und die Reformziele sich seit der Botschaft vom 19. Dezember 2001 zur Staatsleitungsreform nicht geändert haben. Zudem war eine wesentliche Massnahme, die nachstehend vorgeschlagen wird (Verlängerung der Amtsdauer des Bundespräsidiums), bereits im November 1998 Gegenstand einer Vernehmlassung.

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Reformvorschläge

In der Zusatzbotschaft stellt der Bundesrat sowohl Sofortmassnahmen als auch mittelfristige und längerfristige Massnahmen vor. Zu den Sofortmassnahmen gehören insbesondere Optimierungen im Verfahren und im Ablauf der Bundesratssitzungen. Etwas mehr Zeit benötigen aufgrund der demokratischen Verfahren Reformen, die nur mittels Gesetzes- und Verfassungsrevisionen verwirklicht werden können.

3

BBl 2002 2105, Ziff. 1.3

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2.1

Bundespräsidium

2.1.1

Verlängerung der Amtsdauer

Die Amtsdauer des Bundespräsidiums soll auf zwei Jahre verlängert werden, ohne Möglichkeit einer unmittelbaren Wiederwahl. Auf die Schaffung eines eigenständigen Präsidialdepartements wird verzichtet. Ebenso wird das Bundespräsidium nicht fest an ein bestimmtes Departement gebunden.

Eine zweijährige Amtsdauer stärkt die Leitungs- und Koordinationsfunktion, die die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident zugunsten des Bundesrates wahrnimmt. Auch lassen sich die präsidialen Präsenz- und Repräsentationspflichten, namentlich auch gegenüber dem Ausland, mit einer längeren Amtsdauer besser bewältigen. Das Bedürfnis nach solchen Kontakten ist in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der stärkeren internationalen Verflechtung und den globalen Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Finanzmärkte oder auch Ökologie stark angestiegen. Ein zweijähriges Bundespräsidium kann die Kontinuität und Berechenbarkeit des bundesrätlichen Handelns und Auftretens erhöhen und fördert die Verstetigung internationaler Kontakte. Das Bundespräsidium wird in der Schweiz und im Ausland wahrnehmbarer. Dies trägt zur Stärkung der politischen Führung im Bundesrat bei, namentlich auch bei der Bewältigung ausserordentlicher Situationen, die zwar kurzfristig auftreten, den Bundesrat und vor allem das Bundespräsidium aber während längerer Zeit beanspruchen. Auch muss nicht jedes Jahr eine neue Person in die Präsidialfunktion eingearbeitet werden. Die während der Präsidialzeit erworbenen Erfahrungen und persönlichen Kontakte lassen sich besser nutzen.

Die Verlängerung hat zweifellos auch Nachteile. Bei einer zweijährigen Amtsdauer haben nicht mehr alle Bundesratsmitglieder gleiche Aussichten, das Präsidium übernehmen zu können. Sie führt zu einer Verlangsamung der Rotation und damit zu einer Einschränkung der Vertretungsvielfalt (Landesgegenden und Sprachregionen).

Zudem steht ein längeres Bundespräsidium in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Kollegialprinzip. Das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Bundesratsmitglieder als typisches Merkmal des auf Konsens und Kollegialität ausgerichteten Konkordanzsystems wird relativiert.

Nach Ansicht des Bundesrates überwiegen jedoch die Vorteile eines zweijährigen Bundespräsidiums. Die Verlängerung fällt sehr moderat aus. Dies gilt namentlich auch im internationalen
Vergleich, wo vier- oder fünfjährige Präsidien die Regel sind. Damit wird vermieden, dass sich Macht-, Sach- und Entscheidungskompetenz zu stark in den Händen einer Person konzentrieren4. Aus diesem Grund werden die Kompetenzen der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten auch nicht weiter ausgebaut, obwohl eine Erweiterung der Kompetenzen zusammen mit einer Verlängerung der Amtsdauer die Führungskraft des Bundespräsidiums zusätzlich stärken könnte.

Der Bundesrat verzichtet auch bewusst auf eine Verlängerung auf vier Jahre oder die Einführung der Möglichkeit einer Wiederwahl (2+2 Jahre). Eine vierjährige Rotation würde das auf der Gleichheit der Bundesratsmitglieder beruhende Kollegialprinzip und die für den staatlichen Zusammenhalt wichtige sprachregionale und 4

Damit ist auch den in der Botschaft zur Staatsleitungsreform formulierten entsprechenden Anforderungen Rechnung getragen (vgl. BBl 2002 2095 ff., 2110).

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föderalistische Ausgewogenheit bei der Besetzung der Spitze der Landesregierung erheblich beeinträchtigen. Wechsel würden zwangsläufig von solchen Gesichtspunkten dominiert, während andere für ein gutes Zusammenwirken der Kollegialregierung wichtige Aspekte wie Führungsqualitäten, gruppendynamische Bedürfnisse des Kollegiums oder besondere Erfordernisse einer bestimmten Lage in den Hintergrund träten. Die Möglichkeit einer Wiederwahl nach zwei Jahren könnte ebenfalls zu einem vierjährigen Bundespräsidium führen.

Es wurde in diesem Zusammenhang auch diskutiert, ob die Wahl des Bundesrates und des Bundespräsidiums bereits im Herbst statt wie heute in der Dezembersession vorgenommen werden soll. Der Bundesrat hat diese Idee jedoch nicht weiterverfolgt, weil dann die Amtsdauer der Bundesratsmitglieder und des Bundespräsidiums sowie des Vizepräsidiums nicht mehr mit dem Beginn der Legislaturperiode übereinstimmen würde. Zudem wäre dann nicht die neu gewählte, sondern die bisherige Bundesversammlung für die Bundesratswahl zuständig.

Der Bundesrat möchte kein eigenständiges Präsidialdepartement. Ein solches könnte der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten zwar zusätzlichen Raum für die Wahrnehmung übergeordneter Leitungs-, Koordinations- und Repräsentationsaufgaben verschaffen, da sie oder er von der Führung eines Fachdepartementes entbunden wäre und die Geschäfte aus einer gesamtheitlichen Perspektive beurteilen könnte.

Andererseits erweist sich gerade die Verantwortung für einen bestimmten Aufgabenbereich und die Einbindung in das Tagesgeschäft, wie sie die Führung eines Fachdepartements mit sich bringt, als wichtige Stütze bei der Wahrnehmung präsidialer Aufgaben. Eine Trennung zwischen sogenannt strategischen und operativen Tätigkeiten der Regierung, wie dies gelegentlich vorgeschlagen wurde5, erweist sich nämlich als kaum praktikabel. Ein separates, von Fachaufgaben losgelöstes Präsidialdepartement könnte auf längere Sicht zu wenig «Bodenhaftung» und im Bundesratskollegium zu wenig Gewicht haben, was die vom Bundespräsidium zu leistenden Aufgaben eher erschweren würde. Ausserdem müssten die bisher auf sieben Departemente verteilten Aufgaben neu auf sechs Departemente verteilt werden, was zu einer zusätzlichen Belastung der Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher führen könnte.
Das Präsidium soll auch nicht mit einem bestimmten Fachdepartement verknüpft werden. Zur Diskussion stand insbesondere eine Bindung an das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA). Eine solche Koppelung gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits einmal6. Allenfalls liessen sich auf diese Weise gewisse Synergien bei der Wahrnehmung der Kontakte mit dem Ausland nutzen. Die Funktionen des Bundespräsidiums betreffen aber nicht nur den Aussenbereich. Ebenso wichtig sind die Planung und Koordination der Regierungsgeschäfte, die Leitung der Sitzungen des Bundesrates und dessen Repräsentation im Inland. Eine feste Anbindung an ein bestimmtes Departement würde auch das Bedürfnis nach einem vierjährigen Bundespräsidium erhöhen, um die Führungswechsel in den Departementen in Grenzen zu halten. Gegen eine solche Ausdehnung der Amtsdauer sprechen jedoch bereits genannte grundsätzliche Erwägungen.

5

6

Vgl. z.B. das von der «Arbeitsgruppe Führungsstrukturen des Bundes» (AGFB) in ihrem Zwischenbericht vom 23. November 1991 erarbeitete Modell C, BBl 1992 II 1018 ff., 1060 ff.

Vgl. zur Bindung des Bundespräsidiums an das damalige Politische Departement die Botschaft des Bundesrates vom 19. Dezember 2001 zur Staatsleitungsreform, BBl 2002 2114 f.

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2.1.2

Wahlgremium

Heute wird die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählt (Art. 176 Abs. 2 der Bundesverfassung7, BV). Vorstellbar wäre auch eine Wahl durch den Bundesrat oder wenigstens ein Vorschlagsrecht des Bundesrates bei einer Wahl durch die Vereinigte Bundesversammlung.

Nach Ansicht des Bundesrates sollte allerdings am bewährten System der Wahl des Bundespräsidiums durch die Vereinigte Bundesversammlung festgehalten werden.

Durch die parlamentarische Wahl erhält die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident die grösstmögliche demokratische Legitimation ausserhalb einer Volkswahl.

Die Stellung der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten wird mit der Verlängerung der Amtsdauer auf zwei Jahre gestärkt. Deshalb ist eine starke demokratische Legitimation besonders wichtig.

2.1.3

Kriterien für die Wahl in das Bundespräsidium

Die Bundesverfassung schreibt gegenwärtig keine Kriterien für die Wahl in das Bundespräsidium vor. In der Praxis hat sich lediglich das Kriterium der Anciennität durchgesetzt, indem ein neues Mitglied im Bundesrat das Präsidium erst nach allen anderen, amtsälteren Mitgliedern übernimmt. Demgegenüber nennt die Bundesverfassung in Artikel 175 Absatz 4 für die Wahl in den Bundesrat ausdrücklich zwei Kriterien, nämlich die Rücksichtnahme auf eine angemessene Vertretung der Landesgegenden und der Sprachregionen.

Nach Ansicht des Bundesrates ist es sinnvoll, für die Wahl in das Bundespräsidium analoge Kriterien in der Verfassung zu verankern, wie sie für die Wahl in den Bundesrat gelten. Die Verlängerung der Amtsdauer auf zwei Jahre erhöht die Bedeutung einer Rotation zwischen den Sprachregionen und den Landesgegenden. Diese soll indes nicht nach einem starren, von vornherein festgelegten Schema erfolgen. Die offene Formulierung dieser Kriterien wahrt die nötige Flexibilität bei der Wahl der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten. Insbesondere lässt sich so beispielsweise auch die Erfahrung eines Bundesratsmitglieds angemessen berücksichtigen.

Weitere Kriterien wie die Parteizugehörigkeit oder das Geschlecht sollen dagegen nicht in die Bundesverfassung aufgenommen werden, um die Flexibilität bei der Auswahl nicht zu sehr einzuschränken. Die Parteizugehörigkeit und das Geschlecht spielen bereits heute eine wichtige Rolle für die Zusammensetzung des Bundesrates.

Es ist davon auszugehen, dass diese Kriterien in der Praxis auch bei der Besetzung des Bundespräsidiums angemessen zum Tragen kommen. Ein zu starres Abstellen etwa auf die Parteizugehörigkeit würde sich dagegen schlecht mit der für eine erfolgreiche Wahrnehmung des Präsidiums notwendigen überparteilichen Führung vertragen.

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SR 101

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2.2

Vizepräsidium

2.2.1

Amtsdauer

Die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident wird heute wie die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident auf die Dauer eines Jahres gewählt (Art. 176 Abs. 2 BV).

In der Praxis hat sich ein Rotationsprinzip entwickelt, wonach die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident im darauffolgenden Jahr zur Bundespräsidentin oder zum Bundespräsidenten gewählt wird.

Gleich wie das Bundespräsidium soll auch das Vizepräsidium auf zwei Jahre verlängert werden. Dies ermöglicht es, den in der Praxis bewährten Wechsel vom Vizepräsidium in das Präsidium auch künftig im Regelfall beizubehalten. Ein einjähriges Vizepräsidium bei einem auf zwei Jahre verlängerten Präsidium würde zu einer Entkoppelung von Präsidium und Vizepräsidium führen, weil nicht jede Vizepräsidentin beziehungsweise jeder Vizepräsident gleich anschliessend das Bundespräsidium übernehmen könnte. Die Einblicke und die Erfahrung, die eine Vizepräsidentin oder ein Vizepräsident während der Amtszeit gewinnt, sollen jedoch für das Präsidium nutzbar sein. Die Verlängerung der Amtsdauer von Bundespräsidium und Vizepräsidium auf jeweils zwei Jahre schafft die grösstmögliche Kontinuität im Präsidium, die noch systemverträglich ist. Ein Mitglied des Bundesrates, das zunächst in das Vizepräsidium und danach in das Bundespräsidium gewählt wird, nimmt während insgesamt vier Jahren präsidiale Funktionen wahr. Dies ist namentlich mit Blick auf die Herstellung internationaler Kontakte von grossem Vorteil.

2.2.2

Wahlgremium

Zuständig für die Wahl der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten soll wie bisher (Art. 176 Abs. 2 BV) die Vereinigte Bundesversammlung sein. Eine Wahl durch den Bundesrat könnte allenfalls dann Sinn machen, wenn die Amtsdauer des Vizepräsidiums kürzer als diejenige des Bundespräsidiums ausfällt. Bei einem zweijährigen Vizepräsidium, das im Regelfall zur Übernahme des Bundespräsidiums führt, erscheint eine möglichst starke demokratische Legitimation aber als wichtig.

2.2.3

Wahlkriterien

Wie beim Bundespräsidium sollen auch für die Bestellung des Vizepräsidiums die Kriterien einer angemessenen Rotation zwischen den verschiedenen Sprachregionen und Landesgegenden in die Bundesverfassung aufgenommen werden. Die Verlängerung des Vizepräsidiums auf zwei Jahre macht dies nötig, insbesondere wenn ein Wechsel vom Vizepräsidium in das neu ebenfalls zweijährige Bundespräsidium wie heute der Regelfall bleibt.

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2.3

Einsetzung eines Stabs der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten

Der Bundesrat möchte keinen permanenten Stab für die Bundespräsidentin oder den Bundespräsidenten einsetzen. Zwar würde ein bei der Bundeskanzlei angesiedelter Stab mit mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für diplomatische, protokollarische und organisatorische Belange wie die wiederkehrende Vorbereitung und Unterstützung der Auftritte im Inland sowie für die Kommunikation des Bundespräsidiums zuständig sind, die Kontinuität bei der Erfüllung dieser Aufgaben sicherstellen. Der Bundesrat ist jedoch der Ansicht, dass eine solche Lösung zu wenig flexibel und nicht auf die Bedürfnisse der jeweiligen Bundespräsidentin oder des jeweiligen Bundespräsidenten ausgerichtet ist, weshalb ein solcher Stab den Mehraufwand nicht rechtfertigt. Der Bundesrat hat sich daher für die Fortsetzung der bisherigen Praxis ausgesprochen, wonach das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheit (EDA) dem Bundespräsidium für das Präsidialjahr jeweils eine diplomatische Beraterin oder einen diplomatischen Berater zur Verfügung stellt.

Zudem kann die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident wie bis anhin eine zusätzliche persönliche Mitarbeiterin oder einen zusätzlichen persönlichen Mitarbeiter für die Präsidialzeit beschäftigen. Die Bundeskanzlei sorgt wie bisher für die Vorbereitung der Bundesratssitzungen, für die Beratung und Unterstützung der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten bei der Durchführung der Sitzungen sowie für die Kommunikation zu den Bundesratssitzungen.

2.4

Stärkung des Bundesrates als Kollegialbehörde

Im GPK-Bericht haben die Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates den Bundesrat mit Empfehlung 16 über das Stellvertretungssystem des Bundesrates, mit der Motion 3 über die Stärkung der 3er-Ausschüsse des Bundesrates sowie mit Motion 4 über die Sicherstellung der kollektiven Führung des Bundesrates aufgefordert, Massnahmen zur Stärkung des Bundesrates als Kollegialbehörde zu ergreifen und diese wenn nötig gesetzlich zu verankern. Der Bundesrat nimmt diese Anliegen der GPK auf.

Zur Stärkung der kollektiven Führung des Bundesrates schlägt der Bundesrat einen neuen Artikel 12a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19978 (RVOG) vor: Darin wird die Berichterstattungspflicht der Bundesratsmitglieder und der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers gegenüber dem Kollegium festgehalten.

Um die Informationspolitik des Bundesrates an die heutigen Bedürfnisse anzupassen und kohärent auszugestalten, wird in Artikel 10a RVOG ergänzend verankert, dass die Bundesratssprecherin oder der Bundesratssprecher den Bundesrat und seine Mitglieder in Informations- und Kommunikationsfragen zu sämtlichen Geschäften des Bundesrates berät.

Die geltende Regelung des Stellvertretungssystems wird präzisiert (Art. 22 RVOG).

Jedes Bundesratsmitglied ist dafür verantwortlich, dass seine Stellvertretung im Bedarfsfall sein Departement sofort übernehmen kann und dabei rasch und umfas-

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SR 172.010

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send über die zu treffenden Entscheide informiert wird. Auch haben wenn möglich geordnete Übergaben stattzufinden.

Die Rolle der 3er-Ausschüsse des Bundesrates als Vorbereitungsorgane wird gestärkt. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Ausschüsse das Kollegium über ihre Tätigkeiten informieren und dass wichtige Geschäfte im Kollegium ausführlich diskutiert werden. Jeder Ausschuss verfügt über ein Sekretariat.

Schliesslich sollen Ausschüsse nur noch bei ausgewiesenem Bedarf eingesetzt werden. Die bestehende Bestimmung von Artikel 23 RVOG wird entsprechend angepasst.

Die Führung des Bundesrates ist in jenen Fällen zu stärken, in denen die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident gleichzeitig dem Departement vorsteht, das in einer ausserordentlichen Lage fachlich für ein zentrales Geschäft zuständig ist. Es ist wichtig, dass die Führung des Bundesrates und die Federführung für wichtige Geschäfte in solchen Lagen entflechtet werden. Es soll daher entschieden werden, ob die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident das Sachgeschäft zur Weiterbetreuung an seine Stellvertretung abgibt, oder ob die Leitung der Bundesratssitzungen zu diesem Geschäft an die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten übertragen wird. Der Bundesrat beabsichtigt, diese Wahlmöglichkeit in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19989 (RVOV) zu verankern.

2.5

Stärkung der Bundeskanzlei

Der Bundesrat hat geprüft, ob im Interesse einer Stärkung der Bundeskanzlei die Wahl der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers durch den Bundesrat anstelle des Parlaments erfolgen sollte. Er kam zum Schluss, dass die Bundeskanzlei damit eher geschwächt als gestärkt würde und somit die Nachteile klar überwiegen. Der Bundesrat hält daher an der Wahl der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers durch die Bundesversammlung fest.

In seiner Stellungnahme vom 21. April 201010 zum Kurzschreiben der Geschäftsprüfungskommissionen vom 16. und vom 26. Februar 201011 und zum Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 15. Oktober 200912 kündigte der Bundesrat ferner an zu prüfen, ob dem Anliegen des Berichts der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle Rechnung getragen und die Rolle der Bundeskanzlei als Entscheidungsvorbereitungsorgan gestärkt werden könnte. Am 4. November 2009 beschloss der Bundesrat im Rahmen der Verabschiedung des Evaluationsberichts FLAG 200913, Vorarbeiten für die Optimierung der Verwaltungsführung aufzunehmen. Dabei werden verschiedene Optionen untersucht. Ein erster Vorentscheid ist für Anfang 2011 vorgesehen. Es zeigte sich, dass je nach Option die Auswirkungen auf die Bundeskanzlei als Entscheidvorbereitungsorgan unterschiedlich sind. Der Bundesrat möchte diesen Arbeiten nicht vorgreifen. Er wird deshalb erst nach deren

9 10 11 12 13

SR 172.010.1 BBl 2010 3163 BBl 2010 3079 BBl 2010 3083 BBl 2009 7915

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Abschluss über allfällige Massnahmen zur Stärkung der Bundeskanzlei im Rahmen der strategischen politischen Führung entscheiden.

Die Geschäftsprüfungskommissionen verlangten im GPK-Bericht, dass die Bundeskanzlei als Stabsstelle des Bundesrates gestärkt wird. Der Bundesrat nimmt dieses Anliegen auf. Er schlägt vor, im RVOG (Art. 32 Bst. c) ausdrücklich festzuhalten, dass die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler für die Ausfertigung der Beschlüsse des Bundesrates verantwortlich ist. Damit wird die bestehende Praxis gesetzlich verankert. Zudem sollen die Geschäftskontrolle gestärkt und die Protokollführung optimiert werden.

In diesem Zusammenhang prüft der Bundesrat auch Unterstützungsmassnahmen zugunsten der Departemente in den Bereichen Umfeldmonitoring, Früherkennung, Frühwarnung und Organisationsunterstützung in Krisen.

2.6

Staatssekretärinnen und Staatssekretäre

Das geltende Recht sieht die Verleihung des Titels «Staatssekretär» oder «Staatssekretärin» an Vorsteherinnen und Vorsteher von Ämtern und Gruppen vor. Dabei handelt es sich um sogenannte ständige Titularstaatssekretäre und -sekretärinnen nach Artikel 46 RVOG. Ihnen kommen keine zusätzlichen Befugnisse innerhalb der Bundesverwaltung zu, über die sie nicht bereits in ihrer Funktion als Vorsteher und Vorsteherinnen eines Amtes oder eine Gruppe von Ämtern verfügen. Ihre zusätzliche Funktion beschränkt sich auf die Wahrnehmung des Verkehrs mit dem Ausland.

In der Bundesverwaltung bestehen heute mit dem Staatssekretariat im EDA, dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) bereits vier Verwaltungseinheiten, die von Staatssekretären geleitet werden. Die Staatssekretariate werden heute nur in den entsprechenden Organisationsverordnungen, nicht aber auf Gesetzesstufe genannt.

Der Bundesrat erachtet zur Unterstützung und Entlastung der Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher die Einsetzung von vier bis sechs weiteren Staatssekretärinnen und Staatssekretären als angezeigt. Die genaue Zahl hängt auch von der Organisation der Departemente und Ämter ab. Dabei braucht nicht jedes Departement zwingend einen Staatssekretär oder eine Staatssekretärin. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass der Bundesrat im Verantwortungsbereich eines Departementes allenfalls mehr als einen Staatssekretär oder eine Staatssekretärin einsetzt. Um die Umsetzung seines Vorhabens rechtlich abzustützen, schlägt der Bundesrat eine Neuregelung vor, die vom geltenden Recht der Titularstaatssekretärinnen und Titularstaatssekretäre ausgeht und der heutigen Praxis im Bereich der Staatssekretariate Rechnung trägt. Als Staatssekretärinnen und Staatssekretäre werden Vorsteherinnen und Vorsteher von Ämtern oder Gruppen eingesetzt, die für einen wichtigen Fachbereich innerhalb des Departementes verantwortlich sind (Art. 45a Abs. 1 RVOG).

Die Aufgaben der Staatssekretäre und Staatssekretärinnen sollen moderat ausgebaut werden (Art. 45a Abs. 2 RVOG und Art. 160 Abs. 1bis des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200214, ParlG). Neben der Wahrnehmung von Kontakten mit dem 14

SR 171.10

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Ausland auf höchster Ebene soll die Staatssekretärin oder der Staatssekretär die Departementsleitung zum einen in parlamentarischen Kommissionen vertreten können, sofern die Teilnahme des Bundesratsmitglieds nicht durch die politische Bedeutung des Beratungsgegenstands angezeigt ist, und zum anderen innerhalb des Departementes in bestimmten, klar umrissenen Bereichen. Die Unterstützungs- und Entlastungsfunktion zugunsten der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers wird ausdrücklich gesetzlich verankert. Damit nehmen die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre innerhalb des Departementes eine besondere Stellung ein. Es wird jedoch in der Bundesverwaltung keine neue Ebene oder Verwaltungseinheit eingeführt; die bestehende Gliederung wird lediglich nuanciert.

Der neue Regelungsvorschlag grenzt sich klar von früheren Vorlagen ab, die der Bundesrat dem Parlament zur Stärkung der politischen Führung und der Regierungskapazität unterbreitete. Er unterscheidet sich von der mit der Botschaft vom 20. Oktober 199315 zum Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG 93) der Bundesversammlung unterbreiteten und schliesslich vom Volk verworfenen Vorlage16 durch die Klarheit des Profils. Anders als bei der Botschaft vom 19. Dezember 200117 zur Staatsleitungsreform wird keine zweite Regierungsebene oder ein zweiter Regierungskreis geschaffen, und die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre tragen auch keine politische Mitverantwortung für ihren Aufgabenbereich gegenüber der Bundesversammlung. Im Gegensatz zu den beiden früheren Vorlagen unterstehen die Arbeitsverhältnisse der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre schliesslich den gleichen personalrechtlichen Bestimmungen wie diejenigen der übrigen Vorsteherinnen und Vorsteher von Ämtern oder Gruppen.

2.7

Zusammenhang mit weiteren Reformbestrebungen

Im September 2009 hat der Bundesrat beschlossen, die Diskussion über die Reform der Departementsgliederung wieder aufzunehmen. Er reagierte damit namentlich auf verschiedene parlamentarische Vorstösse, die ein Überdenken der Departementsstrukturen fordern. Ein Entscheid soll bis Ende 2010 gefällt werden.

2.8

Optimierungen im Verfahren

Der Bundesrat beschloss bereits Anfang 2010 einige Massnahmen zur Optimierung der Organisation der Bundesratssitzungen. Im Rahmen der Arbeiten zur Regierungsreform hat der Bundesrat weitere Massnahmen geprüft und gutgeheissen. Sie dienen der optimalen Vorbereitung der Bundesratsgeschäfte und entlasten die Bundesratssitzungen von Routinegeschäften. Damit soll erreicht werden, dass dem Bundesrat als Kollegium mehr Zeit für die wichtigen Geschäfte zur Verfügung steht. Diese Massnahmen bedürfen keiner Gesetzesanpassungen und können im Rahmen von Anpassungen der Richtlinien für Bundesratsgeschäfte oder ­ soweit sich dies im Rahmen der Arbeiten als notwendig erweisen sollte ­ der RVOV umgesetzt werden.

15 16 17

BBl 1993 III 997 BBl 1995 IV 451, 1996 III 917 BBl 2002 2095

7823

Als wichtige Massnahme zur Entlastung der Bundesratssitzungen von den zahlreichen oft unbestrittenen Geschäften beschloss der Bundesrat, die Anwendung des vereinfachten Beschlussverfahrens nach Artikel 13 Absatz 2 RVOG für Geschäfte, die nicht von wesentlicher Bedeutung oder von grosser politischer Tragweite sind, auszubauen. Bereits heute besteht für eine relativ geringe Anzahl von Geschäften das Verfahren in der Form der sogenannten unechten Präsidialentscheide. Dieses schriftliche Beschlussverfahren kann auf einen grossen Teil der Geschäfte ausgedehnt werden, insbesondere auch auf die Beantwortung parlamentarischer Vorstösse18. Treffen innerhalb einer von der Bundeskanzlei angesetzten Frist keine Mitberichte ein, so gilt das Geschäft als verabschiedet. Andernfalls wird das Geschäft für die nächste Bundesratssitzung ordentlich traktandiert.

Ferner werden besonders wichtige sowie stark umstrittene Geschäfte, die ordentlich traktandiert sind, auf die nächste Bundesratssitzung verschoben und somit mindestens zweimal im Bundesratskollegium behandelt, wenn sich bei der ersten Diskussion abzeichnet, dass noch kein Endentscheid gefällt werden kann. Diese mehrmalige Traktandierung soll eine fundierte Meinungsbildung und Beschlussfassung gewährleisten.

Eine weitere Massnahme besteht in der Aufwertung der bundesrätlichen Klausursitzungen. Es ist beabsichtigt, zukünftig vermehrt Klausursitzungen anzusetzen.

Schliesslich soll die Rolle der Organe der präventiven Rechtskontrolle in der Bundesverwaltung gestärkt werden. Die Departemente und Ämter werden verpflichtet, sie bei der Vorbereitung der Bundesratsgeschäfte zu wichtigen und strittigen Rechtsfragen zu konsultieren.

2.9

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Im Jahr 2009 ist eine Motion Burkhalter 09.3155 «Regierungsreform. Zentrales Thema in der nächsten Legislaturplanung» eingereicht worden. Sie beauftragt den Bundesrat, in der Legislaturplanung 2011­2015 eine Neuorganisation der Regierungsaufgaben vorzulegen. Insbesondere ist eine neue Zusammensetzung der Departemente zu prüfen und das Bundespräsidium neu zu definieren. Der Bundesrat beabsichtigt, bis Ende 2010 einen Entscheid über die Reform der departementalen Gliederung zu fällen. Ein weiteres Anliegen der Motion betrifft die Stärkung des Bundespräsidiums. Mit den im Rahmen der vorliegenden Zusatzbotschaft unterbreiteten Vorschlägen zum Bundespräsidium wird diese Motion teilweise erfüllt.

Das Postulat Burkhalter 06.3653 «Regierungsreform. Stellung der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten» verlangt vom Bundesrat, den Ausbau und die Stärkung der Stellung der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten durch die Verlängerung der Amtszeit und die Übernahme von Aufgaben in der Führung, der Koordination und der Kommunikation nach aussen zu prüfen. Mit der vorliegenden Zusatzbotschaft kommt der Bundesrat diesem Prüfungsauftrag nach; entsprechend beantragt der Bundesrat die Abschreibung des Postulats.

18

Im Jahre 2009 wurden 1517 parlamentarische Vorstösse eingereicht, die durch den Bundesrat zu beantworten waren.

7824

3

Erläuterungen zu den Erlasstexten

3.1

Übersicht

Die Regierungsreform soll in Etappen erfolgen. Ein gestaffeltes Vorgehen trägt der unterschiedlichen Natur der Vorschläge Rechnung und erlaubt es, dem Handlungsbedarf, den der Bundesrat im August 2009 erneut bestätigt hat, möglichst rasch Rechnung zu tragen.

Viele Reformvorschläge lassen sich im Rahmen der geltenden Rechtsordnung umsetzen und erfordern keine Anpassungen auf Verfassungs- oder Gesetzesebene. Sie können umgehend realisiert werden. Dies betrifft namentlich Massnahmen, die Optimierungen im Verfahren und im Ablauf der Bundesratssitzungen bewirken.

Einige der vorgeschlagenen Massnahmen erfordern möglicherweise Verordnungsänderungen. Auch diese wären zügig realisierbar.

Gesetzesänderungen, die von beiden Räten beschlossen werden müssen, sind namentlich für die Verankerung der Informationspflicht der Bundesratsmitglieder sowie der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers und des entsprechenden Informationsrechts des Bundesrates, die Präzisierung des Stellvertretungssystems des Bundesrates, die Neuregelung der Ausschüsse sowie die Einführung zusätzlicher Staatssekretärinnen und Staatssekretäre notwendig. Dazu bedarf es einer Änderung des RVOG. Der Bundesrat hat geprüft, ob sich die Einführung zusätzlicher Staatssekretärinnen und Staatssekretäre allenfalls auch auf der Verordnungsebene umsetzen liessen. Er verwarf dies, weil die zusätzlichen Staatssekretärinnen und Staatssekretäre klar definierte Aufgaben im Bereich der Departemente übernehmen und insbesondere auch im Verkehr des Bundesrates mit dem Parlament und seinen Organen eingesetzt werden sollen.

Die Reformvorschläge für eine Verlängerung der Dauer des Bundespräsidiums und des Vizepräsidiums auf zwei Jahre sowie für die Einführung von Wahlkriterien für diese beiden Magistratsfunktionen bedürfen einer Revision der Bundesverfassung.

Die Verlängerung des Bundespräsidiums auf Verfassungsebene ist zudem auch im ParlG nachzuvollziehen.

Es werden daher drei Erlassentwürfe unterbreitet. Der Bundesbeschluss über die Regierungsreform (Vorlage A) beinhaltet die Verfassungsänderung. Mit diesem Bundesbeschluss hängt der Entwurf zur Änderung des ParlG (Vorlage B) zusammen, der die Verlängerung des Bundespräsidiums auf zwei Jahre auf Gesetzesstufe umsetzt. Ein dritter, separater Entwurf zur Änderung des RVOG (Vorlage C) enthält schliesslich Anpassungen zum Verfahren und zur Organisation des Bundesrates sowie zu den Staatssekretärinnen und Staatssekretären.

7825

3.2

Verfassungsänderungen (Vorlage A)

Das Bundespräsidium wird in Artikel 176 BV19 geregelt.

Verlängerung der Amtsdauer von Bundespräsidium und Vizepräsidium (Art. 176 Abs. 2 BV) In Artikel 176 Absatz 2 BV wird die Verlängerung der Amtsdauer sowohl des Bundespräsidiums als auch des Vizepräsidiums von einem Jahr auf zwei Jahre festgehalten.

Wahlkriterien (Art. 176 Abs. 3 BV) In einem neuen Absatz 3 wird analog zu den heute für die Wahl in den Bundesrat geltenden Kriterien festgelegt, dass die Bundesversammlung darauf achtet, dass die verschiedenen Landesgegenden und Sprachregionen bei der Wahl in das Bundespräsidium und in das Vizepräsidium angemessen berücksichtigt werden. Auf diese Weise wird der Bedeutung der Landesgegenden und Sprachregionen Rechnung getragen, wobei deren Grösse, Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft sowie staatspolitische Faktoren eine Rolle spielen können. Die Formulierung gibt somit kein starres Rotationsschema vor, sondern belässt die für die Besetzung des Präsidiums erforderliche Flexibilität auch in persönlicher Hinsicht.

Keine unmittelbare Wiederwahl (Art. 176 Abs. 4 BV) Eine unmittelbare Wiederwahl der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten sowie die unmittelbare Wahl der abtretenden Bundespräsidentin oder des abtretenden Bundespräsidenten zur Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten soll auch bei einer zweijährigen Amtsdauer ausgeschlossen sein. Damit wird ein vierjähriges Bundespräsidium (2+2 Jahre) verhindert und die erwünschte Rotation bei der Übernahme des Bundespräsidiums gewährleistet.

3.3

Änderung des Parlamentsgesetzes (Vorlage B)

Artikel 134 ParlG20 hält fest, dass die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident des Bundesrates aus dessen Mitgliedern und nacheinander für ein Jahr gewählt werden.

Die Verlängerung der Amtsdauer des Bundespräsidiums und des Vizepräsidiums auf zwei Jahre hat zur Folge, dass auch Artikel 134 ParlG entsprechend angepasst werden muss.

Diese Gesetzesanpassung wird nicht zusammen mit den Gesetzesänderungen der Vorlage C, sondern in einem separaten Erlassentwurf unterbreitet, da sie eng mit der Revision der Bundesverfassung (Vorlage A) zusammenhängt.

19 20

SR 101 SR 171.10

7826

3.4

Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG) (Vorlage C)

Im Rahmen eines Entwurfs zur Änderung des RVOG21 werden die Gesetzesanpassungen im Zusammenhang mit der Informationstätigkeit des Bundesrates, der Sicherstellung der effektiven Führung des Bundesrates, dem Stellvertretungssystem des Bundesrates, den Ausschüssen des Bundesrates sowie den Staatssekretärinnen und Staatssekretären vorgenommen.

Beratungsfunktion der Bundesratssprecherin oder des Bundesratssprechers (Art. 10a) Die Aufgaben der Bundesratssprecherin oder des Bundesratssprechers werden ergänzt. Um die bisherige Praxis gesetzlich zu verankern, wird neben der Information der Öffentlichkeit im Auftrag des Bundesrates und der Koordination der Informationstätigkeit des Bundesrates, der Departemente und der Bundeskanzlei neu die Beratungstätigkeit zugunsten des Bundesrates und seiner Mitglieder in Artikel 10a aufgeführt. Die Bundesratssprecherin oder der Bundesratssprecher berät den Bundesrat und seine Mitglieder zu sämtlichen ihn betreffenden Geschäften in Informations- und Kommunikationsfragen. Diese Beratung erfolgt sowohl bei der Vorbereitung der Geschäfte wie auch während den Bundesratssitzungen. Damit wird eine kohärente Informations- und Kommunikationspolitik des Bundesrates gewährleistet.

Informationspflicht (Art. 12a) Damit der Bundesrat die Führung effektiv wahrnehmen kann, muss er rechtzeitig und kontinuierlich über die notwendigen Informationen verfügen. In einem neuen Artikel 12a unmittelbar nach der Bestimmung über das Kollegialprinzip werden die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler daher verpflichtet, den Bundesrat im Rahmen der Bundesratssitzungen regelmässig über ihre Geschäfte zu informieren. Im Weiteren wird explizit festgehalten, dass der Bundesrat ein bestimmtes Bundesratsmitglied und die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler zur Herausgabe von Informationen verpflichten kann. Der Gesamtbundesrat kann das betreffende Mitglied oder die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler unter Fristansetzung zur Information verpflichten. Der Auftrag zur Informationserteilung wird in einem Bundesratsbeschluss festgehalten.

Stellvertretung (Art. 22) Die bisherige Regelung wird ergänzt. Im neuen Absatz 2 werden die Bundesratsmitglieder verpflichtet, ihre Departemente so zu organisieren, dass die Stellvertretungen bei unvorhergesehenen Ereignissen die
Departementsleitung unverzüglich übernehmen können und rasch und umfassend über die wichtigen Geschäfte und die damit zusammenhängenden anstehenden Entscheidungen informiert werden.

Übernimmt die Stellvertretung die Departementsgeschäfte, ist wenn immer möglich, analog zur Übergabe des Bundespräsidiums oder bei einem Departementswechsel, eine formelle Übergabe der Geschäfte durchzuführen. Das Gleiche gilt für die Rücknahme der Geschäfte. Damit wird ausgeschlossen, dass es zu Doppelspurigkeiten und Widersprüchen bei der Departementsführung kommt.

21

SR 172.010

7827

Im Übrigen ist es selbstverständlich, dass der Bundesrat bei der Bezeichnung der Stellvertretungen auf die Zweckmässigkeit achtet. Eine ausdrückliche Verankerung im Gesetz drängt sich nicht auf.

Ausschüsse (Art. 23) Bundesratsausschüsse dienen der Stärkung der kollegialen Führung. Die vertiefte Zusammenarbeit von drei Bundesratsmitgliedern und von drei Departementen erleichtert es, ein behandeltes Thema zum Kollegiumsthema zu machen und es aus der vorwiegend departementalen Sicht herauszulösen. Ausschüsse machen insbesondere dort Sinn, wo die sachlichen Zuständigkeiten eine departementsübergreifende Behandlung von Geschäften nahelegen.

Der Bundesrat beabsichtigt, die Anzahl der Ausschüsse zu reduzieren und sie inskünftig gezielt für wichtige und departementsübergreifende Fragen oder Projekte einzusetzen. Die Ausschüsse dienen der Beratung und der Entscheidvorbereitung.

Wichtige politische Fragen sind im Bundesrat zu diskutieren und zu entscheiden.

Die bisherige gesetzliche Regelung wird daher präzisiert. Der Charakter als Beratungs- und Entscheidvorbereitungsorgan wird verdeutlicht: Ausschüsse des Bundesrates haben keine Entscheidkompetenzen (Abs. 2). Sie können somit keine Entscheide fällen, die im Kompetenzbereich des Bundesrates liegen. Dasselbe gilt auch für Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher. Letztere können jedoch wie bisher die geplanten Entscheide und Beschlüsse im Zuständigkeitsbereich der Departemente vorab den anderen Ausschussmitgliedern unterbreiten und damit die Koordination unter den Departementen sicherstellen.

Damit der Bundesrat effizient wichtige politische Fragen diskutieren und entscheiden kann, informieren die Ausschüsse den Bundesrat regelmässig über ihre Beratungen (Abs. 3). Diese Information hat permanent, rechtzeitig und ausreichend zu erfolgen. Das Gesetz sieht neu ferner ein Sekretariat für jeden Ausschuss vor (Abs. 4). Die jeweils beim federführenden Departement angesiedelten Sekretariate sind verantwortlich für die administrative Begleitung der Ausschüsse wie die Sitzungsorganisation und die Protokollierung. Die Ausgestaltung der Informationspflicht der Ausschüsse, die Aufgaben und die organisationsrechtliche Ansiedelung des Sekretariates sowie die Frage des Vorsitzes werden in Ausführungsbestimmungen auf
Verordnungsstufe geregelt werden. Ebenfalls auf Verordnungsstufe wird zu klären sein, wer für die Sicherstellung, die Aufbewahrung und die Zugänglichmachung der Unterlagen zuständig sein soll.

Verantwortung für die Protokollierung sowie die Ausfertigung der Bundesratsbeschlüsse (Art. 32 Bst. c) Die Verantwortung der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers für die Protokollierung sowie die Ausfertigung der Bundesratsbeschlüsse wird neu ausdrücklich in Artikel 32 Buchstabe c RVOG festgehalten. In der heutigen Praxis werden die Bundesratsbeschlüsse in der Regel von einer Vizekanzlerin oder einem Vizekanzler ausgefertigt. Als Vertreterin oder Vertreter der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers nach Artikel 31 Absatz 2 RVOG kann diese Aufgabe auch weiterhin von einer Vizekanzlerin oder einem Vizekanzler ausgeführt werden.

7828

Staatssekretäre und Staatssekretärinnen Im Kapitel «Departemente» wird vor dem neuen Artikel 45a RVOG ein neuer Abschnitt «Staatssekretäre und Staatssekretärinnen» eingefügt.

Einsetzung und Funktion (Art. 45a) Absatz 1 hält fest, dass der Bundesrat zur Entlastung der Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher Direktorinnen und Direktoren von Ämtern und Gruppen von Ämtern als Staatssekretärinnen und Staatssekretäre einsetzen kann.

Eine Voraussetzung ist, dass das geleitete Amt oder die geleitete Gruppe dabei im Departement für einen politisch prioritären Fachbereich verantwortlich ist. Dabei kann es sich auch um Ämter oder Gruppen handeln, die im Departement wichtige Koordinationsaufgaben wahrnehmen. Ämter oder Gruppen, die von einer Staatssekretärin oder einem Staatssekretär geleitet werden, können als Staatssekretariate bezeichnet werden. Dadurch wird die heutige Praxis, wonach die Staatssekretariate lediglich in den Organisationsverordnungen der Departemente erscheinen, im Gesetz abgebildet. Es wird damit aber keine zusätzliche Verwaltungseinheit oder Hierarchieebene in der Bundesverwaltung gebildet.

Nach Absatz 2 nehmen die Staatssekretärinnen oder die Staatssekretäre neben den üblichen Befugnissen und Verantwortlichkeiten einer Amts- oder Gruppenleitung nach Artikel 45 RVOG namentlich folgende Aufgaben wahr: ­

Verkehr mit Ausland: Die Staatssekretärin oder der Staatssekretär nimmt Kontakte mit sachlich ebenbürtigen ausländischen Gesprächs- und Verhandlungspartnern im Fachbereich wahr, ohne dass sie oder er dazu vom Bundesrat speziell ermächtigt werden muss. Ferner kann der Bundesrat die Staatssekretärin oder den Staatsekretär als seine Vertretung an internationale Verhandlungen, auch an Ministerkonferenzen, delegieren.

­

Vertretung der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers in parlamentarischen Kommissionen für bestimmte Geschäfte (vgl. die Ausführungen zu Art. 160 Abs. 1bis und 2 ParlG).

Die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre können zudem die Departementsleitung zu deren Unterstützung und Entlastung in einem klar festgelegten Bereich innerhalb des Departements vertreten und Koordinationsaufgaben übernehmen. Dabei kann es sich auch um Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Ämtern und Gruppen handeln. Diese Vertretungs- und Weisungsbefugnisse werden vom Bundesrat im Rahmen der Organisationsverordnungen für die Departemente beziehungsweise von der Departementsvorsteherin oder vom Departementsvorsteher gestützt auf die Artikel 37 und 38 RVOG festgelegt.

Für die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre gelten ­ wie bis anhin ­ die gleichen personalrechtlichen Bestimmungen inklusive Wahlmodalitäten wie für die Direktorinnen und Direktoren der Ämter und Gruppen.

Vorübergehende Verleihung des Titels «Staatssekretär» oder «Staatssekretärin» (Art. 46 RVOG) Die vorübergehende Verleihung des Titels «Staatssekretärin» oder «Staatssekretär» wird neu in einer separaten Bestimmung geregelt. Neu kann der Titel nicht nur an Direktorinnen oder Direktoren von Ämtern und Gruppen sowie Generalsekretärinnen oder Generalsekretäre, sondern auch an weitere Personen der Bundesverwaltung verliehen werden.

7829

Vertretung der Mitglieder des Bundesrates durch die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre in parlamentarischen Kommissionen (Art. 160 Abs. 1bis und 2 ParlG) Die Mitglieder des Bundesrates können sich neu für Geschäfte aus dem Bereich eines Staatssekretariates durch die Staatssekretärin oder den Staatssekretär vertreten lassen, ohne dass dafür das Einverständnis des Kommissionspräsidiums nötig ist.

Die Staatssekretäre und Staatssekretärinnen werden die Mitglieder des Bundesrates zu deren Entlastung vermehrt bei der Detailberatung sowie in Subkommissionen oder bei der Beratung von Vorstössen vertreten können. Die Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher werden aber selbstverständlich weiterhin bei Beratungsgegenständen von politischer Bedeutung präsent sein und vor allem an den Eintretensdebatten sowie an den Beratungen über wichtige Detailfragen teilnehmen.

Wie bis anhin können sich die Mitglieder des Bundesrates zudem im Einvernehmen mit dem Kommissionspräsidium durch weitere Personen im Dienste des Bundes vertreten lassen.

4

Auswirkungen

4.1

Bund

Die mit der Regierungsreform vorgeschlagenen Änderungen in Bezug auf das Bundespräsidium haben keine zusätzlichen Kosten zur Folge.

Die vorgeschlagene Einsetzung von Sekretariaten für die Ausschüsse erfordert in einzelnen Fällen die Schaffung von zusätzlichen Stellen. Der Bundesrat beabsichtigt, die allenfalls entstehenden Zusatzkosten im Rahmen der vorgesehenen Neustrukturierung der Departemente aufzufangen (Kostenneutralität).

Die vorgeschlagene Einsetzung von weiteren vier bis sechs Staatssekretärinnen und Staatssekretären ist nicht zwingend mit der Schaffung neuer Stellen verbunden. Sie verursacht aber zusätzliche Kosten, namentlich für höhere Gehälter und Sozialabgaben. Diese Kosten hängen von den konkreten Entscheiden des Bundesrates ab.

Der Bundesrat beabsichtigt, auch diese Kosten im Rahmen der vorgesehenen Neustrukturierung der Departemente aufzufangen (Kostenneutralität).

4.2

Kantone und Gemeinden

Die Reformvorschläge werden für die Kantone und Gemeinden zu keinen zusätzlichen Kosten führen.

7830

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 200822 über die Legislaturplanung 2007­2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 200823 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt. Sie stellt einen Zusatz zur Botschaft vom 19. Dezember 200124 zur Staatsleitungsreform dar, die im Bericht vom 1. März 200025 über die Legislaturplanung 1999­2003 unter Ziel 9 (Stärkung der staatlichen Handlungsfähigkeit und bürgernähere Strukturen) als Richtliniengeschäft angekündigt war26. Zudem ist die Verabschiedung der Zusatzbotschaft im Ziel 3 der Jahresziele 2010 des Bundesrates erwähnt.

6

Verfassungsmässigkeit

Das Bundespräsidium ist in der Bundesverfassung geregelt. Die Verlängerung der Amtsdauer sowohl des Bundespräsidiums als auch des Vizepräsidiums erfordert deshalb eine Revision der Bundesverfassung (Vorlage A).

Die Revision des Parlamentsgesetzes (Vorlage B) trägt Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe g BV Rechnung, gemäss welchem die grundlegenden Bestimmungen über die Organisation und das Verfahren der Bundesbehörden auf Gesetzesstufe zu regeln sind. Sie stützt sich auf Artikel 173 Absatz 2 BV, der die Bundesversammlung ermächtigt, Geschäfte zu behandeln, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind.

Die Änderung des RVOG (Vorlage C) basiert ebenfalls auf Artikel 173 Absatz 2 BV.

22 23 24 25 26

BBl 2008 753 ff.

BBl 2008 8543 ff.

BBl 2002 2095 BBl 2000 2276 BBl 2000 2276 2296

7831

7832