10.076 Botschaft zur Verlängerung und Aufstockung des vierten Rahmenkredits zur Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der GUS vom 1. September 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zum einfachen Bundesbeschluss über die Verlängerung und Aufstockung des Rahmenkredits zur Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der GUS mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. September 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1231

6419

Übersicht Mit der vorliegenden Zusatzbotschaft wird die Aufstockung und Verlängerung des vierten Rahmenkredits zur Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) beantragt.

Rechtsgrundlage dafür ist das Bundesgesetz vom 24. März 20061 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas.

Die im laufenden Rahmenkredit verfügbaren Verpflichtungsmittel für die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und den GUS werden Mitte 2011 vollständig ausgeschöpft sein. Aufgrund der geänderten Finanzhaushaltsverordnung, welche eine Synchronisierung der Rahmenkredite mit der Legislaturplanung vorsieht2, wird dem Parlament eine Aufstockung um 290 Millionen Franken und eine Verlängerung des laufenden vierten Rahmenkredits bis Ende 2012 unterbreitet. Dadurch soll die Fortführung der schweizerischen Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropa und der GUS sichergestellt werden.

Die vorliegende Zusatzbotschaft orientiert sich grundsätzlich an den Inhalten der Botschaft zum laufenden Rahmenkredit. Die bisherige strategische Ausrichtung der Ostzusammenarbeit wird für die Aufstockung und Verlängerung nicht verändert. Die Themenfokussierung wird weitergeführt und die Feldnähe bei der Projektumsetzung vertieft. Themenbereiche, in denen die Schweiz Kernkompetenzen hat beziehungsweise entwickeln kann, stehen noch stärker als bisher im Vordergrund.

Das Hauptziel der schweizerischen Ostzusammenarbeit bleibt, die Transition zu demokratischen, pluralistischen Systemen zu unterstützen und eine an marktwirtschaftlichen, sozialen und umweltschonenden Prinzipien orientierte wirtschaftliche Entwicklung zu stärken.

Die Fortführung der Transitionsunterstützung wird als Ausdruck der schweizerischen Solidarität mit den osteuropäischen Staaten und als Beteiligung der Schweiz an der internationalen Lastenteilung wahrgenommen. Der Beitrag an die osteuropäische Transition erfolgt im wohlverstandenen Eigeninteresse der Schweiz: Die geografische Nähe Osteuropas macht die aussenpolitischen Interessen unseres Landes an einer erfolgreich verlaufenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Transition deutlich. Ein besonderes Interesse hat die Schweiz hinsichtlich der neuen Absatzmärkte sowie der Beschaffungs- und Investitionspotenziale für schweizerische Unternehmen, der
Migrationsbewegungen aus diesen Ländern, der gemeinsamen Mitgliedschaft in den Stimmrechtsgruppen der Bretton-Woods-Institutionen und der Europäischen Entwicklungsbank sowie der grenzüberschreitenden Bekämpfung von Kriminalität und Umweltverschmutzung innerhalb Europas.

1 2

SR 974.1 Finanzhaushaltsverordnung FHV, SR 611.01, Artikel 7 Absatz 2: «Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung mehrjährige und periodisch wiederkehrende Finanzbeschlüsse von erheblicher Tragweite in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach der Botschaft über die Legislaturplanung». Dieser Artikel ist seit dem 1. Januar 2009 in Kraft.

6420

Die zahlreichen Programm- und Projektevaluationen wie auch der Entwicklungszusammenarbeitsausschuss (DAC) der OECD beurteilen die Resultate der Ostzusammenarbeit und des laufenden Rahmenkredits als effektiven und wichtigen Beitrag an die Transition in diesen Staaten. Dank ihrer Kontinuität und Qualität hat die schweizerische Ostzusammenarbeit einen sehr guten Ruf und trägt so zum Ansehen der Schweiz bei.

Die regionalen Schwerpunkte bleiben auch für die Zusammenarbeit im Rahmen der Aufstockung und Verlängerung des laufenden Rahmenkredits die Regionen Westbalkan, Südkaukasus, Zentralasien sowie die Ukraine und Moldau. Trotz grosser Anstrengungen sind die politischen und wirtschaftlichen Reformprozesse in diesen Regionen noch nicht abgeschlossen, sodass eine Fortführung der Zusammenarbeit weiterhin notwendig ist. Die Umsetzung von Reformen im ehemaligen Ostblock ist ein komplexer, langwieriger Prozess mit beträchtlichen regionalen Unterschieden.

In einigen Ländern wie in Serbien, Mazedonien, Albanien und Aserbaidschan wurden wichtige wirtschaftliche und soziale Reformen vorangebracht. In anderen Staaten sind jedoch wesentlich geringere Fortschritte zu verzeichnen. Zudem haben bewaffnete Konflikte und die globale Finanz- und Wirtschaftskrise die vorangehenden Reformen in vielen Ländern wieder zurückgeworfen oder blockiert. Nach einem langsamen Rückgang der Arbeitslosigkeitsraten hat die Krise die Zahl der Arbeitslosen erneut in die Höhe getrieben und damit die Armut und den Migrationsdruck verschärft.

In diesem Umfeld setzt die schweizerische Unterstützung an zentralen Punkten der Transition an. Sie trägt zum Aufbau demokratisch legitimierter, funktionaler Institutionen und zur transparenten Führung der Regierungsgeschäfte bei, dies vor allem auf munizipaler und teilweise auch auf zentraler Ebene. Sie unterstützt Reformen, dank denen verlässliche Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft geschaffen werden, und leistet Beiträge an die Modernisierung öffentlicher Infrastrukturen. Die schweizerische Unterstützung fördert Verbesserungen im Gesundheitswesen und den Zugang zu Wasser und Energie vor allem für arme Bevölkerungsgruppen. Dank ihr wird die Rolle der Zivilgesellschaft gestärkt und der Schutz der Rechte von Minderheiten und marginalisierten Gruppen verbessert. Die Unterstützung
ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt.

Die schweizerische Ostzusammenarbeit wird von der DEZA und dem SECO umgesetzt. Während die DEZA für die technische Zusammenarbeit zuständig ist, obliegt dem SECO die wirtschaftliche und finanzielle Kooperation. Das EDA sorgt für die Gesamtkoordination. Gemeinsame Kooperationsbüros in den Einsatzländern setzen die Zielvorgaben in enger Zusammenarbeit mit lokalen Partnern in konkrete Projektarbeit um.

Der Rahmenkredit IV sowie die beantragte Aufstockung und Verlängerung tragen zur Erfüllung der Milleniums-Entwicklungsziele (MDG) bei. Die Ausgaben werden vollumfänglich der öffentlichen Entwicklungshilfe des Bundes gemäss OECDVorgaben angerechnet. In diesem Sinne bildet das Engagement der Schweiz in Osteuropa und der GUS einen integralen Bestandteil der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit.

6421

Inhaltsverzeichnis Übersicht

6420

1 Ausgangslage und Rahmenbedingungen 1.1 Finanzpolitischer Hintergrund 1.2 Problemlage und Anlass des Finanzbegehrens 1.3 Bedeutung des zu finanzierenden Vorhabens 1.4 Interesse der Schweiz am Vorhaben 1.5 Zukunftsperspektiven

6423 6423 6423 6426 6427 6428

2 Inhalt des Finanzbeschlusses 2.1 Antrag des Bundesrates 2.2 Begründung des Antrages 2.3 Strategische Ausrichtung der Ostzusammenarbeit 2.3.1 Ziele und strategische Ausrichtung 2.3.2 Grundsätze, Instrumente und inhaltliche Schwerpunkte 2.3.3 Regionale Schwerpunkte 2.3.4 Durchführung 2.3.5 Ergebnisse des laufenden Rahmenkredits

6429 6429 6429 6429 6429 6430 6432 6436 6437

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6438 6438 6438 6438

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

6438

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Rechtsgrundlage 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

6439 6439 6439 6439 6439

Anhänge 1 Die bisherigen Rahmenkredite der Ostzusammenarbeit 2 Mittelverwendung des IV. Rahmenkredits (2007­2010) 3 Verpflichtungen und Auszahlungen 4 Die vier Themenschwerpunkte der Ostzusammenarbeit 5 Projektbeispiele der Ostzusammenarbeit der DEZA und des SECO 6 OECD-DAC Peer Review 2009

6440 6441 6443 6444 6446 6452

Bundesbeschluss über die Verlängerung und Aufstockung des vierten Rahmenkredits zur Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der GUS (Entwurf)

6453

6422

Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Finanzpolitischer Hintergrund

Seit Beginn der 1990er-Jahre unterstützt der Bund die politische, wirtschaftliche und soziale Transition in Osteuropa und in der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS). Seit dieser Zeit wurden für die Transitionshilfe in vier Rahmenkrediten und den entsprechenden Aufstockungen insgesamt 4,18 Milliarden CHF vom Parlament gutgeheissen (Anhang 1).

Der zurzeit laufende Rahmenkredit IV wurde vom Parlament am 18. Juni 2007 mit einer Gesamthöhe von 730 Millionen CHF verabschiedet3. Dieser Kredit ist auf eine Laufzeit von mindestens vier Jahren ausgelegt und beinhaltet die Unterstützung der Staaten Osteuropas und der GUS4.

Die im laufenden Rahmenkredit verfügbaren Verpflichtungsmittel werden Mitte 2011 vollständig ausgeschöpft sein. Aufgrund des am 5. Dezember 2008 geänderten Artikels 7 Absatz 2 der Finanzhaushaltsverordnung, welcher eine Synchronisierung der Rahmenkredite mit der jeweiligen Legislaturperiode vorsieht5, wird die Aufstockung und Verlängerung des Rahmenkredits IV notwendig. Mit dieser Botschaft wird eine Aufstockung von 290 Millionen CHF für die Zeitperiode von Mitte 2011 bis Ende 2012 beantragt. Die entsprechenden Voranschlagskredite sind im Voranschlag 2011 und im Finanzplan 2012­2014 eingestellt. Die Aufstockung und Verlängerung des Rahmenkredits stellt die Fortführung der technischen und finanziellen Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas sicher. Die strategische Ausrichtung der Ostzusammenarbeit wird dabei nicht verändert.

1.2

Problemlage und Anlass des Finanzbegehrens

Die Fortsetzung von Reformen in Südost- und Osteuropa sowie in Zentralasien ist ein komplexer, langwieriger Prozess mit beträchtlichen regionalen Unterschieden. In einigen Ländern wie Serbien, Mazedonien, Albanien und Aserbaidschan konnten wichtige wirtschaftliche und soziale Reformen vorangebracht werden, andere Länder verzeichneten wesentlich geringere Fortschritte. Im politischen Kräftespiel liegen Fortschritte und Blockaden nahe beieinander. Verbesserungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, pluralistische Demokratie und sozialer, nachhaltiger Marktwirtschaft sind oft gefährdet durch politische Spannungen, Krisen und Gewaltausbrüche. Regierungswechsel können starke Zäsuren in der politischen und wirtschaftlichen Ausrichtung verursachen. In der gesamten Region, in der die Schweiz im Rahmen der Ostzusammenarbeit tätig ist, hinterlässt die Finanz- und 3 4 5

BBl 2007 4953 Der Erweiterungsbeitrag an die neuen Mitgliedstaaten der EU ist in separaten Botschaften geregelt (BBl 2007 489, 2009 4849).

Finanzhaushaltsverordnung FHV, SR 611.01, Artikel 7 Absatz 2: «Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung mehrjährige und periodisch wiederkehrende Finanzbeschlüsse von erheblicher Tragweite in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach der Botschaft über die Legislaturplanung». Dieser Artikel ist seit dem 1. Januar 2009 in Kraft.

6423

Wirtschaftskrise tiefe Spuren. Die Armut und die soziale Ausgrenzung vor allem auch von Minderheiten haben sich verschärft.

Die Länder des Westbalkans haben in den letzten Jahren wichtige Fortschritte in der politischen Stabilisierung sowie bei der regionalen und europäischen Integration gemacht. Dennoch besteht weiterhin ein grosser Transitionsbedarf. Drei hauptsächliche Transitionsebenen überlagern sich: Die Bewältigung der Kriegsfolgen der 1990er-Jahre; die Konsolidierung der Strukturreformen vom jugoslawischen Sozialismus zum demokratischen Rechtsstaat und zur Marktwirtschaft; der Stabilisierungs-, Assoziierungs- und Beitrittsprozess mit der EU.

Der EU-Beitritt bleibt das erklärte Ziel, obwohl die ambitiösen Agenden der Westbalkan-Staaten kaum realisiert werden können. Trotzdem setzt der mögliche Beitritt gesellschaftliche Anreize, die notwendigen Reformschritte zu beschleunigen. In Status- und Verfassungsfragen, in interethnischen und zwischenstaatlichen Beziehungen bestehen jedoch weiterhin politische Spannungsherde, welche die Stabilität und die regionale Integration gefährden. Die wirtschaftliche Erholung machte ab 2000 gute Fortschritte, wurde durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 jedoch abrupt unterbrochen. Zentrale soziale Dienste wie das Bildungs- und Gesundheitswesen stagnieren auf tiefem Niveau. Anhaltend sehr hohe Arbeitslosigkeitsraten bewirken eine labile soziale Lage und einen grossen Migrationsdruck insbesondere unter jungen Menschen. Ethnische Minderheiten sind oft zusätzlich durch Diskriminierung betroffen. In der Gesetzgebung und im Justizwesen haben die meisten Staaten wichtige Verbesserungen eingeführt. Die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit bleibt jedoch weitgehend noch sehr ungenügend. Organisierte Kriminalität und Korruption sind weit verbreitet.

In Bosnien-Herzegowina kann der Zentralstaat seine Aufgaben nur beschränkt wahrnehmen. Die notwendigen Verfassungsreformen konnten mangels politischen Konsenses noch nicht unternommen werden. Die Notwendigkeit, den aus dem Friedensabkommen von 1995 entstandenen Staat weiter zu stärken, veranlasst die internationale Gemeinschaft zu einer fortgesetzten militärischen Präsenz und Schiedsrichterrolle. Die Umsetzung von politischen und wirtschaftlichen Reformen zur Reduktion der Arbeitslosigkeit und der Armut, die Schaffung
eines gesunden Investitions- und Wirtschaftsklimas und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Exporteure und der Industrie sind in Bosnien-Herzegowina grosse Herausforderungen. Im Kosovo wurde die Unabhängigkeit im Februar 2008 erklärt. Neben der Anerkennung durch 69 Staaten ­ darunter auch die Schweiz ­ hat der Kosovo auch die Aufnahme in den Internationalen Währungsfonds und in die Weltbank erreichen können. Auch die meisten Balkanstaaten haben den Kosovo anerkannt und gute Beziehungen aufgenommen. Der Aufbau und die Durchsetzung des Rechtsstaates kommen jedoch nur langsam voran. Die zivile und militärische Präsenz der internationalen Gemeinschaft, die vor Ort eine Garantiefunktion wahrnimmt, ist weiterhin stark gefordert. Serbien hat sich in den jüngsten Wahlen für einen europäischen Kurs entschieden. Sein Potenzial als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung der Region ist offensichtlich. Mit der vertieften Aufarbeitung der Kriegsvergangenheit und einer pragmatischen Behandlung der Kosovofrage würden die Chancen für den Kosovo erhöht werden, näher an die EU zu rücken und eine regionale Rolle zu spielen. In Mazedonien hat sich der Reformprozess verlangsamt. Eine übermässige Machtkonzentration, latente interethnischen Spannungen, der ungelöste Konflikt mit Griechenland in der Namensfrage und die schwierige Wirtschaftslage mit hoher Arbeitslosigkeit (mehr als 30 Prozent) sind Gründe dafür. Auch die Erlangung des 6424

EU-Kandidatenstatus im Jahr 2005 hat den Reformprozess nicht zu reaktivieren vermocht. Albanien hat in verschiedenen Bereichen wichtige Transitionsfortschritte erreicht und pflegt stabilisierende Beziehungen in der Region. Die vorherrschende Parteienpolarisierung beeinträchtigt jedoch die Regierungsfunktionen massiv und manifestiert eine noch labile Demokratisierung.

Auch die Staaten der ehemaligen Sowjetunion sind weiterhin mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. In Zentralasien ist die Situation in den vornehmlich landwirtschaftlich geprägten Staaten Tadschikistan und Kirgisistan besonders schwierig. In Tadschikistan leben 60 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Destabilisierungstendenzen und Elemente eines fragilen Staates sind heute klar erkennbar. Der gewaltsame Regierungswechsel in Kirgisistan vom April 2010 ist Ausdruck einer tiefgehenden Krise, die sich mit Gewaltausbrüchen im Süden des Landes zugespitzt hat. Mit der Annahme einer neuen Verfassung soll ein Reformprozess beginnen, welcher die zunehmend verarmte Bevölkerung gegen den Rückfall in eine autokratische Staatsführung schützen sollte.

Im Südkaukasus hat sich das Konfliktpotenzial mit der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Russland und Georgien von 2008 bestätigt. Die Lage in Georgien erscheint nach der Unabhängigkeitserklärung von Abchasien und Südossetien noch fern von einer Normalisierung. Wegen den Konflikten um Berg-Karabach, Südossetien und Abchasien suchen mehr als 1,5 Millionen Flüchtlinge und intern Vertriebene eine Lösung. In der Ukraine sowie der Moldau ist das Reformbedürfnis bedeutend. In der Moldau beziehungsweise im Konflikt um Transnistrien treffen an Russland orientierte auf nach Europa ausgerichtete Kräfte. Ähnlich gespalten ist auch die Bevölkerung in der Ukraine, wo sich nach der so genannten orangen Revolution von 2004 nicht die erhoffte Stabilität einstellte. Nach den Präsidentenwahlen von Januar und Februar 2010, die eine Alternanz auch an der Regierung brachten, haben sich die Beziehungen zu Russland wieder verbessert. Das wirtschaftliche Potenzial der Ukraine konnte wegen der Instabilität der politischen Verhältnisse bisher nicht vollständig ausgeschöpft werden, und auch die dringend benötigten Reformen wurden beeinträchtigt.

Im gesamten GUS-Raum werden die sozialen Dienstleistungen
­ Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit ­ auch heute noch zentral gesteuert. In den meisten Ländern liegen die Dienstleistungen unter dem einmal erreichten Niveau der Sowjetzeit und genügen den Anforderungen der Bevölkerung bei Weitem nicht. Die einmal gut ausgebaute Infrastruktur der 1990er-Jahre ist weitgehend zerfallen. In diesem Umfeld konzentriert sich die langfristig angelegte schweizerische Unterstützung auf Reformen im Gesundheitswesen, auf den Zugang zu Wasser und Energie vor allem für die arme Bevölkerung und auf die Verbesserung von Rahmenbedingungen für den Privatsektor. Unterstützt werden Anliegen der transparenten Führung von Regierungsgeschäften sowie Ansätze zur Dezentralisierung. Zudem sollen auch die benachteiligten Bevölkerungsgruppen ihre Rechte wahrnehmen können und gleichberechtigt staatliche Dienstleistungen erhalten.

6425

Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat alle Länder in Südost- und Osteuropa sowie in Zentralasien hart getroffen. Auch wenn der Bankensektor nur teilweise exponiert war, verzeichneten die Exporte und Direktinvestitionen einen massiven Einbruch. Nach einem in früheren Jahren erfolgten, langsamen Rückgang kam es zu einer neuen Zunahme der bereits sehr hohen Arbeitslosigkeitsraten. Die Armut mit langfristigen sozialen Folgen und der Migrationsdruck haben sich dadurch verschärft.

In der GUS galten vor der Finanzkrise Russland und Kasachstan als wirtschaftliche Motoren, welche vielen Arbeitskräften aus Zentralasien vor allem im Bausektor Arbeit anbieten konnten. So erhielt Tadschikistan die Hälfte seines Bruttoinlandprodukts (BIP) durch Arbeitskräfte im Ausland. Die Krise hat zu einem starken Rückgang der Rimessen, zur Rückkehr von Emigranten, zur Zunahme der Arbeitslosigkeit und damit zu einem erhöhten Risiko der sozialen und politischen Destabilisierung geführt. Auch im Südkaukasus hat die Krise negative Auswirkungen gehabt. In der Ukraine und Moldawien, wo die Staatsdefizite rasant gewachsen sind, hat der Internationale Währungsfonds zur Stabilisierung der Lage unter Anwendung strenger Kreditkonditionen Mittel zur Verfügung gestellt.

Insgesamt kommt der Zusammenarbeit mit Osteuropa aufgrund der Folgen der Finanzkrise eine noch höhere Bedeutung zu als zuvor. Der schweizerische Beitrag wird in den Staaten Osteuropas und der GUS entsprechend positiv bewertet.

1.3

Bedeutung des zu finanzierenden Vorhabens

Die Aufstockung und Verlängerung des Rahmenkredites IV ermöglicht die Fortsetzung der schweizerischen Unterstützung für die Transition der osteuropäischen Staaten. Seit der Wende in den 1990er-Jahren hat die Schweiz die traditionell engen Beziehungen zur osteuropäischen Region stark intensiviert. Die geografische Nähe führt dazu, dass die Schweiz direkt von den politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen der Transition in dieser Region betroffen ist. Die Transitionsunterstützung zugunsten dieser Region steht damit im Einklang mit der strategischen Ausrichtung der schweizerischen Aussenpolitik, welche den guten Beziehungen mit den europäischen Staaten oberste Priorität einräumt und die Transitionshilfe als Teil der internationalen Zusammenarbeit betrachtet. Die Schweiz hat auch ein Interesse an einer friedlichen Entwicklung entlang der EU-Aussengrenze und an vertieften nachbarschaftlichen Beziehungen zu den EU-Anrainerstaaten. In den geografisch weiter entfernten Partnerländern in Zentralasien und im Kaukasus hat die Schweiz zudem, gleich wie andere internationale Akteure, aus geopolitischen Gründen ein zusätzliches Interesse an einer stabilen Situation.

Die Staaten Osteuropas und der GUS sind wichtige Handelspartner der Schweiz.

Der Handelsüberschuss mit den Partnerstaaten der Ostzusammenarbeit betrug im Jahr 2008 insgesamt 1,006 Milliarden CHF6.

6

Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung.

6426

Im Rahmen der internationalen Lastenteilung ist die Schweiz gefordert, sich angemessen an den Unterstützungsbemühungen in Osteuropa und in der GUS-Region zu beteiligen. Die Fortführung der Transitionsunterstützung wird so auch als Ausdruck der schweizerischen Solidarität mit den osteuropäischen Staaten wahrgenommen.

Die Ostzusammenarbeit hat dank ihrer Qualität und Kontinuität einen sehr guten Ruf. Sie trägt so zum Ansehen der Schweiz bei.

Der Rahmenkredit IV sowie die beantragte Aufstockung und Verlängerung tragen zur Erfüllung der Milleniums-Entwicklungsziele (MDG) bei. Die Ausgaben werden vollumfänglich der öffentlichen Entwicklungshilfe des Bundes gemäss OECD-Vorgaben angerechnet. In diesem Sinne bildet das Engagement der Schweiz in Osteuropa und der GUS einen integralen Bestandteil der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit, welche gemäss der entwicklungspolitischen Strategie der Schweiz aus dem Jahre 2008 die globalen Rahmenbedingungen für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung verbessern soll.

1.4

Interesse der Schweiz am Vorhaben

Die Schweiz hat ein fundamentales Eigeninteresse an der Fortführung einer aktiven Politik zur Unterstützung der Transition in Osteuropa und der GUS. Die konkreten schweizerischen Interessen manifestieren sich in den folgenden Bereichen: Sicherheit und Stabilität: Weit verbreitete Armut, extreme sozioökonomische Unterschiede sowie schwache oder nicht glaubwürdige staatliche Institutionen stellen Sicherheitsrisiken dar. Die Schwäche staatlicher Strukturen und mangelnde Kontrollmechanismen stellen das staatliche Gewaltmonopol in Frage. Sie begünstigen eine «Privatisierung der Gewalt» und die Aushöhlung des Staates durch partikuläre Interessen. Die vergleichsweise hohen Raten von Kriminalität und Korruption in Osteuropa und der GUS bedrohen die Sicherheit von Individuen, Gruppen und Institutionen und sind wichtige Hindernisse der Transition. Zudem hat die aus diesen Regionen stammende Kriminalität, unter anderem durch ihre gute Vernetzung, einen direkten Einfluss auf die Kriminalitätsentwicklung in der Schweiz. Die Schweiz beteiligt sich an internationalen Gremien, deren Ziel die Verbesserung der Zusammenarbeit in der internationalen Kriminalitätsbekämpfung ist, insbesondere die Bekämpfung des Menschen-, Waffen- und Drogenhandels sowie der Geldwäscherei.

Interessen der schweizerischen Wirtschaft: Verbesserte Rahmenbedingungen in Osteuropa und der GUS können neue Absatzmärkte, Beschaffungs- und Investitionspotenziale für schweizerische Unternehmen ergeben. Hinzu kommen die direkten Auswirkungen von Mandaten und Lieferaufträgen an schweizerische Unternehmen im Rahmen bilateraler Projekte sowie die Beteiligung von schweizerischen Unternehmen an internationalen Ausschreibungen aufgrund der Zusammenarbeit in den internationalen Entwicklungsbanken.

Gemeinsame Mitgliedschaft in den Stimmrechtsgruppen der Bretton-WoodsInstitutionen (BWI) der Europäischen Entwicklungsbank (EBRD) und des Globalen Umweltfonds (GEF): Die Schweiz verbindet mit einigen Staaten Osteuropas und der GUS die gemeinsame Mitgliedschaft in den Stimmrechtsgruppen im Internationalen Währungsfonds und der Weltbank (Aserbaidschan, Polen, Serbien, Tadschikistan,

6427

Turkmenistan, Kirgisistan und Usbekistan7), in der EBRD (u.a. Usbekistan, Kirgisistan, Aserbaidschan, Turkmenistan, Serbien und Montenegro) sowie im GEF (Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und Aserbaidschan8). Die Schweiz führt diese Stimmrechtsgruppen an. Sie bestimmt so im Falle der BWI die Politik und Strategie der weltweit wichtigsten Finanzinstitutionen mit und ist in die Entscheide zu makroökonomischer Stabilität und entwicklungsrelevantem, umweltschonendem Wirtschaftswachstum eingebunden.

Migration: Verbesserte Perspektiven vor Ort tragen zur Reduktion des Migrationsdrucks beziehungsweise der irregulären Migration bei. Durch geeignete Massnahmen und Projekte werden Ursachen der Abwanderung bekämpft. Gerade im Westbalkan, welcher hierzulande durch eine grosse Diaspora vertreten ist, verfolgt die Schweiz das strategische Ziel, Migrationspartnerschaften mit einzelnen Ländern aufzubauen. Migrationsanliegen beider Seiten sollen dabei in kontinuierlichem Dialog verhandelt werden.

Umweltschutz: Umweltprobleme machen nicht an Landesgrenzen halt. Sie bedürfen oft eines koordinierten Vorgehens mehrerer Staaten. Schweizerische Projekte bekämpfen vor Ort die Luft- und Gewässerverschmutzung, leisten einen Beitrag zur Reduktion des Energieverbrauchs, fördern erneuerbare Energien, einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und das ökologische Bewusstsein.

Die Schweiz hat im Weiteren ein politisches Interesse daran, einen sichtbaren Beitrag an die Transition in den Staaten Südost- und Osteuropas sowie Zentralasiens zu leisten. Die Beiträge der Europäischen Union im Rahmen ihrer Vorbeitritts- oder Partnerschaftspolitik ­ namentlich der «Östlichen Partnerschaft» ­ werden durch eigenständige Projekte der Schweiz oder durch die Schweizer Finanzierung von multilateraler Aktivitäten ergänzt, welche sowohl den begünstigten Staaten als auch der Sicherheit und dem Wohlstand in Europa zuträglich sind.

1.5

Zukunftsperspektiven

Der Prozess der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Transition in Osteuropa und der GUS ist grösstenteils noch nicht abgeschlossen: Regionale Spannungen, labile regionale Gleichgewichte sowie die wirtschaftliche Krise bergen die Gefahr von Rückschlägen.

Die Verlängerung und Aufstockung des Rahmenkredits dient dazu, die Unterstützung in Osteuropa und der GUS weiterzuführen und die in der Botschaft zum vierten Rahmenkredit formulierten Zielsetzungen weiter zu verfolgen. Konkret geht es dabei auch darum, die Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu lindern und einer drohenden wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Destabilisierung einzelner Regionen entgegenzuwirken. Die laufenden Programme der Schweiz zur Förderung der Demokratisierung und Weiterentwicklung des Rechtsstaates sowie zur Förderung von marktwirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen sollen dank

7

8

Kasachstan wird ebenfalls der Schweizer Stimmrechtsgruppe im IWF und in der Weltbank beitreten. Der Bundesrat hat sich am 20. Juli 2010 für die Aufnahme ausgesprochen, der formelle Übertritt kann frühestens im Herbst 2010 vollzogen werden.

Vgl. Botschaft über einen Rahmenkredit für die globale Umwelt vom 23. Juni 2010, BBl 2010 4779 ff.

6428

der Aufstockung des Rahmenkredits mit der nötigen Kontinuität weitergeführt werden können.

Auch mittelfristig wird sich die Schweiz voraussichtlich an den internationalen Anstrengungen zur Unterstützung der Transitionen in Osteuropa und der GUS beteiligen. Grundlage für ein weitergehendes, zeitlich befristetes Engagement der Schweiz ist das Bundesgesetz vom 24. März 20069 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas. Das Bundesgesetz hat eine Gültigkeitsdauer von 10 Jahren und wurde am 1. Juni 2007 in Kraft gesetzt.

2

Inhalt des Finanzbeschlusses

2.1

Antrag des Bundesrates

Mit der vorliegenden Zusatzbotschaft beantragt der Bundesrat die Aufstockung und Verlängerung des vierten Rahmenkredits vom 18. Juni 200710. Der vierte Rahmenkredit beträgt 730 Millionen CHF, die Aufstockung 290 Millionen CHF. Die Laufzeit des vierten Rahmenkredits ist vom 18. Juni 2007 bis mindestens zum 17. Juni 2011 bemessen. Die Verlängerung überbrückt die Zeitperiode bis zum 31. Dezember 2012. Die Aufstockung und Verlängerung des vierten Rahmenkredits stützt sich auf das Bundesgesetz vom 24. März 200611 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas.

2.2

Begründung des Antrages

Grund für die Verlängerung und Aufstockung des vierten Rahmenkredits zur Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der GUS ist die Teilrevision der Finanzhaushaltsverordnung, welche eine Synchronisierung von bedeutenden mehrjährigen Finanzbeschlüssen (Rahmenkrediten) mit der Legislaturplanung ab dem 1. Januar 2013 anstrebt (Art. 7 Abs. 2). Die Mittel des laufenden Rahmenkredits werden bis Mitte 2011 vollständig verpflichtet sein. Die Berechnung der Aufstockung der Verpflichtungsmittel ist das Resultat einer eingehenden Einschätzung des Mittelbedarfs zur Zielerreichung und praktischer Erfordernisse für die Weiterführung der Zusammenarbeit bis Ende 2012.

2.3

Strategische Ausrichtung der Ostzusammenarbeit

2.3.1

Ziele und strategische Ausrichtung

Die Strategie der Ostzusammenarbeit, wie sie in der Botschaft zum vierten Rahmenkredit12 formuliert wurde, gilt auch für die beantragte Aufstockung und Verlängerung: Die Ostzusammenarbeit bezieht sowohl die Prioritäten der Transitionsländer als auch die Herausforderungen aus schweizerischer Sicht ein. Die strategische 9 10 11 12

SR 974.1 BBl 2007 4953 SR 974.1 BBl 2007 559

6429

Ausrichtung ist auf zentrale Schlüsselbereiche und Defizite der Transition in diesen Ländern fokussiert. Die Zusammenarbeit wird mit anderen Gebern und internationalen Initiativen abgestimmt. Der Mehrwert und die komparativen Vorteile, welche die Schweiz einbringen kann, werden berücksichtigt. Neu im Umsetzungszeitraum der Zusatzbotschaft ist die noch weitergehende Themenfokussierung und die vertiefte Feldnähe bei der Umsetzung der Projekte. Zudem stehen Themenbereiche, in denen die Schweiz Kernkompetenzen hat beziehungsweise entwickeln kann, noch stärker im Vordergrund.

Die Ziele der Ostzusammenarbeit sind im Bundesgesetz vom 24. März 200613 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas wie folgt festgelegt: ­

Förderung und Stärkung der Rechtsstaatlichkeit sowie Aufbau und Festigung des demokratischen Systems, namentlich stabiler politischer Institutionen;

­

Förderung einer auf marktwirtschaftlichen Grundsätzen beruhenden nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, welche die wirtschaftliche Stabilität, die kulturellen Entwicklungen, das Wachstum des Einkommens und die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung begünstigt und dabei zum Schutz der Umwelt und zur rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen beiträgt.

2.3.2

Grundsätze, Instrumente und inhaltliche Schwerpunkte

Die Grundsätze, Instrumente und inhaltlichen Schwerpunkte, wie sie in der Botschaft zum vierten Rahmenkredit14 definiert sind, gelten auch für die beantragte Aufstockungs- und Verlängerungsperiode. Als wichtigste Grundsätze sind zu erwähnen:

13 14

­

Eigenverantwortung, Partizipation und Selbsthilfe sind zentrale Anliegen mit Blick auf die Nachhaltigkeit. Kooperationsprogramme unterstützen eigene Anstrengungen der Zusammenarbeitspartner auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Ausgangspunkt der Kooperation sind ­ neben dem Unterstützungsbedarf des Partnerlandes und dem vorhandenen Wissen beziehungsweise den Erfahrungen der Schweiz ­ der Reformwille und die Eigeninitiative der Zusammenarbeitspartner. Dabei wird die Unterstützung gezielt auf reformwillige Kräfte und Bereiche fokussiert.

­

Die ausgeprägte Zielgruppenorientierung erhöht die Wirksamkeit der Zusammenarbeit. Zu den Zielgruppen zählen Reformkräfte im öffentlichen wie im privaten Bereich, die Zivilgesellschaft mit ihrer Forderung nach Beteiligung an politischen, wirtschaftlichen und sozialen Prozessen sowie Minderheiten und soziale und kulturelle Randgruppen. Ein besonderes Augenmerk soll im Weiteren auf die Förderung von Jugendlichen und Frauen gelegt werden. Die Thematisierung der Beziehungen zwischen Mann und Frau in den Ländern des Westbalkans sowie der ehemaligen Sowjetunion bleibt ein wichtiges Anliegen der Ostzusammenarbeit.

SR 974.1 BBl 2007 559, v.a. Kapitel 2.3

6430

­

Die Verbindung von einzelnen Projekten zu Programmen und die Vernetzung mit anderen Gebern schaffen gute Voraussetzungen, um in ausgewählten Themenbereichen mit der Regierung einen effektiven Politikdialog zu führen.

Als Instrumente stehen der Ostzusammenarbeit vornehmlich die technische, wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zur Verfügung.

Die technische Zusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützt den Transformationsprozess über fünf miteinander vernetzte prioritäre Aktionsbereiche: Krisenprävention und -bewältigung, gute Regierungsführung, Beschäftigungs- und Einkommensförderung, Erhöhung der sozialen Gerechtigkeit sowie nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen. Spezielles Gewicht erhalten die Themen Gesundheit, Wasser, ländliche Entwicklung/natürliche Ressourcen, Beschäftigung und Berufsbildung, Umwelt, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Migration. Durch das Instrument der Programmbeiträge können in Osteuropa Programme von Nichtregierungsorganisationen mit einem Beitrag unterstützt werden. Im Zentrum des modernen Verständnisses von technischer Zusammenarbeit stehen der Institutionenaufbau und -umbau zur Stärkung von Kapazitäten, der Wissenstransfer und die Netzwerkbildung (Konzept des «Capacity Development»).

Die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) unterstützt den entwicklungsfördernden Einbezug der Transitionsländer in die Weltwirtschaft und die Stärkung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums; die Zusammenarbeit trägt damit zur Minderung der Risiken der Globalisierung und zur dauerhaften Armutsreduktion bei. Seine operationelle Ausrichtung konzentriert das SECO auf die vier Interventionsbereiche Infrastrukturfinanzierung, Privatsektorentwicklung, makroökonomische Rahmenbedingungen und Handelsförderung.

­

Bei der Sanierung und Modernisierung von Infrastrukturen legt das SECO das Schwergewicht auf die Bereiche Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung, Energie (Elektrizität, Fernwärme) ­ mit einem Schwerpunkt bei der Energieeffizienz und den erneuerbaren Energien ­ und öffentlicher Verkehr. Bei der Infrastrukturfinanzierung können Beschaffungen auf den schweizerischen Markt limitiert werden, wenn der Wettbewerb gewährleistet ist.

­

Die Massnahmen zur Förderung der Entwicklung des Privatsektors und der Investitionen umfassen Aktivitäten zur Verbesserung des Geschäftsumfelds, den erleichterten Zugang zu Finanzmitteln für kleinere und mittlere Unternehmen sowie Unternehmensberatung mit Schwerpunkt auf Gouvernanzfragen.

­

Die makroökonomische Unterstützung konzentriert sich auf Reformen im öffentlichen Finanzwesen, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Finanzsektors und den Kapazitätsaufbau im Bereich Geld- und Fiskalpolitik.

­

Im Bereich der Handelsförderung stehen Unterstützungsmassnahmen für die Verbesserung der handelsrelevanten Rahmenbedingungen (Handelspolitik, Gesetzgebung, Stärkung von Unternehmensverbänden, Umsetzung von Akkreditierung und Zertifizierungsprozeduren sowie Aufbau von Exportdienstleistungszentren) für exportorientierte KMU im Vordergrund. Instru6431

mente zur Umsetzung von WTO-relevanten Handelsregeln sind auch Teil der Unterstützungsmassnahmen des SECO.

Komplementär zu den Instrumenten der technischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenarbeit kommen auch Instrumente der humanitären Hilfe (Direktaktionen des schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe, Beiträge an schweizerische Hilfswerke und das IKRK) und der politischen Abteilung IV zur zivilen Friedensförderung und Stärkung der Menschenrechte zum Einsatz.15 Die strategische Gesamtausrichtung von DEZA (Ostzusammenarbeit, Humanitäre Hilfe) und SECO wird in gemeinsamen Konzept- und Planungsgrundlagen in Form von regionalen Mittelfristprogrammen und länderspezifischen Kooperationsstrategien festgesetzt. Im Sinne eines sogenannten Gesamtregierungsansatzes («Whole of Government Approach») nehmen diese Kooperationsstrategien fallweise auch Aktivitäten anderer schweizerischer Akteure auf.

2.3.3

Regionale Schwerpunkte

Die heutigen regionalen Schwerpunkte der Zusammenarbeit mit den Staaten des Westbalkans, des Südkaukasus, Zentralasiens sowie der Moldau und der Ukraine, haben sich bereits im Laufe des dritten Rahmenkredits etabliert. Sie entsprechen der Bedarfslage in der Region der Ostzusammenarbeit und den Interessen der Schweiz.

In Anlehnung an die in der Botschaft zum vierten Rahmenkredit aufgezeigten regionalen Konzepte und Schwerpunkte (vgl. Botschaft zum vierten Rahmenkredit, Kap. 2.3.5) werden im Folgenden die wichtigsten Schwerpunkte aus heutiger Sicht dargelegt.

Westbalkan Die Schweiz hat aufgrund der nachbarschaftlichen Nähe ein spezielles Interesse an stabilen Verhältnissen und einer geordneten Entwicklung im Westbalkan. Wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Beziehungen mit den Ländern dieser Region können mittelfristig weiter gestärkt werden.

Die Transitionsunterstützung der Schweiz konzentriert sich in der ganzen Region auf vier thematische Bereiche: 1.

Rechtsstaatlichkeit und Demokratie mit Schwerpunkt auf Regierungsführung in den Gemeinden, Partizipation der Zivilgesellschaft und Dezentralisierung;

2.

wirtschaftliche Entwicklung mit Schwerpunkt günstige Rahmenbedingungen für KMU sowie arbeitsmarktorientierte Berufsbildung für Jugendliche;

3.

öffentliche Infrastruktur im Wasser- und Energiebereich;

4.

soziale Entwicklung durch Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen.

Je nach Kontext in einem Land wählt die Schweiz Aktionslinien, in denen sie spezifische Kompetenzen wirksam einbringen kann. Nichtregierungsorganisationen werden in die Erbringung von sozialen Dienstleistungen einbezogen. Besondere Zielgruppen für Massnahmen zur gesellschaftlichen Teilhabe und Integration sind Frauen und Jugendliche. Die Rechte und der Schutz von Minderheiten, insbesondere 15

Diese sind in separaten Rahmenkrediten geregelt.

6432

von Roma-Gemeinden, die in der ganzen Region stark marginalisiert sind, werden in diversen Aktionen transversal wie auch durch spezifische Projekte gefördert.

In Bosnien-Herzegowina unterstützt die Schweiz auf der Ebene der Gemeinden Verbesserungen in der Regierungsführung und Verwaltung sowie die Entwicklung von Wasserversorgungsinfrastrukturen, die zu verbesserten Lebensbedingungen und zur wirtschaftlicher Entwicklung beitragen. Auf der Ebene des Zentralstaates stellt die Schweiz Expertisen in Teilbereichen der Justizreform und in der Förderung der demokratischen Debatte um die Verfassungsreform zur Verfügung. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen, des Marktzuganges und die Investitionsförderung für kleinere und mittlere Unternehmen sowie die praxisorientierte Berufsbildung und Arbeitsmarktvermittlung für Jugendliche sind die Schwerpunkte im Wirtschaftsbereich. Ein erfolgreiches Programm zur landesweiten Entwicklung des Modells der Familienmedizin wird derzeit ergänzt durch ein Engagement im Psychiatriebereich, das auch schweizerische Kantone mittragen.

Im Kosovo gehören die Förderung des Privatsektors insbesondere in der Landwirtschaft, die Berufsbildung und die Arbeitsmarktvermittlung für Jugendliche zu den Schwerpunkten der schweizerischen Zusammenarbeit. Eine weitere Aktionslinie konzentriert sich auf die Regierungsführung in Gemeinden und auf die Dezentralisierung, die im Kosovo insbesondere auch für den Schutz von ethnischen Minderheiten sehr bedeutend ist. Städtische und ländliche Gemeinden werden auch bei der Modernisierung und Verwaltung der Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur unterstützt. Auf zentraler Ebene bringt die Schweiz Expertise beim Aufbau eines Notariatswesens ein.

In Serbien fördert die Schweiz die wirtschaftliche Entwicklung durch mehrere Interventionen: Stärkung des Finanzsektors, Reform regulatorischer Rahmenbedingungen, Handels- und Exportförderung, KMU-Entwicklung in Randregionen. Im Infrastrukturbereich liegt der Schwerpunkt auf Energieeffizienzprojekten und der Erzeugung von erneuerbarer Energie. Zusätzlich zur Stärkung der Gemeindeverwaltungen unterstützt die Schweiz auch die Weiterentwicklung des nationalen Gemeindeverbandes. Im Bildungswesen werden Reformen gefördert, die unter anderem den Einbezug von Roma-Minderheiten im Schulwesen verbessern.

Die Schweiz
ist zudem daran, mit Bosnien-Herzegowina und Serbien sowie im Kosovo eine Migrationspartnerschaft zu entwickeln. In diesem Rahmen finden regelmässige bilaterale Treffen zu Migrationsfragen statt, und es werden Projekte in Zusammenarbeit mit Migrationsbehörden aufgenommen. Dabei sind auch Beiträge zur Transitionsunterstützung als wichtige Leistungen der Schweiz anerkannt.

In Albanien stehen wie in andern Ländern die Wirtschaftsentwicklung durch Privatsektorförderung und Berufsbildung, die Energie- und Wasserinfrastruktur sowie die Regierungsführung der Gemeinden im Zentrum. Im Sozialbereich liegt der Akzent auf der Ausbildung im Gesundheitswesen sowie auf der gesellschaftlichen Teilhabe und der Integration von vulnerablen Gruppen.

In Mazedonien konzentriert sich die schweizerische Zusammenarbeit auf die Bereiche Demokratie, Wasser und Umwelt. In der Gemeindeentwicklung wird insbesondere der demokratische Einbezug der Bevölkerung und die inter-ethnische Zusammenarbeit gefördert. Auf nationaler Ebene unterstützt die Schweiz den Aufbau der parlamentarischen Dienste. Infrastrukturprojekte für die Wasserversorgung und Abwasserbehandlung werden ergänzt durch Massnahmen für ein verbessertes

6433

Management von Flusseinzugsgebieten und zur Erhaltung der Biodiversität. Zum Teil erfolgen Aktionen grenzüberschreitend mit Griechenland.

Die bilateralen Aktionen werden so weit wie möglich regional vernetzt und durch spezifische thematische Regionalprogramme ergänzt. Die Schweiz unterstützt mit einem institutionellen Beitrag den Regionalen Kooperationsrat (RCC). Als Nachfolgeorganisation des Stabilitätspaktes kommt dem RCC eine wichtige Führungsrolle für die immer noch problematische regionale Zusammenarbeit in zahlreichen Themenfeldern zu. Die schweizerische Unterstützung zur Privatsektorentwicklung ist in mehreren Initiativen auf regionaler Ebene angelegt. Ferner unterstützt ein spezifisches Programm die Stärkung der regionalen Polizeikooperation im Balkan und deren Vernetzung in Europa. Die qualitative Verbesserung der Polizeikooperation kommt nicht nur der institutionellen Entwicklung des Rechtsstaates in der Region zugute, sondern hat auch einen direkten Einfluss auf die Kooperationsmöglichkeiten mit der Schweiz im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung. Im Forschungsbereich fördert die Schweiz die regionale und europäische Zusammenarbeit insbesondere in transitionsrelevanten wirtschafts-, politik- und sozialwissenschaftlichen Themen.

Auch das schweizerische Kulturprogramm trägt dazu bei, die Gesellschafts- und Demokratieentwicklung durch kulturelle Auseinandersetzung in regionalen Projekten zu fördern.

Zentralasien Die politische und wirtschaftliche Transition der zentralasiatischen Staaten ist nicht abgeschlossen. Die komplizierten Verläufe der Staatsgrenzen und der Streit um die Verwendung von Wasserressourcen belasten die bilateralen Beziehungen und erschweren die regionale Zusammenarbeit. Diese Problematik ist eng an diejenige der Energieversorgung der Region geknüpft. Zudem stellen sich bei der Wasserbewirtschaftung auch Fragen der Wasserqualität (z.B. Agrochemikalien). Die Armut ist vor allem in den ländlichen Gebieten weit verbreitet, und die staatlichen Dienstleistungen sind ungenügend. Im Weiteren zeigen die erneuten gewaltgeprägten politischen Unruhen in Kirgisistan, dass die gute Regierungsführung, die Rechtsstaatlichkeit und die politische Partizipation in Zentralasien wichtige Herausforderungen bleiben.

Die Unterstützung der Schweiz zielt einerseits darauf ab, die Zusammenarbeit
zwischen den Ländern der Region zu verbessern und andererseits auf nationaler Ebene wichtige Transitionsdefizite zu beheben. Geografische Schwerpunkte sind Kirgisistan und Tadschikistan. In den regionalen Programmen Kultur, Wasser und Finanzsektorunterstützung wird zusätzlich auch Usbekistan einbezogen. Regional stehen Projekte zur besseren zwischenstaatlichen Zuteilung und Nutzung der Wasserressourcen und zur effizienteren Verwendung des Bewässerungswassers im Vordergrund. Zusätzlich werden Trinkwasser- und Abwasserprojekte unterstützt, welche neben einer verbesserten Infrastruktur auch eine Stärkung der Versorgungsbetriebe zum Ziel haben. Die Projekte im Energiesektor sind mehrheitlich auf die Effizienzsteigerung in der Produktion, Übertragung und Verteilung der Energie (v.a.

Wasserkraft) ausgerichtet. Dabei geht es um die Senkung der technischen und kommerziellen Verluste. In Zusammenarbeit mit der Weltbank wird zudem der regionale Dialog im Bereich Wasser und Energie gefördert. Die wasserreiche Schweiz hat in diesem Bereich viel Erfahrung und Fachwissen anzubieten. Mit ihren Projekten im Wasser- und Energiebereich, die darauf abzielen, die technologische und finanzielle

6434

Nachhaltigkeit der Dienstleistungen zu unterstützen, leistet die Schweiz einen Beitrag zur Entschärfung der Lage auf nationaler und regionaler Ebene.

In Kirgisistan und Tadschikistan unterstützt die Schweiz den Aufbau von zivilgesellschaftlichen Strukturen, beispielsweise im Rechtswesen. Arme Bevölkerungsschichten und verletzliche Gruppen können über diese Strukturen ihre Rechte wahrnehmen. Im sozialen Bereich konzentriert sich die schweizerische Zusammenarbeit auf Gesundheitsreformen und Dienstleistungen. Bürgerinnen und Bürger sollen einen leichteren Zugang zu besseren und bedürfnisgerechteren Gesundheitsdienstleistungen in den Gemeinden und auf regionaler Ebene erhalten.

Ein weiterer Aktivitätsschwerpunkt in Zentralasien ist die Förderung des Privatsektors. Hier konzentriert sich die Schweiz auf die Verbesserung der Unternehmensführung und auf spezifische Finanzierungsinstrumente für kleinere und mittlere Unternehmen. Im Bereich öffentliches Finanzwesen und Finanzsektorunterstützung werden Projekte zur Verbesserung der Transparenz öffentlicher Budgets sowie Bankenüberwachungssysteme für Zentralbanken und private Bankinstitute gefördert.

Zudem wird in mehreren Projekten ein Beitrag zur Verbesserung der handelsrelevanten Rahmenbedingungen geleistet. Die Handelsförderungsmassnahmen verbessern insbesondere den internationalen und regionalen Marktzugang von Exportprodukten im Agrar- und Textilbereich.

Als Leiterin der Stimmrechtsgruppen des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie des Globalen Umweltfonds pflegt die Schweiz mit den zentralasiatischen Staaten einen besonders engen Dialog zu Reformen und Rechtsstaatlichkeit sowie zu umweltpolitischen Fragen.

Südkaukasus Im Südkaukasus behindern mangelnde Sicherheit und ineffiziente Institutionen die Reformen. Der Wohlstand ist sehr ungleich verteilt und Arbeitslosigkeit weit verbreitet. In prekären Verhältnissen leben insbesondere die ländliche Bevölkerung und ein Grossteil der rund eineinhalb Millionen Flüchtlinge und intern Vertriebenen. In Aserbaidschan ist die wirtschaftliche Lage dank der Öleinnahmen zwar entspannter als in den Nachbarländern, bisher kann davon jedoch die Mehrheit der Bevölkerung nur teilweise einen Nutzen daraus ziehen.

Die Schweiz fördert in Armenien und
Georgien die wirtschaftliche Entwicklung mit dem Ziel der Armutsreduktion in ländlichen Gebieten. Durch den Einbezug von benachteiligten Gruppen in die Marktentwicklung, die professionelle Vermarktung und die Diversifizierung landwirtschaftlicher Produkte werden neue Einkommensquellen und bessere wirtschaftliche Perspektiven in Randregionen geschaffen.

In Aserbaidschan fokussiert die Schweiz ihre Aktivitäten auf die Verbesserung der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die Förderung der Gouvernanz und Transparenz im öffentlichen Finanzwesen, durch die Finanzsektorentwicklung, durch Infrastrukturprojekte zur Verbesserung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung sowie durch die Unterstützung von innovativen Finanzierungsinstrumenten für kleinere und mittlere Unternehmen. Zudem werden Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten für Flüchtlinge gefördert.

6435

Ukraine und Moldau Die Ukraine ist aufgrund ihrer Fläche und Lage ein geostrategisch wichtiges Land.

Trotzdem ist es der Ukraine bisher nicht gelungen, ihr beträchtliches wirtschaftliches Potenzial zu nutzen. Die Korruption ist weit verbreitet und die Justiz häufig der politischen Einflussnahme ausgesetzt. Aufgrund der Grösse des Partnerlandes konzentriert sich die Schweiz auf thematische Nischen, wo sich mit innovativen Projekten Reformen anstossen und Multiplikatoreneffekte erzielen lassen.

So unterstützt die Schweiz Initiativen zur Förderung von Gouvernanz und Transparenz im Bankensektor, Projekte im Privatsektor und im Handelsförderungsbereich sowie Infrastrukturfinanzierungen (öffentlicher Stadtverkehr und Energieeffizienz).

Die Schweiz trägt zu Reformen im Justiz- und Gefängniswesens bei. In Gemeinden und Städten werden bürgernahe Dienstleistungen vor allem im Wasserbereich gefördert. Und im Gesundheitsbereich wird die Modernisierung der Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder unterstützt.

In Tschernobyl wird seit Jahren zusammen mit anderen Gebern die komplexe Sicherung und der Rückbau der Reaktoranlage unterstützt. Angesichts erheblicher Verzögerungen und eines stetigen Budgetzuwachses beabsichtigt die Schweiz, das Projekt nur noch bis 2013, dem aktuell erwarteten Abschlusstermin für den Sarkophag des beschädigten Reaktors, mitzufinanzieren. Damit drängt die Schweiz auf einen definitiven Abschluss des Projekts, der nicht durch Projektimplementierungsschwierigkeiten weiter verschoben werden soll.

Die Moldau ist als schwach industrialisierte Republik das ärmste Land Europas. Die Schweiz trägt hier zur verbesserten Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder bei. Zusammen mit anderen Geberländern werden Reformen in der psychiatrischen Pflege gefördert. In ländlichen Gegenden wird der Zugang zu sauberem Trinkwasser und die Siedlungshygiene unterstützt.

2.3.4

Durchführung

Mit der Durchführung der Ostzusammenarbeit sind die DEZA im EDA und das SECO im EVD jeweils im Rahmen ihrer spezifischen Kompetenzen und Instrumente (siehe Kap. 2.3.2) betraut. Zur Sicherstellung einer effektiven Zusammenarbeit unterhält die Schweiz Kooperationsbüros vor Ort. Wie in der Botschaft zum vierten Rahmenkredit16, Kapitel 2.3.6.1 vorgesehen, wurde die Anzahl der Kooperationsbüros in den letzten Jahren von 13 auf 10 reduziert.

Die Koordination und Kooperation mit schweizerischen, lokalen und internationalen Partnern ist wichtig. Erfahrungen und Kompetenzen der schweizerischen Partner können genutzt werden und tragen zur Qualität der Projekte bei. Die Abstimmung mit internationalen Organisationen und lokalen Institutionen legt die Basis für eine koordinierte, kohärente, nachhaltige und effiziente Zusammenarbeit (Harmonisierung/Alignment).

Die Planungs-, Controlling- und Evaluationsmassnahmen im Rahmen der Qualitätssicherung wurden in den letzten Jahren weiter verstärkt. Die Evaluationen werden auf verschiedenen Stufen systematisch zur Rechenschaftsablage, zur strategischen 16

BBl 2007 559

6436

Steuerung der Portfolios sowie als Element des institutionellen Lernens eingesetzt; das Monitoring und Controlling trägt zur Abstützung von Managemententscheiden respektive zur evidenzgestützten Entscheidfindung bei. Zudem wurde in der DEZA und im SECO ein umfangreicher Prozess zur Verbesserung der Steuerung nach konkreten Resultaten eingeleitet. Um die Unabhängigkeit der Evaluationen, die Qualität und die effektive Nutzung von Evaluationsresultaten auf der institutionellen Ebene weiter zu verstärken, wurde im SECO beispielsweise ein unabhängiges externes Evaluationskomitee gegründet. Ausserdem konnte die ISO 9001-Zertifizierung des Wissensmanagement und der Qualitätssicherung von Abläufen im SECO 2009 erfolgreich erneuert werden.

2.3.5

Ergebnisse des laufenden Rahmenkredits

Im Rahmen des laufenden vierten Rahmenkredits wurden bis April 2010 548 Millionen CHF für Projekte und Programme verpflichtet. Die thematische Fokussierung von DEZA und SECO sowie die geografische Aufteilung der Finanzmittel sind in Anhang 2 dargestellt. Die Projekte und Programme des laufenden Rahmenkredits werden regelmässig und systematisch evaluiert. Im Vordergrund steht dabei die Wirkungs- und Resultatsorientierung des Mitteleinsatzes. Verschiedene unabhängige Evaluationen auf Programm- und Sektorebene sowie zahlreiche externe Projektevaluationen zeigen auf, dass es der Schweiz gelingt, die Mittel des laufenden Rahmenkredits effektiv und effizient einzusetzen. So kommt der von DEZA und SECO in Auftrag gegebene externe Wirkungsbericht im Wassersektor zum Ergebnis, dass die Schweizer Programme jährlich eine Verbesserung der Trink- und Abwasserversorgung für 370 000 Personen bringen. Konkret hat zum Beispiel das SECO im Rahmen des laufenden Rahmenkredits ein Projekt mit der Stadt Progradec in Albanien realisiert, dank dem heute 50 000 Einwohnerinnen und Einwohner rund um die Uhr mit frischem Trinkwasser versorgt werden. Dank der verbesserten Versorgung wurden die Krankheitsrisiken gesenkt und eine wichtige Grundbedingung für den Aufschwung des Tourismus in der Region geschaffen. Zahlreiche externe Projektund Programmeevaluationen wurden auch im Bereich Handels- und KMU-Förderung durchgeführt. Eine externe Evaluation eines SECO-Projektes zur Handelsfördung im Bereich Agrarprodukte (Obst und Gemüse) in Kirgisistan und Tadschikistan kommt beispielsweise zum Schluss, dass die Exporte von KMUs, die von der Schweiz unterstützt wurden, um ca. 15 Prozent gesteigert werden konnten.

Die DEZA hat unter anderem laufende Projekte in den Bereichen gute Regierungsführung, Wirtschaftsförderung, Bildung und Gesundheit evaluieren lassen und die entsprechenden Ergebnisse in die jeweiligen Projektphasen einfliessen lassen. Ausführlich erläuterte Beispiele und detailiertere Informationen zu den Resultaten von Programm- und Projektevaluationen im Rahmen des laufenden Rahmenkredits sind in Anhang 5 aufgeführt.

Dank ihrer Kontinuität und Qualität hat die schweizerische Ostzusammenarbeit einen sehr guten Ruf und trägt so zum Ansehen der Schweiz bei. Dies bestätigt auch der 2009 verfasste Bericht des Komitees für
Entwicklungszusammenarbeit (DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Effizienz und Effektivität der offiziellen schweizerischen Zusammenarbeit (Details hierzu im Anhang 6).

6437

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Für die Weiterführung der Zusammenarbeit mit Staaten Osteuropas und der GUS ersucht der Bundesrat die eidgenössischen Räte um die Aufstockung des bestehenden vierten Rahmenkredits um 290 Millionen CHF sowie um die Verlängerung des Rahmenkredits um weitere eineinhalb Jahre. Die finanziellen Mittel sind im Voranschlag 2011 und im Finanzplan 2012­2014 berücksichtigt.

Für den Betrieb der zehn Kooperationsbüros und der Umsetzungsbetreuung in Bern sind im laufenden Rahmenkredit 79 Vollzeitstellen oder 57 Millionen CHF vorgesehen. Zur weiteren Finanzierung dieser Stellen werden zusätzlich maximal 21,7 Millionen CHF für Personalkosten vorgesehen. Alle Stelleneinheiten sind auf die Dauer der Umsetzung des Rahmenkredits befristet.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Der Vollzug des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses obliegt ausschliesslich dem Bund und belastet die Kantone und Gemeinden nicht.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der GUS hat direkt und indirekt positive Auswirkungen auf die Wirtschaftslage in der Schweiz. Die in der internationalen Zusammenarbeit eruierte Zahl17, wonach jeder investierte Franken 1,5 Franken zum BIP der Schweiz beiträgt, gilt auch für die Ostzusammenarbeit. Die Zusammenarbeit mit Osteuropa und der GUS hat die schweizerischen Exporte erhöht und mitgeholfen, der schweizerischen Industrie neue Absatzmärkte zu eröffnen. Der Handelsüberschuss mit den im Rahmen dieser Botschaft unterstützten Staaten betrug im Jahr 2008 insgesamt 1,006 Milliarden CHF18.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 23. Januar 200819 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss vom 18. September 200820 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt. Die Vorlage ist zudem in den Zielen des Bundesrates für das Jahr 2010 vorgesehen.

17 18 19 20

IUED/Uni Neuchâtel «Etude sur les effets de l'APD sur l'économie suisse: chiffres 2006», 2008.

Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung.

BBl 2008 809 838 BBl 2008 8549

6438

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Rechtsgrundlage

Die Vorlage basiert auf Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 24. März 200621 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Aktivitäten der schweizerischen Ostzusammenarbeit weisen keinen direkten Bezug zum EU-Recht, zu Übereinkommen oder Empfehlungen des Europarats oder anderer europäischer sowie weiterer internationaler Organisationen auf. Inhaltlich bestehen indes Paralellen zwischen der schweizerischen Ostzusammenarbeit und jener der EU (vgl. Botschaft zum vierten Rahmenkredit, Kap. 5.1). Ausserdem ist das schweizerische Engagement mit den Millenium-Entwicklungszielen abgestimmt.

5.3

Erlassform

Auf Grundlage von Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung22, Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200223 und Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 24. März 200624 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas weist der Erlass im vorliegenden Fall die Form eines einfachen Bundesbeschlusses auf, welcher nicht dem Referendum untersteht.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung25 bedarf die Aufstockung des Rahmenkredits der Zustimmung der Mehrheit beider Räte, da sie eine Ausgabe von mehr als 20 Millionen. CHF nach sich zieht.

21 22 23 24 25

SR 974.1 SR 101 SR 171.10 SR 974.1 SR 101

6439

Anhang 1

Die bisherigen Rahmenkredite der Ostzusammenarbeit Kredit

Betrag (Mio. CHF)

Zeitrahmen*

Massnahmen

1. Rahmenkredit

250

1990­1992

Sofortmassnahmen in Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei

2. Rahmenkredit

800

1992­1993

Ausweitung auf die baltischen Staaten und Südosteuropa

Aufstockung

600

1993­1999

Ausweitung auf die GUS-Staaten

3. Rahmenkredit

900

1999­2002

Konzentration auf Südosteuropa, Südkaukasus und Zentralasien

Aufstockung

500

2002­2004

Konsolidierung der bestehenden Schwerpunkte

Aufstockung

400

2004­2007

Weiterführung des Transitionsprozesses

4. Rahmenkredit

730

2007­2011

Weiterführung des Transitionsprozesses

* ab Entscheid Parlament

6440

Anhang 2

Mittelverwendung des IV. Rahmenkredits (2007­2010) Mittelverwendung gemäss thematischer Fokussierung SECO Verpflichtungen nach Themen RK IV (SECO) (Stand April 2010) 60

56.9 54.8

50

40 34.0 30

20

17.7 15.0

10

0 Infra s truktur, Wa ss er, Energi e, etc.

Pri va ts ektorentwi ckl ung

Makroökonomi s che Unterstützung

Ha ndel s förderung

Di vers es

Mittelverwendung gemäss thematischer Fokussierung DEZA Verpflichtungen nach Themen RK IV (DEZA) (Stand April 2010)

160.0 140.0

142.0

120.0 100.0

87.3

80.0

67.8

60.0

47.3

40.0

24.7

20.0 0.0 Rechtstaatlichkeit, Soziale Entwicklung Demokratie, Konfikt(Gesundheit, prävention Bildung)

Ländliche Entwicklung, Umwelt

Beschäftigung, Migration

Diverse

6441

Mittelverwendung gemäss geografischer Fokussierung Geographische Aufteilung Verpflichtungen RK IV (Juli 2007- April 2010: in %)

12%

11% Westbalkan 44%

Zentralasien Südkaukasus

8%

Ukraine/Moldawien sonstiges/nicht geogr.

25%

6442

Anhang 3

Verpflichtungen und Auszahlungen Verpflichtungen und Auszahlungen 1999­2012

Verpflichtungen und Auszahlungen bezüglich des IV. Rahmenkredits Rahmenkredit IV: Verpflichtungen vs. Auszahlungen 1200 1000

M io. CHF

800

Plafond RK Verpflichtungen

600

Auszahlungen Diff. summiert

400 200 0 2007

2008

2009

2010

2011 (1.S.)

2011

2012

2013

Jahr

6443

Anhang 4

Die vier Themenschwerpunkte der Ostzusammenarbeit Sicherheit, Stabilisierung und Gouvernanz, Demokratisierung Die Schweiz will mit ihrem Engagement zur politischen Stabilität beitragen und konfliktträchtige Spannungen abbauen helfen. Sie fördert die «gute Regierungsführung» und die Etablierung von transparenten, demokratischen Institutionen. Dabei stehen die Rechtsstaatlichkeit sowie echte Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund.

Strukturelle Reformen, wirtschaftliches Wachstum und Einkommensförderung Die Schweiz fördert die Reform der wirtschaftlichen Strukturen als Grundvoraussetzung für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum und soziale Entwicklung. Damit werden Arbeitsplätze geschaffen, Einkommen verbessert und Steuereinnahmen erhöht. Die verstärkte regionale Integration des Aussenhandels ist ein weiteres Ziel.

Konkret unterstützt die Schweiz: ­ grenzüberschreitende Massnahmen zur gewaltfreien Konfliktlösung, Integration, Versöhnung; ­ den Schutz von Minderheiten und benachteiligten Gruppen der Bevölkerung; ­ bevölkerungsnahe Verwaltungsstrukturen für den Zugang zu Justiz, Informationen, Dienstleistungen.

Konkret unterstützt die Schweiz: ­ stabile Rahmenbedingungen für die privatwirtschaftliche Entwicklung; ­ den Aufbau eines prosperierenden Privatsektors mit Schwergewicht auf den KMU; ­ die Förderung des Exports von konkurrenzfähigen Produkten; ­ die berufliche Qualifikation von Arbeitskräften.

Infrastrukturen und natürliche Ressourcen

Sozialreform und neue Armut

Die öffentliche Infrastruktur wurde wegen fehlender Mittel vielerorts vernachlässigt oder teilweise durch Kriege zerstört. Daher unterstützt die Schweiz die Bereitstellung von Basisinfrastruktur. Im Umweltbereich wird der sparsame Umgang mit natürlichen Ressourcen gefördert. Es werden auch private und staatliche Institutionen gestärkt, die für erhöhte Umweltsicherheit und schonenden Ressourcenumgang eintreten.

6444

Die weit verbreitete Armut ist eine gefährliche Hypothek für die Reformprozesse. Die Schweiz will die sozialen Härten des Transitionsprozesses mildern und die Verarmung grosser Bevölkerungsteil bekämpfen helfen.

Sie trägt zum Wiederaufbau eines funktionierenden Sozialsystems bei, z.B. in der Sozial- und Altersvorsorge.

Konkret unterstützt die Schweiz: ­ die Wiederherstellung und Modernisierung der Basisinfrastruktur für die Wirtschaft und die Bevölkerung; ­ öffentlich-private Partnerschaften für die Umsetzung von Umweltund Infrastrukturprojekten; ­ die Kontrolle von Risiken, die von Altlasten und Nuklearanlagen ausgehen.

Konkret unterstützt die Schweiz: ­ Reformen im Gesundheitsbereich und Bildungswesen; ­ die Stärkung von (nichtstaatlichen) Sozialinstitutionen; ­ den Aufbau von Grunddienstleistungen, auch für benachteiligte Bevölkerungsgruppen.

6445

Anhang 5

Projektbeispiele der Ostzusammenarbeit der DEZA und des SECO Evaluation 1: Wirkungsbericht zur Zusammenarbeit im Wassersektor Externe Fachleute führten im Auftrag von DEZA und SECO im Jahr 2008 eine umfassende Evaluation von 23 bilateralen und multilateralen Massnahmen im Wassersektor durch. Die von den Projekten Begünstigten wurden in die Analyse einbezogen. Die wichtigsten Resultate: Die schweizerischen Programme brachten pro Jahr für rund 370 000 Personen eine Verbesserung der Trink- und Abwasserversorgung. Der Zugang zu Wasser für die Bewässerung wurde für 30 000 Menschen verbessert. Davon profitieren die Begünstigten direkt: Die Zahl der Krankheitsfälle ist zurückgegangen, es muss weniger Zeit zur Wasserbeschaffung aufgewendet werden, die verfügbaren Einkommen sind gestiegen, und das Wissen über Hygiene hat zugenommen. Weitere positive Effekte betreffen die lokale Wirtschaft, den Umweltschutz und die Stärkung der lokalen Institutionen. Bei den untersuchten Projekten generierte jeder investierte Franken einen sozialen oder wirtschaftlichen Gewinn von umgerechnet 3­5 Franken. Die Wirkung der schweizerischen Hilfe hält über das Ende eines Projekts hinaus an, wenn die lokalen Partner die Führung übernehmen und wenn die Rahmenbedingungen im Land günstig bleiben. Nachhaltige Wirkung wird vor allem bei langfristigen Engagements erzielt. Nebst den bilateralen Aktivitäten engagiert sich die Schweiz auch in internationalen Programmen und Institutionen des Wassersektors. Dieser Ansatz hat sich bewährt. Dank ihrer langjährigen Projekterfahrung im Wassersektor findet die Schweiz auch in internationalen Gremien Gehör. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass insbesondere die ländlichen und ärmeren Bevölkerungsschichten in Entwicklungs- und Transitionsländern von Verbesserungen im Wassersektor profitieren.

Quelle: Schweizer Zusammenarbeit mit Osteuropa und Zentralasien, DEZA/SECO 2009, S. 25.

Evaluation 2: Handelsförderung in Kirgisistan und Tadschikistan Damit alle Länder von der weltweiten Liberalisierung des Handels profitieren, unterstützt das SECO die Stärkung der Exportkapazitäten seiner Partnerländer und die Verbesserung ihres Zugangs zu den europäischen Märkten.

In Kirgisistan und Tadschikistan lag der Schwerpunkt der schweizerischen Unterstützung auf der Ausweitung des Exports von Erzeugnissen aus dem Lebensmittelsektor (Obst und Gemüse). Dafür wurde einerseits eine nationale Exportstrategie für diesen Bereich ausgearbeitet. Andererseits erzielten die Unternehmen, die direkte Unterstützung erhielten, sehr ermutigende Resultate in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit: In Kirgisistan konnten diese Betriebe ihre Exporte um 15­20 Prozent steigern, in Tadschikistan um 5­15 Prozent. Diese Ergebnisse konnten unter anderem dank Diversifizierung der Produkte, verbesserten Normen und Standards, einem 6446

besseren Qualitätsmanagement sowie gestärkten Betriebsführungskapazitäten (einschliesslich Marketing) erzielt werden. Viele dieser Dienstleistungen stehen nun durch die verbesserten Kompetenzen der lokalen Berater im Land selbst zur Verfügung. Die Teilnahme von Betrieben an internationalen Messen erlaubte zudem den Abschluss wichtiger Verträge, die ebenfalls zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Überleben einer Verarbeitungsindustrie in diesen Ländern beitragen.

Quelle: Trade promotion projects in Tajikistan and the Kyrgyz Republic, Final External Evaluation Report, SECO 2008.

Evaluation 3: Wasserzugang und -verwaltung in der Stadt Progradec in Albanien Das SECO unterstützt den Ausbau der Wasserinfrastrukturen, indem es zur Sanierung oder Errichtung öffentlicher Infrastrukturen beiträgt und die Verwaltung von Versorgungsbetrieben stärkt, um die Finanzierung der Unterhalts- und Betriebskosten zu ermöglichen.

In Progradec, einer albanischen Stadt an den Ufern des Ohrid-Sees, hat das SECO ein Programm zum Gewässerschutz und zur permanenten Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser realisiert. Dank der Inbetriebnahme einer zusätzlichen Wasserfassungseinrichtung kann heute mehr Trinkwasser befördert werden. Bislang wurde das System bei hohem Wasserstand durch das Seewasser verunreinigt und war nicht für den Gebrauch geeignet. Heute werden die rund 50 000 Einwohnerinnen und Einwohner von Pogradec und Umgebung und die lokale Wirtschaft rund um die Uhr mit Trinkwasser versorgt. Die vom SECO geleistete Unterstützung trug auch zu einer verbesserten Führung der Wasserbetriebe von Progradec bei. Die Gesamtwirkung des Projekts ist positiv. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessert haben: einerseits durch den Zugang zu Trinkwasser, der die Krankheitsrisiken erheblich gemindert hat, andererseits durch die Entwicklung der lokalen Wirtschaft, da die ständige Verfügbarkeit von sauberem Wasser eine Voraussetzung für den Aufschwung des Tourismussektors ist.

Quelle: Water and Wastewater management project in Progradec, External Evaluation Report, SECO 2007.

Evaluation 4: Wissenstransfer zur Unternehmensentwicklung Die Entwicklung des Privatsektors spielt in Entwicklung- und Transitionsländern eine entscheidende Rolle für die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wirtschaftswachstum. Das SECO trägt daher zur Verbesserung des Geschäftsklimas bei und ermöglicht den KMU den Zugang zum für ihre Entwicklung nötigen Wissen.

In Ost- und Südosteuropa sowie Zentralasien hat das SECO ein Hilfsprogramm unterstützt, um den Beratungsmarkt auszubauen und den Unternehmern der Zugang zu entsprechenden Dienstleistungen zu ermöglichen. Die Wirkung für die Unternehmen selbst und für die Beratungsdienstleistungen ist positiv. Die Beratungsstellen konnten das Angebot an Dienstleistungen und Kompetenzen, die sie vor Ort anbieten können, ausbauen. Auf KMU-Ebene steuerte das Programm zwischen 2000 und 2006 über 17 Millionen Euro an Finanzhilfe für rund 3000 Kunden bei. Die 6447

Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen zu 85 Prozent davon ausgehen, dass sie ihre Management- und Produktionskapazitäten steigern konnten, und zu 65 Prozent bereit sind, auch in Zukunft Beratungsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Diese positive Einschätzung zeigt sich auch in den Ergebnissen der geförderten Unternehmen, deren Verkauf und Produktivität im Jahresschnitt um 15 Prozent gewachsen sind.

Quelle: Business Advisory Services Program, Special Study, EBRD 2007.

Evaluation 5: Analyserahmen für die Verwaltung der öffentlichen Finanzen Um die Leistung der Partnerländer in der Verwaltung ihrer öffentlichen Finanzen beurteilen zu können, haben verschiedene Geber einschliesslich des SECO einen gemeinsamen Analyserahmen entwickelt. Dieser als «PEFA ­ Public Expenditure and Financial Accountability» bekannte Rahmen soll dazu beitragen, nationale Reformen der öffentlichen Finanzen zu stärken und die Unterstützung zwischen den Gebern besser zu koordinieren. Die vom SECO finanzierte globale PEFA-Initiative wurde in Albanien, Aserbaidschan, Kosovo, Kirgisistan, Mazedonien, Moldau, Montenegro, Serbien, Tadschikistan und der Ukraine umgesetzt. Daneben hat das SECO mit technischen und finanziellen Mitteln PEFA-Aktivitäten in Aserbaidschan (2007), Kirgisistan (2005 und 2009) und Tadschikistan (2006) unterstützt. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Instrumente sind: ­

ein besseres Verständnis insbesondere auf der Ebene der Regierungen für die Stärken und Schwächen ihrer öffentlichen Finanzsysteme und deren Verwaltung;

­

eine verbesserte Koordination der Hilfe zwischen den Gebern;

­

eine positive Wirkung auf Ebene der Kooperation und des Dialogs zwischen Regierungen und Gebern;

­

eine Senkung der Transaktionskosten dank der Verringerung der Anzahl realisierter Analysen/Studien;

­

eine bessere Ausrichtung der Reformprogramme an den Ergebnissen der PEFA-Analyse.

Diese Ergebnisse bestätigen die Wirksamkeit des Instruments auf der Ebene der Regierungen und der internationalen Hilfe. Die Regierungen sind damit ermutigt, die Herausforderungen einer besseren öffentlichen Finanzverwaltung anzupacken und ihre Erfahrungen mit anderen Ländern zu teilen. Das PEFA-Instrument wird insbesondere für seine Transparenz, seine Kriterien, die Entwicklung internationaler Standards und seine mögliche Anwendbarkeit auf alle Länder geschätzt. Erwähnenswert ist beispielsweise, dass der Kanton Luzern dieses Instrument kürzlich bei einer Beurteilung seiner öffentlichen Finanzverwaltung eingesetzt hat.

Quelle: Assessing the Impact of the PEFA Framework, External Evaluation, SECO 2008.

6448

Evaluation 6: Evaluation des Projekts zur Unterstützung des mazedonischen Gemeindeverbands ZELS Im Rahmen der zurzeit laufenden Bestrebungen zur Dezentralisierung in Mazedonien unterstützt die DEZA seit 2003 den mazedonischen Gemeindeverband ZELS.

Dieser Gemeindeverband ist der Fürsprecher mazedonischer Gemeinden und stellt Dienstleistungen für die lokale Selbstverwaltung bereit. Das Projekt finanziert Leistungen zugunsten von ZELS in einer Gesamthöhe von rund 4,5 Millionen CHF zur Leitung und Unterstützung von rund 30 Gemeinden in den Bereichen Politik, zur Ausübung gemeindeüberschreitender Zusammenarbeit sowie zur Unterstützung von multiethnischen Komitees in Gemeinden; diese Unterstützung erfolgt etwa in Form von Übersetzungsausrüstungen. Im Dezember 2009 wurde das Projekt einer externen Evaluation unterzogen. Der Evaluationsbericht würdigte die Aktivitäten zur Förderung der Dezentralisierung in Mazedonien und hiess die grundlegende Stossrichtung gut. Verbesserungsvorschläge wurden auf der Ausführungsebene gemacht.

So empfiehlt die Evaluation, Erfolgsmethoden («best practices») vermehrt zu veröffentlichen, die IT-Ausstattung von ZELS und einzelnen Gemeinden zu verbessern, Kontakte von ZELS mit Geldgebern, Gemeinden, Zentralregierung und der breiten Öffentlichkeit auszubauen und Schulungen in Gemeinden national auszurichten. Die Empfehlungen werden für die weitere Unterstützungsarbeit der Schweiz berücksichtigt.

Quelle: Assessment of ZELS (Association of Units of Local Self-Government) Autonomy and Services Project, External Evaluation, DEZA 2009.

Evaluation 7: Evaluation des Projekts zur Förderung des Gemüse- und Obstanbaus im Kosovo Seit 2001 unterstützt die DEZA bis voraussichtlich 2012 Anbau und Vermarktung von Gemüse und Obst im Kosovo in einer Gesamthöhe von rund 12,5 Millionen CHF und trägt damit direkt und indirekt zur Sicherung von rund 5000 Arbeitsplätzen bei. Dieses Projekt ist in einem Gebiet, in welchem rund 25 Prozent des Bruttoinlandprodukts durch die Landwirtschaft sichergestellt werden, von enormer Bedeutung. Ziel ist es, durch die Unterstützung professionell arbeitender KMU zum Wirtschaftswachstum im Kosovo beizutragen. Dazu gehören die Durchführung von Schulungen und Kursen, in denen moderne Anbau- und Vermarktungsmethoden vermittelt werden, die Förderung von Treibhauskulturen, die Zugangserleichterung zu Bankkrediten für Landwirte und die Unterstützung der Landwirtschaftsbehörden bei der Planung langfristiger Strategien. Eine externe Evaluation vom Juni 2009 bestätigte die grundlegende Stossrichtung des Projektes, welches nachhaltig die Einkommensförderung von Landwirten und landwirtschaftlichen KMU sicherstellt.

Gleichzeitig wurde in der Evaluation die Ausdehnung der Aktivitäten auf der Makroebene empfohlen, um eine Ausweitung der positiven Effekte («scaling-up») sicherzustellen. Zudem ist die Fortführung der Aktivitäten nach dem Ende der Finanzierung durch die Schweiz zu gewährleisten.

Quelle: Horticulture project in Kosovo, External review, DEZA 2009.

6449

Evaluation 8: Evaluation des Projekts zur Verbesserung der wirtschaftlichen Eigenständigkeit der Region Sisian in Armenien Die DEZA unterstützt seit 2002 Aktivitäten in der Höhe von rund 5,5 Millionen CHF zur Verbesserung der wirtschaftlichen Eigenständigkeit der Region Sisian, einer der ärmsten Gebiete Armeniens mit über 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Da die dort lebenden Menschen zum Grossteil von Selbstversorgung leben, liegen die Schwerpunkte in der Optimierung landwirtschaftlicher Methoden, insbesondere im Bereich der Milchwirtschaft, und der Absatzförderung auf den lokalen Märkten. Eine externe Evaluation vom Dezember 2009 kommt zum Schluss, dass die Ziele auf Projektebene erreicht wurden. Allerdings sind aufgrund schwieriger Bedingungen ­ weite Entfernung von der Hauptstadt, hohe Armutsrate, schwache Marktstrukturen, geringes ökonomisches Potenzial der Region ­ weitere Anstrengungen zum Erzielen nachhaltiger Effekte vonnöten. Unter anderem empfehlen die beauftragten Sachverständigen ein stärkeres Einbringen der DEZA in die Projektumsetzung und die bessere Vernetzung des Projektes mit nationalen Strategien und Aktivitäten.

Quelle: Report on the externally led review of the «Sisian Rural Self-Reliance Development Project» in the Republic of Armenia, External Evaluation, DEZA 2009.

Evaluation 9: Projekte zur Integration durch Schulbildung in Serbien: Evaluation Mangelnde Schulbildung ist in Serbien eine Hauptursache für die grosse Armut. So besuchen ungefähr 80 000 Kinder im schulfähigen Alter keine Primarschule. Die meisten sind entweder Roma-Kinder oder Kinder mit einer Behinderung. Die DEZA unterstützt mehrere Projekte in der Höhe von rund 8 Millionen CHF zur Integration von Roma-Kindern oder Kindern mit Behinderung ins nationale Bildungssystem. Zu diesem Zweck werden spezielle Kindergärten in ausgewählten Gemeinden unterstützt, Erziehungsmodelle gemeinsam mit Eltern, Kindern und Fachpersonen entwickelt und auf der Gemeindeebene institutionalisiert. Zudem wird auf nationaler Ebene ein finanzieller und institutioneller Rahmen zur Unterstützung der Integration durch Schulbildung geschaffen. Externe Experten bescheinigten 2008 den untersuchten, von der DEZA mitfinanzierten Aktivitäten auf lokaler Ebene nachhaltigen Erfolg, unterstrichen aber gleichzeitig die Notwendigkeit, behindernde Faktoren wie etwa mangelndes Engagement und knappe Ressourcen in einzelnen Gemeinden stärker als bislang zu gewichten und positive Effekte wo möglich auf weitere Gemeinden auszudehnen.

Quelle: IFRC and Red Cross of Serbia, support to Roma preschool children and children with disabilities, External evaluation, DEZA 2009.

6450

Evaluation 10: Reform des Gesundheitswesens in Tadschikistan: Evaluation Seit 2003 trägt die Schweiz mit dem Projekt «SINO» mit einer Gesamthöhe von gut 12 Millionen CHF zur Verbesserung der Gesundheitswesens in vier Bezirken Tadschikistans bei. Im Vordergrund stehen der erleichterte Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für ärmere Bevölkerungsgruppen, die Entwicklung und Anwendung neuer Hausarztmodelle («Familienmedizin») sowie eine Finanzierungsreform im Gesundheitsbereich. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf die Reorganisation von Spitälern, die Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen sowie auf Schulungen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal sowie Ausbildnerinnen und Ausbildnern. Im August 2008 befand eine in Auftrag gegebene externe Evaluation, dass die unterstützten Aktivitäten nachhaltigen Erfolg aufweisen, in der Bevölkerung auf sehr positives Echo stossen, gut in nationale Strategien und Dienstleistungen integriert sind und professionell unter adäquater Beteiligung der lokalen Bevölkerung umgesetzt werden. Die Evaluation empfahl eine weitere Einbindung der lokalen Bevölkerung, eine vermehrte Zugangsförderung zu einer qualitativ hoch stehenden medizinischen Erstversorgung sowie die Vermittlung gewonnener Erkenntnisse. Die Empfehlungen wurden für die 2009 begonnene dritte Projektphase erfolgreich berücksichtigt.

Quelle: Tajik-Swiss Health Care Reform and Family Medicine Project ­ Sino Project Phase 2, External evaluation, DEZA 2008.

Evaluation 11: Ausbau des Berufsbildungssystems in Albanien Die DEZA unterstützt seit 15 Jahren die Reform des Berufsbildungswesens in Albanien. Seit 2007 werden Aktivitäten zum Ausbau von Berufsschulen in der Höhe von gut 7,7 Millionen CHF finanziert. Konkret werden nationale Richtlinien für Berufsschulen erarbeitet, Konzepte zur Qualitätssicherung entwickelt, das Ausbildungsangebot auch in Randregionen erweitert und die Professionalisierung der Institutionen weiter gefördert. Bis 2015 sollen 40 % der albanischen Jugendlichen eine Berufsschulausbildung antreten. Im Mai 2008 befand eine externe Evaluation, dass das Projekt das Ausbildungsangebot durch die Entwicklung von Lehrgängen verbessert und erweitert, die Professionalisierung der Lehrstätten vorangetrieben und die Kontakte zwischen Privatwirtschaft und Berufsschulen gefördert hat. Gleichzeitig empfahl die Studie eine vermehrte Förderung von Frauen, die Anhebung des Niveaus von einzelnen, vergleichsweise rückständigen Berufsschulen und eine bessere Abstimmung der Aktivitäten einzelner Geldgeber. Die Empfehlungen wurden für die 2009 begonnene dritte Projektphase berücksichtigt.

Quelle: Project AlbBVET (Vocational education training), External evaluation, DEZA 2008.

6451

Anhang 6

OECD-DAC Peer Review 2009 Das Komitee für Entwicklungszusammenarbeit (DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat 2009 die offizielle schweizerische Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe mittels einer Gruppe von Experten und Vertretern zweier Mitgliedstaaten («peers») kritisch beurteilt. Untersucht wurden die strategischen Orientierungen und die rechtlichen Grundlagen, die Kohärenz der Entwicklungspolitiken, die Grösse und Verteilung der finanziellen Mittel, die Organisation und das Management, die Wirkung sowie die Themen «Hilfe zur Selbsthilfe» und «Umweltschutz und Klimawandel». Die Schweiz erhält insgesamt gute Noten für ihre qualitativ hoch stehende Arbeit. Sie wird als verlässlicher und solider Partner mit langjähriger Erfahrung geschätzt, welcher wichtige Beiträge zu internationalen Debatten über verschiedene Entwicklungsthemen leistet. Dabei werden insbesondere die Nähe zum Feld, die führende Rolle der Schweiz im multilateralen Bereich, der Umgang in fragilen Staaten sowie die Fortschritte in der Politikkohärenz im Handels- und Steuerbereich positiv erwähnt. Die Schweiz erkenne, dass Solidarität in einer zunehmend interdependenten Welt zentral sei. Auf dieser Grundlage engagiere sie sich für mehr und bessere Entwicklungszusammenarbeit. Gewürdigt wurden die Entwicklungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen hin zu mehr strategischen und kohärenteren Ansätzen zwischen technischer und handelpolitischer Entwicklungszusammenarbeit. Die Ostzusammenarbeit wurde namentlich am Beispiel Albanien unter die Lupe genommen. Die schweizerische Zusammenarbeit wird als wirkungsvoll bezeichnet.

Das Peer-Review-Team kam zum Schluss, dass die Gleichstellung von Mann und Frau mittels eines partizipativen Ansatzes erfolgreich integriert wurde. Lobend wird erwähnt, das die Interventionsgebiete fokussiert wurden, und zwar komplementär zu jenen der EU, namentlich in den Bereichen Förderung der Lokalbehörden, Gesundheit und Bildung. Die Zusammenarbeit mit albanischen Emigrantinnen und Emigranten wird als bemerkenswertes Beispiel zur Stärkung der Auslandsüberweisungen bezeichnet.

6452