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Bundesblatt 108. Jahrgang

Bern, den 19. April 1951

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 88 franken im Jahr, 15 franken im Baujahr zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Happen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an

Stämpfli&A de, in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über eine vorübergehende Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes privater Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen (Vom 18. April 1951) 1

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Auf Grund der Bundesratsbeschlüsse vom 24. Dezember 1943 und 24. März 1947 über die Erhebung von Taxzuschlägen bei den Eisenbahn- und Schilffahrtsunternehmungen ist ein Ausgleichsfonds geschaffen worden, der herangezogen werden konnte, um die Verteuerung der Brennstoffkosten für den Traktionsdienst teilweise auszugleichen und die Betriebsfehlbeträge zu decken.

Dieser Ausgleichsfonds wurde durch eine Abgabe von 20 Prozent der den konzessionierten Transportanstalten gewährten Taxzuschlägen gespiesen. Die Bundesbahnen überwiesen dem Fonds eine einmalige Einlage von 6 582 195 Franken und beanspruchten ihn mit l 906 800 Franken. Zur Verfügung der Privatbahnen stand der sich daraus ergebende Einnahmenüberschuss von Fr. 4675395 und ihre eigenen Einlagen, bis und mit dem Jahre 1946 von » 3832650 zusammen

Fr. 8 508 045

Bis und mit dem Geschäftsjahre 1949 hat der Ausgleichsfonds die Kosten für die Verteuerung der Brennstoffkosten und 70 Prozent des verbleibenden Betriebsfehlbetrages übernommen, während die Kantone die restlichen 30 Prozent des Betriebsdefizites zu tragen hatten. Für das Geschäftsjahr 1950 kann der Fonds infolge Versiegens seiner Mittel noch höchstens 50 Prozent der Betriebsfehlbeträge decken, sofern die beteiligten Kantone, gegebenenfalls unter Beiziehung der Gemeinden, den verbleibenden Fehlbetrag übernehmen.

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

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8b6 Für das Geschäftsjahr 1951 und folgende stehen also keine Mittel mehr zur Verfügung, um die Aufrechterhaltung der defizitären Betriebe zu gewährleisten. Eine grundsätzliche und dauernde Lösung der mannigfachen Privatbahnprobleme ist erst im Rahmen der bevorstehenden Revision der Eisenbahngesetzgebung möglich. Bis dahin drängt sich eine Zwischenlösung auf, denn nach wie vor wird es einer ganzen Anzahl von Trarisportunternehmungen nicht möglich sein, ihren als öffentlichen Dienst anzusprechenden Betrieb ohne fremde' Hilfe aufrechterhalten zu können. Die Ursache der Betriebsfehlbeträge hegt weniger im mangelnden Verkehrsaufkommen als in der .Besorgnis erregenden Verteuerung der Personal- und Materialkosten, die durch die bisherige Erhöhung der Tarife bei weitem nicht ausgeglichen werden konnte.

Es mangelte nicht an Vorstössen aus den eidgenössischen Baten und dem Verband Schweizerischer Transportanstalten wie von einzelnen Bahnunternehmungen, um dem Bundesrate nahezulegen, die erforderlichen Vorkehren finanzieller Natur zur Durchhaltung dieser Betriebe zu treffen. Es handelt sich dabei um die nachfolgenden Interventionen: a. Die Postulate des Nationalrates und des Ständerates vom 15. Juni und 25. Oktober 1949 betreffend die Sicherstellung von Existenz und Betrieb, sei es durch finanzielle Hilfeleistung, Änderung der Tarife, bessere Koordination der Verkehrsmittel und andere Massnahmen.

b. Interpellation Moeckli vom 7. Juni 1950 betreffend die Defizitdeckung ab 1. Januar 1951.

c. Postulat des Nationalrates vom 18. September 1950 betreffend die Ausrichtung von Beiträgen an öffentliche Verkehrsanstalten und die Frage, ob der Frachturkundenstempel nicht dem Ausgleichsfonds zur Verfügung gestellt werden könnte.

d. Eingabe des Verbandes Schweizerischer Transportanstalten vom 16. Dezember 1950, womit bis zur Inkraftsetzung eines neuen Eisenbahngesetzes eine Ubergangslösung zur Finanzierung des Baubedarfs und zur Deckung von Betriebsfehlbeträgen, einschliesslich der Abschreibungsbeträge, postuliert wird.

e. Verschiedene Gesuche von Bahnen mit der nämlichen Zielsetzung wie der Verband Schweizerischer Transportanstalten.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnarn, dass gegenwärtig zwei vom Post- und Eisenbahndepartement eingesetzte Expertenkommissionen sich mit der Frage weiterer Verstaatlichungen
von Privatbahnen und der Koordination der Verkehrsmittel beschäftigen. Es sind dies Probleme, die in nächster Zeit in Verbindung mit der Revision der Eisenbahngesetzgebung einer Lösung entgegengefahrt werden müssen. Das gleiche ist zu sagen mit Bezug auf die Baufinanzierung und die Bestrebungen auf finanzielle Gleichbehandlung der verschiedenen Verkehrsmittel. Der Umstand, dass heute im Zeitpunkte einer ausgesprochenen Hochkonjunktur sogar eine neue Hilfsaktion zur Aufrechterhaltung von Bahnbetrieben in Aussieht genommen werden rouss, zeigt die

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Schwere und die Dringlichkeit der im Verkehrssektor zu lösenden Probleme.

Eine umfassende Neukonzeption der ganzen Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft muss in allernächster Zeit an die Hand genommen werden.

Heute kann aber lediglich eine Notlösung von beschränkter Dauer in:Frage kommen, in deren Bahmen auch der Einbezug der Abschreibungen in die Defizitdeckung keinen Platz hat. Wir sehen deshalb im beiliegenden Beschlusses-Entwurf vor, die neue Betriebsbeihilfe auf die Jahre 1951-1953 zu beschränken in der Meinung, bis dahin die vorstehend angemerkten weitergehenden Postulate einer Klärung entgegenführen zu können.

Zum Beschlussesentwurf selbst mögen folgende Erläuterungen dienen: Artikel l umschreibt den Kreis der zu unterstützenden Unternehmungen und die Zweckbestimmung der Hilfe. Die neue Hilfe soll danach auf die Unternehmungen beschränkt werden, die dem allgemeinen Verkehr dienen, von erheblicher Bedeutung sind und bei denen die Deckung der Betriebsfehlbeträge nicht bereits auf Grund der Privatbahnhilfe-Vereinbarungen geordnet wurde.

Als Bahnen des allgemeinen Verkehrs kommen insbesondere die bisher als Normal- und Schmalspurbahnen bezeichneten Unternehmungen in Frage, während die Nahverkehrsmittel und die Spezialbahnen nicht unter diese Kategorie fallen. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dasa sich der Bund je länger je mehr auf die Aufgaben von eidgenössischer Bedeutung im Verkehrswesen beschränken muss. Es muss der Tendenz entgegengetreten werden, dass alles, was auf Schienen läuft, mit eidgenössischer Hilfe aufrechterhalten werden soll.

Artikel 2 bestimmt, dass die Hilfe ordenthcherweise durch Beiträge und ausnahmsweise durch rückzahlbare Vorschüsse geleistet wird. Wir sind damit von früheren Beordnungen abgegangen, die die Hilfe vornehmlich in die Darlehensform kleidete. Dazu bewog uns die Erfahrung, dass solche Darlehen ohnehin nur vereinzelt und dazu mit grosser Mühe wieder liquid gemacht werden können. Die Darlehensform kompliziert unnötigerweise die Hilfsaktion und ruft immer wieder neuen Bilanzsanierungen.

Artikel 3 ordnet die Beteiligung der interessierten Kantone in üblicher Weise. Es wird hier im übrigen das beim bisherigen Ausgleichsfonds bewährte Verfahren übernommen, dass die Bundesbeiträge erst nach Leistung der kantonalen Beteiligung ausbezahlt werden. Damit
erübrigt sich der Abschluss einer formellen Vereinbarung für jeden einzelnen Unterstützungsfall.

Artikel 4-0 geben zu Bemerkungen nicht Anlass; sie sind in der Hauptsache von früheren ähnlichen Hilfsaktionen übernommen.

Artikel 7 beschränkt den Kredit für diese Hilfsaktion auf 3 Millionen Franken oder durchschnittlich auf l Million Franken für die Jahre 1951-1953.

Zur Bestimmung dieses Kreditbedarfs wurde auf die Betriebsergebnisse des Jahres 1949 abgestellt. In diesem Jahre verzeichneten die Bahnen des all-

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Fr. l 771 275 » 267 913 Fr. 2 089 188

zusammen Betriebsfehlbeträge.

Auf Grund der approximativen Betriebsergebnisse des Jahres 1950 -wird dieser Betrag noch eine Steigerung erfahren, dagegen scheint sich das Jahr 1951 etwas besser anzulassen, so dass wir hoffen, mit einem jährlichen Bundesbeitrag von l Milüon Franken auszukommen.

Mit diesen Ausführungen empfehlen wir Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes, der dem Eeferendum unterstellt werden soll.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 13. April 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Bundeskanzler: Leimgruber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

eine vorübergehende Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes privater Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestutzt auf Artikel 28 und 26 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 18. April 1951, beschliesst:

Art. l Der Bundesrat kann in Verbindung mit den Kantonen privaten, notleidenden Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen des allgemeinen Verkehrs, die von erheblicher militärischer oder volkswirtschaftlicher Bedeutung sind, eine Hilfe zur Aufrechterhaltung ihres Betriebes gewähren, wenn die Einnahmen der Gesellschaft zur Deckung der Betriebsausgaben, ohne Abschreibungen, nicht ausreichen, und die Deckung des Betriebsfehlbetrages nicht schon durch eine Vereinbarung auf Grund der Gesetzgebung über die Privatbahnhilfe geordnet ist.

Art. 2 Die Hilfe wird in der Regel durch Beiträge und, wenn es die Umstände gestatten, durch unverzinsliche Vorschüsse geleistet. Die Vorschüsse sind aus den Einnahmenüberschüssen (Art. 4) künftiger Jahre vorweg zurückzuerstatten.

Art. 3 1

Die finanzielle Hilfe wird nur gewährt, wenn die interessierten Kantone, gegebenenfalls unter Beiziehung der Gemeinden, mindestens die Hälfte der Hilfeleistung übernehmen.

9 Sind an der Hilfeleistung mehrere Kantone beteiligt, so sind für die Höhe ihrer Beteiligung massgebend die Länge der auf die einzelnen Kantone entfallenden Betriebsstrecken sowie die Zahl der Stationen und deren Bedeutung. Sind auch Gemeinden beteiligt, so wird auf die Bedeutung der einzelnen Stationen abgestellt. Können sich die Kantone über die Verteilung des von ihnen zu übernehmenden Anteils an der Hilfeleistung unter sich nicht einigen, so entscheidet das Post- und Eisenbahndepartement endgültig.

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Der Bundesbeitrag wird nach Leistung der kantonalen Beteiligung ausbezahlt.

Art, 4 1 Das Gesuch um Hilfeleistung ist von der Unternehmung innert Jahresfrist seit dem betreffenden Geschäftsabschluss an das Post- und Eisenbahndepartement zu richten. Die Unternehmung hat nachzuweisen, dass die Betriebsausgaben durch die Einnahmen mit Einschluss allfälliger Subventionsverpflichtungen Dritter nicht gedeckt werden können, .

2 Zu den Betriebsausgaben werden auch allfällige Zinsen für Verkehrssaldi, die Kosten unaufschiebbarer Erneuerungen der festen Anlagen oinschliesslich derjenigen zu Lasten der Abschreibungsrechnung und andere mit dem Betrieb eng verbundene Verpflichtungen gerechnet. Das Post- und Eisenbahndepartement bestimmt, welche Aufwendungen unter die Betriebsausgaben im Sinne dieses Beschlusses fallen,

Art. 5 Die Bewilligung der Hilfe kann an besondere Bedingungen geknüpft und die Unternehmung dazu verhalten werden, organisatorische, administrative, finanzielle oder technische Massnahmen, die geeignet sind, ihre finanzielle Lage zu verbessern, zu treffen. Das Post- und Eisenbahndepartement bestimmt, in welchen Fällen und in welchem Umfange der Betrieb vorübergehend eingeschränkt werden muss.

Art. 6 Neue Betriebsausgaben und bedeutendere Bauten und Anschaffungen, die über die normalen Bedürfnisse des Unterhaltes hinausgehen, sowie finanzielle Beteiligungen an anderen Unternehmungen bedürfen der vorgängigen Zustimmung des Post- und Eisenbahndepartements.

' ' Art. 7 ' ' .

Die Hilfe wird auf die Betriebsjahre 1951, 1952 und 1953 und auf einen Gesamtbeitrag des Bundes von 3 Millionen Franken beschränkt.

a Der jährliche Kreditbedarf ist jeweilen in den Voranschlag der Eidgenossenschaft aufzunehmen.

' · '

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.

Art. 8 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

2 Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen dés Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranlassen.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über eine vorübergehende Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes privater Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen (Vom 18. April 1951)

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1951

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16

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19.04.1951

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885-890

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