Bericht über Zwischenergebnisse der Evaluation der neuen Bundesrechtspflege vom 18. Juni 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren In Erfüllung des Postulats Pfisterer 07.3420 «Evaluation über die Gesetzgebung zur Bundesrechtspflege und zur Justizreform» unterbreiten wir Ihnen den vorliegenden Zwischenbericht zur Kenntnisnahme.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Juni 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1026

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Übersicht In Erfüllung des Postulats Pfisterer 07.3420 (Evaluation über die Gesetzgebung zur Bundesrechtspflege und zur Justizreform) legt der Bundesrat Zwischenergebnisse der Evaluation der neuen Bundesrechtspflege vor.

In der Evaluation wird überprüft, ob die Ziele der Totalrevision der Bundesrechtspflege, die Anfang 2007 in Kraft getreten ist, erreicht wurden. Für die Untersuchungen wurden zwei externe Arbeitsgruppen beauftragt.

Die bisherigen Untersuchungen kommen zu einem positiven Ergebnis: Die Ziele wurden zu einem grossen Teil erreicht und es besteht gegenwärtig kein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Mit anderen Worten ist die Umsetzung der neuen Bundesrechtspflege auf Kurs. Zu erwähnen sind namentlich folgende Zwischenergebnisse: ­

Das erste Ziel der Revision der Bundesrechtspflege, die Entlastung des Bundesgerichts und damit die Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit als oberstes Gericht, ist teilweise erreicht worden. Die Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber sowie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesgerichts berichten über eine Entlastung, nicht aber die Bundesrichterinnen und Bundesrichter, deren Belastung nach wie vor sehr hoch ist. Vor allem die geänderte Gerichtsorganisation beim Bundesgericht (insb. die Einführung der Verwaltungskommission) und die Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts haben zu einer Entlastung des Bundesgerichts geführt.

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Auch das zweite Ziel der Revision, die Verbesserung des Rechtsschutzes in gewissen Bereichen, wurde ­ trotz Zielkonkurrenz zur Entlastung des Bundesgerichts ­ erreicht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei eidgenössischen Gerichte, die Befragten bei den oberen kantonalen Gerichten und die befragten Anwältinnen und Anwälte gehen in ihrer Gesamtbeurteilung davon aus, dass unter dem Strich der Rechtsschutz durch die Revision der Bundesrechtspflege verbessert worden ist. Namentlich die Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts, die Einführung der Einheitsbeschwerde und weniger ausgeprägt die Schaffung des Bundesstrafgerichts sowie die neuen Rechtswege auf kantonaler Ebene haben zu diesem Resultat beigetragen.

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Das dritte Ziel der Revision, die Vereinfachung der Verfahren und der Rechtswege, wurde ebenfalls erreicht. Dazu beigetragen haben vor allem die Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts und die Einführung der Einheitsbeschwerde. Allerdings bleiben nach Ansicht der Befragten die Abläufe weiterhin kompliziert.

In der zweiten Phase der Evaluation werden die Befragungen wiederholt, weitere Untersuchungen durchgeführt beziehungsweise die bestehenden Überlegungen vertieft. Der Bundesrat wird sich 2013 mit einem ausführlichen Bericht an die Bundesversammlung zu den Schlussergebnissen der Evaluation und zu einem allfälligen Handlungsbedarf äussern.

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Bericht 1

Ausgangslage

1.1

Totalrevision der Bundesrechtspflege

Auf Anfang 2007 trat die Totalrevision der Bundesrechtspflege in Kraft. Die damit verbundenen Gesetzesänderungen betreffen die Organisation und das Verfahren des Bundesgerichts (BGer), die Änderung von Vorinstanzen sowie die Neuregelung der Rechtsmittel, die an das oberste Gericht führen. Auch auf der Stufe der Kantone hat die Revision der Bundesrechtspflege Auswirkungen, wobei das Gesetz Übergangsfristen bis Anfang 2011 vorsieht. Verfassungsgrundlage für die Revision bildete die Justizreform, die am 12. März 2000 von Volk und Ständen angenommen wurde.

Die Totalrevision der Bundesrechtspflege strebt die folgenden Ziele an: ­

Ziel 1: Wirksame und nachhaltige Entlastung des BGer und damit Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit;

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Ziel 2: Verbesserung des Rechsschutzes in gewissen Bereichen;

­

Ziel 3: Vereinfachung der Verfahren und Rechtswege.

Die Schaffung des Bundesstrafgerichts (BStGer) ist hingegen nicht in erster Linie im Zusammenhang mit der Totalrevision der Bundesrechtspflege zu sehen. Dieses wurde vielmehr mit Blick auf die so genannte Effizienzvorlage und die damit verfolgten kriminalpolitischen Ziele eingerichtet.

1.2

Postulat Pfisterer 07.3420

Mit dem Postulat Pfisterer 07.3420 wurde der Bundesrat eingeladen, die Neuordnung von Justiz und Bundesrechtspflege auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, die nötigen Massnahmen vorzuschlagen, den Gerichten Gelegenheit zu eigenen Schlussfolgerungen zu geben und dem Parlament oder seinen zuständigen Kommissionen kurze Zwischenbeurteilungen sowie dem Parlament einen Schlussbericht zukommen zu lassen. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Postulats hatte das Bundesamt für Justiz bereits erste Vorarbeiten für eine Evaluation getätigt. Der vorliegende Bericht orientiert über Zwischenergebnisse der Wirksamkeitsprüfung. Die Effizienzvorlage und die 2011 in Kraft tretenden eidgenössischen Prozessordnungen bilden grundsätzlich nicht Teil der vorliegenden Evaluation.

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2

Breit abgestützte Evaluation der neuen Bundesrechtspflege

2.1

Einbezug der Gerichte des Bundes und der Kantone sowie der Wissenschaft

Die Federführung für die Evaluation der neuen Bundesrechtspflege liegt beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beziehungsweise beim Bundesamt für Justiz (BJ). Um die Hauptakteure möglichst frühzeitig in das Evaluationsprojekt einzubeziehen, setzte das BJ bereits in der Konzeptphase eine beratende Begleitgruppe ein. Diese besteht aus folgenden Vertreterinnen und Vertretern der Bundesverwaltung, der eidgenössischen sowie kantonaler Gerichte und der Wissenschaft: Bundesamt für Justiz: Bundesgericht: Bundesverwaltungsgericht: Bundesstrafgericht: Verwaltungsgericht Bern: Obergericht Schaffhausen: Universität Zürich: Universität Genf:

Luzius Mader, Vizedirektor (Präsidium) Susanne Leuzinger-Naef, Vizepräsidentin Paul Tschümperlin, Generalsekretär Elena Avenati-Carpani, Richterin Philippe Weissenberger, Richter Daniel Kipfer Fasciati, Vizepräsident Patrick Guidon, stv. Generalsekretär Ruth Herzog, Richterin Arnold Marti, Vizepräsident Regina Kiener, Professorin Thierry Tanquerel, Professor

Durch die Mitwirkung der Begleitgruppe soll der Zugang zu den Daten erleichtert, die Kooperation und die Akzeptanz der Arbeiten gefördert und nicht zuletzt eine Art mitschreitende Qualitätskontrolle der Wirkungsanalyse sichergestellt werden.

Die Begleitgruppe war beteiligt an der Erarbeitung des Konzepts und des Pflichtenhefts für die Evaluation sowie an der Auswahl der externen Arbeitsgruppen. Sie begleitet den Fortschritt der Arbeiten und prüft die Zwischenberichte und den Schlussbericht.

2.2

Evaluationsauftrag

In enger Zusammenarbeit mit der Begleitgruppe erstellte das BJ ein Evaluationskonzept, das Anfang 2008 von der Vorsteherin des EJPD genehmigt wurde. Eine der grossen Herausforderungen der Evaluation besteht in der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes. Die Totalrevision der Bundesrechtspflege umfasst mehrere Gesetze, zahlreiche Akteure sowie ein ganzes Bündel von Massnahmen. Teilweise besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den Reformzielen. Um den komplexen Wirkungszusammenhängen Rechnung zu tragen, sieht das Evaluationskonzept eine breit angelegte Evaluation vor, die sich auf die Erfahrungsbasis der Periode 20072011 bezieht und mit der Situation 2006 beziehungsweise mit der Entwicklung 20022006 verglichen werden soll.

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Das sich ans Konzept eng anlehnende Pflichtenheft für die Evaluation wurde mehreren Universitäten, Instituten und Evaluationsbüros zur Offertstellung unterbreitet.

Bis zum Ablauf der Ausschreibungszeit gingen acht Offerten ein. Nach gründlicher Prüfung der verschiedenen Projektvorschläge durch die Begleitgruppe beauftragte das BJ im Herbst 2008 eine Arbeitsgemeinschaft mit der Durchführung der Evaluation. Diese Arbeitsgemeinschaft besteht aus dem Kompetenzzentrum für Public Management (kpm) der Universität Bern (Prof. Dr. Andreas Lienhard), Interface Politikstudien (Dr. Stefan Rieder) und der Universität Zürich (Prof. Dr. Martin Killias). Die Evaluationsarbeiten werden im Rahmen eines Expertenpools von weiteren fünf Expertinnen und Experten unterstützt: Prof. Dr. Walter Kälin, Prof.

Dr. Jolanta Kren, Prof. Dr. Alexander Markus (alle Universität Bern), a.Oberrichter Fabio Righetti und Prof. Dr. Frédéric Varone (Universität Genf).

Als Ergänzung zur Wirkungsanalyse beauftragte das BJ zudem ein Projektteam der Universität Zürich (Prof. Dr. Felix Uhlmann, Prof. Dr. Giovanni Biaggini und Prof.

Dr. Andreas Auer) zu klären, ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen nach der Revision der Bundesrechtspflege noch Rechtsschutzlücken bestehen.

Die beiden Arbeitsgruppen haben Anfang 2010 umfassende Zwischenberichte eingereicht.1 Der vorliegende Bericht stützt sich darauf ab.

3

Zwischenergebnisse der Studien

3.1

Umfassende Wirksamkeitsstudie

3.1.1

Gegenstand und Vorgehen

Die Arbeitsgruppe kpm/Interface/Universität Zürich untersuchte, wieweit die Ziele der Totalrevision der Bundesrechtspflege bis Herbst 2009 erreicht worden sind, und analysierte die Wirkungsweise von einzelnen Massnahmen. Die zentrale Fragestellung lautet somit, ob und in welchem Masse die durch die Revision ausgelösten Veränderungen zu einer Entlastung des Bundesgerichts (Ziel 1), zur Verbesserung des Rechtsschutzes (Ziel 2) und zur Vereinfachung der Verfahren (Ziel 3) beigetragen haben.

Gegenstand der Evaluation waren: ­

1

Organisatorische Aspekte: Diese betreffen die Veränderungen in der Organisation des BGer (z.B. die Zusammenführung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG] in Luzern mit dem BGer in Lausanne), die Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) und des BundesstrafBericht A: Lienhard Andreas, Rieder Stefan und Killias Martin (unter Mitarbeit von Schwenkel Christof, Hardegger Sophie und Odermatt Simon), Evaluation der Wirksamkeit der neuen Bundesrechtspflege: Zwischenbericht der Evaluationsphase I zuhanden des Bundesamtes für Justiz, Bern/Zürich/Luzern, 31. März 2010.

Bericht B: Uhlmann Felix, Biaggini Giovanni und Auer Andreas, Evaluation der Wirksamkeit der neuen Bundesrechtspflege: Teilprojekt Rechtsschutzlücken, Zwischenbericht, Zürich, Januar 2010.

Die beiden Berichte sind unter http://www.bj.admin.ch/bj/fr/home/themen/staat_und_buerger/evaluation/bundesamt_fuer _justiz.htmlabrufbar.

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gerichts (BStGer), Anpassungen der Aufsicht und Oberaufsicht über die drei eidgenössischen Gerichte sowie Veränderungen in den Kantonen (z.B. Einführung des doppelten Instanzenzugs). Es wurde untersucht, ob und in welchem Ausmass diese Massnahmen zur Entlastung des BGer beigetragen haben.

­

Änderung von Abläufen, Aufgaben und Rechtsmitteln: Wichtige Beispiele für diese Gruppe von Änderungen sind die Einführung der grundsätzlich doppelten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit von eidgenössischen und kantonalen Entscheiden, die Beschränkung der Kognition des BGer auf Rechtsfragen (insbesondere im Sozialversicherungsrecht) und die Schaffung der Einheitsbeschwerde ans BGer. Die Evaluation hat geprüft, wie weit diese Änderungen das BGer entlastet, den Rechtsschutz verbessert und die Verfahren vereinfacht haben.

­

Änderung von Outputs: Dies betrifft primär die Quantität und die Qualität der Rechtsprechung der drei eidgenössischen Gerichte. Es ging darum zu prüfen, wie sich die Belastung des BGer entwickelt hat und wie weit sich aus den Daten ein Entlastungseffekt aufgrund der Revision erkennen lässt.

­

Wirkungen der Revision der Bundesrechtspflege bei den Zielgruppen: Die Evaluation hat untersucht, ob und wie stark die Anwaltschaft, beschwerdeberechtigte Organisationen (hauptsächlich aus dem Sozial- und Umweltbereich) und Verwaltungsstellen des Bundes von den Änderungen der Bundesrechtspflege berührt worden sind.

Um die genannten vier Gegenstände der Evaluation zu untersuchen, wurden folgende Methoden kombiniert: ­

Auswertung von Dokumenten: Ausgewertet wurden Unterlagen zur Revision der Bundesrechtspflege. Dazu gehören namentlich die Botschaft, einschlägige Gesetze, wissenschaftliche Publikationen sowie Jahresberichte und Unterlagen von eidgenössischen und kantonalen Gerichten.

­

Persönliche, qualitative Interviews: Mit insgesamt 33 Personen bei den eidgenössischen Gerichten, den oberen kantonalen Gerichten, den Bundesverwaltungsstellen und mit Anwältinnen und Anwälten wurden Gespräche geführt.

­

Quantitative Umfragen: Bei sieben Personengruppen (drei eidgenössische Gerichte, obere kantonale Gerichte, Anwaltschaft, Organisationen, Bundesverwaltungsstellen) wurden quantitative Umfragen durchgeführt.

­

Statistische Auswertungen: Ausgewertet wurden Statistiken der drei eidgenössischen Gerichte zu Zahl und Umfang der Beschwerden und Entscheide.

Die Daten entstammen den Jahresberichten der jeweiligen Gerichte oder internen Auswertungen, welche die Gerichte, insbesondere das BGer, für die Evaluation zur Verfügung gestellt haben.

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3.1.2

Bisherige Ergebnisse

Um die vorläufige Erreichung der drei Ziele der Revision der Bundesrechtspflege beurteilen zu können, werden folgende drei Gruppen von Resultaten kombiniert: ­

die subjektive Beurteilung der Zielerreichung durch die Befragten;

­

die Detailanalyse der einzelnen Massnahmen basierend auf Dokumentenauswertungen, Interviews und Umfragen;

­

die Ergebnisse der statistischen Auswertung.

Die drei Perspektiven werden zu einem Gesamturteil verdichtet.

Bisherige Erreichung von Ziel 1: Wirksame und nachhaltige Entlastung des Bundesgerichts und Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit Aufgrund der bisherigen Analyse kann festgehalten werden, dass die Revision der Bundesrechtspflege das BGer entlastet hat und Ziel 1 zumindest teilweise erreicht worden ist. Dieses Ergebnis wird von drei Teilergebnissen gestützt: ­

Erstens berichten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BGer, dass eine Entlastungswirkung in ihrer täglichen Arbeit infolge von Massnahmen der Revision der Bundesrechtspflege zu beobachten ist und dass die Funktionsfähigkeit des obersten Gerichts gegeben ist. Allerdings sind die Richterinnen und Richter im Vergleich zu den anderen Gruppen von Befragten zurückhaltender, was die Höhe der Entlastungswirkung angeht. Sie sind mehrheitlich der Meinung, dass das BGer heute nach wie vor falsch belastet ist und zu viele unbedeutende Fälle beurteilen muss.

­

Zweitens ergibt die Analyse von sechzehn einzelnen Massnahmen zu Ziel 1, dass fünf von ihnen einen positiven Beitrag zur Entlastung des BGer ausgelöst haben. Die Aufsichtsfunktion des BGer über das BVGer und das BStGer hat die Belastung für das BGer hingegen erhöht. Von zehn untersuchten Massnahmen ist bisher kein Einfluss auf die Belastung des BGer ausgegangen.

­

Drittens weist die Auswertung statistischer Daten darauf hin, dass die Entlastung des BGer primär durch einen Rückgang der Beschwerden im Bereich des öffentlichen Rechts eingetreten ist. In bestimmten Bereichen (Sozialversicherungsrecht, Zivil- und Strafrecht) hat auch die Dauer der Verfahren abgenommen. Ein Teil dieser beiden Veränderungen kann als Folge der Revision der Bundesrechtspflege betrachtet werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend in der zweiten Phase der Evaluation bestätigen wird.

Welche Massnahmen haben in erster Linie einen Beitrag zur Entlastung des Bundesgerichts bewirkt? Aufgrund der Analysen sind es primär die geänderte Gerichtsorganisation beim BGer (insbesondere die Einführung der Verwaltungskommission) und die Schaffung des BVGer. Auch die Einzelrichterkompetenz gemäss Artikel 108 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG)2 bildet eine wichtige Entlastungsmassnahme. Die Schaffung des BStGer, die erweiterte Möglichkeit zu Ent2

SR 173.110

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scheiden im vereinfachten Verfahren und die Einschränkung der Kognition im Sozialversicherungsrecht haben eine geringere Entlastungswirkung ausgelöst. Insgesamt ist die Entlastung nicht so gross ausgefallen, wie ursprünglich beabsichtigt, was vor allem auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zurückzuführen ist.

Es fällt zudem auf, dass eine Reihe von Massnahmen, die potenziell eine Entlastungswirkung beinhalten (Streitwertgrenzen, Kostenpflicht, Teilintegration des EVG, Schaffung der Vorinstanzen) bislang nicht die erwartete oder gar keine Entlastungswirkung gebracht haben. Möglicherweise wird sich dies nach Einrichtung der neuen Rechtswege auf Stufe der Kantone noch ändern. Die bisherigen Ergebnisse aus den Kantonen lassen noch nicht auf erhebliche Veränderungen schliessen.

Die Befragungen beim BGer weisen zudem darauf hin, dass eine subjektive Entlastungswirkung nicht im gewünschten Ausmass eingetreten ist: Viele Richterinnen und Richter fühlen sich trotz der Revision der Bundesrechtspflege nach wie vor (zu stark) belastet. Vergleicht man die Zahl der Richterinnen und Richter am BGer mit der Zahl der Beschwerden beziehungsweise der gefällten Entscheide, so lässt sich von 2002 bis 2007 ein kontinuierlicher Anstieg der Belastung feststellen. Für das Jahr 2008 ist hingegen eine leichte Entlastung zu beobachten. Ob diese dauerhafter Natur ist, kann erst beim Vorliegen längerer Zeitreihen beantwortet werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter am BGer seit dem Inkrafttreten der Reform von 41 auf 38 und die Zahl der nebenamtlichen Richterinnen und Richter von 41 auf 19 reduziert worden ist.

Bisherige Erreichung von Ziel 2: Verbesserung des Rechtsschutzes in gewissen Bereichen Es kann eine Zielkonkurrenz zwischen Ziel 1 (Entlastungswirkung) und Ziel 2 (Verbesserung des Rechtsschutzes) beobachtet werden. Unter dem Strich kommt die vorläufige Analyse trotz dieser Konkurrenz zum Schluss, dass die Revision der Bundesrechtspflege den Rechtsschutz erhöht hat. Dieser Befund lässt sich wie folgt stützen: ­

Die befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei eidgenössischen Gerichte, die Befragten bei den oberen kantonalen Gerichten und die Anwaltschaft gehen in ihrer Gesamtbeurteilung davon aus, dass der Rechtsschutz durch die Revision der Bundesrechtspflege insgesamt gestiegen ist.

­

Die Analyse der einzelnen Massnahmen ergab, dass vier Massnahmen der Revision der Bundesrechtspflege einen sehr oder eher positiven Beitrag zur Steigerung des Rechtsschutzes geleistet haben. Umgekehrt haben zwei Massnahmen den Rechtsschutz eher eingeschränkt. Elf Massnahmen haben eher geringe oder keine Auswirkungen auf Ziel 2.

­

Die statistische Analyse lässt keine Schlüsse auf die Zielerreichung von Ziel 2 zu.

Die gegenläufigen Effekte im Hinblick auf Ziel 2 können wie folgt näher beschrieben werden: Auf der einen Seite führten die Schaffung des BVGer, die Einführung der Einheitsbeschwerde und (weniger ausgeprägt) die Schaffung des BStGer und soweit bereits wirksam die neuen Rechtswege auf kantonaler Ebene dazu, dass sich der Rechtsschutz für die Rechtsuchenden erhöht hat. Alle vier Massnahmen sind eng mit der Revision der Bundesrechtspflege verknüpft. Auf der anderen Seite haben zwei Massnahmen im Rahmen der Revision der Bundesrechtspflege den 4844

Rechtsschutz (gewollt) eingeschränkt. Es sind dies die Einschränkungen der Kognition im Sozialversicherungsrecht sowie die Einführung der Kostenpflicht bei Beschwerden im Sozialversicherungsrecht.

Aus Sicht der Evaluation geht die beschriebene Zielkonkurrenz allerdings nicht so weit, dass die Entlastung des BGer vollständig mit einer Reduktion des Rechtsschutzes hätte «erkauft» werden müssen. Vielmehr ist es gelungen, die Zielkonkurrenz durch die Schaffung der erstinstanzlichen eidgenössischen Gerichte und der Einheitsbeschwerde wenigstens teilweise zu entschärfen.

Eine Reihe weiterer Massnahmen (z.B. Regelung der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden ans BGer, Definition von Endentscheiden usw.) hat sich ebenfalls positiv auf den Rechtsschutz ausgewirkt. Allerdings ist der Zielbeitrag aufgrund der Erhebungen gering zu veranschlagen. Elf untersuchte Massnahmen haben schwache oder keine Auswirkung auf den Rechtsschutz.

Bisherige Erreichung von Ziel 3: Vereinfachung der Verfahren und Rechtswege Die Revision hat bisher einen positiven Beitrag zu Ziel 3 geleistet und Verfahren in der Bundesrechtspflege vereinfacht. Im Vergleich zu den Beiträgen zu den Zielen 1 und 2 sind die Auswirkungen der Revision der Bundesrechtspflege aber etwas weniger stark ausgeprägt. Diese Erkenntnis leitet sich aus folgenden Teilresultaten ab: ­

Die Gesamtbeurteilung durch die Befragten an den drei eidgenössischen Gerichten lässt den Schluss zu, dass eine gewisse Vereinfachung der Verfahren in der Bundesrechtspflege stattgefunden hat. Dennoch bleiben die Abläufe nach Ansicht der Befragten nach wie vor kompliziert. Die Anwaltschaft sieht eine klare Vereinfachung von Verfahren aufgrund der Einführung der Einheitsbeschwerde. Die Befragten an den oberen kantonalen Gerichten vermögen hingegen keine Vereinfachung von Verfahren aufgrund der Revision zu erkennen.

­

Die Analyse der einzelnen Massnahmen führte zu folgendem Befund: Zwei Massnahmen haben zu einer Vereinfachung der Verfahren in der Bundesrechtspflege geführt. Zwölf weitere Massnahmen haben sich auf Ziel 3 in geringem Masse ausgewirkt. Von zwei Massnahmen ging eher eine Verkomplizierung der Verfahren aus.

­

Die statistischen Auswertungen lassen keine Hinweise auf die Erreichung von Ziel 3 zu.

Laut Erhebungen sind primär die Schaffung des BVGer und die Einführung der Einheitsbeschwerde verantwortlich für die Vereinfachung von Verfahren. Die meisten Akteure sind sich einig, dass diese zwei Veränderungen einen eindeutigen Beitrag zu Ziel 3 geleistet haben. Nicht weniger als zwölf Massnahmen haben eine eher bescheidene oder gar keine Wirkung hinsichtlich der Vereinfachung der Verfahren gehabt. Das Verfahren der Bundesrechtspflege eher verkompliziert hat die Schaffung des BStGer. Hier zeigt sich eine Zielkonkurrenz zu Ziel 2: Während die Schaffung des BStGer auf der einen Seite den Rechtsschutz erhöht hat, wurden durch die Einsetzung des Gerichts Verfahren auch verlängert und verkompliziert. Zu beachten ist hier allerdings, dass das BStGer mit Blick auf die Effizienzvorlage und die damit verfolgten kriminalpolitischen Ziele eingerichtet worden ist und daher von vornherein nur einen beschränkten Beitrag an die mit der Totalrevision der Bundesrechts4845

pflege angestrebten Ziele zu leisten vermag. Die Schaffung der Kostenpflicht im Sozialversicherungsrecht hat als zweite Massnahme ebenfalls zu einer Verkomplizierung der Verfahren beigetragen. Gesamthaft sind die Verfahren durch die Revision aber einfacher geworden.

3.1.3

Vorläufige Gesamtbewertung

Zusammenfassend kommt die Evaluation zu folgendem vorläufigen Schluss: 1.

Die untersuchten Massnahmen haben bisher einen substanziellen Beitrag zur Erreichung der drei Ziele der Revision der Bundesrechtspflege geleistet. Die Schaffung des BVGer, die Einführung der Einheitsbeschwerde und die Reorganisation des BGer sind im Hinblick auf die Zielerreichung von zentraler Bedeutung. Von diesen drei Änderungen gehen gegenwärtig die grössten Wirkungen aus. Aus Sicht des BGer besteht im Hinblick auf Ziel 1 noch ein gewisser Optimierungsbedarf (Tragweite des Ausschlussbereichs des Art. 83 BGG mit Blick auf die Gewährleistung der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung durch das BGer). Eine wichtige Entlastungsmassnahme bildet auch die Einzelrichterkompetenz gemäss Artikel 108 BGG. Die Wirkung der neuen Rechtswege auf kantonaler Ebene lässt sich noch nicht abschätzen, weil die Umsetzung der entsprechenden Vorgaben erst 2011 abgeschlossen sein wird.

2.

Als ambivalent und insgesamt wenig bedeutend sind die Wirkungen der Einführung der Kostenpflicht und der Einschränkung der Kognition des BGer im Sozialversicherungsrecht zu beurteilen. Diese Massnahmen entlasten einerseits das BGer, führen andererseits aber zu einer Einschränkung des Rechtsschutzes. Es besteht somit eine gewisse Konkurrenz zwischen den Zielen 1 und 2.

3.

Eine Zielkonkurrenz ist auch bei der Schaffung des BStGer zu beobachten.

Die Schaffung des Bundesstrafgerichts war notwendig, um nach der Ausdehnung der Bundesgerichtsbarkeit in Strafsachen (sog. Effizienzvorlage) aufwendige Direktprozesse beim Bundesgericht zu vermeiden (Ziel 1) und eine Kontrolle durch eine obere Instanz zu ermöglichen (Ziel 2). Dass damit zusätzliche Beschwerdemöglichkeiten geschaffen wurden (Widerspruch zu Ziel 3), wurde von Anfang an in Kauf genommen.

3.2

Studie über Rechtsschutzlücken

3.2.1

Gegenstand und Vorgehen

Die Studie der Professoren Uhlmann, Biaggini und Auer untersucht die Frage, ob und wenn ja in welchen Bereichen nach Inkrafttreten der Totalrevision der Bundesrechtspflege noch Rechtsschutzlücken bestehen. Hierfür wird zuerst in einem juristisch-dogmatischen Grundlagenteil der Begriff der Rechtsschutzlücke geklärt.

Der Begriff der Rechtsschutzlücke wird durch einen Vergleich zwischen dem SollZustand und dem Ist-Zustand definiert. Eine Rechtsschutzlücke liegt vor, wenn berechtigte Erwartungen an adäquaten Rechtsschutz nicht eingelöst werden. Die berechtigten Erwartungen (Soll-Zustand) ergeben sich namentlich aus verfassungs4846

rechtlichen Vorgaben (Art. 29 ff., 188 ff. BV3) und aus den Zielsetzungen der revidierten Bundesrechtspflege. Nach diesen Vorgaben hat der Rechtsschutz primär individuell, (höchst-)gerichtlich und effektiv zu sein. Der Ist-Zustand besteht in den Rechtsschutzbegrenzungen, die sich aus der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung (z.B. Zugangsschranken zu den Gerichten in Form von Ausschlusskatalogen oder Streitwertgrenzen), aus der Gerichtspraxis (z.B. Handhabung der Eintretensvoraussetzungen) oder aus tatsächlichen praktischen Erschwernissen für die Rechtsuchenden (z.B. Dauer oder Kosten von Gerichtsverfahren) ergeben können. Nicht jede Rechtsschutzbegrenzung stellt indes eine Rechtsschutzlücke dar. Von einer solchen ist erst auszugehen, wenn sich eine Rechtsschutzbegrenzung sachlich nicht begründen lässt. Rechtsschutzbegrenzungen können aus Gründen der Gewaltenteilung, des Föderalismus, der Justiziabilität, der Praktikabilität, der Entlastung der Gerichte oder der Banalität der betreffenden Rechtsstreitigkeiten gerechtfertigt sein.

3.2.2

Ausgewählte Rechtsschutzbegrenzungen

Der Zwischenbericht erstellt eine Auslegeordnung von Rechtsschutzbegrenzungen und beurteilt provisorisch, ob sich diese sachlich rechtfertigen lassen oder ob mithin eine Rechtsschutzlücke vorliegt. Es werden folgende Kategorien von Rechtsschutzbegrenzungen untersucht: ­

Allgemeine Begrenzungen: Beschwerdeobejekt; Streitwertgrenzen und Grundsatzfragen; Ausschlusskatalog (Art. 83 BGG); Kognition und Prüfungsdichte; Legitimation; Rüge- und Begründungspflichten; Verfahrensdauer; Verfahrenskosten.

­

Begrenzungen in einzelnen Sachgebieten: innere und äussere Sicherheit; Asyl- und Ausländerrecht; Einbürgerungen; Prüfungswesen; Begnadigungen; politische Rechte.

­

Sonderprobleme: fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber Bundesgesetzen; subsidiäre Verfassungsbeschwerde; weitgehende Abschaffung der verwaltungsinternen Rechtspflege auf Bundesebene.

3.2.3

Vorläufige Würdigung

Im Sinne einer ersten provisorischen Einschätzung hält der Zwischenbericht fest, dass die Neuorganisation der Bundesrechtspflege keine eklatanten Rechtsschutzlücken offen gelassen oder gar geschaffen hat. In Lehre, Rechtsprechung und ersten Rückmeldungen aus der Praxis finden sich keine Bereiche, die übereinstimmend und mit entsprechendem Nachdruck kritisiert werden. Nach Ansicht der Verfasser, die sich auf Aussagen in der Lehre und den Umfragen bei den Gerichten und der Anwaltschaft stützen, sollten indessen namentlich folgende Bereiche eingehender untersucht werden: ­

3

Von Seiten der Gerichte und der Anwaltschaft wird teilweise Kritik am Ausschlusskatalog des Artikel 83 BGG geübt. Bemängelt wird hauptsächlich, dass das Bundesgericht die Einheit der Rechtsprechung nicht gewährleisten SR 101

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könne und dass der Ausschlusskatalog dazu führe, dass mitunter bedeutende Fragen vom Bundesverwaltungsgericht abschliessend entschieden würden, unwichtige Fragen dagegen ans Bundesgericht weitergezogen werden könnten. In ersten Rückmeldungen wird etwa vorgeschlagen, dass das Bundesgericht mindestens Grundsatzfragen oder bedeutende Fälle entscheiden können sollte. Dies gilt insbesondere gegenüber Entscheiden des Bundesverwaltungsgerichts.

­

Die Einrichtung des Bundesverwaltungsgerichts war verbunden mit einem weitgehenden Verzicht auf verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren. Durch die Einschaltung des Bundesverwaltungsgerichts sollte der Verfahrensgang nicht verlängert werden. Um die Situation der Rechtsuchenden nicht zu verschlechtern, wurde dem Bundesverwaltungsgericht volle Kognition, d.h.

umfassende Prüfungsmöglichkeiten bezüglich Rechtslage, Sachverhalt und Angemessenheit der angefochtenen Verfügung eingeräumt. Es werden Bedenken bezüglich der Effektivität des Rechtsschutzes geäussert, da dem Bundesverwaltungsgericht zwar volle Kognition zukomme, es diese aber mangels Fachkenntnissen nicht ausübe beziehungsweise nicht ausüben könne.

­

Der bundesgerichtlichen Praxis wird teilweise vorgeworfen, sie behindere durch ihre Strenge in Bezug auf Rüge- und Begründungspflichten einen effektiven Rechtsschutz. Die Kritik betrifft insbesondere die Rügepraxis bei der Verletzung von Grundrechten (Art. 106 Abs. 2 BGG). Es besteht diesbezüglich ein gewisses Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, auf das auch einzelne Mitglieder der Begleitgruppe ausdrücklich hingewiesen haben.

­

In ersten Rückmeldungen aus den Gerichten wird die fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber Bundesgesetzen (Art. 190 BV) zu den am häufigsten genannten Lücken gezählt.

­

Im Asyl- und Ausländerbereich ist der Zugang zum Bundesgericht eingeschränkt. Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in den meisten Fällen ausgeschlossen. Häufig wird deshalb zum Mittel der Aufsichtsbeschwerde gegriffen. Gegen kantonale Entscheide steht im Bereich des Ausländerrechts zwar namentlich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Verfügung.

Diese scheitert aber in den meisten Fällen am fehlenden rechtlich geschützten Interesse.

­

Die Rechtsschutzbegrenzungen für Entscheide auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit sind im Grundsatz unbestritten. Dennoch gibt es Bereiche, die potentiell geeignet sind, Rechtsschutzlücken entstehen zu lassen (z.B. Wahrnehmung der Befugnisse des Bundesrates gestützt auf Art. 184 Abs. 3 und 185 Abs. 3 BV; Ausschluss von Rechtsschutzmöglichkeiten bei der Umsetzung von UNO-Sanktionen).

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4

Fazit: Zurzeit kein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf

Die Neuordnung der Bundesrechtspflege hat sich nach den vorläufigen Erkenntnissen grundsätzlich bewährt. Die Zwischenergebnisse der Evaluation zeigen keine dringenden Umsetzungsprobleme auf, die ein Handeln auf gesetzgeberischer Ebene erfordern würde. Die bisherige Evaluation war mit wertvollen Feedbacks für die drei Gerichte des Bundes verbunden, welche den Verwaltungskommissionen dieser Gerichte für die interne Optimierung dienlich sind.

Das Bundesgericht sieht indessen im Ausschlussbereich des Artikels 83 BGG Handlungsbedarf. In einigen wichtigen Rechtsgebieten könne das Gericht seine Funktion, die Rechtseinheit und Rechtsfortbildung zu gewährleisten, nicht ausreichend wahrnehmen. Dieses Anliegen wird im Rahmen der weiteren Arbeiten noch vertieft geprüft werden. Der bestehende Handlungsbedarf ist aus der Sicht des Bundesrates erkannt.

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Ausblick

In einer zweiten Phase der Evaluation werden 2011 und 2012 weitere Befragungen und Datenanlysen sowie eine Urteilsanalyse durchgeführt und zu einem Schlussbericht verarbeitet. 2012 wird ferner ein abschliessender Bericht über allfällig verbleibende Rechtsschutzlücken erscheinen. In den Berichten werden die noch bestehenden Unvollkommenheiten der Umsetzung der Revision der Bundesrechtspflege und die allfälligen neu auftretenden Mängel sorgfältig geprüft. Der Bundesrat wird sich 2013 mit einem ausführlichen Bericht an die Bundesversammlung zu den Schlussergebnissen der Evaluation und zu einem allfälligen Handlungsbedarf äussern.

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