10.070 Botschaft zur Genehmigung eines Abkommens zwischen der Schweiz und Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 25. August 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Abkommens zwischen der Schweiz und Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. August 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1718

5839

Übersicht Die Schweiz und Tadschikistan haben im Jahr 2004 Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen aufgenommen. Die Verhandlungen konnten im Jahr 2006 abgeschlossen werden. Aufgrund personeller Wechsel konnte die Paraphierung jedoch erst im Juni 2009 erfolgen. Am 23. Juni 2010 konnte schliesslich mit Tadschikistan ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet werden.

Dieses Abkommen enthält Normen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und bietet damit der Schweiz und der schweizerischen Wirtschaft bedeutende Vorteile hinsichtlich der Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen; es wird dazu beitragen, schweizerische Direktinvestitionen in Tadschikistan zu erhalten und auszubauen.

Das Abkommen folgt im Wesentlichen dem Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der im Zeitpunkt der Verhandlungen geltenden schweizerischen Abkommenspraxis.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Abkommens begrüsst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge des Abkommens 1.1 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen 1.2 Würdigung

5842 5842 5843

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

5844

3 Finanzielle Auswirkungen

5848

4 Verfassungsmässigkeit

5849

Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Abkommens zwischen der Schweiz und Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Entwurf)

5851

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

5853

5841

Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Schweiz und Tadschikistan pflegen vielfältige bilaterale Beziehungen. Seit 1991 unterstützt die Schweiz die Staaten Zentralasiens, darunter auch Tadschikistan, in der Übergangssituation nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit dem Aufbau von demokratischen, rechtsstaatlichen und markwirtschaftlichen Strukturen, der Beseitigung von Infrastrukturdefiziten und der Bewältigung ökologischer Probleme.

Die Schweiz profitiert von der Zusammenarbeit einerseits durch Lieferaufträge und andererseits durch Mandate für Schweizer Unternehmen.

Für Tadschikistan ist die Schweiz einer der wichtigsten Geberstaaten. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) sind neben der humanitären Hilfe in der Unterstützung der Wasserund Stromversorgung tätig. Die Schweiz unterhält diverse Projekte zur Modernisierung der Infrastruktur, zur Einführung neuer Managementmethoden und zum Aufbau von nachhaltigen Institutionen. Daneben unterhält die Schweiz weitere Projekte in den Bereichen der Privatsektor- und Handelsförderung, der makroökonomischen Unterstützung, des Gesundheitswesens, der Förderung der kulturellen Vielfalt, der Landwirtschaft sowie der Stärkung und Unterstützung des Rechtssystems.

Auch in wirtschaftlichen Bereichen arbeiten die Schweiz und Tadschikistan eng zusammen. Tadschikistan trat im Jahre 1993 den Bretton-Woods-Institutionen bei und ist seither in beiden Institutionen ein Mitglied der von der Schweiz angeführten Stimmrechtsgruppen. Am 11. Juni 2009 haben die Schweiz und Tadschikistan ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet, mit dem die Rechtsstellung der Investoren verbessert und ein günstiges Klima für ausländische Kapitalanlagen geschaffen werden soll. Es ist zudem geplant, Verhandlungen mit Tadschikistan über den Abschluss eines Abkommens über den Handelsverkehr und die wirtschaftliche Zusammenarbeit aufzunehmen. Ein solches Abkommen würde die wirtschaftlichen Beziehungen der Schweiz mit Tadschikistan zusätzlich stärken.

Diese Abkommen sowie das vorliegende Doppelbesteuerungsabkommen gewähren günstige Rahmenbedingungen für die interessierten Wirtschaftsakteure. Sie sind geeignet, den bis heute noch bescheidenen Wirtschaftsaustausch zu fördern. Im 2009 verzeichnete die Schweiz Exporte von 2,4 Millionen Franken nach Tadschikistan und
Importe von 30 000 Franken. Zudem tätigte sie im Jahr 2008 Investitionen von 34,7 Millionen Franken in Tadschikistan. Die wirtschaftlichen Beziehungen sind derzeit vor allem geprägt durch den Import von Baumwolle und Aluminium durch Schweizer Unternehmen aus Tadschikistan. Die Schweiz exportiert ihrerseits Chemikalien, Präzisionsinstrumente, Maschinen und Apparate sowie landwirtschaftliche Produkte nach Tadschikistan.

Mit dem Ziel, die Zusammenarbeit auch auf das Steuerwesen auszuweiten, bekundete Tadschikistan erstmals im Jahre 1999 Interesse an einem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz. Es dauerte dann jedoch bis ins Jahr 2004 bis die Verhandlungen effektiv aufgenommen werden konnten. Diese fanden auf Einladung 5842

des tadschikischen Aussenministeriums vom 16. bis 19. August 2004 in Duschanbe (TAD) statt.

An den Verhandlungen konnten sich die beiden Staaten bis auf Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b (Mindestaufenthaltsdauer), bei dem Tadschikistan vom Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECDMusterabkommen) abweichen wollte, auf den Wortlaut des Abkommens einigen.

Aufgrund der verbliebenen Differenz wurde das Abkommen aber nicht paraphiert.

Eine Einigung diesbezüglich sollte auf dem Schriftweg gefunden und im Anschluss daran sollte das Abkommen paraphiert werden.

Nach mehreren Briefwechseln und Besuchen des Schweizer Botschafters bei den zuständigen Behörden in Duschanbe konnte schliesslich im März 2006 bezüglich der strittigen Bestimmung eine Kompromisslösung gefunden werden. Das Abkommen sollte daraufhin in Englisch und in Russisch paraphiert werden. Die dazu notwendigen Übersetzungs- und Textbereinigungsarbeiten zogen sich jedoch aufgrund von Personalwechseln in beiden Ländern in die Länge. Die Paraphierung des englischen und russischen Abkommenstextes erfolgte daher erst am 11. Juni 2009.

An den Verhandlungen in Duschanbe war Tadschikistan an einer Klausel zum Informationsaustausch, damals noch die kleine Amtshilfeklausel, nicht interessiert.

Nach dem Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt der Schweiz hinsichtlich des Informationsaustausches nach dem OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, hat die zuständige Schweizer Botschaft Tadschikistan angefragt, ob dieses eine entsprechende Klausel im Abkommen aufnehmen will.

Tadschikistan zog jedoch ein möglichst rasches Inkraftsetzen des Abkommens ausdrücklich der Aushandlung einer Klausel zum Informationsaustausch vor. Beide Länder sind sich einig, dass eine solche später noch eingefügt werden kann, wenn sich zeigen sollte, dass dies notwendig ist.

Nachdem sich die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftskreise positiv zum Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geäussert hatten, wurde das Abkommen samt Protokoll am 23. Juni 2010 in Duschanbe unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und Tadschikistan ist relativ bescheiden. Durch den Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens gewinnen die bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Tadschikistan und der Schweiz an Stabilität. Die im Abkommen verankerten Rahmenbedingungen sind geeignet, Direktinvestitionen zu erhalten und zu fördern, was der wirtschaftlichen Entwicklung beider Länder dient. Es vermeidet mögliche steuerliche Wettbewerbsnachteile der Schweizer Wirtschaft gegenüber Unternehmen anderer Staaten, die mit Tadschikistan ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben.

Das Abkommen entspricht grösstenteils der Schweizer Abkommenspolitik im Zeitpunkt des Abschlusses der Verhandlungen. Es enthält insgesamt vorteilhafte Lösungen, jedoch keine Bestimmung über den Informationsaustausch. Dieser ist daher auf Auskünfte beschränkt, die der richtigen Durchführung des Abkommens dienen. Auf eine Klausel zum Informationsaustausch gemäss OECD-Standard hat 5843

Tadschikistan zugunsten einer raschen Inkraftsetzung des Abkommens ausdrücklich verzichtet.

Trotz der neuen Politik der Schweiz hinsichtlich des Informationsaustausches muss eine solche Klausel nicht zwingend in allen Abkommen eingefügt werden. Da bis anhin noch kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Tadschikistan besteht, und damit auch keine verbindliche Regulierung der bilateralen Steuersachverhalte, ist der Abschluss eines Abkommens, welches Rahmenbedingungen setzt, im primären Interesse beider Länder. Über die Erweiterung des Abkommens durch eine Bestimmung zum Informationstausch kann zu einem späteren Zeitpunkt neu verhandelt werden.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

Der Entwurf des Doppelbesteuerungsabkommens folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitgehend dem OECD-Musterabkommen und der diesbezüglichen schweizerischen Praxis. Hiernach werden deshalb die Bestimmungen erläutert, die substanzielle Abweichungen zum OECD-Musterabkommen und zur schweizerischen Abkommenspraxis aufweisen oder aufgrund ihrer Wichtigkeit der Erwähnung bedürfen.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Die vom Abkommen erfassten tadschikischen Steuern sind die Gewinnsteuer juristischer Personen, die Einkommenssteuer natürlicher Personen sowie die Vermögenssteuer natürlicher und juristischer Personen. In Tadschikistan werden Steuern auf Bundes- und Gemeindeebene erhoben. Der Steuerkatalog entspricht demjenigen, der zuvor bereits im Abkommen Tadschikistan­Deutschland vereinbart worden ist.

An der Quelle erhobene Steuern auf Lotteriegewinne fallen gemäss Absatz 5 nicht in den Anwendungsbereich des Abkommens. Es entspricht der schweizerischen Abkommenspolitik, die Verrechnungssteuer aus Lotterie, Wetten und Spiel vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens auszunehmen. Tadschikistan erhebt selbst keine Steuern auf Lotteriegewinnen.

Art. 4

Ansässigkeit

Ist eine natürliche Person nach innerstaatlichem Recht sowohl in der Schweiz als auch in Tadschikistan ansässig und kann die Ansässigkeit nach Abkommen weder aufgrund einer ständigen Wohnstätte im einen der Staaten noch aufgrund des Lebensmittelpunktes einem der Vertragsstaaten zugeteilt werden, wird als nächstes auf den so genannten gewöhnlichen Aufenthalt einer Person abgestellt (Art. 4 Abs. 2 Bst. b). Hier wurde auf Wunsch Tadschikistans der Formulierung gemäss OECDMusterabkommen ein Zusatz beigefügt. Gemäss dem nationalen tadschikischen Recht wird eine natürliche Person erst nach 183 Aufenthaltstagen innerhalb eines Kalenderjahres besteuert. Tadschikistan wünschte deshalb, dem Terminus des gewöhnlichen Aufenthaltes eine Mindestdauer von 182 Tagen hinzuzufügen. Die Schweiz sprach sich zunächst dagegen aus, da diese Formulierung ihrer Ansicht nach untauglich ist (niemand kann einen Aufenthalt von mehr als 182 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres in zwei Staaten haben). Da Tadschikistan aber an seinem 5844

Begehren festhielt, einigte man sich letztlich auf einen gewöhnlichen Aufenthalt von mindestens 90 Tagen. Einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne dieses Abkommens begründet folglich, wer sich an mindestens 90 Tagen in einem der beiden Staaten aufhält. Für die Schweiz ist diese Formulierung neu. Die meisten neueren tadschikischen Doppelbesteuerungsabkommen enthalten jedoch eine vergleichbare Bestimmung.

In der Schweiz führt ein Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach 30 Tagen zu einer unbeschränkten Steuerpflicht (Art. 3 Abs. 3 Bst. a Bundesgesetz vom 13. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, SR 642.11). Die im Abkommen vorgesehene Mindestaufenthaltsdauer kann daher grundsätzlich zu einer Einschränkung des schweizerischen Besteuerungsrechts führen. Da jedoch der steuerrechtliche Aufenthalt im internationalen Kontext gegenüber Staaten, mit denen die Schweiz über ein Doppelbesteuerungsabkommen verfügt, nur von sehr untergeordneter Bedeutung ist, dürfte diese Regelung kaum praktische Auswirkungen auf die Schweiz haben.

Art. 5

Betriebstätte

Die Absätze 1 und 2 entsprechen dem OECD-Musterabkommen. In Absatz 3 (Baustellen) bestand Tadschikistan darauf, bei einer von der Schweiz geforderten Mindestdauer von 12 Monaten auch die Überwachungstätigkeiten einzubeziehen. Im Gegenzug dazu verzichtete Tadschikistan in Absatz 2 auf den Einbezug von landwirtschaftlichem Eigentum und Warenlagern in die Definition der Betriebsstätte und akzeptierte den von der Schweiz geforderten Ausschluss der mit einer Lieferung von Maschinen und Ausrüstung zusammenhängenden Montage und Installation von der Betriebsstättendefinition (Abs. 4 Bst. f). Diese Kompromisslösung war für beide Staaten annehmbar.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Die Formulierung in Artikel 7 entspricht dem Wortlaut des OECD-Musterabkommens. Im Protokoll zum Abkommen wird präzisierend festgehalten, dass bei Betriebstätten ebenfalls eine Besteuerung nach dem Nettogewinn zur Anwendung kommen soll.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Entsprechend der schweizerischen Abkommenspraxis wurde in Absatz 2 vorgesehen, dass sich die Vertragsstaaten hinsichtlich der Korrektur bei allfälligen Gewinnaufrechnungen beraten können.

Tadschikistan kennt keine gesetzliche Verjährung. Es beschränkt die Überprüfung von Veranlagungen in der Regel auf die letzten 2­3 Jahre. Mit Begehren um Aufrechnungen für frühere Jahre ist von tadschikischer Seite daher nicht zu rechnen. Die Schweiz war deshalb bereit, auf eine ausdrückliche Regelung der Verjährung zu verzichten.

5845

Art. 10

Dividenden

In Tadschikistan wird auf Dividenden eine Quellensteuer von 10­12 Prozent erhoben. Gemäss dem vorliegenden Abkommen ist der Quellenstaat im Allgemeinen berechtigt, eine Steuer von maximal 15 Prozent des Bruttobetrags der Dividenden zu erheben. Besteht eine Beteiligung von mindestens 20 Prozent am Kapital der nutzungsberechtigten Gesellschaft am Kapital der ausschüttenden Gesellschaft, reduziert sich der Residualsteuersatz auf 5 Prozent des Bruttobetrags der Dividenden.

Art. 11

Zinsen

Für Zinszahlungen sieht das Abkommen entsprechend dem OECD-Musterabkommen einen Residualsteuersatz von 10 Prozent des Bruttobetrags der Zinsen vor.

Die Auswirkungen dieser Bestimmung werden durch einen Ausnahmekatalog in Absatz 3 gemildert. Nur im Empfängerstaat besteuert werden dürfen dem zufolge Zinszahlungen, die gezahlt werden: a)

im Zusammenhang mit einem Verkauf gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstung auf Kredit;

b)

im Zusammenhang mit einem Verkauf von Waren durch ein Unternehmen an ein anderes Unternehmen auf Kredit;

c)

für ein von einer Bank gewährtes Darlehen jeder Art; oder

d)

an den anderen Vertragsstaat, eine seiner politischen Unterabteilungen oder an eine lokale Körperschaft.

Entsprechend ihrer Abkommenspolitik war die Schweiz bestrebt, eine Residualsteuer auf Zinsen zu vermeiden. Tadschikistan wollte sich hingegen ein minimales Besteuerungsrecht an der Quelle sichern. Die gefundene Kompromisslösung kommt einem generellen Ausschluss der Besteuerung im Quellenstaat und damit dem Ziel der schweizerischen Abkommenspolitik sehr nahe, denn der Ausnahmekatalog deckt einen Grossteil der in die Schweiz gezahlten Zinsen ab.

Art. 12

Lizenzgebühren

Auch bezüglich der Lizenzgebühren hat Tadschikistan auf ein beschränktes Besteuerungsrecht des Quellenstaates bestanden. Dieses beträgt 5 Prozent des Bruttobetrages der bezahlten Lizenzgebühren. Dies entspricht der Regelung in zahlreichen schweizerischen Abkommen mit weniger entwickelten Staaten. Entsprechend dem Musterabkommen der OECD gelten Leasinggebühren nicht als Lizenzgebühren.

Art. 13

Kapitalgewinne

Nach Absatz 4 dieser Bestimmung können ­ wie in anderen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen ­ Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar hauptsächlich aus in einem Vertragsstaat gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht (Immobiliengesellschaften), in diesem Staat besteuert werden. Für die Schweiz hält der Artikel über die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Art. 23) fest, dass die Schweiz solche Gewinne nur dann von den schweizerischen Steuern befreien muss, wenn deren Besteuerung in Tadschikistan nachgewiesen wird.

5846

Art. 15

Einkünfte aus unselbständiger Arbeit

Mit der schweizerischen Praxis, die Berechnung der Aufenthaltstage in der Monteurklausel im anderen Staat pro Kalenderjahr zu berechnen, war Tadschikistan grundsätzlich einverstanden, schlug jedoch vor, anstelle des Kalenderjahres das Steuerjahr zu verwenden. Dies ist keine materielle Änderung, entspricht in Tadschikistan das Steuerjahr doch dem Kalenderjahr.

Art. 17

Künstler und Sportler

In Abweichung zum OECD-Musterabkommen sollen Einkünfte im Sinne dieses Artikels, die einer anderen Person als dem Künstler oder Sportler zufliessen nur dann in dem Staat besteuert werden, in welchem die Tätigkeit ausgeübt wird, wenn der Künstler oder Sportler oder eine ihm nahe stehende Person unmittelbar an den Gewinnen dieser anderen Person beteiligt sind. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Ausnahmeregelung dieses Artikels nur dann zur Anwendung kommt, wenn dem Künstler oder Sportler der Gewinn daraus auch zufliesst.

Art. 18 und 19

Ruhegehälter und öffentlicher Dienst

Entsprechend der schweizerischen Abkommenspraxis wird im Protokoll ausdrücklich festgehalten, dass der Begriff Ruhegehälter nicht nur periodische Zahlungen, sondern auch Kapitalabfindungen abdecken.

Art. 23

Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird Tadschikistan die Anrechnungsmethode anwenden. Die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt ist dagegen für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen der Schweiz das ausschliessliche Besteuerungsrecht zugewiesen wurde.

Die Schweiz wird entsprechend ihrer Praxis generell die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt anwenden und die pauschale Steueranrechnung auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gewähren. Es wird allerdings präzisiert, dass diese Befreiung bei der Übertragung von Aktien an Immobiliengesellschaften nur dann gilt, wenn die Besteuerung dieser Gewinne in Tadschikistan nachgewiesen wird.

Informationsaustausch Der Informationsaustausch ist nach der steten Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung bei Fehlen einer entsprechenden Bestimmung auf Informationen zur Durchführung des Abkommens beschränkt. Das auf den Informationsaustausch anwendbare Verfahren wird vorerst Gegenstand einer Verordnung sein, die voraussichtlich am 1. Oktober 2010 in Kraft tritt. Diese soll jedoch durch ein Gesetz abgelöst werden, mit dessen Ausarbeitung begonnen wurde. Dieses Vorgehen wurde durch die Bundesbeschlüsse vom 18. Juni 2010 zur Genehmigung der zehn neuen oder revidierten Doppelbesteuerungsabkommen unterstützt und braucht, ausser bei Vorliegen eines speziellen Falles, nicht wiederholt zu werden.

Da der Informationsaustausch ausschliesslich der Durchführung des Abkommens dient, können Amtshilfeersuchen Tadschikistans aufgrund illegal beschaffter Daten ausgeschlossen werden. Der Bundesrat wird der Regierung Tadschikistans daher

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keine Erklärung im Sinn der Motion 10.3013 «Künftige Doppelbesteuerungsabkommen. Keine Amtshilfe bei illegal beschafften Daten» abgeben.

Art. 27

Inkrafttreten

Das Abkommen tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und ist wie folgt anwendbar: ­

hinsichtlich der an der Quelle erhobenen Steuern auf die Beträge die am oder nach dem ersten Januar des Kalenderjahrs des Inkrafttretens des Abkommens gezahlt oder gutgeschrieben werden;

­

hinsichtlich der übrigen Steuern für Steuerjahre, die am oder nach dem ersten Januar des Kalenderjahrs des Inkrafttretens des Abkommens beginnen.

3

Finanzielle Auswirkungen

Mit dem Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens verzichten beide Vertragsstaaten im Interesse der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der Steuern, die in Tadschikistan auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gestützt auf die Artikel 10, 11 und 12 erhoben werden. Diese Mindereinnahmen, die mangels geeigneter Statistiken nicht beziffert werden können, werden dank der durch das Abkommen bewirkten Verbesserung der Attraktivität des Standortes Schweiz teilweise ausgeglichen, was mittelfristig zu zusätzlichen Einnahmen bei den direkten Steuern führen dürfte.

Im vorliegenden Abkommen konnten mit Tadschikistan Lösungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vereinbart werden, die für die Schweiz und für die schweizerische Wirtschaft im bilateralen Verhältnis eine günstige Grundlage abgeben und mögliche steuerliche Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staaten beseitigen, die mit Tadschikistan ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben. Das Abkommen verstärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, was sich wirtschaftlich und politisch positiv auswirken wird. Insgesamt trägt das Abkommen zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei, und es ist geeignet, die schweizerischen Direktinvestitionen in Tadschikistan zu stärken. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein der Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit dienen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik ist.

Die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftskreise haben dieses Abkommen begrüsst.

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4

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für dieses Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung des Abkommens. Dieses ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Das Abkommen bringt für die Schweiz keine neuen, als wichtig zu bezeichnenden Verpflichtungen im Sinn von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV, die über die Verpflichtungen hinausgehen, die die Schweiz gegenüber anderen Staaten eingegangen ist. Der Bundesbeschluss über den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Tadschikistan unterliegt daher nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 BV.

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