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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung zwischenstaatlicher Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Vom 29. Mai 1951)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen im Zusammenhang mit der Genehmigung des Abkommens, das der Bund am 24. Mai 1951 zum Zwecke der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Einkommenssteuern mit den Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen hat (vgl. unsere Botschaft vom 29. Mai 1951; BEI 1951, II, 269), den Erlass eines Bundesbeschlusses vorzuschlagen, der die Erfüllung gewisser mit diesem Staatsvertrage übernommener Verpflichtungen ermöglichen und darüber hinaus die Ausführung weiterer Doppelbesteuerungsabkomrnen, die künftig ähnliche Verpflichtungen mit sich bringen könnten, sichern soll.

1. Die Notwendigkeit gesetzlicher AusïUhrungsbestimmungen Die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, die der Bund vor 1951 abgeschlossen hat, konnten in der Schweiz ohne gesetzliche Ausführungsbestimmungen vollzogen werden. Die Abkommen mit Deutschland, von 1931 (AS 50, 106; 56, 1682; 60, 167; BEI 1932, I, 41; 19S4, II, 828), mit Grossbritannien, von 1931 (auf Agenturen beschränkt, AS 48, 854; BEI 1982, I, 92), mit Frankreich, von 1937 (AS 55, 258; BEI 1987, III, 500), mit Ungarn, von 1942 (AS 1949, 111; BEI 1943, 708), und Österreich, von 1946 (Geschäftsbericht für 1946,186,279), befassen sich lediglich damit, die Steuerhoheit, soweit direkte Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, im Falle Deutschlands und Österreichs überdies die Erbschaftssteuern, in Frage stehen, durch bestimmte Kollisionsnormen abzugrenzen, welche die Befugnis zur Besteuerung je nach der Natur des Steuerobjekts ausschliesslich dem einen oder dem andern Ver-

297 tragsstaat zuerkennen. Sie setzen damit der Anwendung der schweizerischen Steuergesetzc im Verhältnis zum andern Vertragsstaat unmittelbar Schranken, indem sie die Steuerbehörden anweisen, von der Steuererhebung abzusehen, soweit das Besteuerungsrecht nach dem Abkommen dem andern Vertragsstaato -zusteht; eine Ergänzung der Vertragsklauseln durch allgemein verpflichtende interne Vorschriften war deshalb nicht erforderlich; der Bundesrat konnte sieh jeweils darauf beschränken, den kantonalen Eegierungon zuhanden der Steuerbehörden die Vertragsklauseln durch Kreisschroiben zu erläutern.

.Das 1948 mit Schweden abgeschlossene Abkommen über die Einkommeiisund Vermögenssteuern (AS 1949, 487; BEI 1948, III, 477) bedurfte ergänzender Bestimmungen in bezug auf die Gestaltung des Bückerstattungsverfahrens, woil es die eidgenössische Verrechnungssteuer miteinbezog und den Steuerpflichtigen jedes der beiden Staaten eine Entlastung von der im andern Staate an der Quelle erhobenen Steuer von Aktiendividenden gewährte, und zwar nicht durch Verzicht auf den Steuerbezug, sondern imWege der Bückerstattung.

Diese ergänzende Ordnung, die sowohl von den Steuerbehörden beider Staaten als auch von den die Steuerrückerstattung fordernden Empfängern von Kapitalerträgen ein bestimmtes Verhalten verlangt, war aber nach Absatz 3 des Schlussprotokolls zu Artikel 9 des schweizerisch-schwedischen Abkommens nicht durch autonome Bechtsetzung, sondern durch eine Vereinbarung der obersten Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten zu treffen. Ebenso verhält es sich mit dem vor der Unterzeichnimg stehenden schweizerisch-niederländischen Abkommen über die Einkommens- und Vermögenssteuern, das gleichfalls die in beiden Vertragsstaaten an der Quelle erhobenen Kapitalertragssteuern mitumfasst und deren teilweise Bückerstattung in einem im gegenseitigen Einverständnis der obersten Verwaltungsbehörden zu ordnenden Verfahren vorsieht.

Ein anderes Vorgehen erfordert dagegen die Ausführung des am 24. Mai 1951 unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika, das die Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen bezweckt. Dieses Abkommen regelt nicht nur die gegenseitige Bücksichtnahme der beiden Staaten bei den auf Grund amtlicher Veranlagung
erhobenen Einkommenssteuern (Art. III-V; IX-XV), sondern statuiert auch die gänzliche oder teilweise Entlastung der in einem der beiden Staaten wohnhaften Einkommensempfänger von den im andern Staate im Abzugswege an der Quelle erhobenen Steuern auf Dividenden, Zinsen, Lizenzerträgnissen, privaten Pensionen und Leibrenten (Art. VI-VIII, XI, Abs. 2). Neu für die schweizerische Praxis ist nun, dass darüber, wie diese Entlastung zu verwirklichen und in welcher Weise sie auf die nach dem Abkommen anspruchsberechtigten Personen zu beschränken sei, nicht durch ergänzende Vereinbarungen, sondern durch autonome Anordnungen der beiden Vertragsstaaten die erforderlichen Bestimmungen aufgestellt werden sollen.

298 Nach Artikel XIX des Abkommens vom 24. Mai 1961 über die Einkommenssteuern kann jeder der beiden Staaten die Ausführungsbestimmungen erlassen, die für die Durchführung des Abkommens in seinem Staatsgebiet erforderlich sind. Eine gleiche Bestimmung enthält Artikel VII eines paraphierten, aber noch nicht unterzeichneten Abkommens mit den Vereinigten Staaten über die Erbschaftssteuern. Diese gegenseitige Ermächtigung bedeutet zugleich eine Verpflichtung; denn ohne ergänzende autonome Ordnung wäre der Vollzug des Abkommens, insbesondere hinsichtlich der an der Quelle erhobenen Steuern, in Frage gestellt. Mit der Unterzeichnung des Abkommens hat die Schweiz darauf verzichtet, die Einzelheiten der Vertragsanwendung durch, ergänzende Abmachungen mit dem Vertragspartner zu ordnen. Sie hat sich damit einverstanden erklärt, die in den Vereinigten Staaten übliche Methode der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen gleichfalls anzuwenden. Dies ist sachlich um so begründeter, als die beiden Staaten der Erfüllung der ausbedungenen Zugeständnisse in bezug auf die an der Quelle erhobenen Steuern nicht das nämliche Verfahren dienstbar zu machen gedenken (Abschnitt 3 hienach).

2. Die Rechtsetzungsform Die Ausführung des Abkommens mit den Vereinigten Staaten erfordert sowohl die Aufstellung von Eechtsätzen im engern Sinn, insbesondere solcher, die das Verhalten der aus dem Abkommen Eechte ableitender Personen regeln, als auch den Erlass von Verwaltungsvorschriften, die sich an die Steuerbehörden wenden. Diese Normen sind, von den ihre Einhaltung sicherstellenden Strafbestimmungen abgesehen, ausschliesslich verfahrensrechtlicher Natur; sie ordnen die behördliche Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen und bestimmen, wie der einzelne vorzugehen hat, um die ihm nach den Abkommen zustehenden Eechte auszuüben.

Die Kompetenz des Bundes zur Aufstellung solcher Vorschriften kann nicht zweifelhaft sein. Sie ergibt sich aus der heute auch von der Eechtslehre (Giacometti/Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 811) nicht mehr bestrittenen Zuständigkeit, nach Artikel 8 der Bundesverfassung Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auch über kantonale Steuern abzuschliessen, sowie daraus, dass für die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen in bezug auf die zwischenstaatliche Abgrenzung der Steuerhoheiten der Erlass
einheitlicher Ausführungsbestimmungen unerlässlich ist. Das genehmigte und durch Austausch der Eatifikationsurkunden in Kraft gesetzte Doppelbesteuerungsabkommen verpflichtet und berechtigt den einzelnen, und zwar mit Wirkung eines Bundesgesetzes, nur insoweit unmittelbar, als es sich an ihn selber wendet.

Soweit seine Ausführung die Ergänzung der Vertragsklauseln durch landesrechtliche Anordnungen verlangt, muss der Bund solche erlassen und erlassen können (Burckhardt, Kommentar zur Bundesverfassung, S. 90 f.). Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass der Bund über die Steuern, auf die sich das Abkommen bezieht, in Missachtung der innern Kompetenzordnung ganz allgemein

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und beliebig legiferieren dürfte (Giacometti/Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 818 f.).

Seine Zuständigkeit beschränkt sich auf die zwischenstaatliche Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse und auf Ausführungsbestimmungen, dio deshalb notwendig werden, weil die internationalen Steuerrechtsvorhältnisse eine vom internen Gesetzesrecht abweichende staatsvertragliche Gestaltung erhalten haben. In diesem Eahmen kann der Bund das Erforderliche nicht nur durch ergänzende Vereinbarung mit dein andern Vertragsstaate, sondern auch durch gesetzgeberische Massnahmen vorkehren, deren Erlass das Doppelbesteuerungsabkommen erheischt. Im einen wie im andern Fall handelt er auf Grund der ihm durch Artikel 8 der Verfassung eingeräumten Zuständigkeit.

Da es sich um die Ausführung eines durch Bundesbeschluss zu genehmigenden Staatsvertrages und um Sonderrecht handelt, dessen Eahmen durch den Staatsvertrag bereits gezogen ist, empfiehlt sich die Anwendung der Eechtsetzungsform des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses. Dabei sind landesrechtliche Ausführungsvorschriften nicht nur für den Vollzug der Abkommen mit den Vereinigten Staaten erforderlich, sondern wohl auch für die Durchführung weiterer Abkommen, deren Abschluss mit andern Staaten, die ihr überstaatliches Steuerreoht durch interne Eechtsetzung auszuführen pflegen, in näherer oder fernerer Zukunft für die Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Frage kommen dürfte. (In Betracht kommen namentlich Staaten des angloamerikanischenBechtskreises; Grossbritannien, Kanada und die Südafrikanische Union haben der Schweiz bereits ihre Verhandlungsbereitschaft bekundet.)

Deshalb ist es angezeigt, die wegen der Abkommen mit den Vereinigten Staaten notwendig gewordene gesetzliche Ordnung ein für allemal, d. h. so umfassend zu treffen, dass sie auch für die Ausführung weiterer Doppelbesteuerungsabkommen eine genügende Grundlage abgibt.

Diese Ordnung kann aber nicht eine abschliessende in dem Sinne sein, dass alle Ausführungsbestimmungen in einem einzigen Erlasse zusammengefasst werden. Es wäre durchaus unzweckmässig, den Bundesbeschluss, dessen Erlass der Bundesrat vorschlägt, mit den bis ins kleinste gehenden Einzelvorschriften technischer und verfahrensrechtlicher Natur zu belasten, zumal diese Vorschriften sehr stark auf praktische Bedürfnisse Eücksicht nehmen
müssen und unvorhersehbaren Wandlungen der Verhältnisse (Änderung der Steuergesetzgebung der Vertragspartner u. dgl.) rasch sollten angepasst werdenkönnen.

Solchen Anforderungen vermag nur eine mehrstufige Ausführungsgesetzgebung zu genügen, bei der die Bundesversammlung lediglich die allgemeinen Eichtlinien festlegt unter gleichzeitiger Ermächtigung einer nachgeordneten Instanz, innerhalb des gezogenen Eahmens das Nähere anzuordnen. Diese Kompetenzdelegation ist um so unbedenklicher, als die Bundesversammlung nicht nur durch ihren Eahmenbeschluss, sondern auch durch Genehmigung des Inhalts jedes einzelnen Doppelbesteuerungsabkommens bestimmt, über welche Gegenstände Ausführungsbestimmungen erlassen werden können.

In den Vereinigten Staaten von Amerika werden nach Section 62 des Internai Eevenue Code die Ausführungsbestimmungen zu den Abkommen

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zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Eahmen der vom Secretary of thè Treasury (Vorsteher des Finanzministeriums) erteilten Vollmachten durch den Commissioner of Internai Eevenue (den Direktor der Steuerverwaltung) erlassen. Eine ähnliche Korapetenzordnung findet sich auch in Grossbritannien (Finance, No. 2, Act 1945, Sect. 53), während z. B. die deutschen und die niederländischen Ausführungsverordnungen zu Doppelbesteuerungsabkommen vom Finanzministerium ausgehen (Eeichsabgabeordnung § 15 in der Fassung vom 4. Juli 1939; niederländisches Gesetz vom 29. Oktober 1948, Art. 3 und 4).

Der vorliegende Entwurf eines Bundesbeschlusses beauftragt mit dem Erlass der Einzelvorschriften den Bundesrat, dem er gleichzeitig Vollmacht erteilt, die Aufstellung reiner Verfahrensbestimmungen (Formularwesen, Abrechnungsverkehr u. dgl.) dem Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement zu übertragen (Art. l und Art. 2, Abs. 2).

3. Der Inhalt der Ausführungsbestimmungen

Zwischenstaatliche Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung werden wie bisher, so auch in Zukunft keiner Ausführung durch Bechtsverordnungen bedürfen, soweit sie auf Grund amtlicher Veranlagung erhobene (direkte und Erbschafts-) Steuern zum Gegenstände haben und durch Festlegung einheitlicher Besteuerungsorte ausschliessen, dass beide Staaten gleichzeitig mit solchen Steuern ein und dasselbe Objekt belasten.

Dagegen werden stets der Atisführung (durch ergänzende Vereinbarungen oder durch landesrechtliche Vorschriften) bedürftig sein die Vertragsklauseln, durch welche die von einem Vertragsstaat gehandhabte Besteuerung des Einkommens an der Quelle zugunsten der im andern Vertragsstaate wohnhaften Einkommensempfänger gemildert oder aufgehoben wird. Denn da die an der Quelle erhobene Steuer vom Einkommen aller Begel nach ohne Mitwirkung der Steuerbehörde in der Weise einzuziehen ist, dass die steuerbare Leistung (der Kapitalzins, die Dividende, der Lohn, die Lizenzvergütung usw.) von ihrem Schuldner zu Lasten des Einkommensempfängers gekürzt wird, kann die vom Abkommen gewollte Entlastung nur dann eintreten, wenn der steuererhebende Staat dem Leistungsschuldner vorschreibt, den Steuerabzug unter näher zu umschreibenden Voraussetzungen zu unterlassen oder zu mildern, oder wenn er anordnet, dass der nach Vorschrift seiner Gesetzgebung an der Quelle erhobene Steuerbetrag dem im andern Vertragsstaat wohnhaften Einkommensempfänger unter bestimmten Voraussetzungen von der Steuerbehörde zurückzuerstatten sei.

Wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Einrichtungen und weil der eine vielleicht mehr auf die Vermeidung von Missbräuchen, der andere mehr auf die Rationalisierung des Verfahrens Gewicht legen rauss, werden zwei Vertragsstaaten die Verpflichtungen, die sie gegenseitig in bezug auf die Entlastung von Quellensteuern übernommen haben, nicht immer nach der gleichen Methode zu erfüllen bereit sein. So haben sich z. B. die Vereinigten Staaten ausbedungen, die vertraglich vereinbarte Entlastung von Quellensteuern durch Unterlassung

301 oder Herabsetzung dos gesetzlichen Steuerabzugs zu gewähren, während die Schweiz auch im Verhältnis zu ihrem neuen Vertragspartner das Verfahren der Steuerrückerstattung befolgen wird, für die sich die Bundesversammlung anlässlich der Genehmigung des schweizerisch-schwedischen Doppelbesteuerungsabkommens von 1948 mit Entschiedenheit ausgesprochen hat (Art. VI, Abs. 3, und Art. VII, Abs. 2, des Abkommens mit den Vereinigten Staaten).

Ein derartiges Auseinandergehen der Methoden beeinträchtigt den Wert eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht, führt aber notwendigerweise zu einer grösseren Weitläufigkeit der Ausführungsbestimmungen. So wird sich der Bund z. B. beim Vollzug des Abkommens mit den Vereinigten Staaten nicht darauf beschränken können, die Modalitäten der Eüokerstattung zu Lasten amerikanischer Einkonunensempfänger erhobener Verrechnungssteuern zu regeln, sondern auch dafür zu sorgen haben, dass die von den Vereinigten Staaten zugesicherte Entlastung von der amerikanischen Withholding Tax in der Schweiz nur solchen Einkommensempfängern zugute kommt, die auf sie Anspruch haben. Diese Notwendigkeit kann sich auch bei andern Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einstellen, zu deren Abschluss der Bund in der Folge berufen sein dürfte. Deshalb sieht der vorliegende Beschlussentwurf die folgenden Ausführungsbestimmungen vor: a. Die Ordnung des Verfahrens, das bei der sta;itsvertraglich zugesicherten Rückerstattung von an der Quelle erhobenen schweizerischen Steuern auf Kapitalerträgen zu befolgen ist, wenn der Kapitalertragsgläubiger im andern Vertragsstaate Wohnsitz hat (Art. 2, Abs. l, lit. a, des Beschlussentwurfes). Dabei werden namentlich die Antragstellung (Fristen und Formen) sowie das Entscheidungs- und Eechtsmittelverfahren zu regeln sein.

b. Die Ordnung des Verfahrens, das die in der Schweiz wohnhaften Einkommenseinpfänger einzuhalten haben, um die vom andern Vertragsstaat zugesicherte Entlastung von an der Quelle erhobenen Einkommenssteuern zu erwirken (Art. 2, Abs.l, lit. l, des Beschlussentwurfes). Die Gestaltung dieses Verfahrens ist besonders wichtig imVerhältnis zu Staaten, in deren Wirtschaf t die Schweiz bedeutende Werte investiert hat. Sie hat deshalb, soweit speziell die Ausführung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den Vereinigten Staaten in Frage steht,
Gegenstand eingehender Studien und von Verhandlungen mit Experten gebildet.

Unter der Herrschaft des Abkommens vom 24. Mai 1951 werden die Vereinigten Staaten Kapital- und Lizenzerträgnisse sowie private Pensionen und Leibrenton, die nach ihrer Gesetzgebung einer an der Quelle erhobenen Abzugssteuer (Withholding Tax) unterliegen, ohne oder nur mit einem reduzierten Steuerabzug an schweizerische Adressen überweisen, wenn in der Schweiz dafür gesorgt wird, dass der Verzicht auf die gesetzliche Abzugssteuer nur den nach dem Abkommen Berechtigten, d. h. nur solchen Einkommensempfängern zugute kommt, die in der Schweiz Wohnsitz und in den Vereinigten Staaten kein Betriebsstätte haben. Um diesem Erfordernis genügen zu können, wird auf Anregung von Vertretern des schweizerischen Bankgewerbes beabBundesblatt. 103. Jahrg. Bd. III.

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302 sichtigt, Banken, Treuhänder, Vermögensverwalter und andere Beauftragte, die in der Schweiz Dividenden und Obligationenzinsen aus amerikanischen Quellen für Rechnung Dritter entgegennehmen, dazu zu verhalten, die Differenz zwischen der gesetzlichen und der im Abkommen festgesetzten amerikanischen Abzugssteuer zunächst zuhanden der Eidgenössischen Steuerverwaltung zurückzubehalten, damit sie den durch das Abkommen begünstigten schweizerischen Steuerpflichtigen in dem für die schweizerische Verrechnungssteuer angewandten Verfahren auf die Kantons- und Gemeindesteuern angerechnet oder zurückerstattet werden kann.

Da dieses Verfahren einen hervorragenden Schutz dagegen bietet, dass die den schweizerischen Empfängern amerikanischer Kapitalerträge zugedachten Vorteile missbräuchlich auch von Personen in Anspruch genommen werden, die im Ausland wohnen und ihre amerikanischen Dividenden und Zinsen durch schweizerische Zahlstellen oder sonstige Mittelsmänner beziehen, ist zu erwarten, dass seine Anwendung in Zukunft auch im Verhältnis zu andern Vertragsstaaten in Frage kommen dürfte.

c. Die Ordnung des Verfahrens, das Platz zu greifen hat, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen den Bund zu Massnahmen verpflichtet, welche Steuern des andern Vertragsstaates betreffen (Art. 2, Abs. l, lit. c, des Beschlussentwurfes).

Solche Massnahmen sieht z. B. das mit den Vereinigten Staaten abgeschlossene Abkommen über die Einkommenssteuern in seinem Artikel XVI, Absatz 2, vor zum Zwecke der Verhinderung missbräuchlicher Inanspruchnahme der nach Artikel VI, VII, Vili und XI, Absatz 2, des Abkommens zugesicherten Steuerbefreiungen und Steuersatzermässigungen. Damit sie reibungslos durchgeführt werden können, ist klarzustellen, dass die von den schweizerischen Steuerbehörden im Eahmen des Abkommens getroffenen Entscheidungen und Verfügungen über Steuern dos andern Vertragsstaates der Kontrolle der inländischen Steuerjustiz unterstehen und in bezug auf ihre Vollstreckbarkeit den Entscheidungen und Verfügungen über schweizerische Steuern gleichgestellt sind.

d. Die Ordnung des Verfahrens für den vertraglich ausbedungenen Austausch von steueramtlichen Meldungen (Art. 2, Abs. l, lit. d, des Beschlussentwurfes) .

Der Bund hat es bisher konsequent und mit Erfolg abgelehnt, in seinen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
gegenüber den Vertragspartnern umfassende Amts- und Rechtshilfeverpflichtungen zu übernehmen.

Dagegen lässt sich der Austausch von Meldungen, die für die Durchführung des Abkommens selbst notwendig sind, nicht vermeiden. Insbesondere ist der Austausch von amtlichen Bescheinigungen und Auskünften unerlässlich im Verständigungsverfahren über einzelne Doppelbesteuerungsfälle und namentlich im Verfahren, das die Entlastung von den an der Quelle erhobenen Steuern zum Ziele hat (vgl. z. B. Art. XVI, Abs. l und 8, des mit den Vereinigten Staaten über die Einkommenssteuern abgeschlossenen Abkommens).

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e. Die Ordnung des Verfahrens, das massgebend sein soll für die Durchführung einer staatsvertraglich zugesicherten Anrechnung der im andern Vertragsstaat erhobenen an die in der Schweiz geschuldeten Steuern (Art. 2, Abs. l, \it.e, des Beschlussentwurfes).

Die vor 1951 von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen beheben die Doppelbesteuerung durchwegs in der Weise, dass sie die einzelnen' Gruppen von Steuerobjekten einem der beiden Vertragsstaaten zur ausschliesslichen Besteuerung zuweisen, wobei die einmal gewählte Abgrenzung absolut, d. h. unbeschadet darum wirkt, ob im Einzelfalle eine Doppelbesteuerung bei Anwendung der internen Gesetzgebung beider Vertragsstaaten effektiv eintreten würde (Ausschluss der Doppelbesteuerung in thesi). Viele ausländische Staaten, u. a. auch die Vereinigten Staaten von Amerika, messen aber solchen Zuteilungsregeln nur dann absolute Geltung bei, wenn der Steuerpflichtige dem steuererhebenden Staate weder angehört noch auf seinem Gebiete Wohnsitz hat. Im Verhältnis zu Personen, die ihre eigenen Bürger sind oder auf ihrem eigenen Staatsgebiete wohnen, beanspruchen sie dagegen das volle BestAeruugsrecht und korrigieren die aus der Konkurrenz mit fremden Steueransprüchen resultierende Doppelbesteuerung dadurch, dass sie die im andern Staate geschuldete Steuer auf die Steuer anrechnen, die sie selbst erheben. Vertragsrechtlich wird die Anwendung der Methode der Steueranrechnung häufig auch ausbedungen, wenn sich die Vertragspartner über die Zuteilung der Besteuerungsbefugnis nicht einigen können (z. B. bei Steuerpflichtigen, die in beiden Vertragsstaaten Wohnsitz haben oder das Bürgerrecht gemessen) und sich daraus das Bedürfnis ergibt, die Gesamtsteuerlast eines Pflichtigen angemessen, d. h.

auf die höhere der in beiden Vertragsstaaten geschuldeten Steuern zu begrenzen.

Die Anwendung der Methode der Steuergutschriften im zwischenstaatlichen Verhältnis bietet für die Schweiz gewisse Schwierigkeiten, wenn mit den ausländischen mehrere schweizerische Steueransprüche, nämlich solche des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, konkurrieren, und deshalb die Anrechnung der ausländischen Steuer eine Répartition zu Lasten der verschiedenen schweizerischen Steuerhoheiten voraussetzt. Aus diesem Grunde wurde das Steueränrechnungsverfahren von den schweizerischen Unterhändlern auch
in den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten nur für das (noch nicht unterzeichnete) Abkommen über die Erbschaftssteuern (Art. IV) akzeptiert. Dagegen ist damit zu rechnen, dass im Verhältnis zu andern Staaten der Schweiz auch auf dem Gebiete der Einkommens- und der Vermögenssteuern der Ausschluss der Doppelbesteuerung in gewissen Fällen nur durch Anerkennung der Methode der Steuergutschriften gelingen wird.

Der Vollzug einer staatsvertraglich vereinbarten Steueranrechnung setzt zumindest ein zwischenstaatliches Melde- und Bescheinigungsverfahron, bei Beteiligung mehrerer schweizerischer Steuerhoheiten aber auch die Aufstellung von Verteilungsregeln voraus. Für solche Ausführungsbestimnaungen will Art. 2, Abs. l, lit. e, des Beschlussentwurfes die Grundlage schaffen.

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f. Schliesslich ist für die Einhaltung der Ausführungsvorschriften zu.

Doppelbesteuerungsverträgen durch Aufstellung von Strafnormen Sorge zu tragen (Art. 2, Abs. l, lit.f. des Beschlussentwurfes).

Es liegt nahe, zu diesem Zwecke die einschlägigen Strafbestimmungen der eidgenössischen Steuergesetze anwendbar zu erklären.

Auf Grund dieser Erwägungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zur An. nähme zu empfehlen.

Wir verbinden damit den Hinweis auf die Dringlichkeit der Behandlung der Vorlage. Die schweizerische Wirtschaft ist an der baldigen Inkraftsetzung des mit den Vereinigten Staaten getroffenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Einkommenssteuern in hohem Masse interessiert. Dieses Abkommen soll mit dem Austausch der Batifikationsurkunden in Kraft treten. Es kann aber in der Schweiz erst nach dem Erlass der Ausführungsbestimmungen vollzogen werden, deren Grandlage der Ihrer Genehmigung bedürftige und dem Eeferendum zu unterstellende Bundesbeschluss bildet. Wird dieser Beschluss in der Junisession von beiden Eäten verabschiedet und die Volksabstimmung nicht verlangt, so wird es, den baldigen Abschluss des Ratifikationsverfahrens vorausgesetzt,-möglich sein, das bedeutsame Abkommen über die Einkommenssteuern vor dem 1.Oktober 1951 in Kraft zu setzen und damit (gemäss seinem Art. XX, Abs. 1) auch für die an der Quelle erhobenen Steuern ohne Einschränkung rückwirkend auf den 1; Januar 1951 anzuwenden.

.

Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 29. Mai 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: " : Ed. von Steiger Der Vizekanzler: Ch. Oser

305 (Entwurf)

Buudesbeschluss über

die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 und 85, Ziffer 2 und 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 1951*), beschliesst :

Art. l Ausführungsbestimmungen, welche für die Durchführung eines von der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit einem fremden Staate abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erforderlich sind, werden vom Bundesrat aufgestellt.

Alt. 2 Der Bundesrat ist insbesondere zuständig: a. das Verfahren zu ordnen, das bei einer staatsvertraglich zugesicherten Bückerstattung an der Quelle erhobener schweizerischer Steuern auf Kapitalerträgen einzuhalten ist; fe. Massnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass die vom andern Vertragsstaat zugesicherte Herabsetzung von an der Quelle erhobenen Steuern Personen zugute kommt, die darauf nach dem Abkommen keinen Anspruch haben; c. im Bahmen des Abkommens zu treffende Entscheidungen und Verfügungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung, welche Steuern des andern \ertragsstaates zum Gegenstande haben, der eidgenössischen 1

BEI. 1951. II, 296.

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Verwaltungsgerichtsbarkeit zu unterstellen und sie in bezug auf ihre Vollstreckbarkeit den Entscheidungen über Bundessteuern gleichzustellen; d. das Verfahren zu regeln, das bei einem vertraglich ausbedungenen Austausch von Meldungen zu befolgen ist; e. zu bestimmen, wie eine staatsvertraglich vereinbarte Anrechnung von Steuern des andern Vertragsstaates auf die in der Schweiz geschuldeten Steuern durchzuführen ist; /. auf die Widerhandlungen gegen die Ausführungsvorschriften die Strafbestimmungen der eidgenössischen Steuergesetze anwendbar zu erklären.

2 Der Bundesrat kann die Aufstellung von Verfahrensbestimmungen dem Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement übertragen.

Art. 3 1

Der Bundesrat wird beauftragt, nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranlassen.

2 Er-setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbeschlusses fest.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung zwischenstaatlicher Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Vom 29. Mai 1951)

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